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Vergleichende Analyse der Ratingmethodik führender Ratingagenturen am Beispiel von Bankenratings

©2012 Masterarbeit 77 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In der Theorie der vollkommenen Märkte ist für Ratingagenturen, wie sie inzwischen bekannt geworden sind, keine Verwendung oder Erfordernis. Ein vollkommener Markt zeichnet sich unter anderem durch eine vollkommene Informationsgleichheit unter den verschiedenen Parteien aus. Da aber für den Kreditgeber bzw. Investoren die Ausfallrisiken des aufgenommenen Kredites bzw. des Anlageproduktes nicht immer klar erkennbar sind, treten Ratingagenturen als Vermittler auf um diese asymmetrische Informationsverteilung aufzuheben und dem Kreditgeber ein fundiertes Bild über seine Anlageoptionen zu geben. Die Ratingagenturen analysieren und bewerten Anlageoptionen und vergeben für diese ein Rating, was dem Anleger die Rückzahlungssicherheit seiner Anlage am gewünschten Fälligkeitsdatum bzw. die Sicherheit der rechtzeitigen Zins- und Tilgungszahlungen anzeigt. Das Rating wird dabei auf einer festgelegten Skala vergeben, damit Vergleiche zwischen verschiedenen Anlageoptionen möglich sind.
Obwohl die Ratingagenturen mittlerweile einer staatlichen Aufsicht unterliegen, sind diese in den vergangenen Jahren durch die Finanzkrise verstärkt in die Kritik geraten. Dabei reichen die Kritikansätze von mangelnder Transparenz der Ratingmethodik über die zu langsame Anpassung der vergebenen Ratings bis hin zu Interessenkonflikten, die für die Ratingagenturen bei der Vergabe der Ratings auftreten.
In folgender Arbeit soll beschrieben werden, welche Aufgabe Ratings auf den Finanzmärkten übernehmen. Anhand von Bankenratings wird die Methodik bei der Vergabe von Ratings beschrieben und analysiert. Dazu wird nach der allgemeinen Definition von Ratings zunächst ein genereller Überblick über den Ratingmarkt und dessen Entwicklung gegeben. In den vergangenen Jahren wurde der Ratingmarkt fast komplett von den amerikanischen Firmen Standard & Poors, Moody´s und Fitch dominiert. Da diese Firmen prinzipiell den gesamten Ratingmarkt beherrschen, wird innerhalb dieser Arbeit auf eine Betrachtung kleinerer Ratingagenturen verzichtet.
Folgend werden anhand der durch die Ratingagenturen öffentlich gemachten Angaben die Methodiken und Annahmen bei der Vergabe von Ratings für die Kreditinstitute beschrieben. Prinzipiell wird hier zwischen quantitativen Kriterien und qualitativen Kriterien unterschieden, die bei der Vergabe von Ratings eine wichtige Rolle spielen. Ergänzend werden Unterschiede bei der Ratingmethodik zwischen den verschiedenen Ratingagenturen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Ratings
2.1 Allgemeine Definition und Funktion von Ratings
2.1.1 Ratingskala führender Ratingagenturen
2.1.2 Probleme bei der Beurteilung von Ratings

3 Ratingmarkt
3.1 Entwicklung des Ratingmarkts
3.2 Vorstellung der führenden Ratingagenturen
3.2.1 Standard & Poor´s
3.2.2 Moody´s
3.2.3 Fitch

4 Ratingmethodik am Beispiel von Bankenratings
4.1 Standard & Poor´s
4.1.1 Analyse der makroökonomischen Faktoren
4.1.2 Analyse der bankspezifischen Faktoren
4.1.2.1 Stärke der Geschäftsposition
4.1.2.2 Kapital und Einnahmen
4.1.2.3 Risikolage
4.1.2.4 Finanzierungs- und Liquiditätsanalyse
4.1.3 Analyse der externen Unterstützung
4.2 Moody´s
4.2.1 Analyse der eigenen Finanzkraft
4.2.1.1 Stärke der Geschäftsposition
4.2.1.2 Risikolage
4.2.1.3 Aufsichtsrechtliches Umfeld
4.2.1.4 Operatives Umfeld
4.2.1.5 Finanzielle Fundamentaldaten
4.2.2 Analyse der externen Unterstützung
4.3 Fitch
4.3.1 Analyse der makroökonomischen Faktoren
4.3.2 Analyse der bankspezifischen Faktoren
4.3.2.1 Stärke der Geschäftsposition
4.3.2.2 Risikolage
4.3.2.3 Finanzierungs- und Liquiditätsanalyse
4.3.2.4 Kapitalanalyse
4.3.2.5 Aufsichtsrechtliches Umfeld
4.3.3 Analyse der externen Unterstützung

5 Kritik an Ratings unter Berücksichtigung der Entwicklungen während der Finanzkrise
5.1 Aktuelle Kritikpunkte an der Ratingvergabe durch führende Ratingagenturen
5.2 Mögliche Ansätze zur Verbesserung der Reputation der Ratingagenturen

6 Analyse der Entwicklung aktueller Bankenratings
6.1 Allgemeine Entwicklung von Bankenratings
6.2 Analyse der Entwicklung der langfristigen Bankenratings führender deutscher Banken
6.2.1 Deutsche Bank AG
6.2.2 Commerzbank AG
6.2.3 UniCredit Bank AG

7 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Ratingskala der führenden Ratingagenturen

Tabelle 2: Ausfallwahrscheinlichkeiten von Anleihen in Prozent

Tabelle 3: Gesamtanzahl vergebener Ratings

Tabelle 4: Rating-Downgrades 2007-2012

Abbildung 1: Marktanteile der führenden Ratingagenturen (in Prozent)

Abbildung 2: Standard & Poor´s Stand-alone-credit-profile

Abbildung 3: Moody´s Bank Rating Methodology

Abbildung 4: Einbezug der externen Unterstützung zur Vergabe des Ratings

Abbildung 5: Moody´s Ansatz zum Einbezug der externen Unterstützung

Abbildung 6: Deutsche Bank Langfrist-Ratings 2007-2012

Abbildung 7: Commerzbank Langfrist-Ratings 2007-2012

Abbildung 8: UniCredit Bank Langfrist-Ratings 2007-2012

1 Einleitung

In der Theorie der vollkommenen Märkte ist für Ratingagenturen, wie sie inzwischen bekannt geworden sind, keine Verwendung oder Erfordernis. Ein vollkommener Markt zeichnet sich unter anderem durch eine vollkommene Informationsgleichheit unter den verschiedenen Parteien aus. Da aber für den Kreditgeber bzw. Investoren die Ausfallrisiken des aufgenommenen Kredites bzw. des Anlageproduktes nicht immer klar erkennbar sind, treten Ratingagenturen als Vermittler auf um diese asymmetrische Informationsverteilung aufzuheben und dem Kreditgeber ein fundiertes Bild über seine Anlageoptionen zu geben. Die Ratingagenturen analysieren und bewerten Anlageoptionen und vergeben für diese ein Rating, was dem Anleger die Rückzahlungssicherheit seiner Anlage am gewünschten Fälligkeitsdatum bzw. die Sicherheit der rechtzeitigen Zins- und Tilgungszahlungen anzeigt. Das Rating wird dabei auf einer festgelegten Skala vergeben, damit Vergleiche zwischen verschiedenen Anlageoptionen möglich sind.

Obwohl die Ratingagenturen mittlerweile einer staatlichen Aufsicht unterliegen, sind diese in den vergangenen Jahren durch die Finanzkrise verstärkt in die Kritik geraten. Dabei reichen die Kritikansätzevon mangelnder Transparenz der Ratingmethodik über die zu langsame Anpassung der vergebenen Ratings bis hin zu Interessenkonflikten, die für die Ratingagenturen bei der Vergabe der Ratings auftreten.

In folgender Arbeit soll beschrieben werden, welche Aufgabe Ratings auf den Finanzmärkten übernehmen. Anhand von Bankenratings wird die Methodik bei der Vergabe von Ratings beschrieben und analysiert. Dazu wird nach der allgemeinen Definition von Ratings zunächst ein genereller Überblick über den Ratingmarkt und dessen Entwicklung gegeben. In den vergangenen Jahren wurde der Ratingmarkt fast komplett von den amerikanischen Firmen Standard & Poors, Moody´s und Fitch dominiert. Da diese Firmen prinzipiell den gesamten Ratingmarkt beherrschen, wird innerhalb dieser Arbeit auf eine Betrachtung kleinerer Ratingagenturen verzichtet.

Folgend werden anhand der durch die Ratingagenturen öffentlich gemachten Angaben die Methodiken und Annahmen bei der Vergabe von Ratings für die Kreditinstitute beschrieben. Prinzipiell wird hier zwischen quantitativen Kriterien und qualitativen Kriterien unterschieden, die bei der Vergabe von Ratings eine wichtige Rolle spielen. Ergänzend werden Unterschiede bei der Ratingmethodik zwischen den verschiedenen Ratingagenturen aufgezeigt.

Nach der Finanzkrise gelangten die Ratingagenturen immer schärfer in die Kritik und ihnen wird inzwischen eine große Mitschuld an den Entwicklungen innerhalb der Finanzkrise, welche im Jahr 2007 mit der schwierigen Lage am US-Häusermarkt begann und fast zum Zusammenbruch des globalen Finanzsystems führte, zugewiesen. Dabei geht es wie bereits angedeutet vor allem um fehlende Transparenz bei der Ratingvergabe und die zu langsame Anpassung von vergebenen Ratings, die dem Investor somit ein verzerrtes Bild vermitteln. Diese Arbeit zielt neben der vergleichenden Analyse der Ratingmethodik darauf ab, diese Kritikpunkte zu bewerten und ferner die Änderungen zu betrachten, die sich nach der Finanzkrise bei der Ratingvergabe und auf dem Markt der Ratingagenturen entwickelten.

Abschließend wird anhand aktueller Ratings der drei führenden deutschen Privatbanken (Deutsche Bank, Commerzbank, UniCredit Bank) die Entwicklung der Langfrist-Ratings für diese Kreditinstitute nach den Turbulenzen der Finanzkrise beschrieben und die Tendenz für zukünftige Ratings anhand der Angaben der Ratingagenturen für zukünftige Ratings analysiert.

2 Ratings

2.1 Allgemeine Definition und Funktion von Ratings

Unter dem Begriff Rating wird nach einer allgemeinen Definition, welche in verschiedenen Quellen ähnlich beschrieben wird, verstanden, dass den verschiedenen Interessengruppen nach einer intensiven Unternehmensanalyse durch die Vergabe eines Ratings

„eine aggregierte Aussage über die zukünftige Fähigkeit eines Unternehmens zur vollständigen und termingerechten Rückzahlung seiner Verbindlichkeiten“[1]

gegeben wird. Ein Rating gibt lediglich Auskunft über die Bonität eines Unternehmens, es können keine Renditeerwartungen oder Rentabilitäten von Unternehmen hieraus abgeleitet werden. Es zielt darauf ab, dem Investor eine Einschätzung über das Risiko einer Anleihe, die aktuelle Bonität des Schuldners und die zukünftige Entwicklung zu beurteilen. Das Ergebnis wird durch eine Ratingstufe festgehalten. Durch die Einführung der Richtlinien nach Basel II werden Ratings für Unternehmen unverzichtbar um das Finanzierungsrisiko für die betreffenden Investoren, welche vor allem die Banken sind, zu ermitteln. Schließlich liefern Ratings die Grundlage für die Ermittlung des Eigenkapitalbedarfs der Kreditinstitute, da Banken nach der Einführung von Basel II ihre Kredite stets mit mehr Eigenkapital unterlegen müssen, falls beim Kreditnehmer ein größeres Ausfallrisiko besteht.[2]

Dabei spielen bei der Vergabe von Ratings nicht nur quantitative Aspekte, welche aus dem Jahresabschluss entnommen werden können, eine Rolle (so genannte Hard-Facts), sondern auch qualitative Aspekte, die für die Beurteilung des zukünftigen Erfolgs des Unternehmens wichtig sind. Dadurch ist auch die zukünftige Bonität des Unternehmens mit im Rating berücksichtigt und führt dazu, dass kurzfristige Unternehmenserfolge nicht zu einem verfälschten Rating führen.[3]

Ratings der führenden Ratingagenturen werden an den internationalen Finanzmärkten immer wichtiger, und es wird davon gesprochen, dass „80% der gesamten Weltkapitalströme durch Ratings beeinflusst werden. Nationale Finanzmärkte können sich nicht länger den allgemeinen Standards entziehen.“[4] Somit wird die Bedeutung von Ratings zukünftig immer stärker zunehmen.

Begründet werden kann dies mit der Tatsache, dass der Kreditsuchende in der Regel deutlich weiterreichende Kenntnisse über seine Kreditwürdigkeit hat und seine zukünftige Bonität besser beurteilen kann als der Kreditgeber. Dieser versucht vor der Kreditvergabe allerdings möglichst viele Informationen über die Kreditwürdigkeit des Kreditsuchenden zu erfahren und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu überprüfen, um die asymmetrische Verteilung der Informationen aufzuheben oder zumindest zu begrenzen.[5] Zur Aufhebung dieser Probleme werden Ratings vergeben.

Bereits seit vielen Jahren ist es in den USA üblich, dass fast jedem Unternehmen ein Rating zugewiesen wird. Diese Praxis wird durch die Umsetzung der Basel II Reform vermehrt auch in Europa angewandt, da diese Initiative des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht vorsieht, dass Banken ihre Kredite an gewerbliche Kunden (Unternehmen etc.) ab dem Jahr 2007 in Abhängigkeit von der Bonität der betroffenen Firma mit haftendem Eigenkapital unterlegen.[6] Die geforderte Eigenkapitalunterlegung reicht dabei von 20% (Ratingklasse 1) bis 150% (Ratingklasse 5).[7] Daher ist offensichtlich, dass die Bedingungen für die Fremdkapitalaufnahme von Unternehmen durch diese Reform stark beeinflusst werden. So muss ein Unternehmen mit einem schwachen Rating mit erhöhten Fremdkapitalkosten rechnen, die von der Bank als Sicherheitsaufschlag eingefordert werden.[8]

Es wird versucht, durch diese Reform die Finanzmärkte krisenfester zu machen und ihre Stabilität in nächster Zeit zu verbessern. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Existenzsicherung der Banken, da diese ein zentrales Element in der Wirtschaft sind. Sie vergeben unter anderem Kredite an Unternehmen und Privatpersonen oder verwalten verschiedene Geldanlagen, und daher ist die Existenzsicherung dieser Institute für die Wirtschaft von großer Bedeutung.

Ratings werden aber nicht nur für Unternehmen vergeben, sondern unter anderem auch für Länder (Länderrating: Analyse der Zahlungs- und Schuldentilgungsfähigkeit), Versicherungen (Versicherungsrating: Beurteilung der Sicherheit von Ansprüchen der Versicherten) und Banken bzw. Finanzinstitute (Bankrating: Beurteilung der Sicherheit von Einlagen, von Emissionen und verwalteten Geldbeträgen).[9]

Grundsätzlich können Ratings durch den Kreditgeber selbst vorgenommen werden (interne Ratings) oder bei einer Ratingagentur angefragt werden (externe Ratings).[10] Diese Ratingagenturen beurteilen die Bonität nach einem standardisierten Verfahren und sind international anerkannt. Innerhalb dieser Arbeit soll insbesondere die Ratingmethodik der führenden amerikanischen Ratingagenturen Standard & Poor´s (S&P´s), Moody´s Investors Services (Moody´s) und Fitch Ratings (Fitch) erläutert werden. Die von diesen Agenturen vergebenen Ratings zielen darauf ab, dem Investor bzw. dem Gläubiger Transparenz zu vermitteln, um so verschiedene Anlageprodukte im Hinblick auf das für ihn mit der Anlage verbundene Risiko vergleichbarer zu gestalten. Dabei wird versucht, dass angewandte Ratingverfahren durch die Ratingagenturen möglichst geheim zu halten.[11]

In den späteren Abschnitten dieser Arbeit wird die Ratingmethodik anhand von Bankenratings verglichen, da diese wie bereits angedeutet eine zentrale Rolle in der Volkswirtschaft haben und deren Existenz wichtig für die Finanzmarktstabilität ist. So würde eine Unternehmensinsolvenz zwar zur Entlassung der Mitarbeiter dieses Unternehmens führen und deren Lieferanten und Abnehmer könnten durch die Insolvenz parallel in Schwierigkeiten geraten, aber die Auswirkungen beschränken sich meist auf die jeweilige Branche in der das Unternehmen tätig ist. Dem gegenüber sind bei einer Bankinsolvenz sämtliche Kunden des Kreditinstitutes betroffen, falls die Einlagen der Kunden nicht zurückgezahlt werden können. Dies hätte Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaftslage, da der Kundenkreis einer Bank sich nicht auf eine Branche beschränkt sondern in der Regel mehrere Wirtschaftszweige betrifft.[12]

2.1.1 Ratingskala führender Ratingagenturen

Die Ratings der führenden Ratingagenturen (Moody´s, S&P und Fitch) werden nach einem allgemein bekannten Schema vergeben, welches in folgender Tabelle dargestellt wird. Dabei unterscheiden sich die Ratings bei den verschiedenen Agenturen nur minimal durch kleine Zusätze, die dem Anleger zusätzliche Informationen geben. Die Anwendung von ähnlichen Ratingskalen führt außerdem zu einer besseren Vergleichbarkeit der Ratings. Da der Fokus dieser Arbeit auf langfristigen Kreditratings liegt, wird die Ratingskala für kurzfristige Ratings in folgender Tabelle vernachlässigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Ratingskala der führenden Ratingagenturen[13]

Es lässt sich grundsätzlich sagen, dass die Ausfallrisiken innerhalb einer Ratingkategorie ähnlich sind und untergeordnete Kategorien stets ein höheres Bonitätsrisiko anzeigen. Höher geratete Anleihen zeigen für den Investor eine höhere Sicherheit hinsichtlich der Zins- und Tilgungszahlungen für sein Anlageprodukt an.[14]

Dabei ist besonders die Unterscheidung zwischen „Investment Grade“ und „Non-Investment Grade“ für den Investor und besonders für Kreditinstitute von großer Bedeutung. Die Grenze zwischen diesen Anlageklassen liegt nach Angaben der Ratingagenturen bei Standard & Poor´s zwischen BBB- und BB+[15], sowie bei Moody´s zwischen Baa3 und Ba1.[16] Trotz der Vielzahl von möglichen Ratings treten bei der Beurteilung der vergebenen Einschätzungen durch die Ratingagenturen für den Investor verschiedene Probleme auf, die im folgenden Abschnitt erläutert werden.

2.1.2 Probleme bei der Beurteilung von Ratings

Bei der Beurteilung der Ratings treten für den Investoren vor allem Probleme durch die schwierige Ermittlung der Grenzen zwischen den Anlageklassen auf. Zwar zeigen Statistiken deutlich, wie fundiert die Ratings der Agenturen sind, aber die Übergänge zwischen den Ratingklassen sind nur schwer klassifizierbar. Dies gilt besonders im Bezug auf die Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeiten von Anleihen. Im Bereich der Anleihen mit einem Rating, welches als „Investment Grade“ anzusehen ist sind die Unterschiede in der Ausfallwahrscheinlichkeit lediglich gering, aber Anleihen mit einem Rating innerhalb des „Non-Investment Grade“-Bereichs weisen große Differenzen im Bezug auf ihre Ausfallwahrscheinlichkeiten auf. Daher erscheint die eigentliche Aussagekraft von Ratings im Bereich der risikoreichen Anleihen erheblich eingeschränkt.[17]

Ein genereller Überblick über diese Ausfallwahrscheinlichkeiten am Beispiel der Ratingagenturen Standard&Poor´s und Moody´s wurde im Jahr 2008 von der amerikanischen Regierung veröffentlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Ausfallwahrscheinlichkeiten von Anleihen in Prozent[18]

Es ist auffallend, dass die Unterschiede bei als „Investment Grade“ eingestuften Anleihen nur sehr gering sind. Allgemein beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit für Anleihen in diesem Bereich im Durchschnitt 0,07-4,14 Prozent. Im Gegensatz dazu liegt die Ausfallwahrscheinlichkeit für Anleihen, welche unterhalb der Anlageempfehlung eingestuft sind, zwischen 4,29 und 42,35%. Somit ist die Forderung nach mehr Transparenz bei der Ratingvergabe verständlich, da Außenstehende bei einer Herabstufung ihres Anlageprodukts von Ba/BB auf B/B gleich ein deutlich höheres Ausfallrisiko befürchten könnten.

Spezielle Ratings für Kreditinstitute werden bis heute nur von den drei führenden Ratingagenturen Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch erstellt. Innerhalb der deutschen Banken vertraut man diesen Ratingagenturen in etwa zu gleichen Teilen. Oftmals haben die großen Banken sogar mehrere Ratings von verschiedenen Agenturen, um den Investoren mehr Sicherheiten anzuzeigen.[19]

Allerdings waren zunächst vor allem die Ratings von Standard & Poor´s und Moody´s von großer Bedeutung. Fitch hatte hingegen einen leichten Wettbewerbsnachteil in dieser Hinsicht, da sie als ursprünglich europäische Agentur erst später durch eine Verschmelzung mit amerikanischen Agenturen eine größere Bedeutung erhielt. Dies führte dazu, dass Fitch lange nicht vollständig in den etablierten Handelssystemen integriert war und somit auch Investoren nicht in erster Linie diese Agentur für ihre Anlageentscheidungen bevorzugten. Mittlerweile sind diese Differenzen aufgehoben, und es stellt sich für ein Kreditinstitut nur die Frage, wieviele Ratings herangezogen werden. Dabei steigt mit der Menge der Ratings natürlich auch die Sicherheit der Investorenentscheidung.[20]

Da die Kreditinstitute wie bereits in Kapitel 2.1 angesprochen eine große Bedeutung in Bezug auf die Stabilität der Wirtschaft haben, ist auch der Ratingprozess für Banken von großer Bedeutung. Durch die große Bedeutung für die wirtschaftliche Gesamtsituation in Hinblick auf die Sicherheit der Anlagen diverser Unternehmen erhalten Banken durch Regierungen in existenzbedrohenden Situationen diverse Unterstützungen, um ihr Fortbestehen zu sichern. In der Vergangenheit musste kein Kreditinstitut mit einem Rating der großen Ratingagenturen Insolvenz anmelden, da Banken generell nur Zahlungsausfälle verzeichnen, wenn die finanzielle Unterstützung seitens der Politik nicht mehr gewährleistet ist. Somit sind komplette Zahlungsausfälle bei einem Kreditinstitut sehr unwahrscheinlich.[21] Bei einem Ratingprozess durch die Ratingagentur muss das Ausmaß der unterstützenden, existenzsichernden Maßnahmen bei der Beurteilung der Bonität der Banken allerdings stets beachtet werden, um kein verzerrtes Bild zu vermitteln.[22]

Allerdings profitieren Banken in unterschiedlichem Maße von den Unterstützungen durch die Regierung. Dies lässt sich mit der variierenden Bedeutung für die Gesamtwirtschaft begründen. Um diese Verzerrungen zu beurteilen, werden mittlerweile einerseits eigenständige Bewertungen (stand-alone Ratings), die nur die eigene Finanzkraft der Bank ohne mögliche Hilfe seitens der Regierungen oder Aufsichtsbehörden beurteilen vorgenommen, sowie ergänzend Bewertungen die die Unterstützungen von externer Seite bei möglichen Zahlungsschwierigkeiten berücksichtigen (all-in Ratings). Es lassen sich daher aus den einem „all-in“ Rating die relevanten Informationen für Gläubiger ableiten, und ein „stand-alone“ Rating liefert den Aufsichtsbehörden der Banken Informationen über die eigene finanzielle Stärke der Banken. Darüber hinaus kann aus dem Vergleich der beiden Ratings die von den Ratingagenturen angenommene, wirtschaftliche Sicherung des Kreditinstituts durch die Regierungen oder andere Unterstützungsgruppen abgeleitet werden.[23] Der Fokus dieser Arbeit liegt folgend in der vergleichenden Analyse der so genannten „all-in“ Ratings für deutsche Großbanken, da die Höhe und Art der Unterstützung für die Kreditinstitute nur bedingt erkennbar ist und sich auch zwischen den deutschen Banken nicht wesentlich unterscheidet. Es liegt auf der Hand, dass die Ratings im „stand-alone“ Bereich entsprechend schlechter ausfallen aufgrund der schwachen Eigenkapitalquote der Kreditinstitute und der damit entstehenden Anfälligkeit für Risiken im Bezug auf die Liquidität der Bank.

Grundsätzlich erfolgt die für die Beurteilung der Bonität bedeutende Analyse der wirtschaftlichen Daten für das Rating bei Kreditinstituten nach einem ganz anderen Prinzip als bei klassischen Unternehmen. Dies liegt vor allem an der niedrigen Eigenkapitalquote und somit hohen Verschuldungsquote der Kreditinstitute.[24] Nach einer Studie der Financial Times Deutschland liegt die Eigenkapitalquote von 29 internationalen Großbanken aktuell zwischen 1,34% und 10,46%.[25] Dem gegenüber steht eine durchschnittliche Eigenkapitalquote im deutschen Mittelstand von 26,6% im Jahr 2010.[26] Diese Zahlen zeigen die deutlichen Unterschiede in der Bilanzstruktur von Kreditinstituten und klassischen Industrieunternehmen. Im europäischen Wirtschaftsraum halten Banken ihre Vermögenswerte vor allem in Beteiligungen an Unternehmen oder Immobilien. Bei Veränderungen der wirtschaftlichen Situationen und möglichen Anpassungen der Vermögenswerte in der Bilanz treten immer wieder Bankenkrisen auf, da das Eigenkapital nicht zur Deckung der Verluste ausreicht. Somit müssen bei der Analyse der Kennzahlen innerhalb der Bilanz auch die einzelnen Vermögenswerte und Sicherheiten in Bezug auf ihre Volatilität beurteilt werden. Dabei treten Probleme bei der Bewertung der veröffentlichten Zahlen durch die Bank auf, da diese immer wieder Intransparenz aufweisen und trotz bestehender Risiken noch solide Zahlen veröffentlicht werden.[27]

3 Ratingmarkt

3.1 Entwicklung des Ratingmarkts

Die Geschichte der Ratingagenturen begann grundsätzlich im Jahr 1909 mit der Vergabe des ersten Ratings durch John Moody. Dieses Rating bezog sich auf eine Eisenbahn-Anleihe, und dieser Zeitpunkt kann als Gründungszeitpunkt für die erste Ratingagentur Moody´s gesehen werden. Folgend wurde im Jahr 1916 die „Poor´s Publishing Company“ gegründet, im Jahr 1922 die „Standard Statistics Company“ und die „Fitch Publishing Company“ im Jahr 1924. Diese Firmen erarbeiteten Ratings für verschiedene Investoren und erstellten umfangreiche Handbücher über die betroffenen Anleihen.[28]

Zu dieser Zeit haben Bankaufseher immer stärker versucht, das Ausfallrisiko bestimmter Wertpapiere besser beurteilen zu können. Dies ist der zentrale Punkt für die Begründung, warum Ratingagenturen entstanden sind. In der folgenden Zeit wurde diese Idee auch von anderen Branchen, wie beispielsweise von Versicherern, Pensionsfonds und Geldmarktfonds übernommen um die Bonität von Schuldnern einschätzen zu können.[29]

In den folgenden Jahren entwickelten sich die oben genannten Ratingagenturen zu immer größeren Firmen mit stetig wachsender Bedeutung für die wirtschaftliche Lage in den USA. Ein wichtiges Ereignis für den Ratingmarkt war im Jahr 1941, in dem die Ratingagenturen Poor´s und Standard sich zu einem Unternehmen zusammenschlossen. Auch die anderen Ratingagenturen waren in diverse Fusionen verwickelt, und es traten immer wieder Konkurrenten auf, die Zugang zum lukrativen Ratinggeschäft bekommen wollten.[30] Letztendlich haben aber diese drei Ratingagenturen sich zu einer großen Marktmacht mit einem Marktanteil von aktuell über 90% entwickelt. Die amerikanische Aufsichtsbehörde für Ratingagenturen spricht sogar von einem gesamten Marktanteil im Jahr 2010 von über 97%.[31] Der Ratingmarkt weist somit eine oligopolistische Struktur auf, da Ratings von vielen verschiedenen Akteuren auf dem Markt nachgefragt werden, aber nur wenige Ratingagenturen sich durchgesetzt haben. Dies liegt nicht zuletzt auch an der amerikanischen Börsenaufsicht, die 1975 ein Gütesiegel für die Ratingagenturen einführte. Bestimmte Wertpapierherausgeber waren nun gefordert, für ihre Wertpapiere ein Rating einer „Nationally Recognized Statistical Rating Organization“ einzuholen.[32] Dies ist neben der historisch gesehenen, guten Arbeit der bestehenden Ratingagenturen ein Grund dafür, dass es für neue Unternehmensgründungen von Ratingagenturen fast unmöglich ist, auf dem lukrativen Markt zu bestehen.[33]

Auch Banken waren bereits früher von einer wachsenden Bedeutung der Ratings betroffen. Sie wurden von der Aufsichtsbehörde für Banken dazu verpflichtet, nur noch Anlageprodukte zu halten, die nach der Meinung der Ratingagenturen als sicher, bzw. „Investment Grade“ anzusehen sind.[34] Somit waren Banken bereits früh von einem Urteil der Ratingagenturen abhängig. Sie waren gezwungen, die Ratingentscheidungen der Ratingagenturen für ihre Geschäftsprozesse zu berücksichtigen. Der Wirtschaftsprofessor Lawrence White sagte treffend, dass ein Rating für die Kreditinstitute praktisch zum Gesetz wurde.[35]

Ein weiterer historisch wichtiger Zeitpunkt in der Geschichte der Ratingagenturen war der Wechsel vom „investor pays“ Modell zum „issuer pays“ Modell. Die Ratings werden seit den frühen 70er Jahren nicht mehr vom Investoren gezahlt, sondern vom Herausgeber der Anleihen. Dafür gibt es nach White verschiedene Gründe, die aber nicht klar von den Ratingagenturen für den Wechsel im Geschäftsmodell genannt wurden. Mögliche Gründe sind das einerseits einmal vergebene Ratings durch einen Investor oft für andere Investoren kopiert wurden, was die Ratingagenturen natürlich nicht gern gesehen haben. Dadurch konnten die Ratingagenturen nicht mehr von der Nachfrage durch viele Interessenten profitieren. Außerdem haben Unternehmen, die ein Rating herausgeben, ein Privileg im Hinblick auf die Nachfrage durch die Kreditinstitute. Diese sind durch die bereits genannten Regulierungen aufgefordert, nur noch Produkte mit einem „sicheren“ Rating in ihrem Portfolio zu halten. Daher sollen die Unternehmen für dieses Privileg auch zahlen. Allerdings wird der Wechsel des Geschäftsmodells im Hinblick auf die Zahlung für vergebene Ratings mittlerweile kritisch gesehen, da nun ein Interessenkonflikt für die Ratingagenturen auftritt. Eine Ratingagentur verärgert in gewisser Weise ein Unternehmen, falls ein schwaches Rating vergeben wird und riskiert damit, dass das Unternehmen zu einer konkurrierenden Ratingagentur wechselt, um gegebenenfalls ein besserers Rating zu bekommen. Dies kann dazu führen, dass prinzipiell bessere Ratings vergeben werden, um den Herausgeber von Anlageprodukten zufrieden zu stellen.[36]

Abschließend muss erwähnt werden, dass die Ratingagenturen im Zuge der Finanzkrise immer mehr in Kritik geraten sind und nach Ansicht vieler Analysten eine Mitschuld an den Entwicklungen der Finanzkrise haben. Auch die beherrschende Position der amerikanischen Ratingagenturen wird kritisch gesehen und soll möglicherweise durch eine konkurrierende europäische Ratingagentur angegriffen werden. Auf diese Kritikpunkte und mögliche Änderungen in der Branche der Ratingagenturen wird später in dieser Arbeit noch genauer eingegangen.[37]

3.2 Vorstellung der führenden Ratingagenturen

Wie bereits in Abschnitt 3.1 angedeutet, haben die führenden Ratingagenturen Standard & Poor´s (S&P), Moody´s und Fitch einen Gesamtmarktanteil von etwa 97%. Dieser teilt sich wie in folgender Grafik zu sehen auf die drei Ratingagenturen auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Marktanteile der führenden Ratingagenturen (in Prozent)[38]

Somit lässt sich sagen, dass diese drei Firmen grundsätzlich als dominierende Agenturen auf dem Ratingmarkt auftreten. Allerdings variiert der Marktanteil auch zwischen den verschiedenen Bereichen der Ratings. So haben die Agenturen im Bereich der Versicherungsanleihen nur einen Marktanteil von etwa 73%.[39]

Im Folgenden wird die Geschichte und die Arbeitsweise der drei führenden Ratingagenturen näher beschrieben. Insgesamt wurden durch die 3 führenden Agenturen im Jahr 2010 über 2,8 Millionen Ratings vergeben wie folgende Tabelle der „National Rating Statistical Rating Organzisation“ aufzeigt.[40] Die Tabelle zeigt dabei einleitend die Aufteilung der Ratings auf die verschiedenen Bereiche der Ratings für Finanzinstitute, Versicherungsgesellschaften, Unternehmensanleihen, Anbieter von forderungsbesicherten Wertpapieren sowie Anbieter von Regierungsanleihen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Gesamtanzahl vergebener Ratings[41]

Folgend werden die wichtigsten Ratingagenturen hinsichtlich ihrer historischen Entwicklung kurz vorgestellt.

3.2.1 Standard & Poor´s

Die Geschichte der Ratingagentur Standard & Poor´s begann grundsätzlich bereits im 19. Jahrhundert. Hier trat der Gründer des Unternehmens Henry Varnum Poor (1812-1905) vor allem als Autor verschiedener Publikationen auf, die sich mit dem Eisenbahngeschäft in den Vereinigten Staaten befassten. Erst 1922 bzw. 1923 begann die Firma Poor´s Publishing, die sich später mit Standard Statistics zusammenschloss, mit der Erstellung von Ratings. Diese befassten sich mit Unternehmensanleihen und verschiedenen kommunalen Anleihen. Etwa 20 Jahre später wurde mit der Fusion von Standard Statistics und Poor´s Publishing die heute bekannte Standard & Poor´s Corp. gegründet. Ihr erster Präsident war Clayton A. Penhale.[42] Die Standard & Poor´s Corp. wurde im Jahr 1966 von der McGraw-Hill Gruppe aufgenommen und ist somit aktuell kein eigenständiges Unternehmen.[43]

Im Jahr 1975 wurden von der Ratingagentur die ersten hypothekenbesicherten Wertpapiere bewertet. Dies wird vom Unternehmen als Gründungszeitpunkt des strukturierten Finanzmarktes gesehen. Das folgende Jahr war für das Unternehmen von großer Bedeutung, da Standard & Poor´s hier als „Nationally Recognized Statistical Rating Organization (NRSRO) ausgezeichnet wurde. Damit wurde die Agentur für ihre große Akzeptanz am amerikanischen Finanzmarkt durch Investoren ausgezeichnet und ihre Arbeit hinsichtlich Unabhängigkeit, Objektivität, Glaubwürdigkeit und Transparenz gewürdigt. Das erste europäische Büro einer Ratingagentur wurde im Jahr 1984 durch Standard & Poor´s in London geöffnet, und in den folgenden 20 Jahren eröffnete die Agentur zahlreiche Büros in 20 Ländern verteilt über den gesamten, globalen Wirtschaftsraum.[44]

Mittlerweile beschäftigt Standard & Poor´s 1109 Analysten und 235 leitende Analystenberater und erreichte im Jahr 2009 einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro.[45]

3.2.2 Moody´s

Die historische Gründung der Ratingagentur Moody´s erfolgte im Jahr 1900 mit der Herausgabe eines Handbuches über Industrieanleihen durch den autodidaktischen Reformer John Moody (1868-1958). Dieses Handbuch stellte Informationen und Statistiken über Aktien und Wertpapiere diverser Finanzinstitute, Regierungen und verschiedener Industriefirmen zusammen und war innerhalb von zwei Monaten komplett in der ersten Auflage komplett ausverkauft. Drei Jahre später war das Buch im gesamten amerikanischen Wirtschaftsraum bekannt. Allerdings wurde das Unternehmen durch den Zusammenbruch der Aktienmärkte im Jahr 1907 so stark getroffen, dass es nicht überleben konnte und gezwungen war, das operative Geschäft aufzugeben.[46]

Der Gründer des Unternehmens, John Moody, kehrte aber schon 1909 mit einer neuen Geschäftsidee zurück an den Finanzmarkt. Zu diesem Zeitpunkt wurde das erste Rating durch die Ratingagentur Moody´s veröffentlicht, welches sich auf die Investitonsqualität in die Eisenbahnindustrie und deren Sicherheiten konzentrierte.[47] Bis 1924 war auch der Rentenmarkt in den vereinigten Staaten fast komplett durch Ratings der Firma abgedeckt. Dieses wurde in den folgenden Jahren weiter voran getrieben und während der großen Weltwirtschaftskrise, als verschiedene Anleihen hohe Ausfallquoten ausweisen mussten, waren nur wenige Anleihen betroffen, die von Moody´s mit einem guten Rating bewertet wurden.[48]

Die Ratingagentur Moody´s wurde zwar wie auch Standard & Poor´s im Jahr 1962 durch einen großen Konzern aufgekauft, allerdings ist Moody´s mittlerweile wieder ein eigenständiges Unternehmen, da der Konzern Dun & Bradstreet die Agentur im Jahr 2000 wieder ausgegliedert hat.[49] Aktuell beschäftigt Moody´s 1.088 Analysten und 116 leitende Analystenberater und verzeichnete 2010 einen Gesamtumsatz von 2 Milliarden Euro.[50]

3.2.3 Fitch

Die Ratingagentur mit dem kleinsten Marktanteil von 17,9% unter den marktbeherrschenden Ratingagenturen wurde 1913 von John Knowles Fitch als Fitch Publishing Company in New York City gegründet. Das Hauptgeschäft der Firma bestand ähnlich wie zur Gründerzeit der anderen Ratingagenturen in der Bereitstellung von finanziellen Statistiken für die Börse. Mit dem eigentlichen Ratinggeschäft begann das Unternehmen 1924 und führte zeitgleich auch die bis heute bekannte Ratingskala ein, die Anlageprodukte mit „AAA“ bis „D“ bewertet.[51]

Schließlich fusionierte die „Fitch Publishing Company“ im Jahr 1997 mit der britischen Firma „IBCA Limited“, die ihren Hauptsitz in London hat und baute damit ihre weltweite Präsenz immer weiter aus.[52] In den folgenden Jahren übernahm „Fitch Ratings“ die Duff & Phelps Credit Rating Co. (2000) und das Ratinggeschäft von Thomson Bankwatch (2000) und stärkte damit weiter ihre Marktposition. Heute ist die Agentur mit über 50 Büros weltweit vertreten und hat ihren Hauptsitz in London und New York.[53] Dabei sind aktuell 712 Analysten und 337 leitende Analystenberater für die Ratingagentur tätig.[54]

4 Ratingmethodik am Beispiel von Bankenratings

4.1 Standard & Poor´s

Im Folgenden wird die Methodik der Ratingvergabe der führenden Ratingagenturen anhand der zur Verfügung gestellten Unterlagen von Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch dargestellt.

Standard & Poor´s beschreibt den Ratingprozess mit zwei Kernpunkten, die bei der Ratingvergabe signifikant sind. Es wird zunächst ein „Stand-alone credit profile“ (SACP) erstellt, welches die eigene Finanzkraft des Kreditinstitutes anzeigt. Folgend wird das Ausmaß der externen Unterstützung seitens der Regierung bzw. beteiligter Firmen gemessen. Durch die Kombination dieser Kernfaktoren wird das Rating letztendlich vergeben.[55] Den verschiedenen Interessengruppen wird durch die Trennung der externen Unterstützung von der bankinternen Finankraft die Möglichkeit gegeben zu analysieren, inwiefern die Bank von externen Unterstützungen oder Sicherungssystemen profitiert.

Die Ratingvergabe von Standard & Poor´s erfolgt für sämtliche Kreditinstitute grundsätzlich nach folgendem Schema, welches durch die Agentur im Internet veröffentlicht wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Standard & Poor´s Stand-alone-credit-profile[56]

4.1.1 Analyse der makroökonomischen Faktoren

Zur Ermittlung des SACP werden im ersten Schritt die makroökonomischen Faktoren für das Kreditinstitut analysiert und zu einem „Banking Industry Risk Assessment score“ (BICRA) zusammengeführt. Hier spielen neben den branchenspezifischen Risiken auch die wirtschaftichen Risiken eine gewichtige Rolle.[57]

Die Beurteilung des wirtschaftlichen Risikos erfolgt auf einer Skala von 1 (sehr geringes Risiko) bis 10 (extrem hohes Risiko). Analysiert wird in erster Linie die wirtschaftliche Stabilität und Struktur des Landes. Dabei wird die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit, wirtschaftliche Ungleichgewichte und das Kreditrisiko im betroffenen Land bewertet.[58] Es wird darauf hingearbeitet, das Potential für negative, wirtschaftliche Entwicklungen innerhalb des Landes zu ermitteln. Falls eine Bank in mehr als einem Land tätig ist, so wird für jedes Land, in dem die Bank mehr als 5% ihres Geschäfts abwickelt, ein gewichtetes Länderrisiko angenommen, um für die Bank ein durchschnittliches Gesamtrisiko herauszufiltern. Ein Kreditinstitut wird daher nach dem gewichteten Durchschnitt der Kreditsummen in einem Land bewertet.[59]

Das branchenspezifische Risiko wird ähnlich dem wirtschaftlichen Risiko auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet und beurteilt drei strukturelle Merkmale der wirtschaflichen Rahmenbedingungen für die Bank. Es wird der institutionelle Rahmen sowie die Regulierung des Bankensektors bewertet, die Wettbewerbsdynamik innerhalb der Branche im Hinblick auf den finanziellen Sektor und die Finanzierung zwischen den Banken mit Berücksichtigung der Rolle überwachender Zentralbanken.[60] Da somit auch die laufenden Finanzierungsmöglichkeiten für die Banken in einem Land bewertet sind, enthält das SACP auch Teile der laufenden, außerordentlichen Unterstützung. Im Gegensatz zum wirtschaftlichen Risiko wird beim branchenspezifischen Risiko kein gewichteter Durchschnitt für Banken berechnet, die in mehr als einem Land tätig sind. Dies wird begründet mit der Abhängigkeit der Bank vom Rechtsrahmen des Landes in dem der Hauptsitz liegt.[61]

Durch die Kombination der branchspezifischen Risiken mit den wirtschaftlichen Risiken wird ein fixes SACP ermittelt, welches auf der Skala von „a“ (geringstes Risikolevel) bis „b-“ (höchstes Risiko) liegt. Dieses SACP ist eine weltweit einheitliche Einstufung der Kreditwürdigkeit eines nationalen Bankenmarktes. Ein höheres Rating wird durch die Agentur dabei nicht vergeben, um die schwierigen Bedingungen innerhalb einer Bankenkrise im Voraus abzusichern.[62]

Die nun folgende, bankspezifische Analyse baut grundsätzlich auf dem fixen SACP, das durch die makroökonomischen Faktoren bestimmt wurde, auf. In Abhängigkeit von der Geschäftsposition, der Kapital- und Ertragsstruktur, der Risikolage und der Finanzierung sowie Liquidität wird dieses um bis zu 2 Stufen herauf- oder bis zu 5 Stufen für jedes Feld herabgesetzt. Bei der Betrachtung dieser Faktoren werden die Banken grundsätzlich mit allen Banken aus dem Land, in dem ihr Kerngeschäft liegt, verglichen.[63]

4.1.2 Analyse der bankspezifischen Faktoren

Zur Bewertung der bankspezifischen Faktoren werden wie in der Grafik auf Seite 17 zu sehen folgende 4 Unterfaktoren durch Standard & Poor´s bewertet[64]:

- Stärke der Geschäftsposition
- Kapital und Einnahmen
- Risikolage
- Finanzierungs- und Liquiditätsanalyse

4.1.2.1 Stärke der Geschäftsposition

Bei der Bestimmung der Stärke der Geschäftsposition wird die zu bewertende Bank zusätzlich mit sämtlichen Banken verglichen, die das gleiche branchenspezifische Risiko aufweisen. Die Stärke der Geschäftsposition wird dabei durch die Analyse der Stabilität des Kreditinstituts, die Konzentration bzw. Diversifikation der Geschäftsaktivitäten sowie der Qualität des Managements und der verfolgten Unternehmensstrategie ermittelt. Das Ergebnis wird letztendlich in einer Skala von „sehr stark“, „stark“, „adäquat“, „moderat“, „schwach“ oder „sehr schwach“ dargestellt, wobei eine „sehr starke“ Bewertung zu einer Aufwertung der festen SACP um 2 Stufen führt und eine „sehr schwache“ Bewertung zu einer Abwertung um 5 Stufen.[65] Eine Bank mit einer „sehr starken“ Geschäftsposition zeichnet sich dadurch aus, dass sie schwierigen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besser standhalten kann als es durch den branchenabhängigen Risikofaktor angezeigt wird. In Gegensatz dazu zeigt eine „sehr schwache“ Geschäftsposition an, dass die Bank nicht die branchenübliche Standhaftigkeit in Krisenzeiten in ihrem Wirtschaftsraum aufweist.[66]

Zur Beurteilung der Stärke der Geschäftsposition wird zunächst die Stabilität der Bank beurteilt. Standard & Poor´s stellt in ihren Angaben heraus, dass während der Bankenkrise ab dem Jahr 2007 klar erkennbar wurde, dass Banken mit einem großen Handelsgeschäft (z.B. durch den Handel mit Derivaten) stark von sinkendem Vertrauen der Kunden betroffen waren. Dagegen sind Banken, deren Umsätze nicht konjunkturanhängig beeinflusst werden, weniger stark von Krisenzeiten betroffen und haben nach Ansicht von Standard & Poor´s daher eine stärkere Geschäftsposition. Somit sind Kriterien zur Messung der Stärke der Geschäftsposition vor allem die Umsatzvolatilität, der Marktanteil der Bank und der Kundenstamm. Banken mit einem hohen Anteil an widerkehrenden Renten oder Zinserträgen sind für Standard & Poor´s stabiler als Banken mit hohen Erträgen aus dem Handelsgeschäft.[67]

[...]


[1] Kabuth (2003), S.3

[2] Vgl. Ostermann (2004), S.3

[3] Vgl. Daniel (2004), S.39

[4] Vgl. Ostermann (2004), S.10

[5] Vgl. Steiner/Starbatty (2003), S.19

[6] Vgl. Kabuth (2003), S.3

[7] Vgl. Hartmann-Wendels (2011), S.29

[8] Vgl. Ostermann (2004), S.4

[9] Vgl. Heinke (1998), S.18

[10] Vgl. Rudolph (2006), S.404

[11] Vgl. Ostermann (2004), S.10

[12] Vgl. Fischer/Volk (2004), S.228

[13] Tichy (2011), S.237

[14] Vgl. Schätzle (2010), S.2

[15] Vgl. http://www.standardandpoors.com/ratings/definitions-and-faqs/en/us.

[16] Vgl. Moody´s Investors Service (2012), S.6

[17] Vgl. Steiner/Starbatty (2003), S.20f

[18] Vgl. http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/CRPT-110hrpt835/html/CRPT-110hrpt835.htm.

[19] Vgl. Claussen (2004), S.459

[20] Vgl. Claussen (2004), S.459

[21] Vgl. Fischer / Volk (2004), S.228f

[22] Vgl. Packer / Tarashev (2011), S.42

[23] Vgl. Packer / Tarashev (2011), S.42

[24] Vgl. Fischer / Volk (2004), S.229

[25] Vgl. http://www.ftd.de/politik/:systemrelevante-institute-diese-banken-brauchen-mehr-eigenkapital/60125292.html.

[26] Vgl. KfW Bankengruppe (2011), S.4

[27] Vgl. Fischer / Volk (2004), S.229

[28] Vgl. White (2010), S.211

[29] Vgl. Buchter (2011), S.1

[30] Vgl. White (2010), S.211

[31] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.11

[32] Vgl. Buchter (2011), S.1

[33] Vgl. Johansson (2010), S.3

[34] Siehe Seite 6

[35] Vgl. White (2010), S.213

[36] Vgl. White (2010), S.214f

[37] Vgl. http://www.welt.de/wirtschaft/article106233121/Europaeische-Ratingagentur-steht-vor-der-Gruendung.html.

[38] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.10

[39] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.11

[40] Anm. Viele Anleihen wurden durch mehrere Ratingagenturen bewertet und sind daher in dieser Statistik mehrmals erfasst

[41] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.9

[42] Vgl. http://www.standardandpoors.com/about-sp/timeline/en/us/.

[43] Vgl. White (2010), S.211

[44] Vgl. http://www.standardandpoors.com/about-sp/timeline/en/us/.

[45] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.14; Vgl. Tichy (2011), S.234

[46] Vgl. http://www.moodys.com/Pages/atc001.aspx.

[47] Vgl. http://www.moodys.com/Pages/atc001.aspx.; Vgl. White (2010), S.211

[48] Vgl. http://www.moodys.com/Pages/atc001.aspx.

[49] Vgl. White (2010), S.211

[50] Vgl. U.S. Securites and Exchange Commission (2012), S.14; Vgl. Tichy (2011), S.235

[51] Vgl. http://www.fitchratings.com.cn/en/development.php.

[52] Vgl. http://www.fitchratings.com.cn/en/development.php.; Vgl. White (2010), S.211

[53] Vgl. http://www.fitchratings.com.cn/en/development.php.

[54] Vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (2012), S.14

[55] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 8

[56] Standard & Poor´s (2011), Chart 2

[57] Vgl. Packer / Tarashev (2011), S.47

[58] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 30f

[59] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 32f

[60] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 37f

[61] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 40f

[62] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 42ff

[63] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 48ff

[64] Standard & Poor´s (2011), TZ 26

[65] Siehe Anhang Tabelle 1

[66] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 53ff

[67] Vgl. Standard & Poor´s (2011), TZ 57f

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2012
ISBN (eBook)
9783842843424
DOI
10.3239/9783842843424
Dateigröße
5.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg – Wirtschafts- und Rechtswissenschaften
Erscheinungsdatum
2012 (November)
Note
2,7
Schlagworte
rating ratingagenturen bankenratings ratingmethodik banken
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Titel: Vergleichende Analyse der Ratingmethodik führender Ratingagenturen am Beispiel von Bankenratings
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