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Das Mädchenbuch als Instrument der Sozialisation im Dritten Reich: Die "Pucki"-Serie von Magda Trott

©2011 Hausarbeit (Hauptseminar) 33 Seiten

Zusammenfassung

1.1 Instrument ideologischer Beeinflussung
Neben der „Pucki“-Serie (zwischen 1935 und 1941 veröffentlicht ) von Magda Trott, erschienen in den 1930er Jahren weitere typische Mädchenbücher bzw. -serien, wie z. B. „Trotzkopf“ von Emmy von Rhoden oder „Nesthäckchen“ von Else Ury. Nachdem die Erziehung der Jugend als Mittel der nationalsozialistischen Herrschaftssicherung begriffen und geplant wurde, bezog sich dieser Anspruch natürlich auch auf den gesamten Komplex 'Jugendliteratur', da der Staat das absolute Monopol auf alle Er¬ziehungssituationen beanspruchte. Bei der Jugend konnte man mit der (nationalsozialistischen) Erziehung gut ansetzen, da sie noch empfänglich für Inputs war. Die „Pucki“-Reihe zeichnet im Laufe ihrer zwölf Bände das Bild einer perfekten Hausfrau und Mutter nach, die für alle potentiellen Leser(innen) als Vorbild dienen sollte.

1.2 Vorgehensweise
In dieser Arbeit wird unter Punkt 2 zunächst die Wandlung der Heldin Hedwig „Pucki“ Gregor, geb. Sandler, im Laufe der Jahre aufgezeigt. Aus Platzgründen fällt die Konzentration auf Pucki als Protagonistin, und nicht auf andere (Neben-)Figuren. Diese werden nur herangezogen, um bestimmte Verhaltensweisen, Schemata oder Besonderheiten darzustellen. Nachdem Punkt 3 darauf eingeht, wie die Serie als Instrument geschlechtsspezifischer Sozialisation fungiert, weist Punkt 4 ‚Ideologische Aspekte der „Pucki“-Serie‘ schließlich nach, dass die Buchreihe einige wichtige nationalsozialistische Bezüge herstellt. Gliederungspunkt 5 greift dann zum Schluss noch einmal die wichtigsten Aspekte der Arbeit heraus und zieht ein kurzes Fazit, welches das konservative Gesellschaftsbild der Reihe darstellt. In der vorliegenden Arbeit soll genauer der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Serie die Stellung und Entwicklung der Frau im Kontext des Nationalsozialismus beurteilt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Huber, Nicola: Das Mädchenbuch als Instrument der Sozialisation im Dritten Reich:
Die "Pucki"-Serie von Magda Trott, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2014
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-332-0
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2014
Zugl. Universität Passau, Passau, Deutschland, Hauptseminararbeit, 2011
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http://www.diplom.de, Hamburg 2014
Printed in Germany

2
Inhaltsverzeichnis
Seite
1 Kinder- und Jugendliteratur des Nationalsozialismus...4
1.1 Instrument ideologischer Beeinflussung...4
1.2 Vorgehensweise...4
1.3 Quellenlage...5
2 Die Wandlung Puckis im Laufe der Jahre...7
2.1 Pucki als Kind (Band 1-3)...7
2.1.1 Darstellung und Personifizierung der übergroßen Naturliebe...7
2.1.2 Merkmale der Erziehung - Das Elternhaus der Heldin...8
2.1.3
Verniedlichung
von
Puckis
Verhalten...10
2.2 Pucki als Teenager und Jugendliche (Band 4-6)...11
2.2.1
Heimatverbundenheit...11
2.2.2
Vom
ungezogenen
Kind
zum
fleißigen
Mädchen...11
2.2.3 Darstellung der weiblichen Pubertät...13
2.3 Pucki als junge Erwachsene und Ehefrau (Band 7-8)...15
2.3.1 Stellung der Frau als "Hausmütterchen"...15
2.3.2 Wandel zur "perfekten" Ehefrau...16
2.4 Pucki und ihre Familie (Band 9-12)...17
2.4.1 Pucki in ihrer Funktion als Mutter...17
2.4.2
Puckis
Tugenden...17
3 Die "Pucki"-Serie als Instrument geschlechtsspezifischer Sozialisation...18

3
3.1 Umgang mit weiblicher Körperlichkeit...18
3.2
Verzicht
auf
Selbstbestimmung...19
3.3 Zwischengeschlechtliche Beziehungen: Pucki und Claus...19
3.4 Entwicklung der Protagonistin...21
3.5 Bildungsziele für Mädchen...21
3.6 Hausfrauendasein und Familienleben als ideale Synthese weiblicher Eigen-
schaften...23
4 Ideologische Aspekte in der ,,Pucki"-Serie...25
4.1 Selbstaufgabe des Individuums...25
4.2 Tatkraft und Pflichtbewusstsein...25
4.3 Einsatz der Mädchen für Volk und Reich: Mutterkult...26
4.4 Deutschtum und Hervorhebung der ,,Bodenideologie"...28
4.5
Gemeinschaft...28
4.6 Orientierung an Vorbildern...29
5 Fazit: Das konservative Gesellschaftsbild der "Pucki"-Serie...30
6 Bibliographie...32
6.1 Primärliteratur...32
6.2 Sekundärliteratur...32

4
1 Kinder- und Jugendliteratur des Nationalsozialismus
1.1 Instrument ideologischer Beeinflussung
Neben der ,,Pucki"-Serie (zwischen 1935 und 1941 veröffentlicht
1
) von Magda Trott,
2
erschienen in den 1930er Jahren weitere typische Mädchenbücher bzw. -serien, wie z. B.
,,Trotzkopf" von Emmy von Rhoden oder ,,Nesthäckchen" von Else Ury.
3
Nachdem die
Erziehung der Jugend als Mittel der nationalsozialistischen Herrschaftssicherung begriffen
und geplant wurde, bezog sich dieser Anspruch natürlich auch auf den gesamten Komplex
'Jugendliteratur', da der Staat das absolute Monopol auf alle Erziehungssituationen
beanspruchte.
4
Bei der Jugend konnte man mit der (nationalsozialistischen) Erziehung gut
ansetzen, da sie noch empfänglich für Inputs war. Die ,,Pucki"-Reihe zeichnet im Laufe
ihrer zwölf Bände das Bild einer perfekten Hausfrau und Mutter nach, die für alle
potentiellen Leser(innen) als Vorbild dienen sollte.
5
1.2 Vorgehensweise
In dieser Arbeit
6
wird unter Punkt 2 zunächst die Wandlung der Heldin Hedwig ,,Pucki"
1
Vgl. Garçon, Gudrun: Pucki, in: Graf, Werner (Hrsg.): Gift im Bücherschrank. Kinder- und Jugendlektüre im
Nationalsozialismus, Literatur & Erfahrung 24/25, Berlin 1992, S. 59.
2
Auf nähere Lebensdaten der Autorin, von denen nicht vieles überliefert ist, die aber teilweise
durchaus interessant für diese Thematik erscheinen, wird hier aus Platzgründen nicht näher eingegangen. Bei
Eckardt, Gabriele: Zulassungsarbeit für die erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen 1976/II (VPO I
vom 4. März 1964), Thema: Magda Trotts Pucki ­ Bücher: Eine kritische Analyse, S. 9f. finden sich allerdings
einige Angaben dazu, die der Titania-Verlag, bei dem die Pucki-Reihe ab 1949 in etwas ,,abgewandelter" Form
erschienen ist, macht.
3
Vgl. Leutheuser, Karsten: Freie, geführte und verführte Jugend. Politisch motivierte Jugendliteratur
in Deutschland 1919-1989, Literatur- und Medienwissenschaft Band 45, Paderborn 1995, S. 89f. Alle
Mädchenbuchserien, die in dieser Zeit erschienen sind, weisen dasselbe Muster auf: ,,[...] issued in a series of
as many as twelve books, and in every case the little girl was introduced with the first volume as a charming
three to five year old who still uses ,baby talk`. As the series progressed, the little girl grew up to be a bigger
girl, a school girl, a teenager, a young lady, a young lady with a fiancé, a bride, a mother, and finally a
grandmother.": Kamenetsky, Christa: Children's literature in Hitler's Germany. The cultural policy of National
Socialism, Athens/Ohio/London 1984, S. 132f.
4
Vgl. Jaroslawski, Renate/Steinlein, Rüdiger: Die >politische Jugendschrift<. Zur Theorie und Praxis
faschistischer deutscher Jugendliteratur, in: Denkler, Horst/Prümm, Karl (Hrsg.): Die deutsche Literatur im
Dritten Reich. Themen-Traditionen-Wirkungen, Stuttgart 1976, S. 306.
5
Es handelt sich dabei um didaktische Jugendliteratur, die sich in ihrer Art besonders für Jugendliche
eignet, da sie sich u. a. durch leichte Verständlichkeit auszeichnet. Sie will ihren Leser anhand ausgewählter
Beispiele (vgl. Puckis Streiche und ihre Folgen) ,,belehren" und auf den ,,rechten Weg" bringen. Durch viele
Dialoge und chronologisches Erzählen werden zudem die Identifikationsmöglichkeiten für den Leser erhöht.
6
Da alle Punkte unweigerliche miteinander verknüpft sind, kann es vorkommen, dass auch Themen in
Gliederungspunkten angeschnitten werden, für die sich später evtl. sogar ein eigener Unterpunkt findet.

5
Gregor, geb. Sandler, im Laufe der Jahre aufgezeigt. Aus Platzgründen fällt die
Konzentration auf Pucki als Protagonistin, und nicht auf andere (Neben-)Figuren. Diese
werden nur herangezogen, um bestimmte Verhaltensweisen, Schemata oder Besonderheiten
darzustellen. Nachdem Punkt 3 darauf eingeht, wie die Serie als Instrument
geschlechtsspezifischer Sozialisation fungiert, weist Punkt 4 ,Ideologische Aspekte der
,,Pucki"-Serie` schließlich nach, dass die Buchreihe
7
einige wichtige nationalsozialistische
Bezüge herstellt. Gliederungspunkt 5 greift dann zum Schluss noch einmal die wichtigsten
Aspekte der Arbeit heraus und zieht ein kurzes Fazit, welches das konservative
Gesellschaftsbild der Reihe darstellt. In der vorliegenden Arbeit soll genauer der Frage
nachgegangen werden, inwieweit die Serie die Stellung und Entwicklung der Frau im
Kontext des Nationalsozialismus beurteilt.
1.3 Quellenlage
Die ursprünglichen zwölf ,,Pucki"-Bände erschienen zwischen 1935 und 1939 im Verlag
Anton und Co. in Leipzig. Die überarbeiteten Bücher wurden dann ab 1950 vom Titania-
Verlag in Stuttgart verlegt. Dass die Bücher von Magda Trott anscheinend immer wieder
Anlass zur Diskussion bieten, zeigen diverse Aufsätze wie z. B. von Gudrun Garçon
,,Pucki", Susanne Zahns ,,Die Pucki-Serie von Magda Trott", ,,Wie Försters Pucki zu ihren
Kindern kam oder vom Umgang mit weiblicher Körperlichkeit" von Sonja Gatzen oder auch
Gabriele Haefs` ,,Försters Pucki lebt", die sich alle (meist) mit einem Teilaspekt der Serie
beschäftigen. Gabriele Eckardt hingegen geht in ihrer Zulassungsarbeit auf die komplette
,,Pucki"-Reihe ein und liefert einige brauchbare Ansätze, vertritt dabei allerdings zum Teil
veraltete Ansichten, die innerhalb des neueren Diskurses zur Neueren Deutschen
Literaturwissenschaft heutzutage so nicht mehr unterstützt werden können. Literatur zur
Kinder- und Jugendliteratur bzw. explizit zum Mädchenbuch im Dritten Reich liefern u. a.
Diana Voigt-Firon, Petra Josting oder das Werk ,,Gift im Bücherschrank", das verschiedene
7
In dieser Arbeit wird nicht mit den ,,originalen" ,,Pucki"-Büchern aus der NS-Zeit gearbeitet, da diese
weder im Handel erhältlich sind, noch z. B. im Zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher. Vielmehr soll es
hier auch nicht nur um die ideologischen Aspekte gehen, die sich in den überarbeiteten Büchern trotzdem
durchaus immer noch finden lassen (denn schon Dahrendorf bemerkte, dass ,,in der Mädchenliteratur des
ersten Nachkriegsjahrzehnts oftmals nur 'vordergründige Nationalsozialismen' eliminiert worden seien": Wild,
Reiner (Hrsg.): Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur, Stuttgart
2
2002, S. 307), sondern auch
um die Darstellung des Frauenbildes zur Zeit des Nationalsozialismus (und zum Teil auch noch in den 1950er
Jahren). Für eben diese Schwerpunkte bieten die überarbeiteten Bücher einen guten Ansatz.

6
Aufsätze zur Kinder- und Jugendlektüre im Nationalsozialismus beinhaltet, im Rahmen
dessen auch Gudrun Garçon ihren Aufsatz veröffentlichte. Die ,,Geschichte der deutschen
Kinder- und Jugendliteratur" liefert schließlich einen groben Überblick zu den jeweiligen
Büchern und deren Autoren angefangen vom Mittelalter bis heute.

7
2 Die Wandlung Puckis im Laufe der Jahre
Die ,,Pucki"-Serie folgte dem großen Vorbild ,,Trotzkopf"; diese und weitere Mädchenbuch-
Serien wollten das ,typisch Weibliche` darstellen und sich ganz am traditionellen Leitbild
der Frau orientieren.
8
Die Darstellung verläuft immer ähnlich: eine entsexualisierte
Atmosphäre, eine positive Heldin, kein offener Schluss, das Hinwirken auf Vertrauen, das
Suchen der Mädchen nach Innerlichkeit, nach Familie und die Anlehnung an Autoritäten,
die für Recht und Ordnung sorgen, keine Emanzipation, sondern Demut und Standhaftigkeit
charakterisieren dieses Genre.
9
2.1 Pucki als Kind (Band 1-3)
Heim, Glück, Liebe (zu den Kindern, den Eltern, der Natur, etc.), artig sein, Familie und
Freundschaft ­ das sind die Schlagworte der ersten drei Bände. Alle diese Themen sind
miteinander verknüpft und zeigen, wie didaktisch diese Jugendliteratur zu jener Zeit
gemeint war, wie sehr sie als Vorbild für die Leser dienen sollte. Das Modalverb ,,sollen"
erscheint regelmäßig und ruft dazu auf, so zu handeln, wie der Text es als richtig setzt.
10
2.1.1 Darstellung und Personifizierung der übergroßen Naturliebe
In Trotts erstem Band ihrer ,,Pucki"-Reihe wird die Kindheit der zu diesem Zeitpunkt
vierjährigen Hedwig Sandler, von allen ,,Pucki" genannt, erzählt. Bereits von Anfang an ist
die übergroße Natur- und Tierliebe der Protagonistin angelegt: ,,Der Wald mit seinen hohen
Bäumen ist ihr ein lieber Freund. Jedes noch so unscheinbare Tier wird von ihr geliebt
[...]."
11
Dass Pucki die Natur ausdrücklich personifiziert, zeigt sich z. B. an folgenden
Worten, mit denen sie ihren Jugendfreund Paul schimpft, nachdem er Blätter und Knospen
eines Kirschbaumes abgerissen hat: ,,Nun hast du dem armen Baum weh getan ­ alles das
sind doch seine Kinderchen, und später werden es mal Kirschen... O weh, der arme
8
Vgl. Dahrendorf, Malte: Das Mädchenbuch und seine Leserin, Hamburg 1970, S. 50.
9
Vgl.
Wild
2
2002, S. 308.
10
Z.
B.:
,,Eine Freundschaft soll aber das ganze Leben hindurch dauern. Freunde sollen bis ins hohe
Alter zusammenhalten, sollen Freud und Leid miteinander teilen, sollen sich beistehen - -": Trott, Magda:
Pucki und ihre Freunde, Bd. 3, Stuttgart, o. J., S. 114.
11
Trott, Magda: Försters Pucki, Bd. 1, Stuttgart, o. J., Umschlagband.

8
Baum!"
12
Pucki bemitleidet auch alle anderen Kinder, die, im Gegensatz zu ihr, keinen Wald
in der Nähe haben: ,,[...] Mutti, das muß schlimm sein!"
13
Puckis Tier- und Naturliebe sticht
dem Leser von Beginn an sofort ins Auge. Sie personifiziert und verniedlicht eben diese,
14
setzt sie so den Menschen gleich
15
und schafft damit eine Pseudoverbundenheit.
16
Der Wald
und die Natur werden assoziiert mit Reinheit
17
; Wald, Haus und Garten in Kombination
ergeben das perfekte Glück.
18
Die Natur wird sowohl vermenschlicht, als auch
vergöttlicht.
19
2.1.2 Merkmale der Erziehung - Das Elternhaus der Heldin
Während in den ersten Bänden, in denen Pucki langsam erwachsen wird, ihre Eltern beinahe
nie die Hand gegen sie erheben, so ist in den letzten Bänden, in denen Pucki selbst Mutter
ist, sehr wohl von Schlägen und ,,Züchtigungen" gegenüber den eigenen Kindern die Rede.
Die Distanz, die bei einer ,,Bestrafung" der ausgeführten Streiche entsteht, wird zudem
durch die Verwendung der 3. Person erhöht, wenn z. B. der Vater zu Pucki sagt: ,,Vati will
dich nicht sehen [...]."
20
Die Eltern schaffen diese Distanz, die ihres Erachtens nötig ist, um
ihre Autorität gegenüber den Kindern hervorzuheben.
Aber ein viel wichtigeres Erziehungsmittel in dieser Mädchenbuchreihe, stellt die
Nicht-Beachtung dar: Als Pucki sich z. B. einmal mit einem Freund in einem Auto versteckt
und daraufhin furchtbare Angst hat, dass sie nicht mehr nach Hause käme, macht sich ihre
Mutter natürlich große Sorgen, da sie nichts vom Verbleib ihres Kindes weiß. Statt dem
kleinen Kind nach seiner Rückkehr jedoch zu erklären, dass man furchtbare Angst um es
hatte, strafen die Eltern Pucki mit Nicht-Beachtung und geben sofort ihr die Schuld, dass die
Mutter vor Sorge krank wird: ,,Du bist an allem Schuld. Wenn die Mutti jetzt sehr krank
wird, dann hast du es dir zuzuschreiben, du unartige Pucki! [...] Vati will dich nicht sehen,
er ist so traurig über dich. Vati grämt sich, weil er ein solch unartiges Kind hat. Die Mutti
12
Trott: Försters Pucki, Bd. 1, S. 12.
13
Ebd., S. 58.
14
Z. B. durch die Verwendung des Diminutivs.
15
Vgl. Garçon 1992, S. 60.
16
Vgl. Eckardt 1976, S. 17.
17
Vgl. ebd., S. 15.
18
Vgl. ebd., S. 16.
19
Vgl. ebd., S. 17.
20
Vgl. Zahn 1983, S. 347.

9
ist krank."
21
Ein ähnlicher Fall tritt in Band zehn auf, als Rudi, Puckis jüngster Sohn,
beinahe ertrinkt. Hier ist es nun Pucki, die auf Kur muss, um sich von der ,,Krankheit", der
Sorge um ihren Sohn, zu erholen.
Jedes Mal, wenn Pucki etwas angestellt hat, wird sie durch Worte zurechtgewiesen
bzw. bestraft. Als sie als kleines Kind vor lauter Übermut in den Wald gelaufen ist, die Zeit
vergessen und so im Wald übernachtet hat, bringt ihre Mutter in der Zwischenzeit ein
Geschwisterchen zur Welt. Doch als sie wieder nach Hause kommt, bekommt sie folgendes
von ihren Eltern zu hören: ,,Nun, unsere Hedi war fortgelaufen, ist eine Nacht weggewesen,
da haben wir uns eben ein anderes Mädchen geholt."
22
Hier von Erziehung zu sprechen,
wäre wohl vermessen, Einschüchterung dürfte es eher treffen. Trotz dieser
,,Erziehungsmethoden" und Puckis zahlreicher Streiche, die eigentlich eher als kindliches
,,Ausloten der Grenzen" zu werten sind, erlebt das traute Familienleben in allen zwölf
Bänden nie eine ernstliche Erschütterung,
23
die ,,heile Familie" wird hochgehalten, sie gerät
nie in eine ernsthafte Krise, in der das Familienglück auch nur annähernd bedroht wäre. Mit
diesem Familienideal soll sich die Leserin natürlich identifizieren.
24
Die ,,Pucki"-Bücher
sind ,,vom Thema des Sich-Bergens, des Schutzsuchen (sic!) einseitig beherrscht".
25
Die
Autorität wird sowohl bei Puckis Eltern, als auch bei ihrer eigenen Familie, die sie nach
ihrer Heirat mit Claus Gregor gründet, nie in Frage gestellt; dadurch kann es zu keinen
echten Auseinandersetzungen kommen, kann keine Emanzipation stattfinden ­ weil die
Eltern einfach immer Recht haben.
26
Strenge, Züchtigung und Liebesentzug sind wichtige
Erziehungsmerkmale; Pucki (und auch später ihre eigenen Kinder) wird damit in ihre
Schranken verwiesen, wenn sie z. B. wieder einmal einen ,,Streich" ausgeführt hat ­ so lernt
sie, wie ein ,,ordentliches" Mädchen und eine künftige Frau und Mutter einmal zu sein hat.
27
Den Kindern werden die (schlimmen) Konsequenzen ihres falschen Verhaltens vor Augen
geführt, um sie so zu ,,läutern".
28
Gehorsam, Pünktlichkeit, Bescheidenheit und Disziplin
sind das A und O: ,,Wenn die Mutter ruft, hast du sofort zu kommen!"
29
Lob und Tadel sind
21
Trott: Försters Pucki, Bd. 1, S. 53.
22
Ebd., S. 56.
23
Vgl. Eckardt 1976, S. 12.
24
Vgl.
ebd.
25
Ebd., S. 14.
26
Vgl.
ebd.
27
Vgl. Garçon 1992, S. 59f.
28
Vgl. ebd., S. 66.
29
Trott: Pucki und ihre Freunde, Bd. 3, S. 128.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783956363320
ISBN (Paperback)
9783956366765
Dateigröße
348 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau
Erscheinungsdatum
2014 (August)
Note
1,7
Schlagworte
Pucki Nationalsozialismus Magda Trott Drittes Reich Ideologie Anthropologie
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