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Ausgestaltung und Bedeutung der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach Basel III

©2012 Masterarbeit 114 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
'Grundlage jeder soliden Geschäftsführung einer Bank ist ein angemessenes haftendes Eigenkapital und eine ausreichende Liquidität.' Dieser einfache und zugleich essenzielle Leitsatz wurde im Vorfeld der im Jahr 2007 einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise von vielen Banken außer Acht gelassen. In den Bankensektoren zahlreicher Länder hatte sich eine unverhältnismäßig hohe Fremdfinanzierung aufgebaut. Die Eigenkapitalausstattung der Banken war oftmals nicht ausreichend im Verhältnis zu den eingegangenen Risiken. Gleichzeitig offenbarte die Krise erhebliche Qualitätsmängel beim Eigenkapital. Anstelle qualitativ hochwertiger Eigenkapitalbestandteile wurden vermehrt hybride Kapitalinstrumente eingesetzt, die zwar bankaufsichtlich anerkannt wurden, sich in der Praxis jedoch als unwirksam erwiesen. Mangelnde Transparenz bei den Eigenkapitalinstrumenten verhinderte zudem eine angemessene Bewertung der Risiken durch die Marktteilnehmer. Im Ergebnis konnten die aufgelaufenen Verluste von den Banken nicht mehr absorbiert werden. Hinzu kam eine unzureichende Ausstattung der Banken mit Liquidität, die den veränderten Marktbedingungen, insbesondere dem Vertrauensverlust der Banken untereinander, nicht gewachsen war. In der Folge musste die öffentliche Hand durch Liquiditäts- und Kapitalzufuhren sowie 'Garantien in noch nie dagewesenem Ausmaß' eingreifen, um die Insolvenz so genannter systemrelevanter Banken und damit einen Zusammenbruch des gesamten Bankensystems zu verhindern.
Basierend auf diesen Erfahrungen beauftragten die G 20 Staats- und Regierungschefs den bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlements, BIS) angesiedelten Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung der Banken zu verbessern. Der Basler Ausschuss erarbeitete das 'umfassende Reformpaket' Basel III, dessen Ausgestaltung und Bedeutung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. In dieser soll zum besseren Verständnis von Basel III zunächst auf die Historie der bankaufsichtlichen Regelungen eingegangen werden (Kapitel 2). Angefangen bei den ersten Basler Regelungen von 1988 werden anschließend die derzeit gültigen Vorschriften nach Basel II (2004) vorgestellt. Diese wurden regelmäßig ergänzt, zuletzt 2009 durch ein als erste Reaktion auf die Krise beschlossenes Maßnahmenpaket, das auch als 'Basel 2.5' bezeichnet wird. Auf diesen Vorschriften basieren die im dritten Kapitel vorgestellten neuen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Lessenich, Philipp: Ausgestaltung und Bedeutung der neuen Eigenkapital- und
Liquiditätsregeln nach Basel III, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2013
PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-4546-6
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2013
Zugl. Fachhochschule Koblenz, Koblenz, Deutschland, Masterarbeit, März 2012
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http://www.diplom.de, Hamburg 2013
Printed in Germany

Philipp Lessenich
2
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
9
2 Historie der Eigenkapital- und Liquiditätsregeln
11
2.1
Eigenkapitalregeln
vor
Basel
III
11
2.1.1 Die Welt vor Basel
11
2.1.2
Basel
I
12
2.1.3
Basel
II
17
2.1.3.1 Quantitative Anforderungen nach Säule 1
18
2.1.3.2 Qualitative Anforderungen nach Säule 2
25
2.1.3.3 Offenlegungsanforderungen nach Säule 3
26
2.2
Liquiditätsregeln
vor
Basel
III
27
3 Neue Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach Basel III
30
3.1
Verfolgte
Ziele
30
3.2
Verschärfter
Kapitalbegriff
32
3.2.1
Qualitative
Verschärfungen
32
3.2.2
Quantitative
Verschärfungen
38
3.2.2.1
Kapitalpuffer
38
3.2.2.2
Kontrahentenrisiko
43
3.3
Neue
Liquiditätsregeln
45
3.3.1 Liquidity Coverage Ratio (LCR)
46
3.3.2 Net Stable Funding Ratio (NSFR)
50
3.4
Leverage
Ratio
54
3.5
Rechtliche
Umsetzung
59
4 Bedeutung von Basel III für die Banken
61
4.1 Konsequenzen für die Eigenkapitalbeschaffung
61
4.2 Konsequenzen für die Refinanzierung und das Liquiditätsmanagement
68
4.3 Konsequenzen für die Ertragslage
70
4.4 Konsequenzen für die Geschäftspolitik
74
4.5 Konsequenzen für die Kreditvergabe
77
5 Bedeutung von Basel III für die Kreditnehmer
78
5.1
Konsequenzen
für
Bankkunden
78
5.2
Konsequenzen
für
Unternehmen
79
6 Bewertung der neuen Regeln nach Basel III
84

Philipp Lessenich
3
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Systematik des haftenden Eigenkapitals
15
Abb. 2: Systematik der Eigenmittel
16
Abb. 3: Die drei Säulen von Basel II
18
Abb. 4: Risikogewichte für Forderungen an Staaten
20
Abb. 5: Risikogewichte für Forderungen an Banken (Option 2)
20
Abb. 6: Risikogewichte für Forderungen an Unternehmen
21
Abb.
7:
Gesamtkennziffer
24
Abb.
8:
Liquiditätskennziffer
29
Abb. 9: Systematik der Eigenmittel nach Basel III
33
Abb. 10: Verschiebung innerhalb des haftenden Eigenkapitals
33
Abb. 11: Übergangsfristen für die neuen Eigenkapitalregeln
34
Abb. 12: Wichtige Abzugs- und Korrekturposten
38
Abb. 13: Quantitative Verschärfung durch Kapitalpuffer
39
Abb. 14: Ausschüttungssperre Kapitalerhaltungspuffer
40
Abb. 15: Ausschüttungssperre gesamter Kapitalpuffer
41
Abb. 16: Übersicht Kapitalquoten nach Basel III
42

Philipp Lessenich
4
Abb. 17: Übergangsfristen inklusive Kapitalpuffer
43
Abb.
18:
LCR
47
Abb.
19:
Beispielfall
LCR
48
Abb.
20:
NSFR 51
Abb.
21:
Beispielfall
NSFR
52
Abb.
22:
Leverage
Ratio
54
Abb.
23:
Beispielfall
Leverage
Ratio 55
Abb. 24: Vergleichsfall Leverage Ratio
57-58
Abb.
25:
Berechnung
Zinsmarge
71
Abb. 26: Berechnung Zinsmarge inklusive EK-Unterlegung (Basel I)
71
Abb. 27: Berechnung Zinsmarge inklusive EK-Unterlegung (Basel II)
72
Abb. 28: Berechnung Zinsmarge inklusive EK-Unterlegung (Basel III)
72
Abb. 29: Bankinterner Ratingprozess
81

Philipp Lessenich
5
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
Abb.
Abbildung
ABS
Asset Backed Securities
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
AMA
Advanced Measurement Approach
ARD
Arbeitsgemeinschaft
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der
Bundesrepublik
Deutschland
AT1
Additional Tier 1 Capital
AVC
Asset Value Correlation
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BdB
Bundesverband deutscher Banken
BIA
Basisindikatoransatz
BIS
Bank for International Settlements
BVR
Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken
bzw.
beziehungsweise
ca.
cirka
CCP
Central
Counterparty
CCR
Counterparty Credit Risk
CDO
Collateralized Debt Obligations
CEBS
Committee of European Banking Supervisors
CET1
Common Equity Tier 1
Coco-Bonds Contingent
Convertible
Bonds

Philipp Lessenich
6
CP
Commercial
Papers
CRD
Capital Requirements Directive
CRR
Capital Requirements Regulation
CVA
Credit Value Adjustment
d.h.
das
heißt
DK
Die
Deutsche
Kreditwirtschaft
DSGV
Deutsche Sparkassen- und Giroverband
DZ Bank
Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank
EAD
Exposure at Default
EBA
European
Banking
Authority
eG
eingetragene
Genossenschaft
EG
Europäische
Gemeinschaft
EK
Eigenkapital
etc.
et
cetera
EU
Europäische
Union
EU-QIS Auswirkungsstudie
für
europäische
Banken
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWR
Europäischer
Wirtschaftsraum
Fed
Federal
Reserve
Bank
GhoS
Group of Governors of Centralbanks and Heads of Supervisions
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
G-SIBs
Global Systemically Important Banks
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HEK
haftendes
Eigenkapital
Helaba
Landesbank Hessen-Thüringen

Philipp Lessenich
7
HGB
Handelsgesetzbuch
ICAAP
Internal Capital Adequacy Assessment Process
i. F.
im Folgenden
IFRS
International Financial Reporting Standards
IIF
Institute
of
International
Finance
InsO
Insolvenzordnung
IOSCO International
Organization of Securities Commissions
IRBA
auf internen Ratings basierender Ansatz
KfW
Kreditanstalt
für Wiederaufbau
KSA
Kreditrisiko-Standardansatz
KWG
Kreditwesengesetz
LCR
Liquidity Coverage Ratio
LGD
Loss
Given
Default
LiqV
Liquiditätsverordnung
LR
Leverage
Ratio
M Maturity
MaRisk
Mindestanforderungen für das Risikomanagement
max.
maximal
mind.
mindestens
Mio.
Million(en)
Mrd.
Milliarde(n)
Nr.
Nummer
NSFR
Net Stable Funding Ratio
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
o.J.
ohne
Jahrgang

Philipp Lessenich
8
o.O.
ohne
Ort
OTC
Over-the-counter
PD
Probability of Default
QIS
Quantitative
Impact
Study
RWA
gewichteten Risikoaktiva
S
Size / Seite
S&P
Standard and Poors
SolvV
Solvabilitätsverordnung
SREP
Supervisory Review Evaluation Process
STA
Standardansatz
u. a.
unter anderem
US
United
States
USA
United States of America
US GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles
Vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel
ZKA
Zentraler
Kreditausschuss

Philipp Lessenich
9
1 Einleitung
,,Grundlage jeder soliden Geschäftsführung einer Bank ist ein angemessenes haftendes
Eigenkapital und eine ausreichende Liquidität."
1
Dieser einfache und zugleich essenzi-
elle Leitsatz wurde im Vorfeld der im Jahr 2007 einsetzenden Finanz- und Wirtschafts-
krise von vielen Banken außer Acht gelassen. In den Bankensektoren zahlreicher Län-
der hatte sich eine unverhältnismäßig hohe Fremdfinanzierung aufgebaut. Die Eigenka-
pitalausstattung der Banken war oftmals nicht ausreichend im Verhältnis zu den einge-
gangenen Risiken. Gleichzeitig offenbarte die Krise erhebliche Qualitätsmängel beim
Eigenkapital.
2
Anstelle qualitativ hochwertiger Eigenkapitalbestandteile wurden ver-
mehrt hybride Kapitalinstrumente
3
eingesetzt, die zwar bankaufsichtlich anerkannt wur-
den, sich in der Praxis jedoch als unwirksam erwiesen.
4
Mangelnde Transparenz bei den
Eigenkapitalinstrumenten verhinderte zudem eine angemessene Bewertung der Risiken
durch die Marktteilnehmer. Im Ergebnis konnten die aufgelaufenen Verluste von den
Banken nicht mehr absorbiert werden. Hinzu kam eine unzureichende Ausstattung der
Banken mit Liquidität, die den veränderten Marktbedingungen, insbesondere dem Ver-
trauensverlust der Banken untereinander, nicht gewachsen war. In der Folge musste die
öffentliche Hand durch Liquiditäts- und Kapitalzufuhren sowie ,,Garantien in noch nie
dagewesenem Ausmaß"
5
eingreifen, um die Insolvenz so genannter systemrelevanter
Banken und damit einen Zusammenbruch des gesamten Bankensystems zu verhindern.
6
Basierend auf diesen Erfahrungen beauftragten die G 20
7
Staats- und Regierungschefs
den bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settle-
ments, BIS) angesiedelten Basler Ausschuss für Bankenaufsicht
8
, die Eigenkapital- und
1
o.V.: Vorwort zu den §§ 10 bis 12, in: Kreditwesengesetz, Kommentar, Reischauer/Kleinhans, 2011, S. 1
2
Vgl.
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und
Bankensysteme, 2011, S. 1, online unter: http://www.bis.org/publ/bcbs189_de.pdf; Deutsche Bundesbank: Basel III ­ Leitfaden zu
den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, 2011, S. 7, online unter:
http://www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/basel3_leitfaden.pdf
3
Hybride Kapitalbestandteile, auch als Mezzanine Kapital bezeichnet, weisen sowohl Eigenkapital- (z. B. Verlustteilnahme) als
auch Fremdkapitalmerkmale (z. B. fester Vergütungsanspruch) auf. Unter hybride Kapitalinstrumente fallen beispielsweise stille
Beteiligungen, Genussscheine und Wandelanleihen. Vgl.
Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 39
4
Vgl. Europäische Kommission: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanfor-
derungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen Teil 1 (Text von Bedeutung für den EWR), 2011, S. 2, online unter: http://eur-
lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=SPLIT_COM:2011:0452%2801%29:FIN:DE:PDF; Deutsche Bundesbank, a.a.O.,
2011, S. 7 f.
5
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2011, S. 2
6
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2011, S. 1 f., 9; Heider: Basel II, Banken, Unternehmensfinanzierung und die
Schlussfolgerungen aus der Finanzkrise für ,,Basel III" ­ mit Beispielanalyse der Mineralölindustrie ­, 2010, S. 234
7
Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer
8
I
m Basler Ausschuss sind Repräsentanten der Zentralbanken und der Aufsichtsbehörden folgender Länder vertreten: Argentinien,
Australien, Belgien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Hongkong, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Korea,
Luxemburg, Mexiko, die Niederlande, Russland, Saudi-Arabien, Schweden, die Schweiz, Singapur, Spanien, Südafrika, die Türkei,
die USA und das Vereinigte Königreich. Vgl. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basler Ausschuss für Bankenaufsicht:
Gruppe der Zentralbankpräsidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen erzielt grundsätzliche Einigung über das Reformpaket

Philipp Lessenich
10
Liquiditätsausstattung der Banken zu verbessern.
9
Der Basler Ausschuss erarbeitete das
,,umfassende Reformpaket"
10
Basel III, dessen Ausgestaltung und Bedeutung Gegen-
stand der vorliegenden Arbeit ist. In dieser soll zum besseren Verständnis von Basel III
zunächst auf die Historie der bankaufsichtlichen Regelungen eingegangen werden (Ka-
pitel 2). Angefangen bei den ersten Basler Regelungen von 1988 werden anschließend
die derzeit gültigen Vorschriften nach Basel II (2004) vorgestellt. Diese wurden regel-
mäßig ergänzt, zuletzt 2009 durch ein als erste Reaktion auf die Krise beschlossenes
Maßnahmenpaket, das auch als ,,Basel 2.5" bezeichnet wird.
11
Auf diesen Vorschriften
basieren die im dritten Kapitel vorgestellten neuen Empfehlungen des Basler Ausschus-
ses. Diese erhöhen sowohl die Anforderungen an die Qualität als auch an die Quantität
des bankaufsichtlichen Eigenkapitals. Ferner werden erstmals international einheitliche
quantitative Vorschriften zur Liquidität sowie eine risikounabhängige Höchstverschul-
dungsgrenze (Leverage Ratio) eingeführt.
12
Im darauf folgenden Kapitel sollen die
Auswirkungen der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften auf Banken und
deren mögliche Reaktion auf die geänderten Rahmenbedingungen untersucht werden.
Schließlich wird im fünften Kapitel auf die Bedeutung von Basel III für die Kreditneh-
mer eingegangen. Insbesondere sollen hier Möglichkeiten mittelständischer Unterneh-
men erörtert werden, die Folgen von Basel III durch eine Verbesserung ihres Ratings
abzumildern. Abschließend soll eine kritische Bewertung vorgenommen werden, in-
wieweit die mit Basel III verfolgten Ziele realistisch erscheinen und welche Problembe-
reiche auch mit Basel III fortbestehen.
Die Begriffe Bank und Kreditinstitut werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Ab-
zugrenzen ist das bankaufsichtliche vom bilanziellen Eigenkapital. Während letzteres
,,von den Zielen der Rechnungslegung geprägt ist"
13
beschreibt das bankaufsichtliche
Eigenkapital letztlich ,,eine im Insolvenzfall zur Verfügung stehende Haftungsmasse"
14
.
Seit 1993 haben sich die bis dahin im Wesentlichen entsprechenden Eigenkapitalbegrif-
fe infolge mehrfacher Novellierungen des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwe-
des Basler Ausschusses zu Eigenkapital und Liquidität, Pressemitteilung vom 26.07.2010, S. 2, online unter:
http://www.bis.org/press/p100726_de.pdf
9
Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 3
10
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2011, S. 1
11
Vgl. Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 5, 21. Das Maßnahmenpaket ,,Basel 2.5" enthält im Wesentlichen höhere Kapitalan-
forderungen in den Bereichen Verbriefungsgeschäft und Handelsbuchforderungen für Banken mit internen Marktrisikomodellen
sowie verschärfte Offenlegungsanforderungen. Es wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur am Rande behandelt.
12
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2011, S. 2
13
Boos/Fischer/Schulte-Mattler: Kreditwesengesetz, Kommentar, 2008, S. 289
14
Ebenda, S. 289

Philipp Lessenich
11
sengesetz, KWG) voneinander entfernt.
15
In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff
Eigenkapital, sofern nicht näher bezeichnet, als Eigenkapital im bankaufsichtlichen Sin-
ne verwendet.
Zur vereinfachten Lesbarkeit wird die männliche Form in dieser Arbeit als Platzhalter
für beide Geschlechter eingesetzt.
2 Historie der Eigenkapital- und Liquiditätsregeln
2.1 Eigenkapitalregeln vor Basel III
2.1.1 Die Welt vor Basel
In Deutschland wurde die erste allgemeine Bankenaufsicht für Geschäftsbanken im
September des Jahres 1931 mit einer auf der Weimarer Reichsverfassung gestützten
Notverordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht
16
und Steuer-
amnestie eingeführt. Diese Notverordnung war eine Reaktion der Reichsregierung auf
die durch den Zusammenbruch der Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank)
am 31.07.1931 ausgelöste allgemeine Bankenkrise. Gründe für die Bankenkrise waren
schon damals neben einer hohen Auslandsverschuldung des Deutschen Reiches als Fol-
ge des Ersten Weltkriegs, der Inflation von 1932 und Krisen gewerblicher Großunter-
nehmer eine unzureichende Eigenkapitalausstattung und eine verfehlte Liquiditäts-
und Anlagepolitik der Banken. Mit dem für grundsätzlich alle Kreditinstitute geltenden
Reichsgesetz über das Kreditwesen vom 05.12.1934 wurden die Grundlagen für das
noch heute geltende Bankaufsichtsrecht geschaffen, so unter anderem Regelungen zum
Eigenkapital, zur Liquidität und zum Kreditgeschäft. Nach einer Novellierung durch das
Gesetz über das Kreditwesen im Jahr 1939 wurde schließlich 1961 das bis heute gelten-
de KWG erlassen. Die Eigenkapitalbestimmungen dieser Gesetze stellten allgemein
gehaltene Rahmenvorschriften dar, die durch entsprechende Grundsätze der Bankenauf-
sicht zu konkretisieren waren.
17
Eine solche Konkretisierung wurde jedoch erst ab 1961
vorgenommen. Aufgrund der ,,Verschiedenartigkeit des deutschen Kreditwesens"
18
wurden hierbei auf starre Mindestanforderungen an die Angemessenheit des Eigenkapi-
15
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 290; Wolf: Die Eigenmittelkonzeption des § 10 KWG, Hochschule für Bankwirt-
schaft, 2000, S. 5 ff., online unter: www.frankfurt-school.de/dms/Arbeitsberichte/Arbeits20.pdf
16
Geschäftsbanken, die bereits einer besonderen Aufsicht unterstanden, wie beispielsweise Sparkassen und Hypothekenbanken,
wurden von der Verordnung nicht erfasst.
17
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 4 ff.
18
o.V.: Vorwort zu den §§ 10 bis 12, in: Kreditwesengesetz, Kommentar, Reischauer/Kleinhans, 2011, S. 1

Philipp Lessenich
12
tals verzichtet. Vielmehr stellten die aufgestellten ,,Grundsätze für das Eigenkapital und
die Liquidität" eine Bemessungsgrundlage für den Regelfall dar.
19
Nach dem Zusam-
menbruch des Bankhauses Herstatt im Jahr 1974 und den damit zusammenhängen-
den Krisenfällen wurde seitens einer von der Bundesregierung gebildeten Bankenstruk-
turkommission eine striktere Definition des Eigenkapitalbegriffes und eine Verschär-
fung der am Eigenkapital bemessenen Anlagebeschränkungen vorgeschlagen.
20
Unter
anderem wurde gefordert, ,,dass nur solche Elemente als Eigenkapital geeignet seien,
die effektiv eingezahlt sind, dem Kreditinstitut dauerhaft zur Verfügung stehen und am
laufenden Verlust teilnehmen."
21
Die Vorschläge der Bankenstrukturkommission fan-
den ihre Berücksichtigung in den späteren Richtlinienvorgaben der Europäischen
Kommission unter anderem zu Eigenkapital und Solvabilität. Ein solcher erster einheit-
licher Standard für bankaufsichtliche Bestimmungen in der EU wurde von der Europäi-
schen Kommission 1977 mit der ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie
22
gesetzt.
23
Es folgten weitere EG-Richtlinien und damit verbundene KWG-Novellen. Eine vorge-
gebene Eigenkapitalquote, die die Mindesthöhe des Eigenkapitals in Relation zum
eingegangenen Risiko festlegte, gab es jedoch erst mit Basel I.
24
Mit Umsetzung der
Empfehlungen des Basler Ausschusses in deutsches Recht wurde zudem ,,der bisherige
,deutsche' Eigenkapitalbegriff grundsätzlich umgestaltet."
25
Die Änderungen durch
Basel I sollen im folgenden Kapitel näher betrachtet werden.
2.1.2 Basel I
1988 wurden vom Basler Ausschuss die so genannten Basler Eigenkapitalempfehlungen
(Basel I) verabschiedet.
26
Grundsätzlich richten sich die Empfehlungen des Basler Aus-
schusses an international tätige Banken. Durch die Umsetzung in europäisches und na-
tionales Recht wurden und werden aus den Empfehlungen für international tätige Ban-
ken jedoch verbindliche Regelungen für sämtliche Kreditinstitute.
27
Die Umsetzung von
19
Vgl. o.V.: Vorwort zu den §§ 10 bis 12, in: Kreditwesengesetz, Kommentar, Reischauer/Kleinhans, 2011, S. 1
20
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 9
21
Ebenda, S. 295
22
Erste Richtlinie 77/780/EWG des Rates vom 12.12.1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die
Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute
23
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 10
24
Vgl.
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen,
1988, S. 2, online unter: http://www.bis.org/publ/bcbsc111de.pdf
25
Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 295
26
Vgl. ebenda, S. 287
27
Vgl. Schmitt: Umsetzung von Basel III in europäisches Recht ­ Implikationen für die Mittelstandsfinanzierung (Update zu BB
2011, 105), in: Betriebs-Berater, Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft, 2011, S. 2348; Becker/Gaulke/Wolf: Vorwort der
Herausgeber, in: Praktiker-Handbuch Basel II, Becker/Gaulke/Wolf, 2005, S. VII

Philipp Lessenich
13
Basel I in europäisches Recht erfolgte mit der zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtli-
nie
28
sowie der EG-Eigenmittel-Richtlinie
29
. Mit der vierten KWG-Novelle 1993 wur-
den schließlich die Vorschläge des Basler Ausschusses in deutsches Recht überführt.
30
Die Angemessenheit der Eigenmittel wurde durch eine ,, ,rechtsnormkomplettierende'
Verwaltungsvorschrift"
31
, dem so genannten Grundsatz I, konkretisiert.
Mit Basel I sollten zum einen die ,,Bonität und Stabilität des internationalen Bankensys-
tems"
32
gestärkt und zum anderen Wettbewerbsverzerrungen reduziert werden.
33
Zu
diesem Zweck sah Basel I eine Mindesteigenkapitalausstattung der Banken in Höhe
von 8%
34
der risikogewichteten Aktiva vor. Mit dieser Kennziffer sollten Kreditrisiken,
aber auch andere Risiken abgedeckt werden.
35
Die Unterlegung mit Eigenkapital sollte
einerseits die Geschäfte der Banken begrenzen und andererseits ausreichende Mittel für
die Übernahme von Verlusten sicherstellen.
36
,Risikogewichtete Aktiva' bedeutet, dass
bilanzielle Forderungen zunächst mit einem speziellen Prozentsatz gewichtet werden
und hiervon 8% mit Eigenkapital zu unterlegen sind:
Kreditsumme * Prozentsatz der Risikoklasse * 8% = Eigenkapitalunterlegung
Der Prozentsatz der vier unterschiedlichen Risikoklassen wurde auf 0% (beispielsweise
für Kredite an OECD
37
-Staaten), 20% (u. a. für Kredite an Banken mit Sitz in den
OECD-Staaten), 50% (für grundpfandrechtlich gesicherte Realkredite) und 100% (für
alle anderen Kredite, z. B. Unternehmensfinanzierungen) festgelegt.
38
28
Zweite Richtlinie 89/646/EWG des Rates vom 15.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die
Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG
29
Richtlinie 89/299/EWG des Rates vom 17.04.1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten
30
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 295; BaFin:
http://www.bafin.de/DE/BaFin/Grundlagen/Geschichte/geschichte__node.html?__nnn=true, Abruf am 01.03.2012
31
Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 288
32
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 1988, S. 1
33
Vgl. ebenda, S. 1
34
Eine Begründung, warum eine Unterlegung von genau 8% angemessen ist wurde seitens der Bankenaufsicht bis heute nicht
gegeben. Vgl. Schulte-Mattler/Manns: CRD-IV-Regulierungspaket zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors ­
Europäische Umsetzung des Basel-III-Rahmenwerkes im Entwurf ­, in: Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und
Bankrecht, 2011, S. 2072
35
Vgl.
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 1988, S. 2, 10
36
Vgl. Bundesverband deutscher Banken e.V.:
ttp://www.bankenverband.de/themen/fachinformationen/mittelstandspolitik/welche-auswirkungen-hat-basel-iii-auf-den-mittelstand,
Abruf am 08.03.2012
37
Organisation for Economic Co-operation and Development
38
Vgl. Franke: http://www.kredit-und-finanzen.de/basel-2/basel-1.html, Abruf am 07.03.2012; Basler Ausschuss für Bankenauf-
sicht, a.a.O., 1988, S. 14 f.
Beispiel für einen Unternehmenskredit in Höhe von 1 Mio.
Eigenkapitalunterlegung = 1.000.000 * 100% * 8% = 80.000

Philipp Lessenich
14
Die starre Zuordnung zu den vier Risikoklassen hatte zur Folge, dass beispielsweise
Forderungen gegen Unternehmen mit einem Rating von AAA
39
genauso mit 8% der
gesamten Kreditsumme zu unterlegen waren, wie Forderungen gegen Unternehmen mit
einem Rating im so genannten Non-Investment Grade
40
. Griechische Staatsanleihen
41
waren hingegen nach dieser Systematik aufgrund der besten Risikoklasse mit 0% zu
gewichten und damit nicht mit Eigenkapital zu unterlegen.
Neben der Festlegung auf 8% wurde mit Basel I das haftende Eigenkapital grundle-
gend neu definiert. Es wurde nunmehr zwischen Kern- und Ergänzungskapital und
innerhalb des Ergänzungskapitals zwischen Ergänzungskapital erster und zweiter Klas-
se unterschieden. Außerdem wurde festgelegt, dass bei der Berechnung des haftenden
Eigenkapitals das Ergänzungskapital maximal bis zur Höhe des Kernkapitals angerech-
net werden darf und mindestens zur Hälfte aus Ergänzungskapital erster Klasse beste-
hen muss.
42
Diese Beschränkungen tragen der abnehmenden Qualität der Eigenkapital-
bestandteile Rechnung. Während Kernkapital (Tier 1 Capital) ,,unbefristet zur Verfü-
gung steht und nicht auf Initiative des Gläubigers zurückgezahlt werden darf"
43
, können
im Ergänzungskapital (Tier 2 Capital) beispielsweise auch längerfristige Nachrangver-
bindlichkeiten
44
angerechnet werden.
45
Die folgende Übersicht soll die Zusammenset-
zung des haftenden Eigenkapitals veranschaulichen:
39
AAA bedeutet das beste Rating einer externen Ratingagentur. Ratingskalen der Agenturen Fitch, Moody's und Standard and
Poors (S&P) befinden sich im Anhang dieser Arbeit (Anlage 1).
40
Non-Investment Grade (Spekulationsklasse) bezeichnet Ratings von BB+ und schlechter.
41
Griechenland ist Gründungsmitglied der OECD. Vgl. OECD:
http://www.oecd.org/pages/0,3417,en_36734052_36761800_1_1_1_1_1,00.html, Abruf am 07.03.2012
42
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 288
43
Ebenda, S. 299
44
Nachrangverbindlichkeiten werden im Insolvenzfall erst nach Befriedigung aller vorrangigen Gläubiger bedient. Vgl. Deutsche
Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 40
45
Eine Übersicht über die Eigenkapitalkomponenten im Einzelnen und deren historische Entwicklung befindet sich im Anhang
dieser Arbeit (Anlage 2).

Philipp Lessenich
15
Abb. 1: Systematik des haftenden Eigenkapitals
Quelle: eigene Darstellung
Angesichts der starken Ausweitung des Derivate- und Handelsgeschäfts der Banken
veröffentlichte der Basler Ausschuss 1996 Empfehlungen zur Messung und Unterle-
gung der Marktrisiken. Diese Ergänzung zu Basel I wurde mit der sechsten KWG-
Novelle 1998, mit der die europäische Kapitaladäquanzrichtlinie
46
umgesetzt wurde, in
deutsches Recht überführt.
47
Unter dem Markt- oder Marktpreisrisiko wird ,,das Risiko
von Verlusten, die der Bank aufgrund von Veränderungen der Marktvariablen entste-
hen"
48
, verstanden. Nach den Empfehlungen des Basler Ausschusses müssen Zinsände-
rungs- und Kursrisiken im Handelsbestand sowie Fremdwährungs- und Rohstoffrisiken
der gesamten Bank berücksichtigt werden. Zur Unterlegung der Risiken wurde zum
einen ein Standard-Messverfahren mit Quoten für die Unterlegung des spezifischen Ri-
sikos und des allgemeinen Marktrisikos vorgegeben.
49
Alternativ hierzu konnten bei
Vorlage einer Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde erstmals auch
bankinterne Modelle verwendet werden.
50
Mit den Anforderungen zur Unterlegung der
Marktrisiken wurden Kern- und Ergänzungskapital um die so genannten Drittrangmit-
tel (Tier 3 Capital) ergänzt.
51
Als solche können bis zu einem bestimmten Anrech-
nungsbetrag
52
Nettogewinne aus der fiktiven Glattstellung des Handelsbuches und kurz-
46
Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15.03.1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kre-
ditinstituten
47
Vgl. Wolf: Basel II ­ ein Überblick, in: Praktiker-Handbuch Basel II, Becker/Gaulke/Wolf, 2005, S. 6; Boos/Fischer/Schulte-
Mattler, a.a.O., S. 288
48
Althof: Glossar, in: Praktiker-Handbuch Basel II, Becker, Axel/Gaulke, Markus/Wolf, Martin, 2005, S. 616
49
Auf eine detaillierte Beschreibung des Standard-Messverfahrens wird an dieser Stelle verzichtet.
50
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Änderung der Eigenkapitalvereinbarung zur Einbeziehung der Marktrisiken, 1996,
S. 1, 10 ff., 40, online unter: http://www.bis.org/publ/bcbs24ade.pdf
51
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 288
52
Zusammen mit dem freien Ergänzungskapital maximal 250% des freien Kernkapitals. ,,Frei" bedeutet in diesem Zusammenhang
,,nicht zur Unterlegung der Risiken benötigt". Vgl. § 10 (2c) S. 2 KWG in der Fassung vom 28.10.1997
Haftendes Eigenkapital
Kernkapital
Ergänzungskapital
(maximal 50% des HEK)
1. Klasse
2. Klasse
(max. 50% des Ergänzungskapitals)

Philipp Lessenich
16
fristige nachrangige Verbindlichkeiten berücksichtigt werden.
53
Aufgrund des kurzfris-
tigen Charakters der Drittrangmittel dürfen diese jedoch nur zur Unterlegung von
Marktpreisrisiken verwendet werden.
54
Die Drittrangmittel bilden zusammen mit dem
haftenden Eigenkapital die Eigenmittel:
55
Abb. 2: Systematik der Eigenmittel
Quelle: eigene Darstellung
Bei der Berechnung der Eigenkapitalbasis wurden vom Basler Ausschuss Abzugs- und
Korrekturposten festgelegt. Abzugsposten kommen bei Bilanzaktiva zum Einsatz,
,,deren Werthaltigkeit bzw. Veräußerbarkeit in einer Krisensituation fragwürdig er-
scheint und die deshalb vom Kapital abzuziehen sind"
56
. Beispiele für Abzugsposten
sind der Goodwill
57
, immaterielle Vermögensgegenstände sowie Beteiligungen inner-
halb des Finanzsektors, die in der Bilanz nicht konsolidiert werden. Korrekturposten
dienen der ,,Neutralisierung bankaufsichtlich unerwünschter oder als nicht sachgerecht
erachteter Effekte der Rechnungslegungsvorschriften"
58
. Insbesondere hat die nationale
Aufsichtsbehörde die Möglichkeit, noch nicht bilanzwirksame Verluste durch einen
Korrekturposten bei der Berechnung der Eigenmittel zu berücksichtigen.
59
53
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 325; Deutsche Bundesbank: Der neue Grundsatz I, in: Monatsbericht Mai 1998,
S. 75, online unter: http://www.bundesbank.de/download/bankenaufsicht/pdf/neugrdsi.pdf
54
Vgl. Deutsche Bundesbank, a.a.O., 1998, S. 69; Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 1996, S. 8 f.
55
Vgl. § 10 Abs. 2 KWG in der Fassung vom 28.10.1997
56
Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 39
57
Firmenwert. Vgl. ebenda, S. 39
58
Ebenda, S. 39
59
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 1988, S. 5, 11; Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 39
Eigenmittel
Haftendes Eigenkapital
Drittrangmittel
(für Marktpreisrisiken)
Kernkapital
Ergänzungskapital
(max. 50% des HEK)
1. Klasse
2. Klasse
(max. 50% des Ergänzungskapitals)

Philipp Lessenich
17
Bereits Mitte der neunziger Jahre sind die Regelungen nach Basel I in die Kritik gera-
ten.
60
Bemängelt wurde die Unterscheidung in nur vier Risikoklassen sowie die fehlen-
de Berücksichtigung der Bonität des Schuldners.
61
So war der Hauptkritikpunkt die
,,von Seiten der Aufsicht vorgegebene, wenig differenzierende Berechnung der Kapital-
anforderungen auf Kreditrisiken, mit der das tatsächliche Risiko oft nur unzureichend
abgebildet wird".
62
Durch die pauschale Unterlegung mit Eigenkapital kam es zu einer
,,Quersubventionierung von Krediten"
63
. Weniger riskante Kredite mussten demnach
mit vergleichsweise viel Eigenkapital unterlegt werden, um die zu geringe Unterlegung
von riskanteren Krediten zu kompensieren. Schließlich wurde die alleinige Ausrichtung
der Eigenkapitalanforderungen an Kredit- und Marktpreisrisiken kritisiert.
64
Die
Schwächen von Basel I sollten durch die Verabschiedung von Basel II behoben werden.
2.1.3 Basel II
Im Juni 2004 leitete der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht mit seinen neuen Eigen-
kapitalempfehlungen, der Rahmenvereinbarung ,,Internationale Konvergenz der Kapi-
talmessung und Eigenkapitalanforderungen" (Basel II), eine neue Ära ein. Basel II steht
für risikoorientierte quantitative und qualitative Regelungen, die neue Entwicklun-
gen an den Finanzmärkten und im Risikomanagement der Institute stärker berücksichti-
gen.
65
Die Umsetzung von Basel II in europäisches Recht erfolgte mit der Neufassung
der Bankenrichtlinie
66
sowie der Kapitaladäquanzrichtlinie
67
, die gemeinsam als Capi-
tal Requirements Directive (CRD) bezeichnet wurden und die früheren EU-
Richtlinien ersetzten.
68
In Deutschland wurden die Neuerungen 2006 durch Änderung
des KWG in nationales Recht überführt. Die technischen Details zu den Eigenkapitalan-
forderungen wurden in der Solvabilitätsverordnung (SolvV, Nachfolger von Grund-
satz I) umgesetzt. Auf untergesetzlicher Ebene wurden mit den von der Bundesanstalt
60
Vgl. Deutsche Bundesbank: Neue Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute (Basel II), in: Monatsbericht September 2004,
S. 76, online unter: http://www.bundesbank.de/download/volkswirtschaft/monatsberichte/2004/200409mb_bbk.pdf
61
Vgl. Franke: http://www.kredit-und-finanzen.de/basel-2/basel-1.html, Abruf am 07.03.2012; o.V.: One Basel leads to another, in:
The Economist, 18.05.2006, online unter http://www.economist.com/node/6908488/print?story_id=6908488
62
Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2004, S. 76
63
Franke: http://www.kredit-und-finanzen.de/basel-2/basel-1.html, Abruf am 07.03.2012
64
Vgl. Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2004, S. 76
65
Vgl. ebenda, S. 75
66
Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2006 über die Aufnahme und Ausübung der
Tätigkeit der Kreditinstitute
67
Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2006 über die angemessene Eigenkapitalausstat-
tung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten
68
Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 12

Philipp Lessenich
18
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erlassenen Mindestanforderungen für das Ri-
sikomanagement (MaRisk)
69
die qualitativen Vorgaben von Basel II konkretisiert.
70
Der Aufbau von Basel II folgt mit den Schwerpunkten Mindestkapitalanforderungen,
aufsichtlicher Überprüfungsprozess und Offenlegung einem Drei-Säulen-Ansatz.
71
Abb. 3: Die drei Säulen von Basel II
Quelle: Deutsche Bundesbank: http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_basel.php,
Abruf am 05.03.2012
Die einzelnen Säulen sollen in den folgenden Unterabschnitten vorgestellt werden. Im
Rahmen der vorliegenden Arbeit ist insbesondere die erste Säule mit den quantitativen
Anforderungen an das Eigenkapital der Banken von Interesse. Die bestehenden Rege-
lungen nach Basel II werden durch die neuen Regelungen nach Basel III nicht vollstän-
dig abgelöst. Vielmehr ist Basel III als Modifikation und Ergänzung der Regeln nach
Basel II zu verstehen.
72
2.1.3.1 Quantitative Anforderungen nach Säule 1
In der ersten Säule werden risikosensitive Mindesteigenkapitalanforderungen für das
Kreditrisiko, das Marktrisiko und erstmals auch für das operationelle Risiko gestellt.
73
69
BaFin: Rundschreiben 11/2010 (BA) ­ Mindestanforderungen an das Risikomanagement ­ MaRisk, 2010, online unter:
http://www.bafin.de/cln_161/nn_721290/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/Rundschreiben/2010/rs__1011__ba__marisk
.html?__nnn=true
70
Vgl. Hannemann/Schneider: Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), 2011, S. 6 ff.
71
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen,
2006, S. 2, online unter: http://www.bis.org/publ/bcbs128ger.pdf
72
Vgl. Schulte-Mattler/Manns, a.a.O., S. 2069; Deutsche Bundesbank:
http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_3basel.php, Abruf am 05.03.2012
73
Vgl. Deutsche Bundesbank: Die Umsetzung der neuen Eigenkapitalregelungen für Banken in deutsches Recht, in: Monatsbericht
Dezember 2006, S. 69 f., online unter:
http://www.bundesbank.de/download/volkswirtschaft/monatsberichte/2006/200612bbk_mb.pdf

Philipp Lessenich
19
Für die Erfassung dieser Risiken können Kreditinstitute zwischen standardisierten Er-
fassungskonzepten und bankeigenen Modellen wählen. Letztere sind im Vergleich zu
den Standardansätzen zwar aufwändiger, aber auch präziser und können damit das Ei-
genkapital entlasten.
74
Im Folgenden sollen insbesondere die veränderten Anforderun-
gen für die Unterlegung des Kreditrisikos beschrieben werden.
Das Kreditrisiko (Adressrisiko) ist ,,das Risiko von Verlusten infolge des Ausfalls ei-
nes Geschäftspartners, der seinen vertraglich zugesicherten Zahlungsverpflichtungen
nicht mehr nachkommt"
75
. Zur Berechnung der risikogewichteten Forderungsbeträge
können Institute zwischen dem Standardansatz (Kreditrisiko-Standardansatz, KSA) und
dem auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA) wählen. Bei Anwendung des
KSA können Banken Ratings von externen Ratingagenturen nutzen, sofern diese von
der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde zur Verwendung für die Eigenkapitalbe-
rechnung zugelassen sind. Hierfür muss eine Ratingagentur die Anerkennungskriterien
Objektivität, Unabhängigkeit, internationaler Zugang und Transparenz, Veröffentli-
chung, Ressourcen und Glaubwürdigkeit erfüllen.
76
In Deutschland sind unter anderem
Standard & Poor's, Moody's und Fitch Ratings von der BaFin zugelassen.
77
Aus dem
Rating lässt sich das Risikogewicht für eine Forderung ableiten. Das Risikogewicht
bestimmt analog zum Prozentsatz der Risikoklasse nach Basel I den mit 8% zu unterle-
genden Teil der Kreditsumme:
Kreditsumme * Risikogewicht * 8% = Eigenkapitalunterlegung
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Risikogewichte für Forde-
rungen im KSA gegeben werden. Für Forderungen an Staaten und deren Zentralbanken
sind folgende Risikogewichte vorgeschrieben:
74
Vgl. Alvarez-Plata/Engerer/Preiffer/Schrooten: Evaluierungsuntersuchung zur Bewertung der Aufsicht der Kreditwirtschaft und
Erstellung eines Erfahrungsberichts (Erfahrungsbericht Bankenaufsicht), Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, 2006,
S. 15, online unter: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.44968.de/diwkompakt_2006-024.pdf
75
Althof, a.a.O., S. 615
76
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 22, 32
77
Vgl. BaFin: Liste der für die bankaufsichtliche Risikogewichtung anerkannten Ratingagenturen samt Mapping, 2011, online
unter:
http://www.bafin.de/cln_161/nn_721290/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Service/Auslegungsentscheidungen/Bankenaufsicht/
ae__110509__ratingagenturen.html?__nnn=true

Philipp Lessenich
20
Abb. 4: Risikogewichte für Forderungen an Staaten
Quelle: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und
Eigenkapitalanforderungen, 2006, S. 23, online unter: http://www.bis.org/publ/bcbs128ger.pdf
Deutschland würde somit aufgrund seines AAA-Ratings ein Risikogewicht von 0%
erhalten. Allerdings wurde bei der Umsetzung der Basler Regelungen in europäisches
bzw. deutsches Recht festgelegt, dass Forderungen gegenüber Deutschland sowie jede
Zentralregierung eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums mit 0% ge-
wichtet werden.
78
Dies hat zur Folge, dass beispielsweise auch Forderungen gegenüber
Griechenland ­ trotz des derzeit schlechten Ratings ­ im KSA weiterhin nicht mit Ei-
genkapital zu unterlegen sind.
79
Aus der Systematik zu den Risikogewichten für Forde-
rungen an Staaten können jene für Forderungen gegenüber Banken abgeleitet werden
(Option 1). Banken erhalten das Risikogewicht, das eine Stufe unter dem Risikogewicht
ihres Sitzstaates liegt. Ein Kredit an eine deutsche Bank muss somit mit 20% gewichtet
werden. Alternativ zu dieser Gewichtung gibt der Basler Ausschuss Risikogewichte für
Bankforderungen nach externen Ratings vor (Option 2). Als kurzfristige Forderungen
gelten Forderungen mit einer Anfangslaufzeit unter drei Monaten:
Abb. 5: Risikogewichte für Forderungen an Banken (Option 2)
Quelle: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 26
78
Vgl. § 26 Abs. 2 SolvV; Anhang VI der EU-Richtlinie 2006/48/EG. Ein entsprechender Ermessensspielraum wurde in den Basler
Regelungen eingeräumt. Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 23
79
Vgl. Schulte-Mattler/Manns, a.a.O., S. 2078

Philipp Lessenich
21
In Deutschland wurde aufgrund der Vielzahl ungerateter kleinerer und mittelgroßer In-
stitute die vom Sitzstaat abhängige Gewichtung gewählt. Kurzfristige Forderungen er-
halten ein pauschales Risikogewicht von 20%.
80
Forderungen an Unternehmen werden mit folgenden Risikogewichten unterlegt:
Abb. 6: Risikogewichte für Forderungen an Unternehmen
Quelle: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 26
Kredite an Kleinunternehmen und Privatpersonen mit einer Kreditsumme von weniger
als einer Mio. werden dem so genannten Mengengeschäft zugeordnet. Für dieses ist
ein pauschales Risikogewicht von 75% vorgegeben.
81
Im Vergleich zu den vorherigen
Regeln muss das Mengengeschäft damit mit 25% weniger Eigenkapital unterlegt wer-
den. Des Weiteren werden für die Unterlegung des Adressrisikos aus Verbriefungs-
transaktionen mit Basel II erstmalig umfassende Anrechnungsregelungen festgelegt.
82
Hier werden abhängig von der Bonität Risikogewichte von bis zu 1250% vorgeschrie-
ben.
83
Dies ist das höchstmögliche Risikogewicht im KSA und bedeutet im Ergebnis
eine vollständige Unterlegung des Risikoaktivums mit Eigenkapital (1250% * 8% =
100%).
Es wird deutlich, dass die risikoorientierten Eigenkapitalvorschriften nach Basel II zu
einer Kapitalentlastung für Kredite an Unternehmen mit guter Bonität führen. Lediglich
bei einem Rating von BB- oder schlechter muss mehr Eigenkapital unterlegt werden als
unter Basel I.
80
Vgl. Deutsche Bundesbank: http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_eigen_adressrisikopositionen.php, Abruf
am 01.03.2012; § 31 SolvV
81
Abweichend hiervon sind durch Wohn- oder Gewerbeimmobilien abgesicherte Forderungen mit 35% bzw. 50% zu gewichten.
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 22 ff.
82
Vgl.
Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., S. 32
83
Vgl. Anlage 1 SolvV
Beispiel für einen Unternehmenskredit in Höhe von 1 Mio.
Eigenkapitalunterlegung in Abhängigkeit vom Rating des Unternehmens:
AA-Unternehmen: 1.000.000 * 20% * 8% = 16.000
BBB-Unternehmen: 1.000.000 * 100% * 8% = 80.000
B-Unternehmen: 1.000.000 * 150% * 8% = 120.000

Philipp Lessenich
22
Beim IRBA werden keine externen Ratings verwendet. Nach Prüfung und Zulassung
des Ansatzes durch die nationale Aufsichtsbehörde dürfen Banken auf interne Schät-
zungen zur Gewichtung der Risikoaktiva zurückgreifen. Für die Berechnung der Eigen-
kapitalunterlegung kommen im Wesentlichen die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredit-
nehmers (Probability of Default, PD), der erwartete Verlust unter Berücksichtigung der
Kreditbesicherung (Loss Given Default, LGD), die Restlaufzeit des Kredits (Maturity,
M) sowie die zum Zeitpunkt des Ausfalls erwartete Höhe der Forderungen an den Kre-
ditnehmer (Exposure at Default, EAD) als Risikoparameter zum Einsatz. In der Forde-
rungsklasse Unternehmen wird zusätzlich durch einen Größenindikator (Size, S) der
Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (Umsatz 50 Mio. ) berücksichtigt. Im
so genannten IRB-Basisansatz schätzen Banken lediglich die PD selbst. Die übrigen
Parameter werden aufsichtlich vorgegeben. Beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz wer-
den auch die anderen Risikoparameter von den Banken durch interne Schätzverfahren
ermittelt.
84
Durch Multiplikation des EAD mit dem aus den restlichen Parametern er-
rechneten Risikogewicht ergibt sich der mit Eigenkapital zu unterlegende Betrag
85
:
EAD * Risikogewicht * 8% = Eigenkapitalunterlegung
Das Risikogewicht von 14,44% im dargestellten Beispiel errechnet sich aus den ange-
gebenen Parametern PD, LGD, M und S.
86
Auf eine detaillierte Darstellung der Berech-
nung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Die so berechnete Eigenkapitalunterlegung
nach IRBA liegt unter den Anforderungen nach dem KSA. Dieser würde für den glei-
chen Kredit in Abhängigkeit vom externen Rating des Unternehmens eine Unterlegung
von mindestens 16.000 vorschreiben. Grundsätzlich kann im Investmentgrade-Bereich
durch Verwendung der komplexeren internen Modelle eine Erleichterung in der Eigen-
kapitalunterlegung erzielt werden. Dies stellt einen vom Basler Ausschuss gewollten
84
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 58, 67, 72, 314; Wolf, a.a.O., 2005, S. 13 ff.
85
Die Eigenkapitalanforderungen K berechnen sich direkt aus der Formel K = [LGD * N[(1 ­ R)^­0,5 * G(PD) + (R / (1 ­ R))^0,5
* G(0,999)] ­ PD * LGD] * (1 ­ 1,5 * b)^­1 * (1 + (M ­ 2,5) * b). Hierbei bezeichnet N (x) die kumulative Verteilungsfunktion
einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen, R die Korrelation, G (z) die inverse kumulative Verteilungsfunktion einer standard-
normalverteilten Zufallsvariablen und b die Restlaufzeitanpassung. Der Größenindikator S fließt in die Berechnung der Korrelation
R ein. Durch Multiplikation der Eigenkapitalanforderungen mit 12,5 (= Kehrwert von 8%) ergibt sich das Risikogewicht. Vgl.
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 71 f.
86
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 315
Beispiel für einen Unternehmenskredit in Höhe von 1 Mio.
EAD = 1.000.000 ; PD = 0,03%; LGD = 45%; M = 2,5 Jahre; S = 50 Mio.
Eigenkapitalunterlegung = 1.000.000 * 14,44% * 8% = 11.552

Philipp Lessenich
23
Anreiz zur Anwendung risikosensitiverer Ansätze dar.
87
In Deutschland haben bis zum
Jahresende 2010 von insgesamt 1.923 zugelassenen Banken 47 Banken den IRBA und
davon wiederum 15 den fortgeschrittenen Ansatz angewendet.
88
Nach Basel II sind neben Kredit- und Marktrisiken erstmals auch operationelle Risiken
zu unterlegen.
89
Das operationelle Risiko wird definiert als ,,die Gefahr von Verlusten,
die infolge einer Unzulänglichkeit oder des Versagens von internen Verfahren, Men-
schen und Systemen oder infolge externer Ereignisse eintreten"
90
. Zur Berechnung der
Eigenkapitalanforderungen für operationelle Risiken können Kreditinstitute zwischen
drei Ansätzen mit zunehmender Komplexität wählen. Der Basisindikatoransatz (BIA)
orientiert sich an dem durchschnittlichen Bruttoertrag
91
der letzen drei Jahre, der mit
einem Prozentsatz von derzeit 15% unterlegt werden muss. Im Standardansatz (STA)
werden die Bruttoerträge acht unterschiedlichen Geschäftsfeldern zugeordnet, für die
Eigenkapital in Höhe eines individuellen Prozentsatzes zwischen 12% und 18% vorzu-
halten ist. Unter Fortgeschrittene Messansätze (Advanced Measurement Approach,
AMA) fallen schließlich bankinterne modellgestütze Verfahren, die bei entsprechender
Zulassung durch die Aufsichtsbehörde für die Berechnung und Unterlegung von Verlus-
ten aus operationellen Risiken herangezogen werden können.
92
Das Abstellen auf er-
wirtschaftete Erträge zur Berechnung des operationellen Risikos, wie es im BIA und
STA erfolgt, kann allerdings nur als Hilfskonstruktion für ein schwer zu quantifizieren-
des Risiko angesehen werden.
93
In Deutschland haben 2010 lediglich 16 Banken fortge-
schrittene Messansätze, 71 den STA und die überwiegende Mehrheit (1.845 Banken)
den BIA verwendet.
94
87
Vgl. Hennecke/Trück: Auswirkungen der neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung auf die Finanzierung von KMU, in:
Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, 2005, S. 121, online unter:
http://ejournals.duncker-humblot.de/doi/pdf/10.3790/vjh.74.4.112; Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 4
88
Vgl. BaFin: Jahresbericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht '10, 2011, S. 144, 164 f., online unter:
http://www.bafin.de/cln_235/nn_722604/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Jahresberichte/2010/jb__2010__gesamt,templateId=r
aw,property=publicationFile.pdf/jb_2010_gesamt.pdf
89
Vgl. Wolf, a.a.O., 2005, S. 7
90
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 163. Von der Definition sind Rechtsrisiken, nicht jedoch strategische
Risiken oder Reputationsrisiken eingeschlossen.
91
Bruttoertrag =
Zinsergebnis zuzüglich zinsunabhängiger Erträge
92
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 163; Wolf, a.a.O., 2005, S. 18
93
Vgl. Franke: http://www.kredit-und-finanzen.de/basel-2/basel-1.html, Abruf am 07.03.2012; o.V.: One Basel leads to another, in:
The Economist, 18.05.2006, online unter http://www.economist.com/node/6908488/print?story_id=6908488; Kreische: Anforde-
rungen an das Management, die Identifizierung, Messung und Steuerung des operationellen Risikos nach Basel II, in: Praktiker-
Handbuch Basel II, Becker/Gaulke,/Wolf, 2005, S. 268
94
BaFin, a.a.O., 2011, S. 165

Philipp Lessenich
24
An seinen Vorgaben zur Unterlegung der Marktrisiken von 1996 hat der Basler Aus-
schuss bei der Konzeption von Basel II festgehalten.
95
Veränderungen hierzu gab es erst
mit den 2009 vom Basler Ausschuss erlassenen ,,Enhancements to the Basel II frame-
work"
96
, auch als ,,Basel 2.5" bezeichnet. Mit diesen Erweiterungen wurden unter ande-
rem die Kapitalanforderungen im Bereich der Handelsbuchforderungen erhöht, so dass
für Institute mit internen Marktrisikomodellen
97
mit drei- bis viermal so hohen Anforde-
rungen für die Unterlegung des Marktrisikos zu rechnen ist. Diese im Jahr 2009 durch
die CRD III
98
in europäisches Recht umgesetzten Erweiterungen zu Basel II sind in
Deutschland zum 31.12.2011 in Kraft getreten.
99
Die insgesamt für Kredit-, Markt- und operationelle Risiken zu haltenden Eigenmittel
können mit folgender Formel berechnet werden (RWA steht hier für die gewichteten
Risikoaktiva für Kreditrisiken):
Abb. 7: Gesamtkennziffer
Quelle: Wolf: Basel II ­ ein Überblick, in: Praktiker-Handbuch Basel II, Becker/Gaulke/Wolf, 2005,
S. 12
Die Definition der Eigenmittel nach Basel I, aufgeteilt in Kern- und Ergänzungskapital
sowie Drittrangmittel, wurde unter Basel II weitgehend beibehalten. Anpassungen ha-
ben sich unter anderem für die Anrechnung von hybriden Kapitalinstrumenten erge-
ben. Hybride Kapitalinstrumente haben in den Jahren vor Basel II eine zunehmend
wichtigere Bedeutung bei der Eigenmittelausstattung von Kreditinstituten erlangt. Hyb-
ridkapital hat aus Sicht der Banken insbesondere den Vorteil, dass es aufgrund der nied-
rigeren Verzinsung sowie steuerlicher Vorteile preiswerter ist als die klassischen Kern-
kapitalbestandteile. Zudem wird Hybridkapital bei entsprechender Ausgestaltung als
95
Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, a.a.O., 2006, S. 2; Deutsche Bundesbank:
http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_basel_saeule1.php, Abruf am 05.03.2012
96
Basel Committee on Banking Supervision: Enhancements to the Basel II framework, 2009, online unter:
http://www.bis.org/publ/bcbs157.pdf?noframes=1
97
In Deutschland verwendeten 2010 14 Institute interne Marktrisikomodelle.
98
Richtlinie 2010/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG
und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die
aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik
99
Vgl. Deutsche Bundesbank, a.a.O., 2011, S. 5, 21; BaFin, a.a.O., 2011, S. 165 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2012
ISBN (eBook)
9783842845466
DOI
10.3239/9783842845466
Dateigröße
2.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Koblenz - Standort RheinAhrCampus Remagen – Betriebs- und Sozialwirtschaft, Studiengang Master of Business Administration
Erscheinungsdatum
2013 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
basel bankenaufsicht leverage ratio nsfr
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Titel: Ausgestaltung und Bedeutung der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach Basel III
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