Untersuchung des Potenzials von Biomethan als Erdgassubstitut
Zusammenfassung
Untersuchungsgegenstand, Methodik und Ziel:
Bis heute beruht der Großteil der bereitgestellten Endenergie auf fossilen Energieträgern. In den letzten Jahren wurde sich jedoch verstärkt mit den Problemen dieser Energieträger beschäftigt. So nahm man sich ihre Endlichkeit und ihre negativen Umweltauswirkungen zum Anlass, Alternativen zu finden, mit deren Hilfe eine Chance auf Kompensation dieser Nachteile besteht. Hauptaugenmerk liegt demnach stets darauf, nachhaltige, also erneuerbare und umweltfreundliche Energiequellen zu erschließen. Neben der altbekannten Nutzung von Wind- und Wasserkraft haben sich im Bereich regenerativer Energien auch die Photovoltaik und die Energie aus Biomasse etabliert. Vor allem Biomasse bietet zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten und großen Spielraum für innovative Verwertungspfade. Neben der klassischen Verbrennung von Feststoffen hat sich so auch die vorgelagerte Umwandlung in flüssige und gasförmige Energieträger bewährt. Ein Pfad für die Bereitstellung der Energie aus gasförmiger Biomasse ist die Erzeugung von Biogas bzw. Bio-SNG mit anschließender Aufbereitung zu Biomethan, das als solches ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Im Zuge dieser Arbeit wird geklärt, wie und in welchem Maße es hierdurch das konventionell genutzte Erdgas ersetzen könnte. Es soll zudem die Frage beantwortet werden, ob eine Umwandlung von Biogas bzw. Bio-SNG zu Biomethan unter ökonomischen sowie ökologischen Aspekten lohnenswert ist und inwieweit eine Substitution von Erdgas unter den gegebenen technischen, aber auch rechtlichen Rahmenbedingungen möglich ist.
Um sich in die Thematik einzufinden und die Problemstellung zu erkennen, wird in Kapitel zwei der Arbeit das mit gewissen Nachteilen behaftete, fossile Erdgas beleuchtet. Hierbei wird auf seine fehlende Nachhaltigkeit, seine Umweltverträglichkeit und die mit Erdgas verbundene Importabhängigkeit Deutschlands eingegangen. Auch wird das Problem der Ölpreisbindung aufgegriffen. Zudem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Zielsetzungen für alternative Energieträger aus erneuerbaren Quellen sowie die Rolle von Biomethan in diesem Kontext erläutert.
Zum Zweck der Definition des Untersuchungsgegenstandes befasst sich Kapitel drei mit den Beschaffungsmechanismen für Biomasse, der Erzeugung von Biomethan über die bio-chemische anaerobe Fermentation und die thermo-chemische Vergasung sowie den Absatzmärkten dieses Gases. Die Beschreibung der beiden […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand, Methodik und Ziel
2 Grundlagen
2.1 Erdgas als Energieträger
2.2 Wachsende Relevanz erneuerbarer Energien
3 Die Wertschöpfungskette Biomethan
3.1 Beschaffung von Substraten und Festbrennstoffen
3.2 Erzeugung von Biomethan
3.2.1 Gewinnung und Aufbereitung von Biogas
3.2.2 Bio-SNG Synthese durch Vergasung
3.3 Biomethandistribution
3.3.1 Einspeisung ins Erdgasnetz
3.3.2 Biomethan auf dem Strom- und Wärmemarkt
3.3.3 Biomethan als Kraftstoff
4 Potenzial von Biomethan
4.1 Annuitätenmethode
4.2 Methode der Ökobilanzierung
4.3 Technisches Potenzial
4.4 Politische Rahmenbedingungen
5 Fazit und Zukunftsaussichten
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: CO2- Emissionen fossiler Energieträger in kg CO2/kWh Brennstoffeinsatz
Abbildung 2.2: Volatilität und Abhängigkeit von Heizöl- und Erdgaspreisen
Abbildung 2.3: Anteile der Energie aus Biomasse an der Endenergiebereitstellung
Abbildung 3.1: Referenzpfade von Biogassubstraten
Abbildung 3.2: Referenzpfade von Festbrennstoffen im mittelfristigen Anlagenkonzept
Abbildung 3.3: Referenzpfade von Festbrennstoffen im langfristigen Anlagenkonzept
Abbildung 3.4: Prozessstufen der Biogasherstellung
Abbildung 3.5: Grobaufbau von Festbett-, Wirbelbett- und Flugstromvergasern
Abbildung 3.6: Erdgasnetz und Untergrundspeicher Deutschland
Abbildung 4.1: Kalkulationsmodell der dynamischen Annuitätenmethode
Abbildung 4.2: Biomethangestehungskosten der unterschiedlichen Referenzkonzepte
Abbildung 4.3: Vergleich von Biokraftstoffgestehungskosten
Abbildung 4.4: Well to Wheel-Kosten für Biomethan und Erdgas
Abbildung 4.5: THG- Emissionen Blockheizkraftwerk
Abbildung 4.6: THG- Emissionen Gas- und Dampfheizkraftwerk
Abbildung 4.7: kumulierter nicht erneuerbarer Energieverbrauch Blockheizkraftwerk
Abbildung 4.8: kumulierter nicht erneuerbarer Energieverbrauch Gas-Dampfheizkraftwerk
Abbildung 4.9: Technisches Biomethanpotenzial
Abbildung 4.10: Entwicklung der Anzahl von Biomethananlagen
Abbildung 4.11: Flächenerträge und Potenzial von Energiepflanzen
Abbildung 4.12: Einheitlicher Bonus für BHKWs verschiedener Leistungsklassen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand, Methodik und Ziel
Bis heute beruht der Großteil der bereitgestellten Endenergie auf fossilen Energieträgern. In den letzten Jahren wurde sich jedoch verstärkt mit den Problemen dieser Energieträger beschäftigt. So nahm man sich ihre Endlichkeit und ihre negativen Umweltauswirkungen zum Anlass, Alternativen zu finden, mit deren Hilfe eine Chance auf Kompensation dieser Nachteile besteht. Hauptaugenmerk liegt demnach stets darauf, nachhaltige, also erneuerbare und umweltfreundliche Energiequellen zu erschließen. Neben der altbekannten Nutzung von Wind- und Wasserkraft haben sich im Bereich regenerativer Energien auch die Photovoltaik und die Energie aus Biomasse etabliert.[1] Vor allem Biomasse bietet zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten und großen Spielraum für innovative Verwertungspfade. Neben der klassischen Verbrennung von Feststoffen hat sich so auch die vorgelagerte Umwandlung in flüssige und gasförmige Energieträger bewährt.[2] Ein Pfad für die Bereitstellung der Energie aus gasförmiger Biomasse ist die Erzeugung von Biogas bzw. Bio-SNG mit anschließender Aufbereitung zu Biomethan, das als solches ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Im Zuge dieser Arbeit wird geklärt, wie und in welchem Maße es hierdurch das konventionell genutzte Erdgas ersetzen könnte. Es soll zudem die Frage beantwortet werden, ob eine Umwandlung von Biogas bzw. Bio-SNG zu Biomethan unter ökonomischen sowie ökologischen Aspekten lohnenswert ist und inwieweit eine Substitution von Erdgas unter den gegebenen technischen, aber auch rechtlichen Rahmenbedingungen möglich ist.
Um sich in die Thematik einzufinden und die Problemstellung zu erkennen, wird in Kapitel zwei der Arbeit das mit gewissen Nachteilen behaftete, fossile Erdgas beleuchtet. Hierbei wird auf seine fehlende Nachhaltigkeit, seine Umweltverträglichkeit und die mit Erdgas verbundene Importabhängigkeit Deutschlands eingegangen. Auch wird das Problem der Ölpreisbindung aufgegriffen. Zudem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Zielsetzungen für alternative Energieträger aus erneuerbaren Quellen sowie die Rolle von Biomethan in diesem Kontext erläutert.
Zum Zweck der Definition des Untersuchungsgegenstandes befasst sich Kapitel drei mit den Beschaffungsmechanismen für Biomasse, der Erzeugung von Biomethan über die bio-chemische anaerobe Fermentation und die thermo-chemische Vergasung sowie den Absatzmärkten dieses Gases. Die Beschreibung der beiden Bereitstellungspfade beginnt hierbei mit den wesentlichsten Prozessen der Beschaffung von Biogassubstraten und SNG-Festbrennstoffen. Die Erläuterung der Produktion von Biomethan mittels bio-chemischem Verfahren beschränkt sich größtenteils auf die Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität. Die Gewinnung von Biomethan mittels thermo-chemischer Konversion wird ausführlicher beschrieben, sodass hier neben dem Aufbereitungsverfahren auch anlagentechnische Beispiele für die Konversion, das heißt die Vergasung, erklärt werden. Zuletzt wird in diesem Kapitel auf die Biomethan Einspeisung und die drei Absatzmärkte für Biomethan eingegangen.
In Kapitel vier der Arbeit soll das Potenzial von Biomethan als Erdgassubstitut aufgezeigt werden. Zwecks ökonomischer Beleuchtung werden zunächst die mittels Annuitätenmethode ermittelten Gestehungskosten von Biomethan mit dem Erdgaspreis verglichen. Zudem werden die ökologischen Auswirkungen von Biomethan durch eine Ökobilanzierung für diverse Verwertungspfade von Biomethan und Erdgas aufgezeigt. Für die Ermittlung der Treibhausgasemissionen und der nicht erneuerbaren kumulierten Energieverbräuche von Blockheizkraftwerken sowie Gas- und Dampfheizkraftwerken wurde die Ökobilanzierungssoftware GEMIS verwendet, die vom Institut für angewandte Ökologie bereitgestellt wird. Um die Umweltauswirkungen der beiden Gase zu vergleichen, werden auch hier die Ergebnisse gegenübergestellt. Nach Betrachtung der ökonomischen und ökologischen Aspekte, wird das technische Potenzial von Biomethan analysiert. Unter Berücksichtigung dieser drei Untersuchungsansätze werden anschließend Optimierungsmöglichkeiten abgeleitet, die zu einer erfolgreichen Marktetablierung von Biomethan beisteuern könnten.
Kapitel fünf widmet sich den politischen Rahmenbedingungen für Biomethan, die wesentlichen Einfluss auf die aktuelle und zukünftige Rolle von Biomethan in der Energiewirtschaft haben. Es werden Fördermechanismen und Problemstellungen für den Wärme-, Strom- und Kraftstoffmarkt erläutert, um die aktuelle Situation und eventuellen Handlungsbedarf aufzuzeigen.
Im sechsten und letzten Kapitel der Arbeit wird ein auf der vorgenommenen Untersuchung basierendes Fazit gezogen. Zudem werden mögliche Zukunftsaussichten für das Potenzial von Biomethan als Erdgassubstitut beschrieben.
Ziel der Arbeit ist es, den Stand, die Entwicklung und die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung und Nutzung von Biomethan auf dem derzeitigen und zukünftigen Energiemarkt zu ermitteln und so die Perspektiven und das Potenzial von Biomethan als Erdgassubstitut zu verdeutlichen.
2 Grundlagen
2.1 Erdgas als Energieträger
Unter dem Begriff Energieträger werden jene Stoffe zusammengefasst, welche in der Lage sind, physikalische Arbeit zu leisten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Primär- und Sekundärenergieträgern. Während Primärenergieträger, wie z.B. Steinkohle, Mineralöl oder Erdgas, in ihrer ursprünglichen Form in der Natur vorkommen, lassen sich die für den Endverbraucher nutzbaren Sekundärenergieträger nur durch entsprechende Aufbereitungsverfahren gewinnen. Beispiele für derartige Energieträger sind Kraftstoffe, Heizöl oder elektrischer Strom. Aber auch Erdgas, das in seiner chemischen Zusammensetzung oft stark variiert, kann durch diverse Verfahren in Brennwert homogenes Erdgas gewandelt werden und auf diese Weise als Sekundärenergieträger dienen. Erst wenn diese Homogenität und somit auch eine einfache Einsetzbarkeit gewährleistet ist, ist die Energie aus Erdgas für den Endnutzer geeignet bzw. zugänglich.[3]
Erdgas ist ein gasförmiger Energieträger, der zum größten Teil aus oxidierbaren chemischen Substanzen besteht. Für die Energieerzeugung essenziell und im Erdgas mengenmäßig am stärksten vertreten ist das brennbare Gas Methan (CH4). Anhand des Methangehaltes wird das Erdgas auch in niederkalorisches Low-Gas (80%-87%) und hochkalorisches High-Gas (87%-99%) unterteilt. Durch den höheren Methananteil weist das High-Gas neben einem gesteigerten Energiegehalt auch geringere Mengen an Kohlenstoffdioxid und Stickstoff auf, was sich bei einem Einsatz als Brennstoff positiv auf die CO2-Emissionen auswirkt.[4] Erweitert man diesen Vergleich auf die anderen fossilen Energieträger, so zeigt sich, dass Erdgas im Brennstoffeinsatz die geringsten CO2-Emissionen verursacht (Abbildung 2.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: CO2- Emissionen fossiler Energieträger in kg CO2/kWh Brennstoffeinsatz
Quelle: [Bayerngas]
Aber wie alle fossilen Energieträger hat auch Erdgas zwei entscheidende Nachteile. Der erste Nachteil besteht darin, dass auch vergleichsweise geringe CO2-Emissionen, wie sie Erdgas aufweist, den Treibhauseffekt fördern. Eine Verbrennung hat somit, wie auch bei den anderen fossilen Energieträgern, negative Auswirkungen auf die Umwelt. Der zweite Nachteil liegt in seiner Endlichkeit. Dieser Nachteil kann bei Betrachtung der weltweiten Erdgasreserven zwar relativiert werden, da die gegenwärtig förderbaren Reserven noch eine statistische Reichweite von 60 Jahren aufweisen, aber speziell für Deutschland spielt die Tatsache, dass seine zurzeit noch vorhandenen Erdgasreserven früher oder später aufgebraucht sein werden, eine große Rolle.[5] Grund hierfür sind die im Vergleich zu anderen Ländern geringen Reserven und Ressourcen an Erdgas.[6] Zudem sind in Deutschland in den letzten Jahren sowohl die gesicherten Reserven als auch die Produktion von Erdgas zurückgegangen, wohingegen der Verbrauch, wenn man einmal von den Krisenjahren 2008 bzw. 2009 absieht, stetig anstieg.[7] Dieses Bild wird durch eine Veröffentlichung des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie untermauert. Während für Deutschlands sichere und wahrscheinliche Erdgasreserven am 1. Januar 2009 noch eine statistische Reichweite von 12 Jahren geschätzt wurde, ergab diese Schätzung ein Jahr später nur noch eine Reichweite von 10,5 Jahren.[8] Zu erwähnen ist jedoch, dass Deutschland nur einen kleinen Anteil seines Erdgasbedarfes durch inländisches Gas deckt und somit nur in geringem Maße auf diese Reserven angewiesen ist. So waren es im Jahr 2009 beispielsweise nur 13% der Gesamtnachfrage, die durch eigenes Erdgas befriedigt wurden.[9] Große Teile kamen und kommen via Pipeline oder LNG-Transport aus Ländern wie Russland, Norwegen oder den Niederlanden. Das heißt, Deutschland weist für den Energieträger Erdgas eine hohe Importabhängigkeit auf. Im Falle eines vollständigen Verbrauchs der eigenen Reserven müsste, bei gleichbleibendem Erdgasverbrauch, eine Substitution dieses Anteils durch eine entsprechende Erweiterung der Erdgasimporte stattfinden. Die Folge wäre, dass Deutschland vollständig auf Gas aus anderen Ländern angewiesen wäre.
Ein weiteres Problem von Erdgas ist seine Bindung an den Roh- bzw. Heizölpreis. Die Ölpreisbindung ist zwar nicht gesetzlich verankert, kann aber als eine Art internationale brancheninterne Vereinbarung zwischen ausländischen Produzenten und europäischen Importeuren verstanden werden. Sie wurde in den 1960er Jahren eingeführt und diente ursprünglich dazu, eine Marktverdrängung von Öl durch Erdgas zu verhindern. Denn da bei der Ergründung von neuen Ölquellen oft auch Erdgasvorkommen gefunden wurden, waren die Gasproduzenten meist Ölförderer. Durch die erwähnte Bindung des Erdgaspreises an den Ölpreis vermieden sie also, sich selbst Konkurrenz zu machen.[10]
Um den Sachverhalt der Preisbindung näher zu erläutern, soll der betroffene Markt beleuchtet werden. Grundsätzlich besteht dieser aus zwei Teilmärkten. Der erste Teilmarkt ist der Erdgas-Importmarkt, auf dem die staatlichen und privaten Produktionsgesellschaften auf der einen und die Import- und Ferngasgesellschaften auf der anderen Seite agieren. Der zweite Teilmarkt ist der nationale Erdgas-Weiterverteiler-Markt, auf dem die Import- und Ferngasgesellschaften wiederum regionalen oder lokalen Verteilunternehmen gegenüberstehen. Die Parteien des Erdgas-Importmarktes schließen in der Regel langfristige Verträge (Take-or- Pay Verträge), in denen sich die Import- und Ferngasgesellschaften verpflichten müssen, auch im Fall einer Nichtabnahme einen gewissen Prozentsatz des Beschaffungspreises zu zahlen. Was die Bestimmung des Preises anbelangt, so enthalten die Verträge oft Regelungen in Form von Preisgleitklauseln. Durch diese Klauseln fließt für gewöhnlich der Öl- bzw. Heizölpreis in den Erdgaspreis mit ein. Folglich führt eine Erhöhung des Ölpreises, mit einer gewissen Verzögerung, auch zu einer Erhöhung des Erdgaspreises. Die langfristigen Verträge sichern der Produktionsgesellschaft zwar ihren Absatz, aber weil die Preise von zukünftigen Marktbewegungen abhängig sind, trägt sie als Exporteur auch das Preisrisiko. Umgekehrt verhält es sich mit den Import- und Ferngasgesellschaften. Für sie besteht das Risiko, die abgenommenen Mengen nicht absetzen zu können. Dieses Risiko wird jedoch insofern reduziert, als das der Preis des Erdgases durch die eben erläuterten Preisgleitklauseln an das Roh- bzw. Heizöl gebunden ist und so nicht durch selbiges vom Markt verdrängt werden kann. Langfristige Verträge mit Preisgleitklauseln sind aber nicht nur auf diesem Teilmarkt, sondern auch auf dem Erdgas-Weiterverteiler-Markt und zum Teil sogar zwischen Gasversorgern und Verbrauchern üblich.[11]
Die Alternative zu den langfristigen Verträgen ist der Spot- oder Terminhandel, bei dem die beschriebenen Risiken entfallen. Geschäfte auf dem Spot- und Terminmarkt haben vor allem seit Ende des Jahres 2008 an Bedeutung gewonnen. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Europa durch die Rezession und den einhergehenden Nachfragerückgang ein Überangebot an Erdgas, wodurch eine Entkoppelung der Spot- bzw. Terminmarktpreise von den ölpreisabhängigen Preisen der Take-or-Pay Verträge stattfand. Weil die Preise des Spot- und Terminmarktes nun niedriger waren, stieg sowohl das Handelsvolumen als auch die Relevanz europäischer Gashubs.[12] Hinzukommt, dass der Bundesgerichtshof Karlsruhe im März 2010 die Preisgleitklauseln in Verträgen zwischen Gasversorgern und Verbrauchern aufgrund mangelnder Transparenz für ungültig erklärte. Hierdurch gelang es, bezüglich der Preisbildung von Erdgas einen ersten Schritt in Richtung freie Marktwirtschaft zu tätigen. Die übrigen Marktteilnehmer sind von diesem Beschluss jedoch nicht betroffen, was dazu führt, dass die langfristigen Verträge mit Preisgleitklauseln hier nach wie vor dominieren und die Preise für Erdgas so weiterhin von den Roh- bzw. Heizölpreisen abhängen.[13] In der Folge bedeutet das, dass zum Beispiel politische Instabilitäten in den ölexportierenden Ländern oder ein starker Dollar den Erdgaspreis in die Höhe treiben können, obwohl er hiervon eigentlich gar nicht tangiert werden würde. Doch weil diese Abhängigkeit besteht, weist der Erdgaspreis, so wie der Ölpreis, eine sehr starke Volatilität auf. Dass der Ölpreis sehr hohen Schwankungen unterliegt, wird vor allem deutlich, wenn man den Zeitraum 2007 bis 2010 in Abbildung 2.2 betrachtet. Bei einem Vergleich dieser durch Take-or-Pay Verträge zustande kommenden Preise und den Preisen auf dem Spot- bzw. Terminmarkt fällt zudem auf, dass vor allem der Preis des Spotmarktes nach wie vor deutlich unter dem Preis liegt, der den langfristigen Verträgen zugrunde liegt.[14] Dies weist darauf hin, dass der durch die Ölpreisbindung festgelegte Erdgaspreis scheinbar nicht allzu viel mit einem Preis gemeinsam hat, der durch einen „freien Markt“ zustande kommen könnte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Volatilität und Abhängigkeit von Heizöl- und Erdgaspreisen
Quelle: [fastenergy]
2.2 Wachsende Relevanz erneuerbarer Energien
Um den im vorangehenden Unterkapitel erläuterten Nachteilen von fossilen Energieträgern zu begegnen, beschäftigt sich die Bundesregierung schon seit geraumer Zeit mit dem Thema der regenerativen Energien. Eine gesetzliche Verankerung fand zum ersten Mal mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 statt, in dem Stromversorger zur Abnahme und Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen verpflichtet wurden. Abgelöst wurde dieses Gesetz im Jahr 2000 von dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG), das in den Jahren 2004 und 2009 novelliert wurde. Aus den Gesetzen wird ersichtlich, dass sich das EEG seit der Novellierung im Jahr 2004 speziell auf den Strombereich bezieht.[15] Das Ziel des Gesetzes blieb aber im Wesentlichen das gleiche, nämlich „[…] im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, volkswirtschaftliche Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern.“[16] Dass bezüglich dieses Ziels durchaus Erfolge verzeichnet werden können, lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass sowohl die quantifizierten Zielvorstellungen des EEG aus dem Jahr 2000 als auch die des Jahres 2004 früher als gedacht erfüllt wurden. So verdoppelte sich der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch, wie im EEG 2000 gefordert, bereits im Jahr 2006. Auch der im EEG 2004 vorgesehene 12,5% Anteil von erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch, der ursprünglich erst 2010 erreicht werden sollte, wurde schon im Jahr 2007 erreicht.[17] Das der veranschlagte Anteil am gesamten Stromverbrauch für das Jahr 2020 von 20% im EEG 2004 auf mindestens 30% im EEG 2009 erhöht wurde, ist ein weiteres Indiz für eine gewisse Zuversicht bezüglich des Potenzials regenerativer Energien.[18]
Seit Anfang 2009 wurden Forderungen des EEG, die im Zusammenhang mit der Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien stehen, in das Erneuerbare Energien Wärmegesetz separiert. Das EEWärmeG sieht für das Jahr 2020 eine Wärmebereitstellung aus regenerativen Energien von 14% vor.[19] Bei einer Wachstumsrate von etwa 123% (1999-2009) und einem Anteil von 8,8% im Jahr 2009 scheint die Erreichung dieses Ziels nicht unrealistisch.[20]
Zu den erneuerbaren Energien, die durch das EEG gefördert werden sollen, gehören neben Windenergie, Solarenergie, Wasserkraft und Geothermie auch die Energie aus Biomasse. Mit einem Gesamtanteil von fast 70% an der im Jahr 2009 durch erneuerbare Energien bereitgestellten Endenergie, kann Biomasse durchaus als wichtigster erneuerbarer Energieträger Deutschlands bezeichnet werden. Hervorzuheben ist auch seine Vielseitigkeit. Während beispielsweise Wind- oder Wasserkraft nur zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt werden können, ist die in fester, flüssiger und gasförmiger Form vorkommende Biomasse neben der Stromerzeugung auch zur Erzeugung von Wärme und für die Verwendung als Kraftstoff geeignet. Abbildung 2.3 zeigt die verschiedenen Anteile von Energie aus Biomasse anhand dieser Einsatzbereiche. Zwar lag der Beitrag biogener Kraftstoffe zur Endenergiebereitstellung im Jahr 2009 bei 13,8%, aber ihr Anteil am gesamten Kraftstoffverbrauch nur 5,5% aus.[21] In diesem Zusammenhang gibt es neben dem EEG noch weitere Vorgaben, die ausschließlich den Kraftstoffsektor betreffen. So fordert die Europäische Union mit der Richtlinie 2009/28/EG und 2009/30/EG für das Jahr 2020 neben einer Steigerung dieses Anteils von 5,5% auf 10% eine gleichzeitige Reduzierung der im Verkehrssektor entstehenden Treibhausgase um bis zu 10%.[22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Anteile der Energie aus Biomasse an der Endenergiebereitstellung
Quelle: [Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 2009 (c)]
Für die Energiegewinnung aus Biomasse war vor allem die Novellierung des EEG im Jahr 2004 von großer Bedeutung, weil sie unter anderem Subventionen für den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen einführte. Um von dem Nawaro-Bonus profitieren zu können, erforderte es jedoch gewisse Umgestaltungen. Denn während Biomasseheizwerke seit jeher mit nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Stroh oder Getreide Energie erzeugen, stellten sich bei den Biogasanlagen, die auch Gülle, Mist und Bioabfälle zur Energieerzeugung nutzten, völlig neue technische und biologische Anforderungen an die Anlagentechnik und Prozessführung.[23]
Doch war dies nicht die einzige Herausforderung für die Gewinnung von Energie durch Biogasanlagen. Die Energieerzeugung über die Verwertung von Biogas erfolgt durch sogenannte Blockheizkraftwerke. In diesen wird es mithilfe von Verbrennungsmotoren über einen Generator in elektrischen Strom gewandelt und ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Im Fall der Verstromung ist es somit möglich, die entstandene Energie zu transportieren. Anders verhält es sich mit der bei der Verbrennung parallel entstehenden Wärme, die zum einen durch die Wasserkühlung des Verbrennungsmotors und zum anderen durch die Kühlung der heißen Abgase mittels Wärmetauscher nutzbar gemacht wird. Aufgrund der hohen Verluste beim Transport der Wärme, kann diese nur zum Heizen von nahegelegenen Wohnhäusern oder dem Fermenter der Biogasanlage genutzt werden.[24] Die bereitgestellte Wärme kann jedoch an den Produktionsstandorten bzw. in deren Nähe nur selten vollständig ausgenutzt werden. Um Biogas für die Wärmebereitstellung auch ortsungebunden nutzen zu können, musste ein Weg gefunden werden, den Ort der Biogasherstellung vom Ort des Wärmeabsatzes zu entkoppeln.
Energie aus Biomasse ist aufgrund ihrer Vielfältigkeit und ihrem CO2-Reduktionspotenzial essenziell für die Verwirklichung der Ziele der Bundesregierung und der EU. Speziell eine standortunabhängige Nutzung von Biogas trägt großes Potenzial in sich. So könnten mithilfe der Substitution von Erdgas durch Biogas sowohl die Emissionen, die bei der Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken und beim Heizen mit Erdgasheizkesseln entstehen, als auch die Emissionen, die von Erdgasautos verursacht werden, wesentlich gemindert werden. Da mit dem vorhandenen Erdgasnetz bereits eine adäquate Infrastruktur für den Transport von Gas gegeben ist, liegt eine Einspeisung von Biogas in dieses Netz nahe. Um das konventionelle Biogas einspeisen zu können und es so über lange Distanzen transportieren zu können, muss es jedoch zunächst durch aufwendige Aufbereitungsverfahren auf Erdgasqualität gebracht werden. Das Biogas wird im Zuge der Aufbereitung unter anderem einer Methananreicherung unterzogen. Aus diesem Grund wird aufbereitetes, einspeisefähiges Biogas in der Regel als Biomethan bezeichnet.[25] In den folgenden Ausführungen wird ebenfalls dieser Begriff verwendet.
3 Die Wertschöpfungskette Biomethan
Um den Untersuchungsgegenstand der Arbeit zu definieren und die zugrunde liegenden Kontextfaktoren zu beleuchten, befassen sich die folgenden Kapitel mit der Wertschöpfungskette Biomethan. Das Gas kann grundsätzlich über zwei Verfahren zur Verfügung gestellt werden. Über die bio-chemische anaerobe Fermentation von Substraten und die thermo-chemische Vergasung von Festbrennstoffen. In den folgenden Abschnitten werden die drei betrieblichen Funktionen Beschaffung, Produktion und Absatz für beide Verfahren beleuchtet.[26]
3.1 Beschaffung von Substraten und Festbrennstoffen
Aufgrund der dezentralen Aufkommensstruktur von Biomasse, die einer zum Teil dezentralen und zum Teil zentralen Abnehmerstruktur gegenüber steht, spielt die Biomasselogistik in Bezug auf die gesamte Bereitstellungskette von Biomethan eine wichtige Rolle. Dabei werden unter dem Begriff Biomasselogistik alle Tätigkeiten subsumiert, die der Verfügbarmachung eines Substrates für das bio-chemische Verfahren oder der eines Brennstoffs für das thermo-chemische Verfahren dienen.[27]
Sowohl in der Biomasselogistik als auch in der Produktion haben sich für die Biogas- und Bio-SNG Anlagen kurz-, mittel-, und langfristige Referenzkonzepte entwickelt, für die sich folgende Bezeichnungen etabliert haben:
- BG-2010-NAWARO/GUE-5 MW-1/2
- BG-2020-NAWARO/ABF/GUE-10 MW-1/2
- BG-2030-NAWARO/ABF/GUE-10 MW-1/2
- SNG-2010-WRH-22 MW-1/2
- SNG-2020-KUP/WRH/STR-75/77 MW-1/2
- SNG-2030-KUP/WRH/STR-380/293 MW-1/2[28]
Die Benennung setzt sich im Grunde aus dem Anlagentyp, dem Einführungsjahr des Konzeptes, den Einsatzstoffen und dem Leistungsoutput zusammen. Zuletzt dient die Kennzeichnung mit der Zahl 1 oder 2 dazu, zwei bei diesem Konzept mögliche Produktionspfade voneinander abzugrenzen. In Kapitel 4 der Arbeit werden diese Bezeichnungen für die kurz-, mittel- und langfristigen Konzepte wieder aufgegriffen, um sie hinsichtlich ihrer ökonomischen Aspekte zu vergleichen. Anhand der Referenzkonzepte wird deutlich, dass bei der Biomethanherstellung unterschiedliche Bereitstellungsobjekte Verwendung finden. Während Biogasanlagen mit Substraten wie nachwachsenden Rohstoffen, Gülle und Abfällen arbeiten, kommen bei Bio-SNG Anlagen Festbrennstoffe wie Waldrestholz, Holz von Kurzumtriebsplantagen und Stroh zum Einsatz. Entsprechend der Diversität der Einsatzstoffe weist die Biomasselogistik verschiedene Beschaffungsvorgänge auf. Wie sich diese Vorgänge im Fall von Gülle (R1), nachwachsenden Rohstoffen (R2), Abfällen (R3) und Getreide (R4) zusammensetzen, zeigt Abbildung 3.1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Referenzpfade von Biogassubstraten
Quelle: [Müller- Langer et al. 2009]
Wie die Referenzpfade R2 und R4 zeigen, erfolgt die Ernte von landwirtschaftlichen Pflanzen für die Biomethanherstellung durch konventionelle Erntemaschinen. Die nachwachsenden Rohstoffe werden bei der Ernte gehäckselt und anschließend siliert, um adäquat gelagert werden zu können. Bei Bedarf werden sie dann mittels LKW in die Silagevorratsbunker der Biogasanlagen transportiert, in denen sie bis zu ihrer Verwendung lagern. Bei Getreide entfällt der Häckselprozess, sodass dieses sofort eingelagert werden kann, bis es via LKW zum Getreidevorratsbunker der Konversionsanlagen gefahren wird. Da für landwirtschaftliche und industrielle Abfälle bereits eine Entsorgungsinfrastruktur besteht, wird diese für die Bereitstellung der Einsatzstoffe genutzt. Die für die Biomethanherstellung genutzte Gülle wird demnach vor Ort in ein Güllelager geleitet. Um sie weiter zu transportieren, wird sie mithilfe einer stationären Pumpe in einen Tankwagen befördert, den ein Lkw dann zu dem Güllevorratslager der Biogasanlagen fährt. Vergleichsweise einfach gestaltet sich die Logistik bei industriellen Abfällen. Diese werden wie üblich in einem Container gesammelt und anschließend mit dem LKW zur Konversionsanlage transportiert, wo sie zusammen mit dem Getreide in dessen Vorratsbunker gelagert werden. Die Vorratslager der Biogasanlagen weisen in der Regel Kapazitäten für einen Zeitraum von drei bis fünf Tagen auf. Sie sind so gestaltet, dass die gelagerten Substrate keine Qualitätsverluste erleiden und den jeweiligen Anforderungen der Biogasanlagen entsprechen.[29]
Um einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen, muss eine stetige Belieferung mit Substraten gewährleistet sein. Während Gülle und Abfälle zu diesem Zweck das ganze Jahr verfügbar sind, kann die Ernte von Energiepflanzen nur in einem bestimmten Zeitraum erfolgen. Da diese bei der Herstellung von Biomethan den überwiegenden Anteil der Biogassubstrate ausmachen, ist eine ausgereifte Lagerinfrastruktur, die eine ganzjährige Substratversorgung ermöglicht, unabdingbar. Weil Biogassubstrate eine relativ geringe Energiedichte pro Volumeneinheit aufweisen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Biomasselogistik die Transportwürdigkeit der verschiedenen Substrate. So können feste Einsatzstoffe derzeit bis zu 150 km mit dem Lkw transportiert werden, wohingegen der Transport flüssiger Einsatzstoffe schon ab einer Distanz von 20 km unwirtschaftlich wird, weil der Transportkostenanteil zu stark ansteigen würde.[30]
Bei den biogenen Festbrennstoffen unterscheiden sich die Konzepte nicht nur durch verschiedenartige Einsatzstoffe, wie es bei den Biogassubstraten der Fall ist. Die kurz-, mittel- und langfristigen Konzepte der Bio-SNG Anlagen weisen untereinander, für die gleichen Brennstoffe, jeweils andere logistische Ausgestaltungen und zeitliche Ausrichtungen der Prozessschritte auf.
Im kurzfristigen Konzept der Bio-SNG Anlagen wird ausschließlich Waldrestholz in Form von Kronen- und Schwachholz als Einsatzstoff genutzt. Dieses wird nach einer ausreichenden Lagerdauer mittels Hacker konditioniert, der die Hackschnitzel anschließend in einen Hakenliftcontainer (Wechselbehälter) einbläst. Hierdurch können die Standzeiten der Container- LKWs, die die Hackschnitzel in das Vorratslager der Konversionsanlage transportieren, minimiert werden. Sofern die Witterung es erlaubt, ist die Verfügbarkeit von Waldrestholz, im Gegensatz zu den nachwachsenden Rohstoffe und dem Getreide für die bio-chemische anaerobe Fermentation, das ganze Jahr gegeben. Wichtig ist jedoch, dass das Waldrestholz gewissen quantitativen und qualitative Ansprüchen der Bio-SNG Anlagen genügt. So weisen Waldhackschnitzel oft Wassergehalte von bis zu 40% auf, während für die Konversion Gehalte von 15%-20% optimal wären. Auch sollten die Hackschnitzel gleiche Längen, einen geringen Rinden- und Nadelanteil und niedrige Verschmutzungsgrade aufweisen.[31]
In dem mittelfristigen Konzept kommen neben Waldrestholz (R1) auch Holz aus Kurzumtriebsplantagen (R2) und Stroh zum Einsatz. Der Beschaffungsvorgang für Waldrestholz zum Zwischenlager, entspricht dem des kurzfristigen Konzeptes zum Vorratslager. Im mittelfristigen Konzept wird der Referenzpfad dann aber um einen Transport via Bahn erweitert, um dem erhöhten Bedarf an Festbrennstoffen gerecht werden zu können.[32] Aus dem offenen Kastenwagen der Bahn werden die Hackschnitzel dann durch eine Bodenentleerung über eine Schüttgosse in das Vorratslager der Bio-SNG Anlage befördert. Für das Holz aus Kurzumtriebsplantagen ergibt sich bis zum Zwischenlager eine andere Bereitstellungskette. Nachdem das Holz mithilfe eines vollautomatischen Feldhäckslers schon während der Ernte gehäckselt wird, kann ein Lkw Sattelkipper die Holzschnitzel sofort zum Zwischenlager transportieren. Ab hier gilt für Holz aus Kurzumtriebsplantagen dann der gleiche Referenzpfad wie für Waldrestholz. Abbildung 3.2 veranschaulicht die Referenzpfade des mittelfristigen Konzepts für Waldrestholz und Holz aus Kurzumtriebsplantagen. Ebenfalls sind die Beschaffungsvorgänge für Stroh im mittel- und langfristigen Konzept ersichtlich.[33]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.2: Referenzpfade von Festbrennstoffen im mittelfristigen Anlagenkonzept
Quelle: [Müller- Langer et al. 2009]
Die Bereitstellung von Stroh an das Zwischenlager erfolgt in beiden Konzepten auf die gleiche Art und Weise. Das Stroh wird wegen seiner geringen Energiedichte gepresst und gebündelt, um es dann via LKW an das Zwischenlager zu liefern. Von dort aus wird es dann mit der Bahn (mittelfristiges Konzept) oder mit dem Motorgüterschiff (langfristiges Konzept) zum Vorratslager der Bio-SNG Anlage transportiert, wo es mit einem Kran entladen wird.[34]
Im langfristigen Anlagenkonzept sind in Bezug auf Waldrestholz (R2) und Holz aus Kurzumtriebsplantagen (R4) die Referenzpfade des mittelfristigen Konzepts wiederzufinden. Diese werden jedoch jeweils um einen Bereitstellungspfad via Motorgüterschiff ergänzt (R1 und R3), um eine überregionale Bereitstellung von Biomasse zu ermöglichen.[35] Der Beschaffungsvorgang der beiden Festbrennstoffe bleibt in diesen Pfaden bis zum Zwischenlager der gleiche. Nach der Zwischenlagerung wird das Waldrestholz und das Holz aus Kurzumtriebsplantagen jedoch in ein Motorgüterschiff verladen. An der Konversionsanlage wird es dann mittels Endladekran auf ein Förderband geladen, das im Vorratslager der Anlage mündet. Zur Verdeutlichung sind die Referenzpfade des langfristigen Konzepts in Abbildung 3.3 dargestellt. Um die höheren Umschlags- und Bereitstellungsmengen, die durch einen Güterschifftransport erreicht werden können, zu ermöglichen, ist es jedoch von großer Bedeutung die Lagerstrukturen entsprechend anzupassen.[36]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.3: Referenzpfade von Festbrennstoffen im langfristigen Anlagenkonzept
Quelle: [Müller- Langer et al. 2009]
3.2 Erzeugung von Biomethan
Während sich die Gewinnung von Biomethan durch die Aufbereitung von Biogas aus der bio-chemischen anaeroben Fermentation bereits etabliert hat, ist eine konventionelle Nutzung der thermo-chemischen Vergasung erst im Jahr 2015 zu erwarten. Dennoch werden derzeit schon Demonstrationsanlagen betrieben, die das bedeutende Potenzial dieses Produktionsverfahrens fundieren, sodass im Folgenden beide Verfahren berücksichtigt werden.[37]
3.2.1 Gewinnung und Aufbereitung von Biogas
Da das Herstellungsverfahren für Biogas über die anaerobe Fermentation bereits seit vielen Jahren praktiziert wird, wird es an dieser Stelle nur kurz beschrieben. Die Zersetzung von Biomasse und die damit verbundene Erzeugung von Biogas ist durch anaerobe Stoffwechselvorgänge bedingt, die von Mikroorganismen hervorgerufen werden. Grundsätzlich läuft der Vergärungsprozess in den vier Schritten Hydrolyse, Versäuerung, Essigsäurebildung und Methanbildung ab, die sich bezüglich der beteiligten Bakterien unterscheiden. Weil Mikroorganismen die biologische Grundlage für die Biogas- bzw. Biomethangewinnung bilden, orientiert sich die technische Ausgestaltung der Prozesse stark daran, optimale Lebensbedingungen für diese zu schaffen.
[...]
[1] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (a).
[2] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (b).
[3] Vgl. Wirtschaftslexikon Gabler.
[4] Vgl. Energie Agentur NRW.
[5] Vgl. Bischof 2008, S. 111.
[6] Vgl. BP p.l.c., S. 22.
[7] Vgl. BP p.l.c., S. 24-29.
[8] Vgl. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie 2010, S. 4.
[9] Vgl. Kroneberg, Boehnke 2010, S. 43.
[10] Vgl. Verivox (a).
[11] Vgl. Erdmann, Zweifel 2008, S. 234-236.
[12] Vgl. Kroneberg, Boehnke 2010, S. 40.
[13] Vgl. Verivox (b).
[14] Vgl. Kroneberg, Boehnke 2010, S. 41-43.
[15] Vgl. Energiewissen.
[16] Bundesministerium der Justiz, Juris GmbH.
[17] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (c) 2009, S.7.
[18] Vgl. Bundesgesetzblatt online.
[19] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (d).
[20] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (c) 2009, S.7.
[21] Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (c) 2009, S.4.
[22] Vgl. Deutsche Energie-Agentur GmbH 2010 (a).
[23] Vgl. Weiland 2009, S. 14.
[24] Vgl. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (a) 2009, S. 12-13.
[25] Vgl. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (a) 2009, S. 13-14.
[26] Vgl. Müller- Langer et al. 2008, S. 12.
[27] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 14.
[28] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 15-17.
[29] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 16-17.
[30] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 17.
[31] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 18.
[32] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 23.
[33] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 19.
[34] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 19-20.
[35] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 23.
[36] Vgl. Müller- Langer et al. 2009, S. 20-21.
[37] Vgl. Müller- Langer et al. 2008, S. 12.