Effizienzsteigerung und Kostenreduktion im Übersetzungsprozess durch den Einsatz von prozessgesteuerten Softwarelokalisierungs- und Autorensystemen
Zusammenfassung
Bei meinem letzten Arbeitgeber war ich unter anderem als Produktmanager tätig. In dieser Position war es auch meine Aufgabe jegliche technische Dokumentation zu meiner Produktreihe zu verfassen, zu aktualisieren und in die entsprechenden Sprachen unserer Exportländer übersetzen zu lassen.
In der Praxis war es unmöglich bei der Erstellung von z.B. Bedienungsanleitungen immer mit den gleichen Satzstellungen bzw. Fachausdrücken zu arbeiten.
Erschwerend ist hinzugekommen, dass es auch an entsprechenden Vorgaben bzw. Definitionen gefehlt hat. Dies führte alleine in meinem Produktbereich dazu, dass in ein und derselben Bedienungsanleitung einmal die Bezeichnung Fingerprintleser und dann wieder Fingerscanner zur Anwendung kam.
Nicht nur, dass dies für den Leser - also den Kunden - verwirrend war, es mussten auch für Übersetzungen immer verschiedene Wörter übersetzt werden. Das verhinderte eine Kostenreduktion, durch die Verwendung von gleichen Verben.
Für das Unternehmen kam erschwerend dazu, dass wir in Summe 5 Produktmanager waren und in unseren Produktreihen gleiche Bauelemente zur Verwendung kamen. Meine o.a. Problematik verfünffachte sich also für das Unternehmen.
Durch diverse Treffen mit Produktmanagern und Verantwortlichen für die technische Dokumentation in anderen Unternehmen konnte ich erkennen, dass diese Problematik sehr weit verbreitet ist.
Speziell in klein- & mittelständischen Betrieben wird meist nicht erkannt, welche Einsparungspotentiale und Qualitätssteigerungen durch kontrollierte Sprache möglich sind.
Parallel dazu konnte ich feststellen, dass es für diese Problematik tolle Lösungsansätze und zum Teil fertige Lösungen für die Verwendung von kontrollierter Sprache gibt. Sei es nun rein konzeptionell über Datenbank gestützte Echtzeitsysteme, die während der Erstellung von Dokumenten unterstützend eingreifen, bis hin zum Einsatz von sogenannten TMS Translation Memory Systemen.
Leider ist das Wissen über diese Möglichkeit derzeit fast ausschließlich in großen Konzernen vorhanden, wo es eigene Abteilungen für technische Dokumentationen und somit ausreichend Ressourcen dafür gibt.
Diese Masterarbeit soll eine Hilfestellung für Produktmanager und Verantwortliche in der technischen Dokumentation sein.
Da klein- & mittelständischen Unternehmen nur begrenzte Mittel und Ressourcen zur Verfügung stehen und TM Systeme meist sehr hohe Investitionen bedeuten, wird die Automatisierung in der technischen […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und Ziel der Masterarbeit:
2 Kontrollierte Sprache
2.1 Was versteht man unter kontrollierter Sprache
2.2 Was versteht man unter übersetzungsgerechtem Schreiben
2.2.1 Qualitätsanforderungen an technische Dokumentationen
2.2.2 Rechtliche Regelung
2.2.3 Grundlegende praktische Regeln für übersetzungsgerechtes Schreiben:
2.2.4 Tiefergehende Regelungen für die praktische Umsetzung von Terminologiemanagement:
2.3 Pragmatischer Ansatz zur praxisnahen Einführung mit überschaubarem zusätzlichen Zeitaufwand
3 Technik
3.1 Translation Memory Systeme / Softwarelokalisierung
3.1.1 Klassische Translation Memory Systeme:
3.1.2 Besondere Lösungen: z.B. Eine Kombination aus Softwarelokalisierung und TMS mit Alchemy CATALYST und Alchemy Language Exchange
3.1.2.1 Alchemy CATALYST
3.1.2.2 Alchemy LANGUAGE EXCHANGE
3.2 AMS / Authoring Memory Systeme - Autorensoftware
3.2.1 Warum [i}-match à kurzer Rundumblick auf andere Produkte
3.2.2 [i]-match
3.2.2.1 Aufbau
3.2.2.2 Funktion der [i]-match Module
3.2.2.3 Limitationen
4 Praktische Evaluierung am Beispiel der Einführung von Alchemy CATALYST und [i]- match bei Loxone Electronics GmbH
4.1.1 Ausgangslage - Ist-Situation
4.1.2 Ziel der Prozessoptimierung
4.1.3 Evaluierungsphasen möglicher Softwarekandidaten und Ergebnisse
4.1.3.1 Phase 1 – „kostenlose“ Online-Plattformen für Übersetzungen
4.1.3.2 Phase 2 – professionelle Softwarelokalisierungs- und Autorenmanagement – Programme
4.1.3.3 ONTRAM – Ein Kombinationsprodukt aus Phase 1 und Phase 2
4.1.4 Wo liegen die klassischen Stolpersteine bei der Einführung der Systeme?
4.1.5 Was bringt der Einsatz der Software für das Unternehmen Loxone Electronics GmbH?
4.1.6 Wurden die Erwartungen an die Software erfüllt?
1 Problemstellung und Ziel der Masterarbeit:
Bei meinem letzten Arbeitgeber war ich unter anderem als Produktmanager tätig. In dieser Position war es auch meine Aufgabe jegliche technische Dokumentation zu meiner Produktreihe zu verfassen, zu aktualisieren und in die entsprechenden Sprachen unserer Exportländer übersetzen zu lassen.
In der Praxis war es unmöglich bei der Erstellung von z.B. Bedienungsanleitungen immer mit den gleichen Satzstellungen bzw. Fachausdrücken zu arbeiten.
Erschwerend ist hinzugekommen, dass es auch an entsprechenden Vorgaben bzw. Definitionen gefehlt hat. Dies führte alleine in meinem Produktbereich dazu, dass in ein und derselben Bedienungsanleitung einmal die Bezeichnung „Fingerprintleser“ und dann wieder „Fingerscanner“ zur Anwendung kam.
Nicht nur, dass dies für den Leser - also den Kunden - verwirrend war, es mussten auch für Übersetzungen immer verschiedene Wörter übersetzt werden. Das verhinderte eine Kostenreduktion, durch die Verwendung von gleichen Verben.
Für das Unternehmen kam erschwerend dazu, dass wir in Summe 5 Produktmanager waren und in unseren Produktreihen gleiche Bauelemente zur Verwendung kamen. Meine o.a. Problematik verfünffachte sich also für das Unternehmen.
Durch diverse Treffen mit Produktmanagern und Verantwortlichen für die technische Dokumentation in anderen Unternehmen konnte ich erkennen, dass diese Problematik sehr weit verbreitet ist.
Speziell in klein- & mittelständischen Betrieben wird meist nicht erkannt, welche Einsparungspotentiale und Qualitätssteigerungen durch kontrollierte Sprache möglich sind.
Parallel dazu konnte ich feststellen, dass es für diese Problematik tolle Lösungsansätze und zum Teil fertige Lösungen für die Verwendung von „kontrollierter Sprache“ gibt. Sei es nun rein konzeptionell über Datenbank gestützte Echtzeitsysteme, die während der Erstellung von Dokumenten unterstützend eingreifen, bis hin zum Einsatz von sogenannten TMS – Translation Memory Systemen.
Leider ist das Wissen über diese Möglichkeit derzeit fast ausschließlich in großen Konzernen vorhanden, wo es eigene Abteilungen für technische Dokumentationen und somit ausreichend Ressourcen dafür gibt.
Diese Masterarbeit soll eine Hilfestellung für Produktmanager und Verantwortliche in der technischen Dokumentation sein.
Da klein- & mittelständischen Unternehmen nur begrenzte Mittel und Ressourcen zur Verfügung stehen und TM- Systeme meist sehr hohe Investitionen bedeuten, wird die Automatisierung in der technischen Dokumentation aus Unwissenheit meist nicht als mögliche und wichtige Alternative zu den bisherigen Vorgängen gesehen.
Durch die einerseits gezielte Recherche über verfügbare Softwareprodukte, den Vergleich dieser Produkte und Beispiele für Einsparungspotenziale soll den Verantwortlichen mit dieser Arbeit bei der Entscheidungsfindung geholfen werden.
Zum Anderen möchte ich durch die praktische Erfahrung im oberösterreichischen Unternehmen Loxone Electronics GmbH, den Einsatz und die daraus resultierenden Ergebnisse von entsprechender Software als mögliche praktische Vorgehensweise aufzeigen.
Diese Masterarbeit soll ein unterstützendes Instrument am Weg aus der „Steinzeit“ hin zu prozessorientierter Automatisierung in der technischen Dokumentation sein. Sie ist keine wissenschaftliche Arbeit über die Thematik „kontrollierte Sprache“, denn darüber gibt es schon eine Vielzahl von unterschiedlichen Meinungen, Theorien und Arbeiten.
Nichts desto trotz ist ein gewisses Grundverständnis zu diesem Thema sehr wichtig und daher werde ich auch damit beginnen.
2 Kontrollierte Sprache
Bei meinen Recherchen zur Thematik kontrollierte Sprache musste ich feststellen, dass es viele Arbeiten und Projekte gibt, welche sich rund um die kontrollierte (natürliche) Sprache auf einem sehr hohen, ja einem theoretischen High-End Universitätslevel bewegen. Die dort enthaltenen Informationen sind für die praktische Einführung von definierter Terminologie zur Ausschöpfung von Einsparungspotentialen und zur Effizienzsteigerung in Übersetzungs-prozessen nur bedingt hilfreich.
Ich werde daher mein Hauptaugenmerk auf die praktische Verwendung von kontrollierter Sprache setzen.
2.1 Was versteht man unter kontrollierter Sprache
„Unter kontrollierter (natürlicher) Sprache versteht man eine wohldefinierte Teilmenge der natürlichen Sprache. Die kontrollierte natürliche Sprache unterliegt sowohl
- einer grammatischen Einschränkung wie auch
- einer lexikalischen Einschränkung.“[1]
Bereits in den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde begonnen, die Verständlichkeit der Sprache zu erhöhen in dem man den Wortschatz durch sprachliche Reglementierungen einschränkte. Der erste nachweisbare dokumentierte Schritt in diese Richtung war die Einführung des Basic English.
Daraus lässt sich bereits erkennen, dass ursprünglich die Verbesserung der Verständlichkeit eines Textes bei den Bestrebungen zur Definition kontrollierter Sprache im Vordergrund gestanden ist. Es war das eindeutige Ziel von kontrollierter Sprache der damaligen Zeit, Texte so zu formulieren, dass sie bereits beim erstmaligen Lesen verstanden werden und daher entsprechend einfach zu lesen sein mussten.
Die erhofften Ergebnisse dieser einfachen Reglementierungen basierten auf unterschiedlichen Ansätzen. Einerseits sollten Bedienungsanleitungen verbessert und somit aus Sicht der Käufer die Qualität der Produkte verbessert werden. Andererseits erhoffte man sich in der Judikatur mehr Rechtssicherheit durch die Vereinheitlichung.
Im Laufe der Zeit nahm auch die Gewichtung der stilistischen Vereinheitlichung von geschriebenen Texten immer mehr zu, da die parallele Bearbeitung von Dokumenten durch mehrere unterschiedliche Autoren und Redakteure zur Normalität in der Dokumentenerstellung, speziell in der technischen Dokumentation, wurde.
Insbesondere seit der Einführung von sogenannten Translation-Memory-Systemen (TMS) – siehe Kapitel 3.1 – in den 1990er Jahren ist auch die Kostenreduktion durch kontrollierte Sprache ein wichtiges Thema geworden. Die Einsparungspotenziale liegen hier aber nicht - wie vielleicht fälschlich vermutet - im Einsatz der kontrollierten Sprache, also nicht im redaktionellen Bereich, sondern im nachfolgenden Übersetzungsprozess.
Fehlerhafte, unvollständige und inkonsistente Wörter, Sätze und Textpassagen verursachen zusätzliche Kosten bei der Übersetzung. Die zwei nachfolgend angeführten Grafiken sollen dies am Beispiel der Kosteneinsparung durch die Reproduktion von Sätzen veranschaulichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fig. 1: Gleiche Aussage – unterschiedlichste Formulierung Quelle: itl Institut für technische Literatur GmbH
Dieses Beispiel spiegelt den IST-Zustand in nahezu jedem Unternehmen vor der Einführung von kontrollierter Sprache wider.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fig. 2: Einsparungspotenzial durch Vereinheitlichung Quelle: itl Institut für technische Literatur GmbH
Die Annahme von 0,15 € Übersetzungskosten je Wort basiert auf Markterhebungen im 3. Quartal 2011. Diese Berechnung ist natürlich ein leicht überzeichnetes Beispiel, da in der Praxis vielleicht nicht jeder Satz reproduziert werden kann, aber es veranschaulicht das enorme Einsparungspotenzial durch Vereinheitlichung.
Seit der Einführung von Basic English in den 1930er Jahren ist der Einsatz von kontrollierter Sprache natürlich laufend im Wandel und mit der „technischen Revolution“ in der EDV wurden die verfügbaren System natürlich immer besser.
In der heutigen Zeit ist die Echtzeitkommunikation zwischen Autorensystemen (Authoring-Memory-Systemen AMS), TM – Systemen und dem DTP – Desktop Publishing „Redaktionssystem“ (MS Word, Adobe InDesign, Adobe FrameMaker, …) keine Frage der technischen Möglichkeit mehr.
Es gab aber in diesem Wandel, neben den bereits genannten Highlights der Einführung von Basic English (BE) und der TM - Systemen, einige weitere wichtige Stationen auf der Zeitskala. Diese möchte ich anhand der folgenden zeitlich gestaffelten Entwicklung der kontrollierten Sprache näher erläutern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fig. 3: Zeitliche Entwicklung der kontrollierten Sprache In Anlehnung an Schmidt, U. (2007). Kontrollierte Sprache – Einsparpotentiale ausschöpfen. Zeitschrift Produkt Global, Ausgabe 01/07, S. 30
Die verstärkte internationale Zusammenarbeit in der Luft- und Raumfahrt führte auch zu spezifischen Anforderungen an die verwendete Ausdrucksweise. Die ASD (AeroSpace and Defence Industries Association of Europe) forderte klare Regelungen und Standards. Dies führte in den 1980er Jahren zur Einführung von Simplified Technical English (STE). Anderes als beim Basic English kam es dabei auch zur Einführung von grammatischen und stilistischen Regeln. Ähnlich dem BE kommt auch hier ein eingeschränktes Vokabular und zusätzliche Fachterminologie zum Einsatz.
Die Zusammenarbeit von mehreren Redaktions- und Übersetzungsteams wurde immer mehr und so kam es in den 1990er Jahren zu einer Renaissance der Reglementierung in Form von Style Guides und Redaktionshandbüchern[2]. Die Vorgaben waren strikt einzuhalten und beinhalteten nun auch vorgegebene Standardsätze, Formatierungsregeln und zu verwendende Sollterminologie.
Die Problematik bestand nun darin, die Wiederverwendung der vorgegebenen Sätze und Formatierungen auch praktisch anzuwenden. Die Regelwerke mussten laufend aktualisiert und erneuert werden. Der Wiederverwendungsgrad stand in direkter Abhängigkeit zum Erinnerungsvermögen des Redakteurs und damit war der Ansatz zwar richtig, aber in der Praxis nicht sehr effektiv.
In dieser Zeit trat auch erstmals der Begriff „ übersetzungsgerechtes Schreiben “ auf, welches ich im folgenden Kapitel näher erläutern werde.
Erst mit der maschinellen Unterstützung, mit der Einführung von TM – Systemen 1995 und vor allem der Entwicklung von Language Checker und AMS - Authoring Memory Systemen wie [i]-match (siehe Kapitel 3.2) ab 2005, konnte die praktische Effizienz enorm gesteigert werden.
Die direkte Zusammenarbeit mit dem TMS fehlte dem ab 2000 zum Einsatz gekommenen Language Checker und ist einer der Hauptgründe, dass diese Unterstützungssoftware heute nur mehr sehr selten zum Einsatz kommt.
Die Funktionsweise der Language Checker basiert auf Satzkontrolle (durch Regeln festgelegt) und einer gewissen Logik von verbotenen Inhalten, sogenannten Negativausschlüssen. Dabei werden Wörter, Fachbegriffe und Syntaxen, also bestimmte syntaktische Strukturen, festgelegt, welche nicht verwendet werden dürfen. Im Fachjargon der technischen Dokumentation werden diese auch gerne als „Stopp-Wörter“ bezeichnet. Es wird dem Redakteur also nicht vorgeschlagen welches Wort oder welchen Satz er verwenden soll, sondern er wird nur dann aufmerksam gemacht, wenn er Syntaxen verwenden möchte, die er nicht verwenden soll.
Im direkten Vergleich zu den traditionellen, sehr strengen Ansätzen der kontrollierten Sprache hat der Verfasser von Dokumenten durch den Language Checker dadurch eine größere Formulierungsfreiheit.
Als Beispiel für sehr einfache Systeme kann die wohl bekannteste Form der Language Checker, die Rechtschreib- und Grammatikprüfung von MS Word, genannt werden, allerdings gibt es natürlich noch viele weitere Systeme wie TermControl, Duden Korrektur oder Language Checker von der cognitas. Gesellschaft für Technik-Dokumentation mbH. Diese Programme unterstützen die Arbeit mit Adobe FrameMaker und unterstützen Simplified Technical English durch selber zu definierende Wortschatzlisten. Aktuelle Informationen dazu finden sich unter www.cognitas.de.
Etwa auf demselben Niveau arbeiten die Plugins und Extensions für Adobe, Quark und MS Office des finnischen Herstellers Lingsoft – www.lingsoft.fi.
Auf einer anderen Ebene bewegen sich allerdings Lösungen für die Überprüfung der Konsistenz von Syntax und Semantik. Diese Linguistiksysteme gibt es in unterschiedlichsten Ausprägungen und Funktionen. Das können zum einen an Simplified Technical English angepasste Systeme sein, oder sie unterscheiden sich in der Unterstützung von nur einer oder mehreren Quellsprachen.
Als Beispiele für erhältliche Systeme möchte ich Acrolinx IQ Lingware von Acrolinx GmbH – www.acrolinx.de - oder The Boeing Simplified English Checker (BSEC) von Boeing Research - http://www.boeing.com/phantom/sechecker/ - anführen. BSEC ist so ausgelegt, dass es technischen Redakteuren bei der Überprüfung von Dokumenten helfen soll, dass die Vorgaben von Simplified Technical English im Rahmen der Anforderungen der ASD eingehalten werden.
Wie bereits Anfangs erwähnt, unterstützen all diese Systeme zwar ein gewisses Terminologiemanagement bzw. enthalten entsprechende Terminologiekomponenten, durch die fehlende direkte Zusammenarbeit mit TM-Systemen, wo die Terminologie aus den Übersetzungen bereits gepflegt wird, muss die Information aus den beiden Systemen gepflegt werden. Teilweise fehlen sogar Schnittstellen zum Austausch der Informationen und dies führt zu einem enorm erhöhten Aufwand durch die notwendige doppelte Datenhaltung.
Der enorme Vorteil von Authoring Memory Systemen liegt in der direkten Zusammenarbeit mit dem TMS und der Wiedervorlage von gespeicherter Terminologie und Sätzen an den Redakteur in ECHTZEIT. In Kapitel 3 werden diese Techniken näher beschrieben.
Natürlich ist auch der heutige Standard von netzwerkbasierter Zusammenarbeit in Unternehmen ein wesentlicher Grund für den Einsatz von AMS und damit vernetzten TM-Systemen.
Diese parallele Entwicklung zu den linguistischen Systemen arbeitet mit der konsequenten Wiederverwendung bereits erstellter und gespeicherter Inhalte. Die ersten Schritte in diese Entwicklung waren Content Management Systeme, die versucht haben, ganze Textpassagen vorzulegen. Terminologische Konsistenz und Konsistenz auf Satzebene konnten dadurch allerdings nicht erreicht werden, da immer ganze Module wiederverwendet werden mussten.
Manche sehr praktikable Redaktionssysteme kombinieren heute CMS und Terminologiemanagement durch die Verknüpfung unterschiedlicher Systeme, um damit Konsistenz als Basis für kontrollierte Sprache zu erreichen.
Im deutschsprachigen Raum erzielen hier das Redaktionssystem TIM-RS® Professional von Fischer Computer Technik GmbH – www.fct.de – in Kombination mit [i]-match (siehe Kapitel 3.2) von itl Institut für technische Literatur GmbH - http://www.i-match.itl.info/ sehr ansehnliche internationale Erfolge. Diese Systeme sind bei namhaften Unternehmen im Einsatz, wie z.B. Fronius International GmbH, Alfred Kärcher GmbH & Co. KG oder Rosenbauer International AG, um nur einige Vertreter zu nennen.
[i]-match zählt hier bereits zur neuesten Technik der Authoring Memory Systeme. Mit Hilfe von AMS lässt sich die Wiederverwendung nun auf Satz- bzw. Term-Ebene automatisiert umsetzen. Alle Terme und Satzkonstruktionen, die einmal erfasst und genehmigt wurden, können bei „unabhängigen AMS“ (siehe Kapitel 3) in Echtzeit wiederverwendet werden. Nicht genehmigte Inhalte werden dem Redakteur gemeldet und er erhält in Echtzeit einen Vorschlag als Alternative.
Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Language Checker Systemen kommt es hier zu einer effizienten Optimierung des Aufwandes durch die Verwaltung und Pflege der Terminologie in nur einem System. Die dadurch zu erzielende Kosteneinsparung liegt auf der Hand.
Um nun bei der Erstellung von Dokumenten die Vorteile der kontrollierten Sprache nutzen zu können, ganz egal, ob dies nun automatisiert oder manuell durchgeführt wird, muss man die Grundsätze von übersetzungsgerechtem Schreiben kennen und anwenden. Im folgenden Kapitel werde ich auf diese Thematik daher im Besonderen eingehen.
2.2 Was versteht man unter übersetzungsgerechtem Schreiben
Für das Arbeiten mit AMS oder TM-Systemen ist es enorm wichtig, dass sich die Verfasser von Dokumenten (Redakteure) an definierte Regeln halten, um die Funktionen der Systeme effizient nützen zu können. Je „intelligenter“ das AMS ist, umso effektiver unterstützt es den Redakteur bei der Anwendung dieser Richtlinien und dadurch werden dem TMS bereits konsistente Daten übermittelt.
Damit kann gewährleistet werden, dass das TMS gleiche Sätze oder Satzteile aus früheren Übersetzungen wieder findet und automatisch vorübersetzt. Dies führt zu einer konsistenten und fachlich korrekten Übersetzung. Darüber hinaus reduzieren sich dadurch auch die Durchlaufzeiten und die Kosten des Übersetzungsprozesses. Unter dem Hintergrund multilingualer Übersetzungsprojekte bedeutet dieser "Einmal-Aufwand" bei der Redaktion immer einen mehrfachen Gewinn bei der Übersetzung.
Um die Bedeutung von übersetzungsgerechtem Schreiben besser verständlich zu machen, möchte ich einerseits die Qualitätsanforderungen an technische Dokumentationen aufzeigen und andererseits auf die daraus resultierend gesetzliche Regelung der Übersetzungsrelevanz eingehen.
2.2.1 Qualitätsanforderungen an technische Dokumentationen
Wie aus Sicht der Nutzer als auch aus Sicht der Hersteller müssen technische Dokumentationen bestimmten Qualitätsanforderungen entsprechen. Diese können wie folgt zusammengefasst werden:
- Lesbarkeit/Verständlichkeit:
Technische Dokumentationen sollen für die Leser vor allem einfach zu lesen und leicht verständlich sein.
- Dokumentzugänglichkeit:
Durch lesefreundliche Organisation der technischen Dokumentationen soll erreicht werden, dass die Informationen, die von den Anwendern aktuell benötigt werden, schnell gefunden werden.
- Verfügbarkeit:
Technische Redakteure müssen den gesamten Erstellungsprozess planen, damit technische Dokumentationen zur richtigen Zeit und zu angemessenen Kosten bereitgestellt werden können.
- Vollständigkeit:
Bei Kurz- und Lernanleitungen hat diese nicht unbedingt oberste Priorität, sehr wohl aber bei den meisten Dokumentationen vom Typ Nachschlageanleitung. Hier muss die Vollständigkeit der Informationen definitiv gewährleistet sein. Dies ist auch eine gesetzliche Notwendigkeit, wie ich etwas später erläutern werde.
- Eignung:
Die definierten Ziele und Zwecke sollen mit der Technischen Dokumentation übereinstimmen. Deswegen ist es wichtig, dass diese vor der eigentlichen Erstellung von den Verfassern analysiert werden und z. B. eine Zielgruppenanalyse durchgeführt wird um die Empfänger, für die die technische Dokumentation gedacht ist, zu bestimmen.
- Warnung/Sicherheit:
Das oberste Ziel der gesetzlichen und normativen Bestimmungen zur technischen Dokumentation ist die Sicherheit der Anwender. Sicherheitshinweise und Warnungen für die Nutzung eines Produktes sind ein wesentlicher Beitrag zur Unfallverhütung im Umgang mit technischen Geräten.
- Übersetzbarkeit:
Es muss gewährleistet sein, dass ein Übersetzer die Dokumente korrekt übersetzen kann und zwar sowohl inhaltlich wie auch formal. Die zu übersetzenden Dokumentationen müssen daher redaktionell in einer Art und Weise erstellt werden, die diese Anforderung erfüllt.
Insbesondere der letzte Punkt „Übersetzbarkeit“ ist extrem wichtig, da es für die Übersetzung von technischen Dokumentationen - die Bedienungsanleitung als einfachstes Beispiel - auch eine gesetzliche Regelung in der Europäischen Union gibt.
2.2.2 Rechtliche Regelung
Bei den Dokumentationen gibt es einerseits übersetzungsrelevante, aber auch nicht übersetzungsrelevante Abschnitte. Um diese unterscheiden zu können, ist es notwendig die rechtlichen Bestimmungen für Übersetzungsrelevanz zu kennen. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen sind in der Richtlinie 98/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen zu finden:
„ANHANG I
GRUNDLEGENDE SICHERHEITS- UND GESUNDHEITSANFORDERUNGEN BEI KONZIPIERUNG UND BAU VON MASCHINEN UND SICHERHEITSBAUTEILEN
In diesem Anhang bezeichnet der Begriff "Maschine" entweder eine "Maschine" im Sinne […]
1.7.4. Betriebsanleitung
[…]b) Die Betriebsanleitung wird vom Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten in einer der Gemeinschaftssprachen erstellt. Bei der Inbetriebnahme einer Maschine müssen die Originalbetriebsanleitung und eine Übersetzung dieser Betriebsanleitung in der oder den Sprache(n) des Verwendungslandes mitgeliefert werden. Diese Übersetzung wird entweder vom Hersteller oder von seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten oder von demjenigen erstellt, der die Maschine in dem betreffenden Sprachgebiet einführt. Abweichend hiervon kann die Wartungsanleitung für Fachpersonal, das dem Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten untersteht, in einer einzigen von diesem Personal verstandenen Gemeinschaftssprache abgefasst sein. […]“[3]
2.2.3 Grundlegende praktische Regeln für übersetzungsgerechtes Schreiben:
Für die optimale Zusammenarbeit mit AM- und TM-Systemen sind folgende Grundregeln bei der Erstellung von Dokumenten eine wichtige Ausgangsbasis. Die an dieser Stelle vielleicht noch nicht durchgängig verständlichen Zusammenhänge zwischen diesen Regeln und den Systemen werden im Kapitel 3 klar ersichtlich werden.
- Satzzeichen:
Satzzeichen wie z.B. Punkt, Ausrufungszeichen, usw. müssen konsistent und durchgängig gesetzt werden. Satzzeichen spielen im Ablaufprozess von TM-Systemen eine wesentliche Rolle.
- Sparsamer Umgang mit Textauszeichnungen:
Formatierungen wie fett, kursiv, Kapitälchen usw. Wenn erforderlich, dann im Idealfall durchgängig dieselben Auszeichnungen verwenden. Je weniger unterschiedliche Formatierungen vorliegen, umso höher ist die Effizienz der Translation Memory.
- Achtung Leerzeichen!
Doppelte Leerzeichen führen zu einer Inkonsistenz bei der Wiedervorlage von Sätzen. Wenn das DTP eine Leerzeichenkontrolle unterstützt, sollte diese aktiviert werden.
- Komplizierte Satzkonstruktionen vermeiden:
Insbesondere Klammersätze bei denen das Verb geteilt wird und dann am Anfang und am Ende des Absatzes zu finden sind sollen unbedingt unterlassen werden. Diese erschweren die Ablage des Satzes und daraus resultierend auch die effiziente Wiedervorlage.
- Sprachneutrale Grafiken:
Wenn es irgendwie vermeidbar ist, sollten keine Texte in Grafiken eingebunden werden. Texte in Grafiken führen zu einem erheblichen Mehraufwand, da jede Grafik für jede Zielsprache separat erstellt werden muss. Die eingebetteten Texte können nicht bearbeitet, also auch nicht übersetzt werden.
Um diese Problematik effektiv zu umgehen bieten sich Legenden an. Anstelle von Text werden nur Zahlen in den Grafiken eingefügt, welche dann per Legende, im übersetzbaren Text, definiert werden.
Viele. DTP-Programme bieten zusätzlich die Verwendung von Textrahmen an, die „über“ den Grafiken platziert werden können. Die Inhalte dieser Textrahmen werden bei der Übergabe an das TMS natürlich mitberücksichtigt.
- Seitenaufbau:
Verschiedene Sprachen erfordern mehr Platz – siehe Anlage 1. Sprachen, die mehr Platz benötigen sollen ohne Neuformatierung an dieselbe Stelle passen wie die Ausgangssprache. Dies muss beim Aufbau der Seite und der Befüllung mit Inhalten berücksichtigt werden.
- Tabulatoren:
Beim Einsatz von Tabulatoren sollte man aus dem gleichen Grund genügend Ausbreitungsmöglichkeit vorsehen.
- Textrahmen:
Ausbreitungsraum und -richtung sind vor allem auch in Textrahmen großzügig zu definieren, um eine mögliche Textausbreitung vorweg zu berücksichtigen.
2.2.4 Tiefergehende Regelungen für die praktische Umsetzung von Terminologiemanagement:
Um insbesondere den Anforderungen von Systemen des Terminologie-Managements gerecht zu werden, empfiehlt es sich, folgende praktische Hinweise zu berücksichtigen und bei der täglichen Arbeit an zu wenden.
Diese Empfehlungen beziehen sich auf Wort, Satz, Logik, Organisation und das Schreiben als solches.
- Abkürzungen:
Fachterme sollen nicht abgekürzt werden, da diese in ihrer Ursprungsform meist schon schwer verständlich sind und durch Abkürzung teilweise ganz aus dem verständlichen Zusammenhang fallen.
- Synonyme:
Das Erstellen von neuen Synonymen für bereits bewilligte und gespeicherte Benennungen unbedingt vermeiden.
- Wiederverwendung definieren:
Wenn die Funktion vom verwendeten System unterstützt wird, sollte klar definiert werden, bei welchen technischen Komponenten der bewilligte Term verwendet werden darf und welche Ausnahmen zu beachten sind.
- Verben:
Verben sollen immer im Präsens und aktiv verwendet werden.
- Fremdwörter vermeiden:
Fremdwörter klingen oft sehr gehoben, führen aber leider immer wieder zu falschem Verständnis oder im schlimmsten Fall wird der Inhalt gar nicht mehr verstanden.
- „STOPP-Wörter“ festlegen:
In jedem Unternehmen gibt es Terme die zwar bekannt sind, vielleicht früher auch eingesetzt wurden, die jedoch jetzt nicht mehr angewendet werden dürfen. Je klarer diese definiert sind, umso höher ist die Effizienz. Dabei ist zu beachten, dass es sich auch nur um unterschiedliche Schreibweisen eines Terms handeln kann.
- Keine neuen Wörter „erfinden“.
- Positiv schreiben:
Nach Möglichkeit immer positive Formulierungen verwenden
- In der Kürze liegt die Würze:
Einfache und kurze Sätze erleichtern das Lesen und Verstehen des Inhaltes.
- Aufzählungszeichen:
Schritt-für-Schritt-Anleitungen in ganzen Sätzen schreiben und mit wertigen Aufzählungszeichen versehen (z.B. < C).
- Verben minimieren:
Idealerweise nur ein Verb pro Satz verwenden.
- Sachverhalt/Satzbau:
Zur besseren Einprägung des Inhaltes empfiehlt es sich bei gleichem Sachverhalt auch den gleichen Satzbau verwenden.
- Absatzgestaltung:
Inhaltlich zusammenhängende Sätze sollten immer in einem Absatz zusammengehalten werden.
- Einheitliche Fachausdrücke:
Eine Definition von Fachausdrücken, die bereits vereinheitlicht wurden, soll den Redakteuren bereits vor der Übersetzung verbindlich zur Verfügung gestellt werden.
- Aktuelle Fachterminologie:
Im Redaktions- und im Übersetzungsprozess ist es unumgänglich, dass neue Fachterme ständig ergänzt werden. Die Koordination dieses Aktualisierungsprozesses sollte idealerweise von den Verantwortlichen für den Terminologiemanagement Prozess durchgeführt werden.
- Abkürzungen auflisten:
Jede Abkürzung führt bei Übersetzungen zu einem hohen administrativen Aufwand. Ein Verzeichnis der zu verwendenden, genehmigten Abkürzungen reduziert diesen Aufwand erheblich. Im Idealfall gibt es unternehmensweit nur eine einzige Abkürzungsliste, die es jedem Übersetzer ermöglicht, schnell die exakten Bezeichnungen der Abkürzungen in der Quellsprache nach zu schlagen.
- Nicht zu übersetzende Abkürzungen:
Abkürzungen die nicht übersetzt werden sollen müssen ganz klar von zu Übersetzenden unterscheidbar sein. Entweder kennzeichnet man diese durch die unterschiedliche Formatierung (z.B. fett) und/oder Schreibweise (z. B. Kapitälchen).
- Nicht zu übersetzende Adressen:
Adäquat zum Verfahren bei Abkürzungen müssen natürlich auch nicht zu übersetzende Adressen oder Adressteile klar gekennzeichnet werden.
- Spezialfall „Adressen“:
Wenn gewisse Abteilungsbezeichnungen nicht übersetzt werden sollen, können die englischen Abteilungsbezeichnungen auch in Klammer angefügt werden. Die internationale Vorwahl soll bei Telefon- und Faxnummern immer voran gestellt werden. Bei nicht zu übersetzenden Abteilungsbezeichnungen kann die englische Bezeichnung in Klammern nachgestellt werden.
- Normen/Richtlinien:
Für eine exakte Übersetzung oder ggf. eine landesspezifische Adaption von Normen oder Richtlinien muss angegeben werden, in welchem Land diese Gültigkeit haben.
- Aufzählungen ident halten:
Um den Anteil der Wiederverwendung von Aufzählungen zu erhöhen, sollte man diese immer einheitlich mit Groß- oder mit Kleinbuchstaben beginnen.
All diese angeführten Empfehlungen aus den Kapiteln 2.2.1 bis 2.2.4 sollten in der Praxis in jeder Abteilung für technische Dokumentation (Redaktion) in Form eines Redaktionsleitfadens zusammengefasst werden. Zur optimalen Unterstützung des Optimierungsprozesses muss dieses Regelwerk dann verbindlich angewendet werden.
Neben den o.a. Empfehlungen sollten auch noch folgende Bereiche in einem Redaktionsleitfaden definiert werden:
- Benennung und Organisation von Dokumenten
- Formatierung
- Masterseiten à Templates
- Definition der Druckformate
- Zulässige und unzulässige Abweichungen von den Druckformaten
- Hard- und Softwaredefinitionen
- Hinweise zur Arbeit mit verwendeter Software
- Schriften für spezielle Einsatzzwecke
- Musterseiten (Beispielseiten für Titelseiten, Inhaltsverzeichnisse, ...)
- Checklisten
- Angaben für Drucker und Endverarbeiter der technischen Dokumentationen
2.3 Pragmatischer Ansatz zur praxisnahen Einführung mit überschaubarem zusätzlichen Zeitaufwand
Wie bereits eingangs erwähnt, konnte ich im Rahmen der Recherchen zu dieser Arbeit in einigen Gesprächen feststellen, dass die Einführung von kontrollierter Sprache in vielen Unternehmen im ersten Versuch scheiterte. Der Hauptgrund für dieses Scheitern war in allen Fällen die Fokussierung auf Dissertationen, Abhandlungen und Diplomarbeiten zum Thema „kontrollierte natürliche Sprache“ auf dem theoretischen High-End-Universitäts-Level. Auch in der einschlägigen Fachliteratur findet man nur sehr wenige Bücher, die bei der praktischen Umsetzung von kontrollierter Sprache helfen können.
Alle Gespräche und Nachforschungen haben ergeben, dass es nur mit einem pragmatischen Ansatz zur praxisnahen Einführung möglich ist, kontrollierte Sprache mit einem überschaubaren zusätzlichen Zeitaufwand in einem Unternehmen einzuführen. Die praktische Lösung bezeichnet man als „Terminologie Zirkel“.
In einem Terminologie Zirkel arbeiten definierte Teams, bestehend aus Vertretern aller involvierten Abteilungen, gemeinsam an der Freigabe des künftig zu verwendenden Wortschatzes. Folgende Erkenntnisse von verschiedenen Projektgruppen sollen bei der Bildung von neuen Terminologie Zirkeln helfen:
- Kleine Schritte:
Es ist enorm wichtig umgehend mit Terminologiearbeit zu beginnen und sehr rasch erste Ergebnisse zu liefern. Das sichert die Akzeptanz im Management und bei der Kollegenschaft.
- Teamarbeit:
Die Praxis hat gezeigt, dass es wesentlich mehr Personen in einem Unternehmen gibt, die mit uneinheitlicher Terminologie Probleme haben, als ursprünglich vermutet. Diese Personen in den Optimierungsprozess mit einzubeziehen ist produktiv und macht sicherlich mehr Spaß als diese Arbeit alleine durchzuführen. Ein gewisser Rückhalt von Team und Mitgliedern ist vorteilhaft, da diese Arbeit sehr anstrengend werden kann.
- Präzise Dokumentation:
Mit einheitlichen Benennungen, also klar definierter einheitlicher Terminologie, können auch umfangreiche Sachverhalte mit wenigen Worten verständlich beschrieben werden. Auf die Umschreibung mit vielen Wörtern kann dann endlich verzichtet werden.
- Bewusstsein wecken:
Je früher es gelingt das Bewusstsein aller Mitarbeiter zu wecken, desto eher denken diese darüber nach, was sie sagen bzw. schreiben. Die Praxis hat gezeigt, dass dieses Bewusstsein eine gewisse „Ansteckungsgefahr“ birgt und den Optimierungsprozess meist sehr positiv beeinflusst und beschleunigt!
Selbst in sehr großen Unternehmen mit einem breiten internationalen Geschäftsfeld ist es so möglich, kontrollierte Sprache in einem überschaubaren Zeitrahmen einzuführen. Zur besseren Veranschaulichung möchte ich die folgende Darstellung des international sehr erfolgreichen österreichische Herstellers von Beleuchtungssystemen Zumtobel Lighting GmbH anführen.
In nur sechs Monaten konnte kontrollierte Sprache prozessoptimiert eingeführt werden. Die Terminologie des Unternehmens wird seither gemäß dieser Prozessdefinition aktuell gehalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fig. 4: Freigabe extrahierter Termkandidaten Quelle: http://www.tekom.de/upload/2291/TERM 20116.jpg , 05.01.2011
Abschließend kann gesagt werden, dass der pragmatische, praxisbezogene Einsatz von kontrollierter Sprache nur Vorteile bringt. Die Verwendung gleicher Terminologie und Satzkonstruktionen bei Übersetzungen, Dokumentationen, u.v.m. führt zu einheitlichen Warnhinweisen, gleichen Verkaufsargumenten auf der Webseite, in Marketingbroschüren, nachvollziehbaren Produktbezeichnungen in der technischen Dokumentation, in den Ersatzteilkatalogen, in der Software und vielen weiteren Anwendungsbereichen.
Das daraus zu erwirtschaftende Einsparungspotential wird in der Praxis derzeit mit mindestens 10 % dotiert. In Einzelbereichen wird dieser Wert noch bei Weitem überschritten, wie mein Beispiel in Fig. 2 deutlich zeigt.
3 Technik
In den bisherigen Ausführungen habe ich immer wieder auf technische Fachbegriffe aus der Übersetzungsbranche, wie TMS, AMS usw. verwiesen und diese zum Teil minimal erklärt. Im nun folgenden Kapitel Technik möchte ich speziell auf die für das Projekt „Translate“ relevanten Techniken und technischen Systeme näher eingehen.
Einen sehr wesentlichen Faktor für das Einsparungspotential im Übersetzungsprozess – den Faktor ZEIT – möchte ich hier im Zusammenhang mit der verwendeten Technologie näher durchleuchten und verständlich machen.
Aus den vorhergegangenen Kapiteln dieser Arbeit geht bereits hervor, dass zum praktischen Einsatz von kontrollierter Sprache die zu verwendende Terminologie und Sätze definiert und vor allem für die Verwendung freigegeben sein müssen.
Wird diese Terminologiefestlegung und Freigabe direkt im TM-System, also im Rahmen des Übersetzungsprozesses abgewickelt, so kommt es unweigerlich zu einer Verzögerung der Wiederverwendungsmöglichkeit der definierten Terme. Ein Redakteur übersetzt ein Dokument mit Unterstützung des TMS und es werden dabei neue, also noch nicht im System gespeicherte Terme, definiert. Diese neuen Definitionen können erst nach Abschluss des gesamten Übersetzungsprozesses vom TM-System für andere Redakteure zur Verfügung gestellt werden.
Abhängig von verschiedenen Faktoren - wie z.B. wird im eigenen Unternehmen übersetzt oder werden die Dokumente extern über Agenturen bearbeitet, gibt es ein eigenes TM-System im Haus oder ist das Unternehmen auf TMS von Dienstleistern angewiesen - kann diese Verzögerung zu einer einschneidenden negativen Beeinflussung des Übersetzungsprozesses führen.
Es ist daher speziell in kleineren Unternehmen, wo sich der Einsatz eines firmeninternen TM-Systems selten rechnet, auf jeden Fall eine Lösung anzustreben, in der das Terminologiemanagement unabhängig vom angebundenen oder externen TMS agiert.
Idealerweise ist dieses System direkt mit einem Autorensystem gekoppelt und es ergibt sich aus dieser Kombination das sogenannte Authoring Memory System – AMS.
Solche AM-Systeme bieten in der Regel die Möglichkeit neu definierte Terme und Sätze direkt in die Datenbank zu übernehmen und ermöglichen dadurch, natürlich in Abhängigkeit zum definierten Ablaufprozess, eine tatsächliche Echtzeitunterstützung der Redakteure.
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[1] Beitrag auf www.single-source-forum.de, Kontrollierte Sprache – verlorene Inhalte - PDF, link: http://www.single-source-forum.de/rueckblicke/2008/folien/SSF8_Vortrag_Lehrndorfer.pdf, 06.01.2011
[2] Schmidt, U. (2007). Kontrollierte Sprache – Einsparpotentiale ausschöpfen.
Zeitschrift Produkt Global, Ausgabe 01/07, S. 30
[3] Beitrag auf www.jur-abc.de, Richtlinie 98/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen, Anhang I, link: http://jur-abc.de/cms/index.php?id=586 , 10.01.2012
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (eBook)
- 9783842829565
- DOI
- 10.3239/9783842829565
- Dateigröße
- 4.8 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Joseph Schumpeter Institut – General Management / Technische Dokumentation, Studiengang: Business Administration
- Erscheinungsdatum
- 2012 (März)
- Note
- 1,02
- Schlagworte
- kontrollierte sprache übersetzungsgerechtes schreiben translation memory system authoring softwarelokalisierung
- Produktsicherheit
- Diplom.de