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Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit der sächsischen Justiz

©2010 Diplomarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1. HINTERGRUND:
Im ersten Teil meiner Arbeit gebe ich einen kurzen Ausblick auf den Inhalt und eine kurze Darstellung darüber, warum ich mich mit diesem Thema beschäftigt habe.
1.1, Spannungsfeld Sozialgerichtsbarkeit und Mediation:
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Justiz immer verstärkter mit dem Thema Mediation. In vielen Bundesländern wurde Mediation zwischenzeitlich als feste Institution in den Gerichtsalltag integriert, zumeist von Seiten der Justiz mit überwiegend positiver Bewertung und hervorragenden statistischen Ergebnissen. Die Anwaltschaft steht dem Thema nach wie vor kritisch gegenüber. Freie Mediatoren befürchten, vom Markt verdrängt zu werden und sehen wettbewerbsrechtliche Probleme. Gegner der gerichtlichen Mediation vertreten die Ansicht, einer gerichtlichen Mediation mangele es insgesamt an der gesetzlichen Grundlage. Aber vor allem in der Sozialgerichtsbarkeit fehle der Raum für gerichtliche Mediation, da mindestens einer der beteiligten Parteien eine Behörde ist, welche an Recht und Gesetz gebunden sei und dadurch kein Raum für Mediationsvereinbarungen besteht.
Kann ein Gericht tatsächlich eine Mediation leisten oder kommt es dort eher zu gerichtlichen Vergleichen als zu echten Mediationsvereinbarungen? Kann es einem Richter gelingen, die Rolle zu wechseln und nicht zu entscheiden und Recht zu sprechen, sondern sich lediglich als Moderator und Vermittler im Verfahren zu betätigen?
Mediation hat mit Streitentscheidung durch Dritte nichts zu tun. Liegt dann nicht die Annahme nahe, dass Mediation mit der Justiz nichts zu tun hat? Was Juristen als unerheblich ausblenden - unerheblich, weil nicht anspruchserheblich -, das könnten die wesentlichen, verletzten oder bedrohten Interessen, Anliegen, normativen Überzeugungen usw. der Parteien sein. Aber ist es Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit, vielleicht mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG, auch in Fällen, in denen es primär nicht um juristische Motive sondern eher um ‘Generelles’ geht, ein Verfahren anzubieten, was die hintergründigen Motive und Probleme unter Außerachtlassen der Rechtsprechung lösen kann, um dadurch eine dauerhafte Befriedung der Beziehungen der Streitparteien zu erreichen?
Unter diesem Blickwinkel soll betrachtet werden, ob Mediation eine sinnvolle und vielleicht sogar notwendige Ergänzung zum klassischen Gerichtsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit sein kann und ob hierfür die gerichtliche Mediation die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Anja Wunder
Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit der sächsischen Justiz
ISBN: 978-3-8428-2903-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
Zugl. Diploma Fachhochschule Nordhessen, Leipzig, Deutschland, Diplomarbeit, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2012

Seite | I
INHALTSVERZEICHNIS
1. HINTERGRUND ... 1
1.1. Spannungsfeld Sozialgerichtsbarkeit und Mediation ... 1
1.2. Ziel der Arbeit ... 3
2. MEDIATION UND SOZIALGERICHTSBARKEIT - EINE EINFÜHRUNG ... 4
2.1. Was ist Mediation? ... 4
2.1.1. Geschichte der Mediation ... 6
2.1.2. Grundvoraussetzungen der Mediation... 7
2.1.3. Aufbau und Ablauf einer Mediation... 10
2.1.4. Formen der gerichtsverbundenen Mediation ... 11
2.2. Sozialgerichtsbarkeit... 11
2.2.1. Aufbau und Besetzung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ... 12
2.2.2. Das sozialgerichtliche Verfahren ... 13
2.3. Unterschied zwischen Mediation und Gerichtsverfahren ... 14
2.3.1. Charakteristika des Mediationsverfahrens... 14
2.3.2. Charakteristika des Gerichtsverfahrens... 15
2.3.3. Zusammenfassung ... 16
3. MEDIATION IN DER SOZIALGERICHTSBARKEIT ... 19
3.1. Einzug der Mediation in die Justiz allgemein ... 19
3.2. Situation in anderen Bundesländern ... 20
3.2.1. Überblick über die jeweiligen Projekte... 20
3.2.2. Zusammenfassung der Ergebnisse in den betreffenden Bundes-
ländern ... 25
3.3. Einzug der gerichtlichen Mediation in die sächsische Justiz... 25
3.3.1. Entwicklung in der Sächsischen Justiz ... 25

Seite | II
3.3.2. Situation in der Sächsischen Sozialgerichtsbarkeit ... 26
4. METHODIK... 27
4.1. Experteninterview ... 27
4.1.1. Ziel der Experteninterviews ... 28
4.1.2. Auswahl der Probanden ... 28
4.1.3. Aufbau des Leitfadens... 28
4.2. Schriftliche Befragung... 28
4.2.1. Ziel der schriftlichen Befragung ... 29
4.2.2. Auswahl der Stichprobe... 29
4.3. Berliner Symposium zur gerichtlichen Mediation ... 30
5. AUSGANGSPUNKTE FÜR DIE EINFÜHRUNG DER MEDIATION ... 30
5.1. Situation in der sächsischen Sozialgerichtsbarkeit in Zahlen... 30
5.1.1. Verfahren der Sozialgerichte ... 31
5.1.2. Entwicklung der Anzahl beschäftigter Richter ... 31
5.1.3. Gegenüberstellung ... 32
5.1.4. Schwerpunkte sozialgerichtlicher Verfahren... 33
5.2. Handlungsspielräume der Behörden ... 35
5.2.1. Das öffentliche Recht im Sozialrecht ... 35
5.2.2. Mediation und das öffentliche Recht... 37
5.2.3. Die geschichtliche Entwicklung des Ermessens ... 38
5.2.4. Die Ermessensausübung ... 39
5.2.5. Gesetzliche Grundlagen des Ermessens ... 40
5.2.6. Möglichkeiten des Verhandelns einer Behörde in der Mediation ... 41
5.3. Einschätzung der Notwendigkeit seitens der Gerichte... 43
5.3.1. Ergebnisse der Experteninterviews ... 43
5.3.2. Ergebnisse der schriftlichen Befragung ... 45

Seite | III
5.3.3. Eindrücke des Symposiums zur gerichtlichen Mediation... 48
5.3.4. Zusammenfassung der Aussagen ... 51
5.3.5. Fazit... 52
6. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE EINFÜHRUNG 53
6.1. Sensibilisierung & Kommunikation... 53
6.2. Qualifizierung... 54
6.3. Berücksichtigung psychologischer Aspekte ... 56
6.3.1. Neutralität und Unparteilichkeit... 56
6.3.2. Eigenverantwortlichkeit der Parteien ... 57
6.3.3. Vertraulichkeit in der gerichtlichen Mediation ... 58
6.3.4. Lösungsvorschläge durch den Richtermediator ... 59
6.4. Gesetzliche Voraussetzungen für Mediation an den Sächsischen
Sozialgerichten ... 61
6.4.1. Die Bedeutung des Rechts in der Mediation ... 61
6.4.2. Aktuelle Gesetzeslage... 62
6.4.3. Aufgaben des gesetzlichen Richters ... 63
6.5. Die gerichtliche Mediation und der Amtsermittlungsgrundsatz ... 64
6.5.1. Der Amtsermittlungsgrundsatz ... 65
6.5.2. Aufklärungspflicht des Richters ... 65
6.5.3. Gesetzesbindung und interessengerechte Mediationsverein-
barung ... 65
6.5.4. Stellungnahme ... 66
7. RESÜMEE... 67
ANHANG
Anlage 1 ­ Auszug aus Gesetzestexten
Anlage 2 ­ Interviewleitfaden
Anlage 3 ­ Interviewprotokolle

Seite | IV
Anlage 4 ­ Fragebogen
Anlage 5 ­ Auswertung der Fragebögen
Anlage 6 ­ Anmerkungen der Befragten
Anlage 7 ­ eigene Notizen zum 3. Berliner Symposium
Anlage 8 ­ Tabellen
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Glossar

Seite | 1
1. HINTERGRUND
Im ersten Teil meiner Arbeit gebe ich einen kurzen Ausblick auf den Inhalt und
eine kurze Darstellung darüber, warum ich mich mit diesem Thema beschäftigt
habe.
1.1. Spannungsfeld Sozialgerichtsbarkeit und Mediation
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Justiz immer verstärkter mit dem The-
ma Mediation. In vielen Bundesländern wurde Mediation zwischenzeitlich als
feste Institution in den Gerichtsalltag integriert, zumeist von Seiten der Justiz
mit überwiegend positiver Bewertung und hervorragenden statistischen Ergeb-
nissen. Die Anwaltschaft steht dem Thema nach wie vor kritisch gegenüber.
1
Freie Mediatoren befürchten, vom Markt verdrängt zu werden und sehen wett-
bewerbsrechtliche Probleme. Gegner der gerichtlichen Mediation vertreten die
Ansicht, einer gerichtlichen Mediation mangele es insgesamt an der gesetzli-
chen Grundlage. Aber vor allem in der Sozialgerichtsbarkeit fehle der Raum für
gerichtliche Mediation, da mindestens einer der beteiligten Parteien eine Be-
hörde ist, welche an Recht und Gesetz gebunden sei und dadurch kein Raum
für Mediationsvereinbarungen besteht.
2
Kann ein Gericht tatsächlich eine Mediation leisten oder kommt es dort eher zu
gerichtlichen Vergleichen als zu echten Mediationsvereinbarungen? Kann es
einem Richter gelingen, die Rolle zu wechseln und nicht zu entscheiden und
Recht zu sprechen, sondern sich lediglich als Moderator und Vermittler im Ver-
fahren zu betätigen?
Mediation hat mit Streitentscheidung durch Dritte nichts zu tun. Liegt dann nicht
die Annahme nahe, dass Mediation mit der Justiz nichts zu tun hat?
1
Meinungsäußerungen auf dem 3. Berliner Symposium am 21.01.2010, Anlage 7
2
Spellbrink, Wolfgang, Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren - Ein Zwischenruf, SGb 3/2003, S. 141

Seite | 2
Was Juristen als unerheblich ausblenden - unerheblich, weil nicht anspruchser-
heblich -, das könnten die wesentlichen, verletzten oder bedrohten Interessen,
Anliegen, normativen Überzeugungen usw. der Parteien sein.
3
Aber ist es Auf-
gabe der Sozialgerichtsbarkeit, vielleicht mit Blick auf den Amtsermitt-
lungsgrundsatz nach § 103 SGG, auch in Fällen, in denen es primär nicht um
juristische Motive sondern eher um ,,Generelles" geht, ein Verfahren anzubie-
ten, was die hintergründigen Motive und Probleme unter Außerachtlassen der
Rechtsprechung lösen kann, um dadurch eine dauerhafte Befriedung der Be-
ziehungen der Streitparteien zu erreichen?
Unter diesem Blickwinkel soll betrachtet werden, ob Mediation eine sinnvolle
und vielleicht sogar notwendige Ergänzung zum klassischen Gerichtsverfahren
in der Sozialgerichtsbarkeit sein kann und ob hierfür die gerichtliche Mediation
die ideale Variante darstellt.
Ich habe dieses Thema gewählt, da mich die Art der Konfliktlösung, die mit ei-
ner Mediation möglich ist, beeindruckt und ich diese Methode der Konfliktlösung
für absolut zeitgemäß, zukunftsorientiert und notwendig halte. Die Streitbeteilig-
ten zu befähigen, Ihren Konflikt selbstbestimmt und damit harmonisch und vor
allem respektvoll zu lösen, ist in meinen Augen mehr als notwendig. Ich glaube,
unsere Gesellschaft muss insgesamt in ihrer Grundeinstellung umdenken.
Wenn das gelingt, wären aus meiner Sicht tatsächlich sehr viele Verfahren un-
nötig und die Gerichte könnten auf lange Sicht gesehen wirklich eine Entlastung
erfahren. Auch würde eine neue Streitkultur und damit die Übernahme der Kon-
fliktlösung und auch die Übernahme der Verantwortung für den Konflikt durch
die Beteiligten selbst zu einer kommunikativeren, respektvolleren und damit
zufriedener Gesellschaft führen, was auf lange Sicht und in Zeiten ständiger
Übergriffe und Verzweiflungstaten dringend angeraten scheint.
3
Montana, Leo, Karls, Elisabeth, Mediation, Lehrbuch für Psychologen und Juristen, 2001, S. 29

Seite | 3
Hinzu kommt, dass Mediation seit 01.01.2010 auch in der Sächsischen Sozial-
gerichtsbarkeit angeboten wird, sodass dieses Thema derzeit sehr aktuell ist.
1.2. Ziel der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick darüber zu geben, ob eine gerichtliche
Mediation an Sächsischen Sozialgerichten notwendig und möglich ist, und falls
ja, wie diese ausgestaltet werden müsste.
Dafür setzt sich diese Arbeit mit dem Aspekt auseinander, dass mindestens
einer der Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens eine an Recht und Ge-
setzt gebundene Behörde ist. In diesem Zusammenhang werden die Möglich-
keiten und Grenzen der Verhandlungsfähigkeit einer Behörde in einem Media-
tionsverfahren dargestellt und auf die mögliche Motivation einer solchen Behör-
de eingegangen. Dabei werden auch psychologische Aspekte berücksichtigt.
Gleichermaßen soll anhand durchgeführter Befragungen dargestellt werden,
wie die Richterschaft der Sächsischen Sozialgerichtsbarkeit der Einführung des
Mediationsverfahrens gegenübersteht und ob sie diese befürwortet, unterstützt
und mittragen wird.
Des Weiteren beschäftigt sich diese Arbeit mit der gesetzlichen Grundlage für
eine gerichtliche Mediation in der Sächsischen Sozialgerichtsbarkeit.
Ich habe meine Arbeit in sieben Teile gegliedert. Wobei hier im ersten Teil der
Hintergrund sowie das Ziel der Arbeit dargelegt werden. Der zweite Teil dient
der Einführung in das Thema durch Betrachtung der Mediation sowie der Sozi-
algerichtsbarkeit und deren anschließende Gegenüberstellung. Der dritte Teil
gibt eine knappe Zusammenfassung der bereits praktizierten gerichtlichen Me-
diation in den einzelnen Bundesländern. Im vierten Teil äußere ich mich zur
angewandten Methodik zur Erforschung des Themas, woran im fünften Teil ei-
ne Darstellung der aktuellen Situation in der Sächsischen Sozialgerichtsbarkeit

Seite | 4
sowie die Auswertung und Zusammenfassung der Forschungsergebnisse folgt.
Im sechsten Teil werden dann Handlungsempfehlungen für die Einführung der
gerichtlichen Mediation an den Sächsischen Sozialgerichten aufgezeigt, um
abschließend daran im siebenten Teil ein Resümee daraus zu ziehen.
In der gesamten Arbeit wird neutral von Richtern und Mediatoren gesprochen,
wobei jedoch stets sowohl von männliche Richter und Mediatoren wie auch
weibliche Richterinnen und Mediatorinnen gesprochen wird.
Bezüglich der in der Arbeit angegebenen Paragraphen wird auf Anlage 1 ver-
wiesen, in welcher die genannten Paragraphen abgedruckt sind.
2. MEDIATION UND SOZIALGERICHTSBARKEIT - EINE EINFÜHRUNG
Im ersten Teil dieses Kapitels wird beschrieben, was Mediation überhaupt ist,
wann und wie Mediation entstanden ist und wie sie sich geschichtlich entwickelt
hat. Außerdem werden die Grundvoraussetzungen des Mediationsverfahrens
erläutert und der Aufbau sowie der Ablauf eines Mediationsverfahrens muster-
haft dargestellt. Danach werden noch die Formen der gerichtsverbundenen
Mediation erläutert.
Im zweiten Teil gebe ich einen Überblick über die Sozialgerichtsbarkeit, wobei
erst der Aufbau und die Besetzung der Gerichte dargestellt und anschließend
das sozialgerichtliche Verfahren beschrieben wird.
2.1. Was ist Mediation?
Mediation kommt aus dem Lateinischen und man kann es mit ,,Vermittlung"
übersetzen. Eine Mediation ist vom Grundsatz her ein Verhandlungsverfahren
zwischen zwei oder mehreren Parteien, die einen individuellen Konflikt dauer-
haft lösen wollen und zu diesem Zweck einen externen, neutralen Dritten (=

Seite | 5
Vermittler) zu ihrer Unterstützung heranziehen. Es handelt sich dabei um ein
freiwilliges, nicht-öffentliches Verfahren, in dem der speziell ausgebildete neut-
rale Vermittler (der Mediator) ohne Entscheidungskompetenz die Konfliktpartei-
en dabei unterstützen soll, selbst eine eigenständige und einvernehmliche Lö-
sung ihrer Probleme zu erarbeiten.
4
Dabei bedienen sich die Mediatoren eines speziellen Verfahrens der Konflikt-
bearbeitung (auf dem Harvard-Konzept basierend), um die bei Konflikten er-
starrte Kommunikation zu beleben und so wieder Bewegung in den festgefah-
renen Konflikt zu bringen.
Das Verfahren hat zwar eine fest vorgegebene Grundstruktur, soweit diese aber
nicht berührt wird, steht die Gestaltung zur Disposition der Parteien.
Gemeinhin anerkannt ist, dass sich das Mediationsverfahren in verschiedene
Phasen gliedert. Kern der Mediation sind die im Harvard-Konzept entwickelten
und optimierten Formen des kooperativen Verhandelns, zu deren Leitgedanken
die Unterscheidung zwischen Positionen (Forderungen) und Interessen (hinter
den Forderungen stehende persönliche Anliegen und Bedürfnisse), die Tren-
nung von Verhandlungspartner und Verhandlungsgegenstand (mit dem Ziel
einer Konzentration auf den Gegenstand) und die Förderung der Kreativität
(viele Lösungsoptionen) gehören.
Ziel der Mediation sind möglichst umfassende Konfliktlösungen zum allseitigen
Nutzen (,,win-win"), die von allen Beteiligten getragen werden und dadurch zu
einer dauerhaften Befriedung des gesamten Konflikts führen.
5
Mediation ist eine Alternative zu den sonstigen Konfliktlösungsmöglichkeiten
und es ist die einzige Lösungsmöglichkeit, bei der die Parteien selbst eine Lö-
sung aufgrund der eigenen Argumente und Überzeugungen finden.
4
Hagedorn, Barbara, Kooperative Verhandlungsführung 2, 2005, S. 71
5
Bargen, Jan Malte von, gerichtsinterne Mediation, 2008, S. 16

Seite | 6
2.1.1. Geschichte der Mediation
Das erste Auftauchen der Bezeichnung des Mittlers, lateinisch Mediator, ist
schon sehr alt und lässt sich wohl erstmals im 2. Jahrhundert unserer Zeitrech-
nung bei dem aus Nordafrika stammenden Dichter und Rhetor Lucius Apuleius
nachweisen. Richtig bekannt gemacht hat sie der Kirchenvater Aurelius Augus-
tinus, der von 354 bis 430 lebte. In seinen Schriften tauchte auch die Bezeich-
nung mediatio, Mediation, erstmals auf.
6
Im Sprachgebrauch der damaligen Zeit
war ein Mediator jemand, der Frieden vermittelte, ohne dass es eine Rolle ge-
spielt hätte, wie er dies zustande brachte. Die Bezeichnung Mediator verlangte
weder die Anwendung eines bestimmten Verfahrens noch ein besonderes Rol-
lenverständnis oder ein spezielles Verhalten des Mediators zu den Parteien,
sondern schlicht ein bestimmtes Ergebnis: den gestifteten Frieden.
7
Erstmals im ausgehenden 19. Jahrhundert entwickelte sich in den USA eine
moderne Art der Mediation und zwar im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen
Auseinandersetzungen. In den 60iger Jahren wurde die Mediation in den Verei-
nigten Staaten verstärkt in politischen Konfliktbeilegungen angewandt. Inzwi-
schen hat sich in den USA die Mediation als Methode zur Konfliktlösung etab-
liert und ist sogar teilweise als Vorverfahren zu gerichtlichen Auseinanderset-
zungen gesetzlich vorgeschrieben. Der Verfahrensweg über die Gerichte wird
dagegen meist als zu langwierig, kostenintensiv, starr und unpersönlich emp-
funden
8
. Seit Ende der 70iger Jahre erwacht die Mediation nun auch im
deutschsprachigen Rechtsraum wieder. Anfangs wurde Mediation überwiegend
in Familien- und Scheidungskonflikten eingesetzt, gefolgt von Umweltkonflikten.
Mittlerweile wurde sie auch in viele Bereiche des gesellschaftlichen, wirtschaftli-
chen und politischen Lebens integriert. Seit 2002 hat Mediation auch in den Ge-
richtsbarkeiten einen Platz gefunden und wird in den meisten Bundesländern in
Form der gerichtlichen Mediation betrieben.
6
Sinner, Alex von, Zirkler, Michael, Hinter den Kulissen der Mediation, 2005, S. 18
7
Sinner, Alex von, Zirkler, Michael, Hinter den Kulissen der Mediation, 2005, S. 18
8
www.Geschichte-der-Mediation.de, Abrufdatum: 22.01.2010

Seite | 7
2.1.2. Grundvoraussetzungen der Mediation
Wenn man von den wichtigsten Grundprinzipien einer Mediation spricht, fallen
Schlagwörter wie Allparteilichkeit, Neutralität, Vertraulichkeit, Eigenverantwort-
lichkeit der Beteiligten, Freiwilligkeit, Fairness und Offenheit. Diese lassen sich
wie folgt beschreiben:
Neutralität des Mediators gegenüber der Sache des Konflikts:
Neutralität bedeutet Unvoreingenommenheit gegenüber der Sache. Der Me-
diator bewertet den Sachverhalt nicht. Er darf als externe Drittperson nicht
am Konflikt beteiligt und auch nicht davon betroffen sein, also auch an der
Substanz des Konflikts kein eigenes Interesse haben. Selbiges gilt für die
Lösung. Auch hier darf der Mediator diese weder werten noch ein eigenes In-
teresse daran haben. Nur so kann er unvoreingenommen an die Sache he-
rangehen. Mangels hoheitlicher Autorität ist der Mediator darauf angewiesen,
von den Parteien als neutraler und unparteilicher Dritter anerkannt und res-
pektiert zu werden. Dies wird ihm allerdings nur gelingen, wenn er von allen
Beteiligten als neutral und allparteilich angesehen wird.
Allparteilichkeit des Mediators gegenüber den Parteien:
Der Mediator muss sich in allen Phasen des Verfahrens nicht nur neutral,
sondern allparteilich verhalten. Wobei Allparteilichkeit bedeutet, dass der
Mediator der Sichtweise und den Interessen jeder Partei gleichermaßen ver-
pflichtet ist, er also für beide Sichtweisen der Konfliktparteien dasselbe Ver-
ständnis hat, er quasi ,,auf beiden Seiten" steht. Mit Allparteilichkeit ist vor al-
lem auch eine gleichwertige Verhandlungsführung gemeint. Schon der bloße
Anschein einer Parteilichkeit muss gemieden werden. Dies beinhaltet unter
anderem, dass der Mediator für einen angemessenen Kräfte- und Machtaus-
gleich zwischen den Parteien sorgt und ggf. ein Machtgefälle zwischen den
Parteien ausgleicht (z.B. das Sprachrohr der kommunikationsschwächeren

Seite | 8
Partei ist). Darüber hinaus ist der Mediator zur Gleichbehandlung der Partei-
en verpflichtet. Das äußert sich zum Beispiel in der Zuteilung von Redezeiten
oder der Zugänglichmachung von Informationen. Der Mediator darf sich auch
in keinem Abhängigkeitsverhältnis (z.B. Angestelltenverhältnis o.ä.) zu einem
der Medianten befinden.
Vertraulichkeit:
Mediation lebt von Vertraulichkeit. Der Mediator hat deshalb sowohl gegen-
über der Außenwelt als auch gegenüber den Parteien Verschwiegenheit zu
wahren. Denn absolute Offenheit und volle Informiertheit der Parteien sind
nur gewährleistet, wenn die Parteien sich auf eine vertrauliche Behandlung
aller Informationen und Erkenntnisse im Rahmen des Mediationsverfahrens
verlassen können. Daher verpflichten sich alle Beteiligten zu gegenseitiger
Vertraulichkeit. Diese Verpflichtung beschränkt sich nicht auf ein laufendes
Mediationsverfahren, sondern gilt darüber hinaus auch für die Zukunft. So
dürfen die Konfliktparteien ihre Kenntnisse aus dem Mediationsverfahren,
sollte dieses scheitern, nicht in einer späteren gerichtlichen Auseinanderset-
zung gegen den jeweils anderen verwenden. Gleichermaßen verpflichtet sich
der Mediator, in einem solchen Fall weder als Zeuge noch als Vertreter einer
der Parteien aufzutreten
Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten:
In der Mediation ist ein vorgelagertes Ziel, die Parteien zu einer Einigung zu
befähigen. Da nur die Parteien selbst wissen, welche wahren Interessen hin-
ter den von ihnen vertretenen Positionen stecken, sind auch nur sie selbst in
der Lage, im Rahmen des Mediationsverfahrens eigenverantwortlich zu han-
deln und ihren Konflikt und die Entscheidung hierüber nicht auf jemand ande-
ren zu übertragen. Der Mediator darf den Parteien keine Lösung aufzwingen.
Das Merkmal der Eigenverantwortlichkeit bedeutet somit, dass die Parteien ­
unter Anleitung und Unterstützung des Mediators ­ ihre jeweiligen Interessen

Seite | 9
selbst und eigenverantwortlich wahrnehmen, in eigener Verantwortung eine
für sie maßgeschneiderte Lösung für ihren Konflikt entwickeln und die ein-
vernehmlich getroffene Entscheidung selbst verantworten. Hierbei sind nicht
Ratschläge sondern Fragen und Anregungen die klassischen Instrumente
des Mediators.
Freiwilligkeit:
Eine Mediation kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten ohne Druck und
aus eigenem Willen in diese einwilligen. Dies setzt voraus, dass die Betei-
ligten von keiner Seite zu bestimmten Ergebnissen gedrängt werden und
der Mediator innerhalb der durch den Inhalt der Mediationsvereinbarung
festgelegten Grenzen keinen Weisungen unterliegt. Der Prozess kann von
allen Beteiligten, auch von dem Mediator, jederzeit beendet werden.
Fairness:
Es ist sehr wichtig, dass respektvoll miteinander umgegangen wird, verein-
barte Gesprächsregeln eingehalten und nicht eventuelle Schwächen einer
Partei von der anderen Partei ausgenutzt werden.
Offenheit:
Offenheit ist zwingend notwendig, um eine dauerhafte und befriedigende Lö-
sung des Konfliktes zu erreichen. Hierzu ist eine ehrliche Darlegung der Fak-
ten und Verhältnisse erforderlich. Die Konfliktparteien sollten das Mediati-
onsverfahren mit der größtmöglichen Offenheit führen, damit alle Aspekte der
Gesamtsituation erfasst und erörtert werden können.
Das Zusammenspiel dieser Punkte macht Mediation aus und es ist Kernaufga-
be des Mediators während des gesamten Mediationsverfahrens all diese Punk-
te nicht aus den Augen zu verlieren und gegebenenfalls einzugreifen.

Seite | 10
2.1.3. Aufbau und Ablauf einer Mediation
Es besteht Einigkeit darüber, dass ein Mediationsverfahren in verschiedenen
Phasen abläuft. Nachfolgend werden exemplarisch die Phasen und somit ein
möglicher Ablauf einer Mediation dargestellt:
0. Phase:
Vorbereitung => Diese Phase dient der Terminvorbereitung. Hier
findet auch eine erste Konfliktanalyse durch den Mediator statt. Er
erstellt einen ersten Ablaufplan und macht sich Gedanken über
mögliche Hilfsmittel.
1. Phase:
Initiierung => Hier erfolgt die erste Kontaktaufnahme sowie das
erste Kennenlernen. Ferner werden die Medianten über das Ver-
fahren aufgeklärt, es werden Regel aufgestellt und ein Mediati-
onsvertrag geschlossen.
2. Phase:
Themensammlung => Hier wird der Sachverhalt dargestellt und
visualisiert. Es sollte möglichst eine Katalogisierung der Themen
erfolgen sowie eine Reihenfolge der Be- bzw. Abhandlung dieser
festgelegt werden.
3. Phase:
Interessenfindung => In dieser Phase werden die Sichtweisen und
Standpunkte der Parteien erörtert. Dabei ist es wichtig, Interessen
herauszuarbeiten und als Ressourcen zu sammeln.
4. Phase:
Lösungsphase => In diesem Teil der Mediation soll die Kommuni-
kation zwischen den Medianten hergestellt werden. Es sollen ge-
meinsame Lösungsvorschläge erarbeitet und gefunden werden.
Diese werden dann gesammelt, bewertet und ausgehandelt.
5. Phase:
Abschlussphase => Haben es die Medianten bis hierher geschafft,
wird das Ergebnis in Gestalt einer Mediationsvereinbarung formu-

Seite | 11
liert. Ferner ist es in dieser abschließenden Phase sinnvoll und
notwendig, die Medianten zu beglückwünschen, zu loben und eine
Wertschätzung des positiven Ergebnisses zu bekunden. Nach der
Zusammenfassung folgt die Verabschiedung.
2.1.4. Formen der gerichtsverbundenen Mediation
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Mediation in die Gerichtsverfahren einzu-
binden und zwar in Form der reinen, der gerichtsnahen, der gerichtsinternen
sowie der gerichtsintegrierten Mediation.
Von der reinen Mediation spricht man, wenn ein neutraler Dritter, der keine Be-
fugnis hat, den Fall zu entscheiden, die Parteien dabei unterstützt, für sich
selbst eine interessengerechte Lösung für ihren Konflikt zu finden.
Von einer gerichtsnahen Mediation spricht man, wenn der erkennende Richter
das Gerichtsverfahren unterbricht, um den Parteien die Mediation durch einen
freien Mediator (kostenpflichtig) zu ermöglichen.
Von der gerichtsinternen oder auch gerichtlichen Mediation spricht man, wenn
der erkennende Richter das Gerichtsverfahren unterbricht, um den Parteien die
Mediation durch einen nicht entscheidungsbefugen Richtermediator kostenfrei
zu ermöglichen.
Und von der integrierten Mediation bzw. interprofessioneller Zusammenarbeit
spricht man, wenn der erkennende Richter selbst Mediation anwendet.
9
2.2. Sozialgerichtsbarkeit
Die Sozialgerichtsbarkeit wurde im Jahre 1954 errichtet und besteht seitdem als
selbständige und gleichgeordnete Gerichtsbarkeit neben der ordentlichen Ge-
9
Trossen, Arthur, www.in-mediation.eu/das-justizdilemma; Abrufdatum: 20.08.2009

Seite | 12
richtsbarkeit (Zivil- und Strafgerichte), der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbar-
keit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit.
10
Bei Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit handelt es sich um Rechtsstreitigkei-
ten über Leistungsansprüche der gesetzlich Versicherten. Die Sozialgerichte
sind unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere Ver-
waltungsgerichte und dienen im Wesentlichen dem Schutz der sozialen Rechte
des Bürgers und der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sozialverwaltung.
2.2.1. Aufbau und Besetzung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
Die Sozialgerichtsbarkeit ist dreistufig aufgebaut. In der ersten Instanz ent-
scheiden die Sozialgerichte, in der zweiten Instanz die Landessozialgerichte
und in der dritten und letzten Instanz das Bundessozialgericht.
Die Sozialgerichte:
Die Sozialgerichte bestehen aus nach Fachgebieten unterteilten Kammern.
Diese sind mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.
Die ehrenamtlichen Richter werden allerdings nur für Beschlussfassung und
Verkündung von Urteilen in der mündlichen Verhandlung eingesetzt. Beschlüs-
se, die ohne mündliche Verhandlung ergehen sowie Gerichtsbescheide trifft der
Richter allein.
Die Landessozialgerichte:
Fast jedes Bundesland hat ein eigenes Landessozialgericht. In wenigen Fällen
haben zwei Bundesländer ein gemeinsames. Dieses entscheidet über Berufun-
gen gegen Urteile und Beschwerden über andere Entscheidungen (z.B. Be-
schlüsse) der Sozialgerichte. Das Landessozialgericht hat keine erstinstanzli-
che Zuständigkeit; es ist zweite und letzte Tatsacheninstanz. Dort wird nicht in
Kammern sondern in Senaten entschieden. Die Senate weisen jedoch dieselbe
10
Burchardt, Dr. Klaus, Übersicht über das Sozialrecht, 2000, S. 681

Seite | 13
Gliederung nach Sachgebieten auf. Jeder Senat entscheidet mit einem Vorsit-
zenden Berufsrichter, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen
Richtern.
Das Bundessozialgericht:
Das Bundesozialgericht mit Sitz in Kassel entscheidet über das Rechtsmittel
der Revision gegen Urteile der Landessozialgerichte sowie über Beschwerden
gegen die Nichtzulassung der Revision. Auch beim Bundessozialgericht wird in
nach Sachgebieten gegliederten Senaten entschieden und gleichfalls in der
Besetzung mit einem Vorsitzenden Berufsrichter und zwei weiteren Berufsrich-
tern sowie zwei ehrenamtlichen Richtern.
2.2.2. Das sozialgerichtliche Verfahren
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche
Streitigkeiten u.a. in Angelegenheit
der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall-, Rentenversicherung),
der
Pflegeversicherung,
der
Arbeitslosenversicherung,
der Leistungen nach dem SGB II,
des
Schwerbehindertengesetzes,
der
Kriegsopferversorgung,
des
Bundeskindergeldgesetzes,
des
Häftlingsentschädigungsgesetzes,
des
Zivildienstgesetzes,
des
Opferentschädigungsgesetzes.
Im sozialgerichtlichen Verfahren gilt der Untersuchungs- und Amtsermitt-
lungsgrundsatz. Seine Grundlage findet er in § 103 SGG. Das Gericht ist nicht
an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden, es er-
mittelt den Sachverhalt von Amts wegen.

Seite | 14
Im sozialgerichtlichen Verfahren entscheidet das Gericht in der Regel auf Grund
einer mündlichen Verhandlung. Mit der mündlichen Verhandlung wird sowohl
dem Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 GG
und § 62 SGG wie auch dem Grundsatz der Öffentlichkeit Rechnung getragen.
Sie ist gleichzeitig Kernstück des sozialgerichtlichen Verfahrens.
In der mündlichen Verhandlung, die vom Vorsitzenden Berufsrichter geleitet
wird, gibt dieser eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes. Danach erhal-
ten die Beteiligten das Wort und das Sach- und Streitverhältnis wird mit ihnen
erörtert. Der Vorsitzende hat darauf einzuwirken, dass sich die Beteiligten über
erhebliche Tatsachen vollständig erklären und angemessene und sachdienliche
Anträge stellen.
Auch die Beweiserhebung ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht an Beweis-
anträge oder an den Vortrag der Beteiligten gebunden. Das Gericht erhebt von
Amts wegen Beweis.
2.3. Unterschied zwischen Mediation und Gerichtsverfahren
Nachfolgend wird die Charakteristik des Mediationsverfahrens und des Ge-
richtsverfahrens dargestellt und anschließend zusammengefasst.
2.3.1. Charakteristika des Mediationsverfahrens
Das Mediationsverfahren ist wie auch das Gerichtsverfahren eine Triade, nur
dass der Mediator dabei keine Entscheidungskompetenz hat.
Der Inhalt und der Sachverhalt einer Mediation hängen ausschließlich von den
Beteiligten ab, denn in alternativen Streitschlichtungen sind Verhandlungslö-
sungen selbstbestimmt. Allein die Parteien stehen im Mittelpunkt. Es liegt in
ihrem Verantwortungsbereich, zusätzliches Wissen, sei es Faktenwissen oder
Expertenwissen, das ihnen allein zur Verfügung steht, für die Lösungsgewin-

Seite | 15
nung preiszugeben. Es gibt auch keine Beschränkung der Beteiligten, diese
legen die Verhandlungsparteien selbst fest.
Gegenstand der Verhandlung sind der Konflikt, also die Interessen und Bedürf-
nisse der Parteien und nicht Rechte. In einer Mediation geht es darum, Recht
zu gestalten und nicht darum, Recht zu haben. Es geht bei einer Mediation
auch nicht primär darum, Recht anzuwenden, sondern es im Rahmen der Ges-
taltung zu verwenden. Dabei darf natürlich nicht gegen geltendes Recht versto-
ßen werden. Hierzu dient die Fairness-Kontrolle.
Die erzielten Verhandlungslösungen schaffen Vertrauen, zielen auf Versöhnung
und unterscheiden sich dadurch von dem auf Sieg oder Niederlage zielenden
Gerichtsverfahren. Mit Ihrem Versöhnungselement dienen Sie der Stabilisierung
der Beziehungen der Beteiligten. Denn das Ergebnis einer erfolgreichen Media-
tion ist eine einzelfallorientierte und für die Beteiligten akzeptable und flexible
Lösung.
11
Über die Frage nach der Rechtslage hinaus können somit auch weitere wesent-
liche Gesichtspunkte zur Sprache kommen.
12
Konflikte könnten demnach durch Mediation zur höheren Zufriedenheit der Par-
teien gelöst werden als durch ein Gerichtsverfahren. Dies verspricht eine Ent-
lastung sowohl der Parteien als auch der Gerichte. Die Durchführung eines
streitigen Verfahrens wäre bei erfolgreicher Mediation überflüssig.
2.3.2. Charakteristika des Gerichtsverfahrens
Gerichtsentscheidungen sind fremdbestimmt. Der Konflikt ist eine Dyade, der
Rechtsstreit eine Triade. Dies lässt Mehrheitsentscheidungen nach dem Sche-
11
Günter Hager, Konflikt und Konsens, Verlag Mohr Siebeck, 2006, S. 41
12
www.landessozialgerichte.niedersachsen.de, Pfad: home, Aktuelles, Projekte, Abrufdatum: 13.01.2010

Seite | 16
ma 2:1 zu. Richter wenden das Recht auf den ihnen vorgelegten Konflikt an und
entscheiden ganz oder teilweise im Sinne der einen oder anderen Partei.
Gegenstand von Gerichtsverfahren sind Rechte. Die Parteien können dem
Richter keine Probleme vorlegen und um eine Problemlösung bitten. Sie müs-
sen zulässige Anträge stellen und Rechte geltend machen. Ob die geltend ge-
machten Rechte bestehen, hängt regelmäßig von den Akten weniger von den
Akteuren ab. Gerichtsurteile beziehen sich somit meist auf Akten nicht auf die
Personen.
13
Das Gerichtsverfahren endet im Prinzip mit einem Urteil. Grundlage der richter-
lichen Entscheidung ist die Rechtsordnung. Nur was diese vorsieht, kann den
Parteien zugesprochen werden. Die Rechtsordnung limitiert also nicht nur den
relevanten Sachverhalt, sondern auch das Verfahrensergebnis. Der Konflikt
wird rational gelöst. Formal wird das Gebot der Gleichbehandlung gewährleis-
tet. Materiell werden die Zwecke der Rechtsordnung realisiert.
14
2.3.3. Zusammenfassung
Bei der Frage nach der Rolle des Rechts im Mediationsverfahren bleibt also
festzuhalten, dass das Recht nicht als Entscheidungsmaßstab herangezogen
wird, sondern als alternatives Lösungsmuster im Hintergrund existiert.
Es ist weiterhin festzuhalten, dass das gerichtliche Klagesystem nicht alle Inte-
ressen der Beteiligten zu befriedigen vermag. Einer der bedeutendsten Vorteile
der Mediation ist demnach die Möglichkeit, bei den Verhandlungen innerhalb
eines Mediationsverfahrens sämtliche Interessen der Beteiligten in die Konflikt-
lösung mit einzubeziehen. Denn aufgrund der Privatautonomie kann bis an die
Grenzen der Gesetzes- und Sittenwidrigkeit in der vertraglichen Vereinbarung
jede beliebige Regelung aufgenommen werden. Somit lassen sich auch Lösun-
13
Hager, Günter, Konflikte und Konsens, 2006, S. 49
14
Hager, Günter, Konflikte und Konsens, 2006, S. 49

Seite | 17
gen erarbeiten, die die berührten Interessen in der Weise günstig miteinander
kombinieren und in Regelungen umsetzen, dass im Ergebnis für beide Seiten
eine vorteilhafte Situation entsteht (sog. win-win-Lösung).
15
Während es also im gerichtlichen Verfahren nur um die Verteilung des Vorhan-
denen geht und der Gewinn der einen Seite spiegelbildlich den Verlust der an-
deren Seite darstellt (sog. Nullsummenspiel), hat die Mediation eine ,,Kuchen-
vergrößerung" zum Ziel, sodass beide Seiten durch die Lösung gewinnen. Dem
liegt der Gedanke zugrunde, dass jede Partei einen Teil ihrer Positionen, die sie
weniger schätzt, aufgibt, um dafür von ihrem Gegenüber etwas zu erhalten, was
für sie verhältnismäßig mehr Wert ist.
Allein durch ein solches interessenbezogenes Vorgehen kann der ,,Kuchen"
vergrößert werden, weil nur so andere Aspekte außerhalb der Positionen Be-
trachtung finden und in einen Wert umgewandelt werden können. Koopera-
tionsgewinn hängt somit gerade von der Fähigkeit der Parteien ab, eigene Ziele
bzw. Interessen zu realisieren, während sie gleichzeitig andere Bedürfnisse des
Verhandlungspartners befriedigen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die
Interessen der Parteien auch offengelegt werden.
16
Das klassische Beispiel hierfür ist der sogenannte ,,Orangen-Fall", in dem sich
zwei Schwestern um eine Frucht streiten.
17
Werden die Interessen nicht offengelegt, so kann es nur folgende Lösung ge-
ben: Entweder gehört die Orange einer der beiden Schwestern, dann bekommt
diese allein die Frucht. Oder es lässt sich die Eigentumsfrage nicht klären und
es muss eine Teilung stattfinden. Diese wird in aller Regel so aussehen, dass
die Orange mittig geteilt wird und somit jede der beiden Schwestern das Selbe
bekommt. Nun sieht aber die Interessenlage wie folgt aus: Die eine Schwester
15
Köper, Roman, Die Rolle des Rechts im Mediationsverfahren, 2003, S. 20 f.
16
Köper, Roman, Die Rolle des Rechts im Mediationsverfahren, 2003,S. 21 f.
17
www.mediation-in-halle.de, Pfad: Geschichte der Mediation, S. 2, Abrufdatum: 07.03.2010

Seite | 18
wollte eigentlich nur die Schale der Orange haben, da sie damit einen Kuchen
backen wollte, während die andere an dem Fruchtfleisch interessiert war, um
sich einen Saft zu pressen.
Bei Offenlegung der Interessen hätte der Streit also zur vollen Zufriedenheit
beider Schwestern gelöst werden können, ohne dass ein Teilungskompromiss
nötig gewesen wäre; eine klassische win-win-Situation.
Ein weiterer Vorteil gegenüber dem gerichtlichen Verfahren ist die Zukunftsbe-
zogenheit. Während das gerichtliche Verfahren allein der Aufarbeitung der Ver-
gangenheit dient und in der Regel nur diese berücksichtigt, können in der Medi-
ation auch zukunftsorientierte Interessen mit einbezogen und verarbeitet wer-
den. Hierdurch werden die Möglichkeiten für das Erreichen einer win-win-
Lösung erheblich vergrößert.
18
Ein weiteres Beispiel, wie Mediation in der Praxis angewandt werden könnte,
bekam ich von einem Richter, der zum Mediator ausgebildet wurde und dieses
Beispiel im Rahmen seiner Ausbildung zum Mediator durchgespielt hat:
In einer Kleinstadt engagierte sich ein Künstler und kaufte ein Haus. Dort richte-
te er ein Museum ein. Ferner richtete er über dem Museum eine Wohnung ein,
die er ursprünglich Studenten zur Verfügung stellen wollte. Dieser Plan konnte
nicht verwirklicht werden, sodass sich der Künstler selbst ab und an in der
Wohnung aufhielt. Daraufhin wurde ihm von der zuständigen Behörde ein Be-
scheid über die Erhebung einer Zweitwohnsitzsteuer erteilt. Die Behörde hatte
keine andere Möglichkeit, denn die Zweitwohnungssteuer war gesetzlich gere-
gelt. Auch wenn die Stadt den Künstler nicht verärgern wollte, da er einen gro-
ßen Beitrag zum Kulturleben der Stadt leistete, sah sie keine Möglichkeit ihn
von der Zweitwohnungssteuer zu befreien. Der Künstler war sehr verärgert und
ging gegen den Bescheid vor. Doch weder das Widerspruchs- noch das Klage-
18
Köper, Roman, Die Rolle des Rechts im Mediationsverfahren, 2003,S. 21 f.

Seite | 19
verfahren hatten Erfolg, da es ja eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung
der Steuer gab.
Wäre dieser Fall in eine Mediation gekommen, hätte sich folgende Darstellung
ergeben können: Der Künstler möchte gern weiter die Stadt kulturell unterstüt-
zen und sich gelegentlich in seiner Wohnung aufhalten. Da er aber bereits ge-
nug für die Stadt tut, möchte er von der weiteren finanziellen Belastung der
Steuer freigestellt werden. Die Stadt muss eine Zweitwohnungsteuer erheben,
möchte aber auf keinen Fall den Förderer des Kulturlebens der Stadt verlieren.
Eine denkbare Variante wäre z.B., dass die Stadt dem Künstler für seine Arbeit
und seinen Beitrag zum Kulturleben der Stadt eine Entschädigung in Form ei-
nes Honorars zahlt. Im Gegenzug akzeptiert der Künstler die Zahlung der
Zweitwohnungssteuer, da er mit Erhalt des Honorars nicht schlechter gestellt
wäre, als vorher. Somit wäre beiden Seiten geholfen und beide Seiten wären
zufrieden. Eine klassische win-win-Situation.
3. MEDIATION IN DER SOZIALGERICHTSBARKEIT
Dieses Kapitel gibt Auskunft darüber, wann Mediation in der Justiz Einzug
gehalten hat. Gefolgt von einem Überblick über den Stand der gerichtlichen
Mediation in verschiedenen Bundesländern und einer anschließenden Erläute-
rung der Situation in Sachsen allgemein und speziell in der Sozialgerichtsbar-
keit.
3.1. Einzug der Mediation in die Justiz allgemein
Mit einem gerichtlichen Mediationsangebot erweitert die Justiz ihre ,,Produkt"-
Palette. In unterschiedlichen Konflikten soll je ein jeweils passendes Verfah-
rensangebot (Urteil - Vergleich - Mediation) bereitgestellt werden.

Seite | 20
Grundgedanke ist, dass die Konfliktbeteiligten zufriedener auf ihr Verfahren und
ihr Verfahrensergebnis blicken können. Mediation wird dabei als Möglichkeit zur
Gestaltung von Veränderungen begriffen. In ihrem Rahmen geht es darum,
Konflikte einer interessengerechteren, kreativeren, nachhaltigeren und vor allen
zukunftsorientierteren Lösung zu zuführen. Lösungen können im Rahmen des
rechtlich Vertretbaren nach Maß geschneidert werden, orientiert an den Bedürf-
nissen und Anliegen der Beteiligten. Die Parteien bleiben zugleich Herren des
Verfahrens. Denn in der Mediation erzielen sie ihre Einigung selbst, begleitet
durch einen Mediator ohne Entscheidungsmacht. Das Ergebnis der Lösungsge-
spräche beruht allein auf der selbstbestimmten Entscheidung der Parteien.
19
3.2. Situation in anderen Bundesländern
Wo und auf welcher Grundlage Mediation in den einzelnen Bundeländern zur
Verfügung steht, ist nachfolgend überblickartig dargestellt und anschließend
zusammengefasst.
3.2.1. Überblick über die jeweiligen Projekte
Obwohl die gerichtsnahe bzw. -interne Mediation noch relativ neu innerhalb der
Justiz ist, ist sie mittlerweile in fast allen Bundesländern der Bundesrepublik
Deutschland angekommen. In vielen Bundesländern wurden verschiedene Mo-
dellversuche durchgeführt. Diese werden nachfolgend bezüglich Stand und
Handhabung kurz dargestellt.
20
Baden Württemberg
In den Jahren 2000 und 2001 wurde unter Federführung des Justizministeriums
und wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität Tübingen ein Modell-
versuch zur gerichtsnahen Mediation und Förderung der außergerichtlichen
19
Projekt Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, Projektabschlussbericht 2005, S. 2
20
www.bmj.de, Pfad: Themen, Rechtspflege, Mediation, gerichtsnahe Mediation, Abrufdatum: 18.08.2009

Seite | 21
Konfliktbeilegung durchgeführt und festgestellt, dass eine Mediation in einem
früheren Stadium der Auseinandersetzung deutlich aussichtsreicher ist als nach
Verfestigung des Streitfalls. Daher wurde die Empfehlung ausgesprochen, die
außergerichtliche gerichtsnahe Mediation zu fördern. Gerichtliche Mediation
wird nur in der Verwaltungsgerichtsbarkeit angeboten. Zu Beginn wurde als
Rechtsgrundlage zunächst § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG (=Aufgabe der Gerichtsver-
waltung) herangezogen. Heute gilt die Mediation als Teil und Aufgabe der
Rechtsprechung nach § 173 VwGO, § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO analog.
Freistaat Bayern
Bayern bietet an seinen Zivilgerichten professionelle Streitschlichtung in Form
des Güterichters an. Hierzu wurde im Jahr 2005 zunächst bis Ende des Jahres
2006 der Modellversuch ,,Güterichter" durchgeführt. Speziell geschulte Richter
haben dabei losgelöst vom eigentlichen Rechtsstreit mit den Parteien eine ein-
vernehmliche Lösung ihres Konfliktes gesucht. Wegen des großen Erfolges
wurde das Projekt auf Dauer in der Zivilgerichtsbarkeit eingerichtet. Des Weite-
ren wurde am 01.09.2006 in der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit ein Projekt
,,Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit" gestartet und integriert, wobei die Arbeit
der Richtermediatoren als richterliche Tätigkeit angesehen und als gesetzliche
Grundlage § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO analog angewandt wird.
Berlin
Ein gerichtsinternes Mediationsprojekt in der Verwaltungsgerichtsbarkeit war so
erfolgreich, dass seit Herbst 2004 auch an den Zivilgerichten Mediation angebo-
ten und praktiziert wird, wobei die Tätigkeit des Mediators nicht auf § 278 Abs. 5
ZPO gestützt wird, denn Mediation wird dort nicht als Rechtsprechung gesehen.
Vielmehr wird der Mediator im Auftrag des Präsidenten in einer Verwaltungsan-
gelegenheit tätig.

Seite | 22
Freie und Hansestadt Hamburg
In der Hamburger Justiz wurde erstmals Anfang April 2006 gerichtliche Mediati-
on in der Arbeitsgerichtsbarkeit offeriert und zwischenzeitlich auf alle Hambur-
ger Gerichte ausgeweitet. An den Hamburger Gerichten gibt es eine Mediation-
sordnung. Aus dieser ergibt sich, dass der Mediator im Sinne des § 278 Abs. 5
ZPO tätig wird.
Hessen
In Hessen ist Mediation in die Zivil- wie auch in die Verwaltungs- und Sozialge-
richtsbarkeit integriert. Die Tätigkeit des Mediators wird als Teil der Gerichts-
verwaltung im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG angesehen. Für die Verwal-
tungsgerichtsbarkeit hat der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtsho-
fes eine Dienstanweisung zur verwaltungsmäßigen Durchführung der Mediati-
onsverfahren erlassen.
Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern wurde gerichtliche Mediation erstmals Anfang
2004 an drei Gerichtsstandorten zur Verfügung gestellt. Zwischenzeitlich ist sie
an fünf Gerichtsstandorten sowohl in zivil- wie auch verwaltungs- und sozialge-
richtlichen Verfahren einsetzbar, wobei der Mediator im Rahmen des § 278
Abs. 5 ZPO tätig wird.
Niedersachsen
Begonnen hat das Land Niedersachsen am 01.03.2002 mit einem in seiner
Größenordnung einmaligen Modellprojekt an mehreren Amtsgerichte, einem
Verwaltungsgericht sowie einem Sozialgericht. Es war damit Vorreiter im Be-

Seite | 23
reich gerichtliche Mediation. Das Projekt, welches vom Justizministerium getra-
gen wurde, begann 2002 und endete am 28.02.2005. Seit Abschluss der Pro-
jektphase ist Richtermediation ein fester Bestandteil an zahlreichen Nieder-
sächsischen Gerichten. Nach Ansicht der dortigen Gerichte und Richter handelt
es sich dabei nicht um eine reine Verwaltungstätigkeit und wird deshalb als rich-
terliche Tätigkeit nach der ZPO eingestuft. Gleichzeitig bietet Niedersachsen an
einigen Gerichten die Mediation durch Rechtsanwälte an. Zusätzliche Kosten
entstehen dabei nicht, da diese durch die jeweilige Rechtsanwaltskammer ge-
tragen werden.
Nordrhein-Westfalen
Auch in Nordrhein-Westfalen wurde ein entsprechendes Projekt zur gerichtli-
chen Mediation durchgeführt. Nach erfolgreichem Verlauf des Projektes wird
zwischenzeitlich an fast allen Zivilgerichten sowie an allen Verwaltungsgerich-
ten und seit 2009 auch im Bereich des Landessozialgerichtes Mediation ange-
boten. Die Arbeit des Richtermediators wird als richterliche Tätigkeit gewertet.
Rheinland-Pfalz
Hier wird an 37 von 56 Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit, an allen Ge-
richten der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie an vier von fünf Gerichten der So-
zialgerichtsbarkeit das Mediationsverfahren bereitgestellt. Das Finanzgericht
wird gerichtliche Mediation in diesem Jahr einrichten. Sie wird als Rechtspre-
chung eingeordnet und findet nach dortiger Ansicht ihre rechtliche Grundlage in
§ 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO analog.
Freistaat Sachsen
In Sachsen ist gerichtliche Mediation seit 01.01.2007 möglich. Beim Oberlan-
desgericht wurde eigens ein neuer Zivilsenat eingerichtet, der ausschließlich für
die Durchführung von Mediationsverfahren zuständig ist. Seit 01.01.2010 steht

Seite | 24
Mediation auch in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit zur Verfügung.
Die rechtliche Grundlage wird in § 173 VwGO bzw. § 202 SGG in Verbindung
mit § 278 Abs. 5 ZPO analog gesehen.
Sachsen Anhalt
Im Januar 2006 wurde ein Pilotprojekt begonnen, welches im Juni 2010 endet.
Mittlerweile nehmen 14 Gerichte an dem Projekt teil. Dabei wird sowohl in der
ordentlichen wie auch in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit gerichtliche
Mediation angeboten, wobei die Tätigkeit des Richtermediators hier als Verwal-
tungstätigkeit eingestuft wird.
Schleswig-Holstein
Ende 2005 startete Schleswig-Holstein an mehreren Gerichten der Zivilge-
richtsbarkeit mit der gerichtlichen Mediation. Zwischenzeitlich wird sie flächen-
deckend an allen Zivilgerichten sowie in der gesamten Arbeitsgerichtsbarkeit
angeboten. Auch hier wird die Tätigkeit des Richtermediators als Verwaltungs-
aufgabe eingestuft. Allerdings wurden die Präsidien der Gerichte durch eine
Verankerung im Geschäftsverteilungsplan beteiligt. Ferner besteht die Tendenz,
die Tätigkeit doch als Rechtsprechungstätigkeit zu qualifizieren.
Freistaat Thüringen
Nach Aussage der Justizministerin Marion Walsmann soll Mediation vorrangig
außerhalb von Gerichten stattfinden. Dazu führte sie aus: ,,Je öfter ein Streit
bereits gelöst werden kann, ehe er streitig auf einem Richtertisch landet, desto
besser kann sich eine wirklich neue Streitkultur in der Gesellschaft entwi-
ckeln."
21
Sie erklärte, dass die gerichtliche Mediation in dem Projekt Güterichter
erprobt wird und damit einen Beitrag zur Entwicklung einer neuen Streitkultur
leistet. Seit Anfang 2009 wird sie daher an sechs ordentlichen Gerichten ange-
21
Medieninformation 126/2009 des Justizministeriums des Freistaates Thüringen

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842829039
DOI
10.3239/9783842829039
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Abt. Leipzig – Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2012 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
mediation sozialgerichtsbarkeit gericht richter
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Titel: Mediation in der Sozialgerichtsbarkeit der sächsischen Justiz
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