Buckelwiesenverbreitung und Waldgrenzentwicklung in den Südtiroler Dolomiten
©2012
Diplomarbeit
166 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Diese Arbeit widmet sich der Untersuchung des geomorphologischen Phänomens 'Buckelwiesen' in den Südtiroler Dolomiten. Zur Genese der gebuckelten Areale gibt es in wissenschaftlichen Kreisen mehrere Theorien, die sich teilweise widersprechen. Um die jeweiligen Konzepte verifizieren oder falsifizieren zu können, ist es wichtig die Verbreitung des Phänomens zu kennen. Im Folgenden soll nun versucht werden mit Hilfe von Orthophotos mögliche Buckelwiesenstandorte im Untersuchungsgebiet zu ermitteln und diese anhand bestimmter statistischer Lageparameter zu vergleichen um eventuelle Gemeinsamkeiten zu ermitteln. Zusätzlich soll das Windwurfkonzept zur Entstehung der Buckelwiesen überprüft werden. Dazu ist auch die Untersuchung der Waldgrenzentwicklung seit dem Postglazial in den Südtiroler Dolomiten notwendig.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird ein Überblick über das Phänomen der Buckelwiesen gegeben. Welche Definitionen gibt es und wie sieht das Kleinrelief Buckelwiese überhaupt aus. Außerdem werden die unterschiedlichen Entstehungskonzepte der verschiedenen Autoren diskutiert, sowie die bisherigen Erkenntnisse über die Verbreitung des Phänomens dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Definitionen zur Waldgrenze sowie den Einflussfaktoren darauf. Zusätzlich wird auch versucht, die Entwicklung der Baum- und Waldgrenzen im Untersuchungsgebiet seit dem Postglazial zu skizzieren. Im vierten Kapitel wird das Untersuchungsgebiet hinsichtlich der Geologie, dem Klima und der Waldbedeckung näher vorgestellt. Natürlich erfolgen auch eine genaue Abgrenzung des Gebietes, eine Unterteilung in Gebirgsgruppen sowie eine Beschreibung der Gründe, die zur Auswahl dieser Region führten. Der nächste Teil der Arbeit widmet sich den Arbeitshypothesen und der Beschreibung der Arbeitsmethoden. Hierbei soll erklärt werden, wie die Auswertung der Orthophotos zur Bestimmung der Buckelwiesenstandorte und Lage der Waldgrenzen erfolgte. Außerdem werden auch die verschiedenen Buckelwiesenkategorien beschrieben. Zusätzlich erfolgt eine Darstellung der verschiedenen statistischen Methoden, die zur Auswertung der Lageparameter verwendet wurden. Das nächste Kapitel widmet sich der Darstellung der gewonnenen Ergebnisse. Hierbei erfolgt die Angabe der Lage der gefunden Buckelwiesen mit Hilfe von Orthophotos. Ein Unterkapitel widmet sich auch den Identifizierungsproblemen die durch die Orthophotoauswertung auftraten. Daran anschließend erfolgen die […]
Diese Arbeit widmet sich der Untersuchung des geomorphologischen Phänomens 'Buckelwiesen' in den Südtiroler Dolomiten. Zur Genese der gebuckelten Areale gibt es in wissenschaftlichen Kreisen mehrere Theorien, die sich teilweise widersprechen. Um die jeweiligen Konzepte verifizieren oder falsifizieren zu können, ist es wichtig die Verbreitung des Phänomens zu kennen. Im Folgenden soll nun versucht werden mit Hilfe von Orthophotos mögliche Buckelwiesenstandorte im Untersuchungsgebiet zu ermitteln und diese anhand bestimmter statistischer Lageparameter zu vergleichen um eventuelle Gemeinsamkeiten zu ermitteln. Zusätzlich soll das Windwurfkonzept zur Entstehung der Buckelwiesen überprüft werden. Dazu ist auch die Untersuchung der Waldgrenzentwicklung seit dem Postglazial in den Südtiroler Dolomiten notwendig.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird ein Überblick über das Phänomen der Buckelwiesen gegeben. Welche Definitionen gibt es und wie sieht das Kleinrelief Buckelwiese überhaupt aus. Außerdem werden die unterschiedlichen Entstehungskonzepte der verschiedenen Autoren diskutiert, sowie die bisherigen Erkenntnisse über die Verbreitung des Phänomens dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Definitionen zur Waldgrenze sowie den Einflussfaktoren darauf. Zusätzlich wird auch versucht, die Entwicklung der Baum- und Waldgrenzen im Untersuchungsgebiet seit dem Postglazial zu skizzieren. Im vierten Kapitel wird das Untersuchungsgebiet hinsichtlich der Geologie, dem Klima und der Waldbedeckung näher vorgestellt. Natürlich erfolgen auch eine genaue Abgrenzung des Gebietes, eine Unterteilung in Gebirgsgruppen sowie eine Beschreibung der Gründe, die zur Auswahl dieser Region führten. Der nächste Teil der Arbeit widmet sich den Arbeitshypothesen und der Beschreibung der Arbeitsmethoden. Hierbei soll erklärt werden, wie die Auswertung der Orthophotos zur Bestimmung der Buckelwiesenstandorte und Lage der Waldgrenzen erfolgte. Außerdem werden auch die verschiedenen Buckelwiesenkategorien beschrieben. Zusätzlich erfolgt eine Darstellung der verschiedenen statistischen Methoden, die zur Auswertung der Lageparameter verwendet wurden. Das nächste Kapitel widmet sich der Darstellung der gewonnenen Ergebnisse. Hierbei erfolgt die Angabe der Lage der gefunden Buckelwiesen mit Hilfe von Orthophotos. Ein Unterkapitel widmet sich auch den Identifizierungsproblemen die durch die Orthophotoauswertung auftraten. Daran anschließend erfolgen die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Manuel Ecker
Buckelwiesenverbreitung und Waldgrenzentwicklung in den Südtiroler Dolomiten
ISBN: 978-3-8428-4535-0
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2013
Zugl. Universität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2012
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Danksagung
Hiermit möchte ich mich bei allen Personen herzlich bedanken, die mich bei der Erstellung
dieser Arbeit tatkräftig unterstützt haben.
Besonders meiner Diplomarbeitsbetreuerin Frau Ao. Univ.-Prof. Christine Embleton-
Hamann, die mich laufend bis zur Vollendung meiner Arbeit immer unterstützt hat, möchte
ich meinen Dank aussprechen. Sie half mir bei der Themenfindung, unterstützte mich bei der
Ausarbeitung des Konzeptes sowie bei der Geländebegehung in den Dolomiten und gab mir
auch wertvolle Tipps bei der Datenverarbeitung.
Weiters richtet sich mein Dank an Andrea Hofinger, die mir ebenfalls im Gelände wertvolle
Hilfe leistete sowie an Christine Gassner, die mir bei der Datenauswertung half.
Natürlich möchte ich mich auch bei meinen Eltern herzlich bedanken, die mich die ganzen
Studienjahre finanziell unterstützt haben.
Außerdem richtet sich mein Dank auch an meinen Bruder Thomas Ecker sowie an Stefan
Wallner, Christoph Vogl und Thomas Flommer, die beim Korrekturlesen der Arbeit und
Ausbessern der Beistrichfehler nicht verzweifelt sind. Zusätzlich gaben sie mir wertvolle
Tipps zur besseren Formulierung meiner Aussagen.
Abschließend danke ich auch Martin Schiegl, Werner Stöckl, Markus Ebner, Gerhard Pestal
und Christine Hörfarter, die mich auch während der Arbeitszeit an der Geologischen
Bundesanstalt immer tatkräftig unterstützt haben.
vi
vii
Inhaltsverzeichnis
Kurzbeschreibung... 1
Abstract ... 3
1. Einleitung ... 5
2. Buckelwiesen ... 7
2.1. Definition... 7
2.2. Gestalt des Kleinreliefs... 9
2.3. Entstehungstheorien... 10
2.3.1. Karstansatz ... 11
2.3.2. Frostkonzept ... 12
2.3.3. Windwurfkonzept... 13
2.3.4. Glaziale Aufschüttungen ... 15
2.3.5. Kombination des Karstansatzes mit anderen Konzepten ... 16
2.4. Verbreitung von Buckelwiesenvorkommen ... 17
3. Waldgrenze... 19
3.1. Definition Wald- und Baumgrenze... 19
3.2. Einflussfaktoren auf die Waldgrenze ... 21
3.3. Abiotische Einflussgrößen... 21
3.3.1. Wärmebilanz ... 21
3.3.2. Frosthärte und Schäden ... 22
3.3.3. Frosttrocknis und Abrasion ... 23
3.3.4. Bodentemperaturen ... 24
3.3.5. Wind ... 25
3.3.6. Schneebedeckung ... 26
3.3.7. Böden ... 28
3.3.8. Topographie und Geomorphologie ... 29
3.3.9. Exposition... 30
3.4. Biotische Einflussgrößen... 30
3.4.1. Einfluss der Fauna auf die Waldgrenze... 30
3.4.2. Anthropogener Einfluss... 31
3.4.3. Klimatische Veränderungen ... 32
3.5. Waldgrenzentwicklung in Südtirol während des Postglazials bis zur heutigen Zeit. 33
4. Untersuchungsgebiet ... 35
4.1. Abgrenzung des Untersuchungsgebietes ... 35
4.1.1. Abgrenzung des Untersuchungsgebietes nach Gebirgsgruppen ... 35
4.1.2. Gründe für die Auswahl des Untersuchungsgebiets ... 36
4.2. Geologie... 37
4.2.1. Quartärgeologie... 39
4.3. Klima ... 40
4.4. Waldbedeckung ... 45
5. Untersuchungsmethoden ... 47
5.1. Arbeitshypothesen ... 47
5.2. Luftbildauswertung... 48
5.2.1. Auswertung der Waldgrenzen... 49
5.3. Buckelwiesenkategorien... 50
5.4. Methodik der statistischen Auswertungen... 55
5.4.1. Fläche ... 55
5.4.2. Seehöhe und Hangneigung... 56
5.4.3. Exposition... 57
5.4.4. Kalkgehalt ... 59
viii
5.4.5. Gebirgsgruppen ... 61
5.4.6. Position im Relief... 61
5.4.7. Kolmogorov-Smirnov Test ... 62
5.4.8. T Test nach Student für zwei unabhängige Stichproben... 62
5.4.9. Chi² - Test... 63
5.4.10.
U Test von Mann und Whitney ... 64
5.4.11.
Rayleigh Test... 64
5.4.12.
Watson Test with Ties ... 65
5.4.13.
Korrelationsanalyse ... 67
5.4.14.
Berechnung der Buckelwiesendichte pro Quadratkilometer ... 68
5.4.15.
Frequency ratio ... 68
5.5. Literaturrecherche... 69
6. Daten ... 70
7. Ergebnisse ... 71
7.1. Buckelwiesenstandorte ... 71
7.1.1. Identifizierungsprobleme von Buckelwiesen auf Orthophotos... 84
7.2. Lage der Waldgrenzen... 85
7.3. Statistische Auswertungen nach Lageparametern ... 86
7.3.1. Fläche ... 88
7.3.2. Seehöhen ... 88
7.3.3. Expositionen... 93
7.3.4. Hangneigungen... 97
7.3.5. Kalkgehalt ... 101
7.3.6. Auswertung der Lageparameter nach den Gebirgsgruppen ... 102
7.3.7. Auswertung der Lageparameter nach dem Relief ... 107
7.4. Prüfstatistik... 111
7.4.1. Fläche ... 112
7.4.2. Seehöhe ... 113
7.4.3. Hangneigung ... 114
7.4.4. Exposition... 116
7.4.5. Kalkgehalt ... 118
7.5. Weitere statistische Tests... 119
7.5.1. Flächengröße - Seehöhe ... 119
7.5.2. Flächengröße - Hangneigung ... 121
7.5.3. Flächengröße - Kalkgehalt ... 121
8. Interpretation der Ergebnisse/Diskussion... 124
8.1. Bewertung der Methode der Buckelwiesenextraktion auf Orthophotos ... 129
8.2. Weitere Vorgehensweise ... 130
9. Zusammenfassung... 131
10.
Literaturverzeichnis... 133
11.
Abbildungsverzeichnis ... 139
12.
Tabellenverzeichnis... 141
13.
Anhang ... 143
Kurzbeschreibung
1
Kurzbeschreibung
In dieser Arbeit geht es um das geomorphologische Phänomen der ,,Buckelwiesen", die sich
aus einem rhythmischen Wechsel von Buckel und Mulden zusammensetzen. Zur Genese
dieses Kleinreliefs gibt es vier verschiedene Ansätze, die in der Vergangenheit teilweise sehr
kontrovers diskutiert wurden, von denen sich bisher allerdings keiner durchsetzten konnte.
Ein Problem ist auch, dass es zu wenige Informationen über die flächenhafte Verbreitung
dieses Phänomens gibt.
Im Zuge dieser Arbeit sollen daher durch die Auswertung von Orthophotos Buckelwiesen in
den Südtiroler Dolomiten kartiert und in Karten dargestellt werden, um einen Überblick über
die Verbreitung zu erhalten. Mit Hilfe eines Geländemodells sollen die Lageparameter
Flächengröße, Exposition, Seehöhe, Hangneigung und Kalkgehalt zu den gebuckelten
Arealen erhoben und statistisch ausgewertet werden, um mögliche Korrelationen zwischen
den Parametern zu suchen. Zusätzlich erfolgt auch eine Beschreibung der
Waldgrenzentwicklung seit dem Postglazial sowie die Auswertung der rezenten Waldgrenzen
im Untersuchungsgebiet. Dadurch soll die Entstehungstheorie des Windwurfkonzeptes,
welches an das Vorhandensein einer rezenten oder ehemaligen Waldbedeckung gekoppelt ist,
überprüft und gegebenenfalls falsifiziert werden.
Die Untersuchungen ergaben dabei, dass die Buckelwiesen im Untersuchungsgebiet bei
bestimmten Hangneigungen und Seehöhen bevorzugt auftreten. Da keine gebuckelten Flächen
oberhalb der postglazialen Waldgrenzen kartiert werden konnten, kann das Windwurfkonzept
als mögliche Entstehungstheorie nicht verworfen werden. Der Großteil des Kleinreliefs wurde
außerdem in Gebieten mit carbonathältigen Gesteinen gefunden, wodurch angenommen
werden kann, dass Karstlösungen von entscheidender Bedeutung für die Genese sind.
Allerdings gibt es auch eine gewisse Anzahl an gebuckelten Arealen, die, aufgrund diverser
Probleme bei der Orthophotoauswertung, möglicherweise fälschlich als Buckelwiesen kartiert
wurden und die sich teilweise nicht in Gebieten mit verkarstungsfähigen Gesteinen befinden.
2
Abstract
3
Abstract
This work is about the geomorphological phenomenon "Buckelwiesen" which are composed
of a rhythmic alternation of hummocks and pits. On the genesis of this small-sized relief there
are four different approaches that have been discussed controversially in the past but none of
them could prevail in the scientific community. Another problem is that there is too little
information on the distribution of the phenomenon.
In the course of this work Buckelwiesen are mapped in the Dolomites of South Tyrol through
the evaluation of orthophotos and presented in maps to get an overview of the distribution.
With the help of a digital terrain model the location parameters aerial extent, aspect, elevation,
slope and lime content of Buckelwiesen are collected and evaluated statistically to search for
correlations between the parameters. In addition there is also a description of the forest
boundary development since the Holocene, and the evaluation of the recent forest boundaries
in the evaluated area. This leads to the theory of the windfall concept which is linked to the
existence of a recent or former forest cover. The concept is reviewed and possibly falsified.
The investigations have shown that Buckelwiesen occur preferentially at certain altitudes and
slope gradients in the evaluated area. Since no hummocky areas were mapped above the
postglacial forest boundaries, -the windfall-concept-, as a possible theory of the origin of
Buckelwiesen, can not be rejected. Most of the hummocky reliefs were found in areas with
lime rocks. Thus it can be assumed that karst-solutions are critical for the genesis. However
there may be a certain number of hummocky areas, which were probably mapped falsely as
Buckelwiesen due to various problems with the orthophoto mapping and some of them are
partially located in areas with rocks which are not able to form karst formations.
4
Einleitung
5
1. Einleitung
Diese Arbeit widmet sich der Untersuchung des geomorphologischen Phänomens
,,Buckelwiesen" in den Südtiroler Dolomiten. Zur Genese der gebuckelten Areale gibt es in
wissenschaftlichen Kreisen mehrere Theorien, die sich teilweise widersprechen. Um die
jeweiligen Konzepte verifizieren oder falsifizieren zu können, ist es wichtig die Verbreitung
des Phänomens zu kennen. Im Folgenden soll nun versucht werden mit Hilfe von Orthophotos
mögliche Buckelwiesenstandorte im Untersuchungsgebiet zu ermitteln und diese anhand
bestimmter statistischer Lageparameter zu vergleichen um eventuelle Gemeinsamkeiten zu
ermitteln. Zusätzlich soll das Windwurfkonzept zur Entstehung der Buckelwiesen überprüft
werden. Dazu ist auch die Untersuchung der Waldgrenzentwicklung seit dem Postglazial in
den Südtiroler Dolomiten notwendig.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird ein Überblick über das Phänomen der Buckelwiesen
gegeben. Welche Definitionen gibt es und wie sieht das Kleinrelief Buckelwiese überhaupt
aus. Außerdem werden die unterschiedlichen Entstehungskonzepte der verschiedenen
Autoren diskutiert, sowie die bisherigen Erkenntnisse über die Verbreitung des Phänomens
dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Definitionen zur Waldgrenze sowie den
Einflussfaktoren darauf. Zusätzlich wird auch versucht, die Entwicklung der Baum- und
Waldgrenzen im Untersuchungsgebiet seit dem Postglazial zu skizzieren. Im vierten Kapitel
wird das Untersuchungsgebiet hinsichtlich der Geologie, dem Klima und der Waldbedeckung
näher vorgestellt. Natürlich erfolgen auch eine genaue Abgrenzung des Gebietes, eine
Unterteilung in Gebirgsgruppen sowie eine Beschreibung der Gründe, die zur Auswahl dieser
Region führten. Der nächste Teil der Arbeit widmet sich den Arbeitshypothesen und der
Beschreibung der Arbeitsmethoden. Hierbei soll erklärt werden, wie die Auswertung der
Orthophotos zur Bestimmung der Buckelwiesenstandorte und Lage der Waldgrenzen erfolgte.
Außerdem werden auch die verschiedenen Buckelwiesenkategorien beschrieben. Zusätzlich
erfolgt eine Darstellung der verschiedenen statistischen Methoden, die zur Auswertung der
Lageparameter verwendet wurden. Das nächste Kapitel widmet sich der Darstellung der
gewonnenen Ergebnisse. Hierbei erfolgt die Angabe der Lage der gefunden Buckelwiesen mit
Hilfe von Orthophotos. Ein Unterkapitel widmet sich auch den Identifizierungsproblemen die
durch die Orthophotoauswertung auftraten. Daran anschließend erfolgen die Auswertungen
der
Waldgrenzen
sowie
der
Lageparameter,
getrennt
nach
dem
gesamten
Untersuchungsgebiet sowie nach den Gebirgsgruppen und Reliefformen. Auf den letzten
Einleitung
6
Seiten dieses Kapitels werden die Ergebnisse der statistischen Auswertungen grafisch und
tabellarisch dargestellt. Im achten Kapitel werden die Resultate sowie mögliche Ursachen, die
zu deren Entstehung führten, diskutiert und ein Link zwischen den postglazialen Waldgrenzen
und den Seehöhen der Buckelwiesen hergestellt. Die abschließenden Teile widmen sich der
Bewertung der Methode der Buckelwiesenextraktion mit Hilfe von Orthophotos sowie der
weiteren Vorgehensweise zur Untersuchung des Phänomens in den Südtiroler Dolomiten. Vor
dem Anhang, der die statistischen Auswertungen der einzelnen Buckelwiesen zeigt, und den
obligaten Literatur-, Abbildungs- und Tabellenverzeichnissen werden in einer
Zusammenfassung noch einmal die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen erwähnt.
Buckelwiesen
7
2. Buckelwiesen
2.1. Definition
Bevor man sich mit der Gestalt des Kleinreliefs und den Entstehungstheorien befasst, muss
genau definiert werden, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. In der Vergangenheit
wurden teilweise sehr lebhafte und leidenschaftliche wissenschaftliche Diskussionen um
dieses Phänomen geführt, wobei die Autoren teilweise gewisse Auffassungsunterschiede
hatten, was genau unter diesem Kleinrelief verstanden werden kann (ENGELSCHALK 1971).
Unter Buckelwiesen (siehe Abb. 1) im weiteren Sinn versteht HAMANN 1985: ,,
Flächen,
die durch muldenförmige Vertiefungen im Wechsel mit kleinen Bodenkuppen rhythmisch
reliefiert sind".
Diese Erhebungen bauen sich aus anorganischer Substanz und nicht aus
vegetationsbedeckten Höckern auf. Aus morphographischer Sicht lassen sich die
Buckelwiesen laut ENGELSCHALK 1971 folgendermaßen charakterisieren:
,,Buckelfluren besitzen eine unruhige Oberfläche, die sich aus vergesellschafteten,
wohlausgebildeten Buckeln und abflusslosen Mulden zusammensetzt. Die Buckel sind
lückenlos in einer Dichte von 170 bis 900 Stück pro Hektar angeordnet, und ihre Größe
bewegt sich zwischen 100 und 700 cm im Durchmesser, zwischen 25 und 150 cm in der Höhe.
Sie bestehen aus anstehendem Lockergestein, das mehr oder minder stark verwittert ist, und
werden Bodenbuckel genannt." (ENGELSCHALK 1971).
HAMANN 1985 bemerkte, dass in dieser Definition ein recht breites Formenspektrum Platz
findet und stellt diese in der Tabelle 1 in Vergleich zu den Werten anderer Autoren dar. Da
Engelschalk diese Werte kannte und in die Untersuchungen der Buckelwiesenareale des
eiszeitlichen Isargletschers miteinfließen ließ, stellen diese Zahlen einen guten Überblick über
die Grenz- und Durchschnittswerte dar.
Buckelwiesen
8
Abbildung 1: Buckelwiese bei Kompatsch auf der Seiser Alm
Tabelle 1: Vor 1985 veröffentlichte Zahlenwerte zu den Größenverhältnissen der Buckelwiesen. Quelle:
HAMANN 1985
Ursprünglich war der Begriff ,,Buckelwiesen" der Landschaftsname für die wellig-
buckeligen, rhythmisch bewegte Oberflächengestalt der bayerischen Mittenwalder Mähder.
Seit etwa 1940 lässt sich der Ausdruck in der wissenschaftlichen Literatur vorfinden, wobei
ENGELSCHALK in seinen Publikationen die Bezeichnung ,,Buckelfluren" bevorzugt. Er
Buckelwiesen
9
befürchtete nämlich, die Verwendung des Ausdrucks ,,Buckelwiese" könnte den Eindruck
erwecken, dass die Vorkommen dieses Phänomens auf grasbewachsene Flächen beschränkt
sind, obwohl diese Geländeform auch in bewaldeten Bereichen auftritt. Nichtsdestotrotz hat
sich in der geomorphologischen Literatur der Fachausdruck ,,Buckelwiesen" durchgesetzt
(EMBLETON-HAMANN 1999 und ENGELSCHALK 1971).
2.2. Gestalt des Kleinreliefs
Die Art und Weise der Vergesellschaftung der Einzelformen sowie deren Gestalt prägen das
Erscheinungsbild der Buckelwiesen. Dabei wird zwischen einer Vielzahl von morphometrisch
erfassbaren Merkmalen unterschieden, wie die (nach HAMANN 1985):
·
Höhe der Vollform bzw. Tiefe der Hohlform
·
Durchmesser des Grundrisses der Voll- bzw. Hohlform
·
Form des Grundrisses
Buckel bzw. Mulden mit rundem oder mehr oder weniger in die Länge gezogenem
Grundriss
·
Krümmungsart der Flächenelemente
Ob im Gesamterscheinungsbild der Buckelwiesen eher die Buckel oder Mulden in
Erscheinung treten, wird durch deren Größe und Gestalt determiniert. Meistens dominiert
jedoch keine dieser beiden Einzelformen und beide weisen einen etwa gleichen Anteil am
Aufbau des Reliefs auf. Die Art und Weise der Vergesellschaftung wird durch folgende
Punkte bestimmt (nach HAMANN 1985):
·
Anordnungsdichte der Einzelformen
·
Regelmäßigkeit des Reliefs, wobei die durch die Abstände der Buckelscheitel,
Gleichförmigkeit der Einzelformen und die Ausrichtung der Längsachsen der
Erhebungen determiniert wird
Buckelwiesen
10
Zur zahlenmäßigen Charakterisierung werden vor allem folgende Merkmale herangezogen
(nach HAMANN 1985):
·
Durchmesser der Buckel: teilweise erfolgt bei den Daten in der Literatur keine
Angabe, ob es sich um Längs- oder Querachse einer ovalen bzw. um den Durchmesser
einer runden Form handelt
·
Höhe der Bodenbuckel: ENGELSCHALK 1971 versteht darunter den
,,Abstand
zwischen einem Buckelscheitel und der tiefsten Stelle der benachbarten Mulde,
senkrecht zur Geländeoberfläche gemessen".
HAMANN 1985 merkte dazu an, dass
dadurch nicht die Vollform allein, sondern der Höhenunterschied zwischen Buckel
und Mulde charakterisiert wird. Bei der Mittelung über ein bestimmtes Areal lässt sich
dadurch die Reliefenergie und nicht die mittlere Höhe der Buckel berechnen.
·
Anordnungsdichte der Bodenbuckel
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Faktoren können Buckelwiesen laut ENGELSCHALK
1971 auch noch über das die Buckel aufbauende Material charakterisiert werden. Dabei ist
laut ihm das anstehende Lockergestein entscheidend am Aufbau der Erhebungen beteiligt.
2.3. Entstehungstheorien
Die Entstehung der Buckelwiesen ist in der Vergangenheit aufgrund unterschiedlicher, sich
teilweise widersprechender Theorien, sehr kontrovers diskutiert worden. Zusammenfassend
lassen sich dabei vier unterschiedliche Konzepte unterscheiden: Karstansatz, Frostkonzept,
Windwurfkonzept und Konzept der glazialen Aufschüttungen. Dabei schränkt jede dieser
Entstehungstheorien die Verbreitung von Buckelwiesen ein, da nur bestimmte Faktoren zur
Genese führen. Beispielsweise ist die Ausbildung von Buckelwiesen nach dem
Windwurfkonzept nur in Gebieten mit ehemaligen Waldflächen möglich. Buckelwiesen in
karstfreien Gebieten würden wiederum dem Karstansatz widersprechen (HAMANN 1985 und
HOFINGER 2010).
Buckelwiesen
11
2.3.1. Karstansatz
Der Karstansatz besagt, dass das Relief durch eine Oberflächensackung aufgrund der
Auflösung des carbonatischen Gesteinsanteils im Bereich der Mulden entsteht. Dadurch
kommt es zu Massenverlusten im Untergrund wodurch der Gesteinsschutt zusammen sinkt
und die Mulden entstehen. Demnach wären die Buckel zwischen den eingesunkenen Dellen
nur relative Erhebungen. Kritiker dieses Konzeptes bemängeln allerdings, dass die Scheitel
der Buckel, wenn sie durch Einsinken des zwischen ihnen gelegenen Geländes entstanden
wären, ungefähr in einer Ebene liegen müssten (EMBLETON-HAMANN 1999
ENGELSCHALK 1971).
Diese Theorie bedingt eine deutlich größere Boden- und Verwitterungsmächtigkeit unter den
Mulden als unter den Buckeln, da der Volumenverlust durch Lösungsvorgänge mit der
Verwitterung Hand in Hand geht. Ein Profilschnitt durch Buckel und Mulde zeigt daher ein
ganz typisches Erscheinungsbild, wie es in der Abb. 2 von PENCK 1940/41 dargestellt wird.
Diese Grafik zeigt eine geringmächtige Bodendecke über dem aus unverwittertem Material
bestehenden Buckelkern, wohingegen unter der Mulde eine tiefreichende Bodenentwicklung
zu sehen ist (EMBLETON-HAMANN 1999).
Abbildung 2: Schematisiertes Profilbild einer Grabung von Penck im Tennengebirge. Quelle:
EMBLETON-HAMANN 1999
Ein strittiger Punkt am Karstansatz ist die Frage, wie ohne Primärrelief, an dem die
Verkarstung der Buckel und Mulden ansetzen kann, die ersten rhythmisch differenzierten
Niveauunterschiede einer Schuttdecke entstehen können. Die punktförmige Verkarstung einer
ebenen Fläche aus Kalkschutt würde nur ein Gebiet aus mehr oder weniger stark eingesenkten
Dolinen entstehen lassen. Außerdem konnte bei Grabungen in den Buckelwiesen bei
Mittenwald nicht das von Penck publizierte idealtypische Erscheinungsbild festgestellt
werden (EMBLETON-HAMANN 1999 und HOFINGER 2010).
Buckelwiesen
12
2.3.2. Frostkonzept
Laut dem Frostkonzept werden die Buckelwiesen als fossiles, frostbedingtes Produkt des
Spätglazials betrachtet. Die Vertreter dieser Theorie glauben, dass durch Frosteinwirkung im
Boden Netzrisse entstehen und sich diese zu Polygonen zusammenschließen, welche die
Grundlage für die Entwicklung eines Eisrahmens bilden. Dieser übt anschließend einen Druck
auf die dazwischen liegenden Felder aus, wodurch es zu deren Emporwölbung kommt.
Anschließend sackt, nachdem die Eiskeile ausgeschmolzen sind, die unmittelbare Umgebung
in die entstandenen Hohlformen nach, wodurch sich die Höhenunterschiede verstärken
(EMBLETON-HAMANN 1999, HAMANN 1985 und HOFINGER 2010).
Die Abbildung 3 zeigt typische, daraus resultierende Profile, in welchen Verwitterungskörper,
die das Aussehen von flachgedrückten Blasen besitzen, zu sehen sind. Diese setzen unter den
Buckelflanken an und führen von dort schräg oder waagrecht in die Buckelzentren hinein, wo
sie von weniger verwittertem Material überlagert sind. Dadurch nimmt die
Verwitterungsintensität von der Buckeloberfläche zum Kern hin zu. Teilweisen lassen sich
auch linsenförmige Einsprengungen von angewittertem Material in diesen Feinerdetaschen
finden und stellenweise gibt es darin auch Humus (EMBLETON-HAMANN 1999 und
HOFINGER 2010).
ENGELSCHALK 1971 vermutet nun einen zweiten Prozess der Buckelwiesenbildung, in
welchem die Feinerdetaschen durch Fließ- und Drehbewegungen diese überwiegend schräge
und verdreht anmutende Lage annahmen. Die Ursache dafür liegt in Kongeli-Solifluktions-
und Solifluktionsprozessen begründet, die zu einer hangabwärts gerichteten Verschleppung
der Feinerdetaschen in den Spaltenfüllungen geführt hätten, welche mit wenig intensiv
verwittertem Bodenmaterial überdeckt wurden. Dies bewirkte eine weitere Aufbuckelung, die
in den heutigen Größenverhältnissen resultierte (EMBLETON-HAMANN 1999).
Buckelwiesen
13
Abbildung 3: Schematische Darstellung einer Grabung von Engelschalk. Quelle: EMBLETON-HAMANN
1999
2.3.3. Windwurfkonzept
Die Vertreter dieser Theorie bringen die Buckelwiesengenese aufgrund der Regelmäßigkeit
und der Anordnungsdichte der Buckel, die an das Standortmuster von Bäumen in einem Wald
erinnern, mit Windwurfkatastrophen in Zusammenhang. Dabei wird durch die auskippenden
Wurzelteller der umstürzenden Bäume die Böden um die unmittelbareren Wurzelräume
hochgerissen und senkrecht gestellt. Anschließend fällt das Material aus den
Wurzelpackungen im Laufe der Zeit zu Boden und sammelt sich ineinander oder nestförmig
nebeneinander gemengt unter den Wurzelstöcken und formt dabei die Bodenbuckel. Die
Vertiefungen der ehemaligen Wurzelräume bleiben nun zwischen diesen Erhebungen als
Mulden zurück (EMBLETON-HAMANN 1999 und HOFINGER 2010).
Dieses Konzept kann also nur in bewaldeten Bereichen oder ehemaligen Waldgebieten seine
Gültigkeit finden. So meinte schon STINI 1940, dass die Buckelwiesen an ehemaliges
Waldland gebunden sein dürften, da er oberhalb der Waldgrenzen keine gebuckelten Areale
beobachten konnte. Beobachtungen durch GERLACH 1960, die in den Karpaten
durchgeführt wurden, konnten das Windwurfkonzept untermauern. Wie im Vertikalschnitt
(siehe Abb. 4) zu sehen ist, baut sich der Buckel aus den weitgehend umgewandelten
Wurzeltellerresten eines umgestürzten Baumes auf. Dabei besteht das Zentrum des Buckels
Buckelwiesen
14
aus einem gewachsenen, ungestörten Bodenprofil mit B- und Ah-Horizont. Die begrabene,
ehemalige Hangoberfläche wird durch einen darüber liegenden, schmalen, organischen
Auflagenhorizont aus teilweise zersetzten Blättern und Holzstücken dargestellt. Ein auf den
Kopf gestelltes Bodenprofil aus liegendem Humus- und hangendem Verwitterungshorizont
überdeckt dieses normale Profil. Dies ist dadurch erklärbar, dass die Vertiefung der Standort
eines ehemaligen Baumes ist und das mit dem Wurzelteller des umfallenden Baumes
mitgerissene Material der Mulde nach unten versetzt abgelagert wurde (siehe Abb. 5). Der
Wurzelteller, der zur Entstehung des in der Abb. 4 gezeigten Buckels geführt hat, muss dabei
stark überkippt gewesen sein, da sich das herausgerissene Material in inverser
Horizontabfolge ablagern konnte. Die Vegetationsdecke schloss sich später über der
reliefierten Oberfläche wieder und führte zur Ausbildung eines lockeren Humushorizontes.
Auch HAMANN konnte 1985 am Südrand des Tennengebirges Buckelwiesen vorfinden, die
aus einer Windwurfkatastrophe in den ehemaligen subalpinen Wäldern hervorgingen
(HAMANN 1985 und HOFINGER 2010).
Abbildung 4: Profilbild einer Grabung von Gerlach in den Karpaten. Quelle: HAMANN 1985
Buckelwiesen
15
Abbildung 5: Entstehung von Buckel und Mulde durch einen umstürzenden Baum. Quelle: HAMANN
1985
2.3.4. Glaziale Aufschüttungen
Laut dem Konzept der glazialen Aufschüttungen entstanden die Buckelwiesen bereits
während der Ablagerungen des Schuttes, aus dem sie aufgebaut sind. Die Vertreter dieses
Konzeptes sehen darin typische Eiszerfalls-Landschaften, die durch Aufschüttungs- und
Umlagerungsprozesse des durch Eistransporte bewegten Buckelwiesenmaterials entstanden
sind (EMBLETON-HAMANN 1999).
KNAUER
1943
deutet
die
Buckelwiesen
als
eine
besondere
Art
der
Grundmoränenablagerungen, wohingegen EBERL in einer Mitteilung an EBERS 1957
angibt, die gebuckelten Areale seien durch Vorgänge entstanden, die im Vorfeld von
abschmelzenden Gletscherzungen auftreten. Einen anderen Formungsprozess schlug
PRIEHÄUSSER 1957 vor, der im ungleichmäßig löchrigen Zerfall von schuttdurchsetzten
Firneisdecken die Antwort auf die Frage der Buckelwiesengenese fand. Laut seiner Theorie
sammelt sich der während des Abschmelzens frei getaute Schutt in Hohlformen der
Firnoberfläche zu Schuttkörpern an, welche in der Folge auf den Hängen als Buckel
abgesetzt werden (HAMANN 1985).
ENGELSCHALK 1971 merkte allerdings kritisch an, dass die Mittenwälder Buckel
kristalline Geschiebe beinhalten, was allerdings der Theorie von PRIEHÄUSSER
widerspricht, da er die Herkunft des Schuttes in den umliegenden Felswänden der Kalkalpen
sieht und das die Buckelwiesen aufbauende Substrat als eine eigene Gesteinsschicht, die dem
Grundmoränenmaterial aufliege. Zusätzlich entstanden die tiefer gelegenen Buckelwiesen im
bayerischen Alpenvorland in Gebieten, die nicht von einer Firnvereisung betroffen waren und
sich auch zu weit entfernt von den Felswänden der Kalkalpen befinden. Auch HAMANN
Buckelwiesen
16
1985 konnte aufgrund des Aufbaues der Buckelwiesen über Werfener Schiefer keine
Übereinstimmung mit den erwähnten Erklärungsversuchen feststellen.
2.3.5. Kombination des Karstansatzes mit anderen Konzepten
Die Entstehung des Primärreliefs in der Karsttheorie lässt sich durch die Kombination
verschiedener Elemente der soeben erwähnten Ansätze erklären (nach (EMBLETON-
HAMANN 1999):
1) Korrosive Ausbildung eines Primärreliefs unter Waldbedeckung
Der Einfluss eines Waldes führt nach KRIEG 1953 und MÜLLER 1962 zu einer
ungleichmäßigen Verteilung des in den Boden eindringenden Sickerwassers. Im
unmittelbaren Bereich der Stämme dringt aufgrund des Blätterdaches weniger Wasser
in den Untergrund ein als zwischen den Bäumen. Außerdem liefert die
ungleichmäßige Schneeverteilung im Frühling den Bereichen zwischen den Bäumen
vermehrte Einträge von lösungsfreudigen Schmelzwässern, da die dünne Schneedecke
im Bereich der Stämme viel früher abschmilzt als die ungleich Mächtigere zwischen
den Bäumen. Auch in der warmen Jahreszeit führen Rohumuskissen rund um die
Stammanläufe den mit lösungsfreudigen, organischen Säuren angereicherten
Niederschlag zu den Lösungsherden zwischen den Bäumen. Dies führt dazu, dass
durch die Karstlösung aus einer planaren Kalkschuttdecke langsam eine Gebuckelte
entsteht (EMBLETON-HAMANN 1999).
2) Entstehung eines Primärreliefs durch Windwurf
HAMANN 1984 postulierte, dass die Entstehung des Primärreliefs einiger
Buckelwiesen bei Mittenwald auf Windwürfe zurück zu führen sei, indem diese
Flächen korrosiv fixiert und anschließend ausgestaltet wurden. Die durch Windwürfe
entstandenen Buckelwiesen am Südrand des Tennengebirges weisen nämlich die
typischen Profilbilder vom Engelschalk'schen Typus mit der Anordnung von
Schichten und Linsen wechselnder Verwitterungsintensität und Herkunft auf
(EMBLETON-HAMANN 1999).
Buckelwiesen
17
3) Sedimentationsbedingtes Primärrelief
Ein initiales Relief ist für die Buckelwiesengenese laut ZECH und WÖLFEL 1974
überall dort vorhanden, wo durch die Aufschüttung einer Lockermaterialdecke eine
leicht reliefierte Oberfläche angelegt wurde. Eine etwaige Verkarstung kann nun an
gegebenen Hohlformen ansetzen und dabei langsam Mulden ausbilden, wobei dies
noch zusätzlich durch die feineren Korngrößen der Senken, die durch eine dichtere
Lagerung die Lösungskontaktdauer erhöhen, unterstützt wird (EMBLETON-
HAMANN 1999).
2.4. Verbreitung von Buckelwiesenvorkommen
Bisher wurden Buckelwiesenvorkommen in der Literatur in den Alpen sowie in der Tatra
erwähnt. Das Verbreitungsgebiet in den Alpen umfasst vor allem, wie laut KNAUER 1943
angegeben wurde, diluvial vergletscherte Gebiete. EBERS 1951 stellte dabei fest, dass es sich
um ein alpines Phänomen handeln muss, da aus dem ehemals vergletscherten norddeutschen
Raum und Skandinavien keine Vorkommnisse bekannt sind. Besonders auffällig ist auch,
dass die Vorkommen in den Alpen hauptsächlich nur in Gebieten mit kalkhaltigen Gesteinen,
nicht jedoch im Kristallin auftreten (ENGELSCHALK 1971).
Teilweise wurden in der Literatur auch Buckelwiesen erwähnt, die über carbonatfreiem
Substrat vorkommen. Daraus ist laut ENGELSCHALK 1971 der Schluss zu ziehen, dass die
Bodenbuckelungen nicht nur auf Kalkmoränen oder -schotter beschränkt sind. Allerdings ist
es für ihn doch auch verwunderlich, dass es bisher keine gesicherten Informationen zu
Vorkommen über rein kristallinem Untergrund gibt. Abgesehen von den unterschiedlichen
petrographischen Ausgangsmaterialien gibt es doch die Gemeinsamkeit, dass eine gewisse
Wasserdurchlässigkeit besteht. Ausnahmslos handelt es sich um Lockermaterialien, die von
Natur aus, im Vergleich zum Festgestein, eine vertikale Entwässerung und Abtragung von
Material entlang von unterirdischen Abzugsbahnen ermöglichen. Ein einzelnes
Buckelwiesenvorkommen konnte über anstehendem Gestein, nämlich Hauptdolomit,
gefunden werden. Allerdings ist durch die typischen Klüfte dieses Gesteins ebenfalls eine
große Wasserdurchlässigkeit gegeben (HAMANN 1985).
Zusätzlich stellte STINI 1940 fest, dass die Buckelwiesen an ,,Waldland" gebunden sein
dürften, da er keine Buckelwiesen oberhalb der Waldgrenze auffinden konnte. Allerdings
fanden HASERODT 1965 auch Buckelwiesen im Hochkönigmassiv und Hagengebirge, die
Buckelwiesen
18
über den postglazialen Waldgrenzen in einem Höhenbereich von 2200-2400 m liegen.
Gleiches gilt auch für HAMANN 1985, die einzelne Areale im Tennengebirge zwischen 2100
und 2300 m, und GOLDBERGER 1950, welcher eine Buckelwiese am Tschirgant, welche
ohne Waldbedeckung entstand, vorfand.
Ebenfalls ungleichmäßig verteilt sind die Buckelwiesen in Bezug zur Höhenlage. So konnte
ENGELSCHALK 1971 für die Buckelwiesen im Bereich des eiszeitlichen Isargletschers
durchschnittliche Höhenlagen im Alpenvorland von 600-700 m bzw. im Gebirge von 850-
1000 m feststellen. Diese Häufung dürfte auf geomorphologische Umstände wie relativ flache
Geländeformen, zurück zu führen sein. In höheren, ebenfalls flachen Regionen konnte er
ebenfalls gebuckelte Areale nachweisen, allerdings sind diese dann auf die Almgebiete
beschränkt. Aus diesem Grund fallen die oberen Almen-und Buckelwiesengrenzen meist
zusammen.
Auch im Massiv der Kräuterin gibt es Buckelwiesenareale hauptsächlich in den Gebieten mit
Almflächen, die sich dort in einem Höhenbereich von 1200-1400 m befinden (EMBLETON-
HAMANN 1999).
Mehr Gemeinsamkeiten gibt es in Bezug auf die Neigungen der Buckelwiesen. Laut
ENGELSCHALK 1971 gibt es die meisten Areale auf Hängen, die zwischen 5° und 14°
geneigt sind. Ab einem Gefälle von etwa 33° kann sich das Kleinrelief nicht mehr ausbilden.
Laut den Untersuchungen von HAMANN 1985, die zu ähnlichen Ergebnissen führten, bilden
sich gebuckelte Flächen meistens auf Hängen mit Neigungen zwischen 5° und 14° aus. Laut
ihren Annahmen wird das Kleinrelief durch Denudationsprozesse zerstört, wenn das
Hanggefälle mehr als 30° beträgt.
Waldgrenze
19
3. Waldgrenze
3.1. Definition Wald- und Baumgrenze
Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen verschiedener Autoren zur
Bestimmung der Waldgrenze. Dies lässt sich auf die differierende Betrachtungsweise der
einzelnen Disziplinen zurückführen. Geographen verstehen unter der Waldgrenze etwas
anderes als Ökologen, Pflanzensoziologen oder Förster (HOLTMEIER 1967).
Außerdem ist es auch nicht immer einfach eine genaue Höhenangabe zur Lage der
Waldgrenze zu machen. Die Form dieser Grenze variiert nämlich mehr oder weniger. Wälder
können unterhalb ihrer oberen Grenze geschlossen auftreten, welche an einer Linie abrupt
enden. Oft gibt es aber auch einen Übergangsbereich, in welchem die Bäume nach oben zu
immer weniger werden bis nur mehr einzelne Individuen zu finden sind (HOLTMEIER 2009
und TRANQUILLINI 1979). Dieser Übergangsbereich wird häufig als Kampfzone
bezeichnet, in welchem die Bäume um ihr Überleben aufgrund widriger äußerer Einflüsse
,,kämpfen" (TRANQUILLINI 1979).
WIESER u. a. 2007 bezeichnen diesen Übergangsbereich auch als Waldgrenzökoton, welches
sich zwischen der Waldgrenze und den obersten Baumindividuen erstreckt. In diesem
Übergangsbereich oberhalb des geschlossenen Waldbestandes können Bäume durch die
erschwerten klimatischen Bedingungen verkrüppeln oder zu Krummholz deformiert werden
und dabei das Aussehen von Büschen annehmen. Dennoch gelten diese Individuen noch als
wenn auch deformierte - Bäume. Die übliche Waldgrenzvegetation wie beispielsweise Pinus
mugo (Latschen), welche aufgrund ihrer genetischen Entstehung keinen baumartigen Wuchs
aufweisen, werden dagegen als Büsche bezeichnet.
Die meisten Baumdefinitionen beziehen sich allerdings auf die Baumhöhe oder in Bezug auf
die Waldgrenze auf einen minimalen Bedeckungsgrad. Die kritische minimale Baumhöhe
reicht dabei je nach Definition unterschiedlicher Autoren (siehe Tab. 2) von 2-8 m, die
minimale Waldbedeckung von 30-40%. Dabei werden für unterschiedliche Baumgattungen
auch verschiedene Mindesthöhen definiert (HOLTMEIER 2009).
HOLTMEIER 2009 vertritt die Theorie des Einflusses der Schneedecke auf die
Identifizierung von Bäumen. In den Gebirgen der mittleren Breiten sind über 2 m große
Pflanzen den harschen Witterungsbedingungen oberhalb der winterlichen Schneedecke
ausgeliefert, wohingegen kleinere Individuen innerhalb der Schneedecke geschützt sind.
Waldgrenze
20
Somit sollte eine Pflanze als Baum bezeichnet werden, sobald sie über die durchschnittliche
Schneedeckenhöhe hinausreicht.
Viele Autoren geben bei der Höhenlage der Wald- und Baumgrenzen keine Angaben über die
verwendeten Definitionen an. Da im Zuge dieser Arbeit neben den aktuellen Höhenlagen der
Wald- und Baumgrenzen auch die seit der letzten Eiszeit untersucht werden, können auch
keine
genauen
Meterangaben
der
Grenzen
eruiert
werden.
Die
heutigen
Untersuchungsmethoden, welche meist auf der Analyse von Pollen oder der
Dendrochronologie beruhen, können keine genauen Meterangaben, sondern nur ungefähre
Werte der Höhengrenzen der Bäume angeben. Dennoch ist ein Überblick über die
verschiedenen Baumdefinitionen von Nöten um eine ungefähre Vorstellung der Größen der
Individuen zu bekommen.
Tabelle 2: Minimale Baumhöhen verschiedener Autoren zur Identifizierung der oberen Baumgrenze. Quelle:
HOLTMEIER 2009
Waldgrenze
21
3.2. Einflussfaktoren auf die Waldgrenze
Die Waldgrenze ist vielen möglichen Einflussfaktoren ausgesetzt, welche die Reproduktion
und das Wachstum der Bäume und somit die Höhenlage bestimmen.
Nach WIESER u. a. 2007 lassen sich diese Einflussgrößen in biotische und abiotische
Faktoren unterteilen, teilweise überschneiden sich diese Faktoren aber auch. Zusätzlich darf
auch der anthropogene Einfluss nicht unerwähnt bleiben, da gerade seit der menschlichen
Besiedelung der Gebirge die Waldgrenze stärkeren Schwankungen unterlag.
3.3. Abiotische Einflussgrößen
3.3.1. Wärmebilanz
Obwohl
es
verschiedene
Baumgattungen
mit
unterschiedlich
bevorzugten
Standortbedingungen gibt, hängt die obere Waldgrenze primär von der mit steigender
Höhenlage immer schlechter werdenden Wärmebilanz ab, die ein Baumindividuum zum
Wachsen benötigt. Die Entwicklung und das Wachstum können nämlich nur während der
Vegetationsperiode stattfinden, welche eine gewisse Länge aufweisen muss, damit ein
bestimmter Wert der Wärmezufuhr erreicht wird um einem Baumindividuum ein Gedeihen zu
ermöglichen (TRANQUILLINI 1979 und HOLTMEIER 2009).
Diese Wärmezufuhr wird somit direkt durch die herrschenden Temperaturen, der Länge der
Vegetationsperiode, aber auch durch eventuelle Fröste während der Wachstumsperiode
bestimmt. Es gibt aber auch indirekte Einflüsse der Wärmezufuhr wie den Wind oder die
Dauer der Schneebedeckung und der damit verbundenen Beeinflussung der
Bodentemperaturen. Diese können auch durch Schmelzwässer von tauenden Schneeflächen
niedrig gehalten werden. An den dem Wind zugewandten Seiten von Bäumen kommt es oft
zu niedrigeren Luft-, Boden- und auch Nadeltemperaturen als auf den Leeseiten, welche zu
einem verminderten Wachstum von Ästen führen können (HOLTMEIER 2009).
Die Wärmebilanz und somit die Höhenlage der Waldgrenze hängt aber auch von der
Exposition ab. Nordseitige und in tief eingeschnittenen Tälern wachsende Bäume erhalten
deutlich weniger Sonnenstrahlung und weisen damit auch eine geringere Wärmebilanz als
Wälder an hoch gelegenen Südhängen auf. Weiters nimmt in manchen Gebieten die
Waldgrenze taleinwärts aufgrund kalter Luftströmungen von den Berghängen, vor allem in
Waldgrenze
22
vergletscherten Tälern, ab (siehe Abb. 6). In diesen glazial geprägten Tälern ist auch eine
untere Waldgrenze direkt über dem kalten, weil vergletscherten Talgrund möglich. Moränen
können ebenfalls für die schlechten Standortbedingungen für die Bäume verantwortlich
gemacht werden. In Beckenlagen oder Dolinen mit kaltem Talgrund kann es ebenfalls zu
einer Umkehrung der normalen Vegetationsbedeckung und somit zur Ausbildung einer
unteren Waldgrenze kommen. (TRANQUILLINI 1979 und HOLTMEIER 2009).
Abbildung 6: Abnahme der Baumgrenze in Richtung des Talschlusses. Quelle: HOLTMEIER 2009
Des Weiteren gibt es einen spürbaren Anstieg der Waldgrenze von den Außenseiten von
Gebirgen zu den inneren, kontinentaleren Gebieten, welcher auf wärmere Sommer zurück zu
führen ist (TRANQUILLINI 1979).
3.3.2. Frosthärte und Schäden
In den alpinen Gebieten in mittleren Breiten sind Bäume an der Waldgrenze häufig von
Frostereignissen betroffen. Dabei lässt sich mit zunehmender Seehöhe sowie höherer
Kontinentalität des Klimas eine höhere Frosthärte im Winter wie im Sommer feststellen. Vor
allem aber die klimatischen Bedingungen während der Wintermonate sowie im Spätwinter
sind von besonderer Bedeutung für das Baumwachstum. Fröste verursachen Schäden
hauptsächlich an Nadeln und Pflanzensprösslingen. Die Intensität dieser Schäden hängt dabei
von der Länge der vorangegangenen Vegetationsperiode ab, in welcher die Bäume genügend
Abwehrkräfte entwickeln müssen um die Beschädigungen durch klimatische Verhältnisse,
Waldgrenze
23
mechanische Kräfte wie Abrasion oder Pilzbefall der Nadeln zu überleben (HOLTMEIER
2009 und TRANQUILLINI 1979).
Allgemein lässt sich festhalten, dass die Bäume an der Waldgrenze eine derartig hohe
Frosthärte aufweisen, dass es kaum zu Frostschäden kommt (TRANQUILLINI 1979). Im
Gegensatz dazu weisen Pflanzen, welche sich im Winter unter der schützenden Schneedecke
befinden, eine deutlich reduzierte Frosthärte auf. Zusätzlich ändert sich die Frosthärte auch im
Verlauf der Jahreszeiten, nimmt im Herbst mit den sinkenden Temperaturen und der
verminderten Tageslänge schnell zu und im Frühling im Gegensatz deutlich ab
(TRANQUILLINI 1979 und WIESER u. a. 2007). Dadurch kann es in den höheren Lagen in
frostigen Sommernächten vor allem an jungen, kleinen Bäumen in der Nähe der kalten
Bodenschichten zu Frostschäden kommen (HOLTMEIER 2009).
Die Nadeln der Bäume können auch durch starke Temperaturunterschiede in Mitleidenschaft
gezogen werden. An sonnenreichen Plätzen können sich die Nadeln deutlich höher aufheizen
als die tatsächlichen Lufttemperaturen liegen. Kommt es dann zu einer kalten Nacht,
womöglich auch noch mit Frost, kann dies ebenfalls zu Schäden führen (HOLTMEIER 2009).
3.3.3. Frosttrocknis und Abrasion
Bäume können im Winter auch durch Frosttrocknis geschädigt werden. Im Gegensatz zu
Frostschäden, welche durch plötzliche Dehydration verursacht werden, kommt es bei
Frosttrocknis zu einem sukzessiven Wasserverlust durch die Transpiration. Der Wasserverlust
kann aufgrund des gefrorenen Bodens und Baumgewebes nicht ausgeglichen werden.
Besonders von diesem Phänomen sind Pflanzensprösslinge und kleine Bäume an der
Waldgrenze betroffen, da die Dicke der die Pflanzen schützenden Kutikula mit zunehmender
Seehöhe abnimmt. Während wärmerer Wetterphasen im Winter können die Bäume bei
kurzzeitiger Beendigung der Frosttrocknis etwas Wasser aufnehmen (HOLTMEIER 2009,
TRANQUILLINI 1979 und WIESER u. a. 2007).
Frosttrocknis tritt vor allem im Spätwinter auf, wenn sich die Nadeln und Pflanzensprösslinge
tagsüber aufgrund der stärker werdenden Sonnenstrahlung deutlich höher als die
Lufttemperatur erwärmen. Das große Dampfdruckgefälle zwischen den Blättern und den
umgebenden Luftmassen führt zu höherer Transpiration und somit zu schnellerer
Austrocknung (HOLTMEIER 2009 und TRANQUILLINI 1979).
Waldgrenze
24
Von dem Phänomen der Frosttrocknis sind nur Bäume, die über die Schneedecke
hinausragen, betroffen. Somit kommt es bevorzugt an Sonnenhängen und in eher
schneearmen Gebieten zu derartigen Beschädigungen der Bäume. Zusätzlich tritt
Frosttrocknis auch an der Luvseite von Bäumen auf, da Wind einerseits einen kühlenden
Effekt bewirkt und andererseits die Luftschichten austrocknet und somit die Verdunstung
fördert (HOLTMEIER 2009).
An besonders windexponierten Standorten kann es durch Abrasion, ausgelöst von Eis- oder
Bodenpartikeln, der Wachsschichten an den Bäumen zu signifikanten Wasserverlusten
kommen, da die schützende Kutikula der Bäume geschädigt wird. Zusätzlich können starke
Winde gefrorene Nadeln oder Sprösslinge brechen und die Bäume dadurch schädigen.
Außerdem kommt es dadurch an den offenen Gewebestellen noch zu vermehrter
Verdunstung, was wiederum die Frosttrocknis begünstigen kann (HOLTMEIER 2009 und
TRANQUILLINI 1979).
Allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass Frosttrocknis bei ausgewachsenen Bäumen eher
nicht zum Absterben führt und dadurch hauptsächlich Pflanzensprösslinge, welche nicht
durch eine Schneedecke geschützt sind, gefährdet werden können (HOLTMEIER 2009).
3.3.4. Bodentemperaturen
Die Bodentemperaturen weisen einen erheblichen Einfluss auf das Baumwachstum auf, da
dieses erst ab einem gewissen Temperaturwert je nach Baumart stattfinden kann.
Normalerweise wurzeln Pflanzensprösslinge in der obersten 1020 cm dicken Bodenschicht
und sind somit besonders anfällig für tiefe Temperaturen, welche die Vegetationszeit
verkürzen (HOLTMEIER 2009).
Die Temperaturen können dabei auf kleinem Raum relativ stark variieren, da sie durch
verschiedenste Dinge wie die Bodentextur, Porosität, Bodendichte, Humusgehalt,
Bodenfeuchte, Wärmeleitfähigkeit, Wärmespeicherfähigkeit, Bodenbedeckung durch
Vegetation, Exposition, Strahlung, Bodenwasser, Schneebedeckung etc. beeinflusst wird
(HOLTMEIER 2009 und WIESER u. a. 2007).
Die durchschnittlichen Bodentemperaturen nehmen wie die durchschnittlichen Seehöhen mit
der Höhe hin ab, wobei der Rückgang der Bodentemperaturen geringer ist als derjenige der
Lufttemperaturen. Somit vergrößert sich der Temperaturgradient zwischen Luft und Boden
mit steigender Höhe (HOLTMEIER 2009).
Waldgrenze
25
Unter schneebedeckten Böden fallen die Temperaturen nur wenige Grade unter den
Gefrierpunkt (WIESER u. a. 2007), wohingegen an schnee- und vegetationsarmen Plätzen die
Böden mehrere Meter tief gefroren werden können und erst im Frühjahr wieder auftauen.
Demzufolge gibt es daher auch im Winter an windexponierten Plätzen mit geringerer
Schneebedeckung eher tiefere Bodentemperaturen als in Leelagen. Eine vorhandene
Pflanzendecke kann ebenfalls die täglichen und jährlichen Temperaturschwankungen im
Boden beeinflussen. So erhitzen sich vegetationsfreie Böden im Sommer stärker als
diejenigen, die mit Pflanzen bedeckt sind. Auf dunklen Böden an windgeschützten Plätzen
kann diese Überhitzung soweit führen, dass junge Pflanzensprösslinge absterben
(HOLTMEIER 2009).
3.3.5. Wind
Die Windgeschwindigkeiten nehmen im Regelfall mit zunehmender Höhe zu und können auf
exponierten Berggipfeln höhere Werte als in stürmischen Küstengebieten erreichen. In den
mittleren Breiten wehen die Winde allgemein meist aus westlichen Richtungen und erreichen
in den Wintermonaten die höchsten Geschwindigkeiten. Durch die Topographie werden die
lokalen Windgeschwindigkeiten und Richtungen in den Tälern allerdings erheblich
beeinflusst und können somit deutlich von den über den Berggipfeln herrschenden
Strömungen abweichen. Daraus resultieren stark gegliederte Windströmungen mit
windexponierten und windgeschützten Plätzen, welche einen großen Einfluss auf die
Vegetation ausüben (HOLTMEIER 2009 und WIESER u. a. 2007).
Das Baumwachstum kann mechanisch durch Winddruck oder Abrasion durch Eiskristalle
oder Bodenpartikel, ausgelöst durch Windströmungen, behindert werden (TRANQUILLINI
1979 und WIESER u. a. 2007). Starke Stürme können zu Stammbrüchen oder Windwürfen
führen. Starkes Raureifwachstum und dadurch bedingte Stammbrüche auf der Luvseite von
Bäumen kann ebenfalls Bäume schädigen. Weiters werden durch Luftströmungen die
Standortbedingungen (Änderungen der Luft- oder Bodentemperaturen, Bodenfeuchtigkeit,
Verdunstung, Schneehöhe sowie Dauer der Schneebedeckung) verändert. Diese Änderungen
der Standortbedingungen durch Windströmungen stellen überhaupt eine der wichtigsten
Einflüsse auf das Baumwachstum an der Waldgrenze dar (HOLTMEIER 2009).
Windströmungen reduzieren die Temperaturunterschiede zwischen Pflanzen und den
umgebenden Luftschichten sowie zwischen unterschiedlich besonnten Plätzen. Während
Waldgrenze
26
klarer Strahlungsnächte verhindern Winde aufgrund der Durchmischung eine starke
bodennahe Abkühlung der Luftmassen. Einen weiteren wichtigen Faktor, welcher die
Standortbedingungen verändern kann, stellt die Verlagerung der Schneedecke durch den
Wind dar (WIESER u. a. 2007). Dies hängt dabei, abgesehen von der Windgeschwindigkeit
und Richtung, von der Kohärenz der Schneekristalle, der Dichte und dem Wasseräquivalent
der Schneedecke ab (HOLTMEIER 2009).
Ebenfalls von Bedeutung sind die Windströmungen für die Verteilung von Samen und Pollen.
Nadelverluste durch starke Winde während der Vegetationsperiode führen zur Senkung
photosynthetischer Aktivitäten und Nährstoffverlusten. Zusätzlich kann es auch zu
vermehrtem Bodenabtrag kommen, wodurch den Bäumen die Lebensgrundlage entzogen
werden kann (HOLTMEIER 2009).
3.3.6. Schneebedeckung
Die Schneebedeckung unterliegt starken Schwankungen und wird vor allem durch die
Topographie und Pflanzenbedeckung, welche die Oberflächenrauhigkeit und damit die
Windrichtungen bestimmen, determiniert. Obwohl die Dauer der Schneebedeckung primär
von der Menge des gefallenen Schnees abhängt, gibt es jedes Jahr ein annähernd gleiches
Muster der Schneeverteilung. Normalerweise werden konvexe Luvhänge schneller schneefrei,
da die Winde den Schnee verfrachten. An konkaven und den Winden abgewandten Hängen
lagern sich dagegen die Schneemassen ab. Dies gilt auch für die der Sonne zugewandten, aber
windgeschützten Hängen, da die Einstrahlung nicht ausreicht um die großen Schneemassen
abzuschmelzen, wohingegen vom Wind abgeblasene Nordhänge schneller schneefrei werden
können. Allgemein lässt sich jedoch schon festhalten, dass es auf den der Sonne zugewandten
Südhängen aufgrund der stärkeren Einstrahlung schneller zur Schneeschmelze kommt als auf
Nordhängen (HOLTMEIER 2009).
Waldgrenze
27
Tabelle 3: Die Einflüsse der Schneedecke auf Bäume an der Waldgrenze. Quelle: HOLTMEIER 2009
Die Schneebedeckung kann positive und negative Effekte auf die Vegetation haben (siehe
Tab. 3). Eine schmelzende Schneedecke kann bei wenig permeablen Bodenschichten zu lang
anhaltender Bodenfeuchte führen und somit auf sonst trockenen Böden genügend Wasser für
das Baumwachstum bereitstellen. Bei großen Blöcken oder auf Schuttflächen versickert das
Schmelzwasser dagegen relativ schnell. Lang verfügbares Schmelzwasser kann aber auch zu
Nährstoffauswaschung und Verarmung führen. Die Bodentemperaturen können längere Zeit
niedrig bleiben, wodurch Photosynthese, Wurzelwachstum, Nährstoffaufnahme gebremst
werden können. Andererseits kann durch das Schmelzwasser eingebrachte Feinmaterial,
welches durch äolische Prozesse auf die raue Schneedecke gelangt ist, die
Bodenbildungsprozesse und damit auch das Baumwachstum begünstigen (HOLTMEIER
2009).
Im Winter schützt eine hohe geschlossene Schneedecke die Vegetation vor Frost- oder
Abrasionsschäden und intensiver Sonneneinstrahlung. Die Sommerwärme wird länger im
Boden gespeichert, dieser kann sich nicht so stark abkühlen. Im Gegensatz dazu sind
Pflanzen, welche ein wenig über die Schneedecke ragen, großen Temperaturschwankungen in
windarmen Strahlungsnächten ausgesetzt, da sich die Nadeln tagsüber aufgrund der
Rückstrahlung der weißen Schneeoberfläche stärker als die Lufttemperatur erwärmen und
nachts knapp oberhalb der Schneeflächen die Temperaturen aufgrund der Ausstrahlung am
stärksten abfallen (HOLTMEIER 2009).
An besonders schneereichen Expositionen auf Nordhängen oder in Lawinenstrichen können
immergrüne Nadelbäume durch Pilzbefall beeinträchtigt werden. Diese Pilze können sich am
besten innerhalb der Schneedecke bei hoher Feuchtigkeit und Temperaturen um den
Waldgrenze
28
Gefrierpunkt entwickeln. Bäume sind erst davor geschützt, wenn sie hoch genug sind und
über die jährlichen durchschnittlichen Schneehöhen hinausragen (HOLTMEIER 2009).
Weitere Effekte, die durch eine hohe Schneedecke auftreten können, betreffen mechanische
Schäden, wodurch die Bäume anfälliger für Pilzbefall werden können. Solche mechanischen
Schäden können durch Schneedruck oder durch die Schneesetzung entstehen und dadurch
Stammbrüche auslösen. Weiters kann Schneegleiten an steilen Hängen auftreten und zu
deformierten Bäumen führen, die in ihrem Wachstum beeinträchtigt werden (HOLTMEIER
2009 und TRANQUILLINI 1979).
3.3.7. Böden
Aufgrund der vielfältigen physikalischen und chemischen Unterschiede gehören die Böden zu
den komplexesten Faktoren, welche die Waldgrenzen beeinflussen. Böden weisen einen
erheblichen
Einfluss
auf
die
Vegetation
durch
die
Temperaturverhältnisse,
Wasserverfügbarkeit, Dekomposition und Bereitstellung von Nährstoffen auf. Diese Faktoren
sind wiederum hauptsächlich vom Mikrorelief, Ausgangsgestein, Mikroklima und der
Pflanzenbedeckung abhängig.
Obwohl man wegen dieser vielfältigen Faktoren nicht von lokalen Studien über den Einfluss
von Böden auf andere Standorte schließen kann, gibt es doch einige Gemeinsamkeiten. Die
meisten Böden im Waldgrenzbereich sind flachgründig und weisen einen hohen Skelett- und
Humusanteil auf. Ranker, Rendzina und Podsol Böden oder auch Bereiche mit Hangschutt,
welche die Bodenentwicklung behindern, sind weit verbreitet. Besonders über
wasserundurchlässigen Bereichen zwischen konvexen Hangbereichen können auch vergleyte
Böden auftreten.
Ein weiterer edaphisch-biotischer Faktor des Baumwachstums an der Waldgrenze betrifft die
Symbiose zwischen Wurzeln und einem Pilz im Boden. Diese mit Mykorrhiza bezeichnete
Lebensgemeinschaft erlaubt den Bäumen durch das feine Pilzgeflecht genügend Nährstoffe
aus dem Boden aufzunehmen (HOLTMEIER 2009, TRANQUILLINI 1979 und WIESER u.
a. 2007).
Waldgrenze
29
3.3.8. Topographie und Geomorphologie
Obwohl die Höhe der Waldgrenze primär von den zonalen und klimatischen Bedingungen
abhängt, ist die Topographie einer der Schlüsselfaktoren, welche das Baumwachstum
determiniert (siehe Abb. 7). Der Effekt der Mikrotopographie auf die Einstrahlung und den
Wind und somit auf die Temperatur, Feuchtigkeit, Schneebedeckung, Evaporation etc. spielen
eine wichtigere Rolle als der Einfluss der Seehöhe (HOLTMEIER 2009 und WIESER u. a.
2007).
Abbildung 7: Einflüsse der Mikrotopographie auf die verschiedenen Standortfaktoren und die Pflanzenbedeckung.
Quelle: HOLTMEIER 2009
Auf steilen Hangbereichen können Massenbewegungen wie Sturzprozesse, Lawinen und
Rutschungen einen erheblichen Einfluss auf die Waldgrenzen aufweisen. In diesen Bereichen
werden die Waldgrenzen häufig auch nicht durch klimatische, sondern durch topographische
Einflüsse, beispielsweise Felswände, bestimmt. Weiters können Bergrücken, Rinnen und
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Jahr
- 2012
- ISBN (eBook)
- 9783842845350
- Dateigröße
- 23.9 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Wien – Geowissenschaften, Geographie und Astronomie, Geographie
- Erscheinungsdatum
- 2014 (April)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- buckelwiese waldgrenzentwicklung südtirol dolomiten