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Share Economy als alternative Konsumform der Zukunft und damit verbundene Herausforderungen für das Online-Marketing

©2013 Bachelorarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Einleitung:
Relevanz der Thematik:
Der Begriff Share Economy gewann in den letzten Monaten im deutschsprachigen Raum zunehmend an Bedeutung in der Gesellschaft durch die Medien.
Einen großen Beitrag dazu leistete die jährlich stattfindende Messe für Informationstechnik in Hannover. Die CeBIT 2013 stand unter dem Leitthema „Shareconomy“ und hat nicht zuletzt auch in Deutschland die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf eine grundlegende Veränderung in der Wirtschaft gelenkt, welche bereits lange davor in der virtuellen Welt des Internets zu Verzeichnen war, jedoch erst durch die weltweit größte ITK-Messe die Diskussion in der Öffentlichkeit vorangetrieben hat. Damit hat die CeBIT ein Thema aufgegriffen, dass sich über die reine technologische Entwicklung der jüngsten Zeit hinaus erstreckt und die Sphäre der Ökonomie und der Gesellschaft in der Zukunft entscheidend beeinflussen wird.
Während in Deutschland die Debatte um eine neue „Ökonomie des Teilens“ erst seit kurzer Zeit eine Breite Maße in der Öffentlichkeit erreichte, sind die Begriffe „Share Economy“ und „Collaborative Consumption“ bereits seit Längerem ein Bestandteil der englischsprachigen Medien und Literatur. Das unlängst populär gewordene Buch von Rachel Botsman aus dem Jahr 2011 findet sich in einigen wenigen in Deutschland erschienen Publikationen zur Share Economy als Verweis wieder. In ihrem Buch, „What mine is Yours:
How Collaborative Consumption is changing the way we live“, identifiziert sie zusammen mit Roo Roger einen Trend zu einem Wertewandel im Konsumentenbewusstsein, der unter anderem durch neue Technologien und das Web 2.0 forciert wird (vgl. Botsman 2011, S. 44).
So geht aus einer Umfrage der Leuphana Universität Lüneburg zu dem Thema Share Economy hervor, das bereits 23,5 % der Befragten dem Typ des kollaborativen Konsumenten zugeordnet werden können (vgl. Heinrichs 2012, S.14). Aus dem selbst organisierten und kollaborativen Verhalten von Nutzern im Internet entstanden neue Geschäftsmodelle, wie Carsharing oder Coushsurfing, in denen Leute ihre Privatunterkünfte und Autos mit anderen teilen. Das Zusammenkommen von Anbieter und Nachtfrager dieser Geschäftsmodelle erfolgt dank Internet bequem und unkompliziert. [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Slencak, Viktoria: Share Economy als alternative Konsumform der Zukunft und damit
verbundene Herausforderungen für das Online-Marketing, Hamburg, Diplomica Verlag
GmbH 2014
PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-7620-0
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2014
Zugl. Hochschule Heilbronn, Heilbronn, Deutschland, Bachelorarbeit, November 2013
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Hermannstal 119k, 22119 Hamburg
http://www.diplom.de, Hamburg 2014
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...I
Abbildungsverzeichnis...III
Tabellenverzeichnis...IV
1 Vorwort...1
2 Einleitung...2
2.1 Relevanz der Thematik...2
2.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ...4
I.Teil A...5
3 Die Share Economy als alternative Konsumform ...5
3.1 Begriffsentstehung und Definition ...5
3.2 Hauptmerkmale geänderter Konsumenteneinstellung in einer Share
Economy...8
3.2.1 Temporärer Zugang zu Produkten anstelle von Eigentum...8
3.2.2 Partizipation durch Peer-to-Peer Netzwerke ...12
3.2.3 Das Vertrauen: Die neue Währung der Konsumenten im Internet
...17
3.2.4 Die kollektive Macht von Online-Communities und ihr Glaube an
das Gemeingut...21
3.3 Gründe für die Entwicklung einer Share Economy...25
3.3.1 Die Grenzen der gesellschaftlichen Konsumkultur...25
I

3.3.2 Das Web 2.0 ...27
3.3.3 Die neue Konsumgeneration der Digital Natives...29
3.4 Was wird Geteilt? Das Share Economy Business in Deutschland...31
3.5 Zusammenfassung und ein Ausblick auf die Zukunft ...33
II.Teil B...36
4 Empirische Erhebung zur Share Economy ...36
4.1 Erkenntnisstand gegenwärtiger Forschungsarbeiten...36
4.2 Hypothesenbildung ...39
4.3 Methodik...41
4.4 Auswertung...42
4.5 Diskussion und Empfehlung...51
III.Teil C...57
5 Die Herausforderungen für Unternehmen im Online-Marketing ...57
5.1 Begriffsbestimmung und Abgrenzung...57
5.2 Community und Trust Building als neue Kundenbindungsmaßnahme60
5.3 Die Relevanz von Empfehlungen und Bewertungen via Community-
Blogs...64
5.4 Storytelling: Mit Geschichten werben...68
5.5 Mobile Marketing und Location-Based-Services...71
6 Fazit...76
Anhang...79
II

Literaturverzeichnis...92
III

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Nutzungsgrad von Sharing-Plattformen nach Altersgruppen...42
Abbildung 2:Nutzungsgrad von CarSharing Plattformen nach Altersgruppen
...43
Abbildung 3:Was Verbraucher bereit sind zu teilen...44
Abbildung 4:Bekanntheitsgrad von Sharing-Plattformen...45
Abbildung 5:Bedeutsamkeit von Empfehlungsberichten im Internet...46
Abbildung 6:Stellenwert des Eigentums an einer Sache...47
Abbildung 7:Inanspruchnahme von Privatunterkünften von Fremden...48
Abbildung 8:Bekanntheitsgrad Share Economy...49
IV

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:Stellenwert des Eigentums nach Altersgruppen ...48
V

1 Vorwort
Das digitale Zeitalter verändert die zwischenmenschliche Kommunikation.
Vergleichbar mit der Erfindung des Buchdrucks, formieren sich, bedingt
durch die globale Plattform Web 2.0 und die Open-Source-Kultur, die Ge-
wohnheiten wie Menschen zueinander in Wechselbeziehungen treten, neu.
Der zeitlichen Entwicklung entsprechend bilden sich mithin neue Formen des
Wirtschaftens und Konsumverhaltens. Die Share Economy als Produkt der
digitalen Technologie ist ein derartiges Phänomen. Unterstützt durch das
Web 2.0 modifiziert es das vergangene und gegenwärtige Konsumverhalten
im Hinblick auf einen bewussteren Umgang mit Ressourcen, Produkten und
den Menschen untereinander und lässt zeitgenössische Besitz- und Konsum-
formen überdenken. Durch die orts- und zeitunabhängige Vernetzung entste-
hen neue Einflussbereiche seitens der Konsumenten auf die Unternehmen,
die die Betrachtung der Konsumenten als gleichberechtigten Partner nach
sich ziehen, infolgedessen sich neue, kooperative Formen der Zusammenar-
beit ergeben.
Die vorliegende Ausarbeitung beteiligt sich sowohl theoretisch als auch empi-
risch an der Erkenntnisgewinnung zur alternativen Konsumform in einer Sha-
re Economy und leistet einen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung dieser
Thematik, die gewiss eine bedeutende Veränderung für die Wirtschaft und
die Gesellschaft in der Zukunft darstellt.
1

2 Einleitung
2.1 Relevanz der Thematik
Der Begriff Share Economy gewann in den letzten Monaten im deutschspra-
chigen Raum zunehmend an Bedeutung in der Gesellschaft durch die Medi-
en. Einen großen Beitrag dazu leistete die jährlich stattfindende Messe für In-
formationstechnik in Hannover. Die CeBIT 2013 stand unter dem Leitthema
,,Shareconomy" und hat nicht zuletzt auch in Deutschland die Aufmerksam-
keit der Bevölkerung auf eine grundlegende Veränderung in der Wirtschaft
gelenkt, welche bereits lange davor in der virtuellen Welt des Internets zu
Verzeichnen war, jedoch erst durch die weltweit größte ITK-Messe die Dis-
kussion in der Öffentlichkeit vorangetrieben hat. Damit hat die CeBIT ein
Thema aufgegriffen, dass sich über die reine technologische Entwicklung der
jüngsten Zeit hinaus erstreckt und die Sphäre der Ökonomie und der Gesell-
schaft in der Zukunft entscheidend beeinflussen wird.
Während in Deutschland die Debatte um eine neue ,,Ökonomie des Teilens"
erst seit kurzer Zeit eine Breite Maße in der Öffentlichkeit erreichte, sind die
Begriffe ,,Share Economy" und ,,Collaborative Consumption" bereits seit Län-
gerem ein Bestandteil der englischsprachigen Medien und Literatur. Das un-
längst populär gewordene Buch von Rachel Botsman aus dem Jahr 2011 fin-
det sich in einigen wenigen in Deutschland erschienen Publikationen zur
Share Economy als Verweis wieder. In ihrem Buch, ,,What mine is Yours:
How Collaborative Consumption is changing the way we live", identifiziert sie
zusammen mit Roo Roger einen Trend zu einem Wertewandel im Konsu-
mentenbewusstsein, der unter anderem durch neue Technologien und das
Web 2.0 forciert wird (vgl. Botsman 2011, S. 44).
So geht aus einer Umfrage der Leuphana Universität Lüneburg zu dem The-
ma Share Economy hervor, das bereits 23,5 % der Befragten dem Typ des
kollaborativen Konsumenten zugeordnet werden können (vgl. Heinrichs
2012, S.14). Aus dem selbst organisierten und kollaborativen Verhalten von
Nutzern im Internet entstanden neue Geschäftsmodelle, wie Carsharing oder
2

Coushsurfing, in denen Leute ihre Privatunterkünfte und Autos mit anderen
teilen. Das Zusammenkommen von Anbieter und Nachtfrager dieser Ge-
schäftsmodelle erfolgt dank Internet bequem und unkompliziert.
Dass die Menschen sich fortschreitend nicht mehr als passive Konsumenten
betrachten, können wir jeden Tag online, an den Millionen von Empfehlungs-
berichten zu Produkten und Dienstleistungen beobachten, die aktive Konsu-
menten hinterlassen. Begriffe wie Prosumer oder Crowdsourcing sind für Un-
ternehmen, die auf den Zug von Social Media Marketing und Open-Source-
Plattformen aufgesprungen sind, keine Neuheiten mehr. Der Wandel zu einer
Ökonomie des Teilens bringt entscheidende Veränderungen in der Konsu-
menteneinstellung mit sich. Die Frage nach dem Eigentum an Produkten un-
terliegt in diesem Zusammenhang einer neuen Betrachtungsweise und steht
dem temporären Zugang an Produkten gegenüber.
Währenddessen entstehen globale Communities wie die Organisation OuiS-
hare, die den kollaborativen Konsum in den Mittelpunkt stellt und Menschen
zusammenbringt, die an dieser Interessengemeinschaft teilhaben möchten.
Es zeichnet sich eine neue sozioökonomische Bewegung (vgl. Botsman
2011, S. xv) in der Gesellschaft aus, die durchaus mit der Generation der
1960er Jahre vergleichbar ist, da zumeist junge Leute, wie wir im Laufe die-
ser Arbeit sehen werden, das Phänomen Share Economy vorantreiben. So
geben bereits 97 % der 14-29-Jährigen in einer von BITKOM durchgeführten
Studie zur Share Economy an, dass sie gegenüber dem Teilen von Inhalten
im Internet aufgeschlossen sind (vgl. BITKOM 2013,
http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/75257_75237.aspx). Die Unterneh-
men müssen die Tragweite dieser Veränderung früh erkennen und in ihren
zukünftigen strategischen Ausrichtungen berücksichtigen. Erfolgreiche Un-
ternehmen integrieren bereits heute Ihre Kunden von Anfang an in den Wert-
schöpfungsprozess und agieren in einer Open-Source-Kultur.
Schließlich ist das Konzept von Share Economy nicht brandneu. Die Medien
haben einen Oberbegriff gefunden, der die Veränderungen der letzten Jahre
3

in Bezug auf das Internet und die rasante Entwicklung von neuen Technologi-
en, das zunehmende Bewusstsein für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen
und die gegenseitige Kollaboration im Netz durch Social Media, in sich ver-
eint und den Leuten das Ausmaß der Vernetzung zum Ausdruck bringt.
2.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Bedeutsamkeit der Thematik Share
Economy in der Zukunft und versucht anhand einer empirischen Untersu-
chung die gegenwärtige Verbreitung der alternativen Konsumform in
Deutschland zu veranschaulichen.
Obwohl die Definition von Share Economy noch nicht verbindlich geklärt ist,
so kann die Begriffsbestimmung des kollaborativen Konsums dem entgegen-
wirken. Darauf aufbauend verfolgt die Arbeit im ersten Teil das Ziel, die we-
sentlichen Merkmale einer Share Economy herauszuarbeiten und die Gründe
für deren rasante Entwicklung darzulegen. Unter Berücksichtigung von neu-
en Geschäftsmodellen wie das Carsharing oder Couchsurfing, die vornehm-
lich im Internet entstanden sind, wird in der nachfolgenden Ausführung das
Share Economy Business in Deutschland untersucht. Schließlich wird die
Thematik am Ende des ersten Teils noch einmal zusammengefasst.
Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der empirischen Befragung zur
Share Economy in Deutschland. Das Ziel dieser Erhebung ist herauszufin-
den, ob die Menschen bereits Erfahrungen mit alternative Konsumformen,
wie das Teilen und Tauschen von Dingen durch Sharing-Plattformen, gesam-
melt haben.
Als Abschluss zu der im Vorfeld ausführlichen Betrachtung von Share Econo-
my wird im dritten Teil auf die Herausforderungen im Online-Marketing in Un-
ternehmen eingegangen. Das Ziel ist, den Unternehmen eine mögliche künf-
tige Entwicklung, aufbauend auf den Veränderungen im Konsumentenverhal-
ten, im Online-Marketing zu geben, die sie in der zukünftigen Ausrichtung ih-
rer Marketingstrategien berücksichtigen können.
4

I. Teil A
3 Die Share Economy als alternative Konsumform
3.1 Begriffsentstehung und Definition
Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs Share Economy prägte der ameri-
kanische Wirtschaftswissenschaftler Martin Weitzman im Jahr 1984. In sei-
nem Buch, ,,The Share Economy: Conquering Stagflation", befasste er sich
im Besonderen mit dem Problem der langfristigen Inflation und Stagnation in
einer Volkswirtschaft und deren Lösungsmöglichkeiten. Nach Weitzman
musste die Lösung dieses Problems auf die Unternehmensebene verlagert
werden, indem neue Kompensationsmodelle auf Basis von Mitarbeiterbeteili-
gungen am Gewinn geschaffen werden (vgl. Weitzmann 1984, S. 2-3). Das
neue und flexible ,,Share System" (Weitzmann 1984, S. 4) in der Mitarbeiter-
vergütung sollte der amerikanischen Volkswirtschaft zu dieser Zeit aus der
anhaltenden Inflation, verursacht durch die Ölkrise im Jahr 1973 und der
enormen Staatsverschuldung, entgegenwirken.
Nach dieser Zeit gewann die technologische Entwicklung der vorangegange-
nen Jahre zunehmend an Bedeutung. Die Phase der fortschreitenden Verän-
derung, die das Internet mit sich brachte, wird als die Ära der New Economy
bezeichnet (vgl. Hettler 2010, S. 2). Die neue Entwicklungsstufe der westli-
chen Gesellschaft erreichte Ende der 90er Jahre einen regelrechten Internet-
boom, der zugleich mit der Internetblase im Jahr 2001 sein vorzeitiges Ende
fand. In den Anfängen der Informationsökonomie (vgl. Dolgin 2012, S. 5) wa-
ren die Menschen dem World Wide Web gegenüber skeptisch eingestellt und
verhielten sich als Konsumenten dementsprechend passiv. Viele Unterneh-
men, die in der Zeit online gegründet wurden, mussten alsbald ihre Tätigkeit
wieder einstellen, zu schnell und unwissentlich sind einige der Start-ups in
die virtuelle Welt eingetreten. Die Phase der Regeneration aus dieser Erfah-
rung dauerte nicht lange, da Unternehmen wie eBay oder Amazon einen er-
folgreichen Gegenbeweis für das Funktionieren von E-Business erbracht ha-
ben. Die beiden Unternehmen wurden Mitte der 90er Jahre gegründet und
5

haben ihren Einfluss auf das Kaufverhalten und die neue Share Economy,
wenn es für viele auch unbewusst war, wesentlich mitbegründet.
Nach der Jahreswende vollzog sich die fundamentale Veränderung des Inter-
nets zu einer globalen Plattform (vgl. Hettler 2010, S. 4) für den gegenseiti-
gen Austausch von Informationen und Dingen, in der sich jeder in einem
noch die da gewesenen Grad offen und seinen Interessen entsprechend be-
teiligen konnte, in rasanter Geschwindigkeit. Die Open-Source-Bewegung,
die Entstehung von Wikis, Weblogs und anderen sozialen Netzwerken, ins-
besondere die Facebook-Gemeinschaft, errichteten eine neue und offene
Kommunikationskultur des gemeinsamen Interessenaustauschs und gegen-
seitiger Kollaboration. In diesem Zusammenhang bezeichnet der erfolgreiche
US-amerikanische Journalist Jarvis Jeff das Phänomen Facebook als, ,,its
own new industry, built on sharing" (Jarvis 2011, S. 2), in der die Partizipie-
renden die Initiative ergreifen und die Gesellschaft unbewusst, aus sich
selbst heraus, neu formen und verändern (vgl. Jarvis 2011, S. 14).
Das aktive Teilhaben der Gesellschaft durch die Social Networks am World
Wide Web läutete die Ära der Share Economy ein. Durch die neu entdeckte
Freiheit der kolossalen Partizipation und Zusammenarbeit, die das Internet
den Nutzern ermöglichte, entstanden neue Geschäftsmodelle, die auf einem
bekannten aber längst vergessenen Ansatz beruhen: das Teilen, Leihen, Mie-
ten und Schenken von materiellen Gegenständen und immateriellen Res-
sourcen. Dabei spielt das Eigentum an einer Sache eine untergeordnete Rol-
le und lässt den permanenten Besitz an materiellen Dingen überdenken.
Da der Begriff Share Economy vorrangig durch die Medien geprägt worden
ist, existiert bis heute keine eindeutige Definition des Terminus in der Litera-
tur. Die CeBIT 2013 sieht, ,,das Teilen und gemeinsame Nutzen von Wissen,
Ressourcen und Erfahrungen als neue Formen der Zusammenarbeit" (CeBIT
2013, http://www.cebit.de/de/ueber-die-messe/news-trends/rueckblick-cebit-
2013/leitthema-shareconomy?source=redirekt1891834), und rückt als größte
ITK-Messe die vielfältigen digitalen Anwendungen, die eine Share Economy
6

erst möglich machen, in den Vordergrund. Demnach ist es legitim zu behaup-
ten, dass die gegenseitige Kollaboration von Nutzern im Internet, die als Indi-
viduen agieren und gleichzeitig gemeinsam für die Gemeinschaft einen Wert
schaffen, in einer Share Economy im Vordergrund steht. Folglich wird der Be-
griff synonym zum kollaborativen Konsum gebraucht, der durch Rachel Bots-
man im Jahr 2011 an Popularität gewann. Die Autorin stellt unmissverständ-
lich fest, dass eine neue sozioökonomische Bewegung entsteht, in der die
Menschen das Teilen, Tauschen und Schenken mithilfe neuer Technologien
wiederentdecken und durch Peer-to-Peer Plattformen praktizieren (vgl. Bots-
man 2011, S.xv).
Don Tapscott geht in seinem Buch Wikinomics einen Schritt weiter und be-
leuchtet die gegenseitige Zusammenarbeit aus der Perspektive einer ,,Colla-
boration Economy" (Tapscott 2006, S. 55). Er beschreibt primär die Verände-
rungen im Wirtschaften bestehender Unternehmen und sieht die zukünftige
Unternehmenstätigkeit als eine globale Interaktion zwischen der Firma und
Millionen von aktiven Konsumenten, oder auch Prosumenten. ,,There is a po-
werful new economy of sharing and mass collaboration emerging peer pro-
duce their own goods and services" (Tapscott 2006, S. 46). Seiner Auffas-
sung nach erstreckt sich das Teilen nicht nur auf materielle Objekte oder
Dienstleistungen, sondern auch auf gemeinsam erstellte Inhalte, wie bei-
spielsweise bei Wikipedia der Fall ist (vgl. Tapscott 2006, S. 27).
Die unterschiedlichen Sichtweisen zur Share Economy sind im Kern einheit-
lich und Laufen in puncto Gemeinschaftskonsum als Mittelpunkt der neuen
Ökonomie des Teilens zusammen. Geteilt werden sowohl Produkte und
Dienstleistungen als auch Inhalte, Wissen und ungenutzte Räume und Flä-
chen. Die Technologien, darunter auch mobile Dienste, geben der alternati-
ven Konsumform die Möglichkeit, sich sowohl online als auch offline zu reali-
sieren.
7

3.2 Hauptmerkmale geänderter Konsumenteneinstellung in einer Share
Economy
3.2.1 Temporärer Zugang zu Produkten anstelle von Eigentum
,,Im kommenden Zeitalter treten Netzwerke an die Stelle der Märkte, und aus
dem Streben nach Eigentum wird Streben nach Zugang, nach Zugriff auf
das, was diese Netzwerke zu bieten haben" (Rifkin 2000, S. 13). Der US-
amerikanische Ökonom Jeremy Rifkin konstatierte bereits durch sein im Jahr
2000 veröffentlichtes Buch, ,,Access ­ das Verschwinden des Eigentums", die
Folgen, welche sich aus der vernetzten Wirtschaft für die Selbstverständlich-
keit des Eigentumsverhältnisses als Naturrecht jedes Einzelnen in der Ge-
sellschaft, ergeben (vgl. Rifkin 2000, S. 108). Die Bedeutsamkeit des Pri-
vateigentums nach John Locke, der das heutige Verständnis vom individuel-
len Recht des Eigentums im 17. Jahrhundert prägte, würde laut Rifkin an Ge-
wicht verlieren und stattdessen die Verfügbarkeit an einer Sache und somit
den temporären Zugang in den Fokus der menschlichen Marktaktivitäten
stellen (vgl. Rifkin 2000, S.12, 107). Die Gründe dafür sieht er im anhalten-
den gesellschaftlichen Wandel, bedingt durch die Intensivierung der Innovati-
onsgeschwindigkeit und den immer kürzer werdenden Produktzyklen, infol-
gedessen Erlebnisse und Erfahrung an die Stelle des Eigentums treten (vgl.
Rifkin 2000, S. 13, 15, 34). Diese zukunftsorientierte Prognose aufgrund der
Digitalisierung hat sich durch den flexiblen Umgang mit dem Eigentum in ei-
ner Share Economy bestätigt. Nach Lisa Gansky, der Autorin von, ,,The
Mesh", einem von ihr abgeleiteten Begriff für die unkonventionellen Ge-
schäftsformen in einer Share Economy, sind jene Modelle auf dem Prinzip
des kurzfristigen Zugangs aufgebaut und ziehen als Haupttätigkeit die mehr-
fache Verwendung und Distribution von Produkten nach sich (vgl. Gansky
2010, S. 5).
Der Wertewandel und somit die innere Grundeinstellung zum praktizierten
Konsumverhalten in der Vergangenheit, begann sich mit dem Fortschritt der
Technologie und dem Aufstieg des Dienstleistungssektors Anfang der 1970er
8

Jahre zum dominierenden Wirtschaftsbereich zu verändern. Dieser Entwick-
lungsprozess, der bis heute andauert, hat zur Folge, dass sich die Produkte
schrittweise entmaterialisieren und sich das Eigentum zum ,,Gegenstand der
Verfügbarkeit als des Kaufs" (Rifkin 2000, S.77) herausbildet. Die neue
Konsumkultur ist nicht auf die Ware an sich angewiesen, sondern auf den
Nutzen und die Erfahrungen beim Gebrauch.
Gleichzeitig entwickelte sich aus der kritischen Betrachtungsweise des Mas-
senkonsums eine wachsende Orientierung am nachhaltigen Konsum, der
das Anhäufen, aber auch die Notwendigkeit zur schnellen Ersetzbarkeit von
Besitztümern infrage stellte (vgl. Richard 2010, S.22-23). Demnach geht das
Modell Nutzen statt Besitzen nicht erst aus der Share Economy hervor, son-
dern wurde bereits in Zusammenhang mit zahlreichen Abhandlungen um ein
nachhaltigeres Wirtschaften gebraucht. Die Lösung für die anhaltende Dis-
kussion um einen umweltfreundlichen Konsum könnte im Konzept von Share
Economy liegen. Durch die effiziente Umverteilung von gebrauchten Gütern
durch das Internet impliziert die Share Economy einen bewussteren Umgang
mit Ressourcen, auch wenn viele nicht aus Gründen der Umweltfreundlich-
keit gebrauchte Gegenstände wiederverkaufen.
Dass die materiellen Güter ihren Stellenwert in der Gesellschaft verlieren und
das Auto als Statussymbol längst überbewertet wird, zeigt sich durch die
zahlreichen Tauschplattformen wie ,,Airbnb" (für Wohnungen), ,,Nachbar-
schaftsauto" (für private Autos), ,,leihdirwas" (für gebrauchte Gegenstände
aus allen Lebensbereichen) oder ,,foodsharing" (für das Teilen anstatt weg-
werfen von Lebensmitteln). Im Gegensatz zum herkömmlichen Kauf können
Menschen dadurch kostengünstig oder unentgeltlich Zugang zu notwendigen
Produkten auf Zeit erhalten, ohne eine langfristige Verpflichtung einzugehen.
Diese Flexibilität sehen 73,7 % der Befragten, aus einer Studie der Universi-
tät des Saarlandes zu dem Thema Nutzen statt Haben, als entscheidenden
Vorteil gegenüber dem Kauf an (vgl. Zentes et al., 2013, S. 18). Die Plattfor-
men bauen alle auf einer gemeinsamen Wertvorstellung innerhalb der Nutzer
auf, ,,was mein ist, ist auch dein, und was dein ist, ist auch mein" (Rifkin
9

2000, S. 69), und sehen die vorhandenen Ressourcen als Gemeingut an.
Dieser Gedanke erstreckt sich auch auf immaterielle Güter wie den Aus-
tausch von Musikdateien (über Spotify), Filmen (über Maxdome) oder Inhal-
ten und Informationen (über Dropbox, Instagram oder Facebook).
Rachel Botsman hat die verschiedenen Tauschplattformen und -möglichkei-
ten in drei Systeme klassifiziert: Product-Service-Systems, Redistribution
Markets, Collaborative Lifestyles (vgl. Botsman 2011, S. xvi), die gegenwärtig
einen guten Überblick über das Share Economy Business vermitteln. Dabei
gehen jene Geschäftsmodelle über die rein elektronischen Geschäftsbezie-
hungen zwischen Unternehmen und Kunden (B2C) oder zwischen Kunden
und Kunden (C2C) hinaus. Die Konsumentenverantwortung und Partizipation
in einer B2C oder C2C Tauschplattform stehen im Zentrum aller Geschäfts-
aktivitäten. Gemeinsam gelebte Werte, Erfahrungen und Erlebnisse sind die
neuen Treiber der Nutzenmaximierung, nicht der materielle Wohlstand des
Industriezeitalters. So agieren die Anbieter derartiger Plattformen als Service-
provider und Vermittler, oder überlassen den Nutzern gar die Selbstregulation
einer Online-Plattform (vgl. Anhang A: Mietkonzepte in einer Share Economy
in Anlehnung an Rachel Botsmann 2011, S.97-181). Dank derartiger Modelle
bekommen die Konsumenten einen Einblick, wie liberalisierte Märkte, in de-
nen hierarchische Strukturen keine Anwendung finden, tatsächlich funktionie-
ren. Das für dieses System notwendige Vertrauen gegenüber Fremden wird
durch Empfehlungen und Reputationsmechanismen aufgebaut. Das Onli-
ne-Auktionskaufhaus eBay hat gezeigt, das der Handel unter unbekannten
Teilnehmern einwandfrei ablaufen kann, und hat für das Funktionieren heuti-
ger Share Economy Modelle eine gute Grundlage erarbeitet.
Die Online-Community Airbnb, eine der Vorzeigebeispiele für das wachsende
Interesse an alternativen Nutzungsformen, ist mit über 10 Mio. gebuchten
Nächten in Privatunterkünften weltweit (vgl. Airbnb 2013, https://www.airbnb.-
de/about) eine ernst zu nehmende Konkurrenz für die altbewährten Hotelket-
ten. Das im Jahr 2008 von ehemaligen Studenten in San Francisco gegrün-
dete Unternehmen ermöglicht jedem Menschen Zugang zu kostengünstigen
10

Privatunterkünften und wertvollen Erfahrungen mit Einheimischen. Gleichzei-
tig kann jedes Mitglied durch die Vermietung seine Haushalskasse aufbes-
sern, eine Win-win-Situation. Das Beispiel zeigt, die streng gehaltene Grenze
zwischen Produzent und Konsument, sowie Verkäufer und Käufer sind ver-
wischt. Stattdessen treten Anbieter und Nutzer mit einer modifizierten Werte-
kultur auf gleicher Ebene auf. Die Gründer von Couchsurfing haben diese
neue Wertvorstellung in ihrer Unternehmensphilosophie eindrucksvoll darge-
stellt:
,,We envision a world where everyone can explore and create meaningful
connections with the people and places their encounter. Building meaningful
connections across cultures enables us to respond to diversity with curiosity,
appreciation, and respect, The appreciation of diversity spreads tolerance
and creates a global community,"(Couchsurfing 2013, https://www.couchsur-
fing.org/n/values ).
Die Nutzer sind ein integrierter Teil der Online-Community, sie gestalten das
Unternehmen und seine Produkte und Dienstleistungen mit. Das ist wohl ei-
ner der entscheidenden Veränderungen in einer Share Economy. Das Eigen-
tum als Statussymbol ist für die heranwachsende Internet Generation bedeu-
tungslos, für sie ist der temporäre Zugang und die Möglichkeit durch Teilnah-
me im Wertschöpfungsprozess Einfluss auf Ihre Umwelt zu nehmen die neue
Lebensform der Zukunft. Im Nachfolgenden wird aufgezeigt, wie sich die
neuen Konsumenten durch Peer-to-Peer Netzwerke in einer Share Economy
beteiligen können.
11

3.2.2 Partizipation durch Peer-to-Peer Netzwerke
,,Peer-to-Peer, das neue Internet" (Boeing 2012, in: die Zeit, S.1, http://www.-
zeit.de/zeit-wissen/2012/05/Das-alternative-Netz), mit diesem zukunftsträchti-
gen Titel expliziert die Zeit in einem im Jahr 2012 erschienen Artikel den
wachsenden Einfluss von P2P Technologien. Vergleicht man die konventio-
nellen Client-Server-Anwendungen, die alle Daten eines Rechners zentral
über einen Dienstanbieter übermitteln und speichern, dann ist das Peer-to-
Peer Rechennetz durchaus die nächste Stufe in der Entwicklung neuer Kom-
munikationswege im Internet. Letzteres revolutionierte bereits die zwischen-
menschliche Kommunikation, trennte jedoch Anbieter (Server) und Nutzer
(Client) voneinander und stellt die etablierte Rolle von Produzent und Konsu-
ment wieder ein. Im Gegensatz dazu bauen Peer-to-Peer Netze auf Basis
freier Software auf und organisieren die zwischenmenschliche Interaktion un-
abhängig von Drittinstanzen. Angesichts ihrer Autonomie, Dezentralität und
Gleichberechtigung (vgl. Schoder 2002, S. 4), errichten Peer-to-Peer Netze
eine offene und kollaborative Infrastruktur und erlauben einst als Clients
wahrgenommenen Nutzern sowohl als Provider als auch als User von bereit-
gestellten Ressourcen zu interagieren und sich untereinander selbst zu orga-
nisieren.
Im engeren Sinne, ermöglicht die neue Kommunikationsinfrastruktur eine effi-
ziente Allokation von Ressourcen in einer Online-Community ohne die Einbe-
ziehung von Zwischeninstanzen, den schnellen Austausch von Informations-
prozessen unter Gleichberechtigten (Peers) und die Entwicklung neuartiger
kollaborativer Arbeitsanwendungen (vgl. Schoder 2002, S.3). Die Mitglieder
in einem Peer-to-Peer Netzwerk sind demnach in der Lage, Produkte,
Dienstleistungen wie auch das eigene Wissen unmittelbar mit anderen Peers
zu teilen. Es besteht kein Bedarf einen Mittelsmann einzuschalten um be-
stimmte Marktvorgänge wie die Preisbildung oder den Kauf und Verkauf von
Gütern sicherzustellen. Im Gegenteil, die Peers zeigen Selbstverantwortung
und Selbstregulation und stärken das Vertrauen gegenüber anderen Commu-
nity Mitgliedern. Diesen Effekt der Eliminierung von Zwischeninstanzen sieht
12

Rachel Botsman als wichtigstes Element bei der Vertrauensbildung gegen-
über Fremden (vgl. Botsman 2011, S. 92), ohne das der kollaborative Kon-
sum nicht gewährleistet werden kann.
Als Beispiel für einen Peer-to-Peer Marktplatz in Deutschland kann die Ver-
leihplattform Leihdirwas herangezogen werden. Der Anbieter überlässt allen
registrierten Nutzern die Regulation der Transaktionen, das heißt wann, wo-
hin, was und an welche Nutzer verliehen wird, bestimmen die Mitglieder
selbst. Mit anderen Worten, die Peers stehen in ständigem Kontakt unterein-
ander, ohne Drittinstanzen, die das Geschäft kontrollieren. Der Anbieter und
neuer Mittelsmann ist zur Schaffung einer benutzerfreundlichen Umgebung
zuständig, in der die Nutzer die Freiheit besitzen autark zu handeln. Ferner
besteht keine Sicherheit, dass die verliehene Sache im gleichen Zustand zu-
rückgeliefert wird, das Vertrauen steht demgemäß an erster Stelle. In diesem
Fall bieten die Gründer jedoch zusätzlich eine Leihgarantie an.
Aktive Nutzer und ehemalige passive Konsumenten besitzen nunmehr die
Möglichkeit sich von Anfang an in den Wertschöpfungsprozess von Unter-
nehmen einzubinden und neue Wettbewerbsgrundsätze zu gestalten (vgl.
Tapscott 2006, S. 2). Yochai Benkler hat auf Grundlage von Peer-to-Peer
Netzwerken in, ,,The Wealth of Networks", erstmals veranschaulicht wie infor-
mationsorientierte Güter und Dienstleistungen außerhalb des Marktes unter
Freiwilligen hergestellt werden können. Nach Benkler erlaubt das Internet
eine marktunabhängige Peer-Produktion das auf dem Prinzip der Gemeingü-
ter basiert (vgl. Benkler 2006, S.3, 62). Der Glaube an das Gemeingut ist
auch einer der vier Prinzipien die einen kollaborativen Konsum nach Rachel
Botsman funktionsfähig machen (vgl. Botsman 2011, S. 75). Die gewandelte
Einstellung im Hinblick auf die Ressourcen als Gemeinschaftsgut und nicht
als alleiniges Eigentum jedes Einzelnen führt somit auch zu einer offenen In-
frastruktur, die das Teilen zur Folge hat (Botsman 2011, S. 57).
Der Pionier dieser Entwicklung ist die Open-Source-Software, die mit Linus
Torvald seine Anfänge fand. Der in Finnland geborene Programmierer er-
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möglichte erstmalig eine Gemeinschaftsproduktion unter Gleichen, indem er
seine Weiterentwicklung am Betriebssystem Unix frei und für jeden zugäng-
lich ins Internet stellte, damit andere Freiwillige und am Thema Interessierte
das Projekt verbessern und weiterentwickeln konnten (vgl. Maier 2008, S.
89). Durch die Einschaltung von Volontären und Amateuren entstand das
heutige Open-Source-Betriebssystem GNU/Linux, das unter anderem von
den Riesen Google und Amazon genutzt wird. Später führte Clay Shirky den
Begriff Social Software ein (vgl. Hettler 2010, S. 12) und erweiterte das heuti -
ge Verständnis von Peer-to-Peer Netzwerken durch Wiki-Anwendungen und
Weblogs. Wichtigster Aspekt hierbei ist die soziale Rückkoppelung zu Mitglie-
dern bei der Kommunikation via Feedback oder Ratings sowie die Sichtbar-
keit der Nutzer, um eine transparente Kommunikation unter Gleichen zu ge-
währleisten (vgl. Hettler 2010, S. 13). Demzufolge sind Peer-to-Peer Techno-
logien nicht gänzlich neu, sondern beinhalten Web-Anwendungen wie Instant
Messaging, Filesharing, Collaboration/P2P Groupware oder Grid Computing
(vgl. Schoder 2002, S. 5).
Ein weiteres bekanntes Beispiel von Peer-Produktion, der sich auch Unter-
nehmen zunutze gemacht haben, ist Crouwdsourcing. Der im Jahr 2000 von
John Howe formulierte Begriff steht für eine heterogene Gruppe von Individu-
en, die an einem Gemeinschaftsprojekt arbeiten und/oder zur Problemlösung
herangezogen werden. Das Programm connect + develop von Procter &
Gamble richtet sich gezielt an die kollektive Intelligenz von privaten oder öf-
fentlichen Ideengebern (vgl. Procter & Gamble 2013, http://www.pgconnect-
develop.com/). Damit können aktive Konsumenten von Beginn an am Pro-
dukterstellungsprozess mitwirken. Die Vorteile für das Unternehmen sind
zum einen enorme Kosteneinsparungen im Bereich Forschung & Entwick-
lung und zum anderen die Nutzung von unbegrenztem externen Wissen.
Eine eigens dafür bereitgestellte Open-Source-Software mit Nutzungsrechten
für freiwillige Projektteilnehmer ermöglicht die kollaborative Arbeitsumge-
bung. Mithin lagern Unternehmen wie Procter & Gamble einst von Mitarbei-
tern durchgeführte Innovationsprozesse an eine Gruppe von ,,Do-It-Yourself"
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Nutzern aus (vgl. Richard 2008, S. 14). Die Verwendung freier Software in ei-
ner Share Economy ermöglicht allen Beteiligten einen autonomen Informati-
onsaustausch mit enormen Ausmaßen, indem sich Hunderte oder Tausende
vernetzen und an einem gemeinschaftlichen Projekt arbeiten und kollektiv
einen Nutzen für die Gesellschaft aus diesem Projekt erzeugen. Michael Mai-
er erkennt in seiner Publikation, ,,Die ersten Tage der Zukunft", dass die neue
Kommunikationsinfrastruktur, die auf Vertrauen, Offenheit und Transparenz
gründet, auch eine andere Art von Mensch hervorbringen wird (vgl. Meier
2008, S. 91).
,,When we change the way we communicate we change society"(Shirky
2008, S. 17). Dieses Zitat zeigt geschichtlichen Charakter, denn schließlich
hat sich die Gesellschaft schon mit der Erfindung des Buchdrucks in ihrem
Bewusstsein und der Alltagsorganisation verändert. Der unendliche Zugang
zu Informationen und Wissen über das Internet hat einen analogen Wandel
zur Folge. Die Peer-Produktion ist demgemäß das Ergebnis frei zugänglicher
Software, die unter Erreichung der kritischen Masse einen kollaborativen
Konsum impliziert, indem die Konsumenten einer eigenständigen Consumer
Social Responsibility folgen und auf die Unternehmenstätigkeit Einfluss neh-
men vgl. Heidbrink et. al. 2011, S. 13). Weshalb auch unternehmensinterne
Wertvorstellungen einen Wandel erfahren, die auf Offenheit und Transparenz
aufbauen anstelle von Kontrolle und unklaren Kommunikationswegen und die
Nutzer partiell von hierarchischen Organisationsstrukturen, im Stile von
großen Industrieunternehmen, entbinden.
Das meist zitierte Paradebeispiel einer Peer-Produktion ist Wikipedia, das
zudem gerne im Vergleich zur Encyclopaedia Britannica gesetzt wird. Wikipe-
dia basiert auf einer offenen und frei zugänglichen Infrastruktur, in der jeder
aus eigenem Willen heraus Artikel und Texte bearbeiten oder erfassen kann.
Die dafür notwendige Wiki Software, welche wie ein Word-Dokument fun-
giert, stellt die Grundlage hierfür (vgl. Palfrey 2008, S. 146). Das Phänomen
hierbei ist die unendliche Bereitschaft jedes Individuums, die das Wissen als
Gemeingut ansehen, freiwillig und unentgeltlich ihre freie Zeit für einen Ein-
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trag in Wikipedia investieren, der im Nachhinein für die Allgemeinheit einen
großen Nutzen stiftet. Die Produktion erfolgt in Kooperation mit anderen Vo-
lontären und wird im Gegensatz zur Encyclopaedia Britannica ohne beträcht-
liche Produktionskosten entwickelt und steht ihr in puncto Genauigkeit und
Fehlerfreiheit im Nichts nach. In Deutschland ist die Wikipedia Community
mit insgesamt 1.620.452 Artikeln im Jahr 2013 am aktivsten (vgl. Wikipedia
2013, http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Meilensteine). Die Erstellung ei-
nes Artikels erfolgt in ständiger Rückkoppelung zu anderen Mitgliedern und
wird in Teilprozesse aufgeteilt. Dadurch entsteht in kleinen Schritten und mit
wenig Aufwand ein zuverlässiger Beitrag zu einem bestimmten Thema auf
das alle, aus der ganzen Welt, kostenlos zugreifen können. Hierbei ist die
Motivation der Nutzer unterschiedlich verteilt und ist in der Regel intrinsisch,
das heißt, die Mitglieder der Wikipedia Community handeln aus einem inne-
ren Bedürfnis heraus (vgl. Maier 2008, S. 100). Der Erfolg von Wikipedia ist
auch dadurch gekennzeichnet, dass Menschen sich individuell, ihren Interes-
sen entsprechend und mit viel Kreativität und Unabhängigkeit einbringen
können.
Ein Peer-to-Peer Marktplatz und die Peer-Produktion ist von sozialen Aspek-
ten bestimmt, besonders weil Menschen sich in ständiger Interaktion unter-
einander befinden und die Möglichkeit erhalten mit Selbstverantwortung und
Kooperation große und verändernde Projekte zu schaffen (siehe Wikipedia)
ohne dabei an Konzernregeln gebunden zu sein. Folglich muss unter den
Peers eine Vertrauensbasis aufgebaut werden, die das System funktionsfä-
hig macht und das Geld als erste Priorität bei einer Transaktion ablöst.
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783842876200
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Heilbronn, ehem. Fachhochschule Heilbronn – Internationale Betriebswirtschaft - Osteuropa
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
2,3
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Titel: Share Economy als alternative Konsumform der Zukunft und damit verbundene Herausforderungen für das Online-Marketing
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