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Die Gründe für das brasilianische Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2000

Strukturell oder doch nur zyklisch? – Über die Gründe des gegenwärtigen brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs

©2013 Masterarbeit 126 Seiten

Zusammenfassung

Diese Studie widmet sich der Fragestellung nach den Ursachen des brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs seit dem Jahr 2000. Ziel der Arbeit ist es zu analysieren, ob die Ursachen für das Wirtschaftswachstum eher strukturell, also beispielsweise durch politische Strukturreformen, oder doch konjunkturell, also durch Veränderungen der Marktlage, begründet sind. Durch die Beantwortung der Forschungsfrage lassen sich letztlich Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit des brasilianischen Wirtschaftswachstums ziehen. Die Arbeit leistet somit auch einen Beitrag in der Diskussion um das wirtschaftliche Entwicklungspotential von Schwellenländern (hier mit dem Fokus aus Brasilien). Eine abschließende Beurteilung über die Ursachen des Wirtschaftswachstums findet anhand von relevanten Theorien der Wirtschaftswissenschaft statt.
Die Studie beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf eine bloße Analyse der Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre. Zur Bewertung der Nachhaltigkeit des Wirtschaftsaufschwungs setzt sich diese Untersuchung auch mit den enormen sozialen Ungleichheiten und weiteren gesellschaftlich-politischen Problemen auseinander, sodass am Schluss der Arbeit ein differenziertes Gesamtbild der brasilianischen Wirtschaft verdeutlicht wird, mit dem der Blick auf gegenwärtige Entwicklungen (beispielsweise Massenproteste der Bevölkerung) leichter fällt. Die Studie bietet sich somit auch als Basisliteratur an, auf deren Grundlage viele weitere interessante Fragestellungen abgeleitet werden können.

Aufgrund der steigenden Bedeutung Brasiliens in der Welt und der zunehmenden medialen Aufmerksamkeit durch die sportlichen Großereignisse, wie der WM 2014 oder Olympia 2016 in Rio, ist die Frage nach der Nachhaltigkeit des brasilianischen Wirtschaftswachstums aktueller denn je.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Klein, Nikolas Magnus: Die Gründe für das brasilianische Wirtschaftswachstum seit
dem Jahr 2000. Strukturell oder doch nur zyklisch? ­ Über die Gründe des
gegenwärtigen brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs, Hamburg, Diplomica Verlag
GmbH 2014
PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-2917-6
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2014
Zugl. Universität Trier, Trier, Deutschland, Masterarbeit, 2013
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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
... 1
2
Brasiliens Wirtschaft ­ ein Überblick ... 6
2.1
Die historische Entwicklung der brasilianischen Wirtschaft seit 1945 ... 6
2.2
Aktuelle Entwicklungen der brasilianischen Wirtschaft ... 11
3 Theoretische
Grundlagen
zur
Analyse
...
14
3.1
Der idealtypische Konjunkturverlauf ... 15
3.2
`Terms of Trade´ und `Windfall Profits´ ... 19
3.3 Der
`Ressourcenfluch´
...
20
4 Die Ursachen des brasilianischen Wirtschaftswachstums - zentrale Einflüsse auf die
Wirtschaftsentwicklung ... 23
4.1
Brasilien: Ressourcenreichtum und `Welternährer´ ... 26
4.1.1
Brasiliens wichtigste Handelsgüter für den Außenhandel ... 27
4.1.2
Die Nachfrage- und Preisentwicklung ... 28
4.1.3
Brasiliens Außenhandel in Zahlen ... 31
4.2 Brasiliens
Weltmarktorientierung
...
34
4.2.1
Brasilien und der Mercosul ... 34
4.2.2 Die
`BRICS-Staaten´
...
38
4.2.3
Brasilien und die UNASUL ... 40
4.3 Die
regionale
Integration
...
41
4.3.1
Regionale Ungleichheit als brasilianisches Strukturproblem ... 42
4.3.2
Formen der regionalen Integration ... 45

4.4
Die politische Kultur und das politische System in Brasilien ... 50
4.4.1
Veränderungen in Brasiliens politischer Kultur ... 51
4.4.2 Die
`partizipative
Haushaltsplanung´
...
53
4.4.3
Institutionelle Veränderungen im politischen System Brasiliens ... 55
5
Die Ursachen des brasilianischen Wirtschaftswachstums - Beurteilung der
Ursächlichkeit ... 58
5.1
Zyklische Ursachen des brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs ... 58
5.1.1
Die Nachfrage- und Preisentwicklung beim Export ... 58
5.1.2
Brasiliens Export als Ursache für den Wirtschaftsaufschwung? ... 61
5.1.3
Beurteilung aus der theoretischen Perspektive ... 66
5.2
Strukturelle Ursachen des brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs ... 68
5.2.1
Strukturelles Wirtschaftswachstum durch Weltmarktorientierung? ... 69
5.2.2
Der Anteil am brasilianischen Wirtschaftsaufschwung durch Formen der
regionalen Integration ... 73
5.2.3
Zum Zusammenhang zwischen brasilianischem Wirtschaftswachstum und
kulturell-institutionellen Veränderungen ... 77
6 Fazit
... 82
6.1
Die zyklischen Ursachen des brasilianischen Wirtschaftswachstums ... 84
6.2
Die strukturellen Ursachen des brasilianischen Wirtschaftswachstums ... 86
6.3
Die Nachhaltigkeit des brasilianischen Wirtschaftswachstums ... 88
Anhang ... 90
Literatur- und Quellenverzeichnis ... 108

Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
ARD
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der
Bundesrepublik Deutschland
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BNDES
Banco Nacional do Desenvolvimento Econômico e Social; staatliche
Entwicklungsbank Brasiliens
BpB
Bundeszentrale für politische Bildung
BRICS
Abkürzung für eine Vereinigung der Länder Brasilien, Russland, Indien, China
und Südafrika
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CEBR
Centre for Economics and Business Research
CPI Corruption
Perceptions
Index
Dapd Deutscher
Auslands
Depeschendienst
DB Deutsche
Bank
Ebd.
Ebenda
EU
Europäische
Union
f. folgende
FES
Friedrich-Ebert-Stiftung
FUNCEX
Fundação Centro de Estudos do Comércio Exterior; brasilianisches
Studienzentrum für Außenwirtschaft
GDP
Gross Domestic Product
ggf.
gegebenenfalls
GIGA
German Institute of Global and Area Studies
Hrsg.
Herausgeber
HWWI
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut
IEA
Internationale
Energieagentur
IMF
International Monetary Fund
IWF
Internationaler
Währungsfond
JK
Juscelino Kubitschek (brasilianischer Staatspräsident von 1956 bis 1961)
KAS Konrad-Adenauer-Stiftung

Mercosul
Mercado Comum so Sul; Gemeinsamer Markt des Südens
(portugiesische Bezeichnung)
Mercosur
Mercado Común del Sur; Gemeinsamer Markt des Südens
(spanische Bezeichnung)
MTE
Ministério do Trabalho e Emprego; Arbeits- und Beschäftigungsministerium
o.ä.
oder
ähnliches
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
OPEC
Organisation Erdöl exportierender Länder
PAC
Programa de Aceleração do Crescimento; Programm zur Beschleunigung des
Wachstums
PAS Politisch-Administratives
System
PNDR
Política Nacional de Desenvolvimento Regional; Nationale Politik der
Regionalentwicklung
PRONAF
Programa de Fortalecimento a Agricultura Familiar; Programm zur Förderung
der kleinbäuerlichen Landwirtschaft
PT
Partido de Trabalhadores; brasilianische Arbeiterpartei
S. Seite
SENAES
Secretaria Nacional de Economia Solidária; Nationales Sekretariat
Solidarischer Ökonomie
SITC
Standard International Trade Classification
SUDAM Superintendência do Desenvolvimento da Amazônia; regionale
Entwicklungsbehörde für die Region Amazonien
SUDECO Superintendência do Desenvolvimento do Centro-Oeste; regionale
Entwicklungsbehörde für den Mittelwesten
SUDENE Superintendência do Desenvolvimento do Nordeste; regionale
Entwicklungsbehörde für den Nordosten
TOT
Terms of Trade; Einfuhrtauschverhältnis
u.a.
unter
anderem
UNDP
United Nations Development Programme
US
United
States
USA
United States of Amerika
vgl.
vergleiche
VN
Vereinte
Nationen
WTO
World Trade Organization; Welthandelsorganisation

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1:
Verlauf des brasilianischen BIP von 1950 bis 2000... S. 90
Abbildung 2:
Das brasilianische BIP von 2003 bis 2013... S. 91
Abbildung
3:
Jährliche Wachstumsrate des brasilianischen BIP von 2003 bis
2013... S. 92
Abbildung 4:
Der idealtypische Konjunkturzyklus... S. 93
Abbildung 5:
Die Hauptexportgüter Brasiliens im Jahr 2012... S. 94
Abbildung 6:
Preisentwicklung Eisenerz von 2003 bis 2013... S. 95
Abbildung 7:
Preisentwicklung Rohöl von 2004 bis 2013... S. 96
Abbildung 8:
Preisentwicklung Sojabohnen von 2007 bis 2013... S. 97
Abbildung 9:
HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe... S. 98
Abbildung 10:
Brasiliens Im- und Exporte von 2000 bis 2012 (in US Dollar)... S. 99
Abbildung 11:
Brasiliens Terms of Trade von 2002 bis 2013... S. 100
Abbildung 12:
Intra-Handel Mercosul (Anteil des Außenhandels in Prozent)... S. 101
Abbildung 13:
Güterexporte in Prozent des BIP 2009 (5 Länder im Vergleich)... S. 102
Tabelle 1:
Gross Domestic Product 2011... S. 103

1
Einleitung
Gegen Ende des Jahres 2011 erregte ein Land vermehrt die mediale Aufmerksamkeit. Die
bisherige Konstellation der Wirtschaftsmächte hatte sich verändert: Ein `Schwellenland´ hatte
es auf Platz 6 des Rankings geschafft und dadurch somit das Industrieland Großbritannien auf
einen niedrigeren Rang verwiesen.
Wahrlich scheinen sich die Meldungen über die sogenannten `Schwellenländer´, besonders
bezüglich ihrer enormen wirtschaftlichen Entwicklung, zu häufen. ,,China und Indien trauen
wir Hauptrollen bei der globalen Umwälzung in der Weltwirtschaft zu."
1
Umso
überraschender ist die Tatsache, dass das Land, von dem hier die Rede ist, eines ist, dem man
bisher allenfalls eine ,,bessere Nebenrolle"
2
zugestanden hat: Die Rede ist vom
`Schwellenland´ Brasilien.
In der Presse wird behauptet, dass ,,2020 [...] kein EU-Staat mehr zu den größten sechs
Wirtschaftsmächten zählen [wird]."
3
In Bezug auf Brasilien wird gar die Frage diskutiert, ob
sich das Land auf dem Weg zur Weltmacht befinde.
4
Brasilien selbst verfolgt diesbezüglich
ein klares Ziel: ,,Die Regierung Dilma Rousseff plant, Brasilien im Schnellkurs zu einer
Großmacht auf der Weltbühne zu entwickeln."
5
Brasilien setzt sich somit ambitionierte
politische Ziele und beabsichtigt mehr Einfluss in der Weltpolitik. Ähnliche Absichten
verfolgen auch andere Schwellenländer, von denen sich die wichtigsten seit einigen Jahren im
Rahmen der Vereinigung der `BRICS-Staaten´
6
zusammengeschlossen haben und deren
weltpolitisch wachsender Einfluss inzwischen kaum noch geleugnet werden kann. Doch ist
Brasiliens Entwicklung auch nachhaltig oder wird das Land nach einem kurzen Höhenflug
hart auf dem Boden der Tatsachen landen?
1
Busch, Alexander: Wirtschaftsmacht Brasilien, München 2011, S. 2.
2
Ebd.
3
Centre for Economics and Business Research (CEBR): ,,Brasiliens Wirtschaft überholt Großbritannien", in:
Zeit-online, 26.12.2011. Quelle: [http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-12/brasilien-wirtschaftsmacht] (Stand:
01.09.2013).
4
Vgl.: Grabendoff, Wolf: ,,Brasilien auf dem Weg zur Weltmacht?", in: Bürger im Staat, 1/2 / 2013, S. 117-124.
Quelle: [http://www.buergerimstaat.de/1_2_13/brasilien.pdf] (Stand: 01.09.2013).
5
Busch, a.a.O., S. 2.
6
Die im Fließtext neu eingeführten Abkürzungen sind bei Erstnennung kursiv markiert. Sie befinden sich
ebenfalls im Abkürzungsverzeichnis dieser Forschungsarbeit.

Ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gibt zunächst Grund zu
Optimismus. Zwischen den Jahren 2003 und 2010 entwickelte sich Brasiliens Wirtschaft im
allgemeinen Trend sehr positiv. Eine langfristig positive wirtschaftliche Entwicklung würde
der brasilianischen Regierung viel Potential bieten, ihre machtpolitischen Vorstellungen in die
Tat umzusetzen und Brasilien in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.
Bei einem Blick auf Brasiliens Geschichte fällt allerdings auf, dass große wirtschaftliche und
politische Visionen bereits in den 1960/70er Jahren existierten. Damals blieb es nicht nur bei
Bekundungen, sondern es zeichneten sich tatsächlich Entwicklungen ab, die Brasilien zu
mehr wirtschaftlichem Ansehen hätten verhelfen können. Doch für das Land blieb es letztlich
nur eine Vision. Nach einem beeindruckenden Wirtschaftsaufschwung mit Zuwachsraten im
zweistelligen Bereich folgte der wirtschaftliche Abschwung. Die damalige Vision, das Land
zügig zu einer Industrienation zu führen, konnte indes bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
erreicht werden.
Der Blick in die Vergangenheit ist sehr aufschlussreich, denn es zeichnet sich gegenwärtig
eine gleiche Entwicklung ab. Die Visionen der Regierung sind hoch, die wirtschaftlichen
Wachstumszuwächse seit dem Jahr 2012 jedoch sehr gering. Die Presse spottet: ,,Brasiliens
harte Landung nach dem Höhenflug."
7
Unter den `BRICS-Staaten´ hatte Brasilien im Jahr
2012 mit nur einem Prozent mit Abstand das geringste Wirtschaftswachstum. Wiederholt sich
hier die Geschichte? Ist Brasilien womöglich an einem Punkt angelangt, an dem sich in naher
Zukunft gar ein wirtschaftlicher Abschwung abzeichnet?
Der Blick auf Brasiliens Wirtschaftsgeschichte verdeutlicht stark zyklische
Wirtschaftsverläufe. Auf eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs folgt eine Phase des
wirtschaftlichen Abschwungs. Dies legt die Vermutung nahe, dass die brasilianische
Wirtschaft möglicherweise eine hohe Abhängigkeit von konjunkturellen Einflüssen aufweist.
Gemeint ist damit, dass ggf. strukturelle Ursachen des Wirtschaftswachstums, also
beispielsweise gesellschaftliche und politische Gegebenheiten oder politische Reformen, die
sich positiv auf die Wirtschaftsentwicklung des Landes auswirken, denen unterliegen, die sich
aus dem Marktgeschehen an sich ergeben. Zugespitzt geht es demnach um die folgende
Frage: Fehlt es Brasilien an einer soliden Basis für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum?
7
Fernando, Caulyt / Prange, Astrid: ,,Brasiliens harte Landung nach dem Höhenflug", in: Deutsche Welle-
online, 08.01.2013. Quelle: [http://www.dw.de/brasiliens-harte-landung-nach-dem-h%C3%B6henflug/a-
16505296] (Stand: 01.09.2013).

Die momentane wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens wirft viele Fragen auf. Diese
Forschungsarbeit verfolgt das Ziel, dem wirtschaftlichen Potential Brasiliens auf den Grund
zu gehen und möglichst alle der nun aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Hierzu wird sich
diese Forschungsarbeit genauer mit den Ursachen des gegenwärtigen brasilianischen
Wirtschaftsaufschwungs beschäftigen. Die leitende Forschungsfrage dieser Arbeit lautet:
Ist der gegenwärtige wirtschaftliche Aufschwung Brasiliens lediglich durch ein
zyklisches Wirtschaftswachstum begründet oder liegen ihm strukturelle Ursachen
zugrunde, die ein dauerhaftes Wachstum erwarten lassen?
Mit `gegenwärtig´ ist ein Zeitraum gemeint, der etwa ab dem Jahr 2000 beginnt und sich auf
die Wirtschaftsentwicklung bis Anfang 2013 bezieht, mit Ausnahme der Hinweise auf
Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung Brasiliens für das laufende und kommende Jahr.
Natürlich gibt es zahlreiche Ursachen für ein Wirtschaftswachstum. Eine Analyse aller
Einflüsse wäre utopisch und letztlich auch nicht zielführend. Eine selektive Auswahl
relevanter Ursachen ist demnach bewusst gewollt. Die Bestimmung der zu analysierenden
und als relevant geltenden Ursachen wird allerdings nicht willkürlich vorgenommen. Die Art
und Weise der Festlegung wird nun bei dem allgemeinen Überblick über die Gliederung der
Forschungsarbeit deutlich.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage gliedert sich diese Arbeit in insgesamt sechs Kapitel
mit jeweiligen Unterkapiteln. Ein Grundprinzip der Analyse ist die Annäherung an und die
schrittweise Verdeutlichung von komplexen Sachzusammenhängen, sodass am Ende der
Arbeit möglichst ein schlüssiges Gesamtbild vorliegt, welches sich aus den jeweiligen
Resultaten der Einzelanalysen ergibt.
Zunächst soll ein historischer und gegenwärtiger Überblick über die brasilianische
Wirtschaftsentwicklung (Kapitel 2) dazu dienen, sich ein erstes Bild von der Wirtschaft
Brasiliens zu verschaffen. Darüber hinaus dient dieses Kapitel zur Verdeutlichung von
früheren wirtschaftspolitischen Visionen seitens der brasilianischen Regierung, sowie von
typischen strukturellen Problemen im brasilianischen Wirtschaftssystem.
Nachdem so ein erster Überblick über die zu analysierende Materie und Hinweise auf
relevante Probleme in der brasilianischen Wirtschaftsentwicklung gegeben werden konnten,
gilt es nun Grundlagen für die eigentliche Analyse zu schaffen. Hierzu erfolgt eine

Annäherung an das Phänomen des Wirtschaftswachstums sowie den Faktoren, die ein solches
Wachstum bedingen. Kapitel 3 dieser Arbeit wird demnach zunächst auf einer theoretischen
Ebene einige Annahmen der Wirtschaftswissenschaft verdeutlichen, die für den weiteren
Verlauf der Analysen von besonderer Relevanz sind und die bei einer Beurteilung der
Sachlage nützlich erscheinen. Die jeweiligen Annahmen haben teilweise auch einen Bezug zu
dem Unterschied zwischen zyklischem und strukturellem Wirtschaftswachstum.
Nachdem also wichtige theoretische Grundlagen für die weiteren Analysen vermittelt wurden,
gilt es nun, sich der Praxis zuzuwenden. Sowohl Kapitel 4 und 5 setzen sich mit den Ursachen
des brasilianischen Wirtschaftswachstums auseinander, allerdings aus Gründen der
Übersichtlichkeit mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Kapitel 4 verdeutlicht zunächst die
zentralen Einflüsse auf die brasilianische Wirtschaftsentwicklung. Kapitel 5 setzt sich dann
mit der Beurteilung der eigentlichen Ursächlichkeit auseinander.
In Kapitel 4 gilt es zunächst die relevanten Analysegebiete zu bestimmen. Zur
Variablenbestimmung wird einerseits in der Fachliteratur nach Ursachen gesucht, auf die das
Wirtschaftswachstum konkret zurückgeführt wird, andererseits wird nach relevanten
Statements von Seiten der Mitglieder der brasilianischen Regierung bezüglich politischer
Prioritäten geforscht, die Rückschlüsse auf das gegenwärtige Wirtschaftswachstum erlauben.
Darüberhinaus werden strukturelle Probleme Brasiliens aufgegriffen und die Maßnahmen der
Regierung zu deren Milderung dargestellt. Wie sich noch zeigen wird sind somit ein rein
wirtschaftlicher, ein wirtschaftspolitischer Bereich sowie spezifische problematische
Gegebenheiten struktureller Natur Brasiliens erfasst. Da diese Arbeit eine
politikwissenschaftliche Forschungsarbeit ist, sollen des Weiteren auch mögliche Ursachen
des Wirtschaftswachstums innerhalb des politischen Systems Brasiliens gesucht werden. Bei
allen Analysevariablen wird Kapitel 4 zunächst nur die Gegebenheiten verdeutlichen.
Kapitel 5 befasst sich nun auf Grundlage der Darstellungen aus Kapitel 4 mit der eigentlichen
Ursächlichkeit der Gegebenheiten. Hierzu werden in jedem Bereich Einschätzungen über die
Vorteile und Defizite der dargestellten Maßnahmen verdeutlicht. Hieraus lässt sich dann der
Nutzen zur Förderung wirtschaftlichen Wachstums ableiten.
Kapitel 6 bildet das Fazit der Arbeit. Es dient der Zusammenfassung der Analyseergebnisse
und der Beantwortung der unterschiedlichen Aspekte der leitenden Forschungsfrage. Zur
besseren Übersichtlichkeit gliedert sich dieses Kapitel noch einmal in drei Unterkapitel. Das
letzte davon beinhaltet zudem einen Ausblick auf die weitere Entwicklung.

Diese Forschungsarbeit setzt sich u.a. mit den Stellungsnahmen und Einschätzungen von
Experten der brasilianischen Wirtschaft auseinander. Die Arbeit leistet somit einen Beitrag
zur umfangreichen wissenschaftlichen Diskussion über die Wirtschaftsstruktur und das
Entwicklungspotential der brasilianischen Wirtschaft.
Dem Thema kommt eine besondere Relevanz zu, denn sollte es Brasilien tatsächlich gelungen
sein Maßnahmen einzuleiten, die ein langfristiges Wirtschaftswachstum ermöglichen, so ist es
wahrscheinlich, dass die bisherigen Wirtschaftsmächte in absehbarer Zukunft Konkurrenz
bekommen werden. Dies betrifft letztlich auch die Bundesrepublik Deutschland als
viertgrößte Volkswirtschaft
8
der Welt. Doch eine allgemeine erhöhte Aufmerksamkeit scheint
sich nicht abzuzeichnen, denn ,,kaum eine Nation wird immer noch so unterschätzt wie
Brasilien"
9
, sagt Peter Rösler vom Lateinamerika Verein in Hamburg auf den 26. Deutsch-
Brasilianischen Wirtschaftstagen in Köln im Jahr 2008. In Betracht der enormen
wirtschaftlichen Entwicklung des Landes in den vergangenen Jahren lohnt sich daher ein
genauerer Blick auf die Ursachen des brasilianischen Wirtschaftsaufschwungs, um bestimmen
zu können, ob Brasilien tatsächlich Strukturen aufweist, die für ein langfristiges Wachstum
sprechen und der Aufschwung somit auch in Zukunft anhält, oder ob es sich lediglich um eine
zyklische Entwicklung handelt und Brasilien somit auch in Zukunft nur eine `Nebenrolle´ als
Wirtschaftsmacht einnehmen wird.
8
Vgl.: Statista.com: Wirtschaft in Deutschland, New York 2013. Quelle:
[http://de.statista.com/statistik/faktenbuch/355/a/laender/deutschland/wirtschaft-in-deutschland/] (Stand:
01.09.2013).
9
Rösler, Peter: ,,Warum Brasilien wahnsinnig unterschätzt wird", in: Berliner Morgenpost-online, 24.08.2008.
Quelle: [http://www.morgenpost.de/wirtschaft/article861009/Warum-Brasilien-wahnsinnig-unterschaetzt-
wird.html] (Stand: 01.09.2013).

2
Brasiliens Wirtschaft ­ ein Überblick
Ziel dieses Kapitels ist es, ein möglichst realistisches Bild der brasilianischen Wirtschaft zu
vermitteln. Besonders aufschlussreich ist dabei ein Blick in die Vergangenheit und eine
Analyse der Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft Brasiliens. Diese gibt letztlich Aufschluss
darüber, ob es signifikante Entwicklungstrends in der Wirtschaftsentwicklung gab und ob
strukturelle Probleme vorlagen.
2.1
Die historische Entwicklung der brasilianischen Wirtschaft seit 1945
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 entwickelte sich Brasiliens Wirtschaft
zunächst positiv. Im Zeitraum von 1948 bis 1955 wuchs das brasilianische
Bruttoinlandsprodukt (BIP)
10
um durchschnittlich 7,4 Prozent. Die durchschnittliche
Investitionsquote erhöhte sich, was den Prozess der Industrialisierung vorantrieb und es
konnten mehr Investitionen im Bereich der öffentlichen Infrastruktur getätigt werden. Doch
trotz der allgemein positiven Entwicklung kam es auch zu Umständen, die das brasilianische
Wirtschaftswachstum etwas bremsten. So wuchsen die durchschnittlichen jährlichen Raten
der Im- und Exporte im Zeitraum von 1946-1950 noch im zweistelligen Bereich, verloren
allerdings zwischen 1951 und 1955 an Boden und wuchsen nun nur noch im einstelligen
Bereich. Als Grund dafür werden in der Fachliteratur sinkende Einnahmen aus dem
Kaffeehandel sowie die allgemeine Weiterentwicklung von Verfahren, die Importe in
gewissen Bereichen überflüssig machten (Substitution), benannt.
11
Dennoch wuchs auch im
Zeitraum von 1956-1963 die brasilianische Wirtschaft (gemessen am BIP) im Durchschnitt
um 6,7 Prozent.
12
10
Weitere Hinweise hierzu im Glossar auf Seite 104.
11
Vgl.: Vianna, Sérgio Besserman / Villela, André: ,,O pós-Guerra", in: Giambiagi, Fabio / Villela, André / de
Castro, Lavinia Barros / Hermann, Jennifer (Hrsg.): Economia brasileira contemporânea: 1945-2010, Rio de
Janeiro 2011, S. 20.
Im Literatur- und Quellenverzeichnis ist die portugiesisch- und spanischsprachige Literatur
jeweils ins Deutsche übersetzt.
12
Vgl.: Villela, André: ,,Dos `Anos Dourados´ de JK à Crise Não Resolvida", in: Giambiagi, Fabio / Villela,
André / de Castro, Lavinia Barros / Hermann, Jennifer (Hrsg.): Economia brasileira contemporânea: 1945-2010,
Rio de Janeiro 2011, S. 28.

Gegen Mitte der 1960er Jahre war die Phase des Wirtschaftswachstums in Brasilien beendet.
15 Jahre lang war das brasilianische BIP eines der am stärksten wachsenden weltweit
gewesen. Als jedoch 1964 die Militärs die politische Macht übernahmen, lag die
brasilianische Wirtschaft am Boden.
13
In der Fachliteratur werden als Gründe hierfür eine
steigende Inflation bei gleichzeitig höheren Lohnforderungen ab der zweiten Hälfte der
1950er Jahre benannt. Die wirtschaftliche Lage Brasiliens verschlechterte sich zusehens.
14
Das Land hatte damals Auslandsschulden in Höhe von 3 Milliarden US Dollar und die
jährliche Inflation
15
war um 100 Prozent gestiegen. Das Ausland weigerte sich weitere
Kredite zu bewilligen. Diese Phase der witschaftlichen Krise nutzte das Militär zur Ergreifung
der politischen Macht. Sein Hauptziel war es, die wirtschaftliche Entwicklung zu
beschleunigen und die Inflation einzudämmen, um die Preise möglichst schnell in ein
Gleichgewicht zu bringen. Um die hohen Defizite auszugleichen, wurden viele Preise für
Güter des täglichen Bedarfs, beispielsweise der Strompreis oder der Preis für Brot, erhöht und
eine Steuerreform durchgeführt.
16
Im Jahr 1965 einigte sich die brasilianische Regierung mit den amerikanischen und
europäischen Gläubigern auf einen langfristigen realistischen Rahmen der
Schuldenrückzahlung. Erst nach diesen Vereinbarungen erhielt Brasilien neue Kredite von
den USA und der Weltbank. Diese Unterstützung verhalf der Militärregierung dazu, das
Haushaltsdefizit stark zu reduzieren und einen wirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten. Das
BIP stieg zweistellig in den Jahren von 1968 bis 1973. Der Export konnte verdreifacht
werden. Diese Zeit wird heute als `Milagre econômico´, also als die Zeit des
`Wirtschaftswunders´ bezeichnet.
Für das Militär war diese Entwicklung eine ideale Grundlage zur Herrschaftslegitimation.
Dabei überspielten sie die Tatsache, dass das `Wirtschaftswunder´ in erster Linie von außen
generiert und mit hohen sozialen Kosten verbunden war. Das Ziel der Regierung war es,
Brasilien binnen einer Generation zum Industriestaat nach amerikanischem Muster zu
führen.
17
Dazu leitete das Militär wichtige strukturelle Reformen im Finanzsektor ein, die das
Ziel hatten, den Kapitalmarkt zu modernisieren und die Inflation zu zügeln.
18
13
Vgl.: Gloel, Matthias: ,,Die brasilianische Militärdiktatur 1964-1985", in: Hispanorama, 11 / 2011, S. 26.
14
Vgl.: Luger, Antonio: Wandel der brasilianischen Staatsform: vom Entwicklungsstaat zur liberalen
Wirtschaftspolitik, Wien 2003, S. 118. Quelle: [http://epub.wu.ac.at/1917/1/document.pdf] (Stand: 01.09.2013).
15
Weitere Hinweise hierzu im Glossar auf Seite 106.
16
Vgl.: Gloel, a.a.O., S. 26.
17
Vgl.: Ebd., S. 27.
18
Vgl.: Hermann, Jennifer: ,,Reformas, Endividamento Externo e o `Milagre´ Econômico", in: Giambiagi, Fabio
/ Villela, André / de Castro, Lavinia Barros / Hermann, Jennifer (Hrsg.): Economia brasileira contemporânea:
1945-2010, Rio de Janeiro 2011, S. 55f.

Das Wirtschaftswunder hielt allerdings nur bis zum Jahr 1973 an. Die im Zuge der
Weltwirtschaftskrise der 1970er Jahre eintretende Verteuerung des Ölpreises traf Brasilien
schwer, da das Land damals 80 Prozent seines Öls importierte. Im Zuge dessen verdoppelten
sich im Jahr 1974 die Auslandsschulden von sechs auf zwölf Milliarden Dollar und betrugen
im Jahr 1978 43 Milliarden Dollar. Die Inflation stieg zwischen 1974 und 1978 um knapp 38
Prozent und nur die Auslandskredite konnten Brasilien damals vor dem Staatsbankrott
bewahren. Im Jahr 1983 betrug die Inflation 211 Prozent. Brasilien konnte seine hohen
Auslandsschulden nicht mehr begleichen, weshalb es Anfang der 1980er Jahre in die
Rezession rutschte, deren Auswirkungen noch lange zu spüren sein sollten. Die Zeit zwischen
1980 und 1990 wird heute als `década perdida´, also als verlorenes Jahrzehnt bezeichnet, da
gegen Ende dieser Dekade der Entwicklungsstand der Wirtschaft dem zu Beginn der Dekade
entsprach.
Mit dem wirtschaftlichen Abstieg Brasiliens in den 1980er Jahren verlor auch die
Militärregierung an Ansehen, sodass sich ihr Kandiat bei den Präsidentschaftswahlen Anfang
1985 nicht mehr durchsetzen konnte. Mit dem Ende des Wirtschaftswunders war die
Legitimationsgrundlage der Militärregierung weggebrochen und dies führte nach 21 Jahren
der Militärdiktatur zu einem Systemwechsel. Im Jahr 1988 erhielt Brasilien eine neue,
demokratische Verfassung.
19
Die Machtausübung durch die Militärs im Zeitraum von 1964 bis 1985 bedeutete nicht, dass
Brasilien in dieser Zeit wirtschaftspolitisch ziellos war. Die umgesetzte Politik war durchaus
entwicklungsorientiert, mit starken Planungselementen und einer aktiven Rolle des Staates in
der Entwicklungspolitik. Die starke Förderung von Exporten trug letztlich zum Anstieg des
Wirtschaftswachstums bei. Allerdings gestaltete sich dies mit großen regionalen
Unterschieden. Zu den Merkmalen des Entwicklungsmodells der Militärs gehörte demnach
auch die Bedeutung der regionalen Integration, insbesondere in Bezug auf das
Amazonasgebiet. So war die Erschließung des Regenwaldes durch Straßen und Großprojekte,
wie etwa `Grande Carajás´, eines der größten Bergbauprojekte der Erde, ein zentrales
Anliegen der Militärdiktatur.
Die Wirtschaftspolitik der Militärs
zeichnete sich auch durch den Schutz gegen Importe aus.
So war Brasilien bis zum Ende der Militärdiktatur ein von Industrieimporte weitgehend
abgeschottetes Land.
20
Trotz aller Bestrebungen des Militärs fehlte es dem
19
Vgl.: Gloel, a.a.O., S. 26-29.
20
Vgl.: Fatheuer, Thomas: ,,Brasilien auf dem großen Sprung nach vorn", in: Hispanorama, 11 / 2011, S. 15.

`Wirtschaftswunder´ an einem `soliden Fundament´, weshalb es nicht zu einem nachhaltigen
Entwicklungsprozess kam. Es vermochte die strukturellen Probleme der Ungleichheit nicht zu
lösen, so Wilhelm Hofmeister von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Brasilien.
21
Das `Erbe´ der Militärdiktatur war ein großer Schuldenberg und eine Inflation von rund 200
Prozent. Brasilien stand 1989 am Rande einer Hyperinflation. Erst die Einfrierung
kurzfristiger Geldanlagen und Sparguthaben senkte die Inflation drastisch. Allerdings war
dies keine Maßnahme, die das Problem der Inflation auf Dauer hätte lösen können. Im Jahr
1992 stand das Land erneut vor einer Hyperinflation. Im Juli 1994 betrug die Inflation 5.150
Prozent. Allerdings sollte sich dieses Jahr auch als Schicksalsjahr für Brasilien (nicht nur in
Bezug auf die gewonnene Fußball-Weltmeisterschaft) herausstellen, denn im Juli 1994 wurde
das Wirtschaftsprogramm `Plano Real´
22
umgesetzt und als Teil dessen der `Real´ als neue
Währung eingeführt. Die durch dieses Wirtschaftsprogramm eingeleiteten
Strukturveränderungen bewirkten eine nachhaltige Senkung der Inflation. Die plötzliche
Stabilität des Real führte zu einem Gewinn an Kaufkraft.
23
Am 01. Januar 2003 trat Luiz Inácio Lula da Silva, Mitglied der Partido dos Trabalhadores
(PT)
24
, das Präsidentenamt an. Seine erste Amtszeit stand noch stark unter dem Primat der
Stabilisierungspolitik, in der zweiten Amtszeit wurde die Förderung der Wirtschaft zur
obersten Priorität der Regierung. `Meilensteine´ in der Amtszeit von Lula da Silva waren u.a.
das Förderprogramm `Bolsa Família´, ein Transferprogramm für extrem arme Familien, das
an den Schulbesuch der Kinder gekoppelt wurde, welches im Jahr 2011 12 Millionen
Familien (mehr als 50 Millionen Menschen) bezogen, sowie die Schaffung von zweieinhalb
Millionen Arbeitsplätzen. Die Erfolge in der Armutsbekämpfung sind im Laufe der Jahre zum
großen Markenzeichen der Regierung Lulas geworden. Lula gelang es, dem Land wieder eine
Entwicklungsperspektive zu geben, die Wachstum mit sozialem Ausgleich verband.
25
Im
Gegensatz zu seinen Vorgängern gelang es ihm, die brasilianische Wirtschaft mit
Entschiedenheit in ruhigeres Fahrwasser zu bringen und die drohende Zahlungsunfähigkeit
21
Vgl.: Hofmeister, Wilhelm: ,,Internationale Zusammenarbeit: 40 Jahre Konrad-Adenauer-Stiftung in
Brasilien", in: Tópicos, 01 / 2009, S. 14.
22
Weitere Hinweise hierzu im Glossar auf Seite 107.
23
Vgl.: Fatheuer, a.a.O., S. 16-18.
24
Weitere Hinweise hierzu im Glossar auf Seite 106.
25
Vgl.: Fatheuer, a.a.O., S. 21f.

des Landes im September 2002 gerade noch im letzten Augenblick abzuwenden, indem er
sich für weitere Auslandskredite einsetzte und diese letztlich bewilligt bekam.
26
Am 01.01.2011 wurde zum ersten Mal in der Geschichte Brasiliens eine Frau als Präsidentin
vereidigt. Die Nachfolgerin von Präsident Lula da Silva, Dilma Rousseff (PT-Partei),
versprach in erster Linie die Kontinuität der erfolgreichen Lula-Regierung. So setzt sich
Rousseff weiterhin für die Bekämpfung der Armut im Land ein. Sie folgt damit der Leitlinie
Lulas der Wachstumspolitik bei sozialem Ausgleich, setzt allerdings auch eigene Akzente in
bestimmten Politikfeldern.
27
Resümierend lassen sich nun typische Merkmale der brasilianischen Wirtschaft benennen. In
seiner Wirtschaftsentwicklung seit 1945 hat Brasilien überwiegend ein Wachstum zu
verzeichnen, wobei es zu teils starken Schwankungen der Wachstumsintensität kam. Die
Phasen, in denen gar kein Wachstum des BIP vorlag, sind im Verhältnis überwiegend von
recht kurzer Dauer gewesen.
28
Ein weiteres Charakteristikum der brasilianischen Wirtschaft
war lange Zeit das Problem einer extremen Inflation. Der Kampf gegen die allgemeine
Erhöhung des Preisniveaus durchzieht die brasilianische Wirtschaftspolitik wie einen roten
Faden. Typisch für Brasiliens Wirtschaft ist zudem die mehrmalige Inanspruchnahme von
ausländischen Krediten zur Rettung der nationalen Wirtschaft und eine zeitweise immense
Auslandverschuldung. Darüberhinaus war das Wirtschaftswachstum stets regional
konzentriert.
26
Vgl.: Fritz, Barbara: ,,Orthodoxie und Sozialpolitik. Zur gemischten Bilanz der brasilianischen
Wirtschaftspolitik", in: Costa, Sérgio / Kohlhepp, Gerd / Nitschack, Horst / Sangmeister Hartmut (Hrsg.):
Brasilien heute, Frankfurt am Main 2010, S. 335f.
27
Vgl.: Quiroga, Yesko: ,,Und Dilma kann es auch... Zwischenbilanz nach 100 Tagen im höchsten Staatsamt
Brasiliens", in: FES Perspektive, 05 / 2011, S. 1 und 6.
28
Abbildung 1 auf Seite 90 zeigt die Entwicklung des BIPs im Zeitraum von 1950-2000.

2.2
Aktuelle Entwicklungen der brasilianischen Wirtschaft
Brasilien konnte in den letzten Jahren sein BIP drastisch erhöhen. Dieses erreichte im Jahr
2011 einen Wert von 2.492,91 Milliarden US Dollar
29
. Somit zählt das Land inzwischen zu
den zehn größten Volkswirtschaften der Welt und gehört zu den am schnellsten wachsenden
`Schwellenländern´.
30
So ist es Brasilien gelungen, innerhalb des Zeitraums von 2006 bis
2010 sein BIP annähernd zu verdoppeln. Gegen Ende des Jahres 2011 überholte das größte
Land Lateinamerikas Großbritannien und nahm somit Platz sechs im `Club´ der zehn
wichtigsten Volkswirtschaften der Welt ein. Der brasilianische Finanzminister Guido
Mantega, Mitglied der derzeit regierenden PT-Partei, rechnet fest damit, dass Brasilien auch
bald Frankreich hinter sich lassen und somit auf den fünften Platz vorrücken wird. Danach sei
Deutschland im Visier. Brasiliens Wirtschaft wachse doppelt so schnell wie die in den
europäischen Ländern, so der Minister. Seine Aussagen werden indes durch Prognosen des
Internationalen Währungsfonds (IWF)
31
bestätigt, welcher davon ausgeht, dass Brasilien
tatsächlich im Jahr 2015 Frankreichs Platz als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt
einnehmen wird.
32
Ein Blick auf die Zahlen verrät, dass das brasilianische BIP im Zeitraum zwischen 2002 und
2011, mit Ausnahme des Jahres 2009, kontinuierlich gestiegen ist.
33
Die Wachstumsraten des
BIP
34
liegen dabei zwischen einem und 7,35 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr.
35
Mehr als ein Drittel der Wertschöpfung in der lateinamerikanisch-karibischen Region entfällt
auf die brasilianische Volkswirtschaft.
36
29
Vgl.: International Monetary Fund (IMF): Brazil: Gross domestic product, current prices (U.S. dollars),
Washington 2012. Quelle:
[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2013/01/weodata/weorept.aspx?pr.x=57&pr.y=1&sy=2005&ey=2018
&scsm=1&ssd=1&sort=country&ds=.&br=1&c=223&s=NGDPD&grp=0&a=] (Stand: 01.09.2013).
30
Tabelle 1 im Anhang auf Seite 103 zeigt die 10 größten Volkswirtschaften der Welt, gemessen am BIP.
31
Weitere Hinweise hierzu im Glossar auf Seite 106.
32
Vgl.: Kwasniewski, Nicolai: ,,Größte Volkswirtschaften: Brasilien überholt Großbritannien", in: Spiegel-
online, 27.12.2011. Quelle: [http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/groesste-volkswirtschaften-brasilien-
ueberholt-grossbritannien-a-805987.html] (Stand: 01.09.2013).
33
Vgl.: International Monetary Fund (IMF): Brazil: Gross domestic product, current prices (U.S. dollars), a.a.O.
34
Einen guten Überblick darüber verschaffen die Abbildungen 2 und 3 im Anhang auf den Seiten 91 und 92.
35
Vgl.: International Monetary Fund (IMF): Brazil: Gross domestic product, constant prices (Percent change),
Washington 2012. Quelle:
[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2012/02/weodata/weorept.aspx?pr.x=50&pr.y=9&sy=2002&ey=2013
&scsm=1&ssd=1&sort=country&ds=.&br=1&c=223&s=NGDP_RPCH&grp=0&a=] (Stand: 01.09.2013).
36
Vgl.: Sangmeister, Hartmut: ,,Brasilien ­ Wirtschaftsgroßmacht von morgen? Zur Einführung", in: Costa,
Sérgio / Kohlhepp, Gerd / Nitschack, Horst / Sangmeister Hartmut (Hrsg.): Brasilien heute, Frankfurt am Main
2010, S. 319.

Trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Brasiliens in den vergangenen Jahren muss
auch wahrgenommen werden, dass Brasiliens Wirtschaft nach mehreren Boomjahren massiv
an Schwung verloren hat. So legte das BIP 2012 nur noch um 0.9 Prozent zu.
37
Im Vergleich
zu den letzten drei Monaten des Vorjahres hat das brasilianische BIP im ersten Quartal 2013
nur schwach um 0,6 Prozent zugelegt. Der Wert lag somit unter den Erwartungen der
Analytiker, die einen BIP-Zuwachs von 0,9 Prozent prognostiziert hatten. Grund für einen
leichten Optimismus gibt allerdings die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD), die in ihrem Wirtschaftsausblick davon ausgeht, dass die brasilianische
Wirtschaft 2013 um 2,9 Prozent zulegen werde (Stand: Mai 2013).
38
Der alleinige Blick auf die Zahlen der brasilianischen Wirtschaft birgt allerdings die Gefahr
vorschneller Generalurteile. Der wirtschaftliche Aufschwung kommt nicht zwangsläufig
jedem Einzelnen der brasilianischen Bevölkerung zu Gute. Brasiliens Wirtschaft ist durch
enorme regionale Disparitäten innerhalb des Landes geprägt. Dies gilt es bei dem Versuch
einer Zuteilung der brasilianischen Wirtschaft in ein Ranking stets zu beachten. ,,Für Teile
Brasiliens im Südosten und Süden würde eher ein Platz im europäischen
Entwicklungsranking zutreffen, während große Teilregionen im Nordosten [...] immer noch
typische Merkmale von Armutsgebieten in Entwicklungsländern aufweisen."
39
Diese
regionalen Disparitäten werden besonders deutlich, wenn man das Zustandekommen des
brasilianischen BIP nach Regionen betrachtet. Denn ,,rund 80 % des brasilianischen BIP
werden in acht zentral und südlich gelegenen Bundesstaaten
40
[...] erwirtschaftet. Alleine im
Bundesstaat São Paulo werden 34 % der brasilianischen Wirtschaftsleistung und über 40 %
der Industrieproduktion erbracht."
41
Die Fläche Brasiliens ist doppelt so groß wie die Europas (ohne Russland) und größer als
Australien. Brasilien ist somit in jeder Hinsicht ein Gigant unter den Staaten der Erde. Seine
37
Vgl.: Reuters Nachrichtenagentur: ,,Brasiliens Wachstum bricht stark ein", in: Handelsblatt-online,
01.03.2013. Quelle: [http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/wirtschaftsleistung-brasiliens-
wachstum-bricht-stark-ein/7863562.html] (Stand: 01.09.2013).
38
Vgl.: Müller, Matthias: ,,Brasilien im Krebsgang", in: Neue Züricher Zeitung-online, 30.05.2013. Quelle:
[http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasilien-im-krebsgang-1.18089671] (Stand:
01.09.2013).
39
Kohlhepp, Gerd: ,,Geografischer Raum, Bevölkerung und Umwelt. Eine Einführung", in: Costa, Sérgio /
Kohlhepp, Gerd / Nitschack, Horst / Sangmeister Hartmut (Hrsg.): Brasilien heute, Frankfurt am Main 2010, S.
13.
40
Brasilien hat 26 Bundesstaaten und einen Bundesdistrikt.
41
Industrie- und Handelskammern in Bayern: Exportbericht Brasilien, Nürnberg 2011, S. 8.

Fläche erreicht kontinentale Ausmaße.
42
Eine Beurteilung der brasilianischen
Wirtschaftsentwicklung sollte demnach auch immer die sozialen und geografischen
Gegebenheiten einschließen. So darf nicht vernachlässigt werden, dass bis heute gravierende
Probleme die brasilianische Wirtschaft prägen. Die Kinderarbeit ist immer noch weit
verbreitet und 15 Millionen Brasilianer wurden im Jahr 2005 als Analphabeten klassifiziert,
immerhin 11 Prozent der erwachsenen Bevölkerung des Landes. Die Informalität von
Beschäftigungsverhältnissen ist ein fester Bestandteil der brasilianischen Wirtschaft und tief
verankert im täglichen Leben. Die Zahl dieser Beschäftigungen lässt sich nicht genau
beziffern. Schätzungen, wonach ca. 50 Prozent der Beschäftigten informellen
Arbeitsverhältnissen nachgehen, geben einen ungefähren Hinweis auf die Größenordnung.
43
Auch mit Blick auf diese strukturellen Probleme der brasilianischen Wirtschaft stellt sich bei
den Bestrebungen der Regierung, Brasiliens Wirtschaftswachstum weiter voran zu bringen,
die Frage, ob dieses Ziel tatsächlich realistisch erscheint. Möglicherweise steht sich Brasilien
mit seinen großen Disparitäten bei der Verwirklichung seiner Wirtschaftsziele selbst im Weg.
Die Entwicklungen der Vergangenheit zeigen jedoch, dass die brasilianische Regierung
durchaus Reformen eingeleitet hat, die strukturelle Veränderungen im Wirtschaftssystem
bewirken sollten. Es stellt sich demnach nun die Frage nach der Qualität des derzeitigen
Wirtschaftsaufschwungs. Handelt es sich lediglich um ein zyklisches Wachstum oder ist der
Aufschwung ein Resultat struktureller Veränderungen?
42
Vgl.: Anhuf, Dieter: ,,Naturräumliche Grundlagen", in: Costa, Sérgio / Kohlhepp, Gerd / Nitschack, Horst /
Sangmeister Hartmut (Hrsg.): Brasilien heute, Frankfurt am Main 2010, S. 15.
43
Vgl.: Sangmeister: ,,Brasilien ­ Wirtschaftsgroßmacht von morgen? Zur Einführung", a.a.O., S. 321-323.

3
Theoretische Grundlagen zur Analyse
Unter den strukturell begründeten Ursachen für ein Wirtschaftswachstum sollen alle
gesellschaftlichen oder politischen Gegebenheiten sowie politischen Reformen verstanden
werden, die sich positiv auf die Wirtschaftsentwicklung des Landes auswirken. Ein zyklisches
Wirtschaftswachstum hingegen ist von einer ganzen Reihe einwirkender Faktoren abhängig,
die sich aus dem Marktgeschehen an sich ergeben. Doch was bedeutet dies genau? Wie
entsteht ein zyklisches Wirtschaftswachstum und welche Faktoren sind dafür relevant?
Vor der eigentlichen Analyse am Fallbeispiel Brasilien sollen in diesem Kapitel zunächst
einige theoretische Grundlagen verdeutlicht werden, die im weiteren Verlauf der Analyse
noch von besonderer Bedeutung sein werden und die die Beurteilung am Schluss der Arbeit
erleichtern sollen. Sicher können an dieser Stelle nicht alle relevanten Theorien benannt
werden, die zyklisches Wirtschaftswachstum erklären. Im Rahmen dieses theoretischen Teils
der Arbeit werden daher nur die für das brasilianische Wirtschaftswachstum besonders
relevanten theoretischen Annahmen benannt. Ein Ziel ist es u.a., den Begriff des zyklischen
Wirtschaftswachstums für die weitere Analyse zu operationalisieren. Dazu bedarf es zunächst
der Generierung eines Instrumentariums, welches die relevanten Ursachen für das Phänomen
des zyklischen Wirtschaftswachstums benennt und mit dessen Hilfe eine reflektierte Analyse
dieser Faktoren in der Praxis ermöglicht wird. Zur Kreierung eines solchen Instrumentariums
wird dieses Kapitel einige hilfreiche Modelle der Wirtschaftswissenschaft aufzeigen und
deren Merkmale herausarbeiten. Dieses theoretische `Fundament´ bildet dann die Basis für
die Empirie. Um es deutlich zu benennen: es geht in diesem Kapitel nicht um eine
Theoriediskussion als solche, sondern um die Entwicklung eines heuristischen
Instrumentariums zur reflektierten Analyse relevanter Faktoren, die zyklisches
Wirtschaftswachstum erklären.

3.1
Der idealtypische Konjunkturverlauf
Die Steigerung oder Verringerung der wirtschaftlichen Leistung einer ganzen Volkswirtschaft
wird als Konjunktur bezeichnet. Ein Grundmerkmal dieser ist es, dass sie sich im stetigen
Fluss befindet.
44
,,Auf eine Phase steigender Wirtschaftstätigkeit, dem Aufschwung, folgt
immer eine Phase, in der sich die Wirtschaftsleistung verringert ­ die Rezession."
45
In Zahlen
werden derartige Bewegungen mit konjunkturbezogenen Größen, wie beispielsweise dem
BIP, ausgedrückt. Die Konjunktur bewegt sich in Zyklen, denen sich vier Zyklen-Bereiche
zuordnen lassen, deren Dauer jedoch sehr unterschiedlich sein kann:
46
1.
Der Aufschwung (Erholung, Expansion)
2.
Die Hochkonjunktur (Boom, Prosperität)
3.
Der Abschwung (Rezession)
4.
Das Tief (Krise, Depression)
47
Beim Aufschwung, also bei steigender Wirtschaftsleistung, steigt die Nachfrage nach Gütern
aller Art ­ auch nach Dienstleistungen. Dies kann beispielsweise dadurch eingeleitet werden,
dass immer mehr Leute in Arbeit stehen, wodurch die Masse an Kapital zunimmt, die für den
Konsum zur Verfügung steht. Der erhöhte Konsum führt zur Notwendigkeit einer erhöhten
Produktion, wodurch mehr Arbeitskräfte benötigt werden, die ihrerseits dadurch über mehr
Geld verfügen, mit dem sie konsumieren können. Die Wirtschaftsleistung wächst immer
weiter.
In der Boom-Phase, die üblicherweise recht kurz ist und sich im Durchschnitt über ein Jahr
erstreckt, sind die Kapazitäten der Unternehmen bis ans Maximum ausgelastet. Die Nachfrage
steigt jedoch weiterhin. Es herrscht nun theoretisch Vollbeschäftigung und für die
Unternehmen ist es schwierig an Arbeitskräfte zu kommen. Zudem sind die technischen
Grenzen der Produktion nun erreicht, weshalb die Produktion nicht derart gesteigert werden
kann, um die steigende Nachfrage zu decken. Da die Nachfrage nun über dem Angebot liegt,
44
Vgl.: Boerse.de: Börsengrundlagen: Der Konjunkturverlauf, Rosenheim 2013. Quelle:
[http://www.boerse.de/grundlagen/fundamentalanalyse/Der-Konjunkturverlauf|3] (Stand: 01.09.2013).
45
Ebd.
46
Vgl.: Ebd.
47
Vgl.: Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag:
,,Konjunkturphasen", Mannheim 2013. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) 2013.
Quelle: [http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19814/konjunkturphasen] (Stand:
01.09.2013).

können die Unternehmen die Preise erhöhen, wodurch die Gewinne noch einmal sehr stark
anziehen.
Die ansteigenden Preise führen zu einer allgemeinen Erhöhung des Preisniveaus, also zu einer
Inflation. Diese führt dazu, dass die Arbeitnehmer nicht mehr so viel konsumieren wie zuvor,
da sie nun weniger Güter für gleiches Geld erhalten. Die Umsätze der Unternehmen gehen
zurück, gleichzeitig werden von den Arbeitnehmern höhere Löhne gefordert, um den
Lebensstandard zu erhalten. Höhere Lohnkosten und ein geringerer Konsum führen dazu,
dass die Unternehmen ihre Preise erhöhen oder Personal entlassen müssen, um ihre Gewinne
zu sichern. Durch die Entlassungen können weniger Menschen im selben Umfang
konsumieren. Die gesamte Wirtschaftsleistung nimmt ab; die Wirtschaft befindet sich nun in
der Phase des Abschwungs.
Das Ende des Abschwungs wird als `das Tief´ bezeichnet. Die Zahl der Arbeitslosen steigt
immer mehr. Immer weniger Leute konsumieren ausgiebig, viele Unternehmen machen
Verluste und sind ggf. sogar von der Pleite bedroht. Die Unsicherheit der verbleibenden
Arbeitnehmer führt zu einer Erhöhung der Sparquote und weniger Konsum. Die Preise
sinken, um Abnehmer zu finden und damit sinkt auch die Inflation. Als nächste Phase beginnt
nun wieder der Aufschwung.
48
Dieser hier sehr stark vereinfacht dargestellte Prozess, in dem die wirtschaftliche Entwicklung
die einzelnen Konjunkturphasen durchläuft, bezeichnet man auch als `Konjunkturzyklus´
49
.
50
,,Einen entscheidenden Einfluss auf den Konjunkturverlauf haben die Nachfrage der privaten
Haushalte, die Investitionen der Unternehmen, die Einnahmen und Ausgaben des Staates
sowie die Importe und Exporte."
51
Veränderungen dieser Größen wirken sich entweder
positiv auf den Konjunkturverlauf aus und können einen Aufschwung einleiten, oder sie
beeinflussen diesen negativ und führen zu einem Abschwung.
52
Obwohl man theoretisch davon ausgehen könnte, dass eine Rezession vermeidbar sei, ist
dieses `Kunststück´ bis heute noch niemandem gelungen. Allerdings lassen sich die Stärke
der wirtschaftlichen Schrumpfung und die Dauer dieser Periode erfolgreich beeinflussen. Eine
48
Vgl.: Boerse.de, a.a.O.
49
Dieser lässt sich auch grafisch darstellen. Im Angang auf Seite 93 befindet sich eine Darstellung.
50
Vgl.: Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag:
,,Konjunkturzyklus", Mannheim 2013. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) 2013.
Quelle: [http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19819/konjunkturzyklus] (Stand:
01.09.2013).
51
Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag:
,,Konjunkturphasen", a.a.O.
52
Vgl.: Ebd.

Menge namhafter Wirtschaftswissenschaftler haben Theorien entwickelt, um einen
wirksamen Einfluss auf den Konjunkturverlauf zu nehmen oder diesen zu erklären. Hieraus
sind Mechanismen der `Feinsteuerung´ entstanden, die bislang aber niemals perfekt
funktioniert haben.
53
Als einflussreiche Theorien in diesem Bereich lassen sich beispielsweise
Joseph Schumpeters `Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung´
54
oder das Modell der
antizyklischen Fiskal- und Geldpolitik, das auf den britischen Ökonomen John Maynard
Keynes zurückzuführen ist, der als einer der Begründer der heutigen Makroökonomie gilt,
anführen.
55
Das Modell des Konjunkturzyklus ist keine geschlossene Theorie. Vielmehr handelt es sich
hierbei um einen heuristischen Orientierungsrahmen. Heuristik beschreibt eine Methode, die
auf der Basis von Erfahrungen oder Urteilsvermögen zu einer guten Lösung eines Problems
führt, allerdings ist diese Lösung nicht zwangsläufig optimal.
56
Heuristiken kommen u.a. in
der Mathematik zum Einsatz. Ziel ist es, mit wenig Rechenaufwand möglichst schnell eine
Lösung zu erzielen. Schätzwerte und Faustregeln sind dabei durchaus zulässig. Das so erzielte
Ergebnis stellt zwar keine optimale aber eine hilfreiche Lösung für das behandelte Problem
dar. Bei Phasenmodellen wie dem Konjunkturzyklus verhält es sich ähnlich. Als Heuristik
bieten sie die Möglichkeit, zielgerichtete Erkenntnisse über wirtschaftliche Entwicklungen zu
gewinnen, ihre Phasen lassen sich aber eben nur innerhalb der Heuristik klar voneinander
abgrenzen. In der Realität ist demnach auch eine andere Phasenabfolge oder eine
Phasenüberlappung nicht auszuschließen.
57
So ist es nicht zwangsläufig in jedem Fall sofort erkennbar, wann beispielsweise die
Hochkonjunktur vorliegt, da sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ebenfalls durch
zyklische Schwankungen vollziehen kann.
58
Es ist demnach in der Realität möglich, dass ein
Aufschwung stattfindet, die Wirtschaftsentwicklung dann stagniert und dann kein Abschwung
eingeleitet wird, sondern die Wirtschaftsleistung wieder steigt. Des Weiteren ist zu beachten,
dass es auch Entwicklungen geben kann, bei denen ein Aufschwung zu verzeichnen ist,
obwohl gemäß der Darstellungen des Modells des typischen Konjunkturverlaufs
53
Vgl.: Boerse.de, a.a.O.
54
Vgl.: Hirsch, Marie: Zur Theorie des Konjunkturzyklus, Tübingen 1929, S. 81.
55
Vgl.: Lucas, Robert E.: Theorie der Konjunkturzyklen, Regensburg 1989, S. 2.
56
Vgl.: Thommen, Jean-Paul: ,,Heuristik", in: Birkelbach, Ralf / Gross, Armin / Schirmacher, Albrecht (Hrsg.):
Gabler Wirtschaftslexikon, Wiesbaden 2013. Quelle: [http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/4969/heuristik-
v7.html] (Stand: 01.09.2013).
57
Vgl.: Blum, Sonja / Schubert, Klaus: Politikfeldanalyse, Wiesbaden 2011, S. 104.
58
Vgl.: Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag:
,,Konjunkturzyklus", a.a.O.

möglicherweise viele Kriterien für einen Abschwung sprechen. Eine geringe Nachfrage,
wenig Exporte, hohe Arbeitslosigkeit und wenig Investitionen, sind, wie beschrieben,
Ursachen für einen Wirtschaftsabschwung und münden gemäß dem Modell irgendwann im
sogenannten `Tief´. In der Realität kann es allerdings vorkommen, dass sich die Wirtschaft
kurzfristig dennoch positiv entwickelt, beispielsweise durch Spekulationen, positive
Erwartungen o.ä. Dem psychologischen Aspekt kommt hier eine bedeutende Rolle zu.
Doch trotz der starken Vereinfachung der Realität durch das Modell ist es weitestgehend
unumstritten, dass sich der Konjunkturverlauf grundsätzlich in den genannten vier Phasen
vollzieht. Bei der Anwendung dieses Modells ist immer zu beachten, dass es sich um ein
idealtypisches Phasenmodell handelt. Der `Idealtypus´ wurde durch den Soziologen Max
Weber begründet. Er bildet einen Maßstab, anhand dessen die empirische Analyse
festzustellen hat, wie nah oder fern die Wirklichkeit dem Idealbild steht. Charakteristisch für
den `Idealtypus´ ist die bewusst einseitige Steigerung eines oder mehrerer Gesichtspunkte,
sodass am Ende ein einheitliches Gedankenbild entsteht.
59
Der `Idealtypus´ kommt in der
Realität niemals in Gestalt der reinen Form vor.
60
Den Gegenpart zu diesem Typus bildet der
`Realtypus´. Dieser ,,repräsentiert mehr oder weniger die Wirklichkeit, entspricht ggf. einem
in der Wirklichkeit vorkommenden Muster von Merkmalsausprägungen."
61
Resümierend lassen sich nun die wichtigsten Annahmen dieses Modells für die weitere
Analyse benennen. Die Konjunktur verläuft stets zyklisch. Einen entscheidenden Einfluss auf
deren Verlauf hat die allgemeine Nachfrage nach Gütern aller Art. Diese wiederrum kann sich
auf verschiedene Weise, beispielsweise durch eine Auslandsnachfrage, eine Binnennachfrage
oder auch durch Investitionen des Staates, ergeben. Wenn im weiteren Verlauf dieser Arbeit
also nach den Ursachen für ein zyklisches Wirtschaftswachstums gesucht wird, kommt der
Nachfrage eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird entscheidend sein, welche Art der
Nachfrage im Fall Brasiliens für ein mögliches konjunkturelles Wirtschaftswachstum
hauptverantwortlich gemacht wird.
59
Vgl.: Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, Stuttgart 2004, S. 307.
60
Vgl.: Nohlen, Dieter: ,,Idealtypus", in: Nohlen, Dieter / Schulze, Rainer-Olaf / Schüttemeyer, Susanne S.
(Hrsg.): Lexikon der Politik: Band 7 Politische Begriffe, München 1998, S. 258.
61
Ebd., S. 538.

3.2
`Terms of Trade´ und `Windfall Profits´
Das Modell des idealtypischen Konjunkturverlaufs verdeutlicht die relevanten Ursachen für
einen zyklischen Wirtschaftsaufschwung. Einen besonderen Stellenwert hat demnach die
Nachfrage, welche wiederum Einfluss auf das Verhältnis von Im- und Exporten hat. In der
Theorie lässt sich dieses anhand der `Terms of Trade´ (TOT) verdeutlichen. Das Modell des
Einfuhrtauschverhältnisses oder der realen Austauschverhältnisse, wie die TOT auch genannt
werden, verdeutlicht die Tauschbedingungen im internationalen Handel gegeben durch die
relativen Preise der handelbaren Güter.
62
Güter also, die international gehandelt werden
können und in verschiedenen Ländern, abgesehen von Transportkosten und
Handelshemmnissen, denselben Preis aufweisen.
63
Die TOT werden meist als das Verhältnis zwischen dem Preis des exportierten und dem Preis
des importierten Gutes angegeben (zweidimensionaler Fall). Diese Größe gibt an, wie viele
Mengeneinheiten des Importgutes die heimische Ökonomie für eine Einheit des Exportgutes
tauschen kann. Es handelt sich hierbei also um das reale Austauschverhältnis. Eine weitere
Methode zur Bestimmung der TOT ist die, dass man Export- und Importpreisindizes einander
gegenüberstellt (mehrdimensionaler Fall). Bestimmt werden die TOT durch das Angebot und
die Nachfrage auf den Weltmärkten. Liegt eine Verbesserung der TOT vor, so erhält das
Inland mehr Importgüter pro Einheit des Exportgutes als vorher.
64
Die TOT eines Staates
steigen beispielsweise, wenn sich die Preise der eigenen Exportgüter erhöhen und bzw. oder
eine Preissenkung der Importgüter stattfindet und sich dadurch die außenwirtschaftliche
Position verbessert, da sich somit die Fähigkeit erhöht, mit gleichem Exportvolumen mehr
Güter zu importieren.
65
Eine Verbesserung der TOT kann auch ein zyklisches Wirtschaftswachstum einleiten.
Relevante Aspekte, die dieses Modell für die weitere Analyse aufzeigt, sind u.a. die
Preisentwicklung der Hauptexportgüter sowie das Verhältnis von Im- und Exporten in
62
Vgl.: Weerth, Carsten: ,,Terms of Trade", in: Birkelbach, Ralf / Gross, Armin / Schirmacher, Albrecht (Hrsg.):
Gabler Wirtschaftslexikon, Wiesbaden 2013. Quelle: [http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/terms-of-
trade.html] (Stand: 01.09.2013).
63
Vgl.: Weerth, Carsten: ,,Handelbare Güter", in: Birkelbach, Ralf / Gross, Armin / Schirmacher, Albrecht
(Hrsg.): Gabler Wirtschaftslexikon, Wiesbaden 2013. Quelle:
[http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/handelbare-gueter.html] (Stand: 01.09.2013).
64
Vgl.: Weerth: ,,Terms of Trade", a.a.O.
65
Vgl.: Bundeszentrale für politische Bildung (BpB): Reale Austauschverhältnisse (Terms of Trade), Bonn
2009. Quelle: [http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52667/terms-of-trade] (Stand:
01.09.2013).

Brasilien. Sind die Preise für brasilianische Exportprodukte gestiegen oder fand eine
Preissenkung der Importgüter Brasiliens statt? Haben sich die TOT also verbessert und
führten diese zu einem zyklischen Wirtschaftsaufschwung?
Die TOT hängen also u.a. mit der Preisentwicklung der Exportgüter zusammen. In diesem
Zusammenhang sei noch auf das Phänomen der sogenannten `Zufallsgewinne´ hingewiesen,
die sich beispielsweise durch eine Preissteigerung der Exportgüter ergeben können. In der
Wirtschaftswissenschaft bezeichnet man solche Gewinne als `Windfall Profits´. Es handelt
sich dabei um einen unvorhergesehenen, nicht eingeplanten Gewinn. Dieser plötzliche
Vermögenszuwachs entsteht durch eine Veränderung der Marktlage.
66
Steigen beispielsweise
die Weltmarktpreise für Öl aufgrund politischer oder konjunktureller Entwicklungen, kann es
Ölproduzenten geben, deren Kosten der Ölgewinnung unverändert bleiben. Die durch den
höheren Preis zusätzlich erzielten Gewinne sind `Windfall Profits´.
67
In dem zu analysierenden Fallbeispiel Brasilien ist diesbezüglich interessant zu hinterfragen,
ob sich für das Land `Windfall Profits´ durch eine begünstigende Preisentwicklung der
Hauptexportgüter ergeben haben und dadurch möglicherweise ein zyklisches
Wirtschaftswachstum eingeleitet wurde.
3.3
Der `Ressourcenfluch´
Wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung ressourcenreicher Länder geht, zu denen
Brasilien zweifelsfrei zählt, so ist zu beachten, dass es in der Wirtschafts- und
Politikwissenschaft viele Abhandlungen über ein Phänomen namens `Ressourcenfluch´ gibt.
Bekannte Ökonomen wie Joseph E. Stiglitz, Nobelpreisträger für Ökonomie, behaupten, dass
sich Länder mit Bodenschätzen im Vergleich zu rohstoffarmen Ländern oft schlechter
entwickeln. Die Vertreter dieser Annahme gehen davon aus, dass eine auf der Ausbeutung
von Ressourcen basierende Wachstumsstrategie unweigerlich zu strukturellen Problemen
66
Vgl.: Krämer, Hagen: ,,Windfall-Profit", in: Birkelbach, Ralf / Gross, Armin / Schirmacher, Albrecht (Hrsg.):
Gabler Wirtschaftslexikon, Wiesbaden 2013. Quelle: [http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/windfall-
profit.html] (Stand: 01.09.2013).
67
Vgl.: Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland
(ARD): ,,Windfall Profits", in: Boerse.ARD.de, 26.04.2013. Quelle:
[http://boerse.ard.de/boersenwissen/boersenlexikon/windfall-profits-100.html] (Stand: 01.09.2013).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783842829176
ISBN (Paperback)
9783842879171
Dateigröße
918 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Trier
Erscheinungsdatum
2014 (Juni)
Note
2,0
Schlagworte
gründe wirtschaftswachstum jahr strukturell über wirtschaftsaufschwungs
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Titel: Die Gründe für das brasilianische Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2000
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