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Versicherungsbetrug in der Sphäre der Vermittler-Kunden-Beziehung: Bestandsaufnahme, Problemfelder und Lösungsmöglichkeiten

©2013 Masterarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Einleitung:
‘Es gibt nur wenige von menschlichem Erfindungsgeist hervorgebrachte Dinge, die das Versicherungsverbrechen an Gefährlichkeit überbieten.’ Mit betrügerischen Absichten zum Ziel waren bereits bei der ältesten Versicherungsart des Mittelalters, der Seeversicherung auf Gegenseitigkeit, sogenannte ‘Sinkreisen’, sehr häufig. Der Sachverhalt, auf betrügerische Art und Weise von den Versicherern Geld zu erlangen, ist über Jahrhunderte gleichgeblieben. Der Versicherungsbetrug als Massendelikt besteht bereits genauso lang wie die Versicherung selbst und stellt somit kein neuzeitliches Phänomen dar.
Nach Angaben des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beläuft sich der durch Versicherungsbetrug entstandene finanzielle Schaden in Deutschland auf etwa vier Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht ungefähr zehn Prozent der gesamten Versicherungsleistungen. Die Dunkelziffer ist allerdings erheblich höher, da ein Versicherer nach einer Schadenzahlung nie sicher feststellen kann, ob ein Anspruch gerechtfertigt oder betrügerisch war. Versicherungsbetrug an sich wird als Straftat verharmlost, da die Gesellschaft den Betrug an Versicherungen häufig als Kavaliersdelikt klassifiziert und Versicherungsbetrug mittlerweile zu einer Art Volkssport geworden ist. Von Versicherungsbetrug sind alle Versicherungssparten betroffen. Im Bereich der Personenversicherung ist die Betrugsproblematik eher von geringer Bedeutung, wohingegen in der Kompositversicherung im Rahmen des Massengeschäfts am häufigsten betrogen wird.
Das betrügerische Erlangen der Versicherungsleistung wurde lange Zeit von der Versicherungswirtschaft als unvermeidbarer Risikofaktor hingenommen. Heute hat Versicherungsbetrug jedoch ein solches Ausmaß angenommen, dass es von großer Bedeutung ist, diesen Faktor bei der Beitragskalkulation zu berücksichtigen. Doch nicht nur Versicherungsnehmer üben betrügerische Handlungen gegenüber den Versicherern aus, auch die Mitarbeiter der Versicherungsunternehmen haben ein Interesse am betrügerischen Verhalten zum Nachteil von Versicherungen. Insbesondere durch Betrugshandlungen der Versicherungsvermittler entstehen erhebliche Nachteile für die Versicherer. [...]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kästner, Sandra: Versicherungsbetrug in der Sphäre der Vermittler-Kunden-Beziehung:
Bestandsaufnahme, Problemfelder und Lösungsmöglichkeiten, Hamburg, Diplomica
Verlag GmbH 2013
PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-3833-8
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2013
Zugl. Universität Leipzig, Leipizig, Deutschland, Masterarbeit, Juli 2013
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http://www.diplom.de, Hamburg 2013
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abkürzungsverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... VI
1 Einleitung ... 1
2 Grundlagen... 3
2.1 Charakterisierung der Kompositversicherung ... 3
2.2 Vermittlertypen in der Versicherungswirtschaft ... 5
2.2.1 Der Versicherungsvertreter ... 5
2.2.2 Der Versicherungsmakler ... 6
2.2.3 Status Quo der Vertriebswege ... 8
3 Versicherungsbetrug
... 9
3.1 Zum Begriff des Versicherungsbetrugs ... 9
3.2 Erklärungsansätze für Versicherungsbetrug ... 11
3.3 Formen des Versicherungsbetrugs ... 13
3.4 Probleme und Folgen des Versicherungsbetrugs ... 15
3.5
Generelle Entwicklungen des Versicherungsbetrugs in der
Versicherungswirtschaft ... 16
3.6 Täter ... 18
4 Versicherungsbetrug durch den Versicherungsnehmer ... 19
4.1 Beweggründe zur Begehung von Versicherungsbetrug seitens des
Kunden ... 19
4.2 Varianten des Versicherungsbetrugs durch den Kunden ... 22
5 Versicherungsbetrug durch den Vermittler ... 24
5.1 Beweggründe zur Begehung eines Versicherungsbetrugs seitens des
Vermittlers ... 24
5.2 Varianten des Versicherungsbetrugs durch den Vermittler ... 28

II
6 Versicherungsbetrug im Zusammenspiel von Vermittler und Kunde 31
6.1 Das Beziehungsgefüge von Kunde und Vermittler ... 31
6.2 Beweggründe und Voraussetzungen der Interessenharmonie beim
Versicherungsbetrug von Vermittler und Kunde ... 32
6.3 Varianten des Versicherungsbetrugs in der Vermittler-Kunden-
Beziehung ... 34
6.4 Lösungsmöglichkeiten zur Prävention, Erkennung und Bekämpfung
von Versicherungsbetrug... 35
6.4.1 Übergreifende Maßnahmen ... 35
6.4.2 Ansatzmöglichkeiten im Vorfeld des Betrugs - präventive
Maßnahmen ... 41
6.4.3 Ansatzmöglichkeiten für Betrugsfälle im Schadensfall ... 46
6.4.4 Maßnahmen und Strategien im Nachgang an den
Versicherungsbetrug ... 49
7 Fazit ... 54
Anhang ... VI
Literaturverzeichnis ... XII

III
Abkürzungsverzeichnis
Aufl.
Auflage
AVAD
Auskunftsstelle über Versicherungs-/Bausparkassenaußen-
dienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V.
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
d.h.
das
heißt
DIHK
Deutscher Industrie- und Handelskammertag
Diss.
Dissertation
et al.
und andere
EG
Europäische
Gemeinschaft
EU
Europäische Union
f. folgende
ff. fortfolgende
GDV
Gesamtverband
der
deutschen Versicherungswirtschaft
GewO
Gewerbeordnung
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
IT Informationstechnologie
IHK
Industrie-
und
Handelskammer
IMD
Insurance Mediation Directive
I.VW
Institut
für
Versicherungswirtschaft
Jg.
Jahrgang
Kfz
Kraftfahrzeug
MiFiD
Markets in Financial Instruments Directive
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
PwC
PricewaterhouseCoopers
S.
Seite
StGB
Strafgesetzbuch
Tsd.
Tausend
URL
Uniform
Resource
Locator

IV
vb
versicherungsbetriebe
(Zeitschrift)
VersVermV Verordnung
über
die
Versicherungsvermittlung und -beratung
Vgl.
Vergleich
VVG
Versicherungsvertragsgesetz: Gesetz über den Versicherungs-
vertrag
VAG
Versicherungsaufsichtsgesetz: Gesetz über die Beaufsichtigung
der Versicherungsunternehmen
VW
Versicherungswirtschaft (Zeitschrift)
z.B.
zum
Beispiel

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vertriebswegeanteile in der Schaden- Unfallversicherung...VI
Abbildung 2: Bedeutung einzelner Vertriebswege...VII
Abbildung 3: Versicherungsdichte der Erstversicherungen bis 2011...12
Abbildung 4: Arten des Versicherungsbetrugs...14
Abbildung 5: Möglichkeiten zum Versicherungsbetrug...VIII
Abbildung 6: Täter von Vermögensdelikten...30
Abbildung 7: Wege der Entdeckung von Betrugsdelikten...49

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Registrierungen im Versicherungsvermittlerregister... X
Tabelle 2: Anzahl der Versicherungsverträge...XI

1
1 Einleitung
,,Es gibt nur wenige von menschlichem Erfindungsgeist hervorgebrachte Din-
ge, die das Versicherungsverbrechen an Gefährlichkeit überbieten."
1
Mit be-
trügerischen Absichten zum Ziel waren bereits bei der ältesten Versiche-
rungsart des Mittelalters, der Seeversicherung auf Gegenseitigkeit, soge-
nannte ,,Sinkreisen", sehr häufig. Der Sachverhalt, auf betrügerische Art und
Weise von den Versicherern Geld zu erlangen, ist über Jahrhunderte gleich-
geblieben. Der Versicherungsbetrug als Massendelikt besteht bereits genau-
so lang wie die Versicherung selbst und stellt somit kein neuzeitliches Phä-
nomen dar.
2
Nach Angaben des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft
(GDV) beläuft sich der durch Versicherungsbetrug entstandene finanzielle
Schaden in Deutschland auf etwa vier Milliarden Euro pro Jahr. Das ent-
spricht ungefähr zehn Prozent der gesamten Versicherungsleistungen. Die
Dunkelziffer ist allerdings erheblich höher, da ein Versicherer nach einer
Schadenzahlung nie sicher feststellen kann, ob ein Anspruch gerechtfertigt
oder betrügerisch war.
3
Versicherungsbetrug an sich wird als Straftat ver-
harmlost, da die Gesellschaft den Betrug an Versicherungen häufig als Kava-
liersdelikt klassifiziert und Versicherungsbetrug mittlerweile zu einer Art
Volkssport geworden ist. Von Versicherungsbetrug sind alle Versicherungs-
sparten betroffen. Im Bereich der Personenversicherung ist die Betrugspro-
blematik eher von geringer Bedeutung, wohingegen in der
Kompositversicherung im Rahmen des Massengeschäfts am häufigsten be-
trogen wird.
4
Das betrügerische Erlangen der Versicherungsleistung wurde lange Zeit von
der Versicherungswirtschaft als unvermeidbarer Risikofaktor hingenommen.
Heute hat Versicherungsbetrug jedoch ein solches Ausmaß angenommen,
dass es von großer Bedeutung ist, diesen Faktor bei der Beitragskalkulation
1
Farny, D. (1959): Das Versicherungsverbrechen, Berlin, S. 11.
2
Vgl. Günther, D. C. (2006): Betrug in der Sachversicherung, Karlsruhe, S. 1.
3
Vgl. Knoll, J. (2011):
Management von Betrugsrisiken in Versicherungsunternehmen,
Univ. Saarbrücken, Diss., S. 31 f.
4
Vgl. ebenda, S. 93 f.

2
zu berücksichtigen.
5
Doch nicht nur Versicherungsnehmer üben betrügeri-
sche Handlungen gegenüber den Versicherern aus, auch die Mitarbeiter der
Versicherungsunternehmen haben ein Interesse am betrügerischen Verhal-
ten
zum Nachteil von Versicherungen. Insbesondere durch Betrugshandlun-
gen der Versicherungsvermittler entstehen erhebliche Nachteile für die Ver-
sicherer.
6
Durch den Vermittlerbetrug werden den Versicherungsunterneh-
men große Schäden zugefügt. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs-
und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) werden die Ver-
sicherer zu einem beachtlichen Teil durch die eigenen Mitarbeiter geschä-
digt.
7
Ein besonders schwieriges Problem für die Assekuranz ist hierbei, dass
der Versicherungsbetrug nicht selten gemeinsam durch den Versicherungs-
vermittler mit seinem Kunden begangen wird.
8
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die aktuelle Situation am deutschen
Versicherungsmarkt in Bezug auf betrügerisches Verhalten von Vermittler
und Kunde zu analysieren und darzustellen sowie mögliche Ansatzpunkte
der Betrugsabwehr und Prävention aufzuzeigen. Des Weiteren soll veran-
schaulicht werden, dass es sich bei Versicherungsbetrug eben nicht um ein
Kavaliersdelikt handelt, wie es häufig verharmlosend dargestellt wird. Dazu
werden im folgenden Abschnitt zunächst grundlegende theoretische Aspekte
beleuchtet, wobei auf den Begriff der Kompositversicherung sowie auf die
Vermittlertypen eingegangen wird. Anschließend wird im dritten Kapitel die
Problematik des Versicherungsbetruges aufgezeigt. Hierbei werden neben
den Einflussfaktoren die Formen und Täter des Versicherungsbetrugs er-
fasst. Im Anschluss daran wird im vierten und fünften Abschnitt auf die Be-
weggründe zur Begehung eines Betrugs und auf die Varianten des Versiche-
rungsbetrugs beim Versicherungsnehmer und beim Vermittler eingegangen.
Nachfolgend befasst sich der vorletzte Abschnitt der Arbeit mit der Problema-
tik des Versicherungsbetrugs im Zusammenspiel von Kunde und Vermittler.
Hierzu werden unter anderem die Beweggründe für Betrugshandlungen von
5
Vgl. Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft (Hrsg.) (1987): Versicherungsbetrug in
der Sachversicherung, München, S. 5.
6
Vgl. Knoll, J. (Management von Betrugsrisiken, 2011), S. 144.
7
Vgl. PwC (Hrsg.) (2012): Wirtschaftskriminalität Versicherungsbranche, Halle-Wittenberg,
S. 20.
8
Vgl. Lescher, G.; Mehmel, M. (2013): Prävention wirkt, in: VW, 68. Jg., S. 41.

3
Vermittler und Kunden erläutert, bevor anschließend ausgewählte Ansätze
zur Betrugsbekämpfung und -erkennung sowie präventive Maßnahmen auf-
gezeigt werden. Abschließend werden in einem Fazit die gewonnen Erkennt-
nisse der Arbeit zusammengefasst. Festzuhalten ist, dass sich die nachfol-
genden Betrachtungen ausschließlich auf das Privatkundengeschäft bezie-
hen. Weiterhin wird darauf verzichtet, betrügerisches Verhalten in der Perso-
nenversicherung darzustellen, da die dort vorliegenden Erscheinungsformen
des Versicherungsbetruges stark von den in der Arbeit aufgezeigten Formen
abweichen.
9
2 Grundlagen
2.1 Charakterisierung der Kompositversicherung
Im vorliegenden Kapitel sollen die versicherungsspezifischen Grundlagen der
Arbeit erläutert werden. Hierfür wird zunächst auf die Rahmenbedingungen
von Kompositversicherungsunternehmen näher eingegangen. Im anschlie-
ßenden Teil soll veranschaulicht werden welche Typen von Versicherungs-
vermittlern im Versicherungsmarkt existieren. Hierbei wird ferner ein Über-
blick zu den jeweiligen Marktanteilen der Vermittlertypen in Deutschland ge-
geben.
Die auch als Schaden- und Unfallversicherung bezeichnete
Kompositversicherung ist nach dem Spartentrennungsprinzip gemäß § 8
Abs. 1a VAG von den anderen Versicherungssparten abzugrenzen. Das be-
deutet, dass in Versicherungsunternehmen, bei denen privates Lebens- oder
substitutives Krankenversicherungsgeschäft betrieben wird, kein
Kompositversicherungsgeschäft betrieben werden darf. Durch den Grundsatz
der Spartentrennung
10
sollen unter anderem die Sparbeiträge und Alterungs-
rückstellungen der Versicherungskunden geschützt werden.
11
Um alle Versi-
cherungsgeschäfte gemeinsam anzubieten, kommt es in der Praxis zur Bil-
dung von Versicherungskonzernen. In den meisten Fällen ist dabei eine Hol-
9
Vgl. Berthold, J. (2005): Der Betrug zum Nachteil von Versicherungen, Hannover, S. 3.
10
Bis ins Jahr 1990 existierten weitere Spartentrennungsgebote. In Folge des EG-Rechts
sind seit dem 30.06.1990 die Kredit- und Rechtsschutzversicherung nicht mehr vom Be-
trieb anderer Versicherungszweige des Kompositversicherungsunternehmens ausge-
schlossen. Farny, D. (2011): Versicherungsbetriebslehre, 5. Aufl., Karlsruhe, S. 120
.
11
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 120 f.

4
dinggesellschaft den rechtlich selbständigen Unternehmen des jeweiligen
Versicherungszweiges voran-gestellt.
12
Häufig sind im
Kompositversicherungsbereich Kombinationen von Sach-, Haftpflicht- und
Kfz-Versicherung vorzufinden.
13
Genau in diesen drei Sparten der
Kompositversicherung werden am häufigsten betrügerische Handlungen
ausgeführt. Die Gründe hierfür werden im weiteren Verlauf der Arbeit darge-
stellt. Nach Angaben des GDV belaufen sich die Betrugsquoten schätzungs-
weise auf 25 Prozent in der Privathaftpflichtversicherung und auf 22 Prozent
in der privaten Hausratversicherung. Im Rahmen der Wohngebäudeversiche-
rung liegt die Quote bei 17 Prozent und in der Kfz-Versicherung werden mit
einer Häufigkeit von etwa sieben bis zehn Prozent betrügerische Handlungen
gegen die Versicherungsunternehmen verübt. Hierbei ist festzustellen, dass
die Betrugsquoten von verschiedenen Einflüssen, wie z.B. der wirtschaftli-
chen Situation abhängen und sich somit im Zeitverlauf ändern.
14
Ferner existieren im Versicherungsgeschäft verschiedene Versicherungsfor-
men. Die beiden Grundformen bestehen aus der Schaden- und der Sum-
menversicherung. Im Rahmen der Schadenversicherung ersetzt der Versi-
cherer lediglich den nachweisbar eingetretenen Vermögensschaden. Im Ge-
gensatz dazu sind bei der Summenversicherung im Schadenfall die vertrag-
lich fest vereinbarten Versicherungsleistungen vom Versicherer zu erbringen.
Unabhängig von der Höhe des tatsächlich eingetretenen Versicherungsfalls
wird die Versicherungssumme an den Versicherungsnehmer ausgezahlt.
Dieser Vorgang wird als abstrakte Bedarfsdeckung bezeichnet und findet
unter anderem in der Lebensversicherung Anwendung. Bei der Schadenver-
sicherung, welche der Kompositversicherung zuzuordnen ist, wird dagegen
vom Prinzip der konkreten Bedarfsdeckung gesprochen.
15
12
Vgl. Wagner, F. (Hrsg.) (2011): Gabler Versicherungslexikon, Wiesbaden, S. 594.
13
Vgl. Günther, D. (2006): Betrug in der Sachversicherung, Karlsruhe, S. V.
14
Vgl. Knoll, J. (Management von Betrugsrisiken, 2011), S. 95.
15
Vgl. ebenda, S. 55.

5
2.2 Vermittlertypen in der Versicherungswirtschaft
2.2.1 Der Versicherungsvertreter
In Deutschland erfolgt der Absatz von Versicherungsprodukten zum größten
Teil über den indirekten Vertrieb.
16
Hierbei ist im Gegensatz zum direkten
Vertrieb zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungs-
nehmer ein Vermittler eingeschaltet.
17
Weiterhin ist festzuhalten, dass in der
Praxis und Theorie eine Vielzahl von Methoden zur Strukturierung der Ver-
triebswege existiert. Die in der Literatur gebräuchlichste Klassifizierung orien-
tiert sich an dem wirtschaftlichen Beziehungsgefüge zwischen Versicherer,
Vermittler und Versicherungsnehmer. Demnach erfolgt eine Einteilung der
Absatzorgane nach unternehmenseigenen, unternehmensgebundenen und
unternehmensfremden Distributionskanälen.
18
Der Versicherungsvertreter, welcher häufig auch als Ausschließlichkeits-,
Einfirmen- oder Konzernvertreter bezeichnet wird, gilt in der Praxis nach wie
vor als eines der bedeutendsten Absatzorgane. Der Versicherungsvertreter
kann unternehmensgebunden oder unternehmenseigen sein.
19
Dem Gesetz
nach ist ein Versicherungsvermittler derjenige, ,,wer von einem Versicherer
oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versi-
cherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen."
20
Gemäß den §§ 84 bis
92 HGB handelt es sich bei dem an das Versicherungsunternehmen gebun-
denen Vermittler um einen rechtlich selbständigen Kaufmann, welcher an
geltende Vereinbarungen laut Vertretungsvertrag gebunden ist. Demnach
darf der unternehmensgebundene Vertreter ausschließlich für einen Versi-
cherer die Versicherungsprodukte vermitteln und muss die Interessen des
Versicherungsunternehmens wahren. Im Gegenzug einer solchen Bindung
übernimmt der Versicherer zu einem gewissen Teil das unternehmerische
Risiko des Vermittlers.
21
Das Berufsrecht des Versicherungsvermittlers ist
gemäß § 34 d GewO erlaubnispflichtig und wird von der zuständigen IHK
16
Vgl. Beenken, M. (2002): Der Versicherungsvertreter als Unternehmer, 3. Aufl., Karlsru-
he, S. 1.
17
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 754.
18
Vgl. Aschenbrenner, M.; Dicke, R. Aschenbrenner, M.; Dicke, R.; et al. (Hrsg.) (2010):
Informationsverarbeitung in Versicherungsunternehmen, Heidelberg, S. 83.
19
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 748.
20
Zinnert, M. (2009): Der Versicherungsvertreter, Karlsruhe, S. 20.
21
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 154, S. 749.

6
erteilt.
22
Die Funktionen des Ausschließlichkeitsvertreters sind vielfältig und
die Hauptaufgabe besteht darin Versicherungsverträge zu vermitteln. Weiter-
hin fallen sowohl die Vertrags- als auch Schadenbearbeitung in den Tätig-
keitsbereich. Die Vergütung der unternehmensgebundenen Absatzorgane
erfolgt teilweise fix, wird allerdings überwiegend variabel in Form einer Provi-
sion ausgezahlt. Zudem stellen die Vergütungen des Vertreters die Umsatz-
erlöse aus den Vermittlungstätigkeiten dar.
23
Inwieweit das Vergütungsmo-
dell der Provisionszahlung zukünftig noch Anwendung findet oder ob die
Entwicklung eher hin zur Honorarberatung tendiert, wird sich in den kom-
menden Jahren herausstellen.
Beim unternehmenseigenen Vermittler handelt es sich um rechtlich und wirt-
schaftlich unselbständige Angestellte im Versicherungsaußendienst.
24
Häufig
tritt diese Form der Versicherungsvermittlung unter der Bezeichnung des In-
spektors auf. Die Angestellten werden beispielsweise als Spezialisten für
Industrieversicherungen oder für Kreditversicherung eingesetzt.
25
Die ange-
stellten Versicherungsvermittler betreuen in den meisten Fällen andere un-
tergeordnete Absatzorgane und sind oft damit beauftragt, neue Versiche-
rungsvertreter für das zugehörige Versicherungsunternehmen zu finden, ein-
zuarbeiten und zu betreuen. Die Angestellten im Außendienst erhalten ein
festes Gehalt, welches häufig durch Provisionen ergänzt wird.
26
2.2.2 Der Versicherungsmakler
Versicherungsmakler, die ein weiteres Absatzorgan der Versicherung dar-
stellen, und wirtschaftlich sowie rechtlich selbstständig sind, werden als
Mehrfach oder Mehrfirmenvertreter bezeichnet.
27
Für den Versicherungs-
makler gilt das ,,Best-Advice-Prinzip", d.h. der Makler handelt nicht im Inte-
resse des Versicherers sondern im Sinne und auf der Seite des Versiche-
rungsnehmers.
28
In jeder Phase des geschäftlichen Kontakts hat der Versi-
22
Vgl. ebenda, S. 153.
23
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 749, S. 775.
24
Vgl. ebenda, S. 747 f.
25
Vgl. ebenda, S. 748.
26
Vgl. Mlynski, M. (1996): Die Struktur des Versicherungsbetriebs, Wiesbaden, S. 7.
27
Vgl. Manfred, L.; Robold, M. (2010): Sachversicherungen für private und gewerbliche
Kunden, Karlsruhe, S. 449.
28
Vgl. Wagner, F. (Hrsg.) (Gabler Versicherungslexikon, 2011), S. 97.

7
cherungsmakler die Pflicht zur Beratung und Aufklärung des Kunden. Für
den Versicherungskunden muss dabei das beste Produkt für die jeweilige
Situation ausgewählt werden. Um dieser Pflicht gerecht zu werden, unterhält
der Makler Geschäftsverbindungen zu verschiedenen Versicherungsunter-
nehmen.
29
Für die Makler bestehen im Gegensatz zum unternehmensge-
bundenen Vermittler keine Tätigkeitspflichten durch einen Vermittlervertrag.
Vielmehr bestehen zwischen dem Versicherungsmakler und dem Versicherer
Maklerverträge, wohingegen zwischen Makler und Versicherungsnehmer,
der als Auftraggeber auftritt, sogenannte Makleraufträge bestehen. Die Ver-
gütung der Versicherungsmakler erfolgt in Form von Provisionen, welche in
allerdings als ,,Makler-Courtagen" bezeichnet werden. Der Vollständigkeit
halber sind an dieser Stelle noch der ,,Captive Broker" und Unternehmen an-
derer Wirtschaftszweige, wie z. B. Autohäuser und Banken, zu nennen. Beim
,,Captive Broker" handelt es sich um rechtlich selbständige Versicherungs-
vermittlungsunternehmen, die häufig in der Rechtsform der GmbH auftreten
und sich im Eigentum von großen Konzernen befinden.
30
Weiterhin ist festzustellen, dass auch Unternehmen anderer Wirtschafts-
zweige Absatzorgane von Versicherungsprodukten sein können. Gemeint ist
an dieser Stelle der ,,Annex-Vertrieb". Beim Annex-Vertrieb vertreibt das Ver-
sicherungsunternehmen seine Versicherungsprodukte über die Distributions-
kanäle eines anderen Unternehmens, wobei das Versicherungsprodukt an
ein anderes Produkt ,,angebunden" ist. Das ist unter anderem bei Händlern
von Kraftfahrzeugen oder Bausparkassen der Fall.
31
Unter dem Direktver-
trieb wird hingegen der Absatz von Versicherungsprodukten über die Infor-
mations- und Kommunikationstechniken, d.h. per Brief, Telefon und Internet,
verstanden. Bei dieser Form des Absatzes von Versicherungen handelt es
sich um einen kostengünstigen Vertriebsweg, da der Absatz zentral vom
Versicherungsunternehmen erfolgt und keine dezentral operierenden Ver-
triebswege eingeschaltet werden müssen.
32
29
Vgl. Andelfinger, V. (2002): Vertriebsweg Makler im Internet-Zeitalter - Die Möglichkeit
der Dritten Integration, Karlsruhe, S. 10.
30
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 750 f.
31
Vgl. ebenda, S. 765.
32
Vgl. Farny, D. (Versicherungsbetriebslehre, 2011), S. 769.

8
2.2.3 Status Quo der Vertriebswege
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass in der Praxis verschiedene
Varianten der Absatzwege zum Einsatz kommen. Während einige Versiche-
rungsunternehmen nur mit selbständigen Vertretern arbeiten, stützen sich
andere Gesellschaften allein auf angestellte Vermittler im Außendienst. Bei
der Vielzahl der Versicherer laufen die Systeme auch nebeneinander.
33
Nach
wie vor wird jedoch die Ausschließlichkeitsorganisation das dominierende
Absatzorgan im deutschen Kompositversicherungsmarkt bleiben. Im Jahr
2011 war die Ausschließlichkeit mit einem Marktanteil von rund 56 Prozent
vertreten. Der Anteil ist jedoch rückläufig, da im Vergleich zum Vorjahr die
Ausschließlichkeit einen Prozentpunkt einbüßte und 2007 der Anteil noch bei
60 Prozent lag (siehe Abbildung 1).
34
Dieser Abwärtstrend ist schon seit eini-
gen Jahren zu beobachten und resultiert aus gegebenen Veränderungen,
wie beispielsweise der zunehmenden Bedeutung des direkten Vertriebs im
Neugeschäft.
35
In Deutschland existieren ca. 249 Tsd. Versicherungsvermitt-
ler, die vorwiegend als Ausschließlichkeitsvertreter oder Makler tätig sind
(siehe Tabelle 1).
36
Im Gegensatz zu den Ausschließlichkeitsvermittlern konnten die unabhängi-
gen Vermittler ihren Marktanteil kontinuierlich ausbauen und mit 24,3 Prozent
festigen. Der Abbildung eins ist des Weiteren zu entnehmen, dass der Ver-
triebsweb über Banken im Bereich der Kompositversicherung nicht zum ori-
ginären Geschäftsmodell zählt. Diesen Sachverhalt erklärt das konstant nied-
rige Niveau bei einem Marktanteil von 8,1 Prozent.
37
Die Versicherungsver-
mittlung über Automobilhersteller bzw. -händler ist leicht gefallen. Im Ver-
gleich zum Vorjahr ist der Marktanteil um weniger als einen Prozentpunkt
zurückgegangen und belief sich 2011 bei 2,2 Prozent. Im Gegensatz dazu
33
Vgl. Mlynski, M. (Struktur des Versicherungsbetriebs, 1996), S. 9.
34
Vgl. o.V. (2012): Komposit: Ausschließlichkeit im Rückwärtsgang, In: ZfV, 63. JG., S.
759.
35
Vgl. Towers Watson (Hrsg.) (2012): Vertriebswege-Survey zur Schaden/Unfallversicher-
ung, URL:
http://www.towerswatson.com/de-DE/Press/2012/11/vertriebswege-survey-zur-schaden-
unfallversicherung, (Abruf: 05.03.2013).
36
Vgl. Statistik DIHK-Homepage (Hrsg.) (2013), URL:
http://www.dihk.de/ressourcen/downloads/versicherungsvermittler-zahlen.pdf,
(Abruf: 28.06.2013).
37
Vgl. Towers Watson (Hrsg.) (Vertriebswege-Survey, 2012).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783842838338
Dateigröße
628 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Versicherungswirtschaft
Erscheinungsdatum
2014 (März)
Note
2,3
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