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Nothing can stay hidden forever: Die Heldenreise in David Lynch's "Lost Highway"

©2013 Bachelorarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

1, Einleitung – Lynch und der Mythos:
In der neunten Klasse hatte David Lynch ein Gespräch, das sein Leben veränderte. ‘I met a guy named Toby Keeler. As we were talking, he said his father was a painter. I thought maybe be might have been a house painter, but further talking got me around to the fact that he was a fine artist.”
In der Welt, die Lynch kannte und erlebte, war dies unvorstellbar. Nie zuvor hatte er so etwas gehört. Und als er diese Möglichkeit realisierte, war es für ihn ganz klar – er würde Maler werden.
Im Herzen ist Lynch ein Maler, dem bei Gemälden Bewegung und Ton fehlen. Einen wesentlichen Teil der Faszination der Malerei führte er zum Film mit: die unzähligen Möglichkeiten zur Interpretation. So wie auch Bilder von jedem Menschen unterschiedlich interpretiert werden (können), mag Lynch die Vorstellung, dass in jedem einzelnen Versuch Wahrheit steckt. Dies führt zur Unauflösbarkeit seiner Filme, denn sie lassen keine vollständig logische Auflösung zu. ‘Es verstrickt den Zuschauer in ein Verwirrspiel, das dieser nicht gewinnen kann.’ Unendlich viele Lösungen enthalten genausoviel Wahrheit wie keine davon. Nie gibt es genügend Beweise für die eine richtige Interpretation, immer kommt eine komische Sache dazwischen. ‘[T]he clues are all there for a correct interpretation, and [...] in a lot of ways, [Lost Highway is] a straight-ahead story. There are only a few things that are a hair off.’
Um ein unlösbares Verwirrspiel zu kreieren, bedarf es einer Struktur, die ihr Ziel nicht verfehlt. ‘Mystery is good, confusion is bad, and there’s a big difference between the two.’ Der Künstler Lynch entscheidet bewusst über die Essenz, die diese gewünschten Wirkungen in seinen Filmarbeiten ausmachen. ‘Nichts geschieht ohne Grund. Und in meinen Filmen schon gar nicht.’ Ein gewisser Reiz entsteht bei der Suche nach dem Kern der Geschichte. Lynch’s Filme nehmen ihre Faszination auch daher, dass der Zuschauer tiefer und tiefer graben kann, mehr und mehr Wahrheiten erfährt, doch das Mysterium nicht gänzlich aufzulösen vermag. Filmen geht bei Lynch unter die Oberfläche, da er Türen öffnet, die sonst verschlossen bleiben und Räume betritt, die allein in der Vorstellung existieren, ‘aber dort existieren sie wirklich’. Damit bewegt sich Lynch im Bereich jenseits des Bewussten. Er zeigt dem Zuschauer
‘das infantile Unbewußte [...] in [das] wir im Schlaf eintauchen und [das] wir immer in uns tragen. [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Braun, Annegret: Nothing can stay hidden forever: Die Heldenreise in David Lynch's
"Lost Highway", Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2014
PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-7607-1
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2014
Zugl. Hochschule Mittweida (FH), Mittweida, Deutschland, Bachelorarbeit, August 2013
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© Diplom.de, Imprint der Diplomica Verlag GmbH
Hermannstal 119k, 22119 Hamburg
http://www.diplom.de, Hamburg 2014
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... V
Darstellungsverzeichnis ... VII
1
Einleitung
­
Lynch und der Mythos ... 1
1.1
Hypothese ... 3
1.2
Inhaltliche Vorgehensweise ... 4
2
David Lynch ... 6
2.1
Biographie ... 6
2.1.1
Kindheit und Jugend ... 6
2.1.2
Von der Malerei zum Bewegtbild ... 7
2.1.3
Lynchworld
­
ab dem ersten Spielfilm ... 8
2.2
Die Filme Lynch's ­
Ein Überblick ... 11
2.3
Meditation und Unbewusstes ... 13
3
Die Archetypen nach C.G. Jung ... 15
3.1
Das Kollektive Unbewusste ... 15
3.2
Die Archetypen ... 16
3.2.1
Die vier Grundarchetypen der menschlichen Psyche ... 17
3.2.2
Mutter, Vater, Kind ... 19
3.2.3
Weitere variierende Archetypen ... 21
4
Ein Held
­
Tausend Gesichter ... 26
4.1
Mythos ... 26
4.2
Joseph Campbell
­
Held und Mentor ... 27
4.3
Monomythos
­
Das Abenteuer des Helden ... 28
4.3.1
Erster Akt
­
Aufbruch ... 29
4.3.2
Zweiter Akt
­
Initiation ... 32
4.3.3
Dritter Akt
­
Rückkehr ... 36
5
Die Heldenreise nach Vogler ... 40
5.1
A Practical Guide ... 40
5.2
The Hero's Journey
... 41
6
L
OST
H
IGHWAY
­
Die Analyse ... 49
6.1
Methodische Vorgehensweise ... 49
6.2
Die Idee zum Film ... 49

Inhaltsverzeichnis
VI
6.3
Genreabgrenzung und Kritiken ... 51
6.3.1
(Kein) Genre ... 51
6.3.2
(Kein) Erfolg beim Publikum ... 52
6.4
L
OST
H
IGHWAY
­
Filminhalt ... 53
6.5
Interpretationsversuche ... 60
6.5.1
Lynch und Interpretation ... 60
6.5.2
Hinweise zu L
OST
H
IGHWAY
von Lynch und Gifford ... 61
6.5.3
Interpretation
­
Ein Versuch ... 64
6.6
Die Figuren als Archetypen ... 64
6.6.1
Zwei Welten ... 65
6.6.2
Renee und Alice
­
Mutter, Anima und Femme Fatale ... 66
6.6.3
Fred und Pete
­
Ein Held ... 69
6.6.4
Mr. Eddy und Dick Laurent
­
Vater und Schatten ... 73
6.6.5
Mystery Man
­
Schatten und Mentor ... 74
6.6.6
Das Haus der Madison's ­
Fred's Psyche
... 76
6.7
Die Reise auf dem L
OST
H
IGHWAY
... 79
6.7.1
Erster Akt
­
Fred's Welt
... 79
6.7.2
Zweiter Akt
­
Pete's Paradies
... 82
6.7.3
Dritter Akt
­
Fred's Rückkehr
... 86
6.8
Interpretation der Analyse ... 88
7
Resumé ... 90
7.1
Ein Trick von Lynch ... 90
7.2
Mythologie in der Filmbranche ... 91
Quellenverzeichnis ... IX

Darstellungsverzeichnis
VII
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: David Lynch "Dark Splendor" ... VIII
Darstellung 2: Bewusstseins-Modell nach C.G.Jung ... 16
Darstellung 3: Der Monomythos nach Joseph Campbell ... 28
Darstellung 4:
The Hero's Journey
nach Christopher Vogler ... 41
Darstellung 5: Das Möbius-Band nach M.C. Escher ... 63
Darstellung 6: Figurenkonstellation L
OST
H
IGHWAY
... 65
Darstellung 7: Außenansicht des Madison Hauses ... 76
Darstellung 8: Raumaufteilung des Madison Hauses ... 77

Darstellung 1: David Lynch "Dark Splendor"

Einleitung
­
Lynch und der Mythos
1
1
Einleitung
­
Lynch und der Mythos
In der neunten Klasse hatte David Lynch ein Gespräch, das sein Leben veränderte.
,,
I
met a guy named Toby Keeler. As we were talking, he said his father was a painter. I
thought maybe be might have been a house painter, but further talking got me around
to the fact that he was a fine artist.
"
1
In der Welt, die Lynch kannte und erlebte, war dies unvorstellbar. Nie zuvor hatte er so
etwas gehört. Und als er diese Möglichkeit realisierte, war es für ihn ganz klar
­
er
würde Maler werden.
2
Im Herzen ist Lynch ein Maler, dem bei Gemälden Bewegung und Ton fehlen. Einen
wesentlichen Teil der Faszination der Malerei führte er zum Film mit: die unzähligen
Möglichkeiten zur Interpretation. So wie auch Bilder von jedem Menschen unterschied-
lich interpretiert werden (können), mag Lynch die Vorstellung, dass in jedem einzelnen
Versuch Wahrheit steckt. Dies führt zur Unauflösbarkeit seiner Filme, denn sie lassen
keine vollständig logische Auflösung zu.
,,Es verstrickt den Zuschauer in ein Verwir
r-
spiel, das dieser nicht gewinnen kann."
3
Unendlich viele Lösungen enthalten genauso-
viel Wahrheit wie keine davon. Nie gibt es genügend Beweise für die eine richtige
Interpretation, immer kommt eine komische Sache dazwischen.
,,[T]he clues are all
there for a correct interpretation, and [...] in a lot of ways, [Lost Highway is] a straight-
ahead story. There are only a few things that are
a hair off."
4
Um ein unlösbares Verwirrspiel zu kreieren, bedarf es einer Struktur, die ihr Ziel nicht
verfehlt.
,,Mystery is good, confusion is bad, and there's a big difference between the
two."
5
Der Künstler Lynch entscheidet bewusst über die Essenz, die diese gewünsch-
ten Wirkungen in seinen Filmarbeiten ausmachen.
,,Nichts geschieht ohne Grund. Und
in meinen Filmen schon gar nicht."
6
Ein gewisser Reiz entsteht bei der Suche nach
dem Kern der Geschichte. Lynch
'
s Filme nehmen ihre Faszination auch daher, dass
1
Lynch, David, 2007, Catching the Big Fish, Audo-CD edition
2
Lynch, David, 2011, Interview, Lost Highway DVD Concorde, Extras
3
Reicher, Isabella, 1997, Irrgarten, in: Meteor 8 / David Lynch, S. 3
4
Lynch, David, 1997, Lynch on Lynch, S. 227
5
ebenda. S. 227
6
Krobath, Peter, 1997, David Lynch, In: Zoom 3/97, S.22

Einleitung
­
Lynch und der Mythos
2
der Zuschauer tiefer und tiefer graben kann, mehr und mehr Wahrheiten erfährt, doch
das Mysterium nicht gänzlich aufzulösen vermag. Filmen geht bei Lynch unter die
Oberfläche
7
, da er Türen öffnet, die sonst verschlossen bleiben und Räume betritt, die
allein in der Vorstellung existieren,
,,ab
er dort existieren sie wirklich
"
8
. Damit bewegt
sich Lynch im Bereich jenseits des Bewussten. Er zeigt dem Zuschauer
das infantile
9
Unbewußte [...] in [das] wir im Schlaf eintauchen und [das] wir immer
in uns tragen. Alle Ungeheuer und geheimen Helfer unserer Kindheit, deren ganze
Magie, sind darin zu Hause und [...] alle Lebenskräfte, die wir nie zur Verwirkli-
chung im erwachsenen Leben haben bringen können, jene andere Teile unseres
Selbst.
10
Die verschiedenen verborgenen Aspekte des menschlichen Geistes beschrieb der
Schweizer Psychologe C.G. Jung als Archetypen, die als
,,beständig wiederkehre
nde
Charaktere oder Kräfte [...] in den Träumen aller Menschen und den Mythen sämtlicher
Kulturen erschein
en"
11
. Er fand heraus, dass die Gestalten in den Träumen seiner Pa-
tienten den geläufigen Archetypen aus Mythen ähneln. Somit
,,zog er den Schluß
, daß
Träume wie Mythen aus einer tieferen Quelle gespeist wurden: aus dem kollektiven
Unbewußten der Menschheit
"
12
. Es kann gesagt werden, dass Lynch diese Annahme
teilt, da er den Ursprung von Ideen im Unterbewusstsein sieht, einem Ort außerhalb
unseren bewussten Verstandes:
,,I think that ideas exist outside of ourselves.
I think
somewhere, we're all connected off in
some very abstract land. But somewhere be-
tween there and here ideas exist."
13
7
Seeßlen, Georg, 2003, David Lynch und seine Filme, S. 9
8
Krobath, Peter, 1997, David Lynch, In: Zoom 3/97, S. 20
9
Anm.: Infantil bedeutet ,,kindlich"
10
Campbell, Joseph, 2011, Der Heros in tausend Gestalten, S. 30
11
ebenda S. 51
12
ebenda S. 51
13
Lynch, David, The City of Absurdity, unter: http://www.thecityofabsurdity.com/quotecollection/idea.html

Einleitung
­
Lynch und der Mythos
3
1.1 Hypothese
Diese Arbeit soll auf der Annahme beruhen, dass Geschichten, die in Filmen erzählt
werden, sinnbildliche moderne Mythen darstellen, da diese Urstrukturen in ihren Hand-
lungen verankert sind. Es ergeben sich folgende Forschungsfragen:
1. Lassen sich in narrativen Experimenten, sprich filmischen Extrembeispielen wie
L
OST
H
IGHWAY
von David Lynch, mythologische Strukturen erkennen?
2. Liegt dem scheinbar unauflösbaren Handlungsverlauf des Films die mythische Hel-
denreise zugrunde?
3. Verkörpern die Figuren des Films die ursprünglichen Archetypen?
4. Liegt die Faszination für Lynch
'
s Filme im Inneren des Menschen selbst, dem Un-
bewussten, in dem der Urmythos schlummert?
Folgende Hypothese ergibt sich:
,,Alle Geschichten bestehen im Grunde aus einer Handvoll stets wiederkehrender Ba
u-
elemente, die uns auch in Mythen, Märchen, Träumen und Filmen immer wieder be-
gegnen."
14
Die
Handlungsabläufe und Protagonisten in L
OST
H
IGHWAY
stehen in
Beziehung zur Mythologie. Die Figuren des Films stellen Archetypen dar und durchzie-
hen die Heldenreise mitsamt ihrer typischen Stationen. Das mythische Modell ist uni-
versell
15
und ermöglicht vor jedem kulturellen Hintergrund und in jeder Zeitepoche eine
Identifikation beim Publikum und sichert deren emotionale Anteilnahme.
Diese Hypothese soll folgendermaßen geprüft werden:
Ich untersuche L
OST
H
IGHWAY
auf mythologischer Grundlage nach Joseph Campbell's
T
HE
H
ERO
W
ITH
A
T
HOUSAND
F
ACES
und Christopher Vogler's T
HE
W
RITER
'
S
J
OURNEY
.
Beide Werke basieren auf der Tiefenpsychologie von Carl Gustav Jung, wobei die My-
thosstudien von Campbell die Grundlage für Vogler's Lektüre darstellt. Eine Aufforde-
rung der Überprüfung gibt Vogler selbst:
,,
Ich möchte Ihnen vorschlagen, daß Sie [...]
14
Vogler, Christopher, Die Odyssee des Drehbuchschreibers, 1998, S. 35
15
ebenda S. 51

Einleitung
­
Lynch und der Mythos
4
einen Film ihrer Wahl nehmen und daran die Ideen dieses Buches überprüfen."
16
Das Thema Mythos sowie die Heldenreise sind für die Filmbranche sehr relevant. Die
größten Kinoerfolge erreichten Filme auf mythologischer Grundlage.
17
A
VATAR
,
T
ITANIC
,
H
ARRY
P
OTTER
,
P
IRATES
O
F
T
HE
C
ARIBBEAN
,
L
ORD
O
F
T
HE
R
INGS
,
S
TAR
W
ARS
und vie-
len mehr liegt die Struktur der Heldenreise zugrunde. In Hollywood
's Film
- und Fern-
sehbranche wie auch in der Fernsehbranche generell wird die Heldenreise eingesetzt,
da sie eine erfolgreiche Vermarktung sicherstellt.
Noch interessanter wird das Thema durch die Frage, ob neben Blockbustern auch Art-
house Filme diese Urstrukturen enthalten.
1.2 Inhaltliche Vorgehensweise
Vier Kapitel dienen der Vorbereitung auf die Analyse von Lost Highway:
Zu Beginn dieser Arbeit steht David Lynch im Fokus (Kapitel 2). Eine Kurzbiographie
erläutert die Stationen seines Lebens und den künstlerischen Werdegang. Dies dient
der besseren Einordnung seiner künstlerischen Tätigkeit. Um seine Werke zu verste-
hen, ist das Kennen seiner Wurzeln vorteilhaft. Häufig tauchen in seinen Filmen Dinge
auf, die ihn in Kindheit oder Jugend prägten. Anschließend folgt ein Überblick seiner
Spielfilme, sowie der ersten bedeutenden Kurzfilme. Ein Einblick in die Meditation Da-
vid Lynch's
zeigt auf, dass seine persönlichen Auffassungen mit den Theorien der My-
thologie übereinstimmen.
Anschließend wird die Grundlage geschaffen, auf der die Untersuchung der Figuren
von L
OST
H
IGHWAY
basieren soll. Die Analytische Psychologie von Carl Gustav Jung
mit den Theorien des kollektiven Unbewussten und der Archetypen ist Thema des 3.
Kapitels. Die archetypischen Begriffe wie Anima, Animus, Schatten, Persona und
Selbst werden als Bestandteile der menschlichen Psyche definiert. Des Weiteren wer-
den die Archetypen Mutter, Vater, Kind ausführlich besprochen. Eine Selektion von
sieben typischen Archetypen, die bedeutsam für die Heldenreise sind, wie Held, Men-
16
Vogler, 1998, S. 46
17
Wikipedia, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_erfolgreicher_Filme

Einleitung
­
Lynch und der Mythos
5
tor oder Schatten komplettiert die Voraussetzung für das darauffolgende Kapitel des
Monomythos.
Das 4. Kapitel ist der Mythologie sowie den Mythosforschungen von Joseph Campbell
gewidmet. Sein Monomythos wird ausführlich erklärt und die Stationen und Merkmale
der Heldenreise einzeln besprochen. Zusammen mit Kapitel 5 dient dies als Ver-
gleichsgrundlage für die kommende Analyse.
Kapitel 5 beschreibt die Heldenreise in den 12 Stationen, die Anwendung in der Film-
branche finden. Christopher Vogler erkannte das Potential der mythologischen Struktur
und entwickelte daraus einen Wegweiser für Drehbuchautoren. Beispielhaft wird der
Film T
HE
M
ATRIX
den 12 Stationen zugeschrieben.
Das 6. Kapitel stellt die Analyse L
OST
H
IGHWAY
'
S
dar und unterteilt sich in folgende
Arbeitsschritte: Zunächst geht es um die Idee zum Film. In 6.1 wird auf die, von Lynch
und Gifford hingewiesenen, Grundideen zu L
OST
H
IGHWAY
eingegangen. Eine Abgren-
zung des Genres dient der Annäherung an den Film. Kritiken sowie die Reaktionen der
Zuschauer eignen sich, zu erfahren wie der Film aufgenommen wurde und welche Be-
deutung ihm gebührte (6.2). Die darauffolgende detaillierte Wiedergabe des Filminhalts
in 6.3 stellt die Grundlage für die exakte Analyse dar. Es folgen Interpretationsversuche
(6.4), die ausgehend von Hinweisen der beiden Autoren erläutert werden. Dabei wird
auch auf die Abneigung von Lynch eingegangen, Filme zu erklären. 6.5 untersucht
ausführlich die Figuren des Films auf archetypische Merkmale und Symbole. Sie wer-
den individuell und in Beziehung zueinander betrachtet. In 6.6 wird die verworrene
Handlung des Films auf Parallele zur Heldenreise hin untersucht. Anschließend (6.7)
erfolgt eine Interpretation der Analyse und in Verbindung damit, die Auswertung der
Forschungsfragen und der Hypothese.

David Lynch
6
2
David Lynch
2.1 Biographie
2.1.1 Kindheit und Jugend
David Keith Lynch wurde am 20. Januar 1946 in Missoula, Montana, geboren. Die gol-
dene Zeit des Tonfilms
18
hatte begonnen, eine neue Ära, denn Lynchs Elterngenerati-
on wuchs mit Stummfilmen auf. Seine Familie zog oft um, führte ein Wanderleben.
Lynch stellt diese Kindheit als unschuldige, goldene Vergangenheit dar. Er sah sich als
Außenseiter, dem die Umzüge neue Möglichkeiten gaben, sich in der Welt zurechtzu-
finden. Lynch war als Kind stark beunruhigt und von Angst gefesselt, wenn er bei-
spielsweise seine Großeltern in der Großstadt besuchte. Er spürte, dass es
Verborgenes an jenen Orten gab. Er erkannte Welten unter der Oberfläche, die um so
sichtbarer werden, je tiefer man gräbt.
,,I could just feel fear in the
air. It was great fuel
for future fires.
"
19
Er fühlte das Befremdliche in der Welt, konnte es nur nie beweisen,
da er zu Hause das Gegenteil vorgelebt bekam. Seine Familie war friedlich und außer-
gewöhnlich. Sie rauchten nicht, tranken nicht und es gab nie Streit. Sein Drang, das
Seltsame in sein Leben zu holen, wuchs.
"I
wanted them to smoke, [...] to drink, [...] to
argue, but they never did. I wanted to have strange things happen in my life. I knew
nothing was as it seemed, [...] but I could never really find proof of it. It was just a fee-
ling.
"
20
Als Teenager erkannte er, dass die Malerei als ordentlicher Beruf angesehen werden
konnte und ihm eine Perspektive bot. Seit diesem ersten großen Wendepunkt in sei-
nem Leben, ist er dem Medium treu. Das Buch T
HE
A
RT
S
PIRIT
von Robert Henri wurde
zu seiner Bibel und erklärte ihm die Regeln für das Künstlerleben. Lynch brach die
Schule ab und widmete sein Leben der Kunst. Seine Jugendzeit in den 50er Jahren
18
Das Hollywoodkino erreichte 1939 seinen Zenit. Glück, Hoffnung und ,,Happy End" als Merkmale der
,,goldenen Ära", sollten vom grauen Alltag ablenken (Wirtschaftskrise 1930).
19
Lynch, 1997, S. 8
20
Lynch, David, Biography, unter: http://www.lynchnet.com/bio.html

David Lynch
7
prägte ihn stark. Er beschreibt sie als eine Zeit voller Hoffnung, in der es aufwärts statt
abwärts ging.
,,So there was something in the air that is not there any more at all."
21
Lynch befasst sich gern mit vertrauten Umgebungen, wie jenen aus seiner Kindheit.
,,My childhood was elegant homes, tree
-lined streets, the milkman, building backyard
forts, droning airplanes, blue skies, picket fences, green grass, cherry trees. Middle
America as it's supposed to be."
22
Er liebte es zu beobachten und kleine Kontraste zu
seiner perfekten Welt zu entdecken. Er erkannte eine andere fremde Welt im Dunkeln.
,,[I]
f one looks a little closer at this beautiful world, there are always red ants under-
neath."
23
2.1.2 Von der Malerei zum Bewegtbild
1964 begann Lynch ein Kunststudium an der Boston Museum School. Nach einem
Jahr brach er ab, um mit einem Freund auf drei-jährige Europareise zu gehen, von der
sie nach 15 Tagen zurückkehrten. Lynch sollte
24
in Salzburg unter Oskar Kokoschka
25
studieren. Dies gelang nicht, Lynch war damals gar nicht begeistert von Kokoschka.
Heute ist er einer der Größten für ihn. Salzburg sei merkwürdig, unmoralisch und so
sauber gewesen.
26
Ohne Kokoschka fehlte die Motivation.
1965 begann er sein Studium an der Pennsylvania Academy of Fine Arts in Philadel-
phia. Zwei Jahre später heiratete er, ein weiteres Jahr später, Lynch war 22, kam sein
erstes Kind zur Welt. Er war Vater wider Willen. Sein Kunststil veränderte sich. Seine
anfänglichen bunten Bilder wurden zu dunklen Abstraktionen. So beschreibt seine da-
malige Frau:
,,I know this sounds awful, but
it was of an abstracted figure of a bride
21
Lynch, 1997, S. 4
22
ebenda S. 10
23
ebenda S. 11
24
Lynch habe laut eigener Angabe mit 19 Jahren noch nicht für sich selbst gedacht, somit übernahmen
das andere und er ließ sich treiben.
25
Kokoschka (1886
­
1980) war ein österreichischer Maler und Schriftsteller des Expressionismus und der
Wiener Moderne.
26
Lynch, 1997, S. 33f.

David Lynch
8
aborting herself. It was not repulsive in any way. It was very haunting, disturbing and
beautifully painted."
27
Der Entschluss, sich dem Film zu nähern, kam wie eine Art Eingebung, als Lynch an
einem Bild arbeitete und glaubte es mache Geräusche und bewege sich.
,,
[The paint-
ing] had a lot of black, with green plants emerging out of the darkness. All of a sudden,
these plants started to move, and I heard a wind. I wasn't taking drugs! I thought, Oh,
how fantastic this is!
"
28
Er wünschte, dass sie sich wirklich bewegten, nur ein kleines
bisschen.
29
Sein erstes bewegtes Bild heißt S
IX
M
EN
G
ETTING
S
ICK
.
Das Drehbuch zum übernächsten Kurzfilm T
HE
G
RANDMOTHER
brachte ihm ein Stipen-
dium vom American Film Institute ein, mit diesem er den Film verwirklichte.
2.1.3 Lynchworld
­
ab dem ersten Spielfilm
Cinema is a language. It can say things
­
big, abstract things. [...] You can express
a feeling and a thought that can't be conveyed any other way. It's a magical med
i-
um.
[...]
It's telling stories. It's devising a world, an experie
nce that people cannot
have unless they see that film.
30
1970 zog Lynch mit Frau und Kind nach Los Angeles, wurde zum Studium am Ameri-
can Film Institute angenommen und begann 1972 die Dreharbeiten zu seinem ersten
Spielfilm E
RASERHEAD
.
1977
wurde der Film uraufgeführt und bekam folgende Kritik:
,,
[It's] a movie ,to be experienced rather than explained'."
31
Denn die Handlung des
Films ist schwer in Worte zu fassen. Diese Kritik soll auf die kommenden Filme David
Lynchs ebenso gültig sein.
Bereits bei E
RASERHEAD
weigerte sich Lynch eine Interpretation des Films abzuliefern.
Er begründete dies in
,,[t
he] inability to articulate [the] precise meaning
"
32
. Erklärungen
zu geben, hält er für überflüssig und irrelevant. Seine Filme bilden Mysterien, die sich
durch die Erfahrung des Filmschauens entwickeln. Lynch möchte das Geheimnis und
27
Lynch, 1997, S. 32
28
Lynch, 2007, Catching the Big Fish
29
Lynch, 1997, S. 37
30
Lynch, 2007, Catching the Big Fish
31
Lynch, 1997, S. 54
32
ebenda S. 54

David Lynch
9
die Erfahrung wahren, die er schafft.
,,I think it's so precious and important to maintain
that [created] world [of the film] and not say certain things that could break the experi-
ence.
"
33
E
RASERHEAD
brachte Lynch die nötige Aufmerksamkeit, um für das Millionen-Dollar-
Projekt T
HE
E
LEPHANT
M
AN
als Regisseur in Betracht gezogen zu werden. Mel Brooks
produzierte den Film und schaute sich E
RASERHEAD
an, um eine Entscheidung zu fäl-
len. Lynch war sein Mann:
,,You're a madman. I love you. You're in!"
34
Der Film wurde
für acht Oscars nominiert, ging aber leer aus.
Der Film der folgte, D
UNE
, wurde Lynchs größter Misserfolg und stellt den Tiefpunkt
seiner Karriere dar. Der Mega-Blockbuster nahm Lynch das Recht auf den Final Cut
des Films. Er schwur sich, nie wieder Filme großen Budgets anzunehmen, um nicht
erneut in die Lage zu geraten, sich Leuten zu verpflichten. Die künstlerische Freiheit ist
für Lynch das höchste Gut.
T
HE
E
LEPHANT
M
AN
und D
UNE
stehen für Lynch
's Mainstream
-Phase, die mit seinem
folgenden Film endet.
Mit B
LUE
V
ELVET
setzte er 1986 einen Meilenstein. Traditionelles Erzählkino nach der
Struktur der Heldenreise mischt er mit purem Grauen. Lynch zeigt seltsame Welten an
deren Existenz der Mensch kaum glauben mag. Der Film wirkt schockierend und erhei-
ternd zugleich. Lynch arbeitete zum ersten Mal mit Angelo Badalamenti zusammen,
der für kommende Filme sein fester Komponist bleibt. Zusammen kreieren sie die
Klänge, die Lynchs Bilder in das Gedächtnis seiner Zuschauer einbrennen. B
LUE
V
ELVET
verwirrte große Teile des Publikums. Sie warfen dem Film wegen seiner sexu-
ellen Abgründe vor, von
,,reprehensible or dangerous nature"
35
zu sein. Isabella Ros-
sellini, die die Rolle der Dorothy Vallens spielte, argumentiert:
A lot of people thought it was sick, but for me it always represented the research in
David of the good and the bad. He's quite a
religious person. Quite spiritual. Any
person who is religious is always trying to define these things, which are always so
elusive. I think that's the core of his film
-making.
[...] David's films are more of a
33
Lynch, 2007, Catching the Big Fish
34
Lynch, David, Biography, unter: http://www.lynchnet.com/bio.html
35
Lynch, 1997, S. 126

David Lynch
10
sensation than a story. They're not anthropological or psychological researches i
n-
to character. They're surreal impressions
. They are very transcendental.
36
Es folgte die Fernsehserie T
WIN
P
EAKS
, die neben Krimi-, Horror- und Mystery-
Elementen auch Soap-Opera Charakter hat. Die Serie wurde Kult und ein großer Pub-
likumserfolg.
Lynch führte nicht bei allen Episoden Regie und realisierte während fortlaufender Serie
einen neuen Kinofilm. 1990 erschien W
ILD
A
T
H
EART
und gewann die Goldene Palme
in Cannes. Es handelt sich um die Verfilmung des Romans von Barry Gifford, mit dem
er später L
OST
H
IGHWAY
zusammen schrieb. W
ILD
A
T
H
EART
gilt als chaotisch und bru-
tal.
,,This whole world is wild at heart and weird on top."
37
Kritiken besagten, Lynchs
gewohntes perfektes Zusammenspiel von Licht und Dunkel sowie Komik und Grauen
sei nicht gelungen.
38
Nach Ende der Serie, 29 Episoden und zwei Pilotenfolgen, erschien 1992 der Kinofilm
T
WIN
P
EAKS
:
F
IRE
W
ALK
W
ITH
M
E
, der den Kern der Serie verrät statt das spannende
Ende fortzuführen. Er wurde vom Publikum abgelehnt.
Vier Jahre später, denn Lynch braucht für seine Projekte Ideen, in die er sich verliebt,
wurde 1996 L
OST
H
IGHWAY
gedreht und kam 1997 in die Kinos. Der Film sorgte wegen
seiner experimentellen Erzählstruktur und Verflechtungen von Raum, Zeit und Identitä-
ten für Aufruhr. Der Film wurde / wird endlos diskutiert, interpretiert und kritisiert. Die
Rätsel, die er schafft, scheinen unlösbar.
L
OST
H
IGHWAY
steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Es wird keine allgemeingültige Inter-
pretation gesucht, das Erzählte wird mit mythologischen Strukturen der Heldenreise
verglichen und die Figuren auf archetypische Verhaltensweisen untersucht.
1999
kam T
HE
S
TRAIGHT
S
TORY
in die Kinos. Ein Roadmovie ohne erzählerische Brü-
che, beinahe Lynch-untypisch, und daher wenig diskutiert.
M
ULHOLLAND
D
RIVE
wurde als Pilot mit offenem Ende für eine fortlaufende TV-Serie
gedreht, doch vom Sender abgelehnt. Lynch bekam wenig später die Möglichkeit, ei-
36
Lynch, 1997, S. 126
37
Zitat Lula in W
ILD
A
T
H
EART
(1990, Lynch)
38
Vgl. Lynch, 1997, S. 191f.

David Lynch
11
nen Featurefilm daraus zu machen. Der Film erschien 2001 und erhielt gute Kritiken.
Er gewann 33 internationale Filmpreise und wurde für den Oscar für die Beste Regie
nominiert.
2006 erschien Lynchs bislang letzter Film: I
NLAND
E
MPIRE
.
,,[Eine] Drei
-Stunden-Bestie
von einem Fi
lm"
39
. Das Spiel von Illusion und Wirklichkeit beherrscht die Handlung und
kennt keine Gnade vor dem Zuschauer. Einen einzigen Hinweis gab David Lynch
selbst:
,,
Dieser Film ist ein abstraktes Werk. Mein einziger Rat an den verwirrten Zu-
schauer ist, ihn mit dem Herzen zu sehen und sich dabei ganz auf seine persönliche
Intuition zu verlassen.
"
40
Dabei sei Intuition
die Antwort einfach zu sehen. ,,
Seeing it,
knowing it.
It's emotion and intellect going together."
41
2.2
Die Filme Lynch's ­
Ein Überblick
Im Mittelpunkt seiner Filme steht meist eine Figur, die sich selbst inmitten einer amora-
lischen Welt entdeckt.
S
IX
M
EN
G
ETTING
S
ICK
(1967)
Eine einminütige Endlosschlaufe von sechs Figuren, die sich übergeben.
T
HE
A
LPHABET
(1968)
Ein 4-Minuten-Kurzfilm über ein Mädchen, das die Grausamkeiten des Lernprozesses
erfährt.
T
HE
G
RANDMOTHER
(1970)
Ein 34-Minuten-Kurzfilm über einen kleinen zerstörten Jungen, der eine grausame
dunkle Kindheit erfährt und flüchtet, indem er eine Pflanze säht, aus der seine eigene
Großmutter geboren wird, um ihm Liebe zu geben.
39
Gonzales, Ed, 2006, In: Slant Magazine, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Inland_Empire
40
Rothe, Markus, 2010, Ein Psychologe? Nein, danke! unter: http://www.sueddeutsche.de/kultur/interview-
mit-david-lynch-ein-psychologe-nein-danke-1.439810
41
Lynch, 2007, Catching the Big Fish

David Lynch
12
E
RASERHEAD
(1976)
Henry Spencer versucht die post-apokalyptische Industrie-Landschaft, seine wütende
Freundin und die unausstehlichen Schreie seines neugeborenen Mutantenbabies zu
überleben.
T
HE
E
LEPHANT
M
AN
(1980)
Ein Chirurg rettet einen stark entstellten Mann, der sich durch Live-Freak-Shows sei-
nen Lebensunterhalt verdient, aber misshandelt wird. Hinter seiner monströsen Fassa-
de offenbart sich eine intelligente, sensible Person.
D
UNE
(1984)
Der Wüstenplanet Arrakis
­
im Jahr 10191 hängt das gesamte Universum von Spice-
Melange ab, einer bewußtseinserweiternden Droge, die Reisen durch Raum und Zeit
ermöglicht. Sie ist einzig auf diesem trockenen, öden Planeten findbar. Eingeborene
des Planeten warten auf die Ankunft ihres Messias, der sie in einem heiligen Krieg ge-
gen die Harkonnen anführen wird. Es handelt sich um die Verfilmung des Romans von
Frank Herbert.
B
LUE
V
ELVET
(1986)
Jeffrey findet in seiner idyllischen Heimatstadt ein abgetrenntes menschliches Ohr.
Seine Investigationen führen ihn auf eine gefährliche Reise in die Abgründe seiner si-
chergeglaubten Umgebung.
T
WIN
P
EAKS
(1989)
Pilotenfilm der Fernsehserie. Die Leiche der Highschool - Prinzessin Laura Palmer wird
gefunden. FBI-Special-Agent Dale Cooper leitet die Investigationen. Er findet heraus,
dass im wunderschönen Twin Peaks nichts ist, wie es scheint.
W
ILD AT
H
EART
(1990)
Sailor und Lula sind junge Liebende auf der Flucht vor verrückten Spinnern, die Lula's
Mutter angeheuert hat, um Sailor zu töten.
T
WIN
P
EAKS
:
F
IRE
W
ALK
W
ITH
M
E
(1992)
Der Kinofilm zur Kult-Fernsehserie. Die letzte Woche im Leben der Laura Palmer.
L
OST
H
IGHWAY
(1996)
Jazz-Saxophonist Fred Madison ist angeklagt am Mord seiner Frau Renee. Im Ge-
fängnis verwandelt er sich in den jungen Mechaniker Pete Dayton, wird freigelassen

David Lynch
13
und lebt vorübergehend ein anderes Leben, das sich unabsehbar wieder in sein eige-
nes Lebensband einwindet.
T
HE
S
TRAIGHT
S
TORY
(1999)
Ein alter Mann begibt sich auf eine lange Reise mit dem Traktor, um die Beziehung zu
seinem erkrankten Bruder zu retten. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit.
M
ULHOLLAND
D
RIVE
(2001)
Eine Frau erleidet Gedächtnislücken nach einem Unfall auf dem Mulholland Drive. Sie
trifft auf eine aufstrebende Schauspielerin, zusammen wollen sie herausfinden, wer sie
ist. Eine mysteriöse Geschichte über Liebe, Eifersucht und Mord in Hollywood und ei-
nem Spiel verdrehter Wirklichkeit und Traum.
I
NLAND
E
MPIRE
(2006)
Eine Schauspielerin bereitet sich auf ihre Rolle vor, als ihre Welt alptraumartig und
surreal wird. Eine Geschichte über eine Geschichte in einer Geschichte in einer Ge-
schichte ohne Handlung. Filmschauen als pures Erlebnis.
2.3 Meditation und Unbewusstes
Es gibt Dinge im Leben, die man fühlen, aber nicht begreifen kann.
42
Um während der Dreharbeiten zu E
RASERHEAD
ausgeglichener zu werden, begann
Lynch 1973 mit der Transzendentalen Meditation. Selbst 40 Jahre später hat er keine
einzige Meditation verpasst. Zweimal täglich geht er für 20 Minuten in sich und macht
auch während Dreharbeiten keine Ausnahme.
2005 gründet Lynch die D
AVID
L
YNCH
F
OUNDATION
F
OR
C
ONSCIOUSNESS
-B
ASED
E
DUCATION AND
W
ORLD
P
EACE
.
Eine Organisation, die Schülern ermöglichen soll zu
meditieren, das volle kreative Potential des Gehirns auszubilden, die Gesundheit zu
verbessern, Stress zu reduzieren und höhere Lernerfolge zu erzielen.
43
42
Krobath, Peter, 1997, David Lynch, S. 20, In: Zoom
43
Lynch, David, Message unter: http://www.davidlynchfoundation.org/message.html

David Lynch
14
Für Lynch gehen Meditation, Bewusstsein und Kreativität Hand in Hand. Er veröffent-
licht 2006 das Hörbuch C
ATCHING
T
HE
B
IG
F
ISH
.
Darin beschreibt er seine ganz persön-
lichen Verfahren Ideen einzufangen und zu verarbeiten. Meditation wirke sich positiv
auf sein kreatives Schaffen aus. Zitate von Lynch weisen erhebliche Parallelen zur
Mythologie auf.
Well, we all have at least two sides. One of the things I've heard is that our
trip
through life is to gain divine mind through knowledge and experience of combined
opposites. [...] The world we live in is a world of opposites. And to reconcile those
two opposing things is the trick.
[...] That means there is something in the middle.
[...] And the middle is the power of both.
44
I think a kind of euphoria comes out of a perfect balance.
[It's] the ultimate goal."
45
Der Innenraum des Menschen reicht bis an das Wesen aller Dinge. Angeblich fän-
den wir alle Antworten in uns selbst, doch wir versuchen ständig, unser Glück au-
ßerhalb zu finden. Ab und zu erwischen wir es, doch nur für kurze Zeit.
46
Das Überwinden der Gegensätze sowie das Erkennen des Selbst sind die höchsten
Ziele eines Helden auf seiner Reise.
47
,,
[Lynch] macht vielfältige und bemerkenswerte
Filme, die in deinen Kopf vordringen und kaum jemals wieder abzuschütteln sind. [...]
Lynchs Filme berühren irgendetwas Ursprüngliches.
"
48
Es ist davon auszugehen, dass David Lynch durch Meditation bestimmte Strukturen
verinnerlicht hat, die Parallelen zum Mythos und zu den Forschungen C.G. Jungs auf-
weisen. Er wendet diese in seinen Filmen an. Er arbeitet intuitiv an Projekten, schöpft
Ideen aus der tiefsten Quelle, begibt sich täglich auf einen Weg ,,hinein", um sein
Selbst und den Weg zur Erleuchtung zu finden.
All diese Dinge spielen auch in der
Geschichte der Mythologie und der Heldenreise eine bedeutende Rolle. In den folgen-
den Kapiteln werde ich diese genauer erläutern.
44
Lynch, 1997, S.23
45
ebenda S. 21
46
Lynch, David, 1998, Lynch über Lynch, S. 324
47
siehe Kapitel 3.3.2 Initiation
48
McWeeny, Drew, 2006, Ain't It Cool News, unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Inland_Empire

Die Archetypen nach C.G. Jung
15
3
Die Archetypen nach C.G. Jung
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Figuren
49
, die dem Helden und den Zuschauern
auf der Heldenreise und im Film begegnen. Sie stellen die Handlungsträger der Ge-
schichte dar und sind zudem die gleichen Charaktere, die jeder Mensch im Laufe sei-
nes Lebens immer wieder antrifft, im Alltag sowie in seinen Träumen. Das ist der
Grund, weshalb sich Mythen und Geschichten auf mythologischer Grundlage immer
richtig anfühlen. Sie berühren den Menschen im Ursprünglichen.
3.1 Das Kollektive Unbewusste
In Märchen und Mythen sowie in den Träumen der Menschen treten stets Charaktere
in Erscheinung, die immer in der gleichen Beziehung zueinander stehen. Der Schwei-
zer Psychologe Carl Gustav Jung fasste diese Figuren unter dem Begriff Archetypen
zusammen. Es seien Spiegelbilder der menschlichen Psyche.
Jung's The
orie besagt,
dass unsere Seele sich selbst in diese handelnden Persönlichkeiten unterteilt und mit
ihnen die unzähligen Abenteuer unseres Lebens bestreitet. Diese Archetypen ent-
springen aus dem kollektiven Unbewussten der Menschheit.
Jung entwickelte ein Bewusstseins-Modell in der Form eines Eisberges, dessen Spitze
aus dem Wasser ragt. Es ist in fünf Schichten unterteilt. Schicht 1 bildet den Grund-
stein, Schicht 4 ragt aus dem Wasser und die 5 ist in der Spitze enthalten.
,,Das Wa
s-
ser ist das geläufigste S
ymbol für das Unbewußte."
50
Die folgende Tabelle beschreibt die 5 Schichten der Psyche:
SCHICHT
BESCHREIBUNG
1. Das Biologi-
sche Bewusst-
sein
Der Großteil der Psyche beruht auf biochemischen Prozessen und
wird selten vom Bewusstsein registriert.
49
Abgrenzung der Begriffe Figuren / Personen / Charaktere: Figuren sind erfundene Wesen fiktionaler
Medien. Person bezeichnet ein Individuum, einen Menschen. Charakter(e) können Filmcharaktere sowie
die Persönlichkeit eines Menschen sein.
50
Jung, Carl Gustav, 2011, Die Archetypen und das kollektive Unbewußte, S. 28

Die Archetypen nach C.G. Jung
16
2. Das Kollektive
Unbewusste
Dieses ist genetisch verankert und enthält Archetypen, deren Be-
deutungen durch den Traum das Bewusstsein erreichen können.
3. Das Persönli-
che Unbewusste
Gefühlsbetonte Komplexe wie Vergessenes, Verdrängtes, unter-
schwellig Wahrgenommenes, abgewehrte Triebe und Begabun-
gen. Das persönliche Unbewusste schwindet, wenn der Mensch
fähig ist, seinem eigenen Schatten zu begegnen und ihn zu ertra-
gen.
51
4. Das Bewusst-
sein
Der wachbewusste Zustand enthält Wahrnehmungen, Gedanken
und Erinnerungen.
5. Das Reflektie-
rende Ich
Dies macht die menschliche Persönlichkeit aus.
Darstellung 2: Bewusstseins-Modell nach C.G.Jung
Diese Theorie besagt, dass alle Menschen unbewusst miteinander verbunden sind.
,,Ich [bin]
in der unmittelbarsten Weltverbundenheit dermaßen angeschlossen, daß ich
nur allzuleicht vergesse, wer ich in Wirklichkeit bin."
52
Nach Jung liegt das gesamte
psychische Erbe der Menschheitsgeschichte angeboren im Unterbewussten. ,,
Es ist [...]
in allen Menschen [...] identisch und bildet damit eine in jedermann vorhandene, allge-
meine seelische Grundlage überpersönlicher Natur."
53
Alles was ein Mensch tut, ge-
langt in seine Psyche und wird Bestandteil seiner individuellen Grundkonstruktion des
Unbewussten. Jedes individuelle Unbewusste wird Bestandteil des kollektiven Unter-
bewussten.
54
3.2 Die Archetypen
Archetypen sind
"[...] urtümliche Typen, das heißt seit alters vorhandene allgemeine
Bilder"
55
. Sie werden durch ihre Wahrnehmung verändert, wenn sie durch den Traum
51
Vgl. Jung, 2011, S. 30, Anm.: Schatten hier im Sinne des Archetypus.
52
ebenda S. 31
53
ebenda S. 13f.
54
Vgl. Wikipedia, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektives_Unbewusstes
55
Jung, 2011, S. 15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783842876071
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Mittweida (FH) – Regie
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,5
Zurück

Titel: Nothing can stay hidden forever: Die Heldenreise in David Lynch's "Lost Highway"
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