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Konzeption und prototypische Implementierung eines Kennzahlensystems zur Messung der betrieblichen Umweltleistung in der Logistikbranche am Beispiel der Meyer & Meyer Holding GmbH & Co. KG

©2010 Masterarbeit 89 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1.1, Problemstellung:
Die Umweltauswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten rücken aufgrund von Versorgungsengpässen bei Rohstoffen oder der zunehmenden Beeinträchtigung der natürlichen Umwelt durch den Menschen (z.B. Klimawandel) immer stärker in das Blickfeld von Gesellschaft und Politik. Deutlich wird dies etwa durch das UN-Aktionsprogramm Agenda 21 aus dem Jahre 1992 oder durch den aktuellen Bericht des UN-Ausschusses für Klimaänderungen (2007).
Unternehmen geraten aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder marktlicher Anforderungen immer mehr unter Zugzwang, ihre Produktion und einhergehend ihre Lieferketten ökologisch nachhaltig auszurichten. Besonders der Güterverkehr trägt maßgeblich zur Umweltverschmutzung bei und begründet so die Forderung nach einer ‘grünen Logistik ‘. Grund hierfür sind für Mensch und Natur gefährliche Schadstoffemissionen (z.B. Kohlenmonoxid oder Feinstaubpartikel), die durch die Verbrennung von Treibstoffen entstehen. Ebenso wird auf diesem Weg das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, welches für die Verstärkung des Klimawandels verantwortlich gemacht wird. Es zeigt sich, dass Logistikunternehmen zunehmend gefordert sind, ihr ökologisches Committment sowie ihre Umweltleistung gegenüber verschiedenen Anspruchsgruppen darzulegen.
Allerdings beweist eine Studie von Lohre und Herschlein, dass selbst innerhalb der Logistikbranche die Vorstellungen über das Ausmaß einer grünen Logistik bisweilen stark divergieren. Einige Unternehmen stoßen bereits auf Schwierigkeiten bei der Identifikation, Erhebung und Auswertung umweltrelevanter Verbrauchsdaten, wie eine Untersuchung bei der Meyer & Meyer Holding GmbH & Co. KG zeigt.
Während Referenzmodelle wie das Supply Chain Operations Reference Model (SCOR) als Spitzenkennzahlen für die Öko-Bilanzierung von Logistikern einerseits die CO2- und Schadstoffemissionen sowie andererseits quantifizierte Angaben zu Abfallaufkommen und Wasserverbrauch benennen, existiert in der einschlägigen Literatur bisher noch kein umfassendes Kennzahlensystem, welches Logistikdienstleistern als Grundlage für ein betriebliches Öko-Controlling dienen könnte.
1.2, Zielsetzung der Arbeit:
Kernziel dieser Ausarbeitung ist es, ein branchenspezifisches Öko- Kennzahlensystem als Grundlage für die Messung der betrieblichen Umweltleistung von Logistikdienstleistern zu entwickeln und es (prototypisch) bei Meyer & Meyer
zu implementieren.
Zur Identifikation wichtiger Kenngrößen im […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Lennart Johansen
Konzeption und prototypische Implementierung eines Kennzahlensystems zur Messung
der betrieblichen Umweltleistung in der Logistikbranche am Beispiel der Meyer &
Meyer Holding GmbH & Co. KG
ISBN: 978-3-8428-2937-4
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
Zugl. Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2012

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
II
Abbildungsverzeichnis
III
Tabellenverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
V
1
Einleitung
1
1.1
Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2
Zielsetzung der Arbeit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.3
Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2
Betrieblicher Umweltschutz
4
2.1
Staatliche Umweltschutzpolitik als wirtschaftliche Rahmenbedingung . . . .
4
2.1.1
Internationale Abkommen und ihre Auswirkungen auf die EU-Politik
4
2.1.2
Umweltschutz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2.2
Betriebliches Umweltmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.2.1
Begriffsabgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.2.2
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.2.3
Kennzahlensysteme als Grundlage des Öko-Controllings . . . . . . . 16
2.2.4
Nachhaltigkeitsberichterstattung und Öko-Zertifizierungen . . . . . . 18
3
Ökologische Nachhaltigkeit in der Logistik
20
3.1
Das logistische Leistungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.2
Umweltbelastungen in der Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3
Grünes Selbstverständnis der Logistikbranche . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.4
Ökologische Anforderungen an die Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.5
Ökologische Ziele und Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.5.1
Erhebung der Umweltleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.5.2
Verbesserung der Umweltleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
4
Integration von IT und Umweltmanagement in der Logistik
31
4.1
Unterstützung logistischer Leistungsprozesse durch die IT . . . . . . . . . . 31
4.2
Unterstützung des betrieblichen Umweltmanagements durch die IT . . . . . . 33
4.2.1
Betriebliche Umweltinformationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.2.2
Energieeffizienz im Rechenzentrum (Green-IT) . . . . . . . . . . . . 36
5
Konzeption eines Öko-Kennzahlensystems für die Logistikbranche
38
5.1
Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.2
Kennzahlenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
I

6
Prototypische Implementierung des Öko-Kennzahlensystems bei der Meyer &
Meyer Holding GmbH & Co. KG
47
6.1
Unternehmensprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
6.2
Ist-Analyse zum betrieblichen Umweltmanagement . . . . . . . . . . . . . . 48
6.2.1
Organisatorische Verankerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6.2.2
Operative Verankerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
6.3
Motivation für die Erfassung und Verbesserung der Umweltleistung . . . . . 55
6.4
Ökologische Kernziele (Soll-Bestimmung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
6.5
Integration des Öko-Kennzahlensystems im Management-Informationssystem 58
6.5.1
Eingrenzung der abzubildenden Kennzahlen . . . . . . . . . . . . . . 58
6.5.2
Identifikation relevanter Datenquellen und Beschreibung der
Schnittstellen-Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
6.5.3
IT-Architektur
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
6.5.4
Kritische Würdigung des Prototypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
6.6
Weitere Schritte zur Erreichung der ökologischen Ziele . . . . . . . . . . . . 65
7
Fazit und Ausblick
66
7.1
Zusammenfassung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
7.2
Grenzen der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
7.3
IT-for-Green in der Logistik ­ Erkenntnisse und weiterer Forschungsbedarf . 68
A Anhang
VI
A.1 Nationale Bestimmungen zum Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . VI
A.2 Analysierte Nachhaltigkeitsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
A.3 Kennzahlenkatalog für das Öko-Controlling von Logistikdienstleistern . . . . VIII
A.4 Datenmodell für die Implementierung des Kennzahlensystems . . . . . . . . XII
A.5 Beispiel-Berichte des Prototypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII
Literaturverzeichnis
XIV
II

Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1
Strategien des betriebl. Umweltmanagements . . . . . . . . . . . . . . 12
Abb. 2.2
Klassifizierung von Umweltkennzahlen
. . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Abb. 3.1
Umweltmanagement in der Logistik ­ Ziele und Maßnahmen . . . . . . 27
Abb. 4.1
Ökoeffizienz-Potenziale durch IT-for-Green . . . . . . . . . . . . . . . 34
Abb. 4.2
BUIS IT-Architektur
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Abb. 4.3
Green-IT Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Abb. 5.1
Umweltrelevante Prozessinputs und -outputs in der Logistik . . . . . . . 38
Abb. 5.2
Subsysteme des Öko-Kennzahlenmodells (Übersicht) . . . . . . . . . . 40
Abb. 5.3
Kennzahlensubsystem: Kohlendioxid (CO
2
) im Transport . . . . . . . . 41
Abb. 5.4
Kennzahlensubsystem: Schadstoffemissionen im Transport . . . . . . . 42
Abb. 5.5
Kennzahlensubsystem: Fuhrparkstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Abb. 5.6
Kennzahlensubsystem: Emissionen durch Energieverbrauch
. . . . . . 43
Abb. 5.7
Kennzahlensubsystem: Green-IT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Abb. 5.8
Kennzahlensubsystem: Abfall und Abasser . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Abb. 5.9
Kennzahlensubsystem: Containerbegasung . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Abb. 5.10 Kennzahlensubsystem: Management-Committment . . . . . . . . . . . 46
Abb. 6.1
BUIS-Architektur bei Meyer & Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Abb. 6.2
Einsatzschwerpunkte des BUIS-Prototypen
. . . . . . . . . . . . . . . 63
Abb. 6.3
Beispielberichte zu Energie und Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . 63
Abb. A.1 Datenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII
Abb. A.2 Bericht Treibstoffverbrauch und CO
2
-Emissionen pro Kunde . . . . . . XIII
Abb. A.3 Bericht Strecke und Schadstoffemissionen pro Kunde . . . . . . . . . . XIII
III

Tabellenverzeichnis
Tab. A.1 Nationale Bestimmungen zum Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . VI
Tab. A.2 Analysierte Nachhaltigkeitsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
Tab. A.3 Kennzahlenkatalog für das Öko-Controlling in der Logistik . . . . . . . XI
IV

Abkürzungsverzeichnis
3PL
Third-Party-Logistics-Provider
BUIS
betriebliches Umweltinformationssystem
CCF
Corporate Carbon Footprint
CSR
Corporate Social Responsibility
CO
Kohlenmonoxid
CO
2
Kohlendioxid
CO
2
e
CO
2
-Äquivalente
DWH
Data Warehouse
EDI
Electronic Data Interchange
EMAS
Eco-Management and Audit Scheme
EU
Europäische Union
GRI
Global Reporting Initiative
HC
Kohlenwasserstoffe
IT
Informationstechnologie
IPCC
International Panel on Climate Change
KPI
Key Performance Indicator
LCA
Life Cycle Assessment
LIS
Lieferanten-Informationssystem
MIS
Management-Informationssystem
NBE
Nachhaltigkeitsberichterstattung
NH
3
Ammoniak
NMVOC
flüchtige organische Verbindungen ohne Methan
NO
x
Stickstoffoxide
PCF
Product Carbon Footprint
PM
Feinstaubpartikel
SCOR
Supply Chain Operations Reference Model
SCM
Supply Chain Management
sSCM
sustainable Supply Chain Management
SO
2
Schwefeldioxid
THG
Treibhausgas
V

1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Die Umweltauswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten rücken aufgrund von Versor-
gungsengpässen bei Rohstoffen oder der zunehmenden Beeinträchtigung der na-
türlichen Umwelt durch den Menschen (z.B. Klimawandel) immer stärker in das
Blickfeld von Gesellschaft und Politik. Deutlich wird dies etwa durch das UN-
Aktionsprogramm Agenda 21 aus dem Jahre 1992 oder durch den aktuellen Bericht
des UN-Ausschusses für Klimaänderungen (2007).
Unternehmen geraten aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder marktlicher Anforderun-
gen immer mehr unter Zugzwang, ihre Produktion und einhergehend ihre Liefer-
ketten ökologisch nachhaltig auszurichten.
1
Besonders der Güterverkehr trägt maß-
geblich zur Umweltverschmutzung bei und begründet so die Forderung nach einer
,,grünen Logistik".
2
Grund hierfür sind für Mensch und Natur gefährliche Schad-
stoffemissionen (z.B. Kohlenmonoxid oder Feinstaubpartikel), die durch die Ver-
brennung von Treibstoffen entstehen. Ebenso wird auf diesem Weg das Treibhausgas
Kohlendioxid (CO
2
) freigesetzt, welches für die Verstärkung des Klimawandels ver-
antwortlich gemacht wird.
3
Es zeigt sich, dass Logistikunternehmen zunehmend ge-
fordert sind, ihr ökologisches Committment sowie ihre Umweltleistung gegenüber
verschiedenen Anspruchsgruppen darzulegen.
Allerdings beweist eine Studie von Lohre und Herschlein, dass selbst innerhalb der
Logistikbranche die Vorstellungen über das Ausmaß einer grünen Logistik bisweilen
stark divergieren.
4
Einige Unternehmen stoßen bereits auf Schwierigkeiten bei der
Identifikation, Erhebung und Auswertung umweltrelevanter Verbrauchsdaten, wie ei-
ne Untersuchung bei der Meyer & Meyer Holding GmbH & Co. KG zeigt.
Während Referenzmodelle wie das Supply Chain Operations Reference Model
(SCOR) als Spitzenkennzahlen für die Öko-Bilanzierung von Logistikern einerseits
die CO
2
- und Schadstoffemissionen sowie andererseits quantifizierte Angaben zu
Abfallaufkommen und Wasserverbrauch benennen, existiert in der einschlägigen Li-
teratur bisher noch kein umfassendes Kennzahlensystem, welches Logistikdienstleis-
tern als Grundlage für ein betriebliches Öko-Controlling dienen könnte.
1
Vgl. Baumgarten, 2008, S. 407ff.; Herrmann, 2010, S. 1.
2
Vgl. Arnold et al., 2008, S. 1017ff.
3
Vgl. Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007, S. 36ff.
4
Vgl. Lohre und Herschlein, 2010, S. 3ff.
1

1.2
Zielsetzung der Arbeit
Kernziel
dieser
Ausarbeitung
ist
es,
ein
branchenspezifisches
Öko-
Kennzahlensystem als Grundlage für die Messung der betrieblichen Umweltleistung
von Logistikdienstleistern zu entwickeln und es (prototypisch) bei Meyer & Meyer
zu implementieren.
Zur Identifikation wichtiger Kenngrößen im Öko-Controlling werden zunächst auf
theoretischer Ebene typische intrinsische und extrinsische Beweggründe für die
Darstellung und Verbesserung der betrieblichen Umweltleistung aufgezeigt sowie
Grundlagen des Umweltmanagements vorgestellt. Weiterhin soll im Rahmen dieser
Arbeit deutlich werden, wie das Umweltmanagement von Logistikdienstleistern
durch den Einsatz von Informationstechnologie (IT) unterstützt werden kann. Dabei
sind folgende zentrale Fragen zu beantworten:
1. Welche Umweltbelastungen entstehen im Zuge logistischer Prozesse?
2. Wie können diese strukturiert in einem Öko-Kennzahlensystem dargestellt
werden?
3. Wie kann das Öko-Controlling von Logistikdienstleistern informationstech-
nisch unterstützt werden?
Die prototypische Implementierung des Kennzahlensystems im Management-
Informationssystem von Meyer & Meyer soll insbesondere das Öko-Controlling und
die Nachhaltigkeitsberichterstattung des Unternehmens unterstützen. Die Arbeit ver-
deutlicht dabei organisatorische und technische Herausforderungen, die sich in der
Praxis unter anderem in Bezug auf die Erhebung umweltrelevanter Daten ergeben.
1.3
Aufbau der Arbeit
Die Arbeit beginnt mit einer literaturbasierten Aufarbeitung theoretischer Grundla-
gen. So beschreibt Kapitel 2 aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Ursprünge und
Voraussetzungen des betrieblichen Umweltmanagements sowie die staatliche Um-
weltpolitik als dessen wirtschaftliche Rahmenbedingung.
Kapitel 3 erläutert das logistische Leistungssystem sowie die Umweltbelastungen,
die beispielsweise durch Transport- oder Lagerprozesse entstehen. Weiterhin wird
das ökologische Selbstverständnis der Logistikbranche anhand einer Auswertung
empirischer Studien untersucht. Daraufhin werden wichtige Anforderungen an die
ökologische Nachhaltigkeit von Logistikdienstleistern sowie Ziele und Ansätze zur
Verbesserung der betrieblichen Umweltleistung vorgestellt.
Kapitel 4 beschreibt die Rolle der IT im Umweltmanagement von Logistikdienst-
leistern. Es beinhaltet zunächst eine allgemeine Beschreibung der Einsatzbereiche
2

für IT in der Logistik. Anschließend wird erläutert, inwiefern auch Green-IT und
betriebliche Umweltinformationssysteme (BUIS) zur Verbesserung der Umweltleis-
tung beitragen können.
In Kapitel 5 werden die Erkenntnisse der vorangegangenen Abschnitte genutzt, um
ein Kennzahlensystem zur Darstellung und Analyse der Umweltleistung von Lo-
gistikdienstleistern abzuleiten. Kapitel 6 beschreibt daraufhin die prototypische Im-
plementierung des Öko-Kennzahlensystems bei Meyer & Meyer. Hierzu werden im
Rahmen einer Ist-Analyse die organisatorische und operative Verankerung des Um-
weltmanagements sowie die Motivation zur Erfassung und Verbesserung der Um-
weltleistung aufgrund von persönlichen Gesprächen mit der Geschäftsführung und
mit Mitarbeitern verschiedener Abteilungen erhoben. Es werden die Kernziele des
Unternehmens in Bezug auf die eigene Umweltleistung bestimmt. Als Ausgangs-
punkt der Implementierung des Kennzahlensystems werden zudem relevante Da-
tenquellen und benötigte Schnittstellen identifiziert und die zugrunde liegende IT-
Architektur vorgestellt. Weiterhin werden die Grenzen des Prototypen anhand einer
kritischen Würdigung beschrieben sowie mögliche weitere Schritte aufgezeigt, die
Meyer & Meyer zur Erreichung der Umweltziele unternehmen kann.
Kapitel 7 schließt mit einem Fazit und Ausblick. Die Ergebnisse und Grenzen der
Arbeit in Bezug auf Umweltmanagement und Logistik werden hier noch einmal
kurz zusammengefasst. Es werden Erkenntnisse und mögliche Forschungsbedarfe
hinsichtlich des Zusammenspiels zwischen IT und grüner Logistik dargestellt.
3

2
Betrieblicher Umweltschutz
2.1
Staatliche Umweltschutzpolitik als wirtschaftliche Rahmen-
bedingung
Die hohe Inanspruchnahme der ökologischen Umwelt aufgrund steigender Bevöl-
kerungszahlen, zunehmender Technisierung, vermehrter Produktion und einer ein-
hergehend steigenden Umweltbelastung führt dazu, dass die natürliche Regeneration
der Umwelt in zunehmendem Maße erschwert wird.
5
Politische Abkommen zum
Klima- und Umweltschutz auf nationaler und internationaler Ebene sind der Grund
dafür, dass die deutsche Regierung auch Umweltauswirkungen der Güterproduktion
vermehrt reguliert. Wo die Aufnahmefähigkeit der ökologischen Umwelt zunächst
noch als weitgehend uneingeschränkt galt, lernten sie die Menschen mit der Zeit
als knappes und lebensnotwendiges (und damit schützenswertes) Gut schätzen.
6
Sie
erhält dabei in der betriebswirtschaftlichen Literatur erst Mitte der 1980er Jahre Be-
achtung.
7
Die folgenden Abschnitte erläutern, welche internationalen Abkommen maßgeblich
zu einer Sensibilisierung von Politik und Gesellschaft bezüglich der Umwelt geführt
haben sowie welche politischen Rahmenbedingungen die wirtschaftlichen Aktivitä-
ten in Deutschland umgeben.
2.1.1
Internationale Abkommen und ihre Auswirkungen auf die EU-Politik
Im Jahre 1989 riefen die Vereinten Nationen den Zwischenstaatlichen Ausschuss
für Klimaänderungen (International Panel on Climate Change, IPCC) ins Leben,
um Regierungen mit verlässlichen, wissenschaftlich fundierten Informationen zum
Weltklima versorgen zu können.
8
Bereits der erste Bericht des Ausschusses führ-
te zum ,,Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen"
9
,
dem ersten internationalen Abkommen zur Verminderung der globalen Erwärmung.
Die 1992 ausgearbeitete Agenda 21 ist ein Aktionsprogramm für das 21. Jahrhun-
dert, in welchem die Staatengemeinschaft darüber hinaus einen dringenden Hand-
lungsbedarf zur Rettung der Erde sowie grundlegende Vereinbarungen zur Förderung
einer nachhaltigen Entwicklung konstatierte.
10
Im Kyoto-Protokoll von 1997 einig-
5
Vgl. Herrmann, 2010, S. 7ff.
6
Vgl. Herrmann, 2010, S. 11ff.
7
Vgl. Perl, 2006, S. 12.
8
Vgl.
http://www.ipcc.ch/organization/organization_history.htm (01.10.2010)
9
engl. United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC)
10
Vgl. Prammer, 2009, Fußnote 242, S. 48.
4

ten sich die Vertragsparteien des Klimarahmenübereinkommens schließlich auf erste
verbindliche, quantitative Handlungsziele sowie Umsetzungsinstrumente zur Reduk-
tion der anthropogenen (vom Menschen geschaffenen) Treibhausgas-Emissionen.
11
Spätestens mit der Veröffentlichung seines aktuellen vierten Berichts (2007) hat der
IPCC wissenschaftlich bewiesen, dass ein beträchtlicher Anteil der Erderwärmung
auf das Wirken der Menschen zurückzuführen ist.
12
Dabei hat CO
2
am Treibhauseffekt mit etwa 60% den höchsten Anteil. Das Gas ist
als natürlicher Bestandteil der Luft grundsätzlich ungiftig, farb- und geruchlos und
dient insbesondere dem Auf- und Abbau pflanzlicher Biomasse.
13
Andere Treib-
hausgase wie Methan oder Kohlenwasserstoffe werden hinsichtlich ihres Beitrages
zum Treibhauseffekt an CO
2
gemessen (relatives Treibhauspotenzial) und in CO
2
-
Äquivalente (CO
2
e) umgerechnet.
So legte die Europäische Union (EU) 2001 mithilfe der NEC-Richtlinie nationale
Emissionshöchstmengen (national emission ceilings) für bestimmte Luftschadstoffe
fest.
14
Sie gibt ihren Mitgliedsstaaten eine politische Nachhaltigkeitsstrategie vor,
die den wesentlichen Erkenntnissen des IPCC, dem Kyoto-Protokoll sowie der Agen-
da 21 Rechnung trägt und dabei sieben zentrale Herausforderungen benennt:
15
1. Klimawandel und umweltfreundliche Energie
2. nachhaltiger Verkehr
3. nachhaltige Konsumption und Produktion
4. Erhaltung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen
5. Gesundheit
6. soziale Eingliederung
7. Armut und nachhaltige Entwicklung
Die EU gibt damit unter anderem ein langfristiges Ziel für einen nachhaltigen Ver-
kehr vor, nämlich die ,,Gewährleistung von Verkehrssystemen, die sowohl wirtschaft-
lichen, sozialen und ökologischen Ansprüchen genügen, bei gleichzeitiger Minimie-
rung von nachteiligen Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt ".
16
So sind insbesondere der Energiebedarf des Verkehrssektors und einhergehend die
auf ihn zurückzuführenden Treibhausgas- und Schadstoffemissionen auf ein nach-
haltiges Niveau zu senken.
11
Vgl. Akca, 2008, S. 28ff.; Dyckhoff und Souren, 2008, S. 38.
12
Vgl. Kappas, 2009, S. 153.
13
Vgl. Konstantin, 2007, S. 210ff.
14
Die von der NEC-Richtlinie begrenzten Schadstoffe sind Schwefeldioxid (SO
2
),
Stickstoffoxide (NO
x
), Ammoniak (NH
3
) und flüchtige organische Verbindungen ohne
Methan (NMVOC), vgl. Umweltbundesamt, 2007, S. 5
15
Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2008, Rn. 6.
16
Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2008, Rn. 7.
5

2.1.2
Umweltschutz in Deutschland
Die Umweltpolitik der Bundesrepublik Deutschland orientiert sich weitgehend an
den entsprechenden Vorgaben, Empfehlungen und Stellungnahmen der EU. Ein öko-
logisches Nachhaltigkeitsbestreben ist dabei seit 1994 im deutschen Grundgesetz
verankert.
17
Der Gesetzgeber legt grundsätzlich fest, welche Umweltschutzziele im Einzelnen zu
verfolgen sind, wer in welchem Umfang den Umweltschutz umzusetzen hat und wer
die Kosten trägt.
18
Er hat dabei die Möglichkeit, die Umweltschutzverpflichtungen
mittels ordnungsrechtlicher oder marktwirtschaftlicher Instrumente durchzusetzen.
Während der Staat im ersten Fall Gebote und Verbote erlässt, die sich auf die Um-
weltschädigung im Rahmen der Wertschöpfungs- und Konsumprozesse beziehen und
beispielsweise anhand von Auflagen die Art und Menge von Produktionsinputs und -
outputs verbieten oder begrenzen, räumen die marktwirtschaftlichen Instrumente den
betroffenen Unternehmen mehr Handlungsspielräume ein ­ das Verhalten wird hier
in der Regel durch monetäre Anreize für umweltbewusstes Agieren gelenkt.
Den hohen Stellenwert des Klimaschutzes verdeutlicht mitunter das Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetz (TEHG), welches 2004 verabschiedet wurde. Es zielt darauf
ab, die negativen (externen) Effekte wirtschaftlicher Aktivitäten, die auf die Emission
von Treibhausgasen zurückzuführen sind, zu internalisieren.
19
Auf diese Weise sol-
len nicht mehr die Gemeinschaft, sondern die verursachenden Unternehmen für die
Kosten der Umweltschäden (oder deren Beseitigung) einstehen. 2007 verabschiedete
das Umweltbundesamt darüber hinaus das ,,Nationale Programm zur Verminderung
der Ozonkonzentration und zur Einhaltung der Emissionshöchstmengen" und setz-
te damit die Vorgaben der 33. Bundes-Immissionsschutzverordnung und der NEC-
Richtlinie um.
20
17
Artikel 20a des Grundgesetzes besagt: ,,Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen
Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen
Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung."
18
Dabei können diese Kosten nach drei Prinzipien verteilt werden: Das Versursacherprinzip teilt
demjenigen Akteur die Kosten für Verminderung/Verhinderung von Umweltschäden zu, der sie
bewirkt (oder bewirken würde). Ist die eindeutige Zuordnung zu einem Akteur nicht möglich, so
werden die Kosten nach dem Gemeinlastverfahren von der Gemeinschaft (in der Regel der Staat)
getragen. Das Nutznießerprinzip hingegen ordnet die Kosten nicht dem Verursacher von
Umweltbelastungen zu, sondern vielmehr denjenigen Akteuren, die von der Unterlassung der
Schädigung profitieren (vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 75).
19
Vgl. Siems, 2005, S. 443ff.
20
Die erforderlichen Minderungen zur Einhaltung der Emissionshöchstmengen der NEC-Richtlinie
waren dabei in Deutschland bereits 2005 für SO
2
zu 99%, für NO
x
zu 82% und für NMVOC zu 91%
erreicht (vgl. Umweltbundesamt, 2007, S. 12). Lediglich für NH
3
lag der Erfüllungsgrad mit 63%
deutlich niedriger. Dabei ist gerade der Verkehr laut Umweltbundesamt in hohem Maße
verantwortlich für die NO
x
-, NH
3
- und NMVOC-Emissionen (vgl. Umweltbundesamt, 2007, S. 6,
13).
6

Dabei existiert in Deutschland eine unüberschaubare Vielzahl an Vorgaben zum Um-
weltschutz ­ Dyckhoff und Souren identifizierten bereits für das Jahr 2004 mehr als
12.000 geltende umweltrelevante Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschrif-
ten auf Bundes- sowie Landesebene.
21
Im Hinblick auf den Verkehrssektor werden positive Folgen für den Klimaschutz bei-
spielsweise aus der Einführung der Autobahn-Maut oder der innerstädtischen Um-
weltzonen erwartet.
22
2.2
Betriebliches Umweltmanagement
Wenn sich Unternehmen in zunehmendem Maße dem betrieblichen Umweltschutz
verschreiben, so mag dies an politischen Vorgaben liegen. Inzwischen erkennen sie
aber, dass umweltbezogene Zielsetzungen in vielen Fällen auch durchaus mit öko-
nomischen Vorgaben einhergehen (etwa in Form von Kosteneinsparungen durch die
Erhöhung der Energie- und Materialeffizienz). Ein Nachweis über die ökologische
Nachhaltigkeit kann von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von Un-
ternehmen sein: ,,Commitment to the natural environment has become an import-
ant variable within the current competitive scenarios while companies worldwide are
continuously trying to develop new and innovative ways to enhance their global com-
petitiveness."
23
Unternehmen erhoffen sich durch die Erhöhung der Kundenzufriedenheit eine Stär-
kung der Kundenbindung, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
24
Eine
umweltbewusste Unternehmensführung wirkt zudem durchaus vorteilhaft auf Inves-
toren, Kreditgeber oder Versicherungen, die ihre Entscheidungen für oder wider eine
Kooperation zunehmend auch aufgrund eines ökologischen Kalküls treffen.
25
Die rein ökonomische Ausrichtung eines Unternehmens ohne Berücksichtigung der
vielfältigen gesellschaftlichen Ansprüche kann laut Pfriem et al. im schlimmsten Fall
sogar zur Entstehung von Feindbildern führen und damit die wirtschaftliche Stellung
eines Unternehmens gefährden.
26
Eine umfassende Erhebung und Bewertung der Umweltleistung findet dabei sowohl
auf Unternehmens- als auch auf Produktebene statt. Die nun folgenden Abschnit-
te verdeutlichen, wie das betriebliche Umweltmanagement den Unternehmen dabei
21
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 74 Ein guter Überblick über Normen auf EU- wie auf
Bundesebene findet sich weiterhin bei Arnold et al., 2008, S. 490.
22
Vgl. Umweltbundesamt, 2007, S. 21.
23
Lin, Ho und Chiang, 2009, S. 4.
24
Vgl. Teuteberg und Wittstruck, 2010a, S. 150.
25
Vgl. Werner, 2009, S. 19ff.
26
Vgl. Pfriem et al., 2006, S. 95.
7

helfen kann, ihre Umweltleistung auf transparente Art und Weise zu erfassen und zu
verbessern sowie ihr ökologisches Committment gegenüber den Anspruchsgruppen
(Stakeholdern) glaubhaft darzustellen. Da Schlagworte wie Nachhaltigkeit und Um-
weltschutz häufig verwendet werden, ohne dass ein einheitliches Verständnis vor-
liegt, soll zunächst eine kurze Begriffserläuterung und -abgrenzung vorgenommen
werden.
2.2.1
Begriffsabgrenzungen
Wenn von betrieblichem Umweltschutz die Rede sein soll, so muss zunächst definiert
werden, welche Umwelt überhaupt gemeint ist. Im Grunde sind hier laut Perl drei Be-
trachtungsweisen sinnvoll.
27
Erstens stellt die sozio-kulturelle Umwelt das soziale
Umfeld von Individuen, Gruppen von Individuen oder der Gesellschaft dar (wozu ne-
ben dem technologischen auch das politisch-rechtliche und das ökonomische Umfeld
zählen). Zweitens erfasst die räumliche Umwelt die räumliche Umgebung, in der wir
uns befinden (Gebäude, Regionen, Länder). Drittens beschreibt die ökologische oder
natürliche Umwelt den Zustand von Boden, Luft, Tieren, Pflanzen und Menschen in
unserer mittelbaren oder unmittelbaren Umgebung, auch unter Rücksichtnahme auf
die jeweiligen wechselseitigen Beziehungen.
Da die natürliche Umwelt als Ressourcenlieferant für betriebliche Transformations-
prozesse (Versorgungsfunktion der Umwelt) und gleichermaßen als Aufnahmemedi-
um für stoffliche und energetische Transformationsrückstände dient (Trägerfunktion
der Umwelt), soll von nun an die Verwendung des Begriffs Umwelt an das enge Ver-
ständnis der natürlichen Umwelt geknüpft sein.
28
Unter dem Begriff betriebliche Umweltleistung werden im Folgenden die positiven
und negativen Auswirkungen sämtlicher Geschäftsprozesse und -aktivitäten eines
Unternehmens auf die ökologische Umwelt zusammengefasst.
29
Weiterhin werden
unter Umweltschutzmaßnahmen solche Maßnahmen verstanden, die der Verringe-
rung oder Vermeidung von Umweltbelastungen dienen und somit die betriebliche
Umweltleistung verbessern.
Wenn unternehmerisches Handeln im Allgemeinen darauf ausgelegt ist, durch sei-
ne Wertschöpfungsaktivitäten das langfristige Fortbestehen des Unternehmens zu si-
chern, spielen dabei nicht nur rein ökonomische oder ökologische Faktoren eine Rol-
27
Vgl. Perl, 2006, S. 9ff.
28
Vgl. Perl, 2006, S. 10ff.
29
Der Begriff Umweltleistung ist gemäß Art. 2c) EMAS definiert als ,, ... Ergebnisse des Managements
der Organisation hinsichtlich der sie betreffenden Umweltaspekte". Diese Definition ist nach
Ermessen des Autors zu abstrakt und nicht dieser Arbeit dienlich, weswegen im Folgenden auf die
oben genannte Definition zurückgegriffen wird.
8

le, sondern zunehmend auch soziale.
30
Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit werden
heute häufig als Triple-Bottom-Line strategischer Planungs- und Steuerungsaktivitä-
ten bezeichnet.
31
Der Begriff Nachhaltigkeit bedeutet dabei ursprünglich eine aus-
gewogene Nutzung regenerativer Ressourcen und stammt aus der Forstwirtschaft.
32
Im Zusammenhang mit der sozialen Verantwortung der Unternehmen gegenüber
Mitarbeitern und Gesellschaft ist mithin auch der Begriff der Corporate Social
Responsibility (CSR) zu verstehen.
33
Diese Arbeit fokussiert jedoch den ökologi-
schen Aspekt der Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne sowie die Wechselwirkun-
gen, die mit der ökonomischen Seite bestehen. Soziale Aspekte der Nachhaltigkeit
liegen außerhalb des Betrachtungsrahmens dieser Arbeit.
Weiterhin müssen Unternehmen die Einhaltung aller für sie relevanten gesetzlichen
Vorgaben zum Umweltschutz gewährleisten und den entsprechenden Aufsichtsorga-
nen beweisen können. Häufig verfolgen sie auch interne Richtlinien, die über die ge-
setzlichen Vorgaben hinaus gehen können. Die Einhaltung von internen und externen
Vorgaben ist im Folgenden unter dem Begriff (Legal) Compliance zu verstehen.
34
2.2.2
Grundlagen
Die staatliche Umweltschutzpolitik setzt immer neue Anforderungen in den Berei-
chen Klimaschutz, Luftreinhaltung sowie Natur- und Bodenschutz, welche folg-
lich immer stärker reguliert werden (ebenso Gewässer- und Lärmschutz oder die
Kreislauf- und Abfallwirtschaft). Energieeffizienz, Ressourcenschonung, Reduktion
von Treibhausgasemissionen oder ein verantwortlicher Umgang mit Abfall sind dem-
nach Herausforderungen, denen sich Betriebe aller Branchen und Größen in zuneh-
mendem Maße stellen müssen. Da sich aber konkret umzusetzende Umweltschutz-
maßnahmen eines Unternehmens aus seinem Kerngeschäft und seiner Strategie ab-
leiten, müssen die Geschäftsprozesse im Einzelnen auf ihre Umweltauswirkungen
untersucht werden. Das betriebliche Umweltmanagement stellt dabei eine zuneh-
mend wichtige Querschnittsaufgabe im Unternehmen dar, die alle Unternehmenstei-
le betrifft.
Ein konstruktives Umweltbewusstsein sowie klare Leitlinien in Bezug auf die Um-
welt sollten dabei vom Management vorgelebt werden und sich im Rahmen des Um-
weltmanagements in der gesamten Organisation verbreiten, damit ein ökologisches
30
Vgl. von Ahsen, 2006, S. 12.
31
Vgl. Buchta, Eul und Schulte-Croonenberg, 2009, S. 93; Isenmann, Bey und Welter, 2007, S. 487;
Grünwald, 2008, S. 142.
32
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 50; Sommer, 2007, S. 49, Fußnote 254.
33
Vgl. Isenmann, 2007, S. 81.
34
Die Begriffe (Legal) Compliance bzw. Compliance Management werden u.a. verwendet bei
Freundlieb und Teuteberg, 2009a; Lang, 2007.
9

Bewusstsein integraler Bestandteil der Unternehmenkultur werden kann.
Der Begriff Umweltschutz in Bezug auf betriebliche Prozesse ist dabei allenfalls re-
lativ zu verstehen, zumal Unternehmen in diesem Sinne die ökologisch beste, aber
unter ökonomischen Gesichtspunkten noch plausible Entscheidung zu treffen ha-
ben. Die Umweltbelastung wird dann insofern um die Belastung der jeweils (ökolo-
gisch) schlechteren Alternativen gemindert ­ die Umwelt wird vor ,,Schlimmerem"
bewahrt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Umweltbelastungen in
aller Regel als Kuppelprodukte der Wertschöpfung entstehen, es sich somit bei den
beiden Strategien maximaler Umweltschutz und gleichzeitig maximaler Gewinn zu-
nächst um einen klaren Zielkonflikt handelt ­ ein absoluter Umweltschutz würde in
den meisten Fällen schließlich die Einstellung der Produktion bedingen. Die Heraus-
forderung des betrieblichen Umweltmanagements liegt also darin, die Ziele des Um-
weltschutzes möglichst umfassend und dennoch komplementär zum Ziel der lang-
fristigen Unternehmenserhaltung zu gestalten.
Interessant für die Betrachtung der Umweltleistung eines produzierenden Unterneh-
mens sind zunächst insbesondere diejenigen Transformationsprozesse, welche Akti-
vitäten der quantitativen, qualitativen, räumlichen oder zeitlichen Veränderung von
Wirtschaftsobjekten (Gütern) beschreiben.
35
Dazu gehören einerseits Produktions-
prozesse (aus einem gegebenen Input wird ein bestimmter Output erzeugt), aber
auch Entsorgungs- oder Demontageprozesse. Wirtschaftliche Transformationspro-
zesse beruhen letztlich auf Energieumwandlungen und Stoffwechseln und sind folg-
lich ,,... für den Umweltschutz per se relevant "
36
. Neben Gütertransformationspro-
zessen sind im Sinne einer ganzheitlichen Bewertung der Umweltleistung eines Un-
ternehmens auch alle anderen (Kern- sowie Unterstützungs-)Prozesse zu betrachten.
Um konkrete Handlungsbedarfe aufdecken zu können, müssen Unternehmen im ers-
ten Schritt relevante Material- und Energieverbräuche identifizieren und in regel-
mäßigen Abständen erfassen. Häufig können Verbesserungspotenziale schon allein
durch Zeitreihenanalysen der Verbräuche oder Vergleiche zwischen verschiedenen
Standorten aufdeckt werden.
Im Zuge der Ausarbeitung einer Umweltstrategie ist in der Regel eine genaue
Stakeholder-Analyse durchzuführen, um herauszufinden, welche Anspruchsgruppen
welche Nachhaltigkeitsinteressen an den betrieblichen Leistungsprozessen haben.
Kennt das Management die ökologischen Interessen seiner Stakeholder, so kann
im nächsten Schritt herausgestellt werden, welche Chancen und Risiken sich aus
dem betrieblichen Umweltschutz ergeben, sowie welche Stärken und Schwächen das
35
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 10ff.
36
Dyckhoff und Souren, 2008, S. 11.
10

Unternehmen hier charakterisieren (beispielsweise mittels SWOT-Analysen).
37
Ist
die Analyse des Unternehmensumfeldes durchgeführt, so sind Umweltschutzziele
für die einzelnen Unternehmensbereiche funktional oder divisional festzulegen (tak-
tisches Umweltmanagement). Dazu gehören beispielsweise eine ökologische Aus-
richtung der Forschung & Entwicklung oder die umweltorientierte Gestaltung von
Produktions- und Logistikprozessen.
Weiterhin hat das Management dafür zu sorgen, dass bei allen Mitarbeitern ein Be-
wusstsein für umweltfreundliches Verhalten geschaffen wird. Ein umweltorientiertes
Personalmanagement kann sich in diesem Zusammenhang ebenfalls als sinnvoll er-
weisen.
38
Ansätze im betrieblichen Umweltmanagement
Welche Umweltmanagementansätze ein Unternehmen verfolgt, ist von der Ge-
schäftsführung gemäß der Unternehmensvision sowie der davon abgeleiteten strate-
gischen Ziele festzulegen. Ein ernstgemeinter, umfassender Umweltschutz sollte je-
doch als Kernelement der Unternehmenskultur gesehen und gelebt werden. Zentrale
Aufgabe des betrieblichen Umweltmanagements ist es nun, die strategischen Vor-
gaben zum Umweltschutz umzusetzen, das heißt, operative Maßnahmen zu planen
und auszuführen sowie deren Einhaltung kontinuierlich zu kontrollieren und ggf. zu
korrigieren. Es liegt mithin an seiner Ausführung, aus dem Kerngeschäft eine ,,grüne
Unternehmung" zu machen.
39
Weiterhin ist es Aufgabe des Umweltmanagements, ein Marketing-Konzept zu ent-
wickeln, um die Umweltleistung des Unternehmens für die Stakeholder transparent
zu machen und die Nachfrage nach ökologischen Produkten zu steigern. Das um-
weltorientierte Marketingmanagement baut hier eine weitere Brücke von den ökolo-
gischen zu den ökonomischen Zielen.
40
Perl klassifiziert betriebliche Umweltmanagementansätze etwa nach inputorientier-
ter und outputorientierter Herangehensweise.
41
Erstere schlägt sich in einem gezielt
sparsamen Einsatz knapper Ressourcen nieder. Zur outputorientierten Betrachtung
zählen die Vermeidung, Verminderung und Wiederverwertung von Rückständen. Die
mehrfache Nutzung von (Kuppel-)Produkten schont schließlich die natürliche Um-
welt in ihren beiden Funktionen als Versorgungs- und Trägermedium. Eine weitere
Anforderung an den Umgang mit ökologisch schädlichen Rückständen ist deren Um-
37
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 166ff.
38
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 126ff.
39
Der Begriff Green Business wird u.a. verwendet bei Knickle et al., 2008; Buchta, Eul und
Schulte-Croonenberg, 2009, S. 90.
40
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 129.
41
Vgl. Perl, 2006, S. 16ff.
11

wandlung durch stoffliche und energetische Transformationsprozesse hin zu weniger
schädlichen oder, wenn möglich, unschädlichen Rückständen.
Dyckhoff und Souren identifizieren weiterhin fünf idealtypische Umweltbasisstra-
tegien, anhand derer bemessen werden kann, ob sich ein Unternehmen gegenüber
gesetzlichen Umwelt-Anforderungen offensiv (proaktiv) oder eher defensiv verhält
(siehe Abb. 2.1). Entscheidend sind hier das Ausmaß und die Intensität der Umwelt-
Abbildung 2.1: Strategien des betriebl. Umweltmanagements
(Quelle: in Anlehnung an Dyckhoff und Souren, 2008, S. 118)
schutzaktivitäten des zu betrachtenden Unternehmens, die in der Praxis meist nicht
in ihrer Reinform, sondern einer Mischform anzutreffen sind.
42
Der Ordnungsrahmen unterscheidet zum einen zwischen direktem (unternehmensbe-
zogenem) und indirektem (unternehmensübergreifendem) Umweltschutz.
Direkter Umweltschutz umfasst dabei alle Maßnahmen, die die unmittelbar durch das
Unternehmen verursachte Umweltbelastung verringern, wie zum Beispiel produkti-
onsbegleitende Abfälle und Schadstoffemissionen. Indirekter Umweltschutz hinge-
gen bezieht sich auf Maßnahmen, die auch solche Umweltbelastungen mindern, die
nur mittelbar auf das Unternehmen zurückzuführen (und trotzdem von ihm beein-
flussbar) sind ­ so etwa die Einbeziehung der Demontageplanung und einer ener-
gieeffizienten Verbrauchssteuerung bereits im Produktentwicklungsprozess. Zum an-
deren werden nachgeschaltete Umweltschutzmaßnahmen (als Beseitigungs- oder
Verwertungsaktivitäten eher der Entsorgung zuzuordnen) von präventiven Umwelt-
schutzmaßnahmen (echte Vermeidung von Umweltbelastungen) unterschieden.
Unternehmen, die eine abwehrorientierte Umweltstrategie verfolgen, ergreifen keine
nennenswerten Umweltschutzmaßnahmen und sind ,, . . . gekennzeichnet durch Igno-
42
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 117.
12

ranz gegenüber umweltbezogenen moralischen Ansprüchen und durch ein Festhalten
an gewohnten Verhaltensweisen . . . "
43
. Typisch ist für diese Art Unternehmen, dass
sie Ansprüche an den Handlungsbedarf abwehren oder auf andere Unternehmen ab-
wälzen ­ häufig kennen sie nicht einmal alle für sie relevanten gesetzlichen Auflagen,
sodass sie im Grunde auch deren Einhaltung nicht gewähren können.
Die outputorientierte Umweltstrategie beinhaltet immerhin den Willen, gesetzestreu
zu handeln. Erreicht wird dies durch nachgeschaltete Maßnahmen und Technologi-
en, die auf den bisherigen Prozessen aufsetzen und bereits entstandene Rückstände
oder Emissionen beseitigen (sog. ,,end-of-pipe"-Ansatz). Dyckhoff und Souren gehen
davon aus, dass ein solch additiver Umweltschutz aufgrund der einfachen Umsetz-
barkeit als Basisstrategie heute bei vielen Unternehmen vorherrscht.
44
Während Abwehr- und Outputorientierung klar eine defensive Umweltpolitik wider-
spiegeln, ist die prozessorientierte Strategie bereits dadurch einen Schritt offensiver,
dass hier gezielt ,,so viel wie möglich" gemacht wird und gesetzliche Auflagen teils
übererfüllt werden. Direkte und präventiv ausgerichtete Umweltschutzmaßnahmen
werden insbesondere in der Produktion angewendet, weshalb hier häufig die Rede
von produktionsintegriertem Umweltschutz ist. Bestehende Prozesse werden analy-
siert und durch den Einsatz ,,sauberer" Technologien dahingehend modifiziert, dass
Umweltbelastungen bereits in ihrer Entstehung vermindert werden.
Die verwertungsorientierte Umweltschutzstrategie geht noch einen Schritt weiter als
die outputorientierte, und betrachtet außer der innerbetrieblich verschuldeten Um-
weltbelastung den gesamten Stoffkreislauf. Allerdings werden auch hier in der Regel
nur nachgeschaltete Maßnahmen getroffen, um gesetzlichen Auflagen zur Kreislauf-
führung eigener Produkte und Produktabfälle gerecht zu werden. Die Schutzmaß-
nahmen wirken sich hier nicht direkt auf die Umweltleistung des betrachteten Unter-
nehmens aus, wohl aber mittelbar auf verwertende nachgelagerte Instanzen.
Den höchsten Grad offensiver Umweltpolitik weisen nach Dyckhoff und Souren die-
jenigen Unternehmen auf, die eine zyklusorientierte Umweltstrategie verfolgen. Sie
zielen darauf ab, gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren (Konsumenten, Entsor-
gern und Versorgern) möglichst intelligente Stoffkreisläufe und zugleich vermei-
dungsorientierte Produkte zu realisieren.
Da aber nicht nur einzelne Produkte betrachtet werden, sondern auch damit verbun-
dene Dienstleistungen, sprichen die Autoren hier von produkt- und serviceorientier-
tem Umweltschutz. Dieser betrifft sämtliche inner- und überbetrieblichen Prozesse,
auf die das Unternehmen mittelbar oder unmittelbar Einfluss nehmen kann. Die be-
sondere Herausforderung des zyklusorientierten Unternehmens ist, dass es enge und
43
Dyckhoff und Souren, 2008, S. 118.
44
Vgl. Dyckhoff und Souren, 2008, S. 119.
13

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842829374
DOI
10.3239/9783842829374
Dateigröße
990 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Osnabrück – Wirtschaftswissenschaften, Unternehmensrechnung und Wirtschaftsinformatik
Erscheinungsdatum
2012 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
grüne logistik öko-controlling betriebliches umweltinformationssystem nachhaltigkeitsberichterstattung environmental data warehouse
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Titel: Konzeption und prototypische Implementierung eines Kennzahlensystems zur Messung der betrieblichen Umweltleistung in der Logistikbranche am Beispiel der Meyer & Meyer Holding GmbH & Co. KG
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