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Klimaschutz in Metropolregionen: Möglichkeiten und Grenzen klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg

©2008 Bachelorarbeit 76 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der drohende Klimawandel wird eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein. So lautet das ‘geflügelte Wort’, das durch internationale Verhandlungen oder Veröffentlichungen zurzeit einen medialen Höhenflug erlebt. Die weltweit erstarkende Erkenntnis wurde zuletzt durch den UN-IPCC-Report befördert: Der anthropogene Treibhausgas-Ausstoß treibt die Erwärmung des globalen Klimas an und gefährdet das Überleben der Menschheit. Eine Erwärmung um zwei Grad Celsius wird nach Einschätzung der Mehrzahl der Klimatologen einen beschleunigten Verlust der Artenvielfalt, Einbrüche bei der landwirtschaftlichen Produktivität und einen Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter zur Folge haben. Offensichtlich ist Klimaschutz zu einer Aufgabe geworden, die aufgrund ihrer bedrückenden Dringlichkeit einer Bearbeitung auf allen politischen Ebenen bedarf.
So haben diese wissenschaftlichen Aussagen international und national politische Vereinbarungen vorangetrieben und die Notwendigkeit von konkreten Zielsetzungen und Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasemissionen unterstrichen: 2007 wurde mit einer so genannten Roadmap in Bali ein Verhandlungsauftrag für einen neuen Weltklimavertrag als Nachfolger des Kyoto-Protokolls nach 2012 erreicht; die EU-Kommission legte Anfang 2008 ein Klimapaket mit konkreten Zielen zur Reduktion der Treibhausgase und zum Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Vorausgegangen war die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, während der sich Bundeskanzlerin Merkel als Verfechterin ambitionierter Zielsetzungen zur CO2-Reduktion hervortat.
Eine mit der Klimathematik verwobene Entwicklung ist die zunehmende Urbanisierung, die sich in den Industriestaaten in einer Ausbreitung und verstärkten Verflechtung der Städte ins und mit dem Umland äußert. Mittlerweile leben 75 Prozent der Menschen in den Industriestaaten in Städten. Durch den städtischen Lebensstil mit entsprechendem Konsum- und Mobilitätsverhalten sowie einer intensiven Wirtschaftstätigkeit mit Nebenerscheinungen wie einem regen LKW- und Flugverkehr werden weltweit 80 Prozent der klimawirksamen Treibhausgase durch Städte in die Atmosphäre abgegeben. Auch in Deutschland stellt der Umstand des ‘urban sprawl’ und der ansteigenden CO2-Emissionen die Politik vor neue, beispiellose Herausforderungen. Der Wahrnehmung der negativen Umweltauswirkungen städtischer Ballungsräume folgt nun die Suche nach neuen Steuerungsmöglichkeiten von Großstädten und ihrem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der akteurzentrierte Institutionalismus

3 Möglichkeiten und Grenzen der Institutionalisierung Klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg
3.1 Die Handlungssituation
3.1.1 Stimulus durch Regionalisierung
3.1.2 Weitere Stimuli für Klimaschutz in der MRH
3.1.3 Zwischenauswertung
3.2 Der institutionelle Kontext
3.2.1 Das formale Regelsystem der Kooperation
3.2.2 Die Organisationsstruktur der MRH
3.2.3 Die inhaltliche Ausrichtung der Kooperation
3.2.4 Das Entscheidungsverfahren
3.2.5 Die Finanzausstattung
3.2.6 Zwischenauswertung
3.3 Die Akteure
3.3.1 Hamburg
3.3.2 Die Flächenländer
3.3.3 Die Landkreise
3.3.4 Zwischenauswertung
3.4 Die Akteurkonstellation
3.4.1 Die Interaktionsorientierungen innerhalb der MRH
3.4.2 Die Konstellation der Handlungsorientierungen
3.4.3 Zwischenauswertung und spieltheoretische Einordnung
3.5 Die Akteursinteraktionen

4 Der Möglichkeitsraum für Klimaschutzpolitik

5 Fazit

6 Quellenverzeichnis
6.1 Primärliteratur
6.2 Sekundärliteratur
6.3 Zeitungsartikel
6.4 Internetquellen

Abstract

Der globale Klimawandel fordert alle politischen Ebenen zum Handeln auf. Die Minderung der Treibhausgas-Emissionen wird als die Herausforderung des 21. Jahrhunderts ausgerufen. Gleichzeitig entstehen auf regionaler Ebene in Deutschland kooperative Netzwerke über administrative Grenzen hinweg. Angesichts sich verdichtender, funktionaler Verflechtungen zwischen Kernstädten und ihrem Umland werden Koordinationsprobleme von Versorgungsnetzen und Pendlerströmen offensichtlich. Metropolregionen werden ausgewiesen und entwickeln eigene Steuerungsformen für diese Funktionsbereiche. Für den Klimaschutz relevant sind die regionalen Verflechtungen durch ihre Übereinstimmung mit Handlungsfeldern bisheriger Klimaschutzstrategien.

Aber welche Möglichkeiten und Grenzen bieten solche Kooperationen, arbeitsfähige Strukturen für effektiven Klimaschutz zu entwickeln? Dieser Frage wird anhand einer Fallstudie der Metropolregion Hamburg nachgegangen. Die Untersuchung orientiert sich an dem Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus. Es wird ermittelt, welche Möglichkeiten und Grenzen sich einerseits durch das formale Regelsystem und andererseits durch die Handlungsorientierungen der beteiligten Akteure für den politischen Entscheidungsprozess ergeben. Aus den Erkenntnissen wird ein Möglichkeitsraum beschrieben, innerhalb dessen Klimaschutzziele in der Metropolregion Hamburg entwickelt und umgesetzt werden können.

Die Fallstudie macht nicht nur deutlich, dass in Metropolregionen neue Formen der Steuerung jenseits des Schattens der Hierarchie erprobt werden, sondern dass durch diese bisher unausgeschöpfte Potenziale genutzt werden können, um die notwendigen Reduktionen der Treibhausgas-Emissionen zu erreichen.

Abbildungsverzeichnis

Abb. Titelblatt: Schienen-Panorama mit freundlicher Genehmigung von Nikolai Klassen

Abb. 1: Das analytische Modell des akteurzentrierten Institutionalismus Quelle: Mayntz/ Scharpf 1995: 45

Abb. 2: Die Metropolregion Hamburg Quelle: http://metropolregion.hamburg.de/

Abb. 3: Die Organisationsstruktur der Metropolregion Hamburg Quelle: MRH 2005c: 14

Abb. 4: Die Interaktionsorientierungen der Akteure Quelle: Eigene Darstellung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Emissions-Vergleich zwischen Hamburg und Thüringen Quelle: Eigene Berechnung auf Basis URL LAK Energiebilanzen

Tab. 2: Die Zielstruktur der Metropolregion Hamburg Quelle: Eigene Darstellung

Tab. 3: Die Handlungsorientierungen der Akteure Quelle: Eigene Darstellung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Der drohende Klimawandel wird eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein. So lautet das „geflügelte Wort“, das durch internationale Verhandlungen oder Veröffentlichungen zurzeit einen medialen Höhenflug erlebt. Die weltweit erstarkende Erkenntnis wurde zuletzt durch den UN-IPCC-Report befördert: Der anthropogene Treibhausgas-Ausstoß treibt die Erwärmung des globalen Klimas an und gefährdet das Überleben der Menschheit. Eine Erwärmung um zwei Grad Celsius wird nach Einschätzung der Mehrzahl der Klimatologen einen beschleunigten Verlust der Artenvielfalt, Einbrüche bei der landwirtschaftlichen Produktivität und einen Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter zur Folge haben. Offensichtlich ist Klimaschutz zu einer Aufgabe geworden, die aufgrund ihrer bedrückenden Dringlichkeit einer Bearbeitung auf allen politischen Ebenen bedarf.

So haben diese wissenschaftlichen Aussagen international und national politische Vereinbarungen vorangetrieben und die Notwendigkeit von konkreten Zielsetzungen und Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasemissionen unterstrichen: 2007 wurde mit einer so genannten Roadmap in Bali ein Verhandlungsauftrag für einen neuen Weltklimavertrag als Nachfolger des Kyoto-Protokolls nach 2012 erreicht; die EU-Kommission legte Anfang 2008 ein Klimapaket mit konkreten Zielen zur Reduktion der Treibhausgase und zum Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Vorausgegangen war die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, während der sich Bundeskanzlerin Merkel als Verfechterin ambitionierter Zielsetzungen zur CO2-Reduktion hervortat.

Eine mit der Klimathematik verwobene Entwicklung ist die zunehmende Urbanisierung, die sich in den Industriestaaten in einer Ausbreitung und verstärkten Verflechtung der Städte ins und mit dem Umland äußert. Mittlerweile leben 75 Prozent der Menschen in den Industriestaaten in Städten. Durch den städtischen Lebensstil mit entsprechendem Konsum- und Mobilitätsverhalten sowie einer intensiven Wirtschaftstätigkeit mit Nebenerscheinungen wie einem regen LKW- und Flugverkehr werden weltweit 80 Prozent der klimawirksamen Treibhausgase durch Städte in die Atmosphäre abgegeben. Auch in Deutschland stellt der Umstand des „urban sprawl“ und der ansteigenden CO2-Emissionen die Politik vor neue, beispiellose Herausforderungen. Der Wahrnehmung der negativen Umweltauswirkungen städtischer Ballungsräume folgt nun die Suche nach neuen Steuerungsmöglichkeiten von Großstädten und ihrem funktional verbundenen Umland.

Unter dem Schlagwort der Metropolitan Governance wird der funktionalen Einheit metropolitaner Regionen zunehmend die wissenschaftliche und politische Aufmerksamkeit zuteil. Vorangetrieben durch beständige Forderungen nach Gebietsreformen und Profilschärfung in der Hoffnung auf internationale Konkurrenzfähigkeit, werden Möglichkeiten der politischen Steuerung auf regionaler Ebene ausgetestet und verglichen. Es werden neue Formen der Kooperation zwischen administrativen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren erprobt und neue Politikfelder für diese Ebene erschlossen.

Vor diesem Hintergrund beschäftige ich mich in meiner Bachelor-Arbeit mit den Möglichkeiten und Grenzen, die sich für eine Institutionalisierung von neuen Politikfeldern in einer solchen Kooperation auf intermediärer Ebene ergeben. Dies erfolgt anhand einer Fallstudie der Metropolregion Hamburg (MRH), die in ihrer trilateralen Kooperation zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg mit den angrenzenden Flächenländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen seit Anfang der 1990er Jahre besteht. Mit ihrer heutigen Organisationsstruktur als vertraglich geregelte Kooperation zwischen den Landesverwaltungen und den beteiligten Landkreisen der beiden Flächenländer stellt sie ein komplexes Beispiel für Metropolitan Governance jenseits des „Schattens der Hierarchie“ dar. Bezug nehmend auf die bestehenden Strukturen der Metropolregion Hamburg und der immer größeren Notwendigkeit von Klimaschutzpolitik auf allen Ebenen lauten die forschungsleitenden Fragen: Kann Klimaschutzpolitik in der Metropolregion Hamburg institutionalisiert werden? Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen für eine solche Institutionalisierung klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg?

Durch die Identifizierung der Möglichkeiten und Grenzen soll schließlich eine Skizzierung arbeitsfähiger Strukturen unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Klimaschutzpolitik und der bestehenden Strukturen erfolgen.

Um diese Untersuchung nicht zu komplex werden zu lassen, bediene ich mich bei der Bearbeitung der Fragestellung des akteurzentrierten Institutionalismus (a. I.) nach Renate Mayntz und Fritz Scharpf. Diese Forschungsheuristik orientiert sich an der Annahme, dass eine (politische) Entscheidung grundsätzlich durch die Interaktion der sich in einer Konstellation befindlichen (korporativen) Akteure in einer spezifischen Situation entsteht. Diese Faktoren sind zu einem beträchtlichen Teil durch den institutionellen Kontext vorgeprägt. Somit umfasst das Untersuchungsraster des a. I. die für eine politische Entscheidung relevanten Faktoren, die einer Institutionalisierung der Klimaschutzpolitik Grenzen setzen und Möglichkeiten eröffnen können.

Die notwendigen Informationen zur MRH stammen aus entsprechender Fachliteratur und politischen Strategiepapieren. Da die Thematik des Klimaschutzes in der Metropolregion Hamburg ein sehr aktuelles Thema ist, wird auch auf Beiträge der Tagespresse verwiesen. Zunächst wird der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus beschrieben und die ihn ausmachenden Faktoren genauer vorgestellt. Daran schließt sich eine Übertragung dieses Untersuchungsrasters auf das Fallbeispiel der Metropolregion Hamburg an. Zunächst wird die Handlungssituation beleuchtet und in dieser die Begründung für die thematische Auseinandersetzung gefunden. Dem folgen die Auswertung des institutionellen Kontexts und die daraus folgenden formalen Möglichkeiten einer Institutionalisierung von Klimaschutzpolitik. Aus der Beschreibung der Akteure, ihrer Konstellation und der daraus folgenden Interaktionsmöglichkeiten lassen sich die relevanten Handlungsfelder ableiten. Die abschließende Zusammenführung ergibt eine Übersicht und Auswertung der identifizierten Grenzen und Möglichkeiten einer Institutionalisierung klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg.

2 Der akteurzentrierte Institutionalismus

Die Fallstudie soll in ihrem Untersuchungsfokus dem Schema des akteurzentrierten Institutionalismus (a. I.) folgen. Dabei handelt es sich um einen Ansatz der politikwissenschaftlichen Policy-Analyse. Er wurde durch Renate Mayntz und Fritz Scharpf entwickelt. Ausdrücklich formulieren die beiden Autoren, dass es sich dabei nicht um ein Erklärungsmodell für Policy-Entscheidungen – „eine gegenstandsbezogene inhaltliche Theorie“ (Mayntz/ Scharpf 1995: 39) – handelt, sondern um eine Forschungsheuristik, mit deren Hilfe sich Fallstudien und Hypothesentests vornehmen lassen. Der Ansatz vereinfacht die Erhebung und Einordnung von empirischen Daten und gibt, ganz allgemein gesprochen, Hinweise für die Suche nach Erklärungen (vgl. Scharpf 2006: 75) mit besonderem Fokus auf das Zusammenwirken von Institutionen, Akteurshandeln und Politikergebnissen.

Der a. I. orientiert sich dabei an der Annahme, dass eine (politische) Entscheidung durch die Interaktion der sich in einer Konstellation befindlichen (korporativen) Akteure in einer Handlungssituation entsteht, wobei alle Faktoren durch den institutionellen Kontext bis zu einem gewissen Grad vorgegeben sind (vgl. Abb. 1). Mit dieser Konzentration auf fünf Faktoren, die an der Bildung einer Policy beteiligt sind, bietet der a. I. einen „Suchrahmen“, durch den die bedeutendsten Faktoren erfasst werden (vgl. Fürst 2001: 376).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das analytische Modell des akteurzentrierten Institutionalismus

Quelle: Mayntz/ Scharpf 1995: 45

Der a. I. erfasst politische Prozesse, die von den Interaktionen individueller und korporativer Akteure mit spezifischen Fähigkeiten und spezifischen kognitiven und normativen Orientierungen bestimmt werden. Diese finden in einem gegebenen institutionellen Kontext und unter den gegebenen Bedingungen der Politik-Umwelt statt (vgl. Scharpf 2006: 75). Damit vereint der Ansatz aus der politikwissenschaftlichen Policy-Analyse akteur- und systemtheoretische Herangehensweisen. Diese Besonderheit des Ansatzes beruht auf der Auffassung, dass es bei der Analyse politischer Prozesse zu keinem Widerspruch zwischen dem Untersuchungsgegenstand der Akteure und dem Untersuchungsgegenstand der Institutionen kommen muss, wie er bisher durch akteur- und systemzentrierte Theorien berücksichtigt wurde (vgl. Schimank 2000: 243ff.): Dem akteurzentrierten Institutionalismus liegt zudem die Annahme zugrunde, dass Akteure durch ihr Handeln Institutionen formen und ihre Handlungsmöglichkeiten, Wahrnehmungen und Präferenzen wiederum durch bereits existierende, jedoch wandelbare Institutionen weitgehend geprägt werden (vgl. Schultze 2006: 9). Damit werden Institutionen sowohl als abhängige als auch als unabhängige Variable betrachtet. Institutionen werden von Scharpf und Mayntz als formale und informelle Regelsysteme verstanden, die keine determinierende Wirkung auf die Akteure ausüben, sondern einen „stimulierenden, ermöglichenden, restringierenden Handlungskontext“ (Mayntz/Scharpf 1995: 43) für deren Interaktion bilden. Institutionen betonen Regelungsaspekte, die die Verteilung und Ausübung von Macht, die Definition von Zuständigkeiten, die Verfügung über Ressourcen sowie Autoritäts- und Abhängigkeitsverhältnisse betreffen (vgl. Mayntz/ Scharpf 1995: 40).

Der institutionelle Kontext wird im Rahmen des akteurzentrierten Institutionalismus auf jene Regelsysteme beschränkt, die als „wichtigste Einflüsse auf […] Akteure mit ihren Handlungsorientierungen und Fähigkeiten, Akteurkonstellationen und Interaktionsformen“ (Scharpf 2006: 78) betrachtet werden können. Mayntz und Scharpf geben eine Minimalklassifikation relevanter Regelungen vor, welche folgende Aufgaben erfüllen müssen:

- Festlegung von Relationen zwischen Akteuren (insbesondere Dominanz- und Abhängigkeitsbeziehungen)
- Festlegung von Verhaltens- und Verfahrensnormen für bestimmte Situationen
- Spezifizierung von Adressaten, die über finanzielle, rechtliche, personelle, technische und natürliche Ressourcen verfügen dürfen oder nicht dürfen
Darüber hinaus ist bei der Auswertung der institutionellen Regelungen zu beachten, dass durch diese
- korporative Akteure konstituiert
- Anlässe der Akteur-Interaktion definiert und
- Arenen geschaffen werden, in denen die Akteure zur Beratung oder Entscheidung unter institutionell bestimmten Entscheidungsregeln zusammentreffen (vgl. Mayntz/ Scharpf 1995: 47 f.; Scharpf 2006: 7).

Eine spezifische Handlungssituation dient als Hintergrund für die Interaktion und Entscheidung der Akteure. Um eine Entscheidung erklärbar zu machen, gilt es daher diese zu beschreiben. Eine Situation ist die handlungsrelevante, soziale und nichtsoziale Gegebenheiten umfassende Umwelt eines Akteurs. Die Erfassung der Handlungsrelevanz einer Situation für eine Kooperation wie der MRH erfordert die Analyse der Situation, wie sie sich für ein solches Politiknetzwerk darstellt (vgl. Mayntz/ Scharpf 1995: 58). Damit ist im Rahmen der Kooperation innerhalb der MRH nicht die ‚reale’ Situation[1] der Umwelt gemeint, sondern die von den Akteuren gemeinsam wahrgenommene. Dieser Wahrnehmung einer Handlungssituation kann ein Stimulus-Charakter innewohnen: Akteure sehen sich plötzlich mit bestimmten Chancen oder Problemen konfrontiert. Beispielsweise kann durch eine Entwicklung auf anderer politischer Ebene oder in einem anderen Sozialsystem ein Profil der Betroffenheit für diese Akteure entstehen. Auch institutionell kann ein solcher Stimulus erfolgen, z. B. durch eine Vereinbarung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in Kraft tritt. Ferner bieten Situationen situationsspezifische Handlungsoptionen, wie praktisch zugängliche Ressourcen oder gegebene Handlungsalternativen (ebd.: 58 ff.).

Die Handlungen der Akteure werden nicht ausschließlich über den institutionellen Kontext gebildet. Er „umschließt nicht alle Arten von Handlungen und handlungsrelevanten Faktoren, und er bestimmt auch dort, wo er gilt, Handlungen nicht vollständig“ (ebd.: 49). Dadurch werden die Akteure im akteurzentrierten Institutionalismus zunächst zwar als strategisch handelnd, aber nur begrenzt rational betrachtet. Sie sind umso mehr von dem institutionellen Kontext beeinflusst, da sie nicht als Individuen betrachtet werden, sondern als korporative Akteure, d. h. als „handlungsfähige, formal organisierte Personen-Mehrheiten, die über zentralisierte […] Handlungsressourcen verfügen, über deren Einsatz hierarchisch […] oder majoritär[…] entschieden werden kann“ (ebd.: 49). Die individuellen Akteure, die als Repräsentanten eines korporativen Akteurs handeln, werden im a. I. zur Vereinfachung der Untersuchung mit den korporativen Akteuren gleichgesetzt. Dabei werden sie über ihre Handlungsorientierungen, d. h. ihre Wahrnehmungen und Präferenzen, und ihre Fähigkeiten, d. h. ihre Handlungsressourcen charakterisiert.

Zu den Handlungsressourcen lassen sich Macht, Respekt, Rechtschaffenheit und Zuneigung sowie Wohlergehen, Reichtum, Können und Informiertheit zählen (vgl. Scharpf 2006: 95). Die Handlungsorientierungen sind dann von entscheidender Bedeutung, wenn der institutionelle Kontext Handlungsspielräume offen lässt. Die Wahrnehmungen beziehen sich auf die Handlungssituation, ihre kausalen Strukturen, ihre verfügbaren Handlungsoptionen und ihre erwartbaren Ergebnisse. Ähnliche Wahrnehmungen können als Voraussetzung für gemeinsames Handeln dienen (vgl. Mayntz/ Scharpf 1995: 52 f.). Präferenzen der Akteure setzen sich aus Interessen, Normen und Identitäten sowie ihren Interaktionsorientierungen zusammen (vgl. Scharpf 2006: 116), welche ebenfalls zu einem erheblichen Teil durch ihren institutionellen Rahmen vorgegeben werden (vgl. Mayntz/ Scharpf 1995: 43, 49 f.).

Da ein einzelner Akteur mit seinen Fähigkeiten, Wahrnehmungen und Präferenzen das Ergebnis eines politischen Prozesses nicht einseitig bestimmen kann, sondern dieses in der Interaktion mehrerer Akteure mit interdependenten Handlungsoptionen erzielt wird, betont Scharpf die Bedeutung von Akteurkonstellationen in politischen Prozessen, die die Interaktionen erst ermöglichen. Es ist die spezifische Akteurkonstellation aus der heraus eine Entscheidung gefällt wird, indem sich der Akteur darüber im Klaren wird, dass „er bestimmte Absichten nicht monologisch verfolgen kann, sondern auf die Koordination mit anderen angewiesen ist. […] Dieser Sachverhalt ruft auf Seiten der Akteure eine generelle Haltung des strategisch kalkulierenden Miteinanderumgehens hervor“ (Schimank 2000: 244). Im Scharpf’schen Sinne beschreibt eine Konstellation „die an einer Interaktion beteiligten Spieler, ihre Strategieoptionen, die mit verschiedenen Strategiekombinationen verbundenen Ergebnisse und die Präferenzen der Spieler in Bezug auf diese Ergebnisse“ (vgl. Scharpf 2006: 87). Scharpf verweist mit diesem Konstellationsbegriff auf Spiele der Spieltheorie, indem die Konfliktstruktur, die sich aus den Präferenzen der Akteure ergibt, typisierend beschrieben wird. Der spieltheoretischen Grobklassifikation folgend unterscheiden Mayntz und Scharpf zwischen Koordinationsspielen, Koordinationsspielen mit Verteilungskonflikten, Dilemmaspielen und Konfliktspielen. Die Akteurkonstellation ergibt sich durch das Ins-Verhältnis-Setzen der Machtverhältnisse zwischen den beteiligten Akteure, sowie dem Vergleich der Interaktionsorientierung der Akteure und der präferierten Handlungsmodi der Akteure.

Der institutionelle Kontext gibt auch Möglichkeiten der Akteurinteraktion weitgehend vor. Diese werden nicht statisch wie die Akteurkonstellationen betrachtet, sondern gelten als dynamisch (vgl. Scharpf 2006: 90 f.). Zu den Interaktionsformen zählt Scharpf einseitiges Handeln, Verhandlung, Mehrheitsentscheidung und hierarchische Steuerung (ebd.: 91). Diese Interaktionen unterscheiden sich in ihren Anforderungen an die Konfliktlösungsfähigkeit und den institutionellen Strukturen, durch die sie gestützt werden. Der institutionelle Kontext gibt bestimmte Möglichkeitsgrenzen für die Interaktionsform vor. In der folgenden Fallstudie muss demnach untersucht werden, welche institutionellen Strukturen gegeben sind und welche Form der Akteurinteraktion hier ermöglicht wird.

Neben der generellen Vereinfachung der Realität durch das reduzierende Untersuchungsraster erfolgt eine weitere Reduktion des Untersuchungsaufwands durch die analytische Hierarchisierung: Der Regel der abnehmenden Abstraktion folgend, muss „man nicht akteurbezogen erklären […], was institutionell erklärt werden kann“ (Mayntz/Scharpf 1995: 66). Erst wenn eine Entscheidung nicht anhand der relevanten Regelsysteme (Institutionen) zufriedenstellend erklärt werden kann, werden die Akteure und ihre Handlungsorientierungen eingehender untersucht. Wenn durch die verallgemeinernden Annahmen zu diesen Handlungsorientierungen die Entscheidung nicht erklärbar wird, wird darüber hinaus eine empirische Überprüfung notwendig. So wird der von Scharpf beschworene „totale Empirismus“ verhindert.

Diese Reduktion des Aufwands orientiert sich an einer „zufriedenstellenden Erklärung“. Dies ist hinsichtlich der folgenden Fallstudie erklärungsbedürftig: Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus ist in der Regel eine „Ex-Post-Analyse der Interaktionsformen, Akteurskonstellationen, Handlungs- und Entscheidungsmuster im Politikprozess“ (Schultze 2006: 9), das heißt, er dient zur Untersuchung bereits vollzogener Politik. Im Falle der Klimaschutzpolitik in der Metropolregion Hamburg jedoch geht es um eine Untersuchung der derzeitigen Gegebenheiten hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine noch nicht gefällte Entscheidung. Das Politikfeld Klimaschutz befindet sich innerhalb der MRH erst in der Entwicklung und diese ist nicht durch die bereits vollzogene Entscheidung eingegrenzt.

Welche Faktoren letztendlich relevant gewesen sind, sollte es zu einer verstärkten Thematisierung und schlussendlich zu einer Institutionalisierung von Klimaschutzpolitik innerhalb der MRH kommen, kann nicht vorausgesagt werden. Die politikwissenschaftlichen Vorerfahrungen mit dem Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus lassen jedoch die Annahme zu, dass die Faktoren des Untersuchungsrasters im Falle des Klimaschutzes in der MRH nicht unrelevant sein werden. Die Untersuchung des ermöglichenden oder behindernden Einflusses dieser genannten Faktoren auf eine Institutionalisierung von Klimaschutzpolitik erfolgt daher unter der Annahme, dass die hier benannten Faktoren eine Kooperation in der MRH im Feld der Klimaschutzpolitik grundsätzlich positiv oder negativ beeinflussen können (vgl. Benz/ Fürst 2003a: 35) und grundsätzlich zur Ausformung einer solchen Institutionalisierung beitragen. Mit dieser Annahme werden in der Fallstudie die genannten Faktoren für die Fallstudie der MRH untersucht. Dadurch eröffnet sich ein Möglichkeitsraum für eine Institutionalisierung klimaschutzpolitischer Arrangements innerhalb der MRH, der mit jedem weiteren untersuchten Faktor eingeengt wird. Die abschließende Annahme, dass ein Faktor bestimmte Einschränkungen für diesen Möglichkeitsraum vorgibt, erfolgt in der Studie meinem Wissensstand entsprechend und soll nicht als umfassende Prognose verstanden werden.

3 Möglichkeiten und Grenzen der Institutionalisierung Klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg

3.1 Die Handlungssituation

Die Handlungssituation, innerhalb der ein Politiknetzwerk eine Entscheidung fällt, beeinflusst die Wahrnehmungen und damit Präferenzen der beteiligten Akteure. Wie in Kapitel 2 beschrieben, umfasst die Handlungssituation handlungsrelevante, soziale und nichtsoziale Gegebenheiten der Umwelt, die diese Akteure umgibt. Im Folgenden soll diese handlungsrelevante Situation dargelegt werden, wie sie von den an der MRH beteiligten korporativen Akteuren wahrgenommen werden kann. Diese Deskription erhebt nicht den Anspruch, die reale Situation des hypothetisch allinformierten Beobachters wiederzugeben, vielmehr werden relevant erscheinende Auszüge als Ausgangssituation skizziert.

Zunächst wird daher der Vorgang der Regionalisierung behandelt, um daran anschließend die MRH als Untersuchungsgegenstand und Teilnehmer dieses nationalen Trends zu beschreiben. Darauf aufbauend wird die aktuelle Situation mit ihren Anforderungen für Klimaschutzpolitik in der MRH aufgeführt. Diese Skizze der Handlungssituation dient einerseits als Einordnung der Studie in den bestehenden Gesamtzusammenhang und ist gleichsam Teil der Studie selbst. Ziel ist es, die Probleme und Chancen dieser Ausgangssituation, das heißt jene Vorkommnisse zusammenzustellen, die für die Akteure als Stimulus zur Handlung im Sinne einer Klimaschutzpolitik innerhalb der MRH bewertet werden können.

3.1.1 Stimulus durch Regionalisierung

Die treibende Kraft einer Regionalisierung in Deutschland ist der Anspruch, insbesondere von Großstädten und ihrem Umland, konkurrenzfähige Wirtschaftsstandorte zu sein. Orientiert an wirtschaftlicher Konkurrenzfähigkeit werden Produktionscluster als Entwicklungsstrategien für Regionen angestrebt. Nicht länger sind Grundstückspreise und Gewerbesteuer allein ausschlaggebend für die Ansiedlung neuer Unternehmen. Fürst et al. betonen Faktoren wie die Infrastruktur im Raum, qualifizierte Arbeitskräfte, Zugang zu Forschungseinrichtungen und die Nähe zu Zulieferbetrieben als Merkmale konkurrenzfähiger Regionen. Auch Informations- und Kommunikationsbeziehungen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Kontakte zu Politik und Verwaltungen, eine Kultur der Kooperation und Identifikationsmöglichkeiten zählen sie dazu (Benz et al. 1999: 28 f.). Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, vernetzen sich viele Kommunen zu Kooperationen. So bündeln sie ihre Kompetenzen und können sich besser koordinieren. Diese Entwicklung auf kommunaler (regionaler) Ebene bewirkt ein Handeln auf übergeordneter politischer Ebene. Auch hier kann man eine Fokussierung auf die funktionalen Zusammenhänge des Raums beobachten. Die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) beschloss 1995, auch im Zuge der europäischen Integration, im Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen „Europäische Metropolregionen“ (EMR) in Deutschland auszuweisen und definiert den Funktionsraum der Europäischen Metropolregionen dort als

„räumliche und funktionale Standorte, deren herausragende Funktionen im internationalen Maßstab über die nationalen Grenzen hinweg ausstrahlen. Als Motoren dieser gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung sollen sie die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands und Europas erhalten und dazu beitragen, den europäischen Integrationsprozess zu beschleunigen“ (BRBS 1995: 27).

Heute haben in Deutschland elf Regionen diesen Status. Blotevogel konkretisiert diese funktionale Bedeutung von Metropolregion, indem er ihnen drei häufig zitierte Funktionen zuschreibt:

- Entscheidungs- und Kontrollfunktion (Regierung, Unternehmen, (supranationale) NGOs u. a. haben hier ihren Sitz)
- Innovations- und Wettbewerbsfunktion (Schaffung von Wissen, Einstellungen, Werten und Produkten durch Forschungs- und Kultureinrichtungen etc.)
- Gateway-Funktion (Zugang zu Menschen, Wissen und Märkten durch Verkehrsknoten, Medien, Messen etc.) (vgl. Blotevogel 2005: 644).

Auch die EU-Förderpolitik konzentriert sich in der Förderperiode 2007-2013 der Lissabon-Strategie stärker auf die funktionale Bedeutung von Regionen. Mit dem Ziel, die Europäische Union bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, zielt die Förderung auf Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie eine europäische territoriale Zusammenarbeit ab (vgl. Baumheier 2007: 33). Durch die Verschiebung der Förderziele von der Ausgleichsorientierung hin zu einer „Stärken-Stärken“-Orientierung ist die Förderprogrammatik inhaltlich mehr als zuvor auf Metropolregionen, als Funktionsräume ausgerichtet. Dennoch stellen Metropolregionen weiterhin keinen expliziten Fördertatbestand der EU-Förderpolitik dar (ebd.: 35 f.). Daraus ergibt sich ein Anreiz für Regionen, sich stärker als Interessenverband auf europäischer Ebene zu organisieren, was im Rahmen der METREX (Netzwerk Europäischer Ballungs- und Großräume) seit 1996 geschieht.

Der ihnen beigemessene Bedeutungszuwachs ist ein parallel stattfindender Vorgang der Weiterentwicklung der Steuerungsformen für diese neuen Raumeinheiten. Nicht nur hat jede Metropolregion ihre eigene (historisch bedingte) Raumstruktur – sie unterscheiden sich u. a. hinsichtlich ihrer Geografie, Wirtschafts- und Siedlungsstruktur – auch die Formen der Steuerung dieser funktionalen und räumlichen Einheiten, die „Regional Governance“-Formen,[2] variieren zwischen den Metropolregionen.

Die Metropolregion Hamburg als Untersuchungsgegenstand

Die Metropolregion Hamburg zählt seit 1995 zu den europäischen Metropolregionen (EMR) in Deutschland (Adam et al. 2005: 41) und ist 2006 der METREX beigetreten (vgl. URL MRH). Die Kooperation der Freien und Hansestadt Hamburg (HH) und der angrenzenden Flächenländer Niedersachsen (NI) und Schleswig-Holstein (SH) basiert auf einer jahrzehntelangen Tradition der gemeinsamen Landesplanung. und jeweils bilateralen Förderfonds, die zur Finanzierung von gemeinsamen Projekten dienen. Die Metropolregion Hamburg in ihrer heutigen Form beruht auf dem 1991 erstmalig vereinbarten Regionalen Entwicklungskonzept (REK) unter der trilateralen Trägerschaft der Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dieses wurde bis 2000 stufenweise inhaltlich und organisatorisch weiterentwickelt. Dabei kam es Schritt für Schritt zu einem umfangreicheren Themenkanon und einer ausgeprägteren Gremienstruktur (vgl. Feil 2005: 26 ff., Knieling 2006: 102). Das REK benennt die Kooperation als „freiwillig, gleichberechtigt, querschnitts- und umsetzungsorientiert“ (vgl. Feil 2005: 28). Mit dem Verwaltungsabkommen im Jahr 2005 wurden die beteiligten 14 Landkreise in die Trägerschaft der Metropolregion Hamburg aufgenommen. Diese sind auf niedersächsischer Seite die Landkreise Cuxhaven, Harburg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Rotenburg (Wümme), Soltau-Fallingbostel, Stade und Uelzen und auf schleswig-holsteinischer Seite die Kreise Dithmarschen, Herzogtum Lauenburg, Pinneberg, Segeberg, Steinburg und Stormarn (vgl. MRH 2005c) (siehe Abb. 2). Diese Auswahl basiert auf den existierenden funktionalen Verflechtungen durch Pendlerströme und Einzugsgebiete von Naherholungsgebieten, die sogar in geringerer Ausprägung noch über die beteiligten Gebiete hinausreichen (vgl. Diller/ Knieling 2003: 198).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit umfasst die Metropolregion heute eine Fläche von 18.800 km² und eine Bevölkerung von 4,3 Millionen Menschen (Diller/ Knieling 2003: 205; Knieling 2006: 101). Durch ihre monozentrische Ausrichtung mit der Freien und Hansestadt Hamburg als Zentrum und ihre Kooperation von Gebietskörperschaften über Bundeslandsgrenzen hinweg, stellt die Metropolregion Hamburg neben Bremen in Deutschland ein ungewöhnliches Beispiel für eine Kooperation ohne übergeordnete planerische Instanz dar. Die Metropolregion Hamburg besteht als Kooperation auf administrativer Ebene, wobei die kooperierenden Ebenen sowohl horizontal als auch vertikal angeordnet sind. Diese Mehrebenenproblematik macht die MRH auch zu einem sehr komplexen Beispiel von regionaler Kooperation: Hamburg ist letztlich ein einstufiger Stadtstaat, während die beiden Flächenländer mit ausdifferenzierten Zuständigkeiten organisiert sind und die Landkreise wiederum eigene Kompetenzbereiche haben (vgl. Diller/ Knieling 2003: 205). Dies stellt die Kooperation vor besondere Koordinationsprobleme, denen man durch die Herausbildung von entsprechenden Steuerungsformen auf der Basis der REK und des Verwaltungsabkommens zu begegnen versucht.

Aus dieser Ausgangsposition heraus hat sich in der Metropolregion Hamburg ein vergleichsweise lockerer politischer Steuerungsansatz gebildet. In einer vergleichenden Studie beschreibt Joachim Blatter die Metropolregion Hamburg als Steuerungsansatz, dem ein dramaturgisches Handeln innerhalb einer losen Kopplung zugrunde liegt. Dieses dramaturgische Handeln ist durch ein verstärktes Regionalmarketing und die Formung der „Marke Metropolregion Hamburg“ nach innen und nach außen gekennzeichnet. Auch die Projektorientierung verweist auf diesen Handlungstyp (vgl. Blatter 2005: 135). Durch die Umstrukturierung auf Basis des Verwaltungsabkommens 2005 würde die MRH in ihrer jetzigen Form nach Blatters Einordnung dem Handlungstyp der kommunikativen Steuerung mit fester Koppelung entsprechen: Die Beteiligung an allen Entscheidungen durch die in dem Vertrag vereinbarten Gremien ist freiwillig und die Beschlüsse rechtlich nicht bindend (ebd.: 128).

Die organisatorische und inhaltliche Ausrichtung der MRH hat sich in der Vergangenheit mit Unterbrechungen immer weiter gestärkt, die Zusammenarbeit innerhalb der MRH intensiviert und stärker institutionalisiert.[3] Dieser Trend wird sich, nach der Aussage verschiedener Regional- und Politikwissenschaftler, weiter fortsetzen (vgl. Scharpf/ Benz 1992, Diller/ Knieling 2003, Feil 2005). Es wird festgestellt, dass die MRH zum jetzigen Zeitpunkt schon relativ stabil ist, auch „gegenüber personellen Zufälligkeiten“, sie blieb im Verlauf der Jahre trotz Regierungswechsel innerhalb der Bundesländer bestehen (vgl. Diller/ Knieling 2003: 203). Die inhaltliche Arbeit innerhalb einiger der zahlreichen Themenfelder wird sogar als erfolgreich betrachtet: So werden das Regionalmarketing, die Ausweitung des HVV (ÖPNV) in die angrenzenden Landkreise von Hamburg, Projekte im Themenfeld Naturhaushalt und Naherholung zu den Themen der Kooperation gezählt, in denen große Fortschritte erzielt wurden (vgl. Diller/Knieling 2003: 201; Feil 2005).

Diese bearbeiteten Politikfelder unterliegen ebenfalls einer anhaltenden Veränderung und Weiterentwicklung im Verlauf der Kooperation. Zum jetzigen Zeitpunkt rückt das Politikfeld des Klimaschutzes in den Fokus der Diskussion um die zukünftige Weiterentwicklung der MRH. Um diesen Trend mit seinen Ansprüchen nachvollziehen zu können, wird folgend Klimaschutz als politisches Handlungsfeld und insbesondere als Handlungsfeld der Metropolregion Hamburg beleuchtet.

3.1.2 Weitere Stimuli für Klimaschutz in der MRH

Dass Klimaschutz als Politikfeld der Metropolregion überhaupt diskutiert werden kann, beruht auf der zuvor beschriebenen Existenz der MRH an sich. Ein breites Spektrum von handlungsrelevanten Begründungen wird nachfolgend aufgeführt, die sich verschiedenen Dimensionen zuordnen lassen. Neben der sozial-ethischen Perspektive des Klimaschutzes, werden regionsegoistische Perspektiven, die Mehrebenenperspektive und schließlich eine funktionale Perspektive identifiziert. Diese lassen Klimaschutzpolitik in der MRH nicht als eine Zwangsläufigkeit erscheinen, sondern konkretisieren die handlungsrelevante Situation, wie sie sich für die beteiligten Akteure darstellen muss.

Sozial-ethische Begründung

In der Diskussion um Klimaschutz innerhalb der Metropolregion Hamburg lässt sich eine ethische Ebene erkennen, die in der Argumentation dem Verursacherprinzip und dem ihm zugrunde liegenden Gerechtigkeitsgedanken folgt. Das Verursacherprinzip ist ein ökonomischer Grundsatz, dem zufolge „der Verursacher eines Schadens für die Schadensbeseitigung und die Vermeidung künftiger gleichursächlicher Schäden [finanziell] geradestehen muss“ (Schmidt 2004: 760). Dem liegt ein Gerechtigkeitsverständnis zugrunde, dass derjenige, der Schaden verursacht, diesen Schaden zu verantworten hat und weiteren Schaden vermeiden muss.

Aus diesem Prinzip folgt, dass die funktionale Einheit der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrem Umland als Mit-Verursacherin eines menschgemachten Treibhauseffekts, der weltweit Auswirkungen hat, die dieser Einheit zuschreibbaren Emissionen zu verantworten hat.

Die Verstädterung der letzten 200 Jahre ging einher mit zunehmenden Treibhausgasemissionen. 80 Prozent der heutigen Treibhausgase werden von Städten emittiert (vgl. URL UN-Habitat). Diese Beobachtung bedeutet nicht, dass der Klimawandel direkt durch die Urbanisierung angetrieben wurde, vielmehr sind beide Beobachtungen Anzeichen für einen grundlegenden Wandel des menschlichen Lebensstils, der sich im Konsum- und Produktionsverhalten in städtischen Ballungsgebieten und einer Abhängigkeit von der Verbrennung fossiler Brennstoffe äußert. Die daraus entstehenden Schäden müssen jedoch, dem Verursacherprinzip getreu, kompensiert und zukünftig verhindert werden.

Urbane Ballungsräume wie die Metropolregion Hamburg sind durch die hohe Dichte von Industrieunternehmen und ihrer Funktion als Knotenpunkte von Transportnetzen Großemittenten von CO2.[4] So gab laut der Verursacherbilanzen des Landesarbeitskreises Energiebilanzen die Freie und Hansestadt Hamburg im Jahr 2005 17,8 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre ab, wobei ein Drittel auf die Industrie entfielen, ein Viertel auf den Verkehr und 42 Prozent auf die Haushalte. Um die besondere Sachlage für Ballungsräume zu verdeutlichen, werden diese Zahlen mit der Emissionsverteilung des Flächenlands Thüringen im selben Jahr verglichen. Dessen Emissionen waren mit 17,2 Millionen Tonnen ähnlich hoch. Zum Vergleich entfielen hier aber nur ein Viertel der Emissionen auf die Industrie, ein Viertel auf den Verkehr und 50 Prozent auf die privaten Haushalte, Gewerbe und Handel (vgl. Tab. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Emissions-Vergleich zwischen Hamburg und Thüringen

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis URL LAK-Energiebilanzen

Durch den Vergleich wird deutlich, dass in Hamburg die Emissionen zu ein Drittel durch die industriellen Betriebe entstehen. Obwohl zunächst die Annahme logisch erscheint, dass das Mobilitätsverhalten in einem Flächenland zu mehr Emissionen führt als in einem Stadtstaat, entfielen auf den Verkehr in Hamburg mehr Emissionen als in Thüringen. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl sind dies 2,6 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr, während es in Thüringen 1,8 Tonnen pro Jahr und Einwohner waren (vgl. URL LAK Energiebilanzen). Dieser Unterschied lässt sich durch den verstärkten Güter- und Pendlerverkehr auf dem hamburger Gebiet erklären. Dieser Vergleich entlastet das Flächenland nicht von der Verantwortung, THG-reduzierende Maßnahmen zu ergreifen, betont jedoch die Bereiche, in denen Ballungsräumen eine besondere Verantwortung zukommt. Durch den Vergleich zu lichter besiedelten, ländlichen Regionen werden hier die besonderen Problemfelder zentraler Ballungsräume deutlich. Diese sind eine intensive Wirtschaftstätigkeit und das Mobilitätsverhalten, insbesondere in Form des Güterverkehrs, und die durch sie bedingten THG-Emissionen (vgl. Girardet 2007: 181 f.).

Durch die dem staatlichen und kommunalen System zugewiesenen Aufgaben der Verwaltung und Bewältigung von Ordnungs- und Koordinationsproblemen (vgl. Schmidt 2004: 539) im Sinne des Gemeinwohls ergibt sich eine ethisch-politische Verpflichtung, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Rahmenbedingungen zu schaffen, um CO2-Emissionen zu mindern. Als Verursacherin dieser Schäden ist die räumliche Einheit der MRH und die hier eingesetzten politisches Einheiten für eine Verhinderung weiterer Schäden verantwortlich.

Regionsegoistische Begründung

Nicht nur durch Mit-Verursachung des anthropogen verursachten Klimawandels ergibt sich ein Stimulus zur Minderung von CO2-Emissionen: In den nordwestdeutschen Bundesländern werden Folgen des klimatischen Wandels erwartet, die in zahlreichen Studien festgehalten wurden. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts erarbeitete auf der Grundlage der IPCC-Szenarien des anthropogenen Treibhausgas-Ausstoßes[5] regionale Klimaszenarien für die deutschen Hauptklimaregionen. Für das nordwestdeutsche Tiefland ergaben sich Änderungen bei verschiedenen Wetterparametern: Die Tagesmitteltemperatur wird bis 2070 mit zunehmendem Abstand zur Küste je nach Szenario 2 oder 2,5 Kelvin zunehmen. Der Niederschlag im Sommer wird sich im selben Zeitraum entlang der Elbmündung um bis zu 25 % reduzieren, während die Niederschläge im Winterhalbjahr um bis zu 25 Prozent zunehmen. Im Raum Hamburg liegt diese Zunahme bei 5 bis 15 Prozent. Aus diesen Wetteränderungen wird die Annahme abgeleitet, dass die Zahl der Eis- und Frosttage deutlich abnehmen und Tropennächte bzw. Tage mit Temperaturen über 30 Grad Celsius leicht zunehmen (vgl. Spekat/ Enke/ Kreienkamp 2007: 72 f.).

Die direkten klimatischen Folgen, die für Hamburg und sein Umland prognostiziert werden, sind zunächst nicht als negativ zu betrachten. Eine andere Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes spricht Nordwestdeutschland, dem auch große Teile der Metropolregion Hamburg angehören, keine große Vulnerabilität aufgrund der klimawandelbedingten Temperatur- und Wetteränderungen zu. Zu groß ist der dämpfende Effekt des ozeanischen Einflusses auf die Region. Es wird sogar vermutet, dass der Temperaturanstieg sich positiv auf Land- und Forstwirtschaft sowie auf den Tourismus auswirken könnten (vgl. Zebisch et al. 2005: 167).

Die Elbe-Hochwasser in den Jahren 2002 und 2006 haben jedoch gezeigt, dass klimatische Veränderungen in anderen Regionen des Bundesgebietes negative Auswirkungen auf die Elb-Regionen haben können: Durch Starkniederschläge schwoll die Elbe so stark an, dass es im Gebiet entlang des Flussverlaufs zu Überschwemmungen kam, von denen auch Teile der Metropolregion Hamburg betroffen waren (vgl. Puffahrt 2006).

Nicht nur die Binnengewässer stellen für die Metropolregion Hamburg eine Bedrohung dar. Der prognostizierte Anstieg des Meeresspiegels der südlichen und östlichen Nordsee wird mit bis zu 80 cm bis zum Ende des 21. Jahrhunderts beziffert. Diese Prognose basiert auf der Annahme eines 40-cm-Anstiegs des mittleren Wasserstands und eines Anstiegs der windgebundenen Hochwasserstände um 30 bis 40 cm, die der Verstärkung der Windgeschwindigkeiten verschuldet sind. Nicht nur der Wasserstand wird sich erhöhen, sondern auch die Häufigkeit von Extremwasserständen (vgl. Storch 2005: 242 f.). Dieser Anstieg wird Folgen für Strömungsmuster und -geschwindigkeiten und somit auch für die Sicherheit bzw. Zuverlässigkeit des Küstenschutzsystems haben. Wird der Küstenschutz dem Risiko entsprechend nicht angepasst, drohen erhebliche ökonomische und ökologische Folgen für die Küstenregionen durch Erosion von Küstengebieten, höhere Sturmfluten und Versalzung von Grundwasser (vgl. Sterr 2007: 94 ff.; Schuchardt/ Schirmer 2007: 93 ff.). Um Schaden durch mögliche Auswirkungen des klimatischen Wandels abzuwenden und im Eigeninteresse der Metropolregion Hamburg entsteht ein politischer Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf umfasst Adaptionsstrategien wie Deicherhöhungen, welche für ihre Wirksamkeit in Abstimmung mit allen betroffenen Anrainergebieten erfolgen müssen. Aus der zuvor beschriebenen Verantwortung sind Limitationsstrategien und eine Minderung der CO2-Emissionen ebenfalls zu erwägen (vgl. Loske 1997: 70).

Begründung durch Mehrebenenstruktur

Zu den ethischen und regionsegoistischen Begründungen von Klimaschutzpolitik in der MRH gesellen sich Ereignisse auf anderen politischen Ebenen, die möglicherweise Auswirkungen auf die Region haben könnten. Sie dienen besonders für die administrative Ebene der Gebietskörperschaften, die an der MRH beteiligt sind, als Orientierung. Diese sind innerhalb des Mehrebenensystems einer Weisungshierarchie ausgesetzt. Betrachtet werden daher relevante Vorgänge in der internationalen, europäischen und der bundesdeutschen Klimaschutzpolitik.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2020 die jährlichen CO2-Emissionen um 30 Prozent zum Basisjahr 1990 zu reduzieren, wenn die EU-Staatengemeinschaft sich auf eine EU-weite Reduktion um 20 Prozent einigt. Dieses Ziel ist im Klimapaket von der EU-Kommission Anfang 2008 verabschiedet worden (vgl. EU-Kommission 2007). Folgen diesem Beispiel andere Industriestaaten, wird die EU eine Reduktion ihrer CO2-Emissionen um 30 Prozent und die BRD eine Reduktion um 40 Prozent anstreben (vgl. BMU 2007: 2). Diese Zielangaben werden als gute strategische Ausgangsposition für die internationalen Verhandlungen über ein Nachfolgedokument des Kyoto-Protokolls betrachtet. Deutschland und Europa werden – wenn diese Minderungsziele tatsächlich umgesetzt werden – international die Funktion der Schrittmacher einnehmen (vgl. Bals 2008: 7).

Diese Zielsetzungen lassen sich nicht einzig und allein auf der Basis von nationaler Politik erreichen, sondern verlangen die Beteiligung und Unterstützung durch Länder und Kommunen, wie in der Einleitung zum integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung gefordert wird (vgl. Bundesregierung 2007: 4). Diese Forderung wird vermehrt erhoben und spiegelt sich auch in der Förderpolitik des BMU im Rahmen der Klimaschutzinitiative wider: 280 Mio. Euro stehen aus dem Handel mit Emissionszertifikaten zur Förderung von Projekten von Unternehmen, Kommunen und Einzelpersonen bereit (vgl. URL BMU Klimaschutzinitiative). Dennoch bleibt zu berücksichtigen, dass Klimaschutzpolitik zum jetzigen Zeitpunkt keine verpflichtende Aufgabe für Länder und Kommunen darstellt und diese selbst entscheiden können, ob und wie sie im Klimaschutz aktiv werden (vgl. Bulkeley/ Kern 2006: 2240). Mit den Bundesförderungen werden Anreize gesetzt. Die Verabschiedung des ersten Klimapakets und die darin festgelegte verstärkte Förderung von Energien aus Wind und Biomasse sind Signale, die auch auf regionaler Ebene aus Standort-Egoismen heraus Interesse wecken dürften (vgl. Die Zeit 06.06.2008). Die im zweiten Klimapaket vorgesehene Novellierung der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) erfordert Bewusstsein und Kontrolle auf kommunaler Ebene (vgl. Die Zeit 13.06.2008). Im Falle des notwendigen Klimaschutzes werden Vorgaben zur Emissionsreduktion und dem Anteil erneuerbarer Energien auf internationaler und nationaler Ebene getroffen, müssen jedoch vor Ort dezentral umgesetzt und kontrolliert werden (vgl. Binswanger/ Wepler 1994: 424 ff.).

Der notwendigen Beteiligung der Länder und Kommunen an einer Klimaschutzpolitik liegt der Gedanke des Subsidiaritätsprinzips zugrunde, dass „einer Regelung auf höherer Ebene nicht bedarf, was auf unterer Ebene gleich gut oder besser geregelt werden kann“ (Loske 1997: 120 f.). Das Subsidiaritätsprinzip soll zu einer Kompetenzaufteilung und -abgrenzung nach oben führen, die das Ziel der Handlungsfähigkeit der politischen Steuerung und somit der Wirksamkeit – im Sinne von Effektivität – und der Effizienz des politischen Handelns erreichbar machen (vgl. Hilz 2002). Es ist davon auszugehen, dass die unteren politischen Ebenen jeweils genauere Informationen zu Geschehnissen vor Ort haben und auch besser die Präferenzen ihrer Bewohner einschätzen können als übergeordnete Ebenen dies könnten, die für viele solcher Subeinheiten zuständig sind.

Die Aufgabe der Emissionsreduktion sollte dann auf regionaler Ebene koordiniert werden, wenn sich daraus ein Mehrwert ergibt gegenüber einer Steuerung auf kommunaler oder staatlicher Ebene. Laut Baumheier sollte eine Metropolregion im günstigsten Falle „diejenigen Felder abdecken, in denen auf [ihr] übergeordneter Ebene ein Mehrwert erzielt werden kann, ohne dass sie in Konkurrenz zu den teilräumlichen Kooperationen gerät“ (Baumheier 2007: 56).

Räumlich-funktionale Begründung

Schließlich wird ein klimaschutzpolitisches Handeln auf metropolregionaler Ebene auch räumlich-funktional begründet. Dazu wird betrachtet, in welchen Bereichen regionale Koordinationsprobleme durch die administrativen Grenzen auftreten und welche Handlungsfelder gleichzeitig der Zielerreichung der Emissions-Minderung behilflich sein können.

Laut Benz und Fürst herrscht „unter Praktikern Konsens“ darüber, welche Aufgaben regionale Aufgaben bezeichnen (vgl. Benz/ Fürst 2003b: 208). Diese wären:

- Siedlungsentwicklung
- Freiraumsicherung
- Wirtschaftförderung (Bildung regionaler Cluster, Regional-Marketing)
- Bedarfsplanung für öffentliche Güter: Verkehr, Energie, Wasser, Krankenhäuser, Berufschulen
- Entsorgungs- insbesondere Abfallwirtschaft
- Großprojekte der Infrastruktur, z. B. Flughäfen (vgl. auch Diller/ Knieling 2003: 206)

Dies bestätigt eine Studie von Scharpf und Benz für die funktionalen Beziehungen zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein: Diese heben als Koordinationsprobleme der Stadt-Umland-Beziehung insbesondere die Siedlungsentwicklung, die Zerlegung des Lohnsteueraufkommens, das Nahverkehrsnetz und die Verkehrsinfrastruktur, die Abfallbeseitigung, den Umwelt- und Naturschutz und die Energiepolitik, aber auch die Hochschulpolitik und Forschungseinrichtungen hervor (vgl. Scharpf/ Benz 1992: 35-57).

Dem entsprechen die Handlungsfelder, die auf kommunaler Ebene als klimarelevant betrachtet werden. Zu diesen werden in aller Regel die Energieversorgung, das Abfallmanagement, Frisch- und Abwasserversorgung, Bauen und Wohnen und die Verkehrsplanung (Individualverkehr, ÖPNV, Gütertransport) gezählt (vgl. Bulkeley/ Kern 2006: 2243).

Die Studien zu Reduktionspotenzialen von Kohlenstoffdioxid-Emissionen konzentrieren sich auf die Gesellschaftsbereiche Transport/ Verkehr, Wohnen, Industrie und Landwirtschaft (vgl. McKinsey 2007, McKinsey 2008). Dabei lassen sich die oben genannten regionalen Handlungsfelder in den gesellschaftlichen Bereichen wiederfinden. Die so genannten drei „E’s“, der Einsatz erneuerbare Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die grundsätzliche Einsparung von Energie durch Verhaltensänderungen sind Strategien, die man innerhalb der oben genannten gesellschaftlichen Bereiche einsetzen kann. Die Förderung des Strategie-Einsatzes liegt in der Verantwortung der entsprechenden politischen Ebene.

[...]


[1] Mit der realen Situation meinen Mayntz und Scharpf die von einem hypothetisch allinformierten Beobachter wahrgenommene (vgl. Janning/ Schneider 2006: 95).

[2] Hier wird der Regional-Governance-Begriff nach Dietrich Fürst als „schwach institutionalisierte, eher netzwerkartige Kooperationsform regionaler Akteure für Aufgaben der Regionalentwicklung“ (Fürst 2001: 370) verstanden. Marco Pütz widmet sich in seiner Studie zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung in der Metropolregion München auch dem Diskurs zur Regional Governance und ihrer theoretisch-konzeptionellen Grundlagen. Eine ausgeprägtere Differenzierung des Begriffs soll an dieser Stelle nicht erfolgen, der Verweis auf Pütz soll genügen (vgl. Pütz 2004: 33 ff.).

[3] Die heutige Organisationsstruktur der MRH wird im Kapitel 3.2. zum institutionellen Kontext detailliert dargestellt.

[4] Die Fokussierung auf Kohlenstoffdioxid als Treibhausgas rührt im Rahmen dieser Arbeit daher, dass CO2 als die Hauptursache für den anthropogen verursachten Klimawandel betrachtet wird (vgl. IPCC 2007: 2 f.) und als Referenzwert für die anderen THG dient. Methan und Lachgas sind in der aktuellen öffentlichen Diskussion sicherlich bisher vernachlässigt worden, durch ihren Ursprung in der Landwirtschaft spielen sie für urbane Ballungsräume jedoch nur eine untergeordnete Rolle und werden daher in dieser Fallstudie nicht weiter behandelt.

[5] Eine genaue Erläuterung der IPCC-SRES-Szenarien und ihre Unsicherheiten erfolgt bei IPCC 2008: 46; Zebisch et al. 2005: 22 ff. und Storch 2005: 241 ff.)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783842828520
Dateigröße
637 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Fakultät III - Umwelt und Technik, Studiengang Umweltwissenschaften
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,3
Schlagworte
metropolregion klimaschutz hamburg akteurzentrierter institutionalismus
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Titel: Klimaschutz in Metropolregionen: Möglichkeiten und Grenzen klimaschutzpolitischer Arrangements in der Metropolregion Hamburg
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