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Analyse der Auswirkungen einer auf dem Vorschlag der EU-Kommission basierenden Finanztransaktionssteuer auf das Management von Währungstransaktionsrisiken in Unternehmen der deutschen Exportindustrie

©2012 Diplomarbeit 183 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe: Einleitung:
Die Finanzkrise der Jahre 2007/08 und die ihr folgende, immer noch anhaltende Krise in Europa (Stand: August 2012) hat in der internationalen Politik Zweifel hinsichtlich der Effizienz und des (sozio-) ökonomischen Nutzens freier Finanzmärkte aufkommen lassen. Folgten die Politiker der meisten Industrie- und Schwellenländer in den vergangenen Jahrzehnten noch dem neoliberalen Diktat einer möglichst umfassenden Deregulierung der internationalen Finanzmärkte, so werden seit Ausbruch der Finanzkrise wieder Maßnahmen für eine verschärfte Regulierung jener Märkte diskutiert. Die Ende 2011 von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer, die sämtliche von Finanzinstituten betriebenen Wertpapier- und Derivattransaktionen mit einem Steuersatz von 0,1 % auf den Handelswert bzw. von 0,01 % auf den Nominalbetrag belegen soll und v. a. auf die Einschränkung des als destabilisierend angesehenen Hochfrequenzhandels abzielt, stellt eine solche Maßnahme dar. Zwar scheint die ursprünglich vorgesehene europaweite Einführung dieser Steuer im Rahmen einer Richtlinie gescheitert. Mehrere Länder – darunter Deutschland – verfolgen jedoch die Absicht, die Steuer über das Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit dennoch zu implementieren.
Das Vorhaben stößt in Deutschland allerdings nicht nur auf Zustimmung. Als einflussreiche Kritiker der Finanztransaktionssteuer treten v. a. die Finanz- und Wirtschaftsverbände auf. Deren Kritik richtet sich u. a. gegen die vorgesehene Steuerbarkeit von Derivatgeschäften, die auch regelmäßig im Risikomanagement realwirtschaftlicher Unternehmen eingesetzt werden. Insbesondere mit Blick auf verschiedene Steuerüberwälzungsszenarien befürchten die Verbände , dass jene Unternehmen nach Einführung der Finanztransaktionssteuer in deutlichem Ausmaß auf ihnen bisher sinnvoll erscheinende derivative Risikoabsicherungsgeschäfte verzichten könnten, da sich diese aufgrund der steuerinduzierten Verteuerung (subjektiv) nicht mehr lohnten, oder gar auf diese verzichten müssten, wenn sie z. B. von den Anteilseignern mit Blick auf die bei Beibehaltung der aktuellen Sicherungspolitik anfallende Gesamtsteuerlast zu einem Verzicht gedrängt würden.
Auf eine Untermauerung ihrer Thesen mittels Schätzungen, die aufzeigten, wie sehr sich einzelne derivative Sicherungsgeschäfte nach Einführung der Finanztransaktionssteuer schlimmstenfalls verteuern könnten bzw. wie hoch die kumulierte Steuerlast in einem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen von Derivaten, Devisen und Wechselkursen
2.1 Derivate: Definition, Systematisierung, Grundtypen und Einsatzmotive
2.1.1 Definition und Systematisierung von Derivaten
2.1.2 Grundtypen derivativer Finanzinstrumente
2.1.2.1 Forwards
2.1.2.2 Futures
2.1.2.3 Optionen
2.1.2.4 Swaps
2.1.3 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente
2.2 Zur Geschichte des Derivatehandels
2.2.1 Entwicklung des Derivatehandels ab der Renaissance
2.2.2 Entwicklung des Derivatehandels ab den 1970er Jahren
2.3 Devisenmärkte, Wechselkurse und gedeckte Zinsparität
2.3.1 Devisenmärkte und Wechselkurse
2.3.2 Die Bedingung der gedeckten Zinsparität

3 Das Management von Währungstransaktionsrisiken in internationa- len Unternehmen
3.1 Zur Frage der Notwendigkeit der Absicherung von Währungs- transaktionsrisiken
3.2 Instrumente und Strategien des Managements von Währungs- transaktionsrisiken
3.2.1 Instrumente des unternehmensinternen Währungstransak- tionsrisikomanagements
3.2.1.1 Fakturierung in Heimatwährung
3.2.1.2 Netting
3.2.1.3 Matching
3.2.1.4 Leading und Lagging
3.2.2 Grundlegende Sicherungsstrategien des externen Trans- aktionsrisikomanagements
3.2.2.1 Strategie der vollständigen Absicherung
3.2.2.2 Strategie der selektiven Absicherung
3.2.3 Instrumente des externen Transaktionsrisikomanagements
3.2.3.1 Absicherung mittels Devisen-Forwards
3.2.3.2 Absicherung mittels Devisen-Futures
3.2.3.3 Absicherung mittels Devisenoptionen
3.2.3.4 Absicherung mittels Währungs-Swaps
3.3 Das Transaktionsrisikomanagement deutscher Unternehmen
in der Praxis
3.3.1 Strategien und Instrumente des externen Transaktionsma-
nagements deutscher Unternehmen
3.3.2 Instrumente des internen Transaktionsrisikomanagements
deutscher Unternehmen

4 Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Finanz-
transaktionssteuer
4.1 Ziele und Details der vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer
4.1.1 Ziele der vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer
4.1.2 Details der vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer
4.1.2.1 Steuerobjekt und Steuersubjekt
4.1.2.2 Steuerbemessungsgrundlage, Steuersätze und
Steuerpflichtige
4.1.2.3 Beispiele zur Entstehung des Steueranspruchs
4.2 Aktueller Stand bezüglich der Umsetzung des Richtlinienvorschla-
ges in Europa

5 Analyse der Auswirkungen einer auf dem Vorschlag der Europä-
ischen Kommmission basierenden Finanztransaktionssteuer auf
das Management von Währungstransaktionsrisiken in Unterneh-
men der deutschen Exportindustrie
5.1 Abschätzung der Auswirkung einer Finanztransaktionssteuer auf
die Kosten der Wechselkurssicherung in Abhängigkeit von verschie- denen möglichen Steuerszenarien und dem eingesetzten Derivat
5.1.1 Abschätzung der Auswirkung einer Finanztransaktionssteuer
auf die Kosten der Wechselkurssicherung mittels Forwards
5.1.2 Abschätzung der Auswirkung einer Finanztransaktionssteuer
auf die Kosten der Wechselkurssicherung mittels Futures und
deren Attraktivität im Vergleich zu Forwards
5.1.3 Abschätzung der Auswirkung einer Finanztransaktionssteuer auf die Kosten der Wechselkurssicherung mittels Optionen
5.1.4 Abschätzung der Auswirkung einer Finanztransaktionssteuer
auf die Kosten der Wechselkurssicherung mittels Währungs-Swaps
5.2 Abschätzung der aus der steuerinduzierten Verteuerung des Trans-
aktionsrisikomanagements resultierenden kumulierten monetäre Zu-
satzbelastung für ein typisches großes, mittleres und kleines Unter-
nehmen des deutschen Exportsektors
5.2.1 Abschätzung der Zusatzbelastung für ein großes Unterneh-men
5.2.2 Abschätzung der Zusatzbelastung für ein mittleres Unterneh-men
5.2.3 Abschätzung der Zusatzbelastung für ein kleines Unterneh-men
5.3 Diskussion möglicher Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf das Währungstransaktionsrisikomanagement in Unternehmen
der deutschen Exportindustrie

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Payoff-Diagramm eines Forward-Geschäftes

Abb. 2: Payoff-Diagramm eines Future-Geschäftes

Abb. 3: Payoff-Diagramm einer Call-Option

Abb. 4: Payoff-Diagramm einer Put-Option

Abb. 5: Beispiel für die sprunghaft gestiegene Volatilität auf den Devisen-
märkten ab Anfang der 1970er Jahren – USD-Werte gegenüber
DEM, JPYund GBP in den 1960er, 70er und 80er Jahren

Abb. 6: Beispiel für die sprunghaft gestiegene Volatilität auf den Zinsmärk-
ten ab Anfang der 1970er Jahre – Entwicklung der Zinsen für drei-
monatige US-Schatzwechsel und zehnjährige US-Staatsanleihen
sowie des 3-Monats-USD-LIBORS in den 1960er, 70er und 80er
Jahren

Abb. 7: Entwicklung des Nominalvolumens ausstehender börsengehandel-
ter Derivate 1986-2011

Abb. 8: Entwicklung des Nominalvolumens ausstehender außerbörslich
gehandelter Derivate 1998-2011

Abb. 9: Kassakurse am 13.06.2012, 14:19 Uhr

Abb. 10: 3-Monats-Terminkurse am 13.06.2012 um 14:19

Abb. 11: Konzerninterne Zahlungsströme vor Netting

Abb. 12: Konzerninterne Zahlungsströme in Euro (gerundet)

Abb. 13: Ergebnis des multilateralen Nettings mit zentralem Clearing

Abb. 14: Ergebnis des zentralen Matchings

Abb. 15: Ergebnis der Wechselkurssicherung mittels Forward-Kontrakt,
Exporteur

Abb. 16: Ergebnis der Wechselkurssicherung mittels Forward-Kontrakt,
Importeur

Abb. 17: Ergebnis der Wechselkurssicherung mittels Devisenoption(en),
Exporteur

Abb. 18: Ergebnis der Wechselkurssicherung mittels Devisenoption(en),
Importeur

Abb. 19: Ergebnis der Befragung deutscher Unternehmen zu der von ihnen
verfolgten Absicherungsstrategie

Abb. 20: Ergebnis der Befragung deutscher Unternehmen zur Absicherungs-
quote ihrer USD-Netto-Exposure zum Erhebungszeitpunkt

Abb. 21: Ergebnis der Befragung deutscher Unternehmen zu den von ihnen
eingesetzten Währungsderivaten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterschiede zwischen außerbörslich und an Börsen geschlosse- nen Derivatkontrakten

Tabelle 2: Buchungen auf dem Margin-Konto und resultierende Cash-Flows, Exporteur, Long Position

Tabelle 3: Buchungen auf dem Margin-Konto und resultierende Cash-Flows, Importeur, Short Position

Tabelle 4: Steuerinduzierte Verteuerung (absolut und relativ) eines Forward- Geschäfts, Exporteur

Tabelle 5: Steuerinduzierte Verteuerung (absolut und relativ) eines Forward- Geschäfts, Importeur

Tabelle 6: Vergleich der steuerinduzierten Verteuerung (absolut) eines For- ward- und eines Future-Geschäfts, Exporteur

Tabelle 7: Vergleich der steuerinduzierten Verteuerung (absolut) eines For- ward und eines Future-Geschäfts, Importeur

Tabelle 8: Steuerinduzierte Verteuerung (absolut und relativ) eines Options- geschäfts, Exporteur

Tabelle 9: Steuerinduzierte Verteuerung (absolut und relativ) eines Options- geschäfts, Importeur

Tabelle 10: Steuerinduzierte Verteuerung (absolut und in den Zinssatz einge- rechnet) eines Währungs-Swap-Geschäfts

Tabelle 11: Schätzung der aus der steuerinduzierten Verteuerung des Trans- aktionsrisikomanagements resultierenden monetären Zusatzbe- lastung p.a., großes Unternehmen

Tabelle 12: Auswirkung der geschätzten monetären Zusatzbelastung auf den Gewinn, großes Unternehmen

Tabelle 13: Schätzung der aus der steuerinduzierten Verteuerung des Trans- aktionsrisikomanagements resultierenden monetären Zusatzbe- lastung p.a., mittleres Unternehmen

Tabelle 14: Auswirkung der geschätzten monetären Zusatzbelastung auf den Gewinn, mittleres Unternehmen

Tabelle 15: Schätzung der aus der steuerinduzierten Verteuerung des Trans- aktionsrisikomanagements resultierenden monetären Zusatzbe- lastung p.a., kleines Unternehmen

Tabelle 16: Auswirkung der geschätzten monetären Zusatzbelastung auf den Gewinn, kleines Unternehmen

Tabelle 17: Entwicklung des USD/EUR-Kurses in Dreimonatsintervallen, 30. Mai 2010 - 30. August 2012

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Finanzkrise der Jahre 2007/08 und die ihr folgende, immer noch anhaltende Krise in Europa (Stand: August 2012) hat in der internationalen Politik Zweifel hinsichtlich der Effizienz und des (sozio-) ökonomischen Nutzens freier Finanzmärkte aufkommen lassen. Folgten die Politiker der meisten Industrie- und Schwellenländer in den vergangenen Jahrzehnten noch dem neoliberalen Diktat einer möglichst um-fassendenDeregulierungder internationalen Finanzmärkte, so werden seit Ausbruch der Finanzkrise wieder Maßnahmen für eine verschärfteRegulierungjener Märkte diskutiert. Die Ende 2011 von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer, die sämtliche vonFinanzinstitutenbetriebenen Wertpa-pier- und Derivattransaktionen mit einem Steuersatz von 0,1 % auf den Handelswert bzw. von 0,01 % auf den Nominalbetrag belegen soll und v. a. auf die Einschränkung des als destabilisierend angesehenen Hochfrequenzhandels abzielt, stellt eine solche Maßnahme dar.[1]Zwar scheint die ursprünglich vorgeseheneeuropaweiteEinführung dieser Steuer im Rahmen einer Richtlinie gescheitert. Mehrere Länder – darunter Deutschland – verfolgen jedoch die Absicht, die Steuer über das Verfahren der Ver-stärkten Zusammenarbeit dennoch zu implementieren.

Das Vorhaben stößt in Deutschland allerdings nicht nur auf Zustimmung. Als einflussreiche Kritiker der Finanztransaktionssteuer treten v. a. die Finanz- und Wirt-schaftsverbände auf. Deren Kritik richtet sich u. a. gegen die vorgesehene Steuerbarkeit von Derivatgeschäften, die auch regelmäßig im Risikomanagement realwirtschaftlicher Unternehmen eingesetzt werden. Insbesondere mit Blick auf verschiedene Steuerüberwälzungsszenarien befürchten die Verbände[2], dass jene Unternehmen nach Einführung der Finanztransaktionssteuer indeutlichem Ausmaßauf ihnen bisher sinnvoll erscheinende derivative Risikoabsicherungsgeschäfte verzichten könnten, da sich diese aufgrund der steuerinduzierten Verteuerung (subjektiv) nicht mehr lohnten, oder gar auf diese verzichtenmüssten,wenn sie z. B. von den Anteilseignern mit Blick auf die bei Beibehaltung der aktuellen Sicherungspolitik anfallende Gesamtsteuerlast zu einem Verzicht gedrängt würden.

Auf eine Untermauerung ihrer Thesen mittels Schätzungen, die aufzeigten, wie sehr sich einzelne derivative Sicherungsgeschäfte nach Einführung der Finanztrans-aktionssteuer schlimmstenfalls verteuern könnten bzw. wie hoch die kumulierte Steuerlast in einem Geschäftsjahr für ein typisches deutsches Unternehmen wäre, verzichten die Verbände allerdings. Damit ist es für Außenstehende kaum nachvoll-ziehbar, ob die Befürchtungen tatsächlich gerechtfertigt sind.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, für einen der wichtigsten Teilbereiche des Risikomanagements – das Währungstransaktionsmanagement, welches v. a. in Unternehmen der deutschen Exportindustrie von wesentlicher Bedeutung ist – solche Schätzungen vorzunehmen, mithin zu analysieren, wie sehr sich derivative Wäh-rungssicherungsgeschäfte durch die Finanztransaktionssteuer verteuerten könnten und wie hoch die aus der steuerinduzierten Verteuerung dieser Geschäfte resultierende Gesamtsteuerlast für typische deutsche exportorientierte Unternehmen wäre.

Auf Basis der Ergebnisse wird anschließend zu diskutieren sein, ob es in Unternehmen der deutschen Exportindustrie nach Implementierung der Finanztrans-aktionssteuer tatsächlich – „freiwillig“ oder „gezwungenermaßen“ – zu einem umfassenden Verzicht auf die Absicherung von Transaktionsrisiken kommen könnte, wobei ein solcher deutlicher Sicherungsverzicht als Wechsel der Unternehmen von ihrer bisher verfolgten und (subjektiv) als sinnvoll erachteten Sicherungsstrategie zu einer Strategie mit einer niedrigeren Absicherungsquote angesehen wird (Frage-stellung 1).

Des Weiteren soll eruiert werden, ob die Finanztransaktionssteuer, sollte sie keinerlei Auswirkungen auf die Sicherungsstrategie/-quote der Unternehmen haben, zumindest zu anderweitigen Veränderungen im Transaktionsrisikomanagement dieser führen könnte (Fragestellung 2).

Die Untersuchung wird dabei differenziert für mehrere denkbare Steuerszenarien durchgeführt, die sich hinsichtlich der Höhe der Steuerbelastung unterscheiden.

Die Arbeit gliedert sich dabei wie folgt:

In Kapitel 2 werden die komplexen Grundlagen von Derivaten, Devisen und Wechselkursen dargestellt, deren Kenntnis für das Verständnis der Arbeit, in deren Mittelpunkt jaWährungsderivatestehen, unerlässlich ist.

In Kapitel 3 werden die Instrumente des internen sowie die Sicherungsstrategien und Instrumente des externen Transaktionsrisikomanagements von Unternehmen vorge-stellt, deren Kenntnis wiederum Voraussetzung dafür ist, die Untersuchung möglicher Auswirkungen der Finanztransaktionssteuer auf das Transaktionsrisikomanagement in Unternehmen der deutschen Exportindustrie nachvollziehen zu können.

In Kapitel 4 wird das Konzept der von der Europäischen Kommission vorgeschla-genen Finanztransaktionssteuer dargelegt.

Basierend auf Kapitel 4 werden in Kapitel 5 zunächst mögliche Steuerszenarien hergeleitet, bevor die Auswirkung der Finanztransaktionssteuer auf die Kosten derivativer Währungssicherungsinstrumente und die Gesamtsteuerlast für typische große, mittlere und kleine Unternehmen der deutschen Exportindustrie abgeschätzt werden. Auf Basis der Schätzwerte werden anschließend die Fragestellungen der Arbeit diskutiert.

Kapitel 6 fasst die gewonnenen Ergebnisse in kompakter Form zusammen.

2 Grundlagen von Derivaten, Devisen und Wechselkur-sen

2.1 Derivate: Definition, Systematisierung, Grundtypen und Ein-
satzmotive

2.1.1 Definition und Systematisierung von Derivaten

Ein „Derivat“ (der Ursprung des Begriffs liegt im lateinischen Verb „derivare: ableiten“)[3]wird in der Literatur meist sehr allgemein definiert als Finanzinstrument, dessen Wert vom Wert bzw. dem Zustand eines zugrunde liegenden Basiswerts bzw. einer zugrunde liegenden Basisvariable („Underlying“) abhängig ist.[4]Für die vorliegende Arbeit soll jedoch eine präzisere und „engere“ Definition von Derivaten gelten, die weitgehend an Beike/Barckow (2002) angelehnt ist.[5]Demnach ist ein Derivat bzw. ein derivatives Finanzinstrument

- eine zukünftig zu erfüllende (d. h. Derivate sindimmerTermingeschäfte)[6]
- aufTerminmärkten[7]geschlossene vertragliche Vereinbarung
- zwischen zwei oder mehr Parteien
- deren Wert sich in Abhängigkeit vom Wert des zugrunde liegenden Basiswerts bzw. dem Zustand einer zugrunde liegenden Basisvariable ergibt
- ohne dass bei Vertragsabschluss nennenswerte Anschaffungszahlungen erforderlich wären.

Der Unterschied zwischen allgemeiner und hier verwendeter Definition liegt nun darin, dass nach ersterer auch Optionsscheine oder bestimmte Zertifikate (z. B. Index- oder Tracker-Zertifikate) als Derivate anzusehen sind, nach letzterer jedoch nicht, da Optionsscheine und Zertifikate nicht als vertragliche Vereinbarungen auf Terminmärkten entstehen, sondern üblicherweise von Banken in bestimmten Volumina emittiert und als Wertpapiere an Wertpapierbörsen (=Kassamärkten) gehandelt werden.[8]Die definitorische Exklusion der Optionsscheine und Zertifikate von der Gruppe der derivativen Finanzinstrumente erfolgt selbstverständlich nicht willkürlich, sondern im Hinblick auf den an späterer Stelle der Arbeit vorgestellten Vorschlag der Europäischen Kommission (im Folgenden: EU-Kommission) zur Einführung und Ausgestaltung einer Finanztransaktionssteuer (im Folgenden: FTS). Auch in diesem erfolgt eine Differenzierung zwischen Derivaten einerseits und Optionsscheinen/Zertifikaten als handelbare „[...] Wertpapiere [...], die auf dem Wege einer Verbriefung angeboten werden“[9]andererseits, die sich auch in einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung beider Typen von Finanzinstrumenten manifestiert.

Die nun exakt definierten derivativen Finanzinstrumente können im Rahmen einer Grobgliederung zunächstnach dem Vertragsinhaltin unbedingte und bedingte Termingeschäfte und innerhalb beider Kategorien wiederumnach dem Ort des Vertragsabschlussesin außerbörslich („Over-the-Counter“, im Folgenden: OTC) und an Börsen abgeschlossene Kontrakte unterteilt werden.[10]Während bei unbedingten Termingeschäften beide Vertragsparteienverpflichtetsind, das Geschäft zum vereinbarten Termin und zu den vereinbarten Konditionen zu erfüllen, besteht bei bedingten Geschäften für eine Vertragspartei ein Wahlrecht bezüglich der Geschäftserfüllung zum vereinbarten Termin[11], bzw. eine Partei muss die im Vertrag definierte Leistung nur bei Eintritt eines vorher genau definierten Ereignisses erbringen (dies ist bei Credit Default Swaps, im Folgenden: CDS, der Fall).[12]Die Unterschiede zwischen außerbörslich und an Börsen geschlossenen Derivat-kontrakten seien in tabellarischer Form zusammengefasst:[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Grundtypen derivativer Finanzinstrumente

2.1.2.1 Forwards

Ein Forward stellt eine individuelle,außerbörslichgeschlossene vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien dar, in der sich beide Seiten dazuverpflichten

- zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft (Fälligkeitstermin)
- ein bestimmtes Basisobjekt („Underlying“)
- in einer festgelegten Menge
- zu einem festgelegten Preis (vereinbarter Terminkurs)
- von der Gegenpartei zu erwerben („Long-Position“) bzw. an die Gegenpartei zu veräußern (Short-Position)
- oder der Gegenpartei, die sich mit ihrer Position bei Fälligkeit aufgrund der tagesspezifischen Konstellation zwischen vereinbartem Terminkurs und herrschendem Kassakurs im Gewinn befindet, diesen in voller Höhe „bar“ auszuzahlen.[20]

Bei einem Forward-Geschäft handelt es sich also um ein außerbörsliches, unbedingtes Termingeschäft. Das Ergebnis, welches sich aus einem Forward-Geschäft für die beiden Parteien ergibt bzw. ergeben kann, lässt sich anhand eines „Payoff-Diagramms“ grafisch darstellen. Als Basisobjekt sei dabei vereinfachend eine Unze Feingold, als Laufzeit drei Monate und als vereinbarter Terminkurs 1.500 USD[21]angenommen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Payoff-Diagramm eines Forward-Geschäftes

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Beike/Barckow (2002), S. 4 und McDonald (2009), S. 33 f.

Es ist ersichtlich, dass, sollte der Goldkurs in drei Monaten zum Fälligkeitstermin z. B. bei 1.600 USD notieren, der Halter der Long-Position einen Gewinn i. H. v. 100 USD realisiert. Dieser ergibt sich im Sinne eines Geldflusses, wenn der Investor die Feinunze Gold, die er „gerade“ zum Preis von 1.500 USD erworben hat, sofort am Kassamarkt für 1.600 USD weiterverkauft bzw. wenn von vornherein ein Barausgleich festgelegt wurde, der den Halter der Short-Position in diesem Fall dazu verpflichten würde, dem Inhaber der Long-Position die Differenz zwischen herrschendem Kassakurs und vereinbartem Terminkurs zu überweisen (100 USD). Benötigt der Inhaber der Long-Position dagegen das Gold, so ergibt sich für ihn der Gewinn im Sinne einer Ersparnis, da er für die Feinunze, die ihn zum Fälligkeitstermin am Kassamarkt 1.600 USD kosten würde, nur 1.500 USD bezahlen muss. Der Halter der Short-Position dagegen erleidet im beschriebenen Fall einen Verlust, der exakt der Höhe des Gewinnes der Long-Position entspricht, also 100 USD. Dieser ergibt sich wiederum im Sinne eines Geldflusses, falls der Investor nicht im Besitz des Goldes ist (er müsste dann die Feinunze Gold ja für 1.600 USD am Kassamarkt erwerben, erhält dafür vom Inhaber der Long-Position jedoch nur 1.500 USD) bzw. im Falle eines vereinbarten Barausgleichs. Sollte er bereits im Besitz des Goldes sein, resultiert sein Verlust i. H. v. 100 USD „rechnerisch“ aus der Tatsache, dass er die Feinunze für 1.500 USD verkaufenmuss, obwohl er für diese zum selben Zeitpunkt am Kassamarkt 1.600 USD erhielte.

Da aus Forward-Geschäften für beide Parteien in Abhängigkeit von der Kursentwicklung des Underlyings theoretisch „unbegrenzte“ Gewinne bzw. Verluste in gleicher Höhe resultieren können, spricht man davon, dass diese einsymmetri-sches Gewinn- und Verlustprofilbzw. einsymmetrisches Risikoprofilaufweisen.[22]

2.1.2.2 Futures

„Afutures contractis virtually identical to a forward contract“[23]. Die Unterschiede – jene dürften zumindest von „realen“ Marktakteuren tendenziell als etwas weniger „fein“ als von Whaley (2006) suggeriert angesehenen werden – zwischen Futures alsan Terminbörsenund Forwards alsaußerbörslichgeschlossenen, unbedingten Terminkontrakten liegen v. a. (vgl. auch Abbildung 1) in

1) der Standardisierung von Future-Kontrakten hinsichtlich Menge und Qualität des Underlyings, Fälligkeitstermin (für Gold-Futures der Chicago Mercantile Exchange sind, Stand 28.06.2012, z. B. folgende nächste Fälligkeitstermine festgesetzt: 27.07.2012, 29.08.2012, 26.09.2012)[24], Erfüllungsart (Lieferung oder Baraus-gleich), spätestem Liefer- bzw. Überweisungstermin und ggf. Lieferort[25],
2) der Pflicht zur Unterhaltung eines Marginkontos, auf dem täglich Gewinne und Verluste aus der Position (diese ergeben sich aus der Differenz zwischen dem „aktuellen“ Futures-Kurs und dem Kurs, zu dem der Vertrag geschlossen wurde) verbucht werden und auf dem deswegen immer ein bestimmter Sicherheitsbetrag zu halten ist[26],
3) sowie der Möglichkeit, die Position jederzeit vor dem Fälligkeitstermin durch das Eingehen einer Gegenposition „glattzustellen“.[27]

Das (grafische) Gewinn- und Verlust- bzw. Risikoprofil eines Future-Geschäftes ist trotz der genannten Unterschiede dem des Forward-Geschäftes gleich. Abgesehen von der etwas anderen Terminologie muss lediglich dem durch die Möglichkeit der vorzeitigen Glattstellung gegebenen erweiterten „taktischen Spielraum“ durch eine etwas veränderte Abszissenbeschriftung Rechnung getragen werden (für das nachstehende Payoff-Diagramm sei wiederum eine Unze Feingold als Underlying angenommen):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Payoff-Diagramm eines Future-Geschäftes

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Zantow (2007), S. 7.

2.1.2.3 Optionen

Eine Option ist eineentwederindividuell gestaltete,außerbörslichgeschlossene („OTC-Option“)oderstandardisierte,an Börsengeschlossene („Traded Option“) vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien, dem Käufer der Option (Options-inhaber bzw. Inhaber der Long-Position) und dem Verkäufer (Stillhalter bzw. Inhaber der Short-Position).[28]Der Käufer der Option erwirbt mit Abschluss des Vertrages dasRecht

- ein bestimmtes Basisobjekt („Underlying“)
- in einer festgelegten Menge
- zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis (Basiskurs/„Strike Price“)
- genau an (europäische Option)
- bzw. jederzeit bis zu (amerikanische Option)
- einem festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft (Fälligkeitstermin)
- zu erwerben (Kauf- bzw. „Call“-Option)
- bzw. zu veräußern (Verkauf- bzw. „Put“-Option).[29]

Bei Optionsgeschäften handelt es sich also um außerbörslich oder an Börsen geschlossenebedingte Termingeschäfte, denn das Recht des Optionskäufers stellt keine Verpflichtung zur Ausübung derselben dar, er kann die Option auch ohne Ausübung verfallen lassen. Allerdings hat er dem Verkäufer der Kauf- bzw. Verkaufs-option, der seinerseits keinerlei Wahlrechte besitzt und bei Ausübungswunsch des Käufers zur Vertragserfüllung verpflichtet ist, für dieses Recht bereits bei Vertrags-abschluss eine Prämie, den Optionspreis, zu zahlen.[30]Das Ergebnis, welches sich aus dem Abschluss einer europäischen Call- bzw. Put-Option für die beiden Parteien ergibt bzw. ergeben kann, sei wiederum anhand von Payoff-Diagrammen dargestellt. Die Call bzw. Put-Option werde am 28.06.2012 mit einer Laufzeit von drei Monaten geschlossen. Das Underlying sei wiederum eine Unze Feingold. Der vereinbarte Basiskurs betrage 1.500 USD und entspreche dem Kassakurs am 28.06.2012. Die vom Käufer zu zahlende Optionsprämie werde mit 50 USD veranschlagt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Payoff-Diagramm einer Call-Option

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Vuillaume/Obrist/Hirt (2005), S. 114 ff. sowie Zantow (2007), S. 368.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Payoff-Diagramm einer Put-Option

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Vuillaume/Obrist/Hirt (2005), S. 118 ff. sowie Zantow (2007), S. 368.

Der Käufer der Call-Option (Put-Option) wird die Option am Fälligkeitstagnichtausüben, wenn die Option zu diesem Zeitpunktaus dem Geldliegt, der Gold-Kassakurs also unter (über) dem Basiskurs notiert. In diesem Fall besitzt der Call (Put) keinen inneren Wert[31], die Unze Gold kann – sollte der Optionskäufer ein Interesse am Besitz haben bzw. das Gold bereits besitzen und ein Interesse am Verkauf haben – günstiger am Kassamarkt erworben bzw. teurer am Kassamarkt verkauft werden.[32]Der Verlust des Optionskäufers beläuft sich dabei auf die Optionsprämie, die für ihn gleichzeitig den maximalen Verlust aus dem Options-geschäft darstellt.[33]

Liegt die Option am Fälligkeitstag genauam Geld, d. h. entspricht der Gold-Kassakurs genau dem Basiskurs (die Option hat in diesem Fall bereits keinen inneren Wert mehr), so wird ein Käufer der Call-Option (Put-Option), der am Kauf bzw. Verkauf des sich in seinem Besitz befindlichen Goldes zu diesem Datum interessiert ist, bei Nichtberücksichtigung von Transaktionskosten bezüglich der Optionsausübung indifferent sein. Berücksichtigt man jedoch Transaktionskosten, so wird jener Typ von Optionskäufer[34]die Option tendenziell ausüben.[35]

Liegt die Call-Option (Put-Option) am Fälligkeitstagim Geld, d. h. der herrschende Gold-Kassakurs notiert oberhalb (unterhalb) des Basiskurses und die Option weist einen inneren Wert auf, so wird der Käufer die Option auf jeden Fall ausüben.[36]Notiert der Kassakurs zwischen Basiskurs und Break-Even-Kurs (Basiskurs + Optionsprämie bei Call-Option, Basiskurs – Optionsprämie bei Put-Option), so reduziert er durch die Ausübung seinen durch die gezahlte Optionsprämie erlittenen Verlust. Notiert der Kassakurs über (unter) dem Break-Even-Kurs, so erzielt der Optionskäufer durch die Ausübung einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen Kassakurs und Break-Even-Kurs (Differenz zwischen Break-Even-Kurs und Kassakurs).[37]

Da bei Optionsgeschäften der Verlust des Optionskäufers bei aus seiner Sicht negativer bzw. der Gewinn des Stillhalters bei aus seiner Sicht positiver Kursentwicklung des Basisobjekts auf die Optionsprämie beschränkt ist, während bei positiver (negativer) Kursentwicklung für den Käufer (Stillhalter) „unbegrenzte“ Gewinne (Verluste) möglich sind, spricht man davon, dass diese ein asymmetrisches Gewinn- und Verlustprofil bzw. ein asymmetrisches Risikoprofil aufweisen.[38]

Abschließend sei noch kurz auf die Bestimmung der Optionsprämie eingegangen: Die Höhe dieser hängt neben dem Faktor Angebot und Nachfrage v. a. vominneren Wert der Optionbei Vertragsabschluss und derenZeitwertab.[39]Da die Option im Gold-Beispiel bei Abschlussam Geldliegt und somit keinen inneren Wert aufweist, ergibt sich die Prämie von 50 USD ausschließlich aus dem Zeitwert (würde dagegen für den Call ein Basiskurs von z. B. 1.400 USD bzw. für den Put ein Basiskurs von 1.600 vereinbart, so ergäbe sich eine Optionsprämie von etwa 150 USD, da die Option jeweils bereits mit 100 USD im Geld liegt). Der Zeitwert „[...] quantifiziert die Wahrscheinlichkeit, dass [...] die Option bis zum Laufzeitende noch einen inneren Wert aufbauen bzw. einen vorhandenen inneren Wert noch weiter ausbauen kann“[40]und hängt somit von der Länge der Optionslaufzeit, aber auch von anderen Faktoren wie z. B. der Kursvolatilität des Underlyings ab.[41]Der Zeitwert einer Option nimmt mit zunehmender Annäherung an den Fälligkeitstermin progressiv ab, am Ende der Laufzeit beträgt er schließlich Null.[42]

2.1.2.4 Swaps

Ein Swap ist eine außerbörslich geschlossene, (meist) unbedingte vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Parteien über den zukünftigen Tausch von Zahlungs-strömen, wobei entweder fixe gegen fixe oder fixe gegen in Form einer Rechenregel an bestimmte Marktpreise gebundene (variable) Zahlungsströme getauscht werden. Bei Abschluss eines Swaps wird festgelegt, zu welchen Terminen die Zahlungen zu leisten sind und auf welche Art und Weise diese berechnet werden.[43]Die am weitesten verbreiteten (unbedingten) Swap-Kontrakte sind Zinsswaps und innerhalb derer die „Kuponswaps“[44], bei denen sich eine Partei dazu verpflichtet, der Gegen-partei über einen bestimmten Zeitraum hinweg (z. B. fünf Jahre) regelmäßig (z. B. alle sechs Monate) einen vertraglich vereinbarten Festzinssatz auf einen fiktiven Nominalbetrag (z. B. eine Million EUR) zu zahlen, während sie von dieser im Gegenzug jeweils Zinszahlungen zu einem variablen Zinssatz (meist der LIBOR bzw. EURIBOR[45], im Beispiel der 6-Monats-LIBOR bzw. -EURIBOR) erhält.[46]Zu den Zahlungsterminen werden natürlich nur die nach Verrechnung der beiderseitigen Verbindlichkeiten verbleibenden Differenzbeträge überwiesen.

Eine umsatzmäßig nicht unbedeutende[47]Sonderform von Swaps stellen CDS alsbedingteSwap-Kontrakte dar. Ein CDS ist ein Vertrag zwischen zwei Parteien, in dem sich derSicherungsnehmer, der typischerweise einen Kredit (Risikoaktivum) vergeben hat (Kreditnehmer:Referenzschuldner) und sich gegen die daraus resultierenden Risiken absichern möchte, verpflichtet, demSicherungsgeber, der bereit ist diese Risiken zu übernehmen, regelmäßig eine prozentuale Prämie auf den abzusichernden Nominalbetrag (Nennwert x Anzahl desReferenzaktivums, wobei das Referenzaktivum meist eine Anleihe des Referenzschuldners ist[48], z. B. aber auch eine Staatsanleihe dessen Sitzlandes sein kann, um sich gegen das Länderrisiko abzusichern) zu zahlen.[49]Im Gegenzug verpflichtet sich der Siche-rungsgeber, bei Eintritt eines genau definierten Kreditereignisses bezüglich desReferenzaktivums(z. B. Ankündigung von Seiten des Anleiheemittenten, dass er die Anleihen gar nicht oder nur unter Nennwert zurückzahlen wird) dem Sicherungs-nehmer eine wiederum vertraglich genau festgelegte Ausgleichszahlung (z. B. Nominalbetrag – tatsächlicher Rückzahlungswert x Anzahl des Referenzaktivums) zu leisten.

2.1.3 Motive des Einsatzes derivativer Finanzinstrumente

Mittels Derivaten können Risiken vom zugrunde liegenden Basisobjekt abgespalten, getrennt gehandelt und somit leicht über den Markt auf denjenigen Investor transferiert werden, der bereit und fähig ist sie zu tragen.[50]

Derivative Finanzinstrumente ermöglichen somit eine Trennung zwischen der Übernahme des dem Besitz eines Basisobjekts inhärenten Risikos und der tatsäch-lichen Bestandshaltung jenes Basisobjekts.[51]Die Hauptmotive des Abschlusses von Derivatkontrakten sind denn auch

- die Absicherung („Risikoverkauf“) gegen Marktpreis[52]- bzw. Bonitätsrisiken, denen (zukünftig) im Bestand des Marktteilnehmers befindende Basisobjekte unterliegen („Hedging“)
- sowie die gezielte Übernahme („Risikokauf“) solcher Risiken aus spekulativen Gründen (Spekulation), ohne dass sich dabei das risikotragende Basisobjekt zu irgendeinem Zeitpunkt im Besitz des Spekulanten befinden muss.[53]

So könnte z. B. der Inhaber der Short-Position des oben beschrieben Gold-Forward-Kontraktes ein Goldminenbetreiber sein, der in den nächsten Monaten ein Sinken des Goldkurses befürchtet und sich für das in dieser Zeit abzubauende und in drei Monaten zu verkaufende Gold den „aktuellen“ Terminkurs von 1.500 USD pro Feinunze sichern will (Abwälzung des Preisänderungsrisikos: Hedging-Motiv). Es könnte sich aber auch um einen Spekulanten ohne direkten Bezug zum Goldgeschäft, jedoch mit denselben Annahmen bezüglich des zukünftigen Kurs-verlaufes, handeln, der die Differenz zwischen Terminkurs und dem zukünftigen, annahmegemäß niedrigeren Kassakurs vereinnahmen will (absichtliche Übernahme eines Preisänderungsrisikos: Spekulationsmotiv).

Beim Inhaber der Long-Position könnte es sich um einen (industriellen) Goldschmied handeln, der, anders als der Goldminenbetreiber, mit einem Anstieg des Goldkurses in der nächsten Zeit rechnet und sich für den Kauf des für seine nächste Produktionstranche benötigten Goldes den „aktuellen“ Terminkurs von 1.500 USD sichern will. Alternativ kann es sich auch wieder um einen Spekulanten mit derselben Kursprognose handeln. Das Beispiel zeigt auch gut, dass die Gegenpartei eines Hedgers nicht zwingend ein Spekulant sein muss.

Als weiteres Motiv des Einsatzes von Derivaten gilt die Wahrnehmung von Arbitragemöglichkeiten[54], wobei Arbitrage als „das risikolose, gewinnbringende Ausnutzen räumlicher und zeitlicher Preisdifferenzen für gleiche Positionen durch simultane Kauf- und Verkaufstransaktionen [...]“[55] definiert werden kann. Um beim Beispiel des Gold-Forwards zu bleiben: Betrüge der Zinssatz bei Abschluss des Forward-Kontrakts z. B. 4 % p. a. und der Kassakurs 1.470 EUR, so könnte bzw. würde ein Arbitrageur einen Kredit i. H. v. 1.470 EUR aufnehmen, eine Feinunze Gold erwerben und diese sofort per Forward in drei Monaten zum Terminkurs von 1.500 EUR verkaufen. Mit dieser Transaktionsabfolge würde er einen risikolosen Gewinn i. H. v. 1.500 € – 1.470 €

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0,25) = 15,3 € erzielen.[56] Da diese Gewinnmöglichkeit jedoch auch anderen Arbitrageuren nicht verborgen bliebe und diese identische Geschäfte durchführen würden, würde – vereinfachend sei an dieser Stelle ein fixer Terminkurs angenommen – der Goldkassakurs durch die arbitrageinduzierte Nachfrage solange steigen, bis er bei

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seinen „fairen“ i. S. v. keine gewinnbringende Arbitrage mehr zulassenden Wert erreicht hätte.[57]Um Arbitragemöglichkeiten (wenn diese überhaupt auftreten) zu realisieren, muss ein Investor offensichtlich „[...] sehr nahe am Markt sein und rasch reagieren können.“[58]

2.2 Zur Geschichte des Derivatehandels

Der Handel mit Derivaten hat in den vergangenen 40 Jahren ein bemerkenswertes Ausmaß angenommen. Ein Überblick über diese Entwicklung sowie deren Determinanten erfolgt in Kapitel 2.2.2. Zunächst soll jedoch in Kapitel 2.2.1 ein kurzer Rückblick auf die historische Entwicklung des Derivatehandels ab dem 16. Jahrhundert sowie auf das Verhältnis der Öffentlichkeit respektive Politik gegenüber diesem erfolgen. Der Ausgangszeitpunkt der Betrachtung ist dabei nicht willkürlich gewählt.[59]Erstens etablierten sich im Laufe des 16. Jh. in Antwerpen und Amsterdam die ersten Warenbörsen[60], die eine kontinuierliche Preisfeststellung der gehandelten Güter implizierten und damit die Grundlage für einen regelmäßigen Derivatehandel schufen.[61]Zweitens ist der Handel und die Entstehung unterschiedlicher derivativer Finanzinstrumente seit Mitte der Renaissance bereits recht gut durch die Wirtschaftshistorik erforscht, die Kernpunkte der Entwicklung lassen sich so, ohne auf allzu vage Vermutungen zurückgreifen zu müssen, rekon-struieren. Wichtiger im Zusammenhang mit vorliegender Arbeit ist jedoch, dass sich in der Literatur der Historiker viele Belege finden, die aufzeigen, dass die Manifestierung eines aktiven Derivatehandels mit all seinen Facetten eng einher ging mit der spekulativen Nutzung dieser Finanzinstrumente. Diese wurde von Öffentlichkeit und Politik schon damals, wohl zu Recht, für Marktverwerfungen verantwortlich gemacht und immer wieder zu reglementieren versucht. Ein Rückblick auf die Geschichte der Derivate zeigt also vor allem, dass deren (spekulativer) Handel und die Versuche, diesen einzuschränken, nicht erst in unserer Zeit ein viel beachtetes Thema sind und erlaubt es, die aktuell diskutierte FTS, ein zentrales Element dieser Arbeit, in einen historischen Kontext einzubetten.

2.2.1 Entwicklung des Derivatehandels ab der Renaissance

An der in der ersten Hälfte des 16. Jh. entstehenden Antwerpener Warenbörse konnte sich – aus bereits aufgeführten Gründen – erstmals in der Geschichte ein stetiger Handel mit Terminkontrakten auf Waren, v. a. auf Getreide, das sich noch auf dem Seeweg befand, herausbilden. An diesem partizipierten bereits Händler mit rein spekulativen Absichten.[62]Die Möglichkeit zur Spekulation durch Marktteil-nehmer, die an einer Abnahme bzw. einer Lieferung der gehandelten Ware gar nicht interessiert waren, erwuchs dabei v. a. durch das Aufkommen standardisierter Terminkontrakte[63], die den gewinn- oder auch verlustbringenden Verkauf eben dieser an eine dritte Partei vor dem Liefertermin erleichterten. An der Amsterdamer Warenbörse, die sich etwa ab Mitte desselben Jahrhunderts etablierte, wurden bereits Termingeschäfte auf Getreide abgeschlossen, die vom Käufer – nach einer gewissen Zeit und gegen Zahlung einer Prämie – annulliert werden konnten.[64]Diese stellten eine weitere Möglichkeit der Terminmarktspekulation dar und können durchaus als Vorgänger der Optionen betrachtet werden.

Im Jahr 1556 bezichtigte der „Sheriff“ von Amsterdam erstmals Händler, mittels Terminkontrakten den Preis von Getreide in die Höhe zu treiben. Als Konsequenz wurde der Handel mit diesen per Erlass aus Brüssel noch im selben Jahr verboten. Erneute Verbote aus den Jahren 1565 und 1571 belegen jedoch, dass der Terminhandel unvermindert weiterging.[65]

Ein regelmäßiger Handel mit Terminkontrakten existierte derweil nicht nur an den Warenbörsen in Antwerpen und Amsterdam, sondern auch an der 1571 gegründeten Royal Exchange in London.[66]

1602 emittierte die „Verenigde Oostindische Compagnie“ (VOC) in Amsterdam erstmals Aktien, die – die „Technik“ war ja bereits aus dem Warenhandel bekannt – alsbald auch auf Termin gehandelt wurden. 1609/1610 kam es zu einem spekula-tiven „Angriff“ auf die Aktien der VOC durch eine Gruppe von Spekulanten um Isaac Lemaire. Diese verkauften hohe Volumina an Aktien, die sie nicht besaßen, per Termin und verbreiteten anschließend beunruhigende Gerüchte über die Geschäfts-entwicklung der VOC, um den Kurs zu drücken und auf diese Weise Gewinne zu realisieren. Daraufhin wurden solche „nackten“ Leerverkäufe per Termin verboten. Das Verbot wurde in den folgenden Jahren regelmäßig erneuert, konnte den spekulativen Terminhandel jedoch, auch wegen fehlender Härte bei dessen Durch-setzung, nicht unterbinden.[67]So spielten um 1637 Terminkontrakte auf Tulpen-zwiebeln eine wichtige Rolle bei der Entstehung der bekannten Tulpenmanie[68]und Mitte des 17. Jh. hatte sich in Amsterdam bereits ein Markt für Optionen auf Waren und Aktien herausgebildet, wo „[...] puts and calls with regular expiration dates [...]“[69]gehandelt wurden. Gegen Ende des Jahrhunderts existierte schließlich auch in London ein aktiver Optionshandel, hier vornehmlich mit Aktienoptionen.[70]Die Spekulation mit diesen Derivaten spielte wohl eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Südseeblase, die um 1720 platzte. In Folge dessen erließ die britische Regierung 1733 den sog. „Barnards Act“, der den Handel mit Aktienoptionen für illegal erklärte und mit einer Geldstrafe belegte. Ebenso wie sämtliche Bemühungen in Amsterdam, bestimmte spekulative Derivategeschäfte zu unterbinden, sollte sich auch dieser Vorstoß als wenig erfolgreich herausstellen.[71]

Auch in Frankreich fand ab Beginn des 18. Jh. ein zunehmender Handel mit derivativen Finanzinstrumenten statt und auch hier kam es zum bereits aus den anderen Ländern bekannten Wechselspiel aus spekulativen Übertreibungen und Versuchen seitens der Politik, den Derivatemarkt zu regulieren.[72]Von Frankreich ausgehend breitete sich der Derivatehandel im 19. Jh. in Deutschland aus, wo er zunächst erlaubt war, während des Ersten Weltkriegs jedoch verboten wurde.[73]

Fernab von Europa, im japanischen Osaka, entstand im Jahr 1730 die erste „reine“ Terminbörse, an der ausschließlich Kontrakte auf Reis gehandelt wurden. Die standardisierte Ausgestaltung der Verträge und die Organisationsform deren Handels, etwa die Abwicklung über zentrale Gegenparteien in Gestalt von Clearing-Stellen, erinnern bereits stark an den modernen Future-Handel.[74]Allerdings gab es einige Merkmale, die, bei genauer Orientierung an den heute als konstitutiv angesehenen Merkmalen von Futures, die Bezeichnung der damaligen Kontrakte als solche verbieten. Nach Schaede (1990)[75]musste fürjedeeingenommene Position eine dieser fest zugeschriebene „Initial Margin“ bei der Clearing-Stelle hinterlegt werden, die von dieser, außer bei einem Zahlungsausfall, unberührt blieb und „[...] mit dem Kontrakt gehandelt [...]“[76]wurde. Die Marktteilnehmer hatten keine indivi-duellen Konten, auf denen die Ergebnisse der Positionen saldiert wurden. Ergab sich nach dem täglichen „Marking to Market“ ein Verlust, so musste dieser am nächsten Tag in bar an die Clearing-Stelle gezahlt werden. Gewinne führten im Gegenzug zu einer Barauszahlung.

Die erste Börse, an der sich im Laufe der Zeit ein Future-Handel[77]herausbildete, der dessen heutiger Definition gerecht wird, war die 1848 gegründete Chicago Board of Trade (im Folgenden: CBoT). Nach deren Vorbild entstanden bald weitere Terminbörsen, u. a. die New York Cotton Exchange (1870) oder das Chicago Butter and Egg Board (1898), Vorläufer der 1919 gegründeten Chicago Mercantile Exchange (im Folgenden: CME).[78]An der CBoT fand zunächst auch ein Handel mit Optionen statt, dieser wurde seitens der Börse jedoch von Beginn an missbilligt.[79]An den anderen Terminbörsen und an Aktienbörsen waren Optionen wohl ebenfalls nicht unbekannt, jedoch gleichermaßen unerwünscht, denn Poitras (2009) bemerkt: „By the end of the 19th century, all US stock and produce exchanges had banned option trading [...]“[80]. Vollständig unterbunden werden konnte der Handel freilich nicht. Des Weiteren versuchten die Behörden auch die Spekulation mit Futures durch Gesetze einzuschränken. So sah etwa die „Hatch-Washburn Bill“, deren Einführung im letzten Moment scheiterte, die Erhebung einer prohibitiven Steuer auf spekulative Future-Geschäfte vor.

Wie gezeigt, existierte zu Beginn des 20. Jh. bereits ein reger Handel mit verschiedenen derivativen Finanzinstrumenten. In den folgenden Jahrzehnten breitete sich vor allem der Future-Handel an organisierten Terminbörsen auch außerhalb der USA immer weiter aus.[81]Das Handelsvolumen in Derivaten blieb zunächst jedoch, zumindest aus heutiger Sicht, gering: „[...] derivatives markets were small until the 1970s [...]“[82].

2.2.2 Entwicklung des Derivatehandels ab den 1970er Jahren

Der bis zum heutigen Tage anhaltende „Boom“ im Handel mit derivativen Finanzinstrumenten begann in den 1970er Jahren.[83]Die Aufkündigung der Goldbindung des USD durch den damals amtierenden US-Präsident Nixon Ende des Jahres 1971 und der darauf folgende Zusammenbruch des Systems fixer Wechselkurse („Bretton-Woods-System“) 1973[84]„[...] transformed a fixed, relatively predictable foreign exchange market into a market of floating and highly irregular rates“[85]. Zur gleichen Zeit begannen auch die internationalen Zins- und Aktienmärkte eine sprunghaft gestiegene Volatilität aufzuweisen[86], die in den folgenden Jahr-zehnten zur „Normalität“ werden sollte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Beispiel für die sprunghaft gestiegene Volatilität auf den Devisenmärkten ab Anfang der 1970er Jahren – USD-Werte gegenüber DEM, JPY und GBP in den 1960er, 70er und 80er Jahren

Quelle: Remolona (1992), S. 35, basierend auf Daten des “Board of Governors of the Federal Reserve System”

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Beispiel für die sprunghaft gestiegene Volatilität auf den Zinsmärkten ab Anfang der 1970er Jahre – Entwicklung der Zinsen für dreimonatige US-Schatzwechsel und zehnjährige US-Staatsanleihen sowie des 3-Monats-USD-LIBORS in den 1960er, 70er und 80er Jahren

Quelle: Remolona (1992), S. 36, basierend auf Daten des “Board of Governors of the Federal Reserve System”

Die veränderten, wesentlich volatileren Bedingungen auf den Finanzmärkten weckten bei vielen Wirtschaftsakteuren den Bedarf nach Absicherung gegen die hieraus resultierenden „neuen“ – zumindest jedoch stark gestiegenen – Risiken, bei anderen jedoch auch den Wunsch, diese zu spekulativen Zwecken möglichst unkompliziert übernehmen zu können.[87]

Es waren die bereits etablierten US-amerikanischen Warenterminbörsen, die diese latente Nachfrage als Erste bedienten. So führte die CME im Jahre 1972 die ersten Devisen-Futures ein, die CBoT bot ab 1973 – dem Jahr, in dem auch das Optionsbewertungsmodell von Black und Scholes veröffentlicht wurde, welches erstmals die mathematische Bestimmung eines „fairen“ (i. S. v. arbitragefrei) Options-preises ermöglichte[88]– standardisierte und offiziell gehandelte Aktienoptionen an.[89]Ab 1975 begann an derselben Börse der Handel mit Zins-Futures, deren Basis-objekte u. a. US-Schatzwechsel und -Staatsanleihen waren, und Anfang der 1980er Jahre präsentierten gleich mehrere US-Terminbörsen erste Futures auf Aktien-indizes.[90]Die 1980er Jahre markierten mit dem Einstieg großer Banken in das zunehmend lukrativer erscheinende Derivategeschäft auch den Beginn des „moder-nen“ OTC-Handels in seiner heutigen Form. Bereits 1981 wurde auf dem OTC-Markt der erste Zinsswap abgeschlossen, das heute mit Abstand am meisten gehandelte derivative Finanzinstrument war geboren.[91]

Das in den folgenden Jahrzehnten beobachtbare Wachstum des Derivatehandels kann getrost als atemberaubend bezeichnet werden. Getrieben durch Deregu-lierung[92], Computerisierung und daraus resultierender zunehmender Globalisierung und Größe der Finanz-, Waren- und Dienstleistungsmärkte, einer erfindungsreichen Derivateindustrie, die regelmäßig mit Produktinnovationen aufwarten konnte, sowie durch Manager und Mitarbeiter, denen der Einsatz derivativer Finanzinstrumente zunehmend vertraut war, stieg die Nachfrage nach Derivaten kontinuierlich an.[93]So wuchs das Nominalvolumen ausstehenderbörsengehandelterDerivatkontrakte, welches von der Bank for International Settlements (BIS) seit 1986 erfasst wird, von 617,27 Mrd. USD im ersten Jahr der Datenerfassung zwischenzeitlich bis auf 79.087,77 Mrd. USD im Jahr 2007[94]– ein Anstieg um ca. 12.800 % bzw. ein durchschnittliches jährliches Wachstum von ca. 609 %. Im Zuge der Finanzkrise sank das Nominalvolumen auf „aktuell“ (Stand Dezember 2011) 56.563,31 Mrd. USD. Das Nominalvolumen ausstehender außerbörslich gehandelter Derivate wird von der BIS erst seit dem Jahr 1998 erfasst. In diesem Jahr betrug dieses bereits 69.921,94 Mrd. USD, um bis Ende 2011 kontinuierlich – die Finanzkrise schlug sich im OTC-Markt „lediglich“ in deutlich geringeren Zuwachsraten, nicht aber in einem Rückgang des Nominalvolumens nieder – auf 605.152,92 Mrd. USD anzuwachsen. Das „aktuelle“ gesamte Nominalvolumen ausstehender Derivatkontrakte beträgt damit 661.716,23 Mrd. USD, ein Wert, der etwa dem Zehnfachen der Weltwirt-schaftsleistung (Gross World Product) 2011 von 70.160 Mrd. USD[95]entspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Entwicklung des Nominalvolumens ausstehender börsengehandelter Derivate 1986-2011

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Daten der BIS (siehe Fußnote 94)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Entwicklung des Nominalvolumens ausstehender außerbörslich gehandelter Derivate 1998-2011

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Daten der BIS (siehe Fußnote 94)

Indes blieben auch in der jüngeren Geschichte des Derivatehandels weithin Aufmerksamkeit erregende Spekulationsfälle nicht aus. So führten Verluste (823 Mrd. GBP) aus hochvolumigen derivativen Spekulationsgeschäften eines einzigen Händlers 1995 zum Zusammenbruch der bis dahin hoch angesehenen Barings Bank (diese verfügte zum Zeitpunkt des Verlusteintritts als „kleine“ Privat-bank lediglich über Eigenkapital i. H. v. etwa 309 Mrd. GBP).[96]1994 bzw. 1997 trug die Spekulation mit Währungsderivaten (mindestens) zu einer Verschärfung der Mexikokrise bzw. der Asienkrise bei.[97]Der Hedgefonds „Long-Term Capital Manage-ment“ musste, nachdem er sich im Jahr 1998 durch fehlgeschlagene hoch gehebelte Derivatgeschäfte an den Rand des Zusammenbruchs spekuliert hatte[98], von einem durch die US-amerikanische Notenbank einberufenen Bankenkonsortium gerettet werden, um schwerwiegende Auswirkungen auf die Finanzmärkte zu verhindern.[99]Die Kosten der Rettung betrugen 3,63 Billionen USD. Der bekannte Investor Warren Buffett dürfte all diese Fälle im Kopf gehabt haben, als er im Jahresbericht 2002 seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway Derivate in typisch US-amerika-nischer Rhetorik als „[...] financial weapons of mass destruction [...]“[100]und „[...] time bombs, both for the parties that deal in them and the economic system“[101]bezeichnete.

Derivate wurden des Weiteren in mehreren Fällen auch im Rahmen von Markt-preismanipulationen eingesetzt. Belegte Fälle sind z. B. die Manipulation der Welt-marktpreise für Sojabohnen durch das italienische Unternehmen Ferruzzi (1989), die Manipulation des Kupferpreises durch die japanische Sumitomo Bank (1995/96) sowie die Manipulation des Ölpreises durch den britischen Ölhändler Arcadia (2001).[102]

Trotz der teilweise weitreichenden sozioökonomischen Folgen der beschriebenen (und anderer) Spekulations- und Manipulationsskandale reagierte die Politik der Industrie- und Schwellenländer – anders als in früheren Zeiten – nicht mit einer schärferen Regulierung oder sogar einem Verbot des Derivatehandels, sondern setzte weiterhin – ganz im Sinne der Friedmanschen neoliberalen Dogmatik – auf die Selbstdisziplinierung und die ökonomische Effizienz deregulierter Finanzmärkte.[103]

Erst seit dem Ausbruch der verheerenden Finanzkrise im Jahr 2007/08 und der Krise des Euroraums im Jahr 2010 ist die Notwendigkeit einer strengen und umfassenden Regulierung der Finanzmärkte, die u. a. auch eine Eindämmung der Spekulation mit derivativen und anderen Finanzinstrumenten wie Aktien, Anleihen, Zertifikaten oder Optionsscheinen einschließt[104], (wieder) in den Blickpunkt der internationalen Politik gerückt. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene europa-weite FTS, die in Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit näher vorgestellt wird, kann als ein erster, auf eine möglichst umfassende (i. S. v. gleichzeitig die Finanzmärkte mehrerer Länder und eine breite Palette von Finanzinstrumenten betreffende) Ein-schränkung der Spekulation abzielender Reformvorstoß angesehen werden.

2.3 Devisenmärkte, Wechselkurse und gedeckte Zinsparität

2.3.1 Devisenmärkte und Wechselkurse

Unter Devisen versteht man allgemein „[...] auf ausländischen Plätzen zahlbare Zahlungsanweisungen in fremder Währung [...]“[105],insbesondere Sichteinlagen bei Banken („Buchgeld“), Schecks oder Wechsel. Ausländische Geldscheine und Mün-zen zählen dagegen nicht zu den Devisen, sie werden als „Sorten“ bezeichnet.[106]Da Sorten für die vorliegende Arbeit irrelevant sind, werden sie im Folgenden auch nicht weiter beachtet. Sämtliche Ausführungen beziehen sich auf Devisen bzw. den Devisenhandel.

Als Wechselkurs sei hier denn auch das für den Umtausch bargeldloser Zahlungsmittel geltende Austauschverhältnis zweier Währungen[107]definiert, wobei zwischen demKassa-und demTerminkurszu unterscheiden ist.[108]Während Ersterer den Wechselkurs darstellt, der zum herrschenden Betrachtungszeitpunkt t für den sofortigen Umtausch der Währungen gilt, ist Letzterer der Kurs, zu demin tVerträge über den Kauf bzw. Verkauf eines bestimmten Währungsbetragszu einem späteren Termin(z. B. t + 3 Monate) abgeschlossen werden können. Für jeden zukünftigen Termin existiert dabei ein eigener Terminkurs.[109]Die Differenz zwischen Termin- und Kassakurs wird als „Swapsatz“ (positiv: „Report“ oder Terminaufschlag, negativ: „Deport“ oder Terminabschlag) bezeichnet und meist in Prozent [(Terminkurs – Kassakurs) / Kassakurs)] ausgedrückt.

Die Angabe des Kassa- bzw. Terminkurses kann in zwei verschiedenen Notierungen erfolgen.[110]DieMengennotierung, z. B. 1,30 $/€[111](Inlandssicht), gibt an, wie viele Einheiten ausländischer Währung man für eine Einheit inländischer Währung erhält bzw. zu zahlen hat. DerKehrwert der Mengennotierung, hier 0,7692 €/$, stellt diePreisnotierung(Inlandssicht) dar und gibt an, wie viele Einheiten inländischer Währung man für eine Einheit ausländischer Währung erhält bzw. zu zahlen hat. Die Mengennotierung aus Inlandssicht entspricht wiederum der Preisnotierung aus ausländischer Perspektive (ein US-Amerikaner muss 1,30 USD, für ihn Inlandswährung, für einen EUR bezahlen), die Preisnotierung aus Inlandssicht entspricht der Mengennotierung aus Auslandssicht. Die in der Arbeit zu Explikations- bzw. Kalkulationszwecken verwendeten Kassa- und Terminkurse sind, so nicht anders angegeben, stets als Mengennotierung aus deutscher Sicht zu verstehen.

Kassa- und Terminkurse werden, freie Konvertibilität der jeweiligen Währungen vorausgesetzt, durch Devisenangebot und -nachfrage auf demDevisenkassa- bzw. terminmarktdeterminiert.[112]Angebot und Nachfrage auf beiden Märkten resultieren einerseits aus Transaktionen, deren Motiv im Allgemeinennichtder Devisenhandel selbst ist[113](z. B. Waren- bzw. Dienstleistungsexport/-import, Kauf-/Verkauf auslän-discher Wertpapiere, grenzüberschreitende Kreditaufnahme bzw. -vergabe, Direkt-investitionen im Ausland, Bezug von Einkommen in ausländischer Währung), ande-rerseits aus zum Selbstzweck betriebenen Devisengeschäften (unterschiedliche Formen der „reinen“ Devisenspekulation bzw. -arbitrage). Zu Letzteren können auch Zentralbank-interventionen gezählt werden.[114]

[...]


[1] Vgl. EU-Kommission (2011), S. 5 u. 21.

[2] Vgl. z. B. Deutsches Aktieninstitut (2012), S. 4. oder von Rosen (2012), o. S.

[3] Vgl. Rudolph/Schäfer (2005), S. 13.

[4] Vgl. z. B. Hull (2009), S. 24, Stulz (2003), S. 3, McDonald (2009), S. 2, oder Schmidt (2006), S. 1.

[5] Vgl. im Folgenden Beike/Barckow (2002), S. 1-2.

[6] Vgl. Zantow (2007), S. 343.

[7] Unter dem Terminus „Terminmarkt“ seien hier Terminbörsen und der außerbörsliche Derivatemarkt
zusammengefasst.

[8] Vgl. Bösch (2011), S. 106.

[9] EU-Kommission (2011), S. 8.

[10] Vgl. Rieger (2009), S. 20 sowie Schmidt (2006), S. 2.

[11] Vgl. Bösch (2011), S. 32.

[12] Vgl. Schmidt (2006), S. 2.

[13] Die Tabelle ist eng angelehnt an Rudolph/Schäfer (2005), S. 28, sowie Rieger (2009), S. 44.

[14] Bei exakter Betrachtung richten sich die Erfüllungsansprüche des Kunden eigentlich gegen die
Bank, die als Kommissionärin auftritt und den Kundenauftrag an die Börse weiterleitet. Diese hält
dann die Erfüllungsansprüche gegenüber der Börse/Clearing-Stelle. Vgl. Bösch (2011), S. 11 f.

[15] Vgl. Hull (2009), S. 57 f.

[16] Begrifflichkeiten entnommen aus Hull (2009), S. 54.

[17] CDS (für eine kurze Beschreibung dieser Instrumente siehe weiter unten) sind in
dieser Systematik nicht mit erfasst.

[18] Vgl. Bösch (2011), S. 130.

[19] Vgl. Walter (2009), S. 58.

[20] Vgl. Zantow (2007), S. 345, sowie Whaley (2006), S. 4, Rieger (2009), S. 42, und Bösch (2011), S.
124.

[21] Die Kennzeichnung von Währungsbeträgen im Rahmen der Arbeit folgt nachstehender Logik:
innerhalb von Formeln, Rechnungen und Payoff-Diagrammen werden aus Übersichtsgründen
Zeichen (z. B. € oder $) verwendet, wobei $ immer US-$ bedeutet. Im „Fließtext“ dagegen finden
die ISO-4217-Codes Anwendung, also USD, EUR, GBP etc.

[22] Vgl. Rudolph/Schäfer (2005), S. 23, sowie Prätsch/Schikorra/Ludwig (2007), S. 214, hier Abb. 5.1.

[23] Whaley (2006), S. 6.

[24] Quelle: http://www.cmegroup.com/trading/metals/precious/gold_product_calendar_futures.html, auf-
gerufen am 28.06.2012.

[25] Vgl. Rieger (2009), S. 43.

[26] Vgl. Heussinger/Klein/Raum (2000), S. 114 f. Auf eine genaue Beschreibung der Margin-Syste-
ma tik sei an dieser Stelle verzichtet. Diese erfolgt in Kapitel 3.2.3.3 im Rahmen eines Beispiels zur
Wechselkursabsicherung mittels Devisen-Futures.

[27] Vgl. Bösch (2011), S. 128 f.

[28] Vgl. Becker (2007), S. 272 sowie Rudolph/Schäfer (2005), S. 19-22, und Deutsch (2001), S. 58.

[29] Vgl. Heussinger/Klein/Raum (2000), S. 34 f., sowie Benhamou (2007), S. 33 und Rudolph/Schäfer
(2005), S. 19.

[30] Vgl. Bösch (2011), S. 32.

[31] Der innere Wert einer Option zum Betrachtungszeitpunk ergibt sich aus der Differenz zwischen
herrschendem Kassakurs [K(t)] des Basisobjekts und dem Basiskurs (B) (Call) bzw. dem Basiskurs
und dem herrschenden Kassakurs (Put), kann jedoch nie negativ sein. Somit gilt: Innerer Wert
(Call) = max[K(t)-B ; 0]. Innerer Wert (Put) = max[B-K(t) ; 0]. Vgl. Benhamou (2007), S. 33, sowie
Rudolph/Schäfer (2005), S. 22.

[32] Vgl. Heussinger/Klein/Raum (2000), S. 66. Auch spekulative Optionskäufer ohne Interesse an phy-
sischer Lieferung, die logischerweise einen Barausgleich als Erfüllungsart festgelegt haben, wer-
den Optionen, die aus dem Geld liegen, selbstverständlich verfallen lassen.

[33] Vgl. Bösch (2011), S. 36 f. u. S. 44 f.

[34] Spekulative Käufer im obigen Sinne werden eine Option am Geld immer verfallen lassen.

[35] Die Behauptung von Hull (2009), S. 239, dass nur Optionen, die im Geld liegen, ausgeübt werden,
ist nach Meinung des Verfassers der vorliegenden Arbeit kritisch zu sehen.

[36] Vgl. Rieger (2009), S. 50.

[37] Vgl. Vuillaume/Obrist/Hirt (2005), S. 113 f. u. S. 117 f., sowie Bösch (2011), S. 36 f. u. 44 f.

[38] Vgl. Rudolph/Schäfer (2005), S. 17, sowie Prätsch/Schikorra/Ludwig (2007), S. 214, hier Abb. 5.1.

[39] Vgl. Egli (2001), S. 65.

[40] Heussinger/Klein/Raum (2000), S. 67.

[41] Vgl. Beike/Barckow (2002), S. 8 sowie Egli (2001), S. 66.

[42] Vgl. Zantow (2007), S. 7.

[43] Vgl. Hull (2009), S. 194, sowie Schmidt (2006), S. 65.

[44] Vgl. Becker (2007), S. 245, sowie die Statistiken in Kapitel 2.2.2 der vorliegenden Arbeit.

[45] LIBOR: London Interbank Offered Rate. EURIBOR: European Interbank Offered Rate.

[46] Vgl. Bösch (2011), S. 187 f.

[47] Vgl. wiederum die Statistiken in Kapitel 2.2.2 der vorliegenden Arbeit.

[48] Im Falle, dass der Kredit in Form des Erwerbs von Anleihen des Referenzschuldners „vergeben“
wurde, entsprechen sich Risikoaktivum und Referenzaktivum.

[49] Vgl. hierzu und im Folgenden Zantow (2007), S. 382-385, Hull (2009), S. 645 ff., sowie Whaley
(2006), S. 687-690.

[50] Vgl. Zimmermann (2005), S. 69.

[51] Vgl. Rudolph/Schäfer (2005), S. 29.

[52] Unter dem Oberbegriff Marktpreisrisiken lassen sich v. a. Zins-, (Aktien-) Kurs-, Devisenkurs-, Roh-
stoff- und Absatzgüterpreisrisiken zusammenfassen. Vgl. Zantow (2007), S. 382, sowie Rudolph/
Schäfer (2005), S. 26, hier Tabelle 2.1.

[53] Vgl. Durbin (2011), S. 4, Benhamou (2007), S. 23 f., sowie Rudolph/Schäfer (2005), S. 30 f.

[54] Vgl. Hull (2009), S. 38.

[55] Rudolph/Schäfer (2005), S. 31.

[56] Ein Arbitrageur würde in der Realität natürlich mit wesentlich größeren Summen handeln, sein
risikoloser Gewinn also ein Vielfaches von 15,3 EUR betragen.

[57] Beispiel und Formel angelehnt an Bösch (2011), S. 134 f., und Hull (2009), S. 140 ff.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

: Zum Zeit-punkt des Kontraktabschlusses herrschender Kassakurs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

: Vereinbarter 3-Monats-Terminkurs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

:Zinssatz p. a..

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(hier): Laufzeit (in Monaten)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

30 / 360. Während Bösch (2011) zur Zinsberech-nung die Formel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

nutzt, greift Hull (2009) auf die Formel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

zurück. Mit der Zinsberech-nungsformel (1 + r

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

T) sei im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgehend ein Mittelweg [Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

zwischen den Formeln der genannten Autoren beschritten.

[58] Vuillaume/Obrist/Hirt (2005), S. 25.

[59] Für eine detaillierte Beschreibung der Entwicklung Derivaten bzw. von Termingeschäften mit eindeutig derivativen Eigenschaften von der Antike bis ins 16. Jh. siehe Weber (2008), S. 4-11,oder Poitras (2000), S. 338 ff.

[60] Es soll hier Poitras (2009), S. 5, gefolgt werden, der, des historischen Kontextes wegen, die Defini-tion von „Börse“ durch Ehrenberg (1928), S. 54, übernimmt: „A bourse or exchange is an assembly meeting at frequent intervals, usually daily, consisting of the merchants and other persons, who meet for the purpose of dealing without exhibiting, delivering and paying for their goods at the same time.” Ehrenberg (1928), S. 54. Eine Börse erfordert hiernach nicht unbedingt einen festen,physischen Ort in Form eines Börsengebäudes.

[61] Vgl. Gelderblom/Jonker (2005), S. 4 ff. Gelderblom/Jonker (2005) betrachten eine stetige Preis-
feststellung der zu Grunde liegenden Güter als Voraussetzung für einen regelmäßigen Derivate-
handel.

[62] Vgl. Poitras (2009), S. 12.

[63] Vgl. Poitras (2009), S. 13. Der Terminus Terminkontrakt wird im Kontext des Derivatehandels an
den frühen Börsen beibehalten, eine Differenzierung zwischen Forward- und Future-Kontrakten
erfolgt hier nicht. Von der Existenz sämtlicher, aus Sicht der aktuellen Literatur, konstitutiver Merk-
male des Future-Handels (siehe Kapitel 2.1) an den erwähnten Börsen ist nichts bekannt. Auch
finden sich keine näheren Angaben darüber, welche Merkmale die erwähnte Standardisierung um-
fasste. Der erstmalige Handel mit Futures wird allgemein auf die Chicago Board of Trade (1848)
zurückgeführt, auch wenn die Handelspraktiken und die Kontraktgestaltung auf dem Reismarkt im
japanischen Osaka (1730) diesem bereits sehr ähnlich waren.

[64] Vgl. Gelderblom/Jonker (2005), S. 6.

[65] Vgl. Gelderblom/Jonker (2005), S. 6.

[66] Vgl. Chance (2008), S. 7. Chance (2008) vermutet, dass die Royal Exchange die erste Börse war,
an der Terminkontrakte gehandelt wurden. Dies ist mit Verweis auf die Antwerpener Börse kritisch
zu sehen.

[67] Vgl. Gelderblom/Jonker (2005), S. 8 f., sowie die ins Englische übersetzten Ausführungen von van
Dillen (1935) über die Taktik von Lemaire und seinen Mitstreitern in Poitras/Majithia (2006), S. 59.

[68] Vgl. Chance (2008), S. 7.

[69] Poitras (2000), S. 343.

[70] Vgl. Murphy (2009), S. 10. Für eine detaillierte Beschreibung des mannigfaltigen Einsatzes der
Optionen sowie deren Bepreisung, die aufzeigt, wie weit fortgeschritten das Verständnis dieser
Derivate zu dieser Zeit bereits war, siehe Murphy (2009), S. 14-26.

[71] Vgl. Poitras (2008), S. 506 f.

[72] Vgl. Poitras (2008), S. 511 f., und Weber (2008), S. 24-28.

[73] Vgl. Weber (2008), S. 31 u. S. 37, und Rudolph (2005), S. 49.

[74] Vgl. Poitras (2000), S. 365.

[75] Vgl. Schaede (1990), S. 54-68.

[76] Schaede (1990), S. 56.

[77] Die ersten Futures wurden auf Getreide gehandelt, es folgten weitere Agrargüter. Heute werden an
der Terminbörse von Chicago auch Futures auf Aktien und Bonds gehandelt.

[78] Vgl. Whaley (2006), S. 12-16.

[79] Vgl. Poitras (2009), S. 34 f.

[80] Poitras (2009), S. 36.

[81] Vgl. die Zeittafel in Whaley (2006), S. 13 ff.

[82] Stulz (2004) S. 177.

[83] Vgl. Rieger (2009), S. 23.

[84] Vgl. Moffett/Stonehill/Eiteman (2012), S. 62 f.

[85] Jones/Jones (1987), S. 3.

[86] Vgl. Mishkin/Eakins (2009), S. 641.

[87] Vgl. Lipke (2003), S. 32.

[88] Vgl. Rieger (2009), S. 25, sowie Bösch (2011), S. 67.

[89] Vgl. Whaley (2006), S. 16.

[90] Vgl. Walter (2009), S. 94.

[91] Vgl. Whaley (2006), S. 18.

[92] Als Paradebeispiel für eine Deregulierung, die direkt den Derivatemarkt betraf, kann die Verab-
schiedung des „Commodity Futures Modernization Act“ in den USA im Jahr 2000 gesehen werden,
der eine von manchen Politikern angestrebte stärkere Regulierung des OTC-Derivatemarktes ver-
hinderte. Vgl. Sherman (2009), S. 10 f.

[93] Vgl. Rieger (2009), S. 25 f., sowie Lipke (2003), S. 34 f., Stulz (2004), S. 177, und Chance (2008),
S. 9.

[94] Sämtliche Daten zum Nominalvolumen ausstehender Derivatkontrakte sind den umfassenden
Statistiken der BIS entnommen, online unter http://www.bis.org/statistics/extderiv.htm (Statistiken
zu börsengehandelten Derivaten) sowie http://www.bis.org/statistics/derstats.htm (Statistiken zu
außerbörslich gehandelten Derivaten), aufgerufen am 29.07.2012.

[95] Quelle: CIA World Factbook, online unter https://www.cia.gov/library/publications/the-world- factbook/ geos/xx.html, aufgerufen am 30.07.2012.

[96] Vgl. Körnert (2003), S. 196-201, sowie Benhamou (2007), S. 15 f.

[97] Vgl. Arnoldi (2004), S. 23, sowie Epstein (2005), S. 152.

[98] Der Hedgefonds verfügte über Eigenkapital i. H. v. etwa fünf Mrd. USD und Fremdkapital i. H. v.
125 Mrd. USD. Mit dieser nahezu ausschließlich auf Fremdkapital basierenden Kapitalstruktur im
Hintergrund hatte er spekulative Positionen mit einem Nominalvolumen i. H. v. über 1,4 Billionen
USD eingenommen. Vgl. Edwards (1999), S. 198, sowie Epstein (2005), S. 152.

[99] Vgl. Edwards (1999), S. 197-200.

[100]Buffett (2003), S. 15.

[101]Buffett (2003), S. 13.

[102]Vgl. Dodd (2008), S. 302.

[103] Vgl. Dodd (2008), S. 289. Als Paradebeispiel für den „Siegeszug“ neoliberaler Grundsätze auch auf
dem Derivatemarkt kann die Verabschiedung des „Commodity Futures Modernization Act“ in den
USA im Jahr 2000 gesehen werden, der eine von manchen Politikern angestrebte stärkere Regu-
lierung des OTC-Derivatemarktes verhinderte. Vgl. Sherman (2009), S. 10 f.

[104] Die unheilvolle Rolle der Spekulation in der Finanzkrise und der Europakrise, deren sozioöko- nomische Konsequenzen diejenigen vorhergegangener, durch Spekulation zumindest verschärfter
Krisen (z. B. Mexikokrise, Asienkrise) bei weitem übertrafen, scheint den Politikern sprichwörtlich
die Augen geöffnet zu haben. So wird die massive spekulative Investition in intransparente und im
Zuge zunehmender Kreditausfälle im Jahre 2007 stark an Wert verlierender „Collateralized Debt
Obligations“ (CDOs) durch v. a. US-amerikanische und europäische Banken allgemein als einer
der Auslöser der Finanzkrise gesehen. Vgl. Zimmermann/Badunenko/Schäfer (2010), S. 11-18,
sowie Evans (2011), S. 33-36. Die Spekulation auf einen Zahlungsausfall europäischer Krisen-
länder mittels CDS steht im Verdacht, zu einer Verschärfung der Finanzkrise bzw. der Krise in Eu-
ropa beigetragen zu haben. Vgl. Karrass/Stierle (2011), S. 34 f.

[105] Vgl. Stocker (2006), S. 148.

[106] Vgl. Jahrmann (2007), S. 326.

[107] Vgl. Büter (2010), S. 351. Alternativ kann der Wechselkurs auch als relativer Preis zweier Wäh-
rungen definiert werden. Vgl. z. B. Gärtner/Lutz (2009), S. 13.

[108]Vgl. im Folgenden Rose/Sauernheimer (2006), S. 195, sowie Rübel (2009), S. 55 f.

[109] Von dem eher unwahrscheinlichen Fall der Gleichheit der Terminkurse (und dem Kassakurs), des-
sen Eintritt mindestens erfordern würde, dass in beiden Ländern exakt die gleichen Zinsen herr-
schen und die gedeckte Zinsparität (siehe weiter unten) ohne die geringste Abweichung erfüllt ist,
sei hier abgesehen.

[110]Vgl. im Folgenden Altmann (2001), S. 338, sowie Stocker (2006), S. 151 f.

[111] In Anlehnung an Stocker (2006), S. 152, soll bei Verwendung der Mengennotierung stets der
„Fremdwährungscode“ im Zähler, der „Heimatwährungscode“ im Nenner stehen, also 1,30 $/€ bzw.
1,30$/1€. Für einen EUR erhält man die Menge von 1,30 USD, bzw. man muss die Menge von
1,30 USD für einen EUR geben.

[112]Vgl. Harms (2008), S. 299.

[113] Dies bedeutet nicht, dass Kalküle hinsichtlich des aktuellen/zukünftigen Wechselkurses bei diesen
Transaktionen keine Rolle spielten.

[114] Vgl. Dieckheuer (2001), S. 233-246, sowie Brunner/Kehrle (2009), S. 678 f. Für einen Überblick
über die Faktoren, die wiederum die verschiedenen genannten devisenangebots- bzw. nachfrage-
induzierenden Transaktionen auslösen, letztlich also für die Wechselkursentwicklung ausschlag-
gebend sind, sei auf die sich dem Thema der Wechselkursbestimmung sehr ausführlich widmen-
den Kapitel in Dieckheuer (2001), S. 293-341, hier insb. Tabelle 8.1 auf S. 294, Rose/Sauern-
heimer (2006), S. 179-240, sowie Frenkel (1995), S. 22-264, verwiesen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2012
ISBN (eBook)
9783842846425
DOI
10.3239/9783842846425
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2013 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
finanztransaktionssteuer derivate währungsmanagement devisenmanagement transaktionsrisiko
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Titel: Analyse der Auswirkungen einer auf dem Vorschlag der EU-Kommission basierenden Finanztransaktionssteuer auf das Management von Währungstransaktionsrisiken in Unternehmen der deutschen Exportindustrie
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