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Die EMRK und das europäische Verbot der Folter (Art. 3) in der deutschen Rechtsordnung: Wirksame Grenze des staatlichen Umgangs mit Festgenommenen und Inhaftierten?

©2011 Bachelorarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Einleitung:
Der Umgang mit Folter oder ähnlichen Handlungen spiegelt in gewisser Weise die moralischen Werte einer Gesellschaft wider. Es scheint klar zu sein, dass Folter in der westlichen, demokratischen Gesellschaft keinen Platz hat. Folterhandlungen werden meist mit totalitären Systemen oder Schurkenstaaten verbunden. Sicher kam es auch in der deutschen Vergangenheit zur Anwendung von Folter. Dies wird auf der zeitlichen Schiene aber gerne dem finsteren Mittelalter oder den Hexenprozessen zugeordnet. Dass in Zeiten des Nationalsozialismus oder in der DDR gefoltert wurde, wird auch nicht bestritten. In das 21. Jahrhundert und somit in die europäischen Rechtstaaten passt Folter jedoch nicht. Dies würde in den aufgeklärten Staaten einen enormen Wertezerfall darstellen.
So könnte man wohl die allgemeine Stimmungslage zum Thema ‘Folter‘ wiedergeben. Die Existenz von Folter ist bekannt, jedoch sieht man sich in Deutschland nicht damit konfrontiert. Sollte das Verbot der Folter somit nicht als Selbstverständnis Einzug in die europäischen Gesellschaften erhalten?
Ein Fall, der sich im Jahre 2002 in Frankfurt am Main abgespielt hat, zeigte, dass dieses Selbstverständnis eben nicht existiert und auch nicht immer angenommen werden kann. Schnell ist zu erkennen, dass die Vorwürfe gegen das Frankfurter Polizeipräsidium keinen Einzelfall darstellen. In den letzten Jahren sahen sich Behörden in vielen anderen europäischen Staaten ähnlichen Foltervorwürfen gegenüber.
Das eben noch als existenzieller Bestandteil der Werteordnung angesehene Verbot der Folter gerät ins Wanken. Es besteht die Gefahr, dass es unterwandert wird. Eine Ächtung der Folter ausschließlich auf moralischer Ebene ist als unrealistisch und unwirksam anzusehen.
Der Europarat hat dies bereits nach dem 2. Weltkrieg erkannt. Mit der Verabschiedung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, kurz EMRK im Jahre 1950, wurde der Folter auf der europäischen, völkerrechtlichen Ebene ihre Legitimität entzogen. Seither unterliegen Folter und ähnliche Handlungen dem europäischen Verbot der Folter aus Art. 3 EMRK.
Eben dieser Art. 3 ist der elementare Gegenstand dieser Arbeit. Sowohl die EMRK als auch die Inhalte, die Charakteristik und die Auswirkungen des Art. 3 werden beleuchtet. Dies soll mittels einer umfassenden Betrachtung geschehen, in der verschiedene Wirkungsweisen des Art. 3 aufgezeigt werden. [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
2.1 Allgemeines zur EMRK
2.2 Die EMRK als Teil des allgemeinen Völkerrechts
2.3 Die EMRK und das Recht der Europäischen Union
2.4 Die EMRK in den nationalen Rechtsordnungen
2.4.1 Die Rechtslage in Deutschland
2.4.2 Rechtskraftwirkung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
2.5 Einschub 1: Die EMRK und der EGMR - Zwei wirksame Instrumente?

3 Das europäische Verbot der Folter
3.1 Historischer Kontext
3.2 Artikel 3 EMRK
3.2.1 Allgemeines
3.2.2 Der Schutzbereich von Artikel
3.2.3 Der absolute Charakter von Artikel
3.3 Weitere völkerrechtliche Folterverbote

4 Entscheidungen des EGMR
4.1 Rechtssachen, in denen Deutschland eine Verletzung des Artikel 3 nachgewiesen wurde
4.2 Rechtssache Jalloh ./. Deutschland
4.3 Rechtssache Gäfgen ./. Deutschland
4.3.1 Das Verfahren vor dem EGMR
4.3.2 Die Debatte um die „Rettungsfolter“ als Auswirkung des Urteils
4.4 Einschub 2: Die Urteile des EGMR - Wirksame Grenze des staatlichen Umgangs mit Festgenommenen in Polizeiverhören?

5 Umgang mit Inhaftierten in deutschen Haftanstalten
5.1 Allgemeines zur Behandlung Inhaftierter
5.2 Das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (EPCT) und der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT)
5.3 Einschub 3: Artikel 3 und das CPT - Wirksame Grenze des staatlichen Umgangs mit Inhaftierten?

6 Schlusswort

Literaturverzeichnis

Entscheidungsregister EGMR

Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der Umgang mit Folter[1] oder ähnlichen Handlungen spiegelt in gewisser Weise die moralischen Werte einer Gesellschaft wider. Es scheint klar zu sein, dass Folter in der westlichen, demokratischen Gesellschaft keinen Platz hat. Folterhandlungen werden meist mit totalitären Systemen oder Schurkenstaaten verbunden. Sicher kam es auch in der deutschen Vergangenheit zur Anwendung von Folter. Dies wird auf der zeitlichen Schiene aber gerne dem finsteren Mittelalter oder den Hexenprozessen zugeordnet. Dass in Zeiten des Nationalsozialismus oder in der DDR gefoltert wurde, wird auch nicht bestritten. In das 21. Jahrhundert und somit in die europäischen Rechtstaaten passt Folter jedoch nicht. Dies würde in den aufgeklärten Staaten einen enormen Wertezerfall darstellen.

So könnte man wohl die allgemeine Stimmungslage zum Thema „Folter“ wiedergeben. Die Existenz von Folter ist bekannt, jedoch sieht man sich in Deutschland nicht damit konfrontiert. Sollte das Verbot der Folter somit nicht als Selbstverständnis Einzug in die europäischen Gesellschaften erhalten?

Ein Fall, der sich im Jahre 2002 in Frankfurt am Main abgespielt hat, zeigte, dass dieses Selbstverständnis eben nicht existiert und auch nicht immer angenommen werden kann. Schnell ist zu erkennen, dass die Vorwürfe gegen das Frankfurter Polizeipräsidium keinen Einzelfall darstellen. In den letzten Jahren sahen sich Behörden in vielen anderen europäischen Staaten ähnlichen Foltervorwürfen gegenüber.

Das eben noch als existenzieller Bestandteil der Werteordnung angesehene Verbot der Folter gerät ins Wanken. Es besteht die Gefahr, dass es unterwandert wird. Eine Ächtung der Folter ausschließlich auf moralischer Ebene ist als unrealistisch und unwirksam anzusehen.

Der Europarat hat dies bereits nach dem 2. Weltkrieg erkannt. Mit der Verabschiedung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten,[2] kurz EMRK im Jahre 1950, wurde der Folter auf der europäischen, völkerrechtlichen Ebene ihre Legitimität entzogen. Seither unterliegen Folter und ähnliche Handlungen dem europäischen Verbot der Folter aus Art. 3 EMRK.

Eben dieser Art. 3 ist der elementare Gegenstand dieser Arbeit. Sowohl die EMRK als auch die Inhalte, die Charakteristik und die Auswirkungen des Art. 3 werden beleuchtet. Dies soll mittels einer umfassenden Betrachtung geschehen, in der verschiedene Wirkungsweisen des Art. 3 aufgezeigt werden. Anhand dieser wird dann beurteilt, ob die EMRK und Art. 3 getreu dem Titel dieser Arbeit eine wirksame Grenze des staatlichen Umgangs mit Festgenommenen und Inhaftierten darstellen.

Zuerst wird untersucht, ob die EMRK als Instrument im Völkerrecht die geeigneten Voraussetzungen für die Durchsetzung des Verbots der Folter schafft (Kap. 2). Nachdem die Inhalte des Art. 3 thematisiert wurden (Kap. 3) werden dann zwei spezielle Einflussfaktoren des Art. 3 analysiert: Die Verurteilungen Deutschlands durch den EGMR (Kap. 4) und die Fallgruppe der Inhaftierten (Kap. 5).

Ziel der Arbeit ist es nicht, die einzelnen Faktoren (bspw. die „Rettungsfolter“[3] ) vollständig zu beurteilen, sondern eben die angesprochenen verschiedenen Wirkungsweisen des Art. 3 aufzuzeigen.

An drei Stellen der Arbeit wird anhand von kurzen Resümees beurteilt, welche verschiedenen Auswirkungen das europäische Verbot der Folter zur Folge hat.

2 Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

2.1 Allgemeines zur EMRK

Straßburg, den 19.10.2010 - Europa hat allen Grund zur Freude! Anlass hierzu ist ein Jubiläum der besonderen Art: Vor 60 Jahren wurde die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verabschiedet. Eine Konvention, die mittlerweile über 800 Millionen Menschen in 47 Staaten umfassende Menschenrechte zusichert.

In diesen 60 Jahren befand sich die Welt und Europa im ständigen Wandel: Bis über die 1950er Jahre hinaus erholte sich Europa von den Schrecken und Gräueltaten des 2. Weltkrieges, bis in die 1980er befanden sich die Westmächte und der Ostblock im Kalten Krieg und auch die Terroranschläge von New York und Washington am 11.09.2001 sowie die daraus resultierenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Afghanistan und im Irak veränderten die Welt und Europa nachhaltig. So waren auch die Menschenrechte in dieser Zeit einem laufenden Prozess unterbunden, da sich der Schutz jener immer neueren Anforderungen gegenüber sah.

Um die Entstehungsgeschichte und die Entwicklung der EMRK schlüssig darzulegen, muss aber am Anfang dieser 60 Jahre begonnen werden. Anhand weiterer Meilensteine wird der „Werdegang“ der EMRK chronologisch beleuchtet.

Die EMRK ist eine regionale Menschenrechtskonvention, die von den Mitgliedsstaaten des Europarates[4] ausgearbeitet worden ist. In der Satzung des Europarates ist wie schon in der Charta der Vereinten Nationen (VNC) der Menschenrechtsschutz als Aufgabe festgeschrieben.[5] Die EMRK wird durch die Ratifizierung der Vertragsstaaten verbindlich. Durch die Ratifizierung verpflichten sich die Vertragsstaaten, allen Personen, die unter ihrer Hoheitsgewalt stehen, die Vertragsrechte des Abschnitts I des EMRK zuzusichern (Art.1). Diese Rechte werden somit unmittelbar durch das Völkerrecht geschaffen; die Mitgliedsstaaten werden nicht verpflichtet, diese Garantien in innerstaatliches Recht aufzunehmen.[6]

Am 03.09.1953 trat die EMRK durch die Ratifikation durch zehn Staaten in Kraft. Auch Deutschland gehörte durch seine Ratifikation am 05.12.1952 zu den Mitgliedstaaten der ersten Stunde. Im Rahmen des regionalen Menschenrechtsschutzes ist die vom Europarat ausgearbeitete EMRK somit als ältestes Vertragswerk ihrer Art anzusehen. Die Gründe für die Erarbeitung der Konvention sind mit dem Ende des 2. Weltkrieges verbunden. Es war klar, dass der Schutz der Grund- und Menschenrechte keinesfalls mehr unter einem politischen System wie dem Nationalsozialismus leiden darf. Weiter war bewiesen, dass nationaler Grund- und Menschenrechtsschutz zu einfach missbraucht werden kann. Aber auch im Hinblick auf das totalitäre System des sowjetischen Kommunismus sollte die EMRK Schutz gebieten.[7]

Es entstand eine sogenannte „geschlossene Konvention“, was bedeutet, dass sie nur von Mitgliedsstaaten des Europarates ratifiziert werden kann (Art. 59). Umgekehrt können Staaten, die Mitglied im Europarat werden wollen, dies nur, wenn sie die EMRK und die Protokolle dazu zeichnen.

Mit dem Inkrafttreten der EMRK wurde auch ein eigenständiges Rechtsschutzsystem geschaffen. Neben dem EGMR sah die Konvention anfangs noch eine Kommission[8] als zweites Organ vor. Die EKMR wurde 1954 gebildet und der EGMR nahm seine Arbeit 1958 auf. Für diese Institutionen waren zwei Verfahrensarten vorgesehen: Die Staatenbeschwerde (Art. 33) und die Individualbeschwerde (Art. 34).[9]

Die Schaffung einer Vereinbarung zum Individualbeschwerdeverfahren erwies sich als schwierig, da die Möglichkeit des direkten Zugangs für Individuen zum EGMR von vielen Staaten nicht gewünscht war.[10] So verständigte man sich darauf, dass die Individualbeschwerde nur vor der EKMR zulässig war. Diese entschied dann, ob die Beschwerde an den EGMR weitergereicht wurde.[11] Gerade aber der Individualrechtsschutz war für die Entwicklung des gesamten Konventionsrechts in den 60 Jahren von entscheidender Bedeutung. Die anfängliche Akzeptanz der Individualbeschwerde hielt sich allerdings in Grenzen. Von den großen europäischen Staaten hat allein Deutschland 1955 frühzeitig das Verfahren der Individualbeschwerde anerkannt. Die Gründe für diese baldige Anerkennung Deutschlands sind offensichtlich mit historischen Gründen verbunden.[12] Auf Deutschland folgten von den einflussreichen Staaten Europas Großbritannien mit der Anerkennung 1966 und Frankreich erst 1981.

Die schon angesprochenen Protokolle stellen eine weitere Besonderheit der EMRK dar. Neben den Änderungsprotokollen, welche die Verfahren der EMRK reformieren und somit als Verfassungsänderung der Ratifikation aller Mitgliedsstaaten bedürfen, können die sog. Zusatzprotokolle auch in Kraft treten, wenn sie noch nicht von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert wurden. Die Zusatzprotokolle gewähren zusätzliche neue menschenrechtliche Garantien oder erweitern schon bestehende Garantien. Die in den Zusatzprotokollen enthaltenen Rechte sind somit nur für die Staaten verbindlich, welche die entsprechenden Protokolle auch ratifiziert haben. Dies führt dazu, dass nur ein Kernbestand von Rechten für alle Mitgliedsstaaten bindend ist und sich dadurch materiell unterschiedliche Standards in den Mitgliedsstaaten ergeben können.

Die Konvention wurde mittlerweile um 14 Protokolle ergänzt, wobei das 14. Protokoll[13] erst am 01.06.2010 in Kraft trat. In den Protokollen Nr. 1, 4, 6, 7, 12 und 13 sind zusätzliche materielle Rechte enthalten; es sind folglich Zusatzprotokolle. Die Protokolle Nr. 2, 3, 5, 8, 9, 11 und 14 sind hingegen Änderungsprotokolle. Die Bundesrepublik Deutschland hat bis dato außer zwei Protokollen alle ratifiziert.[14]

Als eines der wichtigsten Protokolle ist wohl das 11. Änderungsprotokoll[15] (1998) anzusehen. Das Rechtsschutzverfahren wurde durch dieses in großem Umfang modifiziert. Durch das Protokoll wurde die EKMR und somit die oben aufgezeigte Zweistufigkeit des Individualbeschwerdeverfahrens abgeschafft. Seit dem 01.11.1998 gibt es somit nur noch den EGMR. Dieser wurde mit dem 11. Änderungsprotokoll indes zu einem ständig tagenden Organ der EMRK (Art. 19). Das Ministerkomitee wurde als Überwachungsorgan für die Ausführung der Urteile des EGMR beibehalten (Art.46 II).

Die Zahl der Richter des EGMR entspricht derjenigen der Vertragsparteien der Konvention (Art. 20). Sie vertreten keine Mitgliedsstaaten sondern handeln unabhängig.[16] Die Prüfung der Beschwerden erfolgt je nach Rechtssache in Einzelrichterbesetzung, in Ausschüssen mit drei Richtern, in Kammern mit sieben Richtern oder in schwerwiegenden Fragen in der Großen Kammer mit 17 Richtern (Art. 26).

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Individualbeschwerde vor dem EGMR werden in Art. 35 geregelt. So weist der EGMR eine Beschwerde ab, wenn die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft sind (Art. 35 I). Da dieses Erfordernis nicht absolut gilt, berücksichtigt der EGMR hier sowohl nationale Besonderheiten sowie die innerstaatliche Praxis und die Umstände des Einzelfalles als auch die persönliche Situation des Beschwerdeführers.[17]

Dass die Möglichkeit zur Individualbeschwerde mittlerweile eine hohe Zustimmung erhalten hat, ist unbestritten. Auch die Modifikationen des 11. Protokolls konnten den EGMR nicht vor einer regelrechten Klage-Flut bewahren. So waren im Januar 2011 139.650 (2.381)[18] Beschwerden anhängig, von denen im Jahr 2010 61.300 (1.683) einem Spruchkörper zugewiesen wurden. Im Gegensatz zu diesen hohen Fallzahlen hat der EGMR im Jahr 2010 nur 2.607 (36) Urteile gefällt und mehr als 38.500 Beschwerden abgewiesen. Von den 36 Urteilen, die in Verfahren gegen Deutschland gefällt wurden, wurde bei 29 Urteilen ein Verstoß gegen ein Schutzrecht der EMRK festgestellt. Insgesamt sprach der EGMR in der Zeit seines Bestehens von 1959 bis 2010 13.697 (193) Urteile. Von den Urteilen die in Verfahren gegen Deutschland gefällt wurden, stellte der EGMR 128 Verstöße gegen die EMRK fest, darunter zwei Verstöße gegen Artikel 3 (Unmenschliche oder erniedrigende Behandlung).[19]

Folgende Zahlen verdeutlichen den enormen Anstieg an Beschwerden im Laufe der Jahrzehnte: 1955 sind 138 Beschwerden gezählt worden, 1985 waren es 600 und 2005 schon 41.500.[20] Von den insgesamt 13.697 Urteilen wurden vom EGMR und der EKMR bis zum Inkrafttreten des 11. Protokolls am 01.11.1998 837 Urteile gefällt. Die übrigen 12.860 Urteile wurden in der Zeit von 1998 bis 2010 vom ständigen EGMR ausgesprochen. Allein seit dem Inkrafttreten des 11. Protokolls hat sich die Zahl der Beschwerden pro Jahr jeweils um etwa ein Drittel erhöht.[21]

Gründe für diesen exponentiellen Anstieg sind zum einen die steigende Zahl an Mitgliedsstaaten der EMRK und zum anderen das immer größer werdende Vertrauen in den EGMR sowie die zunehmende Popularität des Kontrollsystems in den Vertragsstaaten.[22]

Antworten auf diese Problematik will man mit dem zuletzt verabschiedeten 14. Protokoll finden. Das Verfahrensrecht soll in diesem dahingehend geändert werden, dass der EGMR „(…) seine Effizienz (…) steigern und seinen Rückstand bei der Bearbeitung der eingereichten Beschwerden (…) beheben“ [23] kann. In der Präambel des 14. Protokolls heißt es, dass die Mitgliedsstaaten das Protokoll unterzeichnen, weil „(…) es dringend erforderlich ist, einzelne Bestimmungen der Konvention zu ergänzen, um insbesondere in Anbetracht der stetigen Zunahme der Arbeitslast des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Ministerkomitees des Europarats die langfristige Wirksamkeit des Kontrollsystems zu wahren und zu verbessern“ und weiter „(…) dass der Gerichtshof weiterhin seine herausragende Rolle beim Schutz der Menschenrechte in Europa spielen kann“.

Desweiteren wurde mit dem 14. Protokoll die Voraussetzung für den Beitritt der EU in die EMRK geschaffen (Art. 59 II).

2.2 Die EMRK als Teil des allgemeinen Völkerrechts

Der EGMR hat festgestellt, dass die EMRK keineswegs ein „self-contained regime“[24] ist, sondern vielmehr Teil des allgemeinen Völkerrechts.[25] So ist die EMRK soweit möglich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Völkerrechts auszulegen. Die relevanten Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (WVÜ) bilden hierfür die Grundlage.[26] So definiert der EGMR die Begriffe der EMRK auch unter Berücksichtigung anderer Normen des Völkerrechts, der Auslegung dieser durch die jeweiligen Organe sowie ihre Auslegung in der Praxis der Mitgliedsstaaten. Ergibt sich hierbei ein Konsens, kann der EGMR diesen im Einzelfall in seine Erwägungen zur Auslegung der EMRK mit einbeziehen.[27]

Überdies ist die EMRK gegenüber den nationalen Rechtsordnungen „autonom“[28] auszulegen. Da sie ein Menschenrechtsvertrag ist, ist sie als „living instrument“ zu sehen[29], d.h. auch, dass der historischen Interpretation eine nur relativ geringe, subsidiäre Bedeutung zukommt.[30]

2.3 Die EMRK und das Recht der Europäischen Union

Die EMRK steht nicht nur mit dem innerstaatlichen Recht ihrer Mitgliedstaaten in einem wechselseitigen Verhältnis, sondern ist auch mit dem Recht der EU eng verflochten. Zwar ist die EU nicht Mitglied der EMRK, doch sind dies all ihre Mitgliedsstaaten. Da diese somit an die EMRK gebunden sind, gewinnt diese im Unionsrecht immer mehr an Einfluss. Es gibt aber noch engere Verflechtungen. Am deutlichsten ist die Verbindung in Art. 6 EU-Vertrag[31] zu erkennen. So sind gem. Art. 6 III EU-Vertrag „die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind“ schon jetzt Bestandteil des Unionsrechts.

In Art. 6 II EU-Vertrag wurde die Voraussetzung für einen Beitritt der EU zur EMRK geschaffen. Da die EMRK wie schon erwähnt ihrerseits die Basis für die Aufnahme der EU mit dem 14. Protokoll geregelt hat, wäre ein Beitritt der EU zur EMRK seit dem 01.06.2010 möglich.

Die EMRK hat auch bei der Erstellung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) eine große Rolle gespielt. Dies bestätigt sowohl die Entstehungsgeschichte der GRC als auch der Wortlaut vieler Rechte der Kapitel I, II und III der GRC.[32] Das Verhältnis zwischen EMRK und GRC ist in den Art. 52 und 53 GRC festgelegt. Dort werden Regelungen für etwaige Konfliktfälle getroffen.

2.4 Die EMRK in den nationalen Rechtsordnungen

Die EMRK verpflichtet die Mitgliedsstaaten zwar zur Befolgung ihrer Grundsätze (Art. 1), regelt aber nicht, wie die Staaten dieser Verpflichtung folgen müssen. Es obliegt den Mitgliedsstaaten, in welchem Rang die EMRK in das innerstaatliche Rechtssystem einfließen soll. In der deutschen Rechtsordnung hat die EMRK durch die Zustimmung des Gesetzgebers[33] den Rang eines einfachen Gesetzes gem. Art. 59 II GG eingenommen.

2.4.1 Die Rechtslage in Deutschland

Zwar nimmt die EMRK in der deutschen Rechtsordnung formell „nur“ den Rang eines einfachen Bundesgesetzes ein, doch ist sie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei der Auslegung der deutschen Grundrechte im materiellen Sinne zu berücksichtigen. Auch die Rechtsprechung des EGMR wird bei der Auslegung von Grundrechten und rechtstaatlichen Grundsätzen als Orientierung verwendet.[34]

Prüfungsmaßstab bei einer Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr. 4a GG) bleiben aber allein die Grundrechte des Grundgesetzes.[35] Dementsprechend bestätigte das BVerfG mit Beschluss vom 14.10.2004 auch, dass die EMRK „kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab“[36] ist.

Durch den subsidiären Grundrechtsschutz der EMRK ist der nationale Grundrechtsschutz als vorrangig zu betrachten; der EMRK-Rechtsschutzmechanismus greift nur nachrangig als „Sicherheitsnetz“. Aus diesem Grundsatz entstehen das Günstigkeitsprinzip (Art. 53), die Zulassungsvoraussetzungen einer Beschwerde vor dem EGMR (Art. 35 I), der Beurteilungsspielraum für nationale Behörden sowie die oftmals richterliche Zurückhaltung des EGMR.[37]

2.4.2 Rechtskraftwirkung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)

Wird ein Urteil des EGMR formell rechtskräftig, erlangt es gleichzeitig materielle Rechtskraft. Es entfaltet für die Parteien des Verfahrens somit völkerrechtliche Bindungswirkung (Art. 46 I).

Gibt der EGMR einer Beschwerde statt, ist die Verletzung eines der in der EMRK gesicherten Rechte bindend festgestellt.[38] Die weiteren Rechtsfolgen sind in der Konvention nicht vollständig geregelt. Nächstliegende Rechtsfolge ist, dass der verurteilte Staat nicht mehr behaupten darf, konventionsgemäß gehandelt zu haben.[39] Zudem wird der Vertragsstaat verpflichtet, die Konventionsverletzung zu beseitigen. Für die in der Vergangenheit eingetretenen Folgen der Verletzung hat der Staat eine Wiedergutmachung zu leisten.[40]

Zur Beendigung der Verletzung sind diejenigen Maßnahmen zu treffen, die im jeweiligen innerstaatlichen Recht notwendig sind, um die vom EGMR festgestellte Verletzung abzustellen.[41] Dauert die Verletzung noch an, ist von einer Beendigungspflicht auszugehen.[42] Es bleibt jedoch Sache der beteiligten Staaten, durch welche Maßnahmen sie das Urteil umsetzen.[43] Gelegentlich werden vom EGMR jedoch konkrete Maßnahmen bezeichnet[44] oder empfohlen,[45] die zur Beendigung der Konventionsverletzung geeignet sind.

Durch seine Entscheidungen kann der EGMR auch innerstaatliche Gesetze für konventionswidrig befinden. Wie in einem solchen Falle vorzugehen wäre, hat das BVerfG noch nicht entschieden.[46]

Für die restlichen Vertragsstaaten entfaltet das Urteil lediglich Orientierungswirkung. Man spricht in diesem Falle auch von einer „indirekten Wirkung“[47] oder „Präjudizwirkung“[48] der Urteile. Die unbeteiligten Mitgliedsstaaten werden auf diesem Wege dazu angehalten, ihre eigene Rechtsordnung einer Überprüfung und ggf. einer Anpassung gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu unterziehen.[49]

Die Bindungswirkung für Urteile bei denen Deutschland Partei des Verfahrens ist, ergibt sich aus den Konventionsbestimmungen i. V. m. dem Zustimmungsgesetz sowie aus dem Rechtstaatprinzip (Art. 20, 59 II GG i. V. m. Art. 19 IV GG).[50] Die Bindungswirkung erstreckt sich über sämtliche institutionellen Glieder staatlicher Gewalt. D.h., dass alle Organe die Verpflichtungen aus dem Urteil in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich erfüllen müssen.

Die Urteile des EGMR haben keine kassatorische Wirkung, sie können weder Verwaltungsakte, noch Urteile oder Rechtsnormen aufheben. Auch an einem innerstaatlichen Urteil, welches die Konventionsverletzung ausgelöst hat, ändern Urteile des EGMR nichts.

Eine Aufhebung kann somit von der innerstaatlichen Justiz nur durch Wiederaufnahme des Verfahrens geschehen.[51]

Das Kontrollsystem der EKMR ist dreigliedrig aufgebaut. So wie der EGMR die Einhaltung der EMRK überwacht, erfolgt die Überwachung der Durchführung der vom EGMR erlassenen Urteile durch das Ministerkomitee (Art. 46 II). Seit dem 14. Protokoll steht dem EGMR die Kompetenz zu, seine eigenen Urteile auf Antrag des Ministerkomitees auszulegen (Art. 46 III). Weiter wird in Art. 46 IV und V ein Verfahren für Fälle eingeführt, in denen der verurteilte Mitgliedsstaat seiner Plicht nach Art. 46 I nicht nachkommt.

2.5 Einschub 1: Die EMRK und der EGMR - Zwei wirksame Instrumente?

Ist die vorgestellte EMRK mit dem EGMR und seinen Entscheidungen dazu geeignet, Einfluss auf die deutsche Rechtsordnung zu nehmen und diese möglicherweise in einem gewissen Teil auch zu lenken? Dies hängt nicht nur von der EMRK ab, sondern auch von dem Verhältnis zu den innerstaatlichen Gerichten wie dem BVerfG. Mit seiner völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes und der Berücksichtigung der Urteile des EGMR trägt das BVerfG dazu bei, dass die EMRK ihre Wirkung auch in Deutschland entfalten kann.[52]

Die Urteile des EGMR sind nicht nur dafür geeignet, Missstände in Einzelfällen zu beheben, sondern wirken sich auch auf ähnliche Parallelfälle aus. Ist eine Konventionsverletzung festgestellt worden, bedeutet dies für ähnliche Fälle, dass diese wegen ihrer Gleichartigkeit ebenso konventionswidrig sind. Aus der Bindungspflicht eines Urteils ist also auch eine „Nichtwiederholungspflicht“ anzunehmen.[53] Die Urteile des EGMR sind demnach dazu geeignet, Menschenrechte in präventiver Form zu schützen und weitere, ähnliche Verletzungen zu vermeiden.

Der Apparat des EGMR kann jedoch nur funktionieren, wenn sein elementares Instrument - der Individualrechtsschutz durch die Individualbeschwerde - gewährleistet ist. Deshalb muss der angesprochenen Arbeitslast des EGMR entgegengewirkt werden. Eine überlastete Institution ist selten dazu im Stande, ihre mögliche „Höchstleistung“ bringen. Die Qualität darf nicht unter der riesigen Quantität der anhängigen Beschwerden leiden.

Mit der EMRK besteht nun seit 60 Jahren ein regionales Menschenrechtsinstrument, welches durch diverse Protokolle im Wandel der Zeit modifiziert wurde. Dies muss in Zukunft fortgesetzt werden, ganz im Sinne eines „living instruments“. Nur unter den aufgezeigten Feststellungen kann die EMRK ihre bisherige „Erfolgsgeschichte“ fortsetzen.

Schon in der ersten Fassung war das Verbot der Folter elementarer Bestandteil der Konvention. Im folgenden Kapitel wird dieses „Europäische Verbot der Folter“ näher veranschaulicht.

3 Das europäische Verbot der Folter

3.1 Historischer Kontext

Die Bekämpfung der Folter ist nicht nur ein Problem in der Zeit des 21. Jahrhunderts. Vielmehr reicht die Praxis, Menschen durch das Zufügen von physischen und psychischen Schmerzen zu bestimmten Aussagen oder Handlungen zu zwingen bis weit in die Frühzeit der Menschheit zurück und durchzieht sich durch nahezu alle geschichtlichen Epochen. Da das Verbot der Folter nach Art. 3 sowie auch andere völkerrechtliche Verbote der Folter letztendlich auch als Ergebnis dieses Jahrhunderte andauernden Kampfes gegen die Anwendung von Folter angesehen werden können, sollen an dieser Stelle die historischen Spuren der Folter beleuchtet werden.

Im europäischen Raum wurde die Anwendung von Folter bereits von den Römern zu einer umfangreichen Rechtsdoktrin ausgestaltet.[54] Meist waren die Gefolterten Angehörige unterer Schichten wie bspw. Sklaven, Leibeigene oder Gefangene. Nach dem Niedergang des römischen Reiches im späten 5. Jahrhundert wurde die Anwendung von Folter von den germanischen Stämmen im deutschsprachigen Raum übernommen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden immer wieder neue Praktiken und Verfahren der Folteranwendung. Die Folter ging meist von der Obrigkeit, der Gerichtsbarkeit oder den kirchlichen Inquisitoren aus.[55]

Klar ist aber auch: Seitdem Folter angewandt wurde, standen ihr auch Gegner und Kritiker entgegen. So gingen schon 1496/97 Beschwerden beim Reichstag von Lindau ein. Es wurde über die Justizwillkür vieler Obrigkeiten geklagt. Um diese Beschwerden aufzuklären, wurde eine Kommission eingerichtet, deren Aufgabe es war, Vorschläge für eine reichsweite Regelung des Strafprozesses auszuarbeiten.[56] Die Constitutio Criminalis Carolina oder auch Peinliche Halsgerichtsordnung Karls V.[57] entstand infolgedessen 1532 als erstes deutschsprachiges Gesetz, welches Regelungen über die Anwendbarkeit von Folter in Strafverfahren enthielt. Ende des 18. Jahrhunderts folgten weitere Verbote in ganz Deutschland.[58] Im Herrschaftsgebiet des Papstes wurde die Folter 1815 abgeschafft.[59] Die in ganz Europa erlassenen Verbote bedeuteten aber keineswegs, dass nicht mehr gefoltert wurde. Es entstanden neue, moderne Foltermethoden, welche in Deutschland bis in das 19. Jahrhundert praktiziert wurden.[60] Im 20. Jahrhundert war die Folter zwar aus den Strafgerichten verschwunden, wurde aber von den Nationalsozialisten, den faschistischen Regimen in Italien und Spanien oder der Stalin-Diktatur noch systematisch angewandt.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs trat 1948 mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen (AEMR) [61] ein erstes Menschenrechtsdokument in Kraft, welches ein ausdrückliches Bekenntnis zum Verbot der Folter enthält (Art. 5 AEMR). Wie in Kap. 2.1 schon erläutert, entstand daraufhin die EMRK, die am 03.09.1953 in Kraft trat. Das Verbot der Folter (Art. 3) war von Anfang an Bestandteil dieser Konvention.

Um den Bemühungen des Europarats gegen Folter vorzugehen, Nachdruck zu verleihen, wurde das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Strafe (ECPT)[62] entworfen. Dieses trat am 01.02.1989 in Kraft und ist bis heute von 47 Staaten ratifiziert worden. Es basiert auf einem präventiven, nichtgerichtlichen Kontrollsystem. Seitens der Vereinten Nationen trat am 26.06.1987 die UN-Antifolterkonvention[63] in Kraft. Weitere Instrumente der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Folter werden in Kap. 3.3 erläutert.

Dass diese Übereinkommen auch im 20. und 21. Jahrhundert notwendig und wichtig sind, wird beinahe täglich bewiesen. Denn selbst nach dem menschheitsverachtenden 2. Weltkrieg wurde auch von westlichen Staaten (Bsp. Frankreich im Algerien-Krieg 1954-1962 oder die USA in Abu Ghraib / Irak oder in Guantánamo/Kuba)[64] oder aber auch von der DDR[65] weiter gefoltert.

3.2 Artikel 3 EMRK

Das Verbot der Folter sowie unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und Strafe ist innerhalb der EMRK in Artikel 3 festgeschrieben:

Artikel 3 EMRK

Verbot der Folter

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

3.2.1 Allgemeines

Art. 3 EMRK enthält das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bzw. Strafe. Dabei stellen die verschiedenen Eingriffsbereiche von der Folter bis zur erniedrigender Behandlung oder Strafe ein „Kontinuum von Eingriffen abnehmender Schwere“[66] dar, wobei einzelne Handlungen auch simultan unmenschlich und erniedrigend sein können.[67]

Art. 3 ist eine Norm der EMRK, die weder Einschränkungen noch Ausnahmen unterliegt. Dies bekräftigt Art. 15 II, welcher aussagt, dass von Art. 3 in keinem Fall abgewichen werden darf. Dies gilt auch im Kampf gegen Terrorismus und organisierter Kriminalität sowie bei Entführungen.[68] Das Verbot der Folter stellt eine Verkörperung grundlegender Werte demokratischer Gemeinschaften und eine der elementarsten Bestimmungen der Konvention dar.[69] Doch trotz des absoluten Charakters wird Art. 3 als eine der „auslegungs- und konkretisierungsbedürftigsten Bestimmungen der gesamten Konvention“[70] angesehen.

Sucht man im deutschen Grundgesetz nach einem innerstaatlichen Pendant des Art. 3, wird man keine unmittelbar deckungsgleiche Regelung finden. Eher ist das Verbot der Folter im GG implizit in mehreren Artikeln verankert. So weist das Verbot der Folter im nationalen Grundrechtskatalog sowohl einen Bezug zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) als auch zur Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 I 1 GG)[71] auf. Das Verbot der seelischen und körperlichen Misshandlung von Gefangenen (Art. 104 I 2 GG) zielt ebenso auf den Schutzbereich des Art 3. Weitere implizite Verbote der Folter sind neben dem GG außerdem im Strafgesetzbuch (StGB) und in der Strafprozessordnung (StPO) zu finden.[72]

Dem Titel dieser Arbeit entsprechend wird Art. 3 EMRK in diesen Ausführungen vordergründig im Zusammenhang mit der Behandlung Inhaftierter und Festgenommener thematisiert. Nicht behandelt werden etwa die im Zielstaat drohende unmenschliche Behandlung bei Ausweisungen oder Auslieferungen,[73] das „Verschwinden lassen von Angehörigen“,[74] die Diskriminierung als erniedrigende Behandlung[75] oder die Zerstörung der Lebensgrundlage (bspw. von Häusern).[76]

3.2.2 Der Schutzbereich von Artikel 3

„Schutzgut des Art. 3 ist die physische und psychische Integrität der Grundrechtsträger.“[77] Um in den Schutzbereich des Art. 3 zu fallen, muss die Misshandlung aber ein bestimmtes Mindestmaß an Schwere aufweisen; nur dann ist Art. 3 anwendbar.[78] Die Beurteilung der Schwere erfolgt relativ und ist einzelfallabhängig. Die EMRK enthält hierzu keinerlei Definitionen. Sämtliche „Strafen“ (Maßnahmen mit Sanktionscharakter) sowie „Behandlungen“ (alle anderen Formen staatlichen Handelns) unterliegen dem Verbot der Folter nach Art. 3.[79]

Die Intensität bzw. die Schwere der Handlung ist somit entscheidend. Über sie wird nicht nur entschieden, ob die Handlung überhaupt in den Schutzbereich des Art. 3 fällt, sondern auch abgegrenzt, welche Charakteristik sie im Rahmen des Art. 3 einnimmt.

a. Folter

Da der Begriff der Folter in der EMRK selbst nicht definiert ist, orientiert sich der EGMR an der Definition, welche die UN-Antifolterkonvention in Art. 1 I enthält:[80]

„Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck „Folter" jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

Der EGMR hat betont, dass er unter der Berücksichtigung der Fortentwicklung der Menschenrechte und des zunehmend hohen Standards, der im Bereich des Menschenrechtsschutzes gefordert wird, künftig eher dazu bereit wäre, Handlungen als Folter zu bezeichnen, die er früher „nur“ als unmenschlich oder herabwürdigend angesehen hat.[81] Daraus ergibt sich die dynamische Auslegung des Folterbegriffs durch den EGMR.

Doch trägt die Folter immer noch ein besonderes Stigma: Nur Methoden, welche menschenverachtend sind und Leiden von besonderer Intensität und Grausamkeit verursachen, werden vom EGMR als Folter bezeichnet.[82] Die Abgrenzung zur unmenschlichen Behandlung liegt im Grad der Schwere der Misshandlungen.[83]

b. Unmenschliche Behandlung

Als unmenschlich hat der EGMR Handlungen kategorisiert, wenn diese zu erheblichen physischen oder psychischen Leiden führten oder durch sie körperlichen Verletzungen entstehen.[84] Bei der Einstufung der Handlungen spielen im Einzelfall insbesondere die Dauer der Handlung, der Gesundheitszustand sowie das Alter des Betroffenen und die physischen und psychischen Folgen eine bedeutende Rolle.[85] Auch schon die bloße Androhung erheblicher Schmerzen[86] oder die gezielte Erniedrigung und Herabsetzung der Persönlichkeit des Opfers[87] können als unmenschliche Behandlungen angesehen werden.

c. Erniedrigende Behandlung oder Strafe

Die niedrigste Ebene der Abstufung nimmt die erniedrigende Behandlung oder Strafe ein. Bei der erniedrigenden Behandlung steht nicht die Zufügung von Schmerzen im Vordergrund. Vielmehr ist entscheidend, ob der Handlung das Merkmal der Demütigung anhaftet.[88] Eine Behandlung wurde vom EGMR ebenso als erniedrigend eingestuft, wenn der Betroffene durch sie in seiner Menschenwürde verletzt wurde.[89]

3.2.3 Der absolute Charakter von Artikel 3

Der Wortlaut des Art. 3 macht deutlich, dass seine Garantien ohne Vorbehalte gelten. Dies wird durch Art. 15 II bestätigt, durch den Art. 3 ausweislich als notstandsfest deklariert wird. Das europäische Verbot der Folter unterliegt demnach keinen Schrankenvorbehalten sondern besitzt einen absoluten Charakter.[90] Somit ist klar: Fällt eine Handlung in den Schutzbereich des Art. 3, steht zugleich ihre Konventionswidrigkeit fest. Da Rechtfertigungsgründe von Handlungen, die durch Art. 3 geschützt werden, somit nicht existieren, werden diese vom EGMR schon gar nicht geprüft.[91]

Zuletzt hat der Fall „Gäfgen“, welcher sich 2002 in Frankfurt am Main ereignet hat, in Deutschland und über die Grenzen hinaus für eine rege Diskussion über mögliche Ausnahmetatbestände des Art. 3 geführt.[92]

3.3 Weitere völkerrechtliche Folterverbote

Auf völkerrechtlicher Ebene stehen dem Verbot der Folter in der EMRK noch über 25 weitere bei Seite.[93] In diesem Kapitel wird aufgezeigt, welche Übereinkommen von Deutschland ratifiziert wurden und wie sich diese Ratifizierungen auf Deutschland auswirken.

Das in der AEMR (Art. 5) sowie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IP) [94] (Art. 7) verankerte Verbot der Folter entspricht dem Wortlaut nach fast deckungsgleich dem der EMRK.[95] Der geringe Unterschied ist jedoch ohne praktische Bedeutung. Auf der Ebene der Vereinten Nationen wird dies noch durch die UN-Antifolterkonvention und ihrem Vertragsorgan dem Comittee Against Torture (CAT), sowie dem Fakultativprotokoll zur UN-Antifolterkonvention (OPCAT)[96] und dem mit diesem Protokoll eingerichteten Subcommittee on Prevention of Torture (SPT) ergänzt. Das OPCAT sieht ein internationales System vor, welches zur Inspektion von Haftorten geschaffen werden soll. Mit der Unterzeichnung des Protokolls am 20.09.2006 und dem Zustimmungsgesetz zum OPCAT hat sich Deutschland zur Einrichtung von nationalen Mechanismen zur Verhütung von Folter verpflichtet (Art. 3 OPCAT). Diese sollen die Arbeit des SPT ergänzen und unterstützen. So hat am 01.05.2009 die nationale Stelle zur Verhütung von Folter ihre Arbeit aufgenommen.[97] In ihrem ersten veröffentlichten Jahresbericht 2009/2010 teilte die Bundesstelle mit, dass im Berichtszeitraum insgesamt vier Inspektionsbesuche bei der Bundespolizei und zwei bei der Bundeswehr durchgeführt wurden.[98] Mit Amtseinführung zum 24.09.2010 folgte die Länderkommission zur Verhütung von Folter.[99] Die Einrichtungen stellen einen nationalen Präventionsmechanismus dar.

Auf europäischer Ebene gibt es ein solches System mit dem ECPT[100] bereits seit 1989. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf der Verhinderung und Verhütung von Folter. Der eingerichtete CPT ist von den Mitgliedsstaaten ermächtigt, sämtliche Orte aufzusuchen, an denen sich Personen aufhalten, denen die Freiheit entzogen worden ist. An den vielen Gemeinsamkeiten ist zu erkennen, dass das ECPT bei der Entwicklung und Konzeption des OPCAT Pate gestanden hat. Größter Unterschied ist, dass das ECPT neben der Überwachung durch den CPT keinen nationalen Präventionsmechanismus vorsieht.

Durch die Ratifikation des IP´s verpflichtete sich Deutschland, zur periodischen Abgabe eines Staatenberichts. Außerdem ist die Einreichung von Individualbeschwerden durch Personen, die unter deutscher Hoheitsgewalt stehen, ermöglicht worden.[101]

Weitere Folterverbote finden sich im außer-europäischen Völkerrecht bspw. in der Amerikanischen Menschenrechtskonvention (Art. 5 AmMRK), in der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (Art. 5 AfrKMR) oder in der Interamerikanischen Antifolterkonvention (Art. 6).

Im Völkerstrafrecht stellt die Folter einen Völkerrechtsstraftatbestand dar.[102] Zu nennen wären hier die beiden Statute der Ad-hoc-Tribunale: Das IStGH-Statut[103] sowie der Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind[104].

4 Entscheidungen des EGMR

4.1 Rechtssachen, in denen Deutschland eine Verletzung des Artikels 3 nachgewiesen wurde

Die Bundesrepublik Deutschland wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bisher in zwei Fällen für einen Verstoß gegen Art. 3 verurteilt. Im Vergleich zu Fallzahlen anderen Staaten scheint dies auf den ersten Blick für einen Zeitraum von 60 Jahren hinnehmbar zu sein. Festzustellen ist aber, dass die beiden Verurteilungen beide im 21. Jahrhundert liegen. Innerhalb von vier Jahren wurde Deutschland somit zwei Mal wegen einer Verletzung des Art. 3 verurteilt.

In der Rechtssache „Jalloh ./. Deutschland“ stufte der EGMR die Verabreichung eines Brechmittels durch einen Nasenschlauch zum Zwecke der Exkorporation[105] eines Beweismittels als erniedrigende und unmenschliche Behandlung ein.

Weitaus höhere Bekanntheit kommt der Rechtssache „Gäfgen ./. Deutschland“ zu. Hier wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) durch die Androhung von Behandlungen, die in den Schutzbereich des Art. 3 fallen, ein Geständnis entlockt.

In diesem Kapitel wird in getrennter Weise auf eben diese beiden Individualbeschwerden eingegangen. Begonnen wird jeweils mit einer chronologischen Zusammenfassung der Verfahren. Anschließend wird auf die verschiedenen Aspekte der Urteile des EGMR, sowie auf die (abweichenden) Sondervoten der Richter eingegangen. Die Sachverhalte wurden den deutschen Übersetzungen der Urteile entnommen.[106]

Die anschließende Analyse soll aufzeigen, was die Urteile für Deutschland bedeuteten bzw. bedeuten. Was waren die Inhalte und Argumente der ausgelösten Diskussionen? Wie fielen die Reaktionen in Deutschland aus und inwieweit veränderten die Urteile den Umgang mit Festgenommenen in Polizeiverhören? Die Ausführungen werden größtenteils auf die für Art. 3 relevanten Aspekte beschränkt.

[...]


[1] Definition aus Brockhaus, S. 221: „Erzwingung von Geständnissen des Beschuldigten durch Auferlegen körperlicher Qualen.“

[2] BGBl. II 2010 S. 1198.

[3] Definition aus Waadt, Todesschuss und Rettungsfolter, S. 11: „Als Rettungsfolter bezeichnet man die Anwendung von Folter durch eine Amtsperson im Rahmen der Gefahrenabwehr, um eine Person zu einer Aussage zu zwingen, durch die ein bedrohtes Rechtsgut geschützt werden soll.“

[4] Der Europarat stellt ein von 47 europäischen Staaten gebildetes Bündnis dar. Er wurde am 05.05.1949 gegründet und hat seinen Sitz in Straßburg. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die soziale und wirtschaftliche Zusammenarbeit seiner Mitgliedsstaaten zu fördern. Deutschland ist seit 1950 Mitglied.

[5] Art. 1 lit. b und Art. 3 der Satzung des Europarates.

[6] Meyer-Ladewig, EMRK, Einleitung, Rn. 28.

[7] Grote/Marauhn, EMRK/GG, Kap. 1, Rn. 10.

[8] Es ist die Rede von der Europäischen Kommission für Menschenrecht (EKMR).

[9] Die Anerkennung der Staatenbeschwerde ging mit dem Beitritt zur EMRK einher. Für die Anerkennung der Individualbeschwerde und der Unterwerfung unter die Zuständigkeit des EGMR war eine gesonderte Erklärung notwendig (Art. 25 I und Art. 46 I EMRK a.F.).

[10] Ehlers, Europäische Grundrechte, § 1, Rn. 8.

[11] Vgl. Art. 48 EMRK a.F.: Liste der Antragsberechtigten.

[12] Ehlers, Grundrechte, § 1, Rn. 12.

[13] BGBl. II 2009 S. 823 = EuGRZ 2009, S. 417.

[14] Weitere Informationen zum Stand der Ratifikationen der Protokolle unter http://www.egmr.org/emrk/emrk.html (Stand: 03.08.2011).

[15] BGBl. II 1995 S. 579.

[16] Grabenwarter, EMRK, § 8,Rn. 1.

[17] Ibid. § 13, Rn. 20.

[18] Die Angaben in Klammer stehen jeweils für Verfahren, die gegen Deutschland gerichtet sind bzw. waren.

[19] EGMR, Jalloh, Z. 83; EGMR, Gäfgen (GK), Z. 132.

[20] Meyer-Ladewig, EMRK, Einleitung, Rn. 4.

[21] Die Statistiken des EGMR sind abrufbar unter http://www.echr.coe.int/ECHR/EN/Header/Reports+and+Statistics/Statistics/Statistical+information+by+year/ (Stand: 03.08.2011).

[22] Meyer-Ladewig, EMRK, Einleitung, Rn. 4.

[23] Pressemitteilung 140 (2010) des Europarats vom 18.02.2010, abrufbar unter https://wcd.coe.int/wcd/ViewDoc.jsp?Ref=PR140%282010%29&Language=lanGerman&Ver=original&Site=DC&BackColorInternet=F5CA75&BackColorIntranet=F5CA75&BackColorLogged=A9BACE (Stand: 03.08.2011).

[24] Ein “self-contained regime” stellt eine in sich geschlossene Ordnung dar. Dieser Terminus wurde auch vom BVerfG gebraucht (BVerfGE 96, 68, 84); vgl. Simma, NYIL 1985, 111 ff.; Schilling, Menschenrechtsschutz, § 4, Rn. 34.

[25] EGMR, Al-Adsani, Z. 60.

[26] Vgl. EGMR, Golder, Z. 29, hierzu: Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, § 11, Rn. 11 ff.

[27] Schilling, Menschenrechtsschutz, § 2, Rn. 36.

[28] Vgl. Grabenwarter, EMRK, § 5, Rn. 10: „ Autonom bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die (…) verwendeten Begriffe als Begriffe einer eigenständigen Konventionsrechtsordnung von den Rechtsordnungen einzelner Mitgliedsstaaten unabhängig verstanden werden müssen.“

[29] EGMR, Tyrer, Z. 31.

[30] Vgl. Bernhardt, Völkerrechtliche Verträge, S. 120; Simon, L'interprétation judiciaire des traités d'organisations internationales, S. 368 f.; Grabenwarter, EMRK, § 5, Rn. 5.

[31] Fassung aufgrund des am 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon (ABl. EG Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 13).

[32] Grabenwarter, EMRK, § 4, Rn 8.

[33] „Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ vom 07.08.1952 (BGBl. II S. 685); Inkrafttreten der Konvention für die Deutschland gem. Bekanntmachung vom 15.12.1953 (BGBl. 1954 S. 14) am 03.09.1953; Bekanntmachung der Neufassung der Konvention in der Fassung des 14. Protokolls vom 22.10.2010 (BGBl. II 2010 S. 1198).

[34] BVerfGE 74, S. 358, 370; BVerfGE S. 82, 106, 115 .

[35] BVerfGE 10, S. 271,274; BVerfGE S. 64, 135, 157; BVerfGE S. 74, 102, 128.

[36] BVerfG 2 BvR 1481/04, NJW 2004, S. 3407.

[37] Peters, EMRK, § 2, S.10.

[38] EGMR, VGT, Z. 84.

[39] BVerfG 2 BvR 1481/04, NJW 2004, S. 3407.

[40] Diese Verpflichtung geht ebenso aus Art. 46 I hervor. Hierzu: Polakiewicz, Verpflichtungen aus Urteilen des EGMR, S. 97 ff.; Ress, EuGRZ 1996, S. 350, 351.

[41] EGMR, Scozzari u. Giunta, Z. 249; vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 46, Rn.2

[42] EGMR, Assanidze, Z. 198; EGMR, Scordino, Z. 186; vgl. Frowein/Peukert, EMRK, Art.53, Rn.6.

[43] Vgl. EGMR, Papamichalopoulos u.a., Z. 34.

[44] EGMR, Görgülü, Z. 64.

[45] EGMR, Öcalan, Z. 210.

[46] Payandeh, DÖV 2011, S. 382,390.

[47] Frowein/Villiger, HRLJ 1988, S. 23, 40.

[48] Wildhaber, ZSR 1979, S. 229, 335.

[49] BVerfG 2 BvR 1481/04, Z. 2a, NJW 4004, S. 3407, 3409.

[50] BVerfG 2 BvR 1481/04, Z. 3d, NJW 2004, S. 3407, 3409.

[51] Im dt. Strafrecht nur nach § 359 Nr.6 StPO zulässig. In das neu zu eröffnende Verfahren sollen die Inhalte des Urteiles des EGMR mit einfließen. Für Zivil-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialprozesse ist dies nicht möglich; hierzu: Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 153 Nr. 7.

[52] Ständige Rechtsprechung des BVerfG, für alle: BVerfG, 2 BvR 2365/09 = NJW 2011, S. 1931.

[53] Vgl. EGMR, M ./. Deutschland; hierzu: Grabenwarter, JZ 2010, S. 857, 868.

[54] In dieser Doktrin war u.a. geregelt, dass Folter vor allem zum Einsatz gegen Sklaven vorgesehen ist. Folter sollte vor allem zur Geständniserzwingung oder zur Überführung von Mittätern eingesetzt werden. Hierzu: Peters, Folter, S. 42-63; Bahar, Folter, S. 15.

[55] Mehr hierzu in: Zagolla, Im Namen der Wahrheit, S. 25-84.

[56] Schild, Peinliche Frag, S. 85-110.

[57] Einsehbar unter http://www.llv.li/pdf-llv-la-recht-1532__peinliche_halsgerichtsordnung __carolina_.pdf (Stand: 05.08.2011).

[58] Hierzu: Zagolla, Im Namen der Wahrheit, S. 95.

[59] Baldauf, Folter, S. 201.

[60] Zagolla, Im Namen der Wahrheit, S. 100.

[61] Einzusehen unter: www.un.org/depts/german/gruendungsres/grunddok/ar217a3.html (Stand: 07.08.2011).

[62] BGBl II 1989 S. 946.

[63] Amtliche Bezeichnung: „Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984“ (BGBl. II 1990 S. 246), Ratifikation von Deutschland am 01.10.1990.

[64] Hierzu: Bahar, Folter, S. 57 - 179.

[65] Hierzu: Zagolla, Im Namen der Wahrheit, S. 157 - 180.

[66] Schilling, Menschenrechtsschutz, § 9, Rn. 151.

[67] EGMR, Jalloh, Z. 82; EGMR, Güveç, Z. 98.

[68] Vgl. EGMR, Chahal, Z. 79 ff.; EGMR, Ramirez Sanchez, Z. 115.

[69] EGMR, McCann u.a., Z. 147; EGMR, McGlinchey, Z. 63.

[70] Gaede, in: Camprubi, S. 155, 164.

[71] Hierzu Meyer-Ladewig, NJW 2004, S. 981, 982.

[72] Vgl. §§ 340, 343, 240 StGB und § 136a StPO.

[73] Vgl. bspw. EGMR, Saadi, Z. 138 ff.; EGMR, Vilvarajah u.a, Z. 107 ff.; EGMR, Soering, Z. 111.

[74] Vgl. bspw. EGMR, Zypern, Z. 154-158, EGMR, Cicek, Z. 173; EGMR, Kurt, Z. 130-134; EGMR, Taş, Z. 79 f.

[75] Vgl. bspw. EGMR, Zypern, Z. 302-311.

[76] Vgl. bspw. EGMR, Bilgin, Z. 103; EGMR, Dulas, Z. 54 ff.

[77] EGMR, Tyrer, Z. 33; EGMR, Costello-Roberts, Z.30; hierzu: Grabenwarter, EMRK, § 20, Rn. 21.

[78] Villiger, EMRK, Rn. 284.

[79] EGMR, Pretty, Z. 52.

[80] EGMR, Selmouni, Z. 97 ff.; EGMR, İlhan, Z. 85.

[81] EGMR, Selmouni, Z. 101; EGMR, Ilhan, Z. 87, EGMR, Salman, Z. 115; hierzu: Grabenwarter, EMRK, § 20, Rn. 22.

[82] EGMR, Irland, Z. 167; EGMR, V., Z. 71, EGMR, Aksoy, Z. 63; hierzu: Schilling, Menschenrechtsschutz, § 9, Rn. 152.

[83] Alleweldt, Abschiebung bei drohender Folter, S. 19.

[84] EGMR, Jalloh, Z. 68; EGMR, Kalashnikov, Z. 95.

[85] EGMR, Selmouni, Z. 100; EGMR, Price, Z. 24; EGMR, Tastan, Z. 31; hierzu: Grabenwarter, EMRK, § 20, Rn. 23.

[86] EGMR; Gäfgen, Z. 66 und 70.

[87] EGMR, Raninen, Z. 55 ff.

[88] Cassese in: Macdonald/Matscher/Petzold, S. 243.

[89] EGMR, Valasinas, Z. 102; EGMR, Yankov, Z. 104, hierzu: Meyer-Ladewig, NJW 2004, S. 981 ff.; Grabenwarter, EMRK, § 20, Rn. 25.

[90] EGMR, Selmouni, Z. 95 ff.

[91] Vgl. EGMR, Selmouni, Z. 105 f.

[92] EGMR, Gäfgen; EGMR, Gäfgen (GK); ausführlich hierzu in Kap. 4.3.

[93] Eine Zählung kommt einschließlich nicht bindender Erklärungen auf 28 Instrumente: Trechsel, ZEUS 1998, S. 371, 373.

[94] BGBI 1973 II S. 1570, Ratifikation von Deutschland am 17.12.1973.

[95] In den beiden Artikeln wird der Wortlaut des Art. 3 durch das Merkmal der „grausamen“ Behandlung oder Strafe ergänzt.

[96] Amtliche Bezeichnung: Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, BGBl. II 2008 S. 854.

[97] Organisationserlass des Bundesministeriums der Justiz vom 20.11. 2008 (Bundesanzeiger Nr. 182, S. 4277).

[98] Jahresbericht 2009/2010 der Bundesstelle zur Verhütung von Folter, S. 15, einsehbar unter www.bsvf.de unter der Rubrik „Jahresberichte“ (Stand: 01.08.2011).

[99] Per Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 OPCAT vom 25.06.2009 (GBl. BW 2009, S. 681).

[100] Text des Übereinkommen und des erläuternden Berichts abrufbar unter: http://www.cpt.coe.int/lang/deu/deu-convention.pdf (Stand: 15.08.2011).

[101] Die Individualbeschwerde ist erst seit dem Inkrafttreten eines Fakultativprotokolls möglich.

[102] Vgl. Bruha/Steiger, Folterverbot im Völkerrecht, S. 19 ff.

[103] BGBl. II 2000 S.1393; von 116 Staaten ratifiziert (Stand: 01.07.2011).

[104] A/RES/51/160, 16.12.1996; abrufbar in englischer Sprache unter http://untreaty.un.org/ilc/texts/instruments/english/draft%20articles/7_4_1996.pdf (Stand: 15.08.2011).

[105] Durch die Verabreichung von Brech- oder Abführmitteln soll der Mageninhalt einer Person erbrochen oder ausgeschieden werden. So sollen Beweismittel gesichert werden, die sich möglicherweise in diesem befinden.

[106] Im Fall „Gäfgen“ wird der Sachverhalt des Urteils der Großen Kammer (GK) vom 01.06.2010 zugrunde gelegt. Ergänzende Inhalte werden durch gesonderte Quellenangaben ausgewiesen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842833098
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl – Public Managements
Erscheinungsdatum
2014 (März)
Note
1,0
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Titel: Die EMRK und das europäische Verbot der Folter (Art. 3) in der deutschen Rechtsordnung: Wirksame Grenze des staatlichen Umgangs mit Festgenommenen und Inhaftierten?
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