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Angebotsprozess, Preiskalkulation, Wirtschaftlichkeitsberechnung

Entwicklung einer methodischen Vorgehensweise bei komplexen Industrieprojekten

©2008 Masterarbeit 227 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Automobilindustrie ist heute weltweit einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Auch in Deutschland spielt sie mit einem Umsatz von knapp 230 Mrd. Euro und mehr als 770.000 Beschäftigten eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben. Jedoch haben die Auswirkungen der Globalisierung die Automobilindustrie erfasst. In den letzten Jahrzehnten haben sich dramatische Konzentrationsbewegungen auf Seiten der OEM’s ergeben. Gab es 1964 noch 52 selbständige Hersteller, so hat sich deren Zahl bis heute auf 12 unabhängige Konzerne reduziert und weitere Zusammenschlüsse sind zu erwarten. Auch bei den Zulieferunternehmen zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Auch hier wird sich die Zahl der Anbieter von weltweit 5.500 im Jahr 2002 auf ca. 850 im Jahr 2015 praktisch halbieren. Die deutschen Automobilhersteller und deren Zulieferer müssen sich also verstärkt anstrengen, um im internationalen Wettbewerb nicht weiter zurückzufallen. Das professionelle Management von Fahrzeugprojekten über die gesamte Wert-schöpfungskette hinweg wird dabei zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Dies beginnt bereits vor der Umsetzung eines Auftrages. Angebote werden heute häufig zu eigen-ständigen komplexen Projekten, die nicht mehr von einer Person bearbeitet werden kön-nen, sondern ein Projektteam aus unterschiedlichen Fachbereichen notwendig ist. Die Erstellung einer Kalkulation wird zu einer umfangreichen analytischen Aufgabe, die alle Bereiche des Managements in der Konzeption umfasst. Gerade in dieser Phase entscheiden sich neue Aufträge. Die Unternehmen sind gezwungen, Instrumente, Werkzeuge sowie Prozessabläufe zu initiieren, um mit dem Daten- und Zahlenwerk die Angebotsbearbeitung und vor allem die Projektkalkulation erfolgreich zum Ziel zu führen. Gerade die Genauigkeit dieser Kalkulation ist entscheidend für den Erhalt des Auftrages und für den Erfolg des späteren Projektes. Die vorliegende Arbeit hat diese Zielstellung zum Thema. Anhand eines Industrieprojektes aus der Automobilindustrie, wird eine unternehmerische, methodische und analytische Systematik und Vorgehensweise für eine solche Kalkulation entwickelt. Dabei berechnet die Projektkalkulation einen Angebotspreis mit einer anschließenden Wirtschaftlichkeitsanalyse für eine Anfrage der Volkswagen AG an einem neuen Standort in Indien. Dazu sollen zuerst einige Hintergrundinformationen gegeben werden.
Die Volkswagen AG besitzt mittlerweile in vielen Teilen der Welt Standorte. Neben […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Marcel Rockstedt
Angebotsprozess, Preiskalkulation, Wirtschaftlichkeitsberechnung
Entwicklung einer methodischen Vorgehensweise bei komplexen Industrieprojekten
ISBN: 978-3-8366-1508-2
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Wolfenbüttel, Deutschland, MA-Thesis
/ Master, 2008
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS... V
TABELLENVERZEICHNIS ... VII
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...IX
1. EINLEITUNG... 1
1.1
E
INFÜHRUNG IN DAS
T
HEMA
... 1
1.2
H
INTERGRÜNDE ZUM
B
EISPIELPROJEKT DER
C
ASE
S
TUDY
... 2
1.3
Z
IELE DER
A
RBEIT
... 3
2. MODULLIEFERANTEN IN DER AUTOMOBILZULIEFERINDUSTRIE... 6
2.1
D
IE
S
TELLUNG DER
M
ODULLIEFERANTEN IN DER
A
UTOMOBILINDUSTRIE
... 6
2.2
H
INTERGRUND ZUM
B
EISPIELUNTERNEHMEN DER
C
ASE
S
TUDY
... 9
3. THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER KOSTENTRÄGERRECHNUNGEN... 10
3.1
K
OSTENTRÄGERRECHNUNGEN
... 10
3.1.1 ein- und mehrstufige Divisionskalkulation... 13
3.1.2 ein- und mehrstufige Äquivalenzziffernkalkulation... 14
3.1.3 summarische und differenzierende Zuschlagskalkulation... 15
3.1.4 Zuschlagskalkulation bei Maschinenstundensatzrechnung... 17
3.1.5 Kuppelkalkulation ... 20
3.2
W
EITERE
F
ORMEN VON
K
ALKULATIONEN UND
P
REISBERECHNUNGEN
... 21
3.2.1 Kalkulation in der Prozesskostenrechnung... 21
3.2.2 Marktorientierte Kalkulationen ... 23
4. DIE PLANUNGSSTUDIE ALS BASIS DER KOSTENERMITTLUNG... 26
4.1
G
RUNDLAGEN DER
P
LANUNGSSTUDIEN
... 26
4.2
V
ORSTUDIEN
... 29
4.2.1 Marktanalyse... 29
4.2.2 Opportunitätsstudie... 31
4.2.3 Unternehmerische Strategien / Gesellschaftsform ... 33
4.2.4 Zielprogramm ... 34
4.3
S
TRUKTURPLANUNG
... 35
4.3.1 Produktanalyse ... 35
4.3.2 Produktionskonzept und Groblayout... 37
4.3.3 Zeitanalyse ... 43
4.3.4 Personalbedarf ­ Produktion... 47

II
4.4
G
LOBALPLANUNG
...50
4.4.1 Materialflussplanung...50
4.4.1.1. Beschaffungslogistik ...51
4.4.1.2 Produktionslogistik ...52
4.4.1.3 Distributionslogistik (Auslieferung)...54
4.4.1.4 Personalbedarf ­ Lagerbereiche und Wareneingang ...55
4.4.2 Bildung der betrieblichen Bereiche ...59
4.4.3 Festlegung des Flächen- und Raumprogramms ...63
4.4.4 Ermittlung der Baukosten...65
4.5
S
TANDORTENTSCHEIDUNG
...66
4.5.1 Variantenvorstellung und Kostenvergleichsrechnung...68
4.5.2 Definition Nutzwertanalyse ...69
4.5.3 Berechnung und Auswertung der Nutzwertanalyse ...71
4.6
P
ERSONALKONZEPT
...78
5. AUFBAU DER KALKULATIONSSTRUKTUR ...81
5.1
A
USWAHL DES
K
OSTENRECHNUNGSSYSTEMS
...81
5.2
A
UFBAU DES
K
ALKULATIONSSCHEMAS
...88
5.3
M
ATERIALKOSTEN
...90
5.3.1 Materialeinzelkosten...90
5.3.2 Materialgemeinkosten ...91
5.4
F
ERTIGUNGSKOSTEN
...95
5.4.1 Direkte Fertigungspersonalkosten (Fertigungseinzelkosten) ...95
5.4.2 Indirekte Fertigungspersonalkosten (Fertigungsgemeinkosten)...98
5.4.3 Ausschusskosten (Fertigungsgemeinkosten)...99
5.4.4 Sonstige Fertigungsgemeinkosten ...99
5.5
S
ONDEREINZELKOSTEN
...101
5.5.1 Kalkulatorische Abschreibungen ­ Investitionen Betriebsmittel ...101
5.5.2 Planungs-/Projektkosten...104
5.5.3 Anlaufkosten ...106
5.5.4 Kalkulatorische Abschreibungen ­ Grundstück / Gebäude / bauliche Einrichtungen ...108
5.5.5 Entwicklungs- und Konstruktionskosten...108
5.6
H
ERSTELLKOSTEN
(1
UND
2) ...110
5.7
S
ELBSTKOSTEN
...111
5.7.1 Indirekte Personalkosten ...111
5.7.2 Sonstige Verwaltungsgemeinkosten...113
5.7.3 Sonstige Vertriebsgemeinkosten ...114
5.8
G
EWINNZUSCHLAG
...114
5.9
F
INANZIERUNGSKOSTEN
/V
ERZINSUNG
...114
5.10
P
REISBERECHNUNG UND
P
RICING
...119
6. ENTWICKLUNG VON INSTRUMENTEN ZUR ENTSCHEIDUNGSFINDUNG...124

III
6.1
Ü
BERBLICK
... 124
6.2
K
APITALWERTMETHODE
... 127
6.3
A
MORTISATIONSMETHODE
... 130
6.4
V
ALUE
D
RIVER
-B
ERECHNUNG NACH
RAPPAPORT... 131
6.5
C
ASH
-
FLOW
R
ETURN ON
I
NVESTMENT
(CFROI)
VS
.
R
ETURN ON
I
NVESTMENT
(ROI) ... 134
6.6
E
CONOMIC
V
ALUE
A
DDED
(EVA
®
)... 138
6.7
U
NSICHERHEITEN BEI
A
USLANDSINVESTITIONEN
... 143
6.7.1 Allgemeine Auslandsunsicherheiten... 143
6.7.2 Spezifische Auslandsunsicherheiten... 144
6.7.3 Maßnahmen zur Reduzierung der Unsicherheit... 149
6.7.4 Finanzinstrumente zur Reduzierung der Wechselkursunsicherheiten... 151
6.7.5 Sensitivitätsanalysen bei Auslandsinvestitionen ... 154
7. UMSETZUNG DES PROJEKTES ­ ANFORDERUNGEN AN PROJEKTLEITER/INNEN... 162
7.1
A
UFBAU DER
P
ROJEKTSTRUKTUR
... 162
7.2
D
IE
P
ROJEKTLEITUNG ALS ZENTRALE
F
ÜHRUNGSFUNKTION
... 165
7.3
D
AS
P
ROJEKTTEAM
... 167
8. FAZIT UND AUSBLICK ... 172
ANLAGEN ... 175
LITERATURVERZEICHNIS ... 192

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1
Die Standorte des Volkswagen-Konzerns in Indien
Abbildung 2-1
Wertschöpfungskette der Automobilindustrie
Abbildung
3-1
Kalkulationsschema der Zuschlagskalkulation
Abbildung 3-2
Gemeinkosteneinteilung nach Maschinenabhängigkeit
Abbildung 4-1
Organisatorische Gliederung des Planungsteams für
Projektstudien
Abbildung
4-2
Darstellung
der Gesellschaftsstruktur
Abbildung 4-3
Explosionszeichnung der VW Polo-Sitze
Abbildung 4-4
Stückzahlen und Varianten
Abbildung
4-5
Groblayout
der
Sitzmontageproduktion
Abbildung
4-6
Gliederung
der
Auftragszeit
Abbildung 4-7
Beschreibung der Tätigkeiten
Abbildung
4-8
Tätigkeiten-Zeiten-Beziehung
Abbildung 4-9
Fertigungszeiten und Personalbedarf
Abbildung 4-10
Materialflussprozess des Modullieferanten
Abbildung 4-11
IT-Systeme beim Beispielunternehmen
Abbildung 4-12
Grobe Organisationsstruktur
Abbildung 4-13
Blocklayout des Werkes
Abbildung 4-14
Ablauf der Nutzwertanalyse
Abbildung 4-15
Gewichtungsschema der Merkmalsgruppen
Abbildung 4-16
Merkmalsgruppengewichtung
Abbildung 4-17
Diagrammdarstellung der Merkmalsgruppengewichtung
Abbildung 4-18
Berechnung der Teilnutzwerte der Merkmale und
Merkmalsgruppen
Abbildung 4-19
Berechnung der Gesamtnutzwerte
Abbildung 4-20
Ergebnis der Nutzwertanalyse
Abbildung 4-21
Stellenplan der neuen Gesellschaft
Abbildung 5-1
Kalkulationsschema (Zuschlagskalkulation)
Abbildung 5-2
Import-Transportweg nach Indien
Abbildung
5-3
Incoterms
Abbildung
5-4
Indirekte Fertigungspersonalkosten
Abbildung 5-5
Systematisierung der Anlaufkosten

VI
Abbildung 5-6
Indirekte Personalkosten (Overhead)
Abbildung 5-7
Der Beta Faktor (
)
Abbildung
5-8
Berechnung
der
Finanzierungskosten
Abbildung 5-9
Einteilung ab Werk- / frei Werk-Preise
Abbildung 5-10
Logistikkostenberechnung
Abbildung 5-11
Preiskalkulation
Abbildung
6-1
Systematisierungsansätze für Investitionsrechenverfahren
Abbildung 6-2
Auswertung des Kapitalwertes
Abbildung
6-3
Darstellung
der
Free Cash-flows (Barwerte)
Abbildung 6-4
Definition des Economic Value Added
Abbildung 6-5
Berechnungsschema des Economic Value Added
Abbildung 6-6
Auswertung der EVA
®
-Rechnung
Abbildung
7-1
Aufgabenfelder
im
Projektablauf der Automobilindustrie
Abbildung 7-2
Projektmanagement als ganzheitliches Führungssystem
Abbildung 7-3
Methoden und Ereignisse im Projektmanagement-Prozess
Abbildung
7-4
Struktur
des
Projektteams
Abbildung 7-5
Aufbau des Kernteams
Abbildung 7-6
Aufbau der Arbeitspaketorganisation

VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle
4-1
Formen
der
Marktforschung
Tabelle 4-2
Daten der Opportunitätsstudie
Tabelle
4-3
Darstellung
der Baukosten (,,grüne Wiese")
Tabelle 4-4
Kostenvergleichsrechnung der Werksareale
Tabelle
4-5
Bewertungskriterien der Merkmalsgruppen
Tabelle
4-6
Kosten-Nutzen-Relation
Tabelle 5-1
Kosten der lokalen Beschaffungslogistik
Tabelle
5-2
Zollberechnung
Tabelle
5-3
Direkte
Personalkosten pro Fahrzeug
Tabelle
5-4
Sonstige
Fertigungsgemeinkosten
Tabelle
5-5
Sonstige
Verwaltungsgemeinkosten
Tabelle
5-6
Finanzierungskosten pro Fahrzeug
Tabelle 6-1
Berechnungswerte für kritische Menge m
k

IX
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
AFO
Arbeitsfolge
APQP
Advanced
Product
Quality Planning And Control Plan
AT
Arbeitstag
Aufl.
Auflage
BAB
Betriebsabrechnungsbogen
BDE
Betriebsdatenerfassung
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CAM
Computer
Aided
Manufacturing
CAPM
Capital Asset Pricing Modell
CAQ
Computer
Aided
Quality
CFROI
Cash-flow Return on Investment
CIF
Cost, Insurance and Freight
CKD
Completely
Knocked
Down
CNC
Computerized
Numerical
Control
COP
Carry
Over
Parts
DDP
Delivered
Duty
Paid
DFÜ
Daten-Fernübertragung
DNC
Distributed
Numerical
Control
EBR
Einbaurate
(Verbaurate)
EC
Electronic
Control
ERP
Enterprise
Resource
Planning
et al.
et alii, et alia, et alteri (lat.)
etc.
et
cetera
EVA
Economic
Value
Added
EXW
Ex
Works
f.,
ff.
folgende,
fortfolgende
FCF
Free
Cash-flow
FOB
Free
on
Board
Fzg.
Fahrzeug,
Fahrzeuge
GE
Geldeinheiten

X
GLT
Großladungsträger
GmbH
Gesellschaft
mit beschränkter Haftung
GuV
Gewinn-
und
Verlustrechnung
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
HV
Höhenverstellung
IAS
International
Accounting
Standards
i.d.R.
in
der
Regel
ILO
International
Labour
Organization
IT
Information
Technology
JIS
Just-in-Sequence
JIT
Just-in-Time
Jg.
Jahrgang
KG
Kommanditgesellschaft
KLT
Kleinladungsträger
KWD
Karosserie
Werke
Dresden
lfd.
laufend
Ltd.
Limited
LV
Längsverstellung
MBC
Make or buy Committee
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
MTM
Methods
Time
Measurement
NOPAT
Net Operating Profit After Tax
Nr.
Nummer
OEM
Original
Equipment
Manufacturer
o.V.
ohne
Verfasserangabe
p.a.
per
anno
PCF
Perpetuity
Cash-flow
PPAP
Production
Part
Approval
Process
PPF
Produktionsprozess- und Produktfreigabe
PPS
Produktionsplanung
und
­steuerung
QS
Qualitätssicherung
QZ
Qualitätszahl
REFA
Reichsausschuss für Arbeitsstudien e.V.

XI
ROI
Return
on
Investment
SAB
Seitenairbag
SPC
Statistische
Prozesskontrolle
SPS
Speicherprogrammierbare
Steuerung
UAS
Universelles
Analysiersystem
Übers.
Übersetzung
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
u.U.
unter
Umständen
VDA
Verband der Automobilindustrie e.V.
VDI
Verband
Deutscher
Ingenieure
e.V.
VW
Volkswagen
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WF
Work
Factor
z.B.
zum
Beispiel
Zsb
Zusammenbau

Preiskalkulationen, Feasibility Studien,
Wirtschaftlichkeitsberechnungen ­
Entwicklung einer methodischen Vorgehensweise
für komplexe Industrieprojekte bei
Automobilzulieferunternehmen

Einleitung
1
1. Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
Die Automobilindustrie ist heute weltweit einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Auch
in Deutschland spielt sie mit einem Umsatz von knapp 230 Mrd. Euro und mehr als
770.000 Beschäftigten eine entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben.
1
Jedoch haben die
Auswirkungen der Globalisierung die Automobilindustrie erfasst. In den letzten Jahrzehn-
ten haben sich dramatische Konzentrationsbewegungen auf Seiten der OEM's ergeben.
Gab es 1964 noch 52 selbständige Hersteller, so hat sich deren Zahl bis heute auf 12
unabhängige Konzerne reduziert und weitere Zusammenschlüsse sind zu erwarten.
2
Auch
bei den Zulieferunternehmen zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Auch hier wird
sich die Zahl der Anbieter von weltweit 5.500 im Jahr 2002 auf ca. 850 im Jahr 2015
praktisch halbieren.
3
Die deutschen Automobilhersteller und deren Zulieferer müssen sich
also verstärkt anstrengen, um im internationalen Wettbewerb nicht weiter zurückzufallen.
Das professionelle Management von Fahrzeugprojekten über die gesamte Wert-
schöpfungskette hinweg wird dabei zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
4
Dies begin-
nt bereits vor der Umsetzung eines Auftrages. Angebote werden heute häufig zu eigen-
ständigen komplexen Projekten, die nicht mehr von einer Person bearbeitet werden kön-
nen, sondern ein Projektteam aus unterschiedlichen Fachbereichen notwendig ist. Die Er-
stellung einer Kalkulation wird zu einer umfangreichen analytischen Aufgabe, die alle Be-
reiche des Managements in der Konzeption umfasst. Gerade in dieser Phase entscheiden
sich neue Aufträge. Die Unternehmen sind gezwungen, Instrumente, Werkzeuge sowie
Prozessabläufe zu initiieren, um mit dem Daten- und Zahlenwerk die Angebotsbearbei-
tung und vor allem die Projektkalkulation erfolgreich zum Ziel zu führen. Gerade die
Genauigkeit dieser Kalkulation ist entscheidend für den Erhalt des Auftrages und für den
Erfolg des späteren Projektes. Die vorliegende Arbeit hat diese Zielstellung zum Thema.
Anhand eines Industrieprojektes aus der Automobilindustrie, wird eine unternehmerische,
methodische und analytische Systematik und Vorgehensweise für eine solche Kalku-
lation entwickelt. Dabei berechnet die Projektkalkulation einen Angebotspreis mit einer
anschließenden Wirtschaftlichkeitsanalyse für eine Anfrage der Volkswagen AG an
einem neuen Standort in Indien. Dazu sollen zuerst einige Hintergrundinformationen ge-
geben werden.
1
Vgl. Hab/Wagner (2006); S. 3
2
Vgl. VDA (2003a)
3
Vgl. die Studie ,,Future Automotive Industry Structure (FAST) 2015"
4
Vgl. Hab/Wagner (2006); S. 3

Einleitung
2
1.2 Hintergründe zum Beispielprojekt der Case Study
Die Volkswagen AG besitzt mittlerweile in vielen Teilen der Welt Standorte. Neben den
klassischen deutschen Standorten Wolfsburg, Emden oder Hannover, und Werken in
West- und Osteuropa, wie z.B. Pamplona, Pamela, Brüssel oder Bratislava, ist VW auch
in Mexiko, Brasilien, Argentinien, China oder Südafrika vertreten. Wenn die gesamten
Marken des Volkswagen-Konzerns (Audi, Skoda, Seat, Bentley, Lamborghini, Bugatti)
berücksichtigt werden, kommen weitere Standorte in Tschechien, Spanien, Ungarn, Groß-
britannien oder Italien hinzu. Zurzeit werden neue Werksstandorte in die Realität
umgesetzt. Im Zeichen der Emerging Market Strategie des Konzerns investiert Volks-
wagen u.a. auch in den Zukunftsmarkt Indien. Dieser neue Standort der Volkswagen AG
wird in Pune errichtet, einer 3-Millionen-Einwohner-Stadt im indischen Bundesstaat
Maharastra.
Abbildung 1-1: Die Standorte des Volkswagen-Konzerns in Indien
Quelle: Volkswagen AG
Volkswagen investiert dafür ca. 450 Millionen Euro. Pune wird damit bereits der zweite
Standort des VW-Konzerns in Indien sein, da auch Skoda seit 2004 in Aurangabad ein
Werk betreibt. Im Werk Pune wird zukünftig der VW Polo in einer Variante speziell für
den indischen Markt produziert. Geplant ist der Start of Production für die erste Jahres-

Einleitung
3
hälfte 2010. Zusätzlich werden ab Januar 2008 bereits über CKD der VW Jetta und ab
März 2009 der Skoda Fabia hergestellt. Die Einzelteile werden für die beiden letzten
Modelle jedoch aus Europa importiert und im Werk Pune nur noch montiert. Beim VW
Polo hingegen ist eine 100%-Fertigungstiefe mit entsprechenden Zulieferunternehmen vor
Ort vorgesehen. Die Abbildung 1-1 zeigt die (künftigen) Standorte des Volkswagen Kon-
zerns in Indien: Pune, Aurangabad und Mumbai, letzterem als Standort der VW Vertriebs-
gesellschaft in Indien.
1.3 Ziele der Arbeit
Das Ziel der Masterarbeit ist die Entwicklung einer komplexen Kalkulationssystematik
für ein Automobilzulieferunternehmen mit folgendem Szenario: Die Volkswagen AG als
Beispiel-OEM wird zukünftig für die Montage der VW Polo-Serie bestimmte Teileum-
fänge via Outsourcing an verschiedene Zulieferer vergeben. Die Masterarbeit wird am
Beispiel eines fiktiven Unternehmens der Automobilzulieferindustrie erarbeitet, deren
Kerngeschäft im Bereich Entwicklung, Produktion und anschließende JIS-Lieferung
komplexer Fahrzeugmodule liegen soll. (Zur Definition und den Hintergründen von
Modullieferanten siehe Kapitel 2.1) Als Beispiel von Fahrzeugmodulen sollen in dieser
Arbeit die Autositze gewählt werden. Weitere Beispiele von Fahrzeugmodulen werden im
2. Kapitel genannt. Die entsprechende Einkaufsabteilung der Volkswagen AG sendet
demnach eine Anfrage an das Zulieferunternehmen mit der Aufforderung, kurzfristig ein
gültiges Preisangebot abzugeben. Die sehr komplexe Anfrage beinhaltet Lastenhefte für
den konstruktiv-technischen Aufbau der Sitze, Stückzahlen, Varianten und Verbauraten,
Termine, Angaben zu den Unterkomponenten und Einzelteilen, den Zulieferern dieser
Unterkomponenten, produktions- und arbeitsorganisatorische Hintergründe zum OEM-
Werk in Indien, wie Schichtmodelle, Arbeitszeiten, Fahrzeugverteilung auf der Linie,
Werksgröße, logistische Abwicklung der Anlieferung sowie Angaben zum Qualitäts-
standard von VW in Indien etc.. Der Zulieferer muss anhand dieser und eigener Informa-
tionen zum Standort Indien eine Kalkulation vorbereiten, aus dieser schließlich ein Ange-
bot mit einem realistischen Preis erarbeitet werden kann. Für den Zulieferer ist es jedoch
notwendig, ein komplettes eigenes Werk in der Nähe des VW-Werkes zu errichten, was
die Gebäude und das Grundstück, die Anlagentechnik, das komplette Personal, den Be-
trieb des zukünftigen Werkes sowie die logistische Abwicklung umfasst. Damit wird aus
dieser Anfrage ein komplexes eigenes Projekt, welches neben einer Preiskalkulation auch
eine Auswahl bestimmter Instrumente zur Entscheidungsfindung beinhalten soll.

Einleitung
4
Den Hauptteil der Arbeit bildet dabei die Ermittlung der betrieblichen Abläufe mit einer
sachlichen und rechnerischen Strukturierung der Kosten und Investitionsausgaben sowie
deren Erfassung und anschließende Verrechnung in einem Kalkulationsschema zur Preis-
ermittlung. Dafür ist vorher eine umfassende technische Produkt- sowie Produktions-
analyse, die mit Hilfe einer Planungsstudie durchgeführt wird, erforderlich. Ein geeig-
netes Kalkulationsschema wird dazu in dieser Arbeit aufgebaut und eine Auswahl
zwischen einer Voll- und Teilkostenrechnung getroffen. Den Abschluss bildet eine Wirt-
schaftlichkeitsanalyse mit einer Aussage über die Effektivität des Auftrages und eine Ent-
scheidungsaussage für oder gegen diese Investition. Dazu werden Instrumente ausgewählt
und entsprechend aufgebaut, die zum einen aus der klassischen Investitionsrechnung
(Kostenvergleichsrechnung, Amortisationsrechnung, Kapitalwertmethode), zum anderen
aus der wertorientierten Unternehmensführung stammen. Auch auf spezielle Risiken und
Unsicherheiten, die bei Auslandsgeschäften grundsätzlich zu beachten sind, wird einge-
gangen. Im letzten Kapitel schließlich wird auf die Durchführung des Projektes einge-
gangen. Wie kann eine Projektstruktur aussehen und welche Instrumente werden dabei
eingesetzt? Auch die Anforderungen an die Projektleiterinnen und Projektleiter an fach-
liche, methodische und persönliche Kompetenzen werden dargestellt.
Die methodische Vorgehensweise der Masterarbeit orientiert sich u.a. an der Struktu-
rierung einer zeitgemäßen Planung von Einzel- und Gemeinkosten nach K
ÖNIG
.
5
K
ÖNIG
teilt die Planung der Kosten dabei in vier Stufen ein:
1) Leistungs- und Kostenplanung (u.a. Festlegung von Plan-Kapazität, Plan-Beschäf-
tigung, Plan-Stücklisten, Planung der Einzel-, Sondereinzel- und Gemeinkosten),
2) Plankalkulation (Vor- und Preiskalkulationen, Ermittlung von kurz- und langfris-
tigen Preisuntergrenzen, Entscheidung über Zusatzaufträge, optimales Produk-
tionsprogramm, Eigenfertigung oder Fremdbezug),
3) Bereitstellung von Kostendaten für die Entscheidungsvorbereitung (Durchführung
von Investitionsrechnungen, Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsanalysen),
4) Kostenmanagement.
In der Masterarbeit wird Punkt 1 mit Hilfe einer Planungsstudie bzw. einer Feasibility
Studie durchgeführt, die in Kapitel 4 genauer definiert und vorgestellt wird. Die Plan-
kalkulation wird im 5. Kapitel berücksichtigt. Hier wird ein Kalkulationsschema erstellt
5
Vgl. König (2002); S. 1 ff.

Einleitung
5
und die Berechnungssystematik entwickelt. Kapitel 6 entspricht dem dritten Punkt, der
Bereitstellung von Kostendaten für die Entscheidungsfindung. Aufbauend auf der Struk-
turierung der Kosten und der Verrechnung in der Preiskalkulation wird ein Instrumen-
tarium von Investitionsrechnungen aufgebaut, die eine Entscheidung vorbereiten und
fundieren können. An dieser Stelle wird auch ein Ausblick auf grundsätzliche Unsicher-
heiten bei Auslandsinvestitionen gegeben. Abschließend wird in Kapitel 7 die Projektab-
wicklung und das Projektmanagement angesprochen.
Die Masterarbeit soll demnach ein anwendungsorientiertes Problem aus der Industrie
anhand eines Beispielunternehmens lösen helfen. Sie stellt sich aber auch dem Anspruch,
auf Basis einer wissenschaftlichen Arbeit eine allgemeine Vorgehensweise für komplexe
Industrieprojekte zu entwickeln. Eine Anpassung an bestehende örtliche und branchen-
abhängige Prämissen vorausgesetzt, ist ein ähnlicher Ablauf von Projektkalkulationen für
unter-schiedliche Anfrageumfänge durchaus auch für andere Unternehmen anwendbar.
Die Kalkulation soll ­ wie beschrieben ­ beispielhaft für ein Industrieprojekt in Indien
erstellt werden. Im Mittelpunkt der Masterarbeit steht jedoch die Methodik und die
Struktur der Projektkalkulation bzw. der Kostenermittlung und der Investitionsanalysen
und nicht das eigentliche Projekt in Indien. Das Ziel ist die Erstellung einer Kalkulations-
systematik, die nicht nur für das Beispiel Indien, sondern auch für andere Projekte ange-
wendet werden kann.
Zuerst wird im folgenden Kapitel der Begriff Modullieferant in der Automobilindustrie
vorgestellt und danach folgt eine Vorstellung des Beispielunternehmens.

Modullieferanten in der Automobilzulieferindustrie
6
2. Modullieferanten in der Automobilzulieferindustrie
2.1 Die Stellung der Modullieferanten in der Automobilindustrie
Modul- bzw. Systemlieferanten in der Automobilzulieferindustrie sind dadurch gekenn-
zeichnet, dass sie vollständige Fahrzeugmodule für einen OEM herstellen und diesem
liefern. Sie stehen in der Wertschöpfungskette direkt hinter dem Automobilunternehmen.
Diese lässt sich vereinfacht in vier Stufen einteilen. Erkennbar ist die Einteilung vor allem
an der immer kürzer werdenden Lieferfrequenz, wie auch in Abbildung 2-1 dargestellt ist.
Die vier Stufen lassen sich wie folgt gliedern: Bei Stufe 1 handelt es sich um die Halb-
zeuglieferanten, wie z.B. Produzenten für Stahl, Aluminiumlegierungen, Leder, che-
mische Stoffe etc. Die Lieferfrequenz beträgt bei diesen Unternehmen i.d.R. tage- bis
wochenweise Lieferungen mit einem hohen Planungshorizont.
In die Stufe 2 gehören die Bauteil- und Baugruppenlieferanten, die einzelne Komponen-
ten herstellen. Beispiele wären hier Produzenten für Zylinderköpfe, Bezüge, Kunststoff-
blenden, Airbags oder Kabelbäume. Die Anlieferdauer beträgt bereits tage- bis 2-tage-
weise Lieferungen. Nach W
IENDAHL ET AL.
besteht zwischen den Geschäftspartnern ein
klassisches Kunden-Lieferanten-Verhältnis, wobei der Zulieferer selbst ein relativ gerin-
ges Geschäftsrisiko trägt.
6
Das lässt sich damit erklären, dass ein solcher Zulieferer i.d.R.
für mehrere Kunden diese oder variierte Produkte herstellt, die Anlagen auch nicht voll-
ständig produktbezogen investiert werden müssen. Dies bietet dem Zulieferer die Mög-
lichkeit, bei fallenden Abrufen, die Anlage mit anderen Produkten auszulasten.
Danach folgen Modul- oder Systemlieferanten. Diese stellen komplette Fahrzeugmodule
her, wie z.B. Sitze, Cockpits, Motoren, Türen oder Achsen. Die Lieferfrequenz beträgt
nur noch sehr kurze Zeitspannen, teilweise nur noch wenige Stunden vom Lieferabruf bis
zum Einbau. An dieser Stelle werden das JIT- oder JIS-Verfahren zur logistischen An-
lieferung eingesetzt. Die Kundenbindung ist laut W
IENDAHL ET AL.
sehr intensiv und das
vom Modullieferanten zu tragende Geschäftsrisiko sehr hoch.
7
In solchen Fällen werden
häufig JIT-/JIS-Fabriken in relativer Nähe zum OEM errichtet, die Anlagen für die Her-
stellung der Produkte genau für diese Verhältnisse projektiert, was zu hohen Investitionen
führt. Kommt es zu einem Einbruch der Abrufstückzahlen, weil ein Fahrzeug nicht den
erhofften Markterfolg bringt, trägt der Modullieferant das vollständige Investitionsrisiko.
6
Vgl. Wiendahl (2001); S. 324
7
Vgl. ebenda; S. 324 ff.

Modullieferanten in der Automobilzulieferindustrie
7
Das bedeutet, der Modullieferant investiert immer kundenspezifisch, weil er aufgrund des
hohen Erfolgspotenzials eine individuelle Leistungserstellung vornimmt.
8
B
ACKHAUS
kennzeichnet eine weitere Besonderheit damit, dass eine Kundenintegration (des OEM) in
den Leistungserstellungsprozess des Modullieferanten stattfindet, so dass der vollständige
Vermarktungsprozess vor der Herstellung des Anbieters liegt.
9
Der Grad dieser Kunden-
integration des OEM beeinflusst dabei auch das Ausmaß der Investitionen. Je enger sich
die Zusammenarbeit von Zulieferer und Kunde gestaltet, desto mehr Ressourcen müssen
für deren Anbahnung, Abstimmung und Abwicklung eingesetzt werden. Dies kann von
einem Informationsaustausch, über die Entsendung von Mitarbeitern des OEM in das Zu-
lieferunternehmen, bis hin zu einer gemeinsamen Leistungsentwicklung gehen.
10
W
INKELMANN
betrachtet diesen Aspekt aus der Sicht der Kundenbindung.
11
Modul-
lieferanten binden sich mit einem hohen Lieferanteil an die Automobilkonzerne, selbst
starke Lieferanten, wie Bosch oder Thyssen Krupp Automotive durchaus mit Lieferan-
teilen von 60-90%. Sie gehen diese Bindungen in der Erwartung strategischer und kosten-
mäßiger Vorteile kalkuliert ein. Im technischen Geschäft würde ein übereilter Lieferan-
tenwechsel für den OEM durchaus Nachteile bringen. Vor allem Qualitäts- und Termin-
probleme müssten zumindest in einer längeren Anlaufphase bei einem neuen Lieferanten
hingenommen werden, was natürlich in der Praxis nicht akzeptabel ist. Daher werden
auch für den Kunden langfristige Verträge geschlossen, aus denen der OEM nicht ohne
finanziellen Schaden austreten kann. Der Lieferant benötigt für die hohen Investitionen
durchaus vertragliche Sicherheiten, die der OEM gewährt. Ein Wechsel des OEM zu
einem neuen Lieferanten ist aufgrund der spezifischen (auch beidseitigen) Investitionen
und eben der prohibitiv hohen Wechselkosten (wenn überhaupt) erst zum Ende eines
Produktlebenszyklusses (z.B. Serie) möglich.
12
Eine Fortführung der Geschäftsbeziehung
auch über den ersten Produktlebenszyklus hinaus wird erst dann erzielt, wenn für beide
Seiten ein möglichst hoher Investitionsgewinn erreicht werden kann. Im Mittelpunkt steht
dabei die kooperative Gestaltung des beidseitigen Investitionsgewinns. Dies kann nur
durch die Integration des OEM in den anbieterseitigen Entwicklungs- und Herstellungs-
prozess gelingen.
13
8
Vgl. Backhaus (2003); S. 322 f.
9
Vgl. ebenda; S. 481 und 706
10
Vgl. Anderson/Narus (1998); S. 58
11
Vgl. Winkelmann (2005); S. 145
12
Vgl. Backhaus (2003); S. 485
13
Vgl. Kreuz (2005); S. 129

Modullieferanten in der Automobilzulieferindustrie
8
Als Stufe 4 folgt dann nur noch der OEM selbst. Die folgende Abbildung 2-1 zeigt die
Wertschöpfungskette am Beispiel eines Modullieferanten für Autositze, der seine
Produkte sequenzgerecht (Just-in-Sequence) beim OEM anliefert.
Abbildung 2-1: Wertschöpfungskette der Automobilindustrie
Quelle: Volkswagen AG
Neben der Lieferfrequenz nimmt bei den einzelnen Produktionsstufen die Varianz zu.
Dies verdeutlicht ebenfalls die Abbildung 2-1. Während der Halbzeuglieferant z.B. drei
Sorten Stahl liefert, ist die Teilevarianz beim Bauteilhersteller schon wesentlich größer.
Der Modullieferant hingegen muss bereits so viele unterschiedliche Varianten herstellen,
dass dies mit einer klassischen Lagerhaltung nicht mehr durchführbar ist. Als Beispiel sei
hier genannt, dass beim VW Golf V über 1.000 verschiedene Kombinationen bei den
Fahrzeugsitzen möglich sind (teilweise auch Varianten, die noch nie von einem Kunden
bestellt wurden). Neben der Varianz steigen auf den einzelnen Stufen auch die Logistik-
kosten. Insbesondere bei JIT- und JIS-Zulieferverfahren sind die Kosten für Frachtab-
wicklung, Personaleinsatz oder Teilekommissionierung und ­sequenzierung relativ hoch.
Schließlich handelt es sich bei JIS um einen lagerlosen Prozess, der sich durch eine
reihenfolgegerechte Anlieferung der Produkte auszeichnet und sich damit für sehr varian-
tenreiche Zulieferumfänge mit hohen Volumina, wie Autositze, Stoßfänger, Türverklei-
dungen oder Hauptkabelsätze, eignet.
14
Der Modullieferant fertigt bei JIS seine Produkte
und Module genau in der Reihenfolge des Montagebandes des OEM. Die fertigen Module
werden auch in der richtigen Reihenfolge und zeitpunktgenau beim OEM angeliefert, um
dort sofort in das Auto eingebaut zu werden. Dieser Prozess setzt neben dem hohen
logistischen Aufwand vor allem eine sehr umfangreiche informatorische Abwicklung
14
Vgl. Graf/Hartmann (2004); S. 128

Modullieferanten in der Automobilzulieferindustrie
9
voraus. Dies erfolgt unter Einsatz von hochkomplexen IT- und Automatisierungssys-
temen, dessen Betrieb mit relativ hohen Kosten verbunden ist.
2.2 Hintergrund zum Beispielunternehmen der Case Study
In dieser Masterarbeit wird zur Erläuterung der Vorgehensweise beispielhaft das Unter-
nehmen MODUL GmbH (nachfolgend MODUL genannt) herangezogen. MODUL soll
dabei als Modullieferant ein Zulieferer der Automobilindustrie sein. Das Geschäftsfeld
dieses Unternehmens soll in den Bereichen Entwicklung, Produktion, Vertrieb und JIS-
Belieferung von Fahrzeugsitzen liegen (als Beispiel für Module). Struktur und Größe des
Unternehmens sind für die Case Study vernachlässigbar. Die nachfolgende Systematik
soll damit ebenfalls auch für Industrieunternehmen anderer Branchen und Produktions-
inhalte sowie unterschiedlicher Größe und Mitarbeiteranzahl anwendbar sein.

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
10
3. Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
Dieses Kapitel soll einen Überblick über die wesentlichen theoretischen und wissen-
schaftlichen Begrifflichkeiten und Definitionen des Teilgebietes der Kosten- und Leis-
tungsrechnung geben, die sich mit Kostenträgerrechnungen beschäftigen. Es wird eine
Einführung in das Gebiet der Kalkulationen bzw. der Kostenträgerrechnungen gegeben.
Vorgestellt werden verschiedene Varianten und Abwandlungen, die in der Kosten- und
Leistungsrechnung als Standard verwendet werden. Die Kostenträgerrechnung ist auch
ein wesentlicher Bestandteil des Projektcontrollings. Die Kalkulationen bzw. Projekt-
kalkulationen werden hierbei in der gleichen Art ausgeführt, wie im internen Rech-
nungswesen, das nicht projektbezogen eingesetzt wird. Daher gelten die nachfolgend vor-
gestellten Aspekte für alle Kostenträgerrechnungen im internen Rechnungswesen, ein-
schließlich projektorientierter Kostenträgerrechnungen.
3.1 Kostenträgerrechnungen
Die Aufgabe der Kostenträgerrechnung ist die Zurechnung der Kosten auf die jeweiligen
Kostenträger. Nachdem die Kostenartenrechnung eine Differenzierung ermöglicht hat,
welche Kosten in einer Abrechnungsperiode entstanden sind (vollständige Erfassung und
Strukturierung der Kosten)
15
und die Kostenstellenrechnung aufzeigt wo diese Kosten
anfallen
16
, zeigt die Kostenträgerrechung nun, wofür die in den Kostenstellen angefallenen
Kosten beansprucht wurden. Da die Kostenträger den Güter- und Leistungsverbrauch
ausgelöst haben, sind sie daher auch mit den entsprechenden Kosten zu belasten. Die
Einteilung der Kostenträger kann in Marktleistungen (tatsächlich abgesetzte oder auf
Lager genommene Leistungen) und in innerbetriebliche Leistungen (aktivierbar oder nicht
aktivierbar) erfolgen.
17
Die Kostenträgerrechnung lässt sich nach dem Abrechnungsbezug
in zwei Teilbereiche untergliedern:
1) Die Kostenträgerstückrechnung ermittelt in der Vor-, Zwischen- und Nachkalku-
lation die Stückherstellkosten bzw. die Stückselbstkosten der Kostenträger.
2) Die Kostenträgerzeitrechnung ist eine Periodenrechnung und erfasst die Kosten
eines Abrechnungszeitraums nach Kostenträgern oder Kostenarten. Durch Gegen-
15
Vgl. Rollwage (1999); S. 10
16
Vgl. ebenda; S. 18
17
Vgl. Eisele (2002); S. 717

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
11
überstellung der Kosten mit den jeweiligen Erlösen wird aus der Kostenträgerzeit-
rechnung eine kurzfristige Erfolgsrechnung.
18
Die Kostenträgerstückrechnung wird auch als Kalkulation bezeichnet. Deren Aufgabe
besteht allgemein darin, die Kosten zu ermitteln, die auf eine erzeugte Leistungseinheit
entfallen. Dabei kann sie entsprechend ihrer zeitlichen Dimension unterschieden werden
19
:
1) Bei der Vorkalkulation werden die Kosten für noch zu erbringende Produkte und
Leistungen ermittelt, z.B. bei der Kalkulation von Angeboten und neuen Aufträ-
gen. Sie ist damit ein wesentliches Werkzeug für die Gestaltung der Preispolitik
eines Unternehmens. Die Kalkulation findet dabei auf der Basis von Plandaten
statt. Sie ist auch wesentlicher Bestandteil dieser Masterarbeit.
2) Eine Zwischenkalkulation kann speziell für Kostenträger, mit einer sich über
mehrere Abrechnungsperioden erstreckenden Produktionsdauer (z.B. bei Großan-
lagen, Ölraffinerien, Schiffen oder Flugzeugen) für Bilanz- und Dispositions-
zwecke notwendig werden. Die bereits entstandenen Ist-Kosten werden zum
Betrachtungszeitpunkt retrospektiv erfasst und mit den noch kalkulierten Plan-
Kosten verrechnet.
3) Die Nachkalkulation verrechnet die während einer Abrechnungsperiode entstan-
denen Ist-Kosten für hergestellte Produkte oder erbrachte Leistungen auf den
jeweiligen Kostenträger. Damit dient sie vor allem Abrechnungs- und Kontroll-
zwecken und ist ein wichtiges Controllinginstrument (z.B. Projektcontrolling).
Bei der Kalkulation der von einem Kostenträger verursachten Kosten kommt den Begrif-
fen Herstellkosten und Selbstkosten eine besondere Bedeutung zu. Die Herstellkosten die-
nen als Grundlage der Bewertung von Beständen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
sowie zur Ermittlung der Herstellungskosten für Zwecke der Handels- und Steuerbilanz.
Während in den Herstellkosten der Kostenrechnung aber noch Zusatz- und Anderskosten
enthalten sind, dürfen Herstellungskosten ausschließlich nur aus Aufwandspositionen
bzw. Betriebsausgaben bestehen. Daher sind die Herstellkosten der Kostenrechnung vor
der Übernahme in die Finanzbuchführung unter Berücksichtigung handels- und steuer-
18
Vgl. Eisele (2002); S. 718
19
Vgl. ebenda; S. 718

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
12
rechtlicher Vorschriften zu korrigieren.
20
Die Selbstkosten hingegen dienen vor allem als
Ausgangspunkt der Planung und Kontrolle des Periodenerfolgs.
21
Hauptsächlich dient die Kalkulation zur Datenermittlung für verschiedene unternehme-
rische Problemstellungen. Im Wesentlichen ist sie ein Hauptinstrument für die Preispolitik
eines Unternehmens. Eine fundierte Kalkulation in der Angebotsphase ist die Basis für
Kostentransparenz, z.B. während der späteren Projektabwicklungsphase. Gerade bei der
Angebotserstellung, wenn es um die Preisfindung und Beurteilung der Wirtschaftlichkeit
geht, ist die Kalkulation erfolgsentscheidend. Mit unscharfen Informationen muss eine
Situation in der Zukunft möglichst genau durchdacht und bewertet werden.
22
In der Praxis
werden bei Großprojekten häufig Kalkulationsexperten eingesetzt, die über jahrelange
Erfahrung in diesem Gebiet verfügen und umfangreiche Unterlagen und Datenbanken zur
Preisberechnung verwenden.
Die Probleme, die in der Fachliteratur im Zusammenhang mit Kostenträgern ange-
sprochen werden, hängen davon ab, welche Annahmen über die jeweilige Marktsituation
getroffen werden, vor allem zu welchen Kosten Produkte und Leistungen hergestellt bzw.
verkauft werden können. Insbesondere in der älteren Literatur zum internen Rechnungs-
wesen wird nach M
ÖLLER ET AL.
oft angenommen, die Preise von Gütern seien bekannt
und vorgegeben, die Kosten der Güter dagegen teilweise unbekannt und zu ermitteln.
23
Die Konsequenz daraus: es genügt, sich mit den Kosten zu befassen. Die Unterstützung
der Unternehmertätigkeit besteht dann darin, die für einen Kostenträger bei dessen Pro-
duktion in der Vergangenheit angefallenen Kosten zu ermitteln bzw. die Kosten zu
schätzen, der erst in der Zukunft produziert wird.
24
Die meisten Formen von Kalkula-
tionen sind kostenorientiert
25
und unterscheiden höchstens zwischen Voll- und Teilkosten-
verrechnung. Dabei können sich Probleme ergeben, wenn die Kosten für eine Leistungs-
einheit nicht einzeln messbar sind. Um eine genauere Aussage zur Wirtschaftlichkeit zu
erhalten, ist ein anschließender Vergleich mit den Erlösen notwendig. Heutige Kosten-
rechnungssysteme sind deshalb um eine Erlösrechnung erweitert.
In der Industrie können je nach Art und Umfang der Produkte und Leistungen unter-
schiedliche Kalkulationsarten eingesetzt werden. Das Rechnungswesen unterscheidet die
nachfolgend kurz beschriebenen Varianten, die aber in der Praxis auf die jeweilige
Situation und Berechnungsgrundlage abgestimmt werden müssen.
20
Vgl. Eisele (2002); S. 718
21
Vgl. Kilger (2002); S. 267
22
Vgl. Hab/Wagner (2006); S. 125 f.
23
Vgl. Möller et al. (2005); S. 137
24
Vgl. ebenda; S. 137
25
Vgl. Bruhn (2004); S. 174 ff.

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
13
3.1.1 ein- und mehrstufige Divisionskalkulation
Die Divisionskalkulationsverfahren ermitteln die Kosten pro Kostenträger durch Division
der Gesamtkosten durch die produzierte Leistungsmenge. Der Ansatz der einstufigen
Divisionskalkulation lautet:
p
S
x
K
k
=
Gl.
3-1
k
S
Stückselbstkosten
K
Gesamtkosten der Abrechnungsperiode
x
p
produzierte Leistungsmenge der Periode
Die Gesamtkosten der Abrechnungsperiode können direkt der Kostenartenrechnung ent-
nommen werden. Das dargestellte Vorgehen wird als einfache Divisionskalkulation
bezeichnet. Deren Einsatz bedingt die Voraussetzungen, dass nur eine Erzeugnisart herge-
stellt wird (die Leistungseinheiten müssen weitgehend identisch sein und sollten sich
relativ häufig wiederholen
26
) sowie keine Lagerbestandsveränderungen an fertigen und
unfertigen Erzeugnissen erfolgen.
27
Das Berechnungsschema wird sowohl komplexer, wenn das Unternehmen mehrere Arten
von Leistungseinheiten in jeweils unterschiedlicher Menge fertigt und absetzt, wenn mehr
als eine einzige Fertigungsstufe in jeweils unterschiedlichem Ausmaß betroffen ist. Für
den Fall von mehreren verschiedenen Arten von Leistungseinheiten kann die einfache
Divisionskalkulation auch mehrfach nebeneinander angewendet werden. Dazu ist es
notwendig, die benötigten Rechengrößen, Zähler und Nenner, für jede Leistungseinheit
getrennt zu ermitteln.
28
Die mehrstufige Divisionskalkulation stellt einen weiteren Schritt
in der Anwendung dar. Für deren Anwendung ist eine differenzierende Kostenstellen-
rechnung nötig, welche die Kosten je Fertigungsstufe festhält. Diese werden dann durch
die jeweilige Leistung der Fertigungsstufe dividiert.
29
n
Vt
Vw
pn
hn
p2
h2
p1
h1
S
x
K
K
x
K
...
x
K
x
K
k
+
+
+
+
+
=
Gl.
3-2
26
Vgl. Eisele (2002); S. 721
27
Vgl. Olfert (2001); S. 185
28
Vgl. Möller et. al. (2005) ; S. 142 f.
29
Vgl. Eisele (2002); S. 721

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
14
k
S
Stückselbstkosten
K
h
Herstellkosten der Kostenstelle n
K
Vw
Verwaltungskosten der Kostenstelle n
K
Vt
Vertriebskosten der Kostenstelle n
x
p
produzierte Leistungsmenge der Kostenstelle n
x
n
produzierte Leistungsmenge der Periode
3.1.2 ein- und mehrstufige Äquivalenzziffernkalkulation
Die Äquivalenzziffernkalkulation ist eine Divisionskalkulation im weiteren Sinn. Sie setzt
im Gegensatz zur vorher dargestellten Divisionskalkulation kein Einproduktunternehmen
voraus. Die Äquivalenzziffernkalkulation ist anwendbar für Mehrproduktunternehmen,
deren Erzeugnisse hinsichtlich der Ausgangsmaterialien ­ Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe ­
gleichartig sind, aber nicht gleiche Kosten bei der Be- und Verarbeitung verursachen.
Beispiele können Betriebe der Zellstoff-, Textil- und Papierindustrie, Brauereien oder
Walzwerke sein. Es wird davon ausgegangen, dass die Kosten der artverwandten Erzeug-
nisse in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, welches als Äquivalenzziffer
ausgedrückt wird.
30
Mit Hilfe dieser Äquivalenzziffern als Umrechnungsfaktoren werden
die verschiedenartigen Erzeugnisse rechnerisch so vereinheitlicht, dass letztlich wieder
die Divisionskalkulationen angewendet werden können. Die Äquivalenzziffern (Ge-
wichtungsfaktoren, Wertigkeitsziffern oder Umrechnungsfaktoren) geben an, in welchem
Verhältnis die Kosten der einzelnen Produkte bzw. Sorten zu den Kosten eines Einheits-
produktes oder einer Einheitssorte stehen. Sie werden analytisch festgelegt, indem die
Kostenverursachung der Produkte (Sorten) auf bestimmte Bezugsgrößen, z.B. Rohstoff-
verbrauch, Arbeitseinsatz, Längen, Durchmesser, Materialgewichte, zurückgeführt und
daraus Verhältniszahlen abgeleitet werden. Das Einheitsprodukt erhält dabei immer die
Äquivalenzziffer 1.
31
e
i
i
b
b
ä
=
Gl. 3-3
ä
i
Äquivalenzziffer Produkt i
b
i
Bezugsgröße des Produktes i
b
e
Bezugsgröße des Einheitsproduktes e
30
Vgl. Olfert (2001); S. 189
31
Vgl. Eisele (2002); S. 724

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
15
Eine auf diese Weise ermittelte Äquivalenzziffer von z.B. 1,2 bedeutet, dass das betref-
ende Produkt i gegenüber dem als Basis dienenden Einheitsproduktes e mit 20% höheren
Kosten zu belasten ist.
32
Diese Mehrbelastung kann auf höheren Materialverbrauch,
teurere Rohstoffe oder längere Fertigungszeit zurückgeführt werden, abhängig davon,
welche Bezugsgröße herangezogen wurde. Die Berechnung der Stückselbstkosten erfolgt
dann über die Multiplikation der produzierten Menge des Produktes i mit der jeweiligen
Äquivalenzziffer und der anschließenden Multiplikation der Rechnungseinheit mit den
Stückkosten des Produktes i, die vorher zu ermitteln sind. Danach werden die Gesamt-
kosten pro Produkt oder Sorte ausgewiesen.
Bei Bestandsänderungen von Halb- und Fertigfabrikaten kann die Äquivalenzziffern-
kalkulation nach dem Vorbild der mehrstufigen Divisionskalkulation zu einem mehr-
stufigen Rechenverfahren ausgebaut werden. Dabei sind auf der Grundlage von Äquiva-
lenzziffern für jede Kostenstelle die Herstellkosten jeder Sorte zu ermitteln.
33
3.1.3 summarische und differenzierende Zuschlagskalkulation
Zentrale Voraussetzung für die Anwendung der Äquivalenzziffernkalkulation ist, dass im
Unternehmen gleichartige Erzeugnisse gefertigt werden. Die meisten Betriebe fertigen
jedoch verschiedenartige Erzeugnisse in unterschiedlichen Arbeitsabläufen.
34
Insbeson-
dere bei Serien- und Einzelfertigung, bei heterogener Kostenstruktur in den einzelnen
Fertigungsstufen und laufenden Lagerbestandsveränderungen bei Halb- und Fertigerzeug-
nissen kann die Zuschlagskalkulation angewendet werden.
35
Sie setzt dabei eine Trennung
der Kosten in Einzel- und Gemeinkosten voraus. Dabei werden die Einzelkosten dem
Kostenträger direkt zugerechnet, Gemeinkosten müssen über einen prozentualen Ver-
rechnungssatz umgelegt werden. Die Gemeinkosten entsprechen zwar monetär den Res-
sourcen, die für den Herstellungsprozess benötigt werden, diese werden aber nicht voll-
ständig nur für einen Kostenträger verbraucht. Dazu gehören z.B. in einem Mehrprodukt-
unternehmen Kosten für Gebäude, Maschinen, Löhne, Gehälter und Energieversorgung.
Die Zuschlagskalkulation geht von der Prämisse aus, dass sich die Gemeinkosten
proportional zu den Einzelkosten verhalten.
Je nach gewünschtem Grad der Genauigkeit der Kalkulation kommen unterschiedliche
Verfahren in Betracht. Bei der summarischen Zuschlagskalkulation werden die gesamten
Gemeinkosten der Abrechnungsperiode durch einen einzigen summarischen Zuschlags-
32
Vgl. Eisele (2002); S. 724
33
Vgl. ebenda; S. 726
34
Vgl. Olfert (2001); S. 192
35
Vgl. Eisele (2002); S. 726

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
16
satz verrechnet. Eine Kostenstellenrechnung ist daher nicht erforderlich. Als Bezugsbasis
kommen die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten oder die gesamten Einzel-
kosten in Betracht.
36
.
Bei der differenzierenden Zuschlagskalkulation werden die Gemeinkosten nicht mehr
pauschal verrechnet, sondern es werden Zuschlagsbasen verwendet, die in einem ursäch-
lichen Zusammenhang mit dem Entstehen der Gemeinkosten stehen. Sie setzt weiterhin
eine Trennung der Gemeinkosten in Material-, Fertigungs-, Vertriebs- und Verwaltungs-
gemeinkosten voraus.
37
Die Gemeinkosten werden dann über einen prozentualen
Zuschlagssatz, der sich über die Basis der jeweiligen Einzelkosten ergibt, dem Produkt
zugerechnet. Gebräuchlich ist ein Kalkulationsschema, wie nachfolgend aufgezeigt:
Abbildung 3-1: Kalkulationsschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation
Mit der Zunahme der Automatisierung in Industriebetrieben ist regelmäßig eine Umstruk-
turierung im Kostengefüge verbunden. Die Einzelkosten werden durch fixe Gemeinkosten
verdrängt. Damit entsteht für die Zuschlagskalkulation nach E
ISELE
die Konsequenz, dass
auf einer immer geringer werdenden Einzelkostenbasis ein größeres Gemeinkostenvo-
lumen verteilt werden muss. Dies kann durchaus zu rechnerischen Gemeinkostenzu-
schlagssätzen von mehreren tausend Prozent führen. Die Folge daraus ist, dass gering-
36
Vgl. Eisele (2002); S. 726
37
Vgl. Olfert (2001); S. 193 f.
Materialeinzelkosten
+ Materialgemeinkosten [%]
= Materialkosten
Fertigungseinzelkosten
+ Fertigungsgemeinkosten [%]
= Fertigungskosten
Herstellkosten
+ Vertriebsgemeinkosten [%]
+ Verwaltungsgemeinkosten [%]
+ Sondereinzelkosten des Vertriebes
= Selbstkosten
+ Gewinnzuschlag [%]
= Barverkaufspreis
+ Kundenskonto [%]
= Zielverkaufspreis
+ Kundenrabatt [%]
= Angebotspreis

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
17
fügige Fehler bei der Bemessung der Zuschlagsgrundlage umfangreiche Fehler bei der
Gemeinkostenverrechnung nach sich ziehen, die eine verursachungsgerechte Gemein-
kostenverrechnung nicht mehr gewährleisten.
38
Ein geringfügiger Erfassungsfehler bei
den Einzelkosten schlägt sich über den hohen Zuschlagssatz überproportional nieder und
kann damit zu schwerwiegenden Kalkulationsfehlern führen. Weiterhin bedürfen Ände-
rungen der Einzelkosten, wie z.B. Lohnkostenänderungen immer einer aufwändigen
Änderung der Zuschlagssätze.
3.1.4 Zuschlagskalkulation bei Maschinenstundensatzrechnung
Die Zuschlagskalkulation verrechnet einen einheitlichen Fertigungsgemeinkostensatz für
alle Kostenträger, welche die Leistung der jeweiligen Kostenstelle in Anspruch nehmen.
Eine derartige Abrechnung führt aber zu einer unzutreffenden Belastung der Produkte,
wenn diese die Anlagen der Kostenstelle nicht gleichmäßig beanspruchen und die einge-
setzten Maschinen unterschiedlich hohe Kosten auslösen. Probleme in der Kalkulation
ergeben sich dann, wenn die Fertigungsgemeinkosten zu niedrig angesetzt werden, die
Fertigung jedoch auf einer Maschine erfolgt, die hohe Kosten verursacht. Eine genauere
Maschinenstundensatzrechnung kann dieses Problem minimieren, sie weicht aber nur bei
den Fertigungsgemeinkosten von der Zuschlagskalkulation ab.
39
Für die Maschinenstundensatzrechnung ist es notwendig, die Gemeinkosten nach ihrer
Maschinenabhängigkeit einzuteilen:
Abbildung 3-2: Gemeinkosteneinteilung nach Maschinenabhängigkeit
Die maschinenabhängigen Gemeinkosten werden im BAB getrennt ermittelt, während die
verbleibenden Restgemeinkosten den Einzelkosten als Gesamtblock zugeschlagen
werden.
38
Vgl. Eisele (2002); S. 731
39
Vgl. Olfert (2001); S. 197
maschinenabhängige
Gemeinkosten
maschinenunabhängige
Gemeinkosten =
Restgemeinkosten
Energiekosten
Hilfslöhne
Instandhaltungskosten
Gehälter
Werkzeugkosten
Sozialkosten
kalkulatorische Abschreibungen
Heizungskosten
kalkulatorische Zinsen
Hilfsstoffe
Raumkosten

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
18
Für den Stundensatz ist es zunächst erforderlich, die jährliche Laufzeit der einzelnen
Maschine zu ermitteln. Die Maschinenlaufzeit wird nach der VDI-Richtlinie 3258 fol-
gendermaßen errechnet:
T
L
= T
G
- T
ST
- T
IH
Gl. 3-4
T
L
Maschinenlaufzeit (Std./Periode)
T
G
Gesamte Maschinenzeit (Std./Periode)
T
ST
Stillstandszeit (Std./Periode)
T
IH
Instandhaltungszeit (Std./Periode)
Bei der Maschinenlaufzeit handelt es sich um die Zeit, welche die Maschine tatsächlich
im Jahr eingesetzt wird (Ist-Zeit). Die gesamte Maschinenzeit hingegen ist die Soll-Zeit,
demnach die Zeit, welche die Maschine theoretisch in einem Jahr laufen könnte, wenn sie
ständig in Betrieb wäre. Zur Stillstandszeit ist die Zeit zu zählen, bei welcher die
Maschine nicht betätigt wird. Dazu zählen arbeitsfreie Tage im Jahr, Arbeitszeiten, zu
denen nicht gearbeitet wird (z.B. wenn an einem Arbeitstag nur 2-schichtig gearbeitet
wird, dann gilt die dritte Schicht als Stillstandszeit) oder auch betriebsbedingte Still-
standszeiten, die als prozentuale Erfahrungswerte bekannt sind. Demnach werden die
betrieblichen Stillstandszeiten i.d.R. als Prozentwerte auf die gesamte Maschinenzeit
angerechnet. Die Instandhaltungszeiten werden ebenso über einen prozentualen Satz von
der gesamten Maschinenzeit abgesetzt. Dies können Wartungsarbeiten oder Reparaturen
an der Maschine sein.
Nachdem die Maschinenlaufzeit bekannt ist, wird der Maschinenstundensatz berechnet,
der sich aus der Addition der einzelnen maschinenabhängigen Gemeinkosten in pro
Stunde ergibt.
40
-
Kalkulatorische Abschreibungen der Maschine:
L
T
ND
WBW
AfA
=
Gl. 3-5
-
Kalkulatorische Zinsen je Maschinenstunde:
L
T
100
z
WBW
2
1
Zinsen
=
Gl. 3-6
40
Vgl. Olfert (2001); S. 200 f.

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
19
-
Instandhaltungskosten je Maschinenstunde:
L
GES
T
ND
INST
kosten
.
Inst
=
-
Gl. 3-7
-
Raumkosten je Maschinenstunde:
L
2
T
m
/
Satz
Fläche
Raumkosten
=
Gl. 3-8
-
Energiekosten je Maschinenstunde:
Energiekosten = Energiebedarf pro Std.
·
Kosten je Energieeinheit Gl. 3-9
WBW
Wiederbeschaffungswert der Maschine
ND
Nutzungsdauer
der
Maschine
z
Zinssatz
[%]
INST
GES
gesamte Instandhaltungskosten
Die Fertigungsgemeinkosten schließlich sind mithilfe dieses Maschinenstundensatzes
relativ einfach ermittelbar. Wenn eine bestimmte Maschine in einem Fertigungsvorgang
belegt wird, muss die Fertigungszeit für diesen Bearbeitungsvorgang bestimmt werden.
Die Fertigungszeit [Std.] wird dann mit dem Stundensatz multipliziert und ergibt somit
die Fertigungsgemeinkosten in der Zuschlagskalkulation. Die maschinenunabhängigen
Gemeinkosten werden vorher über die Verrechnung auf Basis der Fertigungslöhne in der
Zuschlagskalkulation berücksichtigt. Damit setzen sich die Fertigungskosten folgender-
maßen zusammen:
Die Herstellkosten und die Selbstkosten werden weiterhin mithilfe der differenzierenden
Zuschlagskalkulation ermittelt.
Fertigungseinzelkosten [Lohn]
+
Restgemeinkosten
+
Fertigungsgemeinkosten
[F-Zeit * Stundensatz]
=
Fertigungskosten

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
20
3.1.5 Kuppelkalkulation
Kuppelprodukte sind jene Erzeugnisse, die aufgrund von technischen Gegebenheiten
zwangsläufig gemeinsam anfallen. Beispiele sind Koks, Gas, Teer und Benzol in Koke-
reien, Roheisen, Gichtgas und Schlacke in Hochöfen. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit
der einzelnen Erzeugnisse heraus ist die Bestimmung der Kosten für jedes der Erzeug-
nisse schwierig, da die Kosten nur dem gesamten Fertigungsprogramm und ­bereich
zugerechnet werden können. Es handelt sich bei der Kuppelkalkulation um ein Ver-
fahren, das die Kosten nicht verursachungsgerecht verrechnen kann, da der Kostenanteil
der verschiedenen Kuppelprodukte nicht ermittelbar ist, sondern um eine Methode, die
sich am Prinzip der Kostentragfähigkeit orientiert.
41
Bei dieser Art der Kalkulation treten
Schwierigkeiten vor allem deshalb auf, weil die verschiedenen Produkte die Produktions-
faktoren gleichzeitig und gemeinsam verbrauchen. Daher lassen sich die Kosten nicht
vollständig nach Kostenträgern differenziert verrechnen. Eine Kostenzurechnung nach
dem Verursachungsprinzip ist nicht möglich, sondern muss das Durchschnitts- oder
Kostentragfähigkeitsprinzip heranziehen.
42
Eine Unterteilung der Kuppelkalkulation
erfolgt in die Restwertrechnung und die Verteilungsrechnung.
Die Restwertrechnung wird bei der Kalkulation von Kuppelprodukten dann angewendet,
wenn ein Haupterzeugnis und ein oder mehrere Nebenerzeugnisse hergestellt werden. Es
ist umso besser geeignet, je geringer der Wert des oder der Nebenerzeugnisse ist.
43
Folgende Berechnung kennzeichnet die Restwertberechnung:
H
xNi
ANi
Ni
H
H
x
)
k
P
(
K
k
-
-
=
Gl. 3-10
k
H
Herstellkosten pro Haupterzeugniseinheit
K
H
Gesamtkosten des Kuppelprozesses
x
H
Menge des Haupterzeugnisses
x
Ni
Menge des Nebenerzeugnisart i
P
Ni
Preis pro Einheit des Nebenerzeugnisart i
K
ANi
Weiterverarbeitungskosten pro Einheit der Nebenerzeugnisart i
Die Verteilungsrechnung findet Anwendung, wenn aus einem verbundenen Produktions-
prozess mehrere Haupterzeugnisse hervorgehen. Die Gesamtkosten der Kuppelproduktion
41
Vgl. Olfert (2001); S. 202
42
Vgl. Eisele (2002); S. 734
43
Vgl. Olfert (2001); S. 203

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
21
werden mithilfe von Äquivalenzziffern auf die einzelnen Erzeugnisse verteilt.
44
Die
Verteilung kann über die geschätzten Marktpreise der jeweiligen Erzeugnisse oder
aufgrund eines technischen Schlüssels erfolgen.
3.2 Weitere Formen von Kalkulationen und Preisberechnungen
3.2.1 Kalkulation in der Prozesskostenrechnung
Die bisher vorherrschende Fragestellung war: Was kostet eine Einheit des an den externen
Kunden zu liefernden (Vorkalkulation) bzw. gelieferten (Nachkalkulation) Produktes. Die
Prozesskostenrechnung hingegen legt die Sichtweise auf die direkten und indirekten Pro-
zesse, die notwendig sind, ein Produkt herzustellen und zu verkaufen. Die Fragestellung
lautet dabei wie folgt: Was kostet ein interner Produktions- oder Dienstleistungsprozess,
z.B. die Angebotsausarbeitung im Vertrieb, ein Rüstprozess der Maschine A in der Pro-
duktion oder eine Rechnungserstellung in der Finanzbuchhaltung?
45
Damit wird nicht nur
die Leistung für externe Kunden, sondern auch für interne Kunden kalkuliert.
46
Dabei ist die Prozesskostenrechnung ihrem Wesen nach eine Vollkostenrechnung. Sie
teilt alle im Unternehmen erbrachten Leistungen ­ vor allem auch im indirekten Bereich ­
in funktionale (Teil-)Prozesse. Ein Prozess ist dabei als ,,geordnete Folge von Aktivitäten
(Vorgängen, Tätigkeiten, Arbeitsgängen) [zu verstehen], die sich auf ein bestimmtes
Arbeitsobjekt bezieht und bei erneutem Arbeitsvollzug an einem weiteren Arbeitsobjekt
identisch wiederholt wird".
47
Diesen Teilprozessen lassen sich die Kosten der jeweiligen
Aktivität zuordnen. Die Weiterverrechnung erfolgt dann mit direkten, prozessspezifischen
Bezugsgrößen (cost-driver, Maßgrößen), wie z.B. Anzahl bearbeiteter Angebote, Anzahl
geprüfter Rechnungen, Anzahl Postausgänge, Anzahl Vorkalkulationen etc..
48
Die
Prozesse und Aktivitäten, für die sich quantitative Bezugsgrößen ermitteln lassen, werden
als leistungsmengeninduziert bezeichnet. Diesen stehen die leistungsmengenneutralen
Aktivitäten und Prozesse gegenüber, für welche sich die Bezugsgrößen nicht quantitativ
erfassen lassen oder sich keine direkten mengenmäßigen Korrelationen zwischen Res-
sourceneinsatz und erstellter Leistung ergeben.
49
Die Durchführung der Kalkulation erfolgt in zwei Schritten: Zuerst werden mit Hilfe von
Prozesskostensätzen die Kosten der leistungsmengeninduzierten Prozesse verrechnet. In
44
Vgl. Olfert (2001); S. 204
45
Vgl. Wilde (2004); S. 83
46
Vgl. Pepels (1999); S. 255
47
Eisele (2002); S. 790
48
Vgl. Eisele (2002); S. 790
49
Vgl. ebenda; S. 794

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
22
einem weiteren Schritt erfolgt dann die Umlage der übrigen betrieblichen Kosten bzw. der
Kosten der leistungsmengenneutralen Prozesse.
50
Zuerst werden für die leistungsmengeninduzierten Prozesse die zugehörigen Prozess-
kostensätze ermittelt. Dazu werden für jeden einzelnen Prozess die (Plan-)Prozesskosten
durch die zugehörigen (Plan-)Prozessmengen dividiert. Das Ergebnis ist der Prozess-
kostensatz s
Pr
. Mit Hilfe dieser Kostensätze werden die Kosten der einzelnen Prozesse auf
die Kalkulationsobjekte verrechnet. Jedes Kalkulationsobjekt wird entsprechend seiner In-
anspruchnahme eines Prozesses anteilig mit den dabei entstehenden Kosten belastet. Dazu
wird der Prozesskostensatz mit der kalkulationsobjektbezogenen Prozessmenge multi-
pliziert. Verursacht z.B. die Hereinnahme eines Kundenauftrages drei Produktänderungen,
so sind bei einem Prozesskostensatz von 300 GE diesem Auftrag 900 GE für die Durch-
führung von auftragsspezifischen Produktänderungen zuzurechnen.
51
Sollte zwischen den indirekten Prozessen, deren Kosten und den jeweiligen Kalkulations-
objekten kein Zusammenhang hergestellt werden können, findet sich in der Literatur der
Vorschlag einer Variantenkalkulation. Auf der Basis einer vorgegebenen Produkt- und
Mengenstruktur (z.B. 3 Varianten und 10.000 Einheiten) wird für jeden Prozess der
prozentuale Anteil der Planprozessmenge geschätzt, der variantenabhängig bzw. volu-
menabhängig entsteht. Anschließend werden produktbezogene, varianten- bzw. volumen-
abhängige Verrechnungssätze s
var
und s
vol
gebildet. Die Verrechnungssätze werden
schließlich für jede Variante addiert. Damit ist der Teil der Kosten eines Prozesses, der
auf ein Produkt einer Variante entfällt, bestimmt.
52
Problematisch ist bei diesem Verfah-
ren allerdings, dass die Verteilung der Prozesskosten aufgrund von Schätzungen erfolgt
und damit nicht zwingend verursachungsgerecht ist.
53
Bei leistungsmengenneutralen Prozessen lässt sich hingegen kein direkter Zusammenhang
zwischen den Prozesskosten und den Kalkulationsobjekten herstellen. Diese können über
prozentuale Umlagesätze verrechnet werden. H
ORVÁTH
/M
AYER
schlagen vor, die Kosten
der leistungsmengenneutralen Prozesse proportional zum Verhältnis der Prozesskosten
der leistungsmengeninduzierten Prozesse umzulegen.
54
Der prozentuale Umlagesatz wird
anschließend dem Prozesskostensatz s
Pr
zugeschlagen und danach mit diesem addiert.
Dem Vorteil der leichten Anwendbarkeit stehen hierbei die Nachteile der Vollkosten-
rechnung entgegen, insbesondere der Aufschlüsselung der Fixkosten. C
OENENBERG
/
50
Vgl. Eisele (2002); S. 796
51
Vgl. ebenda; S. 796 f.
52
Vgl. Hieke (1998); S. 20 f.
53
Vgl. Eisele (2002); S. 798
54
Vgl. Horváth/Mayer (1989); S. 214 ff.

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
23
F
ISCHER
schlagen als Alternative dazu eine Behandlung der leistungsmengenneutralen
Prozesse als Sammelposition vor.
55
Damit können die Nachteile einer Vollkostenverrech-
nung vermieden werden.
3.2.2 Marktorientierte Kalkulationen
Die Methoden der marktorientierten Preisbestimmungen stützen sich nicht ausschließlich
auf Kosten, sondern vor allem auf Reaktionen der Marktteilnehmer. Dabei sind die Wir-
kungen alternativer Preisforderungen auf den preispolitischen Zielerreichungsgrad von
besonderem Interesse.
56
Beispielsweise findet sie Anwendung innerhalb der Zielkosten-
rechnung bzw. des Target Costing. Target Costing hat seinen Ursprung in Japan in den
1970er Jahren. Die Kernfrage lautet: Was darf ein Produkt kosten? Die Frage kann auch
lauten, welchen Preis akzeptieren die Kunden? Die Kalkulation erfolgt mit der strate-
gischen Absicht, neue Erfolgspotenziale auf deren Realisierungsmöglichkeiten abzu-
schätzen. Sie versucht Preis, Gewinn und Kosten miteinander abzustimmen, wobei der
von der Marktforschung ermittelte Zielpreis als feststehend angenommen wird.
57
Unter
Annahme unterschiedlicher Preisforderungen wird eine Rückrechnung der Auswirkungen
der Preise auf die Zielerreichung vorgenommen. D
ILLER
spricht bei diesem Vorgehen von
einer ,,retrograden Kalkulation".
58
Die marktorientierten Preisverfahren basieren auf den
Prinzipien der Teilkostenrechnung. Sie gehen davon aus, dass es kaum möglich ist,
empirisch gehaltvolle funktionale Zusammenhänge in Form von Preis-Absatz- oder Preis-
Kosten-Funktionen zu ermitteln. Vielmehr wird eine realistische Schätzung von Absatz-
und Umsatzwerten für alternative Preisforderungen vorgenommen.
Ein einfaches Verfahren ist die Break-Even-Analyse. Sie berechnet die für das Erreichen
der Gewinnschwelle erforderlichen Absatzmengen bei einem gegebenen Preis. Dem
Verfahren liegt die Überlegung zugrunde, dass die Gewinnschwelle erreicht wird, wenn
die Kosten gleich dem Umsatz sind:
x
p
x
k
K
v
f
=
+
Gl. 3-11
Die kritische Absatzmenge, bei der die Gewinnschwelle erreicht wird, liegt in dem Punkt,
in dem die Deckungsspanne (Stückdeckungsbeitrag) den fixen Kosten entspricht.
55
Vgl. Coenenberg/Fischer (1991); S. 30 f.
56
Vgl. Bruhn (2004); S. 177
57
Vgl. Horváth et al. (1996); S. 8-30
58
Vgl. Diller (2000); S. 226 ff.

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
24
v
f
krit
k
p
K
x
-
=
Gl. 3-12
x
krit
kritische
Absatzmenge
p Preis
x Absatzmenge
k
v
variable
Stückkosten
K
f
gesamte
Fixkosten
Die endgültige Preisentscheidung wird davon abhängig gemacht, welche (kritischen)
Absatzmengen das Management als realistisch ansieht und welches Risiko akzeptiert
wird, um mit den verschiedenen Preisen bestimmte Gewinnaussichten zu realisieren.
Eine weitere Methode ist die Preisfestlegung nach der Deckungsbeitragsrate, welches auf
der Break-Even-Analyse aufbaut. Die Deckungsbeitragsrate (DR) drückt dabei den Anteil
zur Deckung der Fixkosten und zur Erzielung eines Gewinns je Preis- bzw. Umsatzeinheit
aus. Sie wird wie folgt berechnet:
U
K
U
p
k
p
DR
v
v
-
=
-
=
Gl. 3-13
Die Gewinnschwelle (U = K) lässt sich berechnen aus:
DR
K
U
f
krit
=
Gl. 3-14
DR
Deckungsbeitragsrate
p Preis
k
v
variable
Stückkosten
K
v
gesamte variable Kosten
K
f
gesamte
Fixkosten
U Umsatz
U
krit
kritischer
Umsatz

Theoretische Grundlagen der Kostenträgerrechnungen
25
Für das Management ist die Deckungsbeitragsrate als ein Hilfsinstrument zu verstehen,
das die zur Überschreitung der Gewinnschwelle notwendigen Absatzmengen, Umsätze
bzw. Preise verdeutlicht.
59
In der Realität bestehen aber auch zahlreiche Unsicherheiten über preispolitische Reak-
tionen der Marktteilnehmer, die zwar durch Preistests und Abnehmerbefragungen gemin-
dert, aber nicht vollständig abgebaut werden können. Dennoch sind die Entscheidungs-
träger aufgrund ihrer Marktkenntnis oft in der Lage, Aussagen über Wahrscheinlichkeiten
von Reaktionen der Marktteilnehmer zu treffen. Den Unsicherheiten kann bei der
Preisbestimmung durch die Einbeziehung von Risikoüberlegungen Rechnung getragen
werden. Ein Ansatz besteht darin, die Reaktionen der Konkurrenten und Abnehmer auf
alternative Preise mit Wahrscheinlichkeiten zu versehen. Nach der Methode der Erwar-
tungswertmaximierung kann berechnet werden, welche Preisforderung unter Berück-
sichtigung der Wahrscheinlichkeiten des Eintretens von Umweltzuständen empfehlens-
wert ist. Der Erwartungswert errechnet sich:
.!
max
W
e
E
j
J
1
j
p
p
j
=
=
Gl. 3-15
E
p
Erwartungswert der Ergebnisse beim Preis p
e
pj
Ergebnisausprägung der Zielgröße bei den Preisalternativen p und Eintritt der
Umweltzustände j (j 0 1...J)
W
j
Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Umweltzustandes
Die marktorientierten Verfahren zur Preisbestimmung sind insgesamt gut geeignet, den
Anforderungen zur Festlegung von Preisen gerecht zu werden. Sie unterstützen, unter
Nutzung bestehender Informationen, eine Entscheidung zu optimieren.
60
59
Vgl. Diller (2000); S. 235 f.
60
Vgl. ebenda; S. 235 f.

Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
26
4. Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
4.1 Grundlagen der Planungsstudien
Die Ermittlung eines optimalen Konzeptes für eine Kalkulation im Rahmen einer Ange-
botsphase kann mit Hilfe einer Planungsstudie erfolgen. Die Methodik der Planungsstu-
die findet sich im Themengebiet der Fabrikplanung und wird in der Literatur in verschie-
denen Publikationen behandelt.
61
Ein wichtiger Vertreter, der sich eingehend mit Planungsstudien und Feasibility-Studien
im Rahmen der Fabrikplanung beschäftigt hat, ist A
GGTELEKY
.
62
Er zeigt auf, dass sich
Fabrikplanung immer mehr als eine interdisziplinäre Aufgabe erweist, die auf eine
problembezogene Auslegung, gegenseitige Abstimmung und einheitliche Anwendung der
Methoden, Hilfsmittel, Vorgehensweisen und Organisationsformen angewiesen ist. Gera-
de komplexe und umfangreiche Projekte sind aufgrund ihrer unternehmerischen Bedeu-
tung bereits in der Angebotsphase und nicht erst in der Realisierung auf ein einheitliches
Vorgehen angewiesen. Eine solche zusammenfassende Behandlung, in der alle wesent-
lichen Aufgabenbereiche der Fabrikplanung ausgeführt werden, findet sich in den Publi-
kationen von A
GGTELEKY
in besonderem Maße, an deren Strukturierung sich diese
Masterarbeit orientiert. Integrativer Bestandteil der Planungsstudie ist eine Feasibility-
Studie. Nach A
GGTELEKY
bildet diese den wichtigsten Teil einer Planungsstudie. Das Ziel
ist die optimale Konzeption der vorgesehenen Anlage, wobei es sich um eine einzelne
Maschine, eine Produktionslinie oder um ein komplettes Werk handeln kann. Sie kann
auch als Machbarkeitsstudie, jedoch besser als ,,Optimierungsstudie zur Ermittlung der
technisch-wirtschaftlich vorteilhaftesten Konzeption"
63
bezeichnet werden. Sie wird i.d.R.
mit einer Betriebsanalyse eingeleitet, wobei der bestehende Betrieb einer systematischen
Durchleuchtung unterzogen wird, um alle für die Planung erforderlichen Daten zu ermit-
teln.
64
Nach A
GGTELEKY
hat sich eine Feasibility-Studie dabei auf das Wesentliche zu
konzentrieren, ist aber auch an ein bestimmtes Maß an Planungstiefe und Genauigkeit der
Ermittlungen angewiesen.
65
Maßgebend dabei ist die Sicherstellung der Anforderungen
für die objektive Entscheidungsfindung und Auswahl der optimalen Variante sowie für
die Beurteilung der Finanzierungswürdigkeit, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität.
61
siehe u.a. bei Koether et al. (2001), Engel (2005) oder Gleich et al. (2006)
62
Vgl. u.a. Aggteleky (1982); S. 349 ff., Aggteleky (1982); S. 438 ff., Aggteleky (1982); S. 516 ff. und
Aggteleky (1990); S. 46 ff.
63
Aggteleky (1982); S. 349
64
Vgl. Aggteleky (1981); S. 31
65
Vgl. Aggteleky (1990); S. 46

Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
27
Im Rahmen dieser Arbeit dient die Feasibility-Studie als Grundlage der Projektkalkula-
tion. Sie ermittelt die Daten und Zahlen, die in der Kalkulation zur Berechnung des
Angebotspreises verarbeitet werden. Dabei handelt es sich um eine anspruchsvolle, inter-
disziplinäre Aufgabe, die von Generalisten vorzunehmen ist, welche von Spezialisten und
Fachingenieuren beraten werden. Die reine ingenieurmäßige Planungsarbeit bildet nur
einen Teilbereich der Aufgaben. Hinzu kommen grundsätzlich die betriebswirtschaft-
lichen und unternehmerischen Aspekte. Die Feasibility-Studie wird vorzugsweise in
Teamarbeit im kleineren Kreis vorgenommen, der aus einem hauptamtlichen engeren
Kreis und einem beratend mitwirkendem äußeren Arbeitskreis bestehen sollte. Bei größe-
ren und komplexeren Projekten empfiehlt es sich, ein gemischtes Team aus internen Mit-
arbeitern und externen Spezialisten einzusetzen.
66
Gerade größere Unternehmen besitzen
eine ausreichende fachliche und personelle Möglichkeit, diese Studien mit einer größt-
möglichen Planungstiefe und Intensität durchzuführen. Das Know-how wird durch
mehrere Mitarbeiter der Fachabteilungen in das Projekt hineingetragen. Bei kleineren
Unternehmen, die eine solch umfangreiche Personalkapazität nicht besitzen, wird der
Inhaber die Vorgaben häufig selbst treffen, da dies oftmals an die Grenzen der finan-
ziellen Belastbarkeit des Betriebes geht und die Inhaberentscheidungen den Schwerpunkt
bilden bzw. es wird von der Geschäftsführung ein Gesamtverantwortlicher ernannt. Dieser
vertritt dann die entsprechenden Vorgaben in Absprache mit den Inhabern.
67
Nachfolgende Abbildung 4-1 stellt in Anlehnung an A
GGTELEKY
die organisatorische
Ausrichtung eines Planungsteams dar.
Abbildung 4-1: Organisatorische Gliederung des Planungsteams für Projektstudien
Quelle: in Anlehnung an A
GGTELEKY
(1990); S. 48
66
Vgl. Aggteleky (1990); S. 48
67
Vgl. Ebert (2002); S. 32 f.

Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
28
Die Feasibility-Studie kann in drei Phasen eingeteilt werden. Die erste Phase ist die
Strukturplanung
. Sie dient der Bedarfsermittlung und Dimensionierung der technischen
Betriebsausstattung an Maschinen und Anlagentechnik sowie der sonstigen Produktions-
mittel. Parallel dazu erfolgen die Auswahl der optimalen Fertigungssysteme, die Festle-
gung der Arbeitsschichten, die Dimensionierung der Ver- und Entsorgungssysteme und
die Gliederung der Betriebsbereiche und Teilsysteme. Die Ergebnisse der Strukturplanung
geben auch über den Personalbedarf an direkt in der Produktion benötigten Mitarbeitern
Auskunft. Die Strukturplanung bildet die Basis für die darauf folgende Globalplanung.
In der Phase der Globalplanung geht es um die Koordination und Abstimmung der einzel-
nen Funktionsbereiche. Diese Phase kann auch als Grobplanung bezeichnet werden. Hier-
her gehören die Materialflussplanung, die Flächen- und Raumplanung mit dem kon-
zeptionellen Teil der industriellen Bauplanung sowie die Layoutgestaltung. Sehr detail-
lierte Globalplanungen münden auch in einen Gesamtbebauungsplan. Im Mittelpunkt der
Globalplanung steht die Layoutplanung, in der die vorangegangenen, vorwiegend
abstrakten Planungsschritte reelle Gestalt annehmen. Der Layoutplanung kommt somit
sowohl aus planerischer Sicht als auch bei der Entscheidungsfindung und Festlegung der
Investitionen entscheidende Bedeutung zu.
Die letzte Phase der Feasibility-Studie ist die Kostenplanung, in welcher die Daten für die
nachfolgende Kalkulation und Wirtschaftlichkeitsrechnung ermittelt werden. Hierbei er-
folgt die direkte Kostenschätzung und ­optimierung sowie die Planung der Investitions-
ausgaben. Es ist charakteristisch für eine Feasibility-Studie, dass in den Phasen der
Strukur- und Globalplanung nur eine indirekte bzw. fragmentarische Kostenoptimierung,
z.B. für Raumkosten, Materialfluss oder Bereiche der Infrastruktur, vorgenommen werden
kann, da für eine genaue und lückenlose Preis- und Kostenerfassung noch die Einzel-
heiten fehlen. Wichtige Hilfsmittel dabei sind Verrechnungssätze oder Äquivalenzziffern
der Produktionsfaktoren sowie die Kostenvergleichsrechnungen für die Beurteilung der
Wirtschaftlichkeit von begrenzten Funktionsbereichen. Eine besondere Bedeutung kommt
der engen Verknüpfung der Kostenplanung und ­optimierung mit der Planung und Bud-
getierung der Investitionsausgaben zu. Insbesondere gilt dies für die gemeinsame Opti-
mierung der betrieblichen und kalkulatorischen Kosten bei der Systemwahl von Ferti-
gungs- oder Versorgungssystemen und bei der Auswahl der Betriebsmittel.
68
Die hier beschriebenen planerischen Vorarbeiten von Fabrikplanungsprojekten stellen ge-
wissermaßen das Standardvorgehen für größere und komplexere Investitionsvorhaben dar,
68
Vgl. Aggteleky (1990); S. 50 ff.

Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
29
wie sie auch innerhalb dieser Masterarbeit behandelt werden. Allerdings darf diese Vor-
gehensweise nicht als ein starres Schema aufgefasst werden, da sie immer an die jewei-
ligen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst werden muss. Besonders bei kleine-
ren, gut überschaubaren Planungsstudien, die unter Zeitdruck erstellt werden müssen, weil
z.B. ein fixer Angebotsabgabetermin unbedingt eingehalten werden muss, kann ein ver-
einfachtes Vorgehen gewählt werden. Grundsätzlich ist aber immer darauf zu achten, dass
die betriebswirtschaftlichen und unternehmerischen Aspekte nicht zu wenig Berücksich-
tigung finden und weder eine Unterplanung (mit der Gefahr der Fehlplanung), noch eine
Überplanung (und Verzögerung der Termine) eintritt. Zu Beginn einer Feasibility-Studie
müssen einige Daten ermittelt werden, wobei hier verschiedene Vorstudien zum Einsatz
kommen. Die Masterarbeit wird im Folgenden die Feasibility-Studie, vorher jedoch einige
wichtige Vorstudien vorstellen und abarbeiten.
4.2 Vorstudien
Vor Beginn der Feasibility-Studie und lange vor der Preiskalkulation stehen verschiedene
Vorstudien und eine gesamtunternehmerische erste Lagebeurteilung ­ jedoch in dieser
Phase noch ohne Fundierung durch Wirtschaftlichkeitsanalysen. Es werden erste grund-
legende Entscheidungen getroffen, die für die Erarbeitung und Berechnung eines passen-
den Kalkulationsmodells richtungsweisend sind. Ein wesentliches Ziel der Vorstudien ist
neben dem Überblick über Markt- und Standortgegebenheiten, die Ermittlung und Gene-
rierung von Daten, Fakten und Zahlen für die anschließende Planungs- und die darauf-
folgende Kalkulations- bzw. Entscheidungsphase. Für den Ablauf der Vorstudien lassen
sich keine genormten Prozessschritte festlegen. Sie hängen wesentlich von der Komplexi-
tät und Dimension des vorliegenden Projektes ab. Nachfolgende Teilschritte können dabei
berücksichtigt werden.
4.2.1 Marktanalyse
Die Erkundung der Marktlage und deren voraussichtliche Entwicklung ergeben die
Grundlagen für die Festlegung der Preisgestaltung. Eine Marktanalyse soll möglichst
langfristige Prognosen
69
und wichtige Daten zur Markt-, Konkurrenz- und Konsumenten-
situation liefern. Die Prognoseverfahren beruhen auf dem Prinzip, dass aufgrund einer
Analyse der gegenwärtigen Lage und der vorangegangenen Entwicklung der zukünftige
Trend vorausgesagt wird. Ein wichtiger Bestandteil der Marktanalyse ist die Wettbe-
69
Vgl. Aggteleky (1981); S. 243

Die Planungsstudie als Basis der Kostenermittlung
30
werbsanalyse. Nach einer Untersuchung der Konkurrenzunternehmen, die in dem Ziel-
markt bereits vertreten sind oder die während der Angebotsphase Mitbewerber um den
entsprechenden Auftrag sein könnten, ist es wesentliche Aufgabe der Wettbewerbs-
analyse, ,,die eigene Position im strategischen Dreieck zwischen Kunde und Konkurrenz
positiv zu gestalten".
70
W
ILDEMANN
nennt weiterhin das Benchmarking als einen weiteren
Baustein zur zielgerichteten Gestaltung der Beziehungen zu potenziellen Wettbewer-
bern.
71
Hierbei werden Produkte und insbesondere Prozesse und Methoden betrieblicher
Funktionen über mehrere Unternehmen hinweg verglichen, wobei als Maßstab der jewei-
lige ,,Best of class" herangezogen wird. Benchmarking ermöglicht über die Ermittlung
wettbewerbsorientierter Zielvorgaben hinaus das Aufdecken der Ursachen von
Unterschieden und Verbesserungsmöglichkeiten.
Bei der Vorbereitung einer Planungsstudie mit großen Investitionsvorhaben werden im
Rahmen der Marktanalyse nach A
GGTELEKY
u.a. folgende Fragen untersucht:
72
-
Art und Zusammensetzung der Kunden, Vergleiche mit anderen Ländern,
-
Zusammensetzung und Struktur der Konkurrenz bezüglich Produktion, Leistungs-
fähigkeit, wirtschaftlicher Lage, Entwicklungsabsichten etc.,
-
Untersuchung der Rohstofflage, Möglichkeiten zur Beschaffung (Import, Lokali-
sierung etc.) und Gestaltung des Preises sowie
-
Marktpreislage und zu erwartende Preisentwicklung.
Bei der Auswahl der Quellen, Gestaltung der Erhebungen, Beurteilung und Verarbeitung
der Angaben sowie bei der Interpretation der Ergebnisse werden Methoden der
Marktforschung angewendet. Die Marktforschung beschäftigt sich nach B
RUHN
mit einer
,,systematischen und empirischen Ermittlung und Aufbereitung relevanter Informationen
über Absatz- und Beschaffungsmärkte eines Unternehmens, um Marketing- und Manage-
mententscheidungen zu fundieren".
73
Als Bearbeitungsmethoden können nachfolgend auf-
geführte Marktforschungsformen verwendet werden, die wiederum vom jeweils vorlie-
genden Erhebungsfall abhängig sind.
70
Wildemann (1998); S. 346
71
Vgl. Wildemann (1998); S. 349
72
Vgl. Aggteleky (1981); S. 245 f.
73
Bruhn (2004); S. 89

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2008
ISBN (eBook)
9783836615082
DOI
10.3239/9783836615082
Dateigröße
12.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel – Karl-Scharfenberg-Fakultät, Studiengang Vertriebsmanagement
Erscheinungsdatum
2008 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
kraftfahrzeugteileindustrie projektplanung preiskalkulation wirtschaftlichkeitsrechnung automobilindustrie kalkulation wirtschaftlichkeitsberechnung projektmanagement feasibility studien
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Titel: Angebotsprozess, Preiskalkulation, Wirtschaftlichkeitsberechnung
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