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Methoden der Standortanalyse in Bezug auf strategische Offshore-Outsourcing Vorhaben von deutschen Unternehmen – am Beispiel von Indien und China

von Martin Müller (Autor:in)
©2013 Bachelorarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

1. Einführung:
1.1 Einleitung und Problemstellung:
Die weltweite Allokation hat begonnen und das nicht erst seit gestern. Waren es früher Warenströme, die grenzüberschreitend gehandelt wurden und durch komparative Wettbewerbsvorteile zum Wohlstand der handelnden Nation führten, sind es heute komplette Prozesse, die global bewerkstelligt werden. Outsourcing ist zum Megatrend geworden – die generierten Umsätze mit Out-sourcing-Dienstleistungen weisen branchenübergreifend jährlich satte Zu-wachsraten auf (vgl. Breunig 2011) und die Gewinne der führenden Out-sourcing-Provider wie z.B. ISS, Wipro oder Accenture steigen weltweit signifikant. Im Jahre 2009 bewertete das Marktforschungsinstitut XMG Global das Volumen des weltweiten Outsourcing-Markts mit der gigantischen Summe von 373 Milliarden USD (vgl. Beiersmann/Yu 2009). Outsourcing wird, aufgrund seiner enormen volkswirtschaftlichen Bedeutung folglich auch vielfach als eine der wichtigsten Management-Ideen der letzten 75 Jahre bezeichnet.
Das Marktforschungsinstitut Gartner prognostizierte schon vor Jahren den unumkehrbaren Trend, Unternehmensfunktionen auszulagern (vgl. o.A. 2003).
Aber auch Gartner konnte die Geschwindigkeit dieses Wandlungsprozesses nicht vorhersagen. Die Globalisierung – und damit auch Outsourcing – schreitet durch die rapide Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie unaufhaltsam voran, was zu einer hohen Änderungsgeschwindigkeit im Unternehmensumfeld vieler Branchen führt (vgl. Dressler 2007: 116).
Durch steigenden Kostendruck und zunehmende Kundenansprüche werden Unternehmen in den Industrienationen heutzutage permanent gezwungen, ihre Fixkosten zu reduzieren und zu variabilisieren. Dieser Entwicklung ent-sprechend treten Forderungen nach flexiblen Entscheidungsprozessen sowie unbürokratischem Problemlösungsverhalten zur Veränderung der Kosten- und Unternehmensstruktur in den Fokus (vgl. Beer 1998: 1). An dieser Stelle tritt Outsourcing in den Vordergrund – wurde Outsourcing früher ausschließlich als Instrument zur Kostensenkung eingesetzt, fungiert es heute als Hebel zur Restrukturierung von Unternehmensaktivitäten und zur Neupositionierung am Markt (vgl. Dillerup/Foschiani 1996: 39); (vgl. Zahn/Hertweck/Soehnle 1995: 18). Ziel dieser Maßnahmen ist die Fokussierung auf Kernkompetenzen, deren Entwicklung durch gezielte Bereinigung der hauseigenen Leistungsportfolios sowie das Schaffen von Wettbewerbsvorteilen (vgl. Franze 1996: 7). [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Einleitung und Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Wissenschaftliche Vorgehensweise

2. Outsourcing
2.1 Kategorisierung der Outsourcing-Begriffe
2.2 Der Outsourcing-Prozess
2.3 Outsourcing im aktuellem deutschen Wirtschaftskontext

3. Standortfaktoren
3.1 Theoretische Einführung in den Themenkomplex der Standortanalyse
3.2 Analyse der wichtigsten Offshore-Outsourcing Standortfaktoren
3.2.1 Ausbildungssystem und Verfügbarkeit von Fachkräften
3.2.2 Fremdsprachenkenntnisse
3.2.3 Unterstützung seitens der Regierung
3.3.4 Infrastruktur des Landes
3.3.5 Politische Stabilität
3.3.6 Kulturelle Kompatibilität
3.3.7 Daten- und Rechtssicherheit
3.3.8 Kosten

4. Ablauf und Methoden der Standortanalyse
4.1 Bezugsrahmen klären
4.2 Definition von Zielen
4.3 Standortalternativen mehrstufig wählen
4.4 Bewerten von Standorten
4.4.1 Standortfaktoren messen
4.4.2 Standortfaktoren gewichten
4.4.3 Standortfaktoren bewerten

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang: Auswertung des Fragebogens

Fragebogen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die verschiedenen Offshoring-Typen

Abb. 2: Die verschiedenen Ausprägungsformen des Outsourcing

Abb. 3: Der Outsourcing-Prozess

Abb. 4: Der deutsche Outsourcing Markt nach Segmenten.

Abb. 5: Lohnkostenvergleich von Deutschland, Indien und China

Abb. 6: Top-Down-Ansatz zum Einengen von Untersuchungsräumen

Abb. 7: Netzdiagramm

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ablauf einer Standortanalyse

Tabelle 2: Ergebnismatrix

Tabelle 3: Scoring-Tabelle

Tabelle 4: Entscheidungsmatrix

Tabelle 5: Direct-Rating-Methode

Tabelle 6: Paarvergleichsmatrix

Tabelle 7: Gewichten mit der Paarvergleichsregel

Tabelle 8: Direct-Ratio-Regel

Tabelle 9: SWOT-Analyse der OO-Standorte China und Indien

Tabelle 10: Nutzwertanalyse

Tabelle 11: Quantitative Prüflisten

Tabelle 12: Zielprogrammierung – Scoring-Tabelle

Tabelle 13: Bewerten mit Zielprogrammierung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

1.1 Einleitung und Problemstellung

Die weltweite Allokation hat begonnen und das nicht erst seit gestern. Waren es früher Warenströme, die grenzüberschreitend gehandelt wurden und durch komparative Wettbewerbsvorteile zum Wohlstand der handelnden Nation führten, sind es heute komplette Prozesse, die global bewerkstelligt werden. Outsourcing ist zum Megatrend geworden – die generierten Umsätze mit Out-sourcing-Dienstleistungen weisen branchenübergreifend jährlich satte Zu-wachsraten auf (vgl. Breunig 2011) und die Gewinne der führenden Out-sourcing-Provider wie z.B. ISS, Wipro oder Accenture steigen weltweit signifikant. Im Jahre 2009 bewertete das Marktforschungsinstitut XMG Global das Volumen des weltweiten Outsourcing-Markts mit der gigantischen Summe von 373 Milliarden USD (vgl. Beiersmann/Yu 2009). Outsourcing wird, aufgrund seiner enormen volkswirtschaftlichen Bedeutung folglich auch vielfach als eine der wichtigsten Management-Ideen der letzten 75 Jahre bezeichnet.

Das Marktforschungsinstitut Gartner prognostizierte schon vor Jahren den unumkehrbaren Trend, Unternehmensfunktionen auszulagern (vgl. o.A. 2003).

Aber auch Gartner konnte die Geschwindigkeit dieses Wandlungsprozesses nicht vorhersagen. Die Globalisierung ­­– und damit auch Outsourcing – schreitet durch die rapide Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie unaufhaltsam voran, was zu einer hohen Änderungsgeschwindigkeit im Unternehmensumfeld vieler Branchen führt (vgl. Dressler 2007: 116).

Durch steigenden Kostendruck und zunehmende Kundenansprüche werden Unternehmen in den Industrienationen heutzutage permanent gezwungen, ihre Fixkosten zu reduzieren und zu variabilisieren. Dieser Entwicklung ent-sprechend treten Forderungen nach flexiblen Entscheidungsprozessen sowie unbürokratischem Problemlösungsverhalten zur Veränderung der Kosten- und Unternehmensstruktur in den Fokus (vgl. Beer 1998: 1). An dieser Stelle tritt Outsourcing in den Vordergrund – wurde Outsourcing früher ausschließlich als Instrument zur Kostensenkung eingesetzt, fungiert es heute als Hebel zur Restrukturierung von Unternehmensaktivitäten und zur Neupositionierung am Markt (vgl. Dillerup/Foschiani 1996: 39); (vgl. Zahn/Hertweck/Soehnle 1995: 18). Ziel dieser Maßnahmen ist die Fokussierung auf Kernkompetenzen, deren Entwicklung durch gezielte Bereinigung der hauseigenen Leistungsportfolios sowie das Schaffen von Wettbewerbsvorteilen (vgl. Franze 1996: 7). Dem-zufolge handelt es sich bei der Outsourcing-Entscheidung um ein:

„komplexes strategisches Entscheidungsproblem, das im auslagernden Unternehmen tiefgreifende Auswirkungen haben kann und vornehmlich von situativen Faktoren (sowohl das Unternehmen als auch seine Umwelt betreffend) abhängig ist“ (Zahn et al. 1998b: 17 ).

Die Bewältigung dieser Komplexität, sowie das Befreien aus veralteten Struk-turen stellen somit heutzutage die primären Anforderungen an Unternehmen während der Outsourcing-Prozesse dar.

Mit Indien und China befinden sich die beiden Top-Outsourcing-Standorte (vgl. Schaffry 2011) aus deutscher Perspektive offshore. Die Praxis hat gezeigt, dass sich Unternehmen in der Vergangenheit bei der Auswahl ihrer OO-Dienstleister und Standorte fast ausschließlich auf Kostenaspekte konzentriert haben. Ad-Hoc-Standortentscheidungen wurden getroffen und die Betrachtung von Makro-Standortfaktoren wurde sträflich vernachlässigt. Die Wahl des richtigen OO-Standorts ist heutzutage existenziell, um den unternehmerischen Erfolg langfristig zu sichern und wettbewerbsfähig zu bleiben – doch auf welcher Grundlage sollen Unternehmen Standortbewertungen vornehmen und Entscheidungen treffen? Was macht Indien und China als Outsourcing-Standorte so attraktiv und ist Outsourcing wirklich das Allheilmittel, dem sich kein Unternehmen mehr entziehen kann?

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Diese wissenschaftliche Arbeit hat den Focus auf eine spezielle Stufe des Off-shore-Outsourcing-Prozesses – die Wahl des richtigen OO-Standorts. Mit Indien und China werden die beiden führenden OO-Destinationen einer Makro-Standortanalyse unterzogen. Viele Unternehmen greifen bei OO-Standortentscheidungen lediglich auf traditionelle Methoden der Investitionsrechnung zurück und der Gebrauch spezieller Methoden findet selten statt. Daraus resultieren manchmal eklatante Fehlentscheidungen, ungenutzte Möglichkeiten und fortdauernde Risiken, die nur schwer zu revidieren sind. Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, interessierten Personen und Unternehmen, die Outsourcing-Optionen in Erwägung ziehen, eine fundierte Gesamtschau in das Thema Offshore-Outsourcing zu bieten. Ergänzend wird ein Entscheidungsrahmen geboten, anhand dessen Unter-nehmen methodisch korrekt den für sie passenden OO-Standort selektieren können. Die Untersuchung der chinesischen und indischen OO-Standortfaktoren und die damit einhergehenden Standortanalysen erfolgen vornehmlich auf Landesebene. Exemplarisch werden vereinzelt auch Methoden erläutert, die geeignet sind, Entscheidungen auf der Micro- oder Mesoebene zu fällen. Branchenübergreifende Handlungsempfehlungen bei der finalen Aus-wahl von OO-Dienstleistern sind nur bedingt möglich, demzufolge wird dieser Aspekt im Rahmen dieser Ausarbeitung nur sekundär betrachtet.

1.3 Wissenschaftliche Vorgehensweise

Zunächst wird in Kapitel 2 der aktuelle Stand der OO-Thematik wiedergegeben und es erfolgt eine Kategorisierung der unterschiedlichen Outsourcing-Aus-prägungen.

In Kapitel 3 werden argumentativ die wichtigsten OO-Standortfaktoren durch Daten der Sekundärforschung qualitativ verglichen und bewertet. Hypothetisch wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um divergierende Standort-qualitäten handelt. Ziel dieses breiten Untersuchungsansatzes ist es, den Status quo der indisch- und chinesischen OO-Märkte darzustellen.

Kapitel 4 widmet sich dem Prozess der Standortanalyse und beschreibt diesen dezidiert. Der Focus richtet sich hierbei auf methodische Analyseverfahren, welche sich teilweise auf Daten stützen, die im Zuge der Primärforschung durch eine empirische Datenerhebung bei deutschen Unternehmen gewonnen wurden. Die vorgestellten Methoden sind geeignet, Offshore-, und Nearshore sowie Offshore-Outsourcing Standortentscheidungen zu treffen – diese Aus-arbeitung fokussiert sich auf den OO-Prozess.

Abschließend werden in Kapitel 5 die Ergebnisse zusammengefasst und bewertet und es erfolgt eine Prognose über die zukünftige Entwicklung der Offshore-Outsourcing-Märkte aus der Perspektive deutscher Unternehmen.

2. Outsourcing

2.1 Kategorisierung der Outsourcing-Begriffe

Der Begriff Outsourcing wird in der Literatur inflationär verwendet und es gibt, wie bei vielen neuen Schlagwörtern aus dem angelsächsischen Sprachraum, keine einheitlichen und teilweise wenig präzise formulierte Definitionen (vgl. Hollekamp 2005: 6). Dies kann unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass der Begriff Outsourcing bis zum Jahr 1990 ausschließlich in der Informationstechnologie verwendet wurde (vgl. Girkens/Seelig 1996: 474). Erst ab dem Jahr 1990 wurden betriebswirtschaftliche Vorgänge, die der obigen Definition entsprechen, mit „Outsourcing“ tituliert. Vor dem Erscheinungsjahr 1990 konnte Outsourcing in seiner Mannigfaltigkeit in keiner deutsch- oder englischsprachigen Quelle nachgewiesen werden (vgl. Franze 1996: 11). Einigkeit besteht darüber, dass Outsourcing aus den Wörtern „Outside Resourcing“ bzw. „Outside Resource Using“ zusammengesetzt wurde (vgl. Koppelmann 1996: 2); (vgl. Bruch 1998: 22) und eine auf Dauer angelegte Verlagerung von unternehmensinternen Funktionen oder Prozessen an unternehmensexterne Service-Provider darstellt.

Explizit muss zwischen Offshoring (captive) und Offshore-Outsourcing (non captive) unterschieden werden. Der Terminus Offshoring wird als:

„der Aufbau einer unternehmenseigenen Einheit bezeichnet, in der die Geschäftsprozesse angesiedelt werden“ (Wullenkord 2005: 44).

Das entscheidende Merkmal von Offshoring ist, dass der Ort der Leistungs-erstellung sich im Ausland befindet. Beim Offshore-Outsourcing hingegen werden Funktionen oder Prozesse durch Fremdvergabe an einen Dienstleister über eine große räumliche Distanz ausgelagert. Outsourcing bezieht sich, wie oben beschrieben, grundsätzlich auf die Übertragung von Funktionen oder Prozessen an Dritte. Dies kann, muss aber nicht, mit einer örtlichen Veränderung einhergehen. Abb. 1 visualisiert diese Zusammenhänge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

National International

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die verschiedenen Offshoring-Typen (in Anlehnung an Schaaf 2005)

Generell stellt der Begriff Outsourcing immer eine Art des Fremdbezugs dar und er existiert in einer Reihe von Nuancen. Unter dem Oberbegriff Outsourcing versammeln sich eine Vielzahl von verschiedenen Ausprägungsformen des Fremdbezugs, die nachfolgend kategorisiert und systematisiert werden. Abb. 2 visualisiert anhand unterschiedlicher Parameter die verschiedenen Aus-prägungsformen des Outsourcings.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Offshore Sourcing Value-Added Outsourcing Backsourcing

Standort Strategisches Ziel Zeitliche Ordnung

Abb. 2: Die verschiedenen Ausprägungsformen des Outsourcing (in Anlehnung an Zahn 1998b: 4)

Grad der finanziellen Abhängigkeit

Je nach Rechtstellung der Vertragspartner und dem Grad der finanziellen Abhängigkeit wird zwischen „externem“ und „internem“ Outsourcing unterschieden. Die Auslagerung von Unternehmensfunktionen an rechtlich selbständige Unternehmen impliziert beim externen Outsourcing, dass eine direkte Einflussnahme auf die ausgelagerten Funktionen nicht mehr möglich ist. Bei einer Auslagerung handelt es sich prinzipiell immer um ein Outsourcing (vgl. Zahn et al. 1998a: 6). Beim internen Outsourcing werden Funktionen in Kombination mit Vermögen an nicht selbständige Profit Center ausgegliedert. Hier kann z.B. durch Mehrheitsbeteiligung weiter Einfluss genommen werden (vgl. Werthmann/Rixen 2005: 95); (vgl. Hodel 1999: 24).

Standort

Die Begriffe „Offshoring“ und „Nearshoring“ werden durch die räumliche und kulturelle Distanz zum Kunden differenziert (vgl. Nicklisch: 48). Aus der Per-spektive von deutschen Unternehmen handelt es sich beispielsweise bei osteuropäischen Ländern um eine Nearshore-Lösung, wobei es sich bei asiatischen Ländern um eine Offshore-Lösung handelt. Bezogen auf das Thema dieser Ausarbeitung handelt es sich bei Indien und China um Offshore-Lösungen.

Anzahl der Leistungsersteller

Bei der Anzahl der Leistungsersteller wird zwischen „Multi Sourcing“ und „Single Sourcing“ unterschieden. Beim Single Sourcing beschränkt sich das auslagernde Unternehmen auf einen OO-Service-Provider oder Standort. Beim Multi Sourcing werden hingegen mindestens zwei OO-Service-Provider oder Standorte gewählt, um z.B. Abhängigkeiten vorzubeugen und die Vergleich-barkeit der Qualität zu ermöglichen. Vorteile des Single Sourcings können z.B. ein verringerter administrativer Aufwand oder Kostenreduzierung durch den Abschluss eines OO-Exklusivvertrags sein (vgl. Zahn et al. 1998a: 6).

Grad des externen Leistungsbezugs

Die Termini „Totales Outsourcing“, „Selektives Outsourcing“ und „Totales Insourcing“ beschreiben den Umfang, in dem der Fremdbezug der Leistung erfolgt. Lacity/Willcocks (2003: 116) kategorisieren die obigen Kriterien wie folgt: Liegt der Anteil der fremdbezogenen Leistung:

- zwischen 20% und 80%, spricht man vom „Selektiven Outsourcing“
- unter 20%, vom „Totalen Insourcing“ und
- über 80%, vom „ Totalen Outsourcing“

Strategische Aspekte

Beim „Value-Added-Outsourcing“ versuchen die beteiligten Outsourcing-Partner ihre Stärken zu kombinieren. Durch intensive Zusammenarbeit werden Konzepte erarbeitet, welche auch extern an interessierte Unternehmen verkauft werden (vgl. Zahn et al. 1998: 5). Eine strategische Neuausrichtung eines Geschäftsmodels unter Zuhilfenahme von Outsourcing wird als „Tranformational Outsourcing“ verstanden. Hierbei werden geschäftskritische Aufgaben an den Outsourcing-Dienstleister abgegeben, umstrukturiert und nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit wieder eingegliedert (vgl. Dittrich/Braun 2004: 4)

Zeitliche Ordnung

Beim „Insourcing“ wird die Leistung innerhalb des Unternehmens z.B. durch eine Tochtergesellschaft erstellt. Hingegen wird beim „Backsourcing“ (auch „Reshoring“ genannt) eine zuvor durch Outsourcing bezogene Leistung wieder intern erstellt. In jüngster Zeit häufen sich Berichte in den Medien, dass

Unternehmen aus unterschiedlichen Beweggründen wieder „reshoren“ ­– eine Studie der Boston Consulting Group (vgl. o.A. 2012) bestätigt diesen Trend. Im späteren Verlauf der Arbeit wird nochmal näher auf dieses Phänomen und seine Auswirkungen eingegangen.

2.2 Der Outsourcing-Prozess

Die Auslagerung von Unternehmensfunktionen oder Prozessen stellt keinen punktuellen Akt dar – vielmehr ist es ein langwieriger Prozess, welcher sich in mehrere Phasen aufteilen lässt. In jeder einzelnen Phase wird das Unter-nehmen mit unterschiedlichen und signifikanten Entscheidungsaspekten konfrontiert (vgl. Zahn et al. 1998a: 17). Variationen ergeben sich in der konkreten Ausgestaltung der einzelnen Phasen und in ihrer Reihenfolge. Gründe hierfür sind branchenspezifische Besonderheiten, die individuell berücksichtigt werden müssen (vgl. Zahn et al. 1998b: 18). Allgemeingültige Handlungsempfehlungen sind daher nur bedingt möglich. Kurz- bis mittelfristig ist die Outsourcing-Entscheidung und damit auch der Outsourcing-Prozess irreversibel. Die Geschäftsbeziehung; zwischen Outsourcer und Service-Provider ist folglich als Langzeitbindung zu charakterisieren, da i.d.R. nur so ein maximaler Nutzen für beide Partner erreicht werden kann (vgl. Horchert 1996: 42); (vgl. Wildemann 2008: 2). Abb. 3 visualisiert die einzelnen Phasen des Outsourcing-Prozesses.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Der Outsourcing-Prozess (in Anlehnung an Zahn 1998b: 18)

Explizit muss zwischen „reaktiven“ und „proaktiven“ Outsourcing-Entscheidungen unterschieden werden. Beim proaktiven Suchen nach Outsourcing-Potentialen verläuft die Sichtung von Chancen ohne Problem- und Zeitdruck (vgl. Reichert 2005: 198). Dieses Verfahren kommt in der Praxis eher selten zum Einsatz ­– Unternehmen ergründen erfahrungsgemäß erst „reaktiv“ ihre Outsourcing-Potenziale, wenn sie mit konkreten Problemstellungen konfrontiert werden. Ein möglicher Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass durch aufkommenden Zeitdruck Stolpersteine übersehen werden und die Outsourcing-Entscheidung ein „unüberschaubares Abenteuer wird“ (vgl. Nicklisch 2006: 18).

In der Phase der „ IST-Analyse“ werden klare Zielvorstellungen für eine erfolgreiche Outsourcing-Lösung erarbeitet, Kernkompetenzen eruiert und es erfolgt eine Bestandsaufnahme von möglichen Outsourcing-Potenzialen (vgl. Nicklisch 2006: 19). Wildmann (2008: 9) empfiehlt, das auszulagernde Paket genauestens zu definieren. Jede spätere Erweiterung oder zusätzliche Leistung würde ansonsten die Planung und Kostenkontrolle durcheinander bringen. Wildemann stellt des Weiteren fest, dass Fehler in der Planung mehr als die Hälfte aller Projekte verteuert oder zum Scheitern gebracht haben. Am Ende der IST-Analyse sollten unter anderen folgende Fragen in Form eines Pflichtenhefts beantwortet sein:

- Wer ist der Projektleiter?
- Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren?
- Was sind die Ziele des Projekts?
- Welche Prämissen müssen berücksichtigt werden?

(vgl. Nicklisch 2006: 19)

In dieser und den darauffolgenden Phasen spielen Koordinationskosten, sogenannte Transaktionskosten, eine signifikante Rolle. Morschett (2012: 248) und Kürble (2005: 18) beschreiben Transaktionskosten als Such-, Anbahn-ungs-, Verhandlungs-, und Anpassungskosten fixer und variabler Art. Unternehmen sollten Transaktionskosten insbesondere in den ersten Phasen des Outsourcing-Prozesses in Form einer Wirtschaftlichkeitsanalyse im Auge behalten.

In der „ Make-or-buy-Phase“ wird geprüft, welche Leistungen ausgelagert werden können, ohne die Know-how-Basis des Unternehmens zu gefährden. Durch einen intensiven Abgleich von Kosten und Leistungsniveaus bei Selbsterstellung und Fremdbezug werden in dieser Phase Erkenntnisse gewonnen auf deren Grundlage Make-or-buy-Entscheidungen getroffen werden (vgl. Zahn et al. 1998: 6).

In der Phase der „ Kontaktaufnahme “ wird anschließend der direkte Kontakt mit einem OO-Dienstleister empfohlen. Durch Abgleich des erstellten Anforderungsprofils werden in der folgenden Phase „Abgleich“ Entscheidungen über eine etwaige Zusammenarbeit getroffen. Diese obsoleten Empfehlungen in der Literatur stammen größtenteils noch aus einer Zeit, wo nur sehr einfache betriebliche Funktionen im Rahmen des operativen Outsourcing ausgelagert wurden. Durch zunehmenden Druck der Globalisierung an High-Cost Standorten wurden aber im Laufe der Zeit nicht nur einfache Funktionen ausgelagert, sondern ganze Geschäftsprozesse. Beim weit verbreiteten Business Prozess Outsourcing (BPO), werden beispielsweise komplette Unternehmensprozesse, inklusive der dazugehörenden IT- und Sachbearbeiterleistung, ausgelagert. Zu den am häufigsten ausgelagerten BPO-Prozessen zählen:

- HR-Outsourcing
- Transaktion Banking
- Beschaffung
- Costumer care und Billing Prozesse
- Facility Managment
- Lagerhaltung inklusive dem gesamten Lagermanagement

(vgl. Söbing 2006: 94)

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783842843585
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Dortmund – International Business
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0

Autor

  • Martin Müller (Autor:in)

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