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Das Ibn Khaldoun Denkmal, Erinnerung in politischer Kommunikation

©2007 Diplomarbeit 136 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Denkmäler sind Gedächtnismedien. In den meisten Fällen stellen sie historische oder gesellschaftlich bindende Ereignisse oder Persönlichkeiten dar, und unter besonderen Umständen können sie Wahr- und Erkennungszeichen einer Stadt oder Nation sein. Denkmäler sind Gedächtnisstützen. Sie sind Ausdruck gesellschaftlicher Ehrerbietung und geben Aufschluss über Werte, die innerhalb einer Gesellschaft bestand haben, woraus sich der Grund ihrer Errichtung erklärt. Ein Denkmal soll erinnern!
Wie konnte das Denkmal Ibn Khaldouns in Tunesien das Regelwerk des traditionellen Bilderverbotes in einer islamischen Gesellschaft außer Kraft setzen und somit Anlass für eine kollektive Kommunikationsinteraktion werden?
Vor dieser Frage gewinnt das Kommunikat ‘Denkmal’ und dessen Existenz in Tunis der Hauptstadt Tunesiens einen besonderen Bedeutungsinhalt, der im Folgenden genauer untersucht werden soll. Festzuhalten gilt es bereits hier, dass das Denkmal Ibn Khaldouns in Tunis nicht auf Wunsch oder gar Veranlassung einer intellektuellen Teilöffentlichkeit realisiert wurde, sondern wie bereits in einer vorangegangenen Hausarbeit dargelegt und beschrieben, eine politische Maßnahme des damaligen Staats- und Regierungschefs Habib Bourguiba war. Er war maßgeblich für die Einführung des Laizismus in Tunesien verantwortlich.
Ibn Khaldoun war Historiograph, Soziologe und Philosoph und wurde in Tunis im Jahre 1332 geboren. Sein Hauptwerk, die Muqaddima, auch das ‘Buch der Beispiele’ oder ‘Prolegomena’ genannt, und seine Biographie bilden in fast jedem arabischen Gymnasium Unterrichtsstoff. Man kann durchaus davon sprechen, dass sein Werk zur Allgemeinbildung in nordafrikanischen Staaten gehört. Die Begeisterung für sein Werk ist ungebrochen. Seit Bekannt werden seines Werkes im Europa des neunzehnten Jahrhunderts, reihten sich die Lobesreden anerkannter europäischer Wissenschaftler aneinander. Man verglich seine Lehre mit der eines Montesquieu oder Machiavelli, Vico oder Herder und erkannte, dass Ibn Khaldoun, der eigentliche Vater der Gesellschaftswissenschaft war, bevor diese als eine solche in Europa anerkannt wurde. Eine komplette Übersetzung der Muqaddima liegt bisher nur in französischer Sprache vor. Im Deutschen liegen mehrere Teilübersetzungen vor. Die wohl am meisten gelesenen sind die der Orientalisten Annemarie Schimmel aus dem Jahre 1951 und Matthias Pätzold von 1992. Bedauerlicherweise sind beide Übersetzungen nicht mehr erhältlich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Vorbemerkungen

1 Einleitung
1.1 Themenwahl
1.2 Gegenstand und Ziel der Arbeit

2 Theoretischer Teil
2.1 Gedächtnisformen
2.1.1 Das individuelle Gedächtnis
2.1.2 Das kollektive Gedächtnis
2.1.3 Das kulturelle Gedächtnis
2.1.3.1 Das Funktionsgedächtnis
2.1.3.2 Das Speichergedächtnis
2.1.4 Das Gedächtnis der Politik
2.2 Erinnerung in islamischen Gesellschaften
2.2.1 Religionsvermittlung
2.2.2 Religion, Kunst und Kultur
2.3 Geschichtsverarbeitung in Nordafrika

3 Einführung Ibn Khaldouns Leben, Werk und wesentliche Thesen
3.1 Biographische Zusammenfassung Ibn Khaldouns
3.2 Ibn Khaldouns Werk
3.2.1 Ibn Khaldouns soziologische Theorie
3.2.1.1 Asabiyya und umrân
3.2.1.2 Machtzyklus der herrschenden Dynastien

4 Historie, Zeichen und Denkmäler
4.1 Geschichte
4.1.1 Das französische Protektorat
4.1.2 Habib Bourguiba: Protagonist der Unabhängigkeit
4.2 Entstehung der Avenue, erste Denkmäler
4.2.1 Das Denkmal Jules Ferry
4.2.2 Das Denkmal des Kardinals De Lavigerie
4.2.3 Das Grabmal des unbekannten Soldaten
4.3 Der Künstler des Ibn Khaldoun Denkmals, Zoubeir Turki
4.4 Die Denkmalsetzungen in „La Presse de Tunisie“, eine chronologische Zusammenfassung der Berichterstattung.
4.4.1 Klassifikation der Presseartikel
4.4.2 Gerüchte um das Ibn Khaldoun Denkmal

5 Auswertung
5.1 Analyse und Interpretation
5.1.1 Die Wahl der Orte
5.2 Schlussbetrachtung

Anhang A: Tunesische Nationalfeiertage

Anhang B: Denkmäler auf der Avenue Habib Bourguiba

Anhang C: Presseartikel von „La Presse de Tunisie“
C.1 La Presse de Tunisie, 19. Januar 1978 (1/2)
C.2 La Presse de Tunisie, 19. Januar 1978 (2/2)
C.3 La Presse de Tunisie, 19. Januar 1978 (1/1)
C.4 La Presse de Tunisie, 14. März 1978 (1/1)
C.5 La Presse de Tunisie, 16. März 1978 (1/1)
C.6 La Presse de Tunisie, 16. März 1978 (1/1)
C.7 La Presse de Tunisie, 24. Mai 1978 (1/2)
C.8 La Presse de Tunisie, 24. Mai 1978 (2/2)
C.10 La Presse de Tunisie, 24. Mai 1978 (1/1)
C.11 La Presse de Tunisie, 24. Mai 1978 (1/1)
C.12 La Presse de Tunisie, 25. Mai 1978 (1/1)
C.13 La Presse de Tunisie, 27. Mai 1978 (1/2)
C.14 La Presse de Tunisie, 27. Mai 1978 (2/2)
C.15 La Presse de Tunisie, 31. Mai 1978 (1/1)
C.16 La Presse de Tunisie, 1. Juni 1978 (1/1)
C.17 La Presse de Tunisie, 1. Juni 1978 (1/4)
C.18 La Presse de Tunisie, 1. Juni 1978 (2/4)
C.19 La Presse de Tunisie, 1. Juni 1978 (3/4)
C.20 La Presse de Tunisie, 1. Juni 1978 (4/4)
C.21 La Presse de Tunisie, 3. Juni 1978 (1/1)
C.22 La Presse de Tunisie, 4. Juni 1978 (1/1)
C.23 La Presse de Tunisie, 4. Juni 1978 (1/1)
C.24 La Presse de Tunisie, 14. Juni 1978 (1/1)
C.25 La Presse de Tunisie, 18. Juni 1978 (1/1)
C.26 La Presse de Tunisie, 7. Dezember 2000 (1/1)

Anhang D: Presseartikel von „Dialogue Tunisie“

Anhang E: Presseartikel von „La Gazelle“

Anhang F: Presseartikel von „Le Monde Diplomatique“

Quellenverzeichnis

Literatur

Zeitungen

Internet

Eidesstattliche Versicherung

Zusammenfassung

Diese Diplomarbeit wurde im Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste in Berlin eingereicht. Sie untersucht am Beispiel des Denkmals von Ibn Khaldoun die Frage, in welchem politischen Kontext das Denkmal Teil einer Kommunikationsinteraktion der Politik wurde, und welche Funktion es seither im Stadtbild von Tunis erfüllt. Grundlage zur Analyse der Arbeit, bilden verschiedene Gedächtnistheorien und das Massenmedium „La Presse de Tunisie“ in Tunis. Anhand dieses Mediums konnte die Denkmalssetzung im Jahr 1978 nachvollzogen werden.

Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit unterschiedlichen Gedächtnistheorien. Denkmäler haben meist einen historischen Bezug zu der Geschichte eines Landes, eines Ortes oder einer Teilöffentlichkeit, die daran erinnern möchten, welche Werte für sie Bestand haben. Sie stellen somit eine Form der Bestandssicherung übergeordneter Werte dar. Die vorangestellten Theorien und Erinnerungsformen, bilden im Wesentlichen das Hintergrundwissen für die zu untersuchende Denkmalssetzung Ibn Khaldouns in Tunis. Sie sind die Grundlage für die Analyse und Interpretation des Hergangs im letzten Teil der Arbeit.

Im zweiten Teil der Arbeit wurden die wesentlichen Etappen des Lebens Ibn Khaldouns beschrieben, und die Wiederentdeckung und Umstände, unter denen sein Werk zum ersten Mal in Europa bekannt wurde. Die wesentlichen Schlüsselbegriffe seiner soziologischen Theorie wurden im Anschluss daran dargelegt und anhand mehrerer Übersetzungen erläutert.

Der dritte Teil der Arbeit befasst sich, dem Rahmen entsprechend verkürzt, mit der Geschichte Tunesiens und der Entstehung der Avenue Habib Bourguiba auf der sich das Denkmal Ibn Khaldouns befindet. Anhand des Printmediums „La Presse de Tunisie“, wurde der Hergang in der Chronologie der Ereignisse zunächst zusammengefasst und aufgearbeitet. Die Klassifikation der Presseartikel, erfolgte vor dem tagespolitischen Hintergrund anhand der der Mitteilungen des Deutschen Orientinstitutes die von Sigrid Faath verfasst wurden.

Die Analyse verdichtet auf acht Seiten den Hergang unter Berücksichtigung, der eingangs dargelegten Gedächtnistheorien und den gewonnen Erkenntnissen des historischen Kontextes und des Werkes Ibn Khaldouns.

In den Schlussbetrachtungen findet die voraus gestellte Hypothese kritische Überprüfung und mit ihr die Frage, in welcher Form Ibn Khaldoun in der tunesischen Gesellschaft gedacht wird.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Geburtshaus Abbildung 2: Koran Schule

Abbildung 3: Avenue de la Marine 1

Abbildung 4: Stadtplan von Tunis 1875

Abbildung 5: Stadtplan von Tunis 1883

Abbildung 6: Stadtplan von Tunis 1889

Abbildung 7: Stadtplan von Tunis 1906

Abbildung 8: Französische Botschaft von Tunis um 1909

Abbildung 9: Kathedrale St. Vincent de Paul,2006

Abbildung 10: Bild des Denkmals von Jules Ferry

Abbildung 11: Denkmal des Kardinal De Lavigerie vor Bab el Bahr

Abbildung 12: Grabmals des Unbekannten Soldaten in Tunis

Abbildung 13: Denkmal des Habib Bourguibas aus La Presse de Tunisie 1978

Abbildung 14: Hedi Nouria, Habib Bourguiba, Zoubeir Turki vor dem Ibn Khaldoun Denkmal

Abbildung 15: Übergabe der Medaille durch Bourguiba an Turki

Abbildung 16: Zoubeir Turki Abbildung 17: Ibn Khaldoun Büste

Vorbemerkungen

Um die Untersuchung für das Thema voran zu treiben, war ein Forschungsaufenthalt in Tunis notwendig. Durch die Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Khaled Najar hatte ich die Gelegenheit und das Glück den Künstler des Ibn Khaldoun Denkmals im letzen Jahr persönlich kennen zu lernen. Zoubeir Turki, inzwischen dürfte er 84 Jahre sein, empfing mich auf seinem Anwesen in der Nähe von Tunis, zeigte mir sein kleines Museum, das er selbst gebaut hatte, und stellte sich bereitwillig zu einem Interview zum Ibn Khaldoun Denkmal zur Verfügung. Das Interview konnte leider nicht genutzt werden, da das Aufnahmegerät seine Dienste verweigerte. Es stellte sich ohnehin im Verlauf des Gespräches heraus, dass er auf Fragen, die im Zusammenhang mit der Denkmalserrichtung und die damaligen politischen Hintergründe, nicht weiter eingehen wollte. Dies lehnte er schlichtweg ab. Aus seinen Aussagen ließ sich jedoch deutlich heraus hören, dass er den ehemaligen Staatspräsidenten Habib Bourguiba ebenso verehrte wie den derzeitigen Präsidenten Ben Ali. Trotz der Verweigerung auf die Fragen die ich ihm zum Ereignis stellen wollte, durfte ich die Ibn Khaldoun Büste, die er bei sich im Wohnzimmer stehen hat, fotografieren. Für dieses von ihm entgegen gebrachte Vertrauen möchte ich mich an dieser Stelle bedanken, ebenso bei Khaled Najar, der für mich den Kontakt schnell und unkompliziert herstellte, und an einem Nachmittag in Tunis sämtliche Etappen und Adressen mit mir ablief, die mit dem Gedenken an den Philosophen Ibn Khaldoun in Tunis in Verbindung zu bringen sind. Das Finden der Informationsquellen, die in dieser Arbeit Verwendung fanden, stellte sich hingegen wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen heraus. Tunis verfügt über eine Unzahl von Archiven, unter denen es galt, das richtige zu finden, und selbst die Mitarbeiter der jeweiligen Archive wussten nicht zu sagen, an welcher Stelle man am besten anfängt zu graben. Da selbst Zoubeir Turki, sich nicht an das Datum der Denkmalserrichtung erinnern konnte oder möglicherweise nicht wollte, wurde ich von ihm noch mit einer Fußnote entlassen, dass auf dem Rücken des Denkmalsockels das Jahr der Errichtung vermerkt sei. Es stellte sich bei einem weiteren Besuch am Denkmal heraus, dass dies im Jahr 1978 eingeweiht wurde. Mehr oder weniger mit einer Schaufel in der Hand entlassen, um an mehreren Stellen gleichzeitig anzufangen zu graben, begann die Recherche, nachdem ich schon erste Erfahrungen mit unterschiedlichen individuellen Erinnerungsleistungen gemacht hatte.

Mehrere Aufwartungen zwischen dem Rathaus und dem Kulturministerium und wieder zurück waren nötig, bis man die richtigen Ansprechpartner persönlich erreichte. Einem recht unterhaltsamen Gespräch mit dem Beamten Abdessatar Amamou war es zu verdanken, den Kontakt zu der Soziologin Fatma Ben Becher herzustellen. Sie hatte zuletzt ein Buch über die Geschichte der Avenue Habib Bourguiba verfasst. Sowohl Fatma Ben Becher, als auch dem Beamten Abdessatar Amamou soll an dieser Stelle für die Unterstützung gedankt sein! Ein Berater des Kulturministeriums, gab mir letztlich den ausschlaggebenden Hinweis und den Namen des Archives, dem ich die wichtigsten Informationen entnehmen konnte. Auf die Frage, ob denn Filmaufnahmen oder Aufzeichnungen diverser Radiosendungen aus den siebziger Jahren zu beziehen seien, die die Denkmalseinweihung dokumentieren, wurde mir mit den Worten abgeraten, dass man dazu „sehr breite Schultern“ haben müsse. Auf dieses Material musste im Rahmen der Recherche leider verzichtet werden. Endlich im Pressearchiv angekommen, ohne konkrete Angaben über das Datum der Denkmalseinweihung, konnte der Krimi mit nur einer Schlussfolgerung beginnen: 365 Tage hat das Jahr! Die in der Arbeit verwendeten Zitate, die ich den Artikeln entnommen habe, wurden von mir übersetzt. Die Artikel sind im Anhang zu finden.

Insgesamt dauerte die Recherche vor Ort fast 14 Tage und unter schlechteren Bedingungen ist davon auszugehen, dass an das Material kein Herankommen gewesen wäre, hätte mich mein Vater, bei der Recherche nicht begleitet und das auch aufgrund der Tatsache, dass die öffentlichen Verkehrsmittel mich nicht an die einzelnen Orte gebracht hätten, die es galt aufzusuchen. Mancherorts löste mein europäisches Auftreten und Aussehen Misstrauen, mein Anliegen teilweise große Neugierde und teilweise völliges Unverständnis aus. Ein Schlüssel zum Erfolg war letztlich die Tatsache, dass ich anhand meines Namens nachweisen konnte, dass ich nicht ganz artfremd war und mich einigermaßen auf tunesisch ausdrücken konnte.

An dieser Stelle wichtige Danksagungen an diejenigen, die mich in Frankfurt unterstützt haben. Den geduldigen Korrekturlesern, Rosi Kopp und Gaby Künkler und Stefan Schustereit. Meinen lieben Berliner Kommilitonen und Freunden Bianka Meißenburg und Matthias Werth. Ihnen sei auch hier mein herzlicher Dank mitgeteilt.

Christopher Erb, danke ich für seine Geduld in den letzten Monaten und seine stete Unterstützung in Sachen Studium während der Zeit in Berlin und Frankfurt. Für die Unterstützung in Berlin, Frankfurt und Tunis: meinen Eltern!

1 Einleitung

1.1 Themenwahl

Denkmäler sind Gedächtnismedien. In den meisten Fällen stellen sie historische oder gesellschaftlich bindende Ereignisse oder Persönlichkeiten dar, und unter besonderen Umständen können sie Wahr- und Erkennungszeichen einer Stadt oder Nation sein. Denkmäler sind Gedächtnisstützen. Sie sind Ausdruck gesellschaftlicher Ehrerbietung und geben Aufschluss über Werte, die innerhalb einer Gesellschaft bestand haben, woraus sich der Grund ihrer Errichtung erklärt. Ein Denkmal soll erinnern!

Wie konnte das Denkmal Ibn Khaldouns in Tunesien das Regelwerk des traditionellen Bilderverbotes in einer islamischen Gesellschaft außer Kraft setzen und somit Anlass für eine kollektive Kommunikationsinteraktion werden?

Vor dieser Frage gewinnt das Kommunikat „Denkmal“ und dessen Existenz in Tunis der Hauptstadt Tunesiens einen besonderen Bedeutungsinhalt, der im Folgenden genauer untersucht werden soll. Festzuhalten gilt es bereits hier, dass das Denkmal Ibn Khaldouns in Tunis nicht auf Wunsch oder gar Veranlassung einer intellektuellen Teilöffentlichkeit realisiert wurde, sondern wie bereits in einer vorangegangenen Hausarbeit dargelegt und beschrieben, eine politische Maßnahme des damaligen Staats- und Regierungschefs Habib Bourguiba war. Er war maßgeblich für die Einführung des Laizismus in Tunesien verantwortlich.

Ibn Khaldoun war Historiograph, Soziologe und Philosoph und wurde in Tunis im Jahre 1332 geboren. Sein Hauptwerk, die Muqaddima, auch das „Buch der Beispiele“ oder „Prolegomena“ genannt, und seine Biographie bilden in fast jedem arabischen Gymnasium Unterrichtsstoff. Man kann durchaus davon sprechen, dass sein Werk zur Allgemeinbildung in nordafrikanischen Staaten gehört. Die Begeisterung für sein Werk ist ungebrochen. Seit Bekannt werden seines Werkes im Europa des neunzehnten Jahrhunderts, reihten sich die Lobesreden anerkannter europäischer Wissenschaftler aneinander. Man verglich seine Lehre mit der eines Montesquieu oder Machiavelli, Vico oder Herder und erkannte, dass Ibn Khaldoun, der eigentliche Vater der Gesellschaftswissenschaft war, bevor diese als eine solche in Europa anerkannt wurde.[1] Eine komplette Übersetzung der Muqaddima liegt bisher nur in französischer Sprache vor. Im Deutschen liegen mehrere Teilübersetzungen vor. Die wohl am meisten gelesenen sind die der Orientalisten Annemarie Schimmel aus dem Jahre 1951 und Matthias Pätzold von 1992. Bedauerlicherweise sind beide Übersetzungen nicht mehr erhältlich und können nur noch in Bibliotheken eingesehen werden.

Darüber hinaus wurden seiner Lehre von Spanien über Marokko und Ägypten bis hin in die Türkei Forschungszentren eingerichtet. Teile seines recht gut erhaltenen Werkes sind heute in der Türkei einzusehen. Viel ist bisher über ihn und sein Werk geschrieben worden, weniger jedoch über das auf Veranlassung von Habib Bourguiba in den siebziger Jahren in Tunesien errichtete Denkmal.

Das Jahr 2006 feierte Tunesien offiziell als das Jahr Ibn Khaldouns. Anlässlich des sechshundertsten Todestages – Ibn Khaldoun verstarb im Jahre 1406 in Kairo – wurden Symposien, Ausstellungen, Diskussionsabende und Theaterstücke dargeboten, die das Gedenken an den großen Philosophen stetig aktualisierten und lebendig halten sollten. Wissenschaftler aus aller Welt nahmen rege an vielen der Veranstaltungen teil.

Doch auch außerhalb der Feierlichkeiten im Jahre 2006 wird Ibn Khaldoun stetig kommuniziert. Eine Ibn Khaldoun Darstellung findet sich auf dem Zehn-Dinar-Schein. Anlässlich der Feierlichkeiten wurde eine Briefmarke mit einer Darstellung entworfen, man kann das vermutete Geburtshaus besichtigen, eine ehemalige Gebetsschule, in der Ibn Khaldoun Koranverse lernte, die Ez-Zitouna-Moschee, in der er studierte. Straßen und der universitäre Campus in Tunis tragen heute seinen Namen.

Dieser Diplomarbeit vorangestellt verfasste die Autorin bereits im Wintersemester 2005/2006 eine Hausarbeit zu dem gewählten Thema. Die hier vorliegende Arbeit wird das Thema „Erinnerung in politischer Kommunikation am Beispiel Ibn Khaldoun Denkmals“ vertiefen.

Vor diesem Hintergrund möchte die Autorin ihr Interesse für das Thema offen legen: Die Augen für Ibn Khaldouns Leben und Werk wurden mir im Verlauf des Studiums der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation geöffnet. Aufgrund meiner tunesischen Herkunft hätte man davon ausgehen können, dass mir sowohl der Autor als auch sein Werk längst hätten bekannt sein dürfen. Zu verdanken habe ich daher das Füllen dieser Wissenslücke denjenigen, die den Autor und sein Werk für das Seminar im Sommer 2004 angeregt haben und mich dabei daran „erinnerten“, dass ich mich bereits zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal fragte, wessen Denkmal ich in der Innenstadt von Tunis wohl begegnet war. Eine vorangegangene Hausarbeit über das Denkmal Ibn Khaldouns führte letztlich zu der pragmatischen Überlegung, das Thema zu vertiefen und den „Ursachen und Gründen“ der Denkmalssetzung Ibn Khaldouns auf den Grund zu gehen.

1.2 Gegenstand und Ziel der Arbeit

Gegenstand der Diplomarbeit ist Erinnerung in politischer Kommunikation am Beispiel des Ibn Khaldoun Denkmals im Stadtbild von Tunis seit es existiert bis heute. Ein Aspekt der Untersuchung ist es, den Hergang der Denkmalssetzung von Beginn an zu rekonstruieren, um die damit einhergehenden politischen Absichten nachvollziehen zu können. Da es Teil einer Denkmalkomposition im Stadtbild von Tunis ist wurde hierzu, das Printmedium „La Presse de Tunisie“ herangezogen. Dieses Presseerzeugnis ist landesweit in Tunesien auch heute noch das am meisten gelesene Printmedium und verfügte zum damaligen Zeitpunkt über eine recht ausführliche und vergleichsweise liberale Berichterstattung[2].

Für die Analyse werden Definitionen und Terminologien aus der Soziologie und Kulturwissenschaft herangezogen, die das Thema Gedächtnis und Erinnerungsformen vertiefen, um die Denkmalserrichtung anhand dieser Theorien kulturell und historisch einzuordnen. Ausgeschlossen von der Betrachtung sind die Theorien, die sich mit dem Verständnis der Geschichte auseinandersetzen. Dazu gehören die „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ Friedrich Nietzsches, sowie die polarisierenden Essays des Franzosen Pierre Noras. Die Verfasserin setzt voraus, dass Geschichte und Gedächtnis nicht voneinander trennbare Begriffe sind, wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird. Ebenso werden Gedächtnistheorien der Neurologie und Psychologie nicht in Betracht gezogen. Für die Betrachtung der politischen Kommunikation werden Jahres- und Feiertage, in diesem Fall sogar Wochentage von besonderer Bedeutung sein. Die Jahres- und Feiertage die Tunesien jährlich feiert, sind im Anhang zu finden. Tunesien wurde im Jahr 1956 von der ehemaligen Verwaltungsmacht Frankreich nach 74 Jahren Protektorat am 20. März in die Unabhängigkeit entlassen. Der 20. März ist seither offiziell der Tag der Unabhängigkeit. Das Denkmal Ibn Khaldouns wurde zu einem vergleichbaren Termin gesetzt, worauf im späteren noch einzugehen ist. Da, wie bereits oben angesprochen, bildliche Darstellungen in islamischen Gesellschaften keine ausgeprägte Tradition haben, werden zum näheren Verständnis der Erinnerungsproblematik auch Erinnerungsformen im Islam besprochen, um darüber hinaus den Stellenwert des Denkmals generell zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund ergeben sich daher folgende Fragestellungen:

- Welche Funktion erfüllt das Denkmal Ibn Khaldouns seit seiner Errichtung in Tunesien?
- Zu welchem Zeitpunkt, und an welchem Ort wurde das Denkmal eingeweiht und welche Erinnerungen existieren generell in Tunesien, die die einstige Gegenwart Ibn Khaldouns dokumentieren?
- Welches gedankliche Konzept wurde damals mit dem Denkmal in Verbindung gebracht?
- Wann genau wurde das Denkmal gesetzt und vor welchem politischen Hintergrund spielte sich die Denkmalssetzung ab?
- Wer gestaltete das Denkmal?
- Wie war die Reaktion auf das Denkmal damals?
- Wie wird das Denkmal heute von der tunesischen Öffentlichkeit rezipiert?
- Ausgangshypothese der Verfasserin ist die Frage, ob diese europäische Form des Gedenkens durch die Denkmalssetzung in der tunesischen Gesellschaft akzeptiert und ohne weiteres übernommen wurde, und wenn ja, ob diese vor dem kulturellen Hintergrund im allgemeinen Bestand hat?

2 Theoretischer Teil

2.1 Gedächtnisformen

Das Gedächtnis ist Thema vieler wissenschaftlicher Disziplinen. Dies reicht von den Naturwissenschaften Biologie und Medizin, den Gesellschaftswissenschaften der Soziologie und Medienwissenschaft, den technisch ausgerichteten Fachbereichen bis hin zu der Kultur- und Geschichtswissenschaft. All diese Disziplinen befassen sich mit den unterschiedlichen Gedächtnisformen. Biologie und die Medizin befassen sich mit dem menschlichen Gedächtnis, dem Gehirn und den Informationsübertragenden Nervensystem, dem so genannten neuronalen Gedächtnis .

Die Soziologie prägte Anfang der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Begriff des sozialen das heißt kollektiven Gedächtnisses , ein Begriff, der zu einem späteren Zeitpunkt vertieft werden soll. Vor allem die technisch orientierten Fachbereiche prägten die Begriffe des Datenspeicherns und der Datenübermittlung, mit der Absicht, Informationen und Wissen so schnell wie möglich verfügbar und übertragbar zu machen. Die Geschichtswissenschaft befasste sich mit Zeitzeugnissen und befragte Zeugen . Ihr Ziel: Vergangenes für die Gegenwart zu bewahren, zu vermitteln verbunden mit dem Anspruch, die Vergangenheit so genau und objektiv wie möglich der Nachwelt darbieten zu können damit diese das angesammelte Wissen bei Bedarf auf- beziehungsweise abrufen kann. Um historische Fakten, Ereignisse und Erfahrungsberichte fassbar zu machen, mussten Speicher geschaffen werden, um den Zugriff auf die Fülle des gesammelten Materials gewährleisten zu können. Speicherorte der Geschichtswissenschaft sind von je her Bibliotheken, Archive, Museen und Denkmäler. Hieraus entstanden eigene Berufsstände: Archivare, Bibliothekare, Denkmalpfleger.

Die Notwendigkeit, Wissen und Informationen zu speichern, ergibt sich aus der Tatsache, dass das individuelle menschliche Gedächtnis sowohl erinnert als auch vergisst. Durch Medien wie Bilder, Geschichten und Musik verringert sich der Prozess des Vergessens. Durch sie wird es erst möglich, Geschehnisse und Erlebnisse wieder lebendig werden zu lassen. Sie sind der „Schlüsselreiz“ für die menschliche Erinnerung. Im Moment des Erinnerungsprozesses leben Emotionen wieder auf, die Menschen mit bestimmten Erfahrungen verbinden und diese an andere kommunizieren.

2.1.1 Das individuelle Gedächtnis

Das individuelle menschliche Gedächtnis ist im Verlauf eines Lebens mit einer Unmenge von Eindrücken und Erfahrungen behaftet. Der Mensch muss zunächst ein gewisses Alter erreicht haben (mindestens 2 Jahre), um sich an Vergangenes zu erinnern. Erinnerungen haben einen trügerischen Charakter, denn sie verschwimmen und verbinden sich oft mit neuen Eindrücken. Es sei denn, bestimmte Sachverhalte wie zum Beispiel das Auswendiglernen von Reden oder Zahlenketten werden durch gezieltes Gedächtnistraining wie zum Beispiel der Mnemotechnik[3] trainiert. Diese Erinnerungen können unter Umständen ein ganzes Leben Bestand haben, denn das trainierte Gedächtnis gehört zu dem, was man gemeinhin als das so genannte semantische, also das Lerngedächtnis bezeichnet. Der Soziologe Harald Welzer fasst die Eigenschaften des individuellen Gedächtnisses wie folgt zusammen:

„Wir wissen, dass unser Gehirn unterschiedliche Systeme für Kurzzeit- und die Langzeitverarbeitung von Gedächtnisinhalten in Anspruch nimmt und dass es unterschiedliche Gedächtnissysteme für selbstbezogene, für wissensbasierte, für körperliche und für implizite Wahrnehmungen und Erfahrungen gibt.“[4]

Erinnerungen sind Stimmungslagen unterworfen. Je nachdem, wie sich ein Sachverhalt aus der persönlichen Vergangenheit und einer Lebensgeschichte darlegt, verschwimmen Erfahrungen und Erinnerungen mit erworbenen Wissen und, nicht zu vergessen, mit Emotionen, die letztlich ein Bild ergeben, die den Tatsachen der Vergangenheit nur annähernd entsprechen. Sie sind, und das scheint eines der wichtigsten Eigenschaften des individuellen Gedächtnisses zu sein, je nach Anstoß, Anlass und Zeitdimension Veränderungen und dem Vergessen unterworfen.[5] Dinge, die sich gerade vor dem Auge des Betrachters ereigneten, sind im Augenblick unmittelbarer Erzählung deutlich und weitaus genauer, als dasselbe in Erinnerung gerufene Ereignis nach ein oder zwei Jahren. Der Angeklagte meint sich zu erinnern, der Sachverständige klärt die Fakten, Phänomene, mit denen sich Kriminalbeamte und Richter täglich auseinandersetzen.

Die Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann gliedert das individuelle, das heißt das episodische Gedächtnis in drei wesentliche Merkmale:

- Perspektivisch
- Fragmentarisch
- Flüchtig

Der Begriff des Perspektivischen bezeichnet, das Erinnerungen naturgemäß nicht austauschbar, nicht auf andere Individuen übertragbar sind, jeweils aus der Perspektive des einzelnen Gültigkeit haben und im Rahmen einer erlebten Zeit bleiben, die bereits Vergangenheit geworden ist. Sie sind fragmentarisch, weil sie nur kurz und zusammenhangslos im Gedächtnis aufkommen und sind in letzter Konsequenz flüchtig . [6]Das individuelle Gedächtnis, so können wir diese Merkmale zusammenfassen, ist das dynamische Medium subjektiver Erfahrungsverarbeitung.[7]

Literarische Formen der individuellen Erinnerungsaufarbeitung sind Biographien oder Memoiren, Nacherzählungen und Geschichten. Gegebenenfalls werden diese zu Erinnerungen einer gesamten sozialen Einheit, einer Familie oder Gemeinschaft und können identitätsstiftenden Charakter haben. Dass individuelle Erinnerungen durchaus auf diese Weise mitgeteilt werden, ist Teil einer jeden persönlichen Gedächtnisleistung. Sie ist von seinem Träger abhängig und kann so an eine soziale Gruppe kommuniziert werden. Allgemein bedient man sich dazu der Sprache, Schrift, Bildern oder in Form von Internetblogs oder möglicherweise digitaler Kurznachrichten, je nachdem welcher Kommunikationskanal bevorzugt wird und an welches Milieu sich die Kommunikation richtet. Durch die Mitteilung der Erinnerung an zweite und dritte, entsteht der Akt der Kommunikation.

2.1.2 Das kollektive Gedächtnis

Jedes Individuum gehört einer sozialen Gruppe an. Sei es wie in dem oben angeführten Beispiel, man wird in eine Familie hineingeboren, gehört beispielsweise einem privaten Kegelclub an und teilt tagsüber im Idealfall die Interessen eines Unternehmens, so ist dieses individuelle und persönliche Gedächtnis auch mit dem Gedächtnis einer oder mehr sozialer Wir-Gruppen verbunden. Maurice Halbwachs postuliert hierzu:

„Gewiss besitzt jeder ein Gedächtnis nach seinem besonderen Temperament und seinen Lebensumständen, das keinem anderen sonst gehört. Darum ist es aber nicht weniger ein Teil, gleichsam ein Aspekt des Gruppengedächtnisses.“[8]

Maurice Halbwachs, der den Begriff und die Theorie des kollektiven Gedächtnisses in der Soziologie vornehmlich geprägt hat, geht davon aus, dass Gemeinsamkeiten kollektiv erinnert werden, je nachdem in welchem sozialen Rahmen, das heißt Milieu, sich ein Individuum befindet, und welcher Art von Erlebnissen es innerhalb eines Kollektivs ausgesetzt war. Die Erinnerungen des Einzelnen beginnen jedoch bereits im Gruppenkontext zu divergieren: Rezeption und Antizipation werden von den Gruppenteilnehmern kognitiv nicht zwangsläufig mit den gleichen Emotionen verbunden.[9] Was dem einen amüsant oder gar komisch in Erinnerung ist, löst bei anderen Teilnehmern möglicherweise Gefühle des Unbehagens aus. Der Anstoß des Erlebnisses mag dann zwar allen Teilnehmern geläufig sein, die individuellen Bilder, Emotionen und Erinnerungen jedoch bleiben höchst unterschiedlich und individuell.

Der Begriff des kollektiven Gedächtnisses ist zumindest ausgehend von dem oben angeführten Kleinkollektiven wie Familie, Kegelclub und Unternehmen selbst auf tribale Gesellschaften anwendbar. Doch auf nationale Einheiten bezogen, verschwimmt die Begrifflichkeit des kollektiven Gedächtnisses und kollidiert mit den Erinnerungsformen einzelner Interessensgruppen und in der Konsequenz auch mit deren Geschichtsauffassungen. Die Verfasserin teilt an dieser Stelle die Auffassung des Soziologen Harald Welzer, der dem Konzept des kollektiven Gedächtnisses von Maurice Halbwachs einerseits Respekt entgegen bringt, andererseits diesem jedoch prinzipiell einen stärkeren Differenzierungsbedarf unterstellt.[10] Die Verfasserin geht davon aus, dass kollektiv nur erinnert werden kann, was durch Massenmedien in einer Gesellschaft zuvor generiert wurde.

2.1.3 Das kulturelle Gedächtnis

Dass ein Gedächtnis von Generation zu Generation erworben wurde, wurde bereits festgestellt. Es ist wie bereits durch Maurice Halbwachs postuliert eine Form des kollektiven Erinnerns und setzt einen Anlass beziehungsweise einen externen Stimulus des Erinnerns voraus. Eine genauere Unterscheidung der Begrifflichkeiten (kollektiv und kulturell) soll hier vorgenommen werden. Der Begriff des kulturellen Gedächtnisses wurde im Wesentlichen von den beiden Wissenschaftlern Jan und Aleida Assmann[11] geprägt.

Beide, inspiriert von Maurice Halbwachs und „oral history“ Forschungsergebnissen, gehen davon aus, dass sich ein Generationengedächtnis zwischen 80 und maximal 100 Jahren in einem Familienkontext tradiert und somit als verkörpertes Gedächtnis und das heißt als soziales Gedächtnis bezeichnet wird.[12] Unter dem Begriff „oral history“ hat sich seit den dreißiger Jahren vergangenen Jahrhunderts ein eigener Forschungsbereich gebildet, der als Erfahrungswissenschaft verstanden wird. Hierbei geht es meist um das Erfassen lebensweltlicher, persönlicher Erfahrungen Einzelner, die durch so genannte Erinnerungsinterviews festgehalten werden und in den historischen Kontext gestellt werden.[13]

Das von Halbwachs postulierte und der durch Jan und Aleida Assmann weiter ausgeführte Begriff des sozialen Gedächtnisses basiert dabei auf memorierten Erfahrungen, die Mitglieder einer Gesellschaft oder eines sozialen Milieus von einer Generation in die nächste tragen. Wesentliches Merkmal des sozialen Gedächtnisses ist, dass es durch orale, das heißt so genannte Face-to-Face- Kommunikation zwischen den Generationen und Teilnehmern lebendig erhalten bleibt. Die Erinnerung hat nur innerhalb dieser sozialen Gruppe Bestand. Das kulturelle Gedächtnis hingegen ist immer an Medien, Zeichen, Symbole, Riten, Repräsentationen oder einen Träger gebunden.[14] Sie bilden, sofern man die Inhalte im neuronalen, individuellen Gedächtnis als bekannt voraussetzen kann, den Reiz für das kulturelle Gedächtnis.

Ausgangspunkt in der Theorie des kulturellen Gedächtnisses ist das Totengedenken der direkten Angehörigen. Diese Erfahrung des Totengedenkens ist meist die erste prägende Erfahrung mit Erinnerungen an Personen der familiären Vergangenheit. Abhängig vom Kulturkreis lassen sich hier unterschiedliche Riten und Praktiken beobachten. Während der Begriff der Pietät die Verpflichtung jedes Einzelnen ist, die Erfahrungen und Erinnerungen und den „(…) Namen des Toten aufrecht zu erhalten“ [15], tritt dem gegenüber die weltliche Form der Erinnerung durch das Erlangen von Fama. Hierunter versteht Aleida Assmann das Erlangen von Ruhm durch außergewöhnliche Leistungen und Taten, um der Nachwelt erhalten zu bleiben.[16] Eine Voraussetzung dafür ist, bereits zu Lebzeiten dafür Sorge zu tragen, dass die Erinnerung durch Beauftragung an Dritte (beispielsweise Dichter oder Architekten) für die Zukunft gewährleistet ist.

Fama, der aus der griechischen Mythologie stammende Begriff, wird in der Literatur durch Jahrhunderte sowohl mit Ruhm als auch mit Tratsch und Klatsch gleichgesetzt. Mythologisch wurde Fama als Tochter der Göttin Gaia geboren. In einem dunklen federnden Gewand verbreitet Fama das Geschwätz der Leute in Windeseile, so das Bild des griechischen Dichters Ovid.

Fama hat demnach ein doppeltes Gesicht, denn sie verbreitet sowohl Gutes als auch Schlechtes über die Menschen. Aleida Assmann bezieht zur Kehrseite der Fama keine weitere Stellung, sondern bezieht Ihre Ausführungen nur auf den positiv konnotierten Begriff des Ruhmes und der gewünschten Unsterblichkeit. Anders als bei der Pietät, so führt Aleida Assmann weiter aus, handelt es bei der Erlangung des Ruhmes, um den Wunsch der Herrscher ihren Namen unsterblich zu machen. Dem ist hinzufügen, dass mit diesem Aspekt vielfach auch traurige Berühmtheit einhergeht.[17] Während die Pietät als Gedenkform des familiären oder sozialen Gedächtnisses retrospektiv und vergangenheitsbezogen ist, so ist Fama prospektiv orientiert. Ruhm ist demnach andauernder, während die Pietät und das Ahnengedenken jeweils nur solange besteht, wie die soziale Gruppe Bestand hat. Eine Voraussetzung dafür ist, dass der Gruppe Gemeinsamkeiten zugrunde liegen, wie das Sprechen einer gemeinsamen Sprache und dieselbe Herkunft woraus sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Identität ergibt.

Identität so definiert Assmann „(...) ist ein ‚plurale tantum’ und setzt andere Identitäten voraus. Ohne Vielheit keine Einheit, ohne Andersart keine Eigenart.“ [18]

Famabeauftragte mussten demnach übergreifende identitätsstiftende Konzepte entwerfen, die auch kulturelle Unterschiede markieren, um diese der Nachwelt zu präsentieren. Sie hatten und haben nach wie vor die Funktion, Ruhm zu übermitteln. Heutzutage darf man dazu auch die Massenmedien zählen.

In Gesellschaften, die über eine umfangreiche Schriftkultur verfügen, mussten daher Räume geschaffen werden, die dieses kulturelle Gedächtnis bewahren. Der Begriff des Raumes ist in diesem Zusammenhang in doppelter Weise zu verstehen. Sowohl im Sinnes eines geschlossenen Raumes, worunter man Bibliotheken, Archive oder Museen versteht. Hierunter auch Orte und Plätze für symbolische Praktiken. Sie bieten Raum für Rituale oder jährliche Zusammenkünfte von Kriegsveteranen oder Hinterbliebenen historischer Kriegserlebnisse. Theaterhäuser, Bauwerke und Denkmäler gehören ebenso zu diesen kulturellen Orten des Erinnerns, sofern diese im gesellschaftlichen Kontext von übergeordneter und identitätsstiftender Bedeutung stehen. Sie schlagen im Idealfall eine Brücke zwischen gelebter Vergangenheit und erlebter Gegenwart, und lokalisieren das heißt markieren, so eine Erinnerungsstütze für zukünftige gesellschaftsrelevante Themen. Andererseits geht mit dem Begriff des Raumes auch eine Zeitdimension einher, in der Bräuche und Traditionen Bestand haben. Würden keine Speicherorte für das kulturelle Gedächtnis existieren, würden mit dem Verlust einer Tradition auch Erinnerungen an Orte und damit an Vergangenheit in Vergessenheit geraten. Aleida Assmann, führt hierzu zwei Begriffe ein, die im Weiteren für die Untersuchung in Betracht gezogen werden. Das aktuelle und stetig angewandte kulturelle Gedächtnis bezeichnet Aleida Assmann als das Funktionsgedächtnis. Das archivierte und gesammelte kulturelle Gedächtnis nennt sie Speichergedächtnis.

2.1.3.1 Das Funktionsgedächtnis

Zunächst die Definition der Autorin, um diesen Begriff in den von uns dargelegten Kontext zu übersetzen: „Das bewohnte Gedächtnis, möchten wir Funktionsgedächtnis nennen. Seine wichtigsten Merkmale sind Gruppenbezug, Selektivität, Wertbindung und Zukunftsorientierung.“ [19]

Unter dem Funktionsgedächtnis versteht Aleida Assmann das stetig präsente, aktuelle und gegenwärtige Gedächtnis. Es ist „bewohnt“, weil es verbunden ist mit einem Träger, einer Gruppe, und vermittelt Werte aus denen sich ein Identitätsprofil und Handlungsnormen ergeben.[20] Es wird daher angewandt und macht gesellschaftliche Gegebenheiten sichtbar. Hierunter fallen gelebte symbolische Praktiken, Traditionen und Riten, auch Feier- und Jahrestage. Sie finden temporär in gleichen Abständen statt und bedürfen kontinuierlicher Wiederholung. Von außen betrachtet handelt es sich bei diesen gesellschaftlich tradierten Gepflogenheiten um Artefakte. Dennoch haben sie übergreifenden Charakter und erfüllen eine identitätsstiftende Funktion. Das Funktionsgedächtnis übernimmt nach Aleida Assmann die Rolle steten Erinnerns hinsichtlich tradierter Gepflogenheiten, und konkret mit besonderem Fokus auf dynamische historische und politische Entwicklungen eine legitimierende, delegitimierende und distinktive Funktion. Legitimierend dient das Funktionsgedächtnis, bezieht man diesen Begriff auf die politische Kommunikation von Machthabern, Herrschern oder nationalen Repräsentanten, der Präsentation in der Öffentlichkeit. Die beständigste Form sind Repräsentationsakte, die zu bestimmten nationalen Anlässen stetig wiederholt werden. Sie folgen einem detailgenauen Protokoll, einer Choreographie und Inszenierung. Die erste Aussage dieser öffentlichen Repräsentationsakte ist retrospektiv unter Verweis auf den legitimierenden Machtanspruch. Im Funktionsgedächtnis wird das aktualisiert, was in der Gegenwart von historischer Bedeutung ist. Dies kann unter Umständen mit Verweis auf die Genealogie der Machthaber oder Repräsentanten geschehen und findet meist in Staaten Anwendung, deren Vertreter auch Königsfamilien sind. Je nach vertretener Ideologie oder politischer Ausrichtung stellen diese Repräsentationsakte eine Verbindung zwischen Machthabern und Gefolgschaft her. Der zweite Aspekt dieser Repräsentationsakte beinhaltet einen prospektiven Verweis auf den bestehenden und legitimierenden Machtanspruch in der Gegenwart. Vielfach gehen Herrscher oder staatliche Vertreter dazu über, ihre gegenwärtige Präsenz auch für die Zukunft zu determinieren. Sie lassen sich Denkmale setzten oder Bauten[21] errichten, eine gemäßigtere Form ist die Einrichtung von Stiftungen. Um in der Vorstellung auch der Nachwelt erhalten zu bleiben, beauftragen Machthaber Künstler, Architekten, Schriftsteller, Dichter, Maler, Filmemacher und Fotografen. Der Kunst bietet sich in diesem Zusammenhang eine tragende und breit gefächerte Rolle im Repräsentationsgeschäft. Ihre Aufgabe ist die Mythenbildung.

Das delegitimierende Funktionsgedächtnis, ist das Gedächtnis, dass dem legitimierenden politischen Gedächtnis der Machthaber entgegentritt und Stellung bezieht. Hier machen Protestbewegungen oder Gegenbewegungen von sich reden. Man erinnert sich an Ereignisse und Taten einzelner, die von Machthabern oder Herrschern offiziell nicht als Gedenktage vorhergesehen waren. Je nachdem auf welches politische System man trifft, können die Ausprägungen mehr oder weniger stark, beziehungsweise mehr oder weniger offensichtlich sein. Entweder in Form von Demonstrationen, die in diesem Zusammenhang auch als eine Form des Repräsentationsaktes zu verstehen sind. Dass das legitimierende Funktionsgedächtnis im Gegenzug auf ein delegitimierendes trifft, ist eine logische Konsequenz zumindest in nationalen Einheiten, in denen keine Zensur herrscht und man nicht mit sofortiger Todesstrafe bei Protesten rechnen muss. Selbstverständlich geht mit beiden Gedächtnisformen eine Distinktion einher. Aleida Assmann versteht hierunter eine Ausdifferenzierung der Identität durch Zeichen und Symbole, die sie voneinander unterscheidbar machen.

2.1.3.2 Das Speichergedächtnis

Die Aussage „Der König ist tot, es lebe der König!“ verrät, dass mit Machtwechseln, einmal dahin gestellt, ob freiwilliger, unfreiwilliger Natur oder durch schlichtes Ausscheiden aus den Regierungsgeschäften, auch ein kultureller Wandel innerhalb einer Gesellschaft vollzogen wird, der meist von der Politik bestimmt wird. Aleida Assmann hierzu: „ Das Speichergedächtnis kann als ein Reservoir zukünftiger Funktionsgedächtnisse gesehen werden.“ [22]

Alte Zeichen und Symboliken werden durch neue ersetzt. Überholte Erfahrungen und historisches Wissen werden ausgelagert und ausgetauscht, um dem politischen und kulturellen Wandel Raum für neues zu geben. Demzufolge gehen in den meisten Fällen eines historischen und/oder politischen Wandels vielfach Gerichtsprozesse voraus, deren Ende meist vorhersehbar ist.[23] Orte, an denen historisches Wissen eingelagert oder ausgelagert wird, sind neben den Akten der Gerichtsprozesse Behörden, Archive, Bibliotheken, Museen, Gedenkstätten, Forschungsinstitute und Universitäten[24]. Das kulturelle Speichergedächtnis ist eine Ressource und bietet unter gegebenen Umständen eine Inspiration und Grundlage dafür, was in Zukunft einmal gedacht werden wird. Die Möglichkeit die das Speichergedächtnis eröffnet, ist vielfältig: je nach Aktualität und Themenschwerpunkt bietet es die Möglichkeit der Aufklärung und politischen Handlungsorientierung. Heranwachsende Generationen können dieses gespeicherte Wissen reflektieren. Nach ideologischer Ausrichtung eines Staates bedeutet dies nicht zwangsläufig eine Renaissance des Gedachten. Unter idealen Bedingungen führt es zu einer Reflektion und einer Analyse einst bestehender historischer Verhältnisse. Unter schlechteren politischen Bedingungen können hier historische Dokumente und Schriften instrumentalisiert werden. Auch wenn, wie es sprichwörtlich heißt, „der König ist tot“, so ist hier im Speichergedächtnis, sein Vermächtnis latent, bis es zu einer Wiederverwendung und Weiterverarbeitung kommt.

Aus historischen Aufzeichnungen und Erfahrungen entstehen in den Speicherorten neue gedankliche Konstrukte. Die Inhalte bieten sowohl Aufklärung als auch Anregungen für neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Weiterentwicklungen in künstlerischen Disziplinen und modischer Stilrichtungen. Das von Aleida Assmann bezeichnete kulturelle Speichergedächtnis, bietet die Möglichkeit der Rekonstruktion, Analyse und Transformation. Ein Ansatz, den man etwa vergleichbar aus der Psychoanalyse kennt. Eine strikte Trennung dieser beiden Gedächtnisformen, dem Funktions- und Speichergedächtnis, die Aleida Assmann unter dem Begriff des kulturellen Gedächtnisses postuliert, hält sie für nicht sinnvoll. Dies würde ihrer Ansicht nach einen Austausch zwischen historischer Vergangenheit und Gegenwart verhindern und den Blick auf die Zukunft verschleiern.[25]

2.1.4 Das Gedächtnis der Politik

Zunächst ist der Auffassung von Aleida Assmann zuzustimmen, dass eine Trennung zwischen den beiden von ihr postulierten kulturellem Funktions- und Speichergedächtnissen einmal konsequent zu Ende gedacht bedeuten würde, dass man es mit Formen nationaler Amnesie zu tun hätte, die nur in äußerst totalitären staatlichen Systemen aufzufinden wären.[26] Trennungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart würden Handlungsorientierungen für die Zukunft erschweren.

Dem gegenüber soll im Folgenden der systemtheoretische Ansatz von Niklas Luhmann[27] Erwähnung finden. Luhmanns Grundannahme ist, dass soziale Systeme nur solange Bestand haben, wie sie an Kommunikationsprozessen beteiligt sind. Unter sozialen Systemen versteht er, jede Form von Zusammenkunft oder Gruppierung, in der Mitteilungen und Informationen ausgetauscht werden. Dabei geht es ihm prinzipiell nicht nur um verbale oder schriftliche Formen der Kommunikation sondern er impliziert symbolische Kommunikationsmedien, das im Fall des Wirtschaftssystems Geld ist oder im Fall der Massenmedien Information. Im Falle der Politik ist das symbolische Kommunikationsmedium nach Luhmann Macht.

Das Funktionssystem der Politik ist nach Luhmann in diesem Zusammenhang „(…) das Bereithalten der Kapazität zu kollektiv bindenden Entscheiden[28]. Entscheidungen werden von der Politik daher nicht willkürlich, sondern nach Werten und Interessen gefällt, wobei Werte Gesichtspunkte des Bevorzugens sind.[29] Interessen sind hierbei bestimmten Zwecken und Motiven unterworfen. Politische Handlungen und Entscheidungen müssen für die Politik vorhersehbar und kalkulierbar sein. Sie muss also die Interessen kennen und deren Zwecke, die sie verfolgt. Hierzu sagt Luhmann: „Denn immer wenn man es mit Entscheidungen zu tun hat, hat man es auch immer mit mehr als zwei Werten zu tun.[30]

Im Gegensatz dazu ist der von Aleida Assmann postulierte Ansatz durchaus auch auf eine Gesamtgesellschaft anwendbar. Sie spricht dem Funktionsgedächtnis eine legitimierende und delegitimierende Gedächtnisform zu. Der Begriff trennt jedoch nicht nach Werten und Interessen der einzelnen Teilgesellschaften. Sie stellt fest, dass es delegitimierende Gedächtnisformen gibt, differenziert jedoch nicht nach gesellschaftlichen Gruppierungen und deren Werteschemen. Luhmann spezifiziert dies durch seine Theorie der sozialen Systeme und erklärt damit auch, dass es innerhalb einer Gesellschaft so etwas wie ein soziales Gewissen gibt, das innerhalb einer Gesellschaft durch politische Entscheidungen beispielsweise in Form von Protestbewegungen aktiviert wird. Gemeinhin vertreten Nichtregierungsorganisationen ethische, moralische oder möglicherweise auch religiöse Werte. Wann immer also Entscheidungen von der Politik gefällt werden, aktiviert die Politik ihr Gedächtnis, indem sie selbstreferentiell, das heißt auf sich selbst bezogen, handelt.

„Denn nur dann, wenn ein System selbst erzeugt Ungewissheit zu bearbeiten hat, braucht es ein Gedächtnis, um identifizieren und generalisieren zu können, was es bisher getan hat, und um damit Anschlussfähigkeiten für die eigene Zukunft zu finden.“[31]

Die von Luhmann angesprochene selbst erzeugte Unsicherheit hängt von der Art vorangegangener Kommunikationen ab und jeweils von der Tragweite einer anstehenden Entscheidung, da diese wiederum an Kommunikation gebunden ist, worunter beispielsweise auch Entscheidungen fallen, die sich auf Darstellungen in Form von Denkmälern in der Öffentlichkeit beziehen.

2.2 Erinnerung in islamischen Gesellschaften

Bevor auf die Verarbeitung jüngerer Geschichte in islamischen Gesellschaften eingegangen werden soll, erschien es der Verfasserin notwendig zunächst einen Blick auf die Vermittlung des islamischen Glaubens zu richten, worüber im Allgemeinen erste Gedächtnisleistungen erbracht werden, die bindenden Charakter haben. Ein Überblick über die allgemein in islamischen Gesellschaften praktizierten Künste wird im Anschluss daran erfolgen.

2.2.1 Religionsvermittlung

Gedächtnis und Erinnerung spielen eine große Rolle in islamischen Gesellschaften, denn Sprache, Schrift und Religion sind eng miteinander verknüpft. Muslime, deren Landessprache nicht das Arabische ist, müssen Koranverse auf Arabisch rezitieren können. Das Hocharabische ist der Schlüssel der Kommunikation unter allen Glaubensmitgliedern des Islams, ungleich des Geburtsortes oder nationaler Zugehörigkeit. Iqra [32] lautete die erste Offenbarung des Propheten Mohammed. Das Auswendiglernen der Koransuren stellt dabei erste Anforderungen an das individuelle Gedächtnis eines jeden Mitglieds der islamischen Gemeinschaft, der Umma[33], dar, egal welcher Gruppierung oder Splittergruppe sie des Weiteren angehören. Vermittelt wird das Erlernen der Koranverse traditionell bereits Kindern und Jugendlichen in Koranschulen durch kontinuierliches Wiederholen und Rezitieren. Die religiöse Erziehung setzt sich daher aus Rezitation, Narration und Geschichtsunterricht zusammen. Der Korantext und die mündliche Erzählung sind unmittelbar aufeinander abgestimmt. Durch stetes Rezitieren und einer damit einhergehenden einprägsamen Metrik gelingt es, Erinnerungen an die vorangegangenen Erzählungen zu wecken, die das Auswendiglernen der Koransuren unterstützen und auch Erinnerungsleistungen über das geschriebene Wort ermöglichen. Die einzelnen Verse des Korans werden hierbei durch Erzählungen über das Leben des Propheten und die Offenbarungen in ihren historischen Kontext gesetzt. Die im Religionsunterricht vermittelten Geschichten basieren dabei ausschließlich auf dem Koran, der überlieferten Biographie des Propheten Mohammed und den Hadithen[34].

Der Islam basiert auf fünf Säulen, dem Bekenntnis und dem täglichen Gebet, dem Fasten im Monat Ramadan, dem Zekat, das heißt den steuerlichen Abgaben und Almosen an die Armen und zuletzt der Pilgerreise nach Mekka[35] zur Kabaa. Diese Säulen bestimmen den Lebensrhythmus gläubiger Moslems.

Nach diesen einleitenden Erläuterungen wird deutlich, dass es sich um eine übergeordnete Gruppe handelt, deren Identität sich aus einem gemeinsamen Glauben, einer Sprache und Schrift speist, die denselben Lebensrhythmus hat und allgemein verbindliche Rituale teilt.[36]

2.2.2 Religion, Kunst und Kultur

Bis auf die Malerei sind in islamischen Gesellschaften alle Künste genauso vertreten wie in jeder anderen westlichen Gesellschaft. Man kann sie in sakrale und profane Künste unterteilen. Einen besonders hohen Stellenwert genießt im arabischen Raum Poesie und Literatur. Dichter wurden in frühen Zeiten des Islams steuerlich begünstigt. Als eine erste und frühe Form der Fortsetzungsgeschichten können die Erzählungen der Prinzessin Scheherazade „Tausend und eine Nacht“ genannt werden. Durch den Bau von Moscheen hat sich die Architektur als eine der bedeutendsten sakralen Künste herausgebildet. Durch eine Konsensentscheidung der Kalifen im 8. Jahrhundert sind in keiner Moschee bildliche Darstellungen des Propheten oder und seiner Gefährten zu finden. Das in letzter Zeit oft zitierte so genannte Bilderverbot findet keine dezidierte Erwähnung im Koran.[37] Vielmehr handelt es sich um ein Verbot, das dem Polytheismus zu damaliger Zeit entgegentreten sollte und das bis heute eingehalten wird. Da diese Form sich in der sakralen Kunst nie entwickelt hat, hat sie auch keine Tradition in der profanen Kunst.

Dies erklärt, warum bildliche Darstellungen in der islamischen Kunst eher eine Ausnahme als die Regel bilden. So wird in stark traditionell islamischen Gesellschaften immer noch der Literatur und der Kaligraphie der Vorzug gegeben, deren Formvollendung stark an die Geometrie angelehnt ist. Eine weitere Rolle spielt in der profanen Kunst die Metallverarbeitung und auch in der Gärtnerei lassen sich hier vielerlei Formen des Kunsthandwerks bewundern. Kunsthandwerk spielt eine wichtige Rolle im Alltag und man spezialisierte sich auf Dekoration, wobei auch hier geometrische Formen bevorzugt werden. Menschliche und figürliche Darstellungen existierten zwar, doch waren die Gesichter vielfach nur angedeutet oder unkenntlich gemacht. Musik und Gesang spielen sowohl in der sakralen als auch in der profanen Kunst eine ausgeprägte und sehr wichtige Rolle.

2.3 Geschichtsverarbeitung in Nordafrika

Die folgende Betrachtung bezieht sich auf die Maghrebstaaten einschließlich Ägypten, um erläutern zu können, welche Diskussionen um die Geschichtsverarbeitung entstanden sind, um dann zu einem späteren Zeitpunkt auf die Staatengründung Tunesiens einzugehen. Prinzipiell existiert seit der Unabhängigkeit aller nordafrikanischen Staaten großes Misstrauen gegenüber den westlichen Nationen. Einhergehend mit der eigenen Machtlosigkeit sah man sich durch die Kolonialherrschaft der eigenen Kultur und Identität bedroht[38], unter anderem der Sprache, und suchte diese im kulturellen Gedächtnis. Aufgrund dessen entwickelte sich auf unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Ebenen bereits recht früh, schon in den 1920er Jahren, ein Trend zum Islamismus[39] und dem Erinnern an das „Goldene Zeitalter“[40].

Der stark ausgeprägte retrospektive Blick in die eigene Geschichte und religiöse Vergangenheit des Frühislam sollte Handlungsorientierung und eine deutliche Abgrenzung zu anderen politischen, vor allen westlich geprägten Ideologien bieten. Ein wichtiger Beitrag zur kulturellen Orientierung aller islamischen Länder stellte die Gründung der arabischen Liga in den vierziger Jahren dar, der alle in die Unabhängigkeit entlassenen Staaten alsbald beitraten. Eine der Aufgaben dieses zentralen Organs ist es, den Handel zwischen den arabischen Nationen zu gewährleisten. In allen nordafrikanischen Staaten gibt es heute unterschiedliche Regierungsformen, Erbmonarchien (Marokko), Militärdiktaturen (Libyen) mit säkularen Zügen (Tunesien), Systeme die durch Putsch oder Wahl (Algerien) zustande gekommen sind. Diese Tatsache zeigt, wie schwierig es ist, die Interessen der Einheit, das heißt der Umma heute zu vertreten. Zudem kommen stark autokratische Einstellungen der jeweiligen Machthaber hinzu, so dass es in diesem Zusammenhang leicht nachvollziehbar wird, dass der ‚kleinste gemeinsame Nenner‘ der Islam, die Sprache und das historische Gedenken an die frühislamische Zeit ist. Es ist festzuhalten, dass innerhalb der politisierten islamischen Lager nicht nur radikale Kräfte laborieren, sondern durchaus nach Wegen gesucht wurde und wird, das Demokratieverständnis nach islamischen Grundregeln zu verwirklichen. Sowohl Koran als auch die Hadithe bilden hierzu die Grundlagen.

3 Einführung Ibn Khaldouns Leben, Werk und wesentliche Thesen

3.1 Biographische Zusammenfassung Ibn Khaldouns

Abu Zaid Abd’ar Rahman Ibn Muhammed Ibn Khaldoun Wali ad Din at Tunisie wurde am 27. Mai 1332 in Tunis geboren. Seine Vorfahren stammten ursprünglich aus der südjemenitischen Stadt Hadramaut. Vom achten bis zum 13. Jahrhundert lebte seine Familie am Hofe von Sevilla in Andalusien, doch im Zuge der spanischen Reconquista[41] zog es sie zunächst nach Ceuta und wenig später dann an den Hof des Hafsiden[42] Abu Zakariyya nach Ifriqiya, dem heutigen Tunesien in Nordafrika. Seine Familie pflegte gute Kontakte zu dem Hof der Hafsiden und gehörte zu der privilegierten Elite des damaligen Tunesiens. Ibn Khaldoun studierte an der Ez-Zitouna-Universität den Koran und die Hadithe sowie die hocharabische Sprache. Ibn Khaldouns Denkweise wurde im wesentlichen durch den arabischen Philosophen Al Abili (1282-1356) beeinflusst, der ihn mit den rationalen Wissenschaften vertraut machte und ihn mit den großen Fragen der arabisch-moslemischen Denkweise konfrontierte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Geburtshaus[43]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Koran Schule[44]

In den Jahren 1347 bis 1349 wurde der Hafsidenstaat durch einen Eroberungszug der Mariniden[45] gestürzt. Durch den Ausbruch der Pestepidemie in Tunis von 1348 bis 1349 verlor Khaldoun nicht nur seine Eltern, sondern auch all seine Lehrer, woraufhin er einer Einladung an den Hof der Mariniden in der damaligen marokkanischen Hauptstadt Fez nachkam. Die Stadt Fez galt zu damaligen Zeiten als geistiges und wissenschaftliches Zentrum. Am Hofe der Mariniden verbrachte er zehn Jahr er studierte und bekleidete parallel dazu hohe politische Ämter, beteiligte sich aktiv an Hofintrigen, die ihm einige Jahre Haft bescherten. Im Jahre 1363 begab sich Ibn Khaldoun nach Grenada. Dort bewunderte man seine diplomatischen Fähigkeiten, so dass Ibn Khaldoun die Friedensverhandlungen zwischen den dortigen Muslimen und Pedro von Kastilien[46] leitete und bereits dieser versuchte ihn in seine Dienste zu ziehen. Seine mehrfach politischen Seitenwechsel und eine aufkeimende Rivalität zwischen ihm und seinem Freund Ibn al-Chatib, dem Großwesir, machten es schließlich notwendig, dass sich Ibn Khaldoun zunächst als Berater des Herrschers von Bougie (im heutigen Algerien) betätigte. Doch auch diese Tätigkeit währte nicht lange, denn der Herrscher von Bougie verlor in einem Kampf gegen seinen Bruder alle Autorität in seinem Hoheitsgebiet, so dass die Zeit für Ibn Khaldoun sehr wechselvoll wurde, bis er sich schließlich unter den Schutz des Nomadenstammes Aulad Arif Qalat Ibn Salama begab, die im algerischen Hochplateau lebten. Hier widmete er sich vier Jahre lang seinen wissenschaftlichen Studien und Tätigkeiten und es kam zur Beendigung der ersten Fassung der Muqaddima[47]. Zur Vervollständigung seines Werkes bat er um Rückkehrerlaubnis an den Hof der Hafsiden, um in der Bibliothek von Tunis seine wissenschaftliche Arbeit zu vervollständigen und zu beenden. Dort verweilte er von 1377 bis 1381. In dieser Zeit betätigte er sich wieder als Rechtswissenschaftler und Jurist, hielt Vorlesungen, doch nach einer gewissen Zeit geriet er auch hier in Konflikt mit der intellektuellen Führungsschicht. Unter dem Vorwand eine Reise nach Mekka unternehmen zu wollen, um seiner Pflicht als Moslem nachzukommen und verließ er abermals den Hof von Tunis im Jahr 1382. In Alexandria angekommen wurde er unmittelbar vom Sultan Ägyptens zum Oberkadi ernannt. Wieder machte Ibn Khaldoun sich einen Namen als strenger, aber gerechter Richter und wurde auch deswegen teilweise unbeliebt. Nach dem Verlust seiner eigenen Familie, die er bei einem Schiffsunglück verlor, trat Ibn Khaldoun die von ihm geplante Reise nach Mekka an. Auf der Rückreise in Kairo angekommen, übernahm er eine umfangreiche Lehrtätigkeit in den Traditions- und Rechtswissen­schaften.

Seit 1384 wurde Ibn Khaldoun sechsmal in Folge zum Oberrichter der malikitischen Rechtsschule[48] gewählt. Seine letzte diplomatische Mission brachte Ibn Khaldoun nach Damaskus, dass von den heran­drängenden des Feldherren Truppen Timurs (1333-1405) belagert wurde. Im Jahre 1401 traf Ibn Khaldoun mehrfach zu Verhandlungen mit Timur zusammen, der ihn ebenfalls bat, in seine Dienste zu treten. Doch auch diesmal lehnte Khaldoun dieses Gesuch aus Loyalität zu Kairo ab.

Ibn Khaldoun kehrte nach Kairo zurück und verstarb dort während seiner sechsten Amtszeit als Oberrichter am malikitischen Hof im Jahre 1406.

3.2 Ibn Khaldouns Werk

Ibn Khaldoun verfasste im Verlauf seines Lebens mehrere Schriften, darunter mehrere Kommentare, einen Aufsatz über die Logik, den er in Spanien verfasste, einen Aufsatz über die Arithmetik, mehrere Zusammenfassungen über die Werke von Ibn Rushd. Darüber hinaus hinterließ Ibn Khaldoun eine ausführlich Autobiographie, deren Fortführung jedoch im Mai des Jahres 1405 abreißt. Ihr ist es zu verdanken, dass man heute so genau nachvollziehen kann wie das Leben des arabischen Denkers verlaufen ist.[49]

Die ersten Übersetzungen seines Werkes der Muqaddima wurden im neunzehnten Jahrhundert vorgenommen. Aus heutiger Perspektive betrachtet, könnte man es als Ironie der Geschichte bezeichnen, dass sein Werk erst mit der Zeit der französischen Besatzung in dem arabischen Raum ebenso in Erinnerung gerufen wurde wie es das Interesse der Besatzer auf sich zog. Für die Besatzer schien das Werk deswegen von besonderer Bedeutung zu sein, da man sich dadurch ein tieferes Verständnis der kolonisierten erhoffte. Erste fragmentarische Übersetzungen der Muqaddima gehen auf den französischen Orientalisten Sylvestre de Sacy Anfang des 19. Jahrhunderts zurück, woraufhin das Interesse an dem Werk in europäischen intellektuellen Kreisen anstieg. Der österreichische Orientalist Hammer-Purgstall lieferte 1812 erste Zusammenfassungen der Muqaddima. 1866 erschien die erste Übersetzung des damaligen Militärübersetzers Baron Mcgukin de Slane in Frankreich.[50] Parallel dazu wurde das Werk erstmals vollständig in Ägypten veröffentlicht. Die erste und bisher einzige, anerkannteste englische Übersetzung geht auf den deutschen Orientalisten Franz Rosenthal zurück der im Jahre 1943 in die USA emigrierte.

Er stützte sich bei seiner Übersetzung nicht nur auf die Originalhandschrift in der Atif Effendi Bibliothek in Istanbul, sondern noch auf 17 weitere Manuskripte. Im Jahre 1962 erschien die erste und bisher vollständigste Übersetzung der Muqaddima von Vincent Monteil in Beirut.[51] Wie bereits oben erwähnt, liegen im Deutschen jeweils Teilübersetzungen der Muqaddima von jeweils unterschiedlichen Autoren vor. Nichtsdestotrotz sind bei genaueren Recherchen mehrere deutsche Teilüberarbeitungen und Interpretationen des Werkes vorzufinden, die insgesamt einen recht guten Überblick über das Werk Ibn Khaldouns vermitteln. Darunter die Übersetzung der beiden Orientalistin Annemarie Schimmel, die im Jahr 1951 veröffentlicht wurde, und eine Dissertation von Mathias Pätzold, die im Jahre 1987 am Wissenschaftlichen Rat der Universität Karl-Marx-Stadt eingereicht wurde, sowie seine Übersetzung der Muqaddima aus dem Jahr 1992.[52] Beide Übersetzungen bilden die Grundlage für alle anderen Wissenschaftszweige, die sich bislang mit dem Werk Ibn Khaldouns aus unterschiedlichen Perspektiven näherten. Das Werk besteht insgesamt aus sechs Abschnitten das in einzelne Kapitel unterteilt ist. Wie es im Arabischen üblich ist, leitet Khaldoun seine Kapitel jeweils mit einer Begrüßungs-, beziehungsweise Segensformel ein, die auf den Leser bei Beginn des Lesens zunächst irritierend wirken mögen. Dies ist zumindest in der Übersetzung von Mathias Pätzold der Fall, dennoch sind diese einleitenden Sätze üblich und finden generell auch heute noch Gebrauch. Annemarie Schimmel verzichtet auf die traditionellen Einleitungsformen kürzt diese und geht direkt und unmittelbar auf die konkreten Aussagen ein.

3.2.1 Ibn Khaldouns soziologische Theorie

Im Folgenden soll ein Überblick über den Inhalt der Muqaddima geboten werden, der sich aufgrund der Zielsetzung dieser Arbeit lediglich auf die wesentlichen Begriffe und Aussagen des Philosophen beschränken werden.

Ausgangsthese Ibn Khaldouns ist, dass er die Geschichtsschreibung und die zum damaligen Zeitpunkt tradierte Verfahrensweise vermeintlicher historischer Übermittlung generell kritisiert. Im Wesentlichen geht es ihm dabei um die Frage, ob Geschichte, in der Form wie sie zum damaligen Zeitpunkt überliefert wurde tatsächlich stattgefunden haben kann. Er nennt hierzu Bespiele anderer Historiker und widerlegt diese heftig. Doch trotz aller Kritik liefert er darüber hinaus Erklärungen und Gründe dafür, warum die von ihm dargelegten Beispiele anderer Historiker falsch sein müssen. Es ist hier hinzufügen, dass es ihm nicht um die Überlieferung der religiösen Geschichte des Islam geht, an ihr lässt Ibn Khaldoun keinerlei Zweifel aufkommen. Im Gegenteil sie spielt auch bei ihm eine übergeordnete und äußerst wichtige Rolle.

[...]


[1] Vgl. A. M. Schimmel im Vorwort zu Khaldoun, I. (1951): Ausgewählte Abschnitte aus der Muqaddima. Aus dem Arabischen übersetzt von A. M. Schimmel. Tübingen: J.C.B. Mohr. S. XX.

[2] Tunesien geriet gerade zuletzt wegen einer immer stärker werdenden Pressezensur und restriktiven Kontrolle durch staatliche Organe häufiger in die internationale Kritik.

[3] Die Mnemotechnik geht auf den griechischen Dichter Simionidis von Keos zurück.

[4] Zit. Welzer, H. (2002): Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung. München: H.C. Beck. S. 8.

[5] Vgl. Welzer, H. (2002): Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung. München: H.C. Beck. S. 21.

[6] Vgl. Assmann, A. (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit. München: H.C. Beck. S. 24 ff.

[7] Zit. Assmann, A. (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit. München: H.C. Beck. S. 25.

[8] Zit. Halbwachs, M. (1966): Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Berlin: Luchterhand. S. 200.

[9] Vgl. Halbwachs, M. (1966): Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Berlin: Luchterhand. S. 203.

[10] Vgl. Huth, L. (2005): Erinnerung in politischer Kommunikation. Seminar-Unterlagen. Unveröffentlicht. Universität der Künste Berlin. S. 2. Vgl. auch Anmerkungen von Assmann, A. (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit. München: H.C. Beck. S. 29 ff.

[11] Sowohl Jan als auch Aleida Assmann sind Wissenschaftler in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Aleida Assmann war Professorin an der Universität Konstanz im Fachbereich vergleichender Literaturwissenschaft, Jan Assmann Professor für Ägyptologie in Heidelberg.

[12] Vgl. Assmann, J. (2000): Religion und kulturelles Gedächtnis. 2. Aufl., München: H.C. Beck. S. 37.

[13] Vgl. Rüsen, J. (2006): Kultur macht Sinn. Köln, Weimar, Wien: Böhlau. S. 192 f.

[14] Vgl. Assmann, A. (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit. München: H.C. Beck. S. 32.

[15] Zit. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 31.

[16] Vgl. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 33. Vgl. auch Assmann, J. (1999): Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 5. Aufl., München: H.C. Beck. S. 61.

[17] Vgl. Thiele-Dohrmann, K. (2000): Ruhm und Unsterblichkeit. Weimar: Herman Bühlaus. S. 2 f.

[18] Zit. Assmann, J. (1999): Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 5. Aufl., München: H.C. Beck. S. 141.

[19] Zit. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 134.

[20] Vgl. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 133.

[21] Beispielsweise der Regierungspalast in Bukarest von Nikolai Ceausescu, oder die Hassan II Moschee in Marokko. In beiden Fällen wurde die Bevölkerung massiv unter Druck gesetzt um die Gebäude mit zu finanzieren.

[22] Zit. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 140.

[23] Zuletzt 2007 im Irak zu beobachten, die Erhängung von Saddam Hussein

[24] Konkret konnte man dies nach dem Mauerfall in Deutschland beobachten. Für das Bestehen eines noch nicht endgültig abgeschlossenen kulturellen Wandels mag man zum Beispiel Spielfilme wie „Good Bye Lenin“ nehmen. Das Phänomen des politischen-und kulturellen Wandels und die Konsequenzen, die sich aus kultureller Sicht ergaben, wurden hier recht ausführlich und genau herausgearbeitet und thematisiert. Der Film wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Deutschland seit seinem Erscheinen fast regelmäßig wie andere Filme dieses Genres (zum Beispiel NVA, Sonnenallee, Das Leben der Anderen) am Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober gezeigt. Nach der Theorie von Aleida Assmann findet hier ein Austausch und gleichzeitige Aufarbeitung von Funktions- und Speichergedächtnis statt. Vgl. hierzu Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck.

[25] Vgl. Assmann, A. (2006): Erinnerungsräume. Formen und Funktionen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Aufl., München: H.C. Beck. S. 138-141. Vgl. auch Assmann, A. (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit. München: H.C. Beck. S. 51 ff.

[26] Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten oder die Zerstörung der Buddha­figuren in Afghanistan haben dies deutlich gezeigt.

[27] Vgl. den Aufsatz Das Gedächtnis der Politik in: Luhmann, N. (2002): Die Politik der Gesellschaft. 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. S. 170.

[28] Zit. Luhmann, N. (2002): Die Politik der Gesellschaft. 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. S. 77.

[29] Vgl. Luhmann, N. (2002): Die Politik der Gesellschaft. 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. S. 84).

[30] Zit. Luhmann, N. (2002): Die Politik der Gesellschaft. 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. S. 178.

[31] Zit. Luhmann, N. (2002): Die Politik der Gesellschaft. 2. Aufl., Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. S.172.

[32] Übersetzung: rezitiere; lies.

[33] Die Umma ist die Gemeinde aller gläubigen Muslime. Die Umma wird unterteilt und Sunniten und Schiiten. Die Schiiten haben sich nach dem letzten Kalifat Alis abgespalten (661. Jahrhundert), weil nach deren Auffassung der Sohn Alis, Hussein der rechtmäßige Nachfolger auf das Kalifat gewesen wäre. Im Verlauf der Jahrhunderte entstanden weiter Absplitterungen und Sekten.

[34] Bei den Hadithen handelt es sich um Aussprüche, Mitteilungen und Handlungsweisen des Propheten. Es erhielten nur die Hadithen Allgemeingültigkeit, die eine vollständige Überlieferungskette nachweisen konnten. Hadithe wurden mündlich überliefert und wurden von dem Gelehrten Bukhari auf ihre Ursprünglichkeit hin genauestens untersucht. Vgl. hierzu Schimmel, A. (1989): Der Islam. Eine Einführung. Stuttgart: Reclam. S. 47.

[35] Wobei man hier zwei Reisearten unterscheiden kann. Traditionell ist eine Pilgerreise nach Mekka im Fastenmonat Ramadan die üblichste Form zur Erlangung des Titels „Hadj“. Reist man außerhalb des Fastenmonats so handelt es sich um eine einfache Omra.

[36] Vgl. Schimmel, A. (1989): Der Islam. Eine Einführung. Stuttgart: Reclam. S. 47. S. 32-37.

[37] Vgl. [Islam-Lexicon]. Khoury, A. T.; Hagemann, L.; Heine, P. (1991): Islam-Lexikon. 3 Bde., Freiburg: Herder Spektrum. Bd.1, S. 127-129.

[38] Vgl. den Aufsatz Erinnerung und Identität von M. Turki in: Hartmann, A. (2004): Geschichte und Erinnerung im Islam. Kalifat und Herrschaft im Islam. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. S. 51 ff. Vgl. auch den Aufsatz Kalifat und Herrschaft im Islam. Erinnerung an Vergangenes und Zukünftiges. von A. Hartmann in: Hartmann, A. (Hg.) (2004): Geschichte und Erinnerung im Islam. Kalifat und Herrschaft im Islam. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. S. 224-225.

[39] Seit den Ereignissen des 11. Septembers 2001 wird der Begriff Islamismus oder Islamist meist einseitig verwendet, hier ist jedoch lediglich die grundlegende politische Weltanschauung gemeint.

[40] Der Begriff bezeichnet die Frühzeit des Islams im siebten Jahrhundert.

[41] Der Begriff beschreibt die Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die Christen. Südspanien war bis in das achte Jahrhundert weitgehend muslimisch.

[42] Hafsiden wurden unter der Vorherrschaft des Almohaden-Reiches aus dem heutigen Marokko als Stadthalter entsandt. Später gründeten sie ihre eigene Dynastie.

[43] République Tuneisienne Ministrère de la Culture et de la Sauvegarde du Patrimoine [Hrsg] 2006, Lumières sur le Patrimoine D´Ibn Khaldoun, S.23

[44] République Tuneisienne Ministrère de la Culture et de la Sauvegarde du Patrimoine [Hrsg] 2006, Lumières sur le Patrimoine D´Ibn Khaldoun, S.24

[45] Eine marokkanische Berberdynastie.

[46] Pedro von Kastilien (1320-1367) war der achte Herrscher Portugals.

[47] Vgl. Kapitel 1.1 „Themenwahl“, S. 10 dieser Arbeit.

[48] Eine der vier anerkannten Rechtsschulen des sunnitischen Islams. Ihre Gründung geht auf dem Imam Malik Ibn Anas-Ibn Malik al Asbahi (um 708-795) zurück.

[49] Vgl. Talbi, M. (2006): Ibn Khaldoun et l’histoire. A la celebration du sixieme centenaire d’Ibn Khaldoun. Tunis: Carthaginoise. S. 17.

[50] Vgl. A. M. Schimmel im Vorwort zu Khaldoun, I. (1951): Ausgewählte Abschnitte aus der Muqaddima. Aus dem Arabischen übersetzt von A. M. Schimmel. Tübingen: J.C.B. Mohr. S. XVI.

[51] Vgl. Pätzold, M. (1987): Religion, Gesellschaft und Geschichte in der Muqaddima des arabisch islamischen Denkers Ibn Khaldoun. Dissertation zur Erlangung des Doktortitels. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag. S. 7-8.

[52] Vgl. Kapitel 1.1 „Themenwahl“, S. 10 dieser Arbeit.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783842829190
Dateigröße
15.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Künste Berlin – Gestaltung, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
khaldoun tunis gedächtnismedium zoubeir turki gedächtnis
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Titel: Das Ibn Khaldoun Denkmal, Erinnerung in politischer Kommunikation
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