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Die Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente

©2007 Diplomarbeit 188 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft, deren Ziel unter anderem die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes war, sind für die Bürger tiefgreifende Neuerungen auf verschiedenen Gebieten erreicht worden. Durch die Integration der Gütermärkte können Waren innerhalb der Gemeinschaftsgrenzen ohne bürokratische Hürden gehandelt werden, die Integration der Kapitalmärkte bewirkt, dass Kapital- und Zahlungsströme nahezu problemlos über Staatsgrenzen hinweg ihren Adressaten finden und auch die Integration der Dienstleistungsmärkte bringt entscheidende und spürbare Vorteile für den Endverbraucher.
Wenngleich die Errichtung des gemeinsamen Binnenmarktes als abgeschlossen angesehen werden kann, sind auf einzelnen Gebieten dennoch Harmonisierungsbestrebungen erforderlich, um diverse Probleme zu beheben.
Dazu zählen im Bereich des Dienstleistungssektors nationale Beschränkungen und Sonderregelungen, die die grenzüberschreitende Erbringung der einzelnen Dienstleistungen immer noch erschweren. Ein solches Problem stellte Anfang der 90er Jahre die unzureichende Harmonisierung auf dem Gebiet der Wertpapierdienstleistungen dar, die es den Unternehmen nicht ermöglichte ihre Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen, ohne dabei erhebliche Schwierigkeiten hinzunehmen.
Diesem Umstand wurde 1993 durch den Erlass der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie („Investment Services Directive“, ISD) Rechnung getragen, die durch Einführung eines Europäischen Passes für Wertpapierdienstleistungen die grenzüberschreitende Erbringung dieser erleichtern sollte. Damit einhergehend wurden auch Regelungen betreffend den Anlegerschutz und der Marktorganisation eingeführt. Die ISD stellte somit ein wesentliches Element zur Verwirklichung des Binnenmarktes dar.
Problemstellung:
Seit Erlass der ISD im Jahr 1993 haben sich auf den internationalen und europäischen Finanz- und Kapitalmärkten tiefgreifende Änderungen vollzogen. Mit dem Fortschreiten der Globalisierung und den zahlreichen Neuerungen der Kommunikationstechnologie, sind auch die internationalen Kapitalmärkte zusammengewachsen.
Um die europäischen Märkte und damit auch die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten, waren Veränderungen notwendig geworden. Nach einer langen Diskussions-, Konsultations- und Beratungsphase verschiedener europäischer Gremien und Teilnehmern der Wirtschaft, entstand ein neuer Rechtsrahmen für Finanzdienstleistungen, der auch den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Claudia Helms
Die Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente
ISBN: 978-3-8366-0989-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Anhalt, Köthen, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis... I
Abkürzungsverzeichnis...V
Abbildungsverzeichnis...VII
A. Einführung... 1
I. Einleitung... 1
II. Problemstellung und Zielsetzung... 3
III. Aufbau der Arbeit... 5
B. Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht ... 6
I. Einführung in das Kapitalmarktrecht... 6
1. Historische Entwicklung des Kapitalmarktrechts ... 6
2. Regelungsziele und Rechtsquellen ... 8
a. Regelungsziele ... 8
1) Funktionsschutz... 9
2) Anlegerschutz... 11
b. Rechtsquellen ... 12
3. Marktorganisation und Börsengesetz ... 14
a. Geld- und Devisenmarkt ... 14
b. Kapitalmarkt... 15
1) Die börslich organisierten Märkte des Börsengesetzes... 17
2) außerbörslich organisierte Märkte ... 18
c. Kassa- und Terminmarkt... 19
4. Marktteilnehmer ... 20
a. Finanzdienstleistungsunternehmen ... 21
b. Börsenmakler... 22
c. Emittenten... 23
d. Anleger ... 24

Inhaltsverzeichnis
II
5. Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente...25
a. Wertpapierdienstleistungen...26
1) Wertpapierdienstleistung als Hauptdienstleistung...26
2) Wertpapiernebendienstleistungen...28
b. Finanzinstrumente...29
6. Verhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes ...33
7. Staatliche Marktaufsicht...35
II. Europarechtlicher Hintergrund ...37
1. Die Marktfreiheiten...37
a. Freiheit des Dienstleistungsverkehrs und
Niederlassungsfreiheit...38
b. Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs ...39
2. Das Verfahren zur MiFID ...41
a. Die Richtlinie als Rechtsakt...41
b. Mitentscheidungsverfahren ...42
c. Lamfalussy- Verfahren ...44
C. Die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID)...46
I. Historische Entwicklung: Hin zur MiFID ...46
1. Der Vorgänger: Die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (ISD) ...46
2. Initiation: Tagung des Europäischen Rates in Cardiff ...47
3. Aktionsrahmen und Aktionsplan für Finanzdienstleistungen...49
a. Aktionsrahmen für Finanzdienstleistungen...49
b. Aktionsplan für Finanzdienstleistungen ...50
4. Grünbuch zur Aktualisierung der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ...52
II. Anwendungsbereich...54
1. räumlicher und zeitlicher Anwendungsbereich ...54
2. sachlicher Anwendungsbereich ...54
III. Vorschriften über Wertpapierfirmen ...57
1. Zulassung ...57
a. Zulassungspflicht...58
b. Zulassungsverfahren und ­umfang, Entzug der Zulassung ...58

Inhaltsverzeichnis
III
c. Zulassungsvoraussetzungen ... 61
1) personelle Anforderungen ... 61
2) organisatorische Anforderungen... 62
a) allgemeine organisatorische Anforderungen nach
Art. 13 der MiFID... 62
(1) Allgemeine Anforderungen ... 62
(2) Organisation und interne Kontrolle ... 63
(3) Outsourcing ... 65
(4) Aufzeichnung und Archivierung ... 67
(5) Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und -geldern ... 68
b) sonstige organisatorische Anforderungen... 70
2. Tätigkeit... 71
a. Allgemeine Bestimmungen ... 71
1) regelmäßige Überprüfung und laufende Überwachung ... 71
2) Interessenkonflikte... 72
a) Begriff... 72
b) Erkennen... 74
c) Vermeiden... 74
d) Offenlegen... 76
e) besonders: Finanzanalysen ... 76
f) besonders: Anreizzahlungen... 77
b. Bestimmungen zum Anlegerschutz... 78
1) Kundenklassifikation... 78
a) Kleinanleger ... 80
b) Professionelle Kunden ... 80
c) Geeignete Gegenpartei... 82
d) Wechsel zwischen den Kundenklassen ... 84
(1) Opting-in ... 85
(2) Opting-out ... 88
(3) Wechsel ohne ausdrücklichen Wunsch des Kunden ... 89
2) Wohlverhaltensregeln... 89
a) Informationspflichten ... 90
(1) Allgemeine Anforderungen an Informationen... 90

Inhaltsverzeichnis
IV
(2) Spezielle Informationspflichten...92
b) Prüfungspflichten...94
(1) Geeignetheitsprüfung...94
(2) Angemessenheitsprüfung...96
(3) ,,execution- only"- Geschäfte ...97
c) Pflicht zur kundengünstigsten Auftragsausführung
(,,best execution")...98
(1) Aspekte der Auftragsausführung und ihre Bewertung...98
(2) Grundsätze der Auftragsausführung ...99
(3) ausdrückliche Weisungen des Kunden ...100
d) Grundsätze zur Bearbeitung von Kundenaufträgen...101
3) vertraglich gebundener Vermittler ...102
3. Rechte der Wertpapierfirmen...104
IV. Recht der Handelsplätze...106
1. Begriffsbestimmungen ...107
a. Geregelte Märkte...107
b. Multilaterale Handelssysteme ...108
c. Systematische Internalisierer ...109
2. Transparenzvorschriften ...110
a. Vorhandelstransparenz für Geregelte Märkte und MTF ...110
b. Vorhandelstransparenz für Wertpapierfirmen und
Systematische Internalisierer ...111
c. Nachhandelstransparenz ...111
V. Behörden ...113
VI. Die Umsetzung in deutsches Recht ...115
D. Diskussion ...116
E. Zusammenfassung...125
Literaturverzeichnis ... cxxvi

Abkürzungsverzeichnis
V
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AG
Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)
Art. Artikel
Aufl. Auflage
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BB Betriebs-Berater
(Zeitschrift)
Bd. Band
Begr. Begründung
BGB Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BörsG Börsengesetz
BR-Drucks. Bundesratsdrucksache
BT-Drucks. Bundestagsdrucksache
bzw. beziehungsweise
d.h. das
heißt
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DepotG Depotgesetz
DurchRL Durchführungsrichtlinie
DurchVO Durchführungsverordnung
EG Europäische
Gemeinschaft
EGKS
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemein-
schaft
Einl. Einleitung
EUV
Vertrag über die Europäische Union
f. folgende
ff. fortfolgende
FFG Finanzmarktförderungsgesetz
FinDAG Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz
FRUG Finanzmarktrichtlinien-
Umsetzungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis
VI
FSAP
Financial Services Action Program, Aktionsplan für
Finanzdienstleistungen
FSPG
Financial Services Policy Group, Politische Gruppe für
Finanzdienstleistungen
GG Grundgesetz
HGB Handelsgesetzbuch
i.d.F.
in der Fassung
i.S.d.
im Sinne des/ der
i.V.m.
in Verbindung mit
InvG Investmentgesetz
ISD
Investment Services Directive
KWG
Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz)
lit. littera
(Buchstabe)
MiFID
Markets in Financial Instruments Directive (Richtlinie
über Märkte für Finanzinstrumente)
MTF
multilateral trading facility (Multilaterales Handels-
system)
Nr. Nummer
ÖBA
Österreichisches Bank-Archiv (Zeitschrift)
Pkt. Punkt
RegE Regierungsentwurf
Rn.
Randnummer
S. Satz,
Seite
sog.
sogenannte/ r/ n
UA Unterabsatz
vgl.
vergleiche
WM Wertpapiermitteilungen
(Zeitschrift)
WpHG
Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhan-
delsgesetz)

Abbildungsverzeichnis
VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Regelungsziele des Kapitalmarktrechts... 8
Abbildung 2: Der Finanzmarkt im volkswirtschaftlichen
Kreislaufdiagramm... 9
Abbildung 3: Unterscheidung der Finanzmärkte nach ihrer Fristigkeit 14
Abbildung 4: Organisation des Wertpapiermarktes ... 17
Abbildung 5:
Marktteilnehmer und ihre Beziehungen untereinander .. 20
Abbildung 6: Selbstemission und Fremdemission ... 23
Abbildung 7: Staatliche Aufsicht über den Finanzmarkt ... 35
Abbildung 8: Die Kundenkategorien und ihr Schutzniveau... 79

Einführung
1
A.
Einführung
I. Einleitung
Seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft, deren Ziel unter anderem
die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes war, sind für die Bürger
tiefgreifende Neuerungen auf verschiedenen Gebieten erreicht worden.
Durch die Integration der Gütermärkte können Waren innerhalb der Ge-
meinschaftsgrenzen ohne bürokratische Hürden gehandelt werden, die
Integration der Kapitalmärkte bewirkt, dass Kapital- und Zahlungsströme
nahezu problemlos über Staatsgrenzen hinweg ihren Adressaten finden
und auch die Integration der Dienstleistungsmärkte bringt entscheidende
und spürbare Vorteile für den Endverbraucher.
Wenngleich die Errichtung des gemeinsamen Binnenmarktes als abge-
schlossen angesehen werden kann, sind auf einzelnen Gebieten dennoch
Harmonisierungsbestrebungen erforderlich, um diverse Probleme zu
beheben.
Dazu zählen im Bereich des Dienstleistungssektors nationale Beschrän-
kungen und Sonderregelungen, die die grenzüberschreitende Erbringung
der einzelnen Dienstleistungen immer noch erschweren. Ein solches
Problem stellte Anfang der 90er Jahre die unzureichende Harmonisierung
auf dem Gebiet der Wertpapierdienstleistungen dar, die es den Unter-
nehmen nicht ermöglichte ihre Dienstleistungen in einem anderen Mit-
gliedstaat zu erbringen, ohne dabei erhebliche Schwierigkeiten hinzuneh-
men.
Diesem Umstand wurde 1993 durch den Erlass der Wertpapierdienstleis-
tungsrichtlinie (,,Investment Services Directive", ISD) Rechnung getragen,
die durch Einführung eines Europäischen Passes für Wertpapierdienstleis-
tungen die grenzüberschreitende Erbringung dieser erleichtern sollte.

Einführung
2
Damit einhergehend wurden auch Regelungen betreffend den Anleger-
schutz und der Marktorganisation eingeführt. Die ISD stellte somit ein
wesentliches Element zur Verwirklichung des Binnenmarktes dar.

Einführung
3
II. Problemstellung und Zielsetzung
Seit Erlass der ISD im Jahr 1993 haben sich auf den internationalen und
europäischen Finanz- und Kapitalmärkten tiefgreifende Änderungen voll-
zogen. Mit dem Fortschreiten der Globalisierung und den zahlreichen
Neuerungen der Kommunikationstechnologie, sind auch die internationa-
len Kapitalmärkte zusammengewachsen.
Um die europäischen Märkte und damit auch die europäische Wirtschaft
wettbewerbsfähig zu halten, waren Veränderungen notwendig geworden.
Nach einer langen Diskussions-, Konsultations- und Beratungsphase
verschiedener europäischer Gremien und Teilnehmern der Wirtschaft,
entstand ein neuer Rechtsrahmen für Finanzdienstleistungen, der auch
den zukünftigen Entwicklungen und Anforderungen Rechnung tragen soll.
Basierend auf einem neuen Verfahren für Rechtsvorschriften im Bereich
des Finanzmarktes wurde am 30. April 2004 die neue Richtlinie
2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (,,Markets in Financial
Instruments Directive"; MiFID) erlassen.
Die MiFID in ihrem Umfang führt zu weitreichenden Veränderungen des
Kapitalmarktes und zu umfassenden Neuerungen im Dienstleistungssek-
tor für Wertpapiere, wovon die europäischen Länder jedoch unterschied-
lich stark betroffen sind.
Ausgehend vom Kapitalmarktrecht, welches als vorrangiger Regelungs-
gegenstand der MiFID betrachtet werden kann, soll die Richtlinie Gegens-
tand der vorliegenden Arbeit sein. Ziel dieser Abhandlung ist es, einen
Überblick über die MiFID, insbesondere in Hinblick auf einzuhaltenden
Verhaltenspflichten, zu geben. Dabei soll besonders auf die Veränderun-
gen, die die Einführung der MiFID mit sich bringt, eingegangen werden.

Einführung
4
Weiterhin wird die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erörtert
sowie zu erwartende Veränderungen diskutiert.

Einführung
5
III. Aufbau der Arbeit
Um die oben genannte Aufgabenstellung zu lösen, wird in der vorliegen-
den Arbeit zunächst eine Einführung in das Kapitalmarktrecht gegeben
und die für die Richtlinie bedeutsamen europarechtlichen Hintergründe
erläutert.
Nach einem historischen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte wird
der Inhalt der Richtlinie im Vordergrund stehen. Des Weiteren folgt ein
Überblick über die Umsetzung in nationales Recht.
Im dritten Teil setzt sich die Autorin kritisch mit der Richtlinie auseinander,
wobei ausgehend von den ursprünglichen Zielsetzungen die Einarbeitung
dieser in den Richtlinientext sowie die Umsetzung der fertigen MiFID in
nationales Recht beleuchtet wird. Abschließend stehen Betrachtungen der
zu erwartenden Änderungen im Vordergrund.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf
weitere zu erwartende Entwicklungen in diesem Bereich.

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
6
B.
Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt-
und Europarecht
I. Einführung in das Kapitalmarktrecht
1. Historische Entwicklung des Kapitalmarktrechts
Der Begriff des Kapitalmarktrechts ist ähnlich schwierig zu definieren wie
der Begriff des Kapitalmarktes selbst
1
. Ein Verständnis seiner Einordnung
in das deutsche Rechtssystem lässt sich jedoch unter anderem aus der
Betrachtung seiner Entwicklung herleiten.
Ausgangspunkt dieser Entwicklung, die im Zuge der Industrialisierung des
19. Jahrhunderts einsetzte, war die Aktiengesellschaft. Diese entwickelte
sich als Nachfolge der Handelskompanien ,,zur Kapitalsammelstelle für
größere Projekte jeder Art und zum Träger des wirtschaftlichen Auf-
schwungs"
2
. Gleichzeitig veränderte sich jedoch auch die Rolle der Ban-
ken in der Gesellschaft, die in ihrer Eigenschaft als Geldverleiher nicht
länger nur dem Staat zur Verfügung standen, sondern sich auch der priva-
ten Wirtschaft anboten
3
.
Angesichts dieser Entwicklung, die in zunehmendem Maße darüber hin-
aus mit negativen Folgen in Form von Unternehmensinsolvenzen verbun-
den war, entstand das Bedürfnis nach Schutz, dem in Form von Regulie-
rungsbestrebungen der zentralen Institutionen, den Aktiengesellschaften,
Rechnung getragen wurde. Dabei besann man sich nicht auf das bis dahin
geltende Konzessionssystem zurück, sondern entschloss sich für den
Ausbau des Aktienrechts, die Regulierung der mit dem Handel und der
1
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.124
2
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 5
3
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 6

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
7
Emission betrauten Einrichtungen sowie für die Verschärfung der Publizi-
tätsbestimmungen.
In diesen Bemühungen fand das Kapitalmarktrecht, welches zum damali-
gen Zeitpunkt stark auf den Anlegerschutz ausgerichtet war, seinen Ur-
sprung. Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts entwickelte es sich als
,,an der AG ausgerichtete Verbandsordnung und an der Börse orientierte
Marktordnung"
4
, wenngleich bis zur Mitte der 60er Jahre ein eher auf
langfristige Konsumgüter angelegtes Sparerverhalten kaum das Bedürfnis
nach weiteren Regulierungen weckte
5
.
Mit Zusammenbruch der ,,International Overseas Services" (IOS) in den
60er Jahren, die auf einem aggressiven Vertriebssystem beruhte, wurde
jedoch zum einen die gestiegene Investitionsbereitschaft und zum ande-
ren die damit verbundenen Gefahren deutlich
6
. Vor diesem Hintergrund
setzten neue gesetzgeberische Maßnahmen ein, die im Erlass des Aus-
landsinvestmentgesetzes und der Ergänzung des Gesetzes über Kapital-
anlagegesellschaften mündeten.
Dennoch waren weniger die klassischen Intermediäre sondern überwie-
gend der Graue Markt Ziel des anlagesuchenden Kapitals. In Ermange-
lung gesetzlicher Regulierung in diesem Bereich, befasste sich die Recht-
sprechung mit den damit auftretenden Problemen
7
.
Erst mit Einsetzen der Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen
Gemeinschaft (EG), die die rechtliche Ordnung des Kapitalmarktes zum
Ziel hatten, wurde der Kapitalmarkt Gegenstand gesetzgeberischen Han-
delns
8
. Zu den wichtigsten Regelungen zählten in diesem Zusammenhang
das 2. Finanzmarktförderungsgesetz (2. FFG) von 1994, welches unter
anderem dem Erlass des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) diente, und
die Umsetzung der ISD durch das Richtlinienumsetzungsgesetz von 1997.
4
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 7
5
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 9
6
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 10
7
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 13 f.
8
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 14

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
8
2. Regelungsziele und Rechtsquellen
a. Regelungsziele
Das Kapitalmarktrecht als funktionsbezogenes
9
Rechtsgebiet wird durch
zwei sich teilweise ergänzende Regelungsziele geprägt: Zum einen dient
es dem Schutz der Funktionstüchtigkeit des Kapitalmarktes, zum anderem
dem Schutz der Anleger
10
(siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Regelungsziele des Kapitalmarktrechts
11
Beides kann jedoch nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Störun-
gen des Anlegervertrauens, welches zum Erhalt und zur Steigerung der
volkswirtschaftlich benötigten Investitionen unverzichtbar ist, wirken sich
insofern auf die Funktionalität des Kapitalmarktes aus, dass ein dadurch
hervorgerufener Abzug von Investitionskapital, und damit einhergehend
von Liquidität, die ,,Leistungsfähigkeit der kapitalmarktbezogenen Einrich-
9
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.392
10
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.388
11
Die nicht explizit mit Quellenangaben versehenen Abbildungen sind eigens entwickelt
worden.
Anlegerschutz
Funktionsschutz
Individual-
schutz
institutionell
operationell
allokativ
Regelungsziele des
Kapitalmarktrechts
&
&
&
Kollektiv-
schutz

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
9
tungen und Ablaufmechanismen"
12
beeinträchtigt. Aus diesem Grund
sichern auch vertrauensbildende Maßnahmen, wie sie beispielsweise in
den Wohlverhaltensregeln des WpHG verankert sind, die Funktionsfähig-
keit des Kapitalmarktes und dienen damit gleichzeitig dem Funktions-
schutz als primäres Regelungsziel
13
, der seinen Ausdruck unter anderem
im Börsengesetz (BörsG) findet.
1) Funktionsschutz
Der Funktionsschutz dient laut deutschem Gesetzgeber ausschließlich
dem öffentlichen Interesse an effizienten Märkten
14
. Der Kapitalmarkt ist
ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Volkswirtschaft, die ein
harmonisches Gefüge aus verschiedenen Märkten und verschiedenen
Marktteilnehmern darstellt und die aufgrund zahlreicher Verknüpfungen in
verschieden starkem Maße voneinander abhängen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Der Finanzmarkt im volkswirtschaftlichen Kreislaufdiagramm
15
12
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.389
13
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.389
14
Beschlussempfehlung zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/7918, S. 102
15
aus Mankiw: Makroökonomik, S. 52
Faktormärkte
Finanzmärkte
Gütermärkte
Haushalte
Staat
Unternehmen
Einkommen
Faktorentlohnung
private Ersparnis
Konsum
Unternehmenserlöse
Defizit des
Staates
Staatsausgaben
Investitionen

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
10
In diesem Gefüge nehmen die Kapitalmärkte aus mehreren Gründen eine
herausragende Stellung ein. Zum einen spielen sie bei der Allokation
in- und ausländischer Ressourcen eine wichtige Rolle, da das gesteigerte
Bedürfnis an Finanzierungskapital nicht länger allein durch inländische
Anlagesuchende befriedigt werden kann. Zum anderen gewinnen auch
ausländische anlagesuchende Gelder immer mehr an Bedeutung
16
, da
das im Wege der Fremdfinanzierung verfügbare Kapital die in der Volks-
wirtschaft agierenden Unternehmungen erhält, sichert und stärkt und so
zum Wohlstand der Bevölkerung beiträgt.
Dies betrifft in zunehmendem Maße auch den Staat, der seine vielfältigen
Aufgaben schon seit einem längeren Zeitverlauf nicht ausschließlich an-
hand des Steueraufkommens finanzieren kann. Durch die Emission staat-
licher Wertpapiere werden auch in diesem Bereich neue Finanzierungs-
quellen erschlossen.
Darüber hinaus wird die private Altersvorsorge für die Bevölkerung immer
wichtiger, da durch die immer höhere Belastung der sozialen Sicherungs-
systeme eine staatliche Versorgung im Alter nicht mehr als gesichert
angesehen werden kann. Der einzelne Bürger ist auf alternative kapitalbil-
dende Maßnahmen angewiesen und wendet sich angesichts dieser Not-
wendigkeit ebenfalls den Kapitalmärkten zu.
Um diesen vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, ist ein ord-
nungsgemäßes Funktionieren der Finanzmärkte, sowohl in institutioneller
als auch in operationeller und allokativer Hinsicht unerlässlich
17
.
16
Begr. RegE zum 2. FFG, BT- Drucks. 12/6679, S. 33
17
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.400

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
11
2) Anlegerschutz
Die Allokation von Kapital auf dem Finanzmarkt kann jedoch nur dann
erfolgreich sein, wenn der Anleger ausreichend Vertrauen in die Funkti-
onsfähigkeit des Marktes besitzt. Um dieses Vertrauen zu stärken, ist auch
der Anlegerschutz ein erklärtes Regelungsziel des Kapitalmarktrechts.
Hierbei handelt es sich jedoch in den seltensten Fällen um einen an-
spruchsbegründender Schutz von Individualinteressen
18
. Vielmehr ist
darunter der ,,Schutz der unbestimmten Gesamtheit der Anleger als Träger
des Angebots- und Nachfragepotentials"
19
zu verstehen. Dieser kollektive
Anlegerschutz, der durchaus auch Individualinteressen zugute kommen
kann, ist als Bestandteil eines funktionstüchtigen Kapitalmarktes zu ver-
stehen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang der Schutz des Anle-
gervertrauens, der das primäre Regelungsziel Funktionsschutz unterstützt.
18
ein solcher individualschützender Charakter ist beispielsweise dem § 31 WpHG zuer-
kannt worden; vgl. Kumpan/ Hellgardt, DB 2006, S. 1715
19
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.419

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
12
b. Rechtsquellen
Das Kapitalmarktrecht wird aus einer Vielzahl unterschiedlicher Kodifizie-
rungen gespeist, was eine Durchdringung der Materie stark erschwert.
Dennoch lassen sich die wesentlichen Normierungen in einer strukturier-
ten Reihenfolge erfassen.
Zunächst kommen hierfür die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
privaten Banken und Genossenschaftsbanken sowie der Sparkassen und
Landesbanken und, diese präzisierend, eine Vielzahl von Sonderbedin-
gungen in Betracht.
Sie enthalten spezielle Regelungen für die einzelnen Geschäftsbeziehun-
gen zwischen dem jeweiligen Institut und dem Kunden. Hierzu zählen
beispielsweise Regelungen über die Ausführung von Aufträgen, deren
Kosten sowie Verhaltens- und Informationspflichten, die über die gesetzli-
chen Regelungen hinausgehen.
Zu den wichtigsten spezialgesetzlichen Normierungen zählen das WpHG
und das BörsG.
Das WpHG, welches als Grundgesetz konzipiert wurde und als ,,Keimzelle
des deutschen Kapitalmarktrechts"
20
angesehen wird, ist auf die Erbrin-
gung von Wertpapierdienstleistungen, den Handel mit Finanzinstrumen-
ten, den Abschluss von Finanztermingeschäften und auf Finanzanalysen
anwendbar
21
. Es regelt die Überwachung von Wertpapierdienstleistungs-
unternehmen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin), insbesondere in Hinblick auf Insidergeschäfte und Kurs- und
Marktpreismanipulationen. Darüber hinaus werden in ihm Verhaltensre-
geln sowie Mitteilungs- und Informationspflichten festgeschrieben, die im
Zusammenhang mit der Dienstleistungserbringung zu beachten sind.
20
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.439
21
vgl. § 1 Abs. 1 WpHG

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
13
Weiterhin als zentrale Normenquelle des Kapitalmarktrechts gilt das
BörsG, welches sich überwiegend auf das Handelsgeschehen an den
Wertpapierbörsen bezieht
22
. Es enthält Regelungen zur Organisation von
Börsen, deren Marktsegmenten und zur amtlichen Preisfestsetzung.
Darüber hinaus kommen auch generelle Gesetze (lex generalis), wie
beispielsweise das Aktiengesetz (AktG), das Handelsgesetzbuch (HGB)
und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), in Betracht. Deren einzelne Nor-
men sind dahingehend zu unterscheiden, ob es sich um solche mit kapi-
talmarktrechtlicher Relevanz oder um marktrelevante Normen ohne kapi-
talmarktrechtliche Qualität handelt
23
.
Eine Norm ist dann als kapitalmarktrechtlich relevant einzustufen, wenn ihr
Gesetzeszweck ,,so stark auf den Kapitalmarkt ausgerichtet ist, dass
diesen Gesetzesbestimmungen eine kapitalmarktrechtliche Normenquali-
tät zugewiesen werden kann"
24
. Dies ist immer dann der Fall, wenn die
fragliche Norm inhaltlich mit einer eindeutig kapitalmarktrechtlichen Norm
nahezu identisch ist
25
.
Ist eine solche Ähnlichkeit nicht gegeben, die Norm aber dennoch für die
rechtliche Ordnung des Kapitalmarktes von entscheidender Bedeutung,
handelt es sich um eine, die zwar marktrelevant ist aber keine kapital-
marktrechtliche Normenqualität aufweist
26
.
22
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.439
23
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.438
24
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.440
25
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.440
26
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.443

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
14
3. Marktorganisation und Börsengesetz
Die Struktur des Finanzmarktes lässt sich anhand einzelner Kriterien in
Marktsegmente unterteilen und damit besser erfassen.
a.
Geld- und Devisenmarkt
In einer ersten Stufe kann die Fristigkeit der gehandelten Kontrakte als
Abgrenzungsmerkmal dienen (siehe Abbildung 3). Danach unterscheiden
sich Devisen- und Geldmärkte einerseits von den Kapitalmärkten anderer-
seits.
Abbildung 3: Unterscheidung der Finanzmärkte nach ihrer Fristigkeit
Der Geldmarkt wird dem kurzfristigen Segment mit Laufzeiten von bis zu
einem Jahr zugeordnet
27
. Der Handel findet zwischen Kreditinstituten, der
Deutschen Bundesbank und großen Industrieunternehmen statt
28
und
erstreckt sich auf Euro-Guthaben und Geldmarktpapiere
29
. Bei Letzterem
handelt es sich vor allem um Emissionen des Bundes und der Länder,
beispielsweise in Form der unverzinslichen Schatzanweisungen.
Ebenfalls dem kurzfristigen Segment gehört der Devisenmarkt an. Ge-
genstand der Tauschbeziehungen sind Devisen, die in einem engeren und
einem weiteren Wortsinne definiert werden können.
27
Büschgen/ Börner: Bankbetriebslehre, S. 98 f.
28
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.157
29
Schimanski/ Bunte/ Lwowski: Bankrechtshandbuch, Bd. 3, § 104 Rn. 35 f.; Kümpel:
Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.158 f.
Finanzmarkt
kurzfristig langfristig
Devisenmarkt
Geldmarkt
Kapitalmarkt

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
15
Im engeren Sinne sind darunter ,,Ansprüche auf Zahlung in fremder Wäh-
rung an einem ausländischen Platz im Heimatland dieser Währung"
30
zu
subsumieren. Hierfür werden überwiegend Devisenguthaben bei Banken
im Heimatland der Fremdwährung unterhalten, weshalb in diesem Zu-
sammenhang auch von Buchgeld in Fremdwährung gesprochen wird. Im
weiteren Sinne des Wortes umfassen Devisen auch ,,auf ausländische
Währungen lautende und an ausländischen Plätzen zu erfüllende Zah-
lungsansprüche, die wertpapiermäßig verbrieft sind"
31
.
Eine Abgrenzung erfahren Devisen von den sog. Sorten, die ausländische
gesetzliche Zahlungsmittel in Form von Banknoten und Münzen darstel-
len
32
.
Die Geschäfte des Devisenmarktes werden meist fernmündlich oder fern-
schriftlich abgeschlossen, wobei die einzelne Partei entweder Devisen-
disponent bei Nichtbanken oder Devisenhändler eines Kreditinstitutes sein
kann
33
.
b. Kapitalmarkt
Eine begriffliche Definition des Kapitalmarktes ist nicht eindeutig möglich,
denn dieser Begriff gehört ,,nach allgemeiner Meinung zu den unpräzises-
ten und erklärungsbedürftigsten Worten der Fach- und Alltagssprache"
34
.
Er stellt das Gegenstück zu den Geld- und Devisenmärkten dar, da die
Laufzeit der in ihm gehandelten Produkte ein Jahr übersteigt und lässt
sich am deutlichsten anhand seiner Struktur definieren.
Im weiteren Sinne des Wortes umfasst der Kapitalmarkt sowohl den Grau-
en Markt als auch den Wertpapiermarkt.
30
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.167
31
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.168
32
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.169
33
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.166
34
Assmann/ Schütze: Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 1 Rn. 1 f.

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
16
Der Graue Kapitalmarkt ist nicht bzw. nicht spezialgesetzlich geregelt und
umfasst nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen
35
. Dazu zählen vor
allem Anteile an geschlossenen Immobilienfonds, ausländischen Waren-
termingeschäften und Beteiligungen an Abschreibungsgesellschaften
36
.
Durch die fehlende gesetzliche Reglementierung und staatliche Beaufsich-
tigung ist in diesem Bereich ein dem Wertpapiermarkt entsprechender
Schutz der Anleger kaum zu gewährleisten.
Unter Kapitalmarkt im engeren Wortsinne und vielfach mit ihm gleichge-
setzt
37
, wird der Wertpapiermarkt verstanden. Er wird unter anderem
durch das WpHG als Grundgesetz
38
des deutschen Kapitalmarktrechts
reguliert und unterliegt der staatlichen Aufsicht durch die BaFin. Auch die
Produktpalette, die unter anderem Aktien, Schuldverschreibungen, Ge-
nussscheine, Optionsscheine und andere vergleichbare Wertpapiere
umfasst
39
, wird durch dieses Gesetz bestimmt.
Die Wertpapiere werden in der Emissionsphase auf dem Primärmarkt
platziert und über diesen dem Anlegerpublikum zugänglich gemacht.
Jeder weitere Handel mit bereits emittierten Anlageprodukten vollzieht
sich auf den Sekundärmärkten, die auch als Zirkulationsmärkte bezeichnet
werden.
Wie in Abbildung 4 verdeutlicht, kann der Handel auf dem Sekundärmarkt
börsenmäßig organisiert sein, es kommt jedoch ebenso ein außerbörsli-
cher Handel in Betracht.
35
Begr. RegE zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BT- Drucks. 15/3174, S. 27
36
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.154
37
Schimanski/ Bunte Lwowski: Bankrechtshandbuch, Bd. 3, 2. Aufl. 2001, § 104 Rn. 28b
38
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.439
39
vgl. § 2 Abs. 1 WpHG

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
17
Abbildung 4: Organisation des Wertpapiermarktes
1)
Die börslich organisierten Märkte des Börsengesetzes
Die börslich organisierten Märkte beinhalten drei Segmente, die durch die
Börsengesetznovelle in Form des Zulassungsgesetzes vom 16.12.1986
40
neu in das Börsengesetz eingeführt wurden
41
.
Der Amtliche Markt ist das Segment mit den höchsten börsengesetzlichen
Anforderungen
42
. Der Handel findet hier nur mit im Vorhinein von der
Zulassungsstelle zugelassenen Wertpapieren statt, was zum einen dem
öffentlichen Interesse an funktionstüchtigem Börsenhandel und zum ande-
ren dem Schutz des Anlegerpublikums dient
43
.
Im Unterschied dazu ist der Zutritt zum Geregelten Markt wesentlich einfa-
cher. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass dieses Segment den mittle-
ren und kleinen Unternehmen eine erleichterte Möglichkeit geben soll, am
börsenmäßigen Handel teilzunehmen
44
. Auch die Pflichten, die sich aus
dem Marktzutritt ergeben, sind nicht so umfangreich wie im Amtlichen
Markt.
40
BGBl. I, S. 2478
41
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.586
42
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.601
43
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.603
44
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.605
Wertpapiermarkt
börslich
außerbörslich
Freiverkehr
Geregelter
Markt
Amtlicher
Markt
Organisationsgrad

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
18
Die geringste Regelungsdichte weist der Freiverkehr auf. Er ist dadurch
gekennzeichnet, dass er im Gegensatz zu den beiden Vorgenannten nicht
in die öffentlich- rechtliche Organisationsstruktur der Börse integriert ist
45
.
Damit handelt es sich im rechtlichen Sinne nicht um einen börslichen,
sondern um einen außerbörslichen Markt. Da der Anleger aber auch den
Freiverkehr der Börse zuordnet, würden Störungen im ihm dem gesamten
System zugeordnet, was wiederum den Finanzmarkt als Ganzes belasten
würde. Aus diesem Grund sind die Geschäfte und Transaktionen gemäß
§ 57 BörsG auch hier gewissen Regulierungen unterworfen, was dem
Schutz des Anlegervertrauens dient.
2)
außerbörslich organisierte Märkte
Mit dem zunehmenden Einsatz moderner Kommunikationsmittel gewinnt
der außerbörsliche Handel immer mehr an Bedeutung. Den elektronischen
Handelssystemen und dem Interbankenhandel, die diesem Segment
zugeordnet werden können, ist gemein, dass sie einen sehr geringen
Organisationsgrad aufweisen und ohne Zwischenschaltung eines Maklers
agieren.
Außerbörsliche elektronische Handelssysteme können als normale Kom-
munikationssysteme, in denen lediglich Kaufs- und Verkaufsangebote
veröffentlicht werden, oder als echte Handelssysteme, in denen darüber
hinaus Geschäftsabschlüsse getätigt werden können, ausgestaltet sein
46
.
Finden in den Handelssystemen die Abschlüsse zwischen den Han-
delsteilnehmern untereinander statt, werden sie als multilaterale Handels-
systeme bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellen bilaterale Handelssyste-
me Geschäftsabschlüsse zwischen den Handelsteilnehmern und dem
Betreiber des Handelssystems bzw. einem von diesem bestellten Market
Maker
47
her.
45
Kümpel: Kapitalmarktrecht, Rn. 234
46
Kümpel: Kapitalmarktrecht, Rn. 260
47
zum Begriff vgl. Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 17.118 ff.; Art. 4 Abs. 1
Nr. 8 der MiFID

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
19
Um eine Sonderform handelt es sich bei Internalisierungssystemen. Diese
leiten Effektenaufträge von anderen Banken auf die eigene Plattform und
erfüllen diese dort. Erst wenn eine hausinterne Erfüllung nicht möglich ist,
werden die Aufträge an eine Börse weitergeleitet
48
.
Daneben existiert der Interbankenhandel, der sich vor allem in Form des
Telefonhandels und vorwiegend zwischen inländischen bzw. in- und aus-
ländischen Banken vollzieht
49
. Im Gegensatz zu den elektronischen Han-
delssystemen ist ein Geschäftsabschluss hier nicht immer möglich, da sich
nicht immer eine geeignete Partei finden lässt.
c.
Kassa- und Terminmarkt
Neben dem Organisationsgrad und der Fristigkeit der gehandelten Kon-
trakte bildet auch die Frage, ob Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
zeitlich zusammen fallen, ein geeignetes Abgrenzungskriterium. Ist dies
der Fall, lässt sich das Geschäft dem Kassamarkt zuordnen, wenn nicht,
handelt es sich um den Terminmarkt
50
. Die Geschäfte des Kapitalmarktes
sind in der Regel innerhalb von drei Tagen zu erfüllen, womit sie sich dem
Kassamarkt zuordnen lassen.
48
Kümpel: Kapitalmarktrecht, Rn. 262
49
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.219
50
Büschgen/ Börner: Bankbetriebslehre, S. 99

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
20
4. Marktteilnehmer
Die auf dem Finanzmarkt getätigten Geschäfte finden zwischen den
Marktteilnehmern statt, die sich jeweils einer der vier Gruppen zuordnen
lassen: Finanzdienstleistungsunternehmen, Börsenmakler, Emittenten und
Anleger. Während den Finanzdienstleistungsunternehmen und dem
Skontroführer ein direkter Zutritt zum Markt möglich ist
51
, sind Emittenten
und Anleger lediglich indirekt am Marktgeschehen beteiligt (siehe Abbil-
dung 5).
Abbildung 5: Marktteilnehmer und ihre Beziehungen untereinander
51
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.242
Finanzmarkt
direkter Marktzugang
Finanzdienstleistungs-
unternehmen
Skontroführer
Emittent
Anleger
indirekter Marktzugang

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
21
a. Finanzdienstleistungsunternehmen
Der Begriff des Finanzdienstleistungsunternehmens wird im WpHG als
,,Wertpapierdienstleistungsunternehmen" definiert
52
. Danach fallen Kredit-
institute, Finanzdienstleistungsinstitute und Unternehmen gemäß § 53
Abs. 1 S. 1 des KWG darunter, sofern sie Wertpapierdienstleistungen und/
oder Wertpapiernebendienstleistungen erbringen.
Kreditinstitute sind in Deutschland in ein zweistufiges System integriert, in
dem die Deutsche Bundesbank, als Bestandteil des Europäischen Sys-
tems der Zentralbanken, den Geschäftsbanken gegenübersteht
53
.
Die Deutsche Bundesbank nimmt in diesem Zusammenhang eine Son-
derstellung ein, da ,,sie selbst als Aufsichtsbehörde fungiert und zudem
übergeordnete gesamtwirtschaftliche Aufgaben wahrzunehmen hat"
54
.
Dennoch tritt sie auf dem Finanzmarkt als Marktteilnehmer auf, indem sie
beispielsweise Bundesschatzbriefe emittiert.
Im System der Geschäftsbanken stehen sich Universalbanken und Spezi-
albanken gegenüber.
Als Universalbanken, die in der Bundesrepublik eine dominierende Stel-
lung einnehmen, können solche Unternehmen subsumiert werden, die
sowohl das Commercial Banking als auch das Investment Banking betrei-
ben, während sich Spezialbanken nur einem von beiden zuwenden
55
.
Letzterer Gruppe sind beispielsweise Depotbanken und Kapitalanlagege-
sellschaften zuzuordnen, die überwiegend das Depotgeschäft bzw. das
Investmentgeschäft ausüben.
52
vgl. § 1 Abs. 4 WpHG
53
Büschgen/ Börner: Bankbetriebslehre, S. 56
54
Büschgen/ Börner: Bankbetriebslehre, S. 10
55
Büschgen/ Börner: Bankbetriebslehre, S. 57

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
22
Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die Finanzdienstleistun-
gen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen
in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und
die keine Kreditinstitute sind
56
. Als Finanzdienstleistungen gelten in die-
sem Zusammenhang die in § 1 Abs. 3 und 3b WpHG aufgeführten Ge-
schäfte.
Abschließend sind noch die Unternehmen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG
zu erwähnen. Hierbei handelt es sich um inländische Zweigstellen eines
Unternehmens mit Sitz im Ausland. Mit der zunehmenden Internationalität
der Kreditinstitute spielen diese eine immer größere Rolle im deutschen
Finanzmarkt.
b. Börsenmakler
Die Maklerschaft der Börsen setzte sich bis zur Börsengesetznovelle im
Jahr 2002 aus amtlich zugelassenen Börsenmaklern, die die amtliche
Preisfeststellung übernahmen, und Freimaklern zusammen.
Mit der Novellierung verlor die Preisfeststellung jedoch ihre öffentlich-
rechtliche Komponente, sodass die Feststellung des Börsenpreises nun-
mehr im elektronischen Handel oder von sog. Skontroführern übernom-
men wird
57
.
Die Aufgaben des Skontroführers bestehen in der Vermittlung und dem
Abschluss von Börsengeschäften und der Feststellung des Preises
58
.
Diese stellt nun jedoch kein öffentliches Amt mehr dar.
Eine Zulassung, die auf bestimmte Wertpapiergattungen beschränkt ist
59
,
erhalten Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute bzw. die für sie
handelnden Personen auf Antrag von der Börsengeschäftsführung
60
.
56
§ 1 Abs. 1a S. 1 KWG
57
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.245
58
§§ 25, 27 BörsG
59
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.247
60
§ 26 Abs. 1 BörsG

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
23
Im Gegensatz zu den Skontroführern haben Freimakler keine solche
Preisfeststellungsfunktion. Darüber hinaus ist ihre Tätigkeit weder auf ein
Marktsegment noch auf einzelne Gattungen von Wertpapieren beschränkt.
c. Emittenten
Auch die Emittenten stellen einen entscheidenden Bestandteil des Fi-
nanzmarktes dar. Sie stellen Wertpapiere in Form von Aktien zur Verfü-
gung, die später am Sekundärmarkt gehandelt werden.
Die erstmalige Platzierung der Papiere erfolgt entweder im Wege der
Selbstemission oder im Wege der Fremdemission. Während bei Letzterem
meist ein Bankenkonsortium zwischengeschaltet wird, wird der sog. Be-
gebungsvertrag bei der Selbstemission direkt zwischen Emittent und
Anleger geschlossen (siehe Abbildung 6).
In dieser Position sind die Emittenten direkt auf dem Primärmarkt vertre-
ten. Aber auch auf dem Sekundärmarkt sind sie aufgrund ihrer Schuldner-
position als Marktteilnehmer anzusehen
61
, denn hier stehen sie als Ver-
käufer wertpapiermäßig verbriefter Forderungs- und Beteiligungsrechte
dem Anleger als Vertragspartei gegenüber.
Abbildung 6: Selbstemission und Fremdemission
61
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.253
Emittent
Anleger
Bank
Selbstemission
Fremdemission

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
24
d. Anleger
Abschließend ist noch der Anleger zu nennen, der ,,als Träger eines we-
sentliches Teils des Angebots- und Nachfragepotentials"
62
eine entschei-
dende Komponente des Finanzmarktes darstellt.
62
Kümpel: Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.265

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
25
5. Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente
Der Begriff der Finanzdienstleistung wird im juristischen und betriebswirt-
schaftlichen Sprachgebrauch unterschiedlich verwendet. Während die
Betriebswirtschaft sämtliche Dienstleistungen im Investitions- und Finanz-
bereich darunter zusammenfasst, die von Banken, Versicherungen,
Bausparkassen und Allfinanzinstituten angeboten werden
63
, orientiert sich
der juristische Sprachgebrauch an den Ausführungen des Wertpapierhan-
dels- und des Kreditwesengesetzes.
Das WpHG, welches im deutschen Kapitalmarktrecht eine herausragende
Stellung einnimmt, definiert in § 1 Abs. 3 den Begriff ,,Wertpapierdienstleis-
tungen". In § 1 Abs. 1a S. 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) findet sich
demgegenüber der Finanzdienstleistungsbegriff, der den Ausführungen
des WpHG weitgehend entspricht
64
.
Der Begriff der Finanzinstrumente war in der originalen Fassung des
WpHG von 1994
65
nicht enthalten und wurde erst durch das Anleger-
schutzverbesserungsgesetz
66
von 2004 integriert. Die Fassung des 2.
FFG enthielt lediglich Definitionen zu Wertpapieren und Derivaten, die
durch verschiedene Novellierungen erweitert und letztlich unter einem
Schlagwort zusammengefasst wurden.
63
Schneck: Lexikon der Betriebswirtschaft, 5. Aufl. 2003, Stichwort ,,Finanzdienstleistun-
gen", S. 342
64
Da die MiFID zu weitreichenderen Änderungen im WpHG gegenüber dem KWG führt,
werden im Folgenden die Bestimmungen des KWG vernachlässigt.
65
verkündet im 2. FFG, BGBl. I, S. 1749
66
BGBl. I 2004 S. 2630

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
26
a. Wertpapierdienstleistungen
Die Wertpapierdienstleistungen werden in Haupt- und Nebendienstleis-
tungen unterschieden.
1) Wertpapierdienstleistung als Hauptdienstleistung
Die Einordnung einer Tätigkeit als Hauptdienstleistung bildet den Anknüp-
fungspunkt zahlreicher Vorschriften des WpHG
67
.
Dazu enthält § 2 Abs. 3 WpHG einen abschließenden Katalog von Ge-
schäften, die als Hauptdienstleistung zu qualifizieren sind:
·
Die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eige-
nen Namen für fremde Rechnung (Nr. 1) erfasst alle Kommissions-
geschäfte in Bezug auf Finanzinstrumente
68
. Charakteristisches
Merkmal ist das Vorliegen einer verdeckten Stellvertretung, womit die
Vorschriften des Handelsgesetzbuches (§§ 383 ff. HGB) anwendbar
sind.
·
Im Gegensatz dazu erfasst Nr. 3 die Fälle der offenen Stellvertre-
tung, da hier im fremden Namen für fremde Rechnung gehandelt
wird. Die Verwendung des Begriffes Abschlussvermittlung ist in die-
sem Zusammenhang jedoch eher irreführend, da die unter Nr. 3 fal-
lenden Geschäfte nur einen Teilaspekt dieser Tätigkeit erfassen
69
.
·
Unter den Eigenhandel (Nr. 2) fallen alle Transaktionen, in denen
sich der Händler und der Kunde direkt als Käufer und Verkäufer ge-
genüberstehen
70
. Diese Eigenhändlergeschäfte sind von den Eigen-
geschäften, die weder für Dritte ausgeführt werden noch einen Han-
67
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 41
68
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 45
69
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 52
70
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 49

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
27
delsbezug aufweisen, abzugrenzen
71
. Zum Eigenhandel zählen
Festpreisgeschäfte und Geschäfte sog. Market Maker. Diese geben
Dritten gegenüber die Verpflichtung ab, jederzeit die Anschaffung
und Veräußerung von Finanzinstrumenten zu übernehmen
72
.
·
Neben der Abschlussvermittlung kennt das WpHG noch die Anlage-
vermittlung (Nr. 4). Hierbei handelt es sich um die Vermittlung oder
den Nachweis von Geschäften über Anschaffung und Veräußerung
von Finanzinstrumenten. Eine Differenzierung zwischen Vermittlung
und Nachweis ist in diesem Zusammenhang zwar möglich, aber auf-
grund der Tatsache, dass beide Tatbestände in diese Vorschrift in-
tegriert sind, aus abgrenzungstechnischer Sicht nicht notwendig
73
.
·
Das Emissionsgeschäft wird in Nr. 5 als die Übernahme von Finanz-
instrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung und die Übernahme
gleichwertiger Garantien definiert. Bei Ersterem muss die Übernah-
me der Finanzinstrumente fest und nicht bloß kommissionsweise er-
folgen, was bei einer Begebungsübernahme der Fall wäre
74
. Bei
Zweiterem handelt es sich um jede andere Verpflichtung, ,,durch die
ein Unternehmen oder Unternehmenskonsortium, das Risiko für den
Erfolg der Emission übernimmt"
75
. Bei Garantiekonsortien bzw. ga-
rantierten Übernahmen, also der Verpflichtung nicht absetzbare Stü-
cke ganz oder teilweise zu einem im Voraus festgelegten Kurs vom
Emittenten oder Dritten abzunehmen, ist je nach Einzelfall zu
bestimmen, ob sie in die erste oder zweite Fallkonstellation einzu-
ordnen ist, da dies nicht von vornherein bestimmt werden kann.
·
Abschließend wird die Verwaltung einzelner, in Finanzinstrumenten
angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum ge-
nannt (Nr. 6). Entscheidendes Kriterium der Finanzportfolioverwal-
71
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 49
72
Begr. RegE zum Richtlinienumsetzungsgesetz, BT-Drucks. 13/7142, S. 101
73
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 54
74
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 58
75
Begr. RegE Umsetzungsgesetz, BR- Drucks. 963/96, S. 101

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
28
tung ist der Entscheidungsspielraum, der als Abgrenzungskriterium
zur Anlageberatung und Anlagevermittlung dient
76
. Darüber hinaus
muss auch eine gewisse Dauer der Verwaltungstätigkeit vorhanden
sein und sie muss fortlaufend wahrgenommen werden
77
.
2) Wertpapiernebendienstleistungen
Die in § 2 Abs. 3a WpHG aufgeführten Nebendienstleistungen tragen der
Möglichkeit der ISD Rechnung, den Anwendungsbereich der Wohlverhal-
tensregeln zu erweitern und dadurch den Schutz des Publikums zu erhö-
hen
78
. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen, die typischerweise in
Verbindung mit einer Hauptdienstleistung erbracht werden, wobei eine
solche Verbindung aber nicht zwingend vorgeschrieben ist. Im Einzelnen
zählen dazu:
·
Das Depotgeschäft (Nr. 1), welches nur insoweit unter diese Rege-
lung fällt, als nicht das DepotG anwendbar zeichnet, was eine dop-
pelte Beaufsichtigung durch die BaFin vermeidet.
·
Die Gewährung von Krediten oder Darlehen an andere für die Durch-
führung von Wertpapierdienstleistungen durch das Unternehmen,
das den Kredit oder das Darlehen gewährt hat (Kreditgewährung, Nr.
2). Dabei ist eine Beteilung des kreditgewährenden Unternehmens
an der Erbringung der Leistung ausreichend. Ebenso ist eine Identi-
tät zwischen Darlehensnehmer und Begünstigtem aus dem Dienst-
leistungsgeschäft nicht zwingend notwendig
79
.
·
Die Anlagerberatung (Nr. 3) bewirkt durch ihre Einordnung als Ne-
bendienstleistung, dass die Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG nicht auf
76
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 65
77
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 67
78
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 68 f.
79
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 73

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
29
Unternehmen anzuwenden sind, die ausschließlich eine solche Tä-
tigkeit anbieten.
·
Devisengeschäfte und devisenbezogene Termingeschäfte (Nr. 6)
bilden die einzige Ausnahme vom Grundsatz der Entbehrlichkeit ei-
ner Verbindung von Haupt- und Nebendienstleistung. Demnach sind
die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 WpHG aufgezählten Tätigkeiten dann als
Nebendienstleistung einzustufen, wenn sie Devisengeschäfte zu Ge-
genstand haben und müssen dann mit einer Hauptdienstleistung in
einem inneren Zusammenhang stehen
80
.
b. Finanzinstrumente
Seit Einführung des WpHG durch das 2. FFG
81
im Jahr 1994 hat sich der
Finanzdienstleistungsbegriff stark gewandelt.
War zu Beginn noch lediglich von Wertpapieren und Derivaten die Rede
82
,
so umfasst der durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz
83
neu
eingeführte Begriff des Finanzinstruments
84
heute Wertpapiere,
Geldmarktinstrumente, Derivate und Rechte auf Zeichnung von
Wertpapieren.
80
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 75
81
BGBl. I 1994, S. 1749
82
§ 2 Abs. 1 und 2 WpHG i.d.F. vom 26.07.1994, BGBl. I 1994, S. 1749
83
BGBl. I 2004 S. 2630
84
§ 2 Abs. 2b WpHG

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
30
Eine Definition des Wertpapierbegriffes findet sich in § 2 Abs. 1 WpHG,
die sich an Art. 1 Abs. 4 der ISD
85
orientiert.
In einem ersten Schritt werden dazu in einer nicht abschließenden Aufzäh-
lung folgende dazugehörige Titel erfasst:
·
Aktien,
·
Zertifikate, die Aktien vertreten,
·
Schuldverschreibungen,
·
Genussscheine,
·
Optionsscheine sowie
·
andere, Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbare Wertpa-
piere.
Darüber hinaus enthält die Definition des § 2 Abs. 1 WpHG in einem zwei-
ten Schritt ,,typologische und abstrahierende Begriffsbildungselemente"
86
,
die allen Wertpapieren zueigen sind. Entscheidendes Kriterium ist in die-
sem Zusammenhang die Handelbarkeit der Papiere auf einem Markt.
Hierbei muss es sich nicht mehr, wie noch in der ursprünglichen Fassung
von 1994 enthalten, um einen organisierten Markt handeln
87
. Der Begriff
bezieht sich vielmehr auf eine grundsätzliche Geeignetheit zum Handel,
unabhängig davon, ob ein Markt dafür tatsächlich existiert
88
. Darüber
hinaus ist auch die Fungibilität, also die Austauschbarkeit und Zirkulations-
fähigkeit von entscheidender Bedeutung. Papiere sind austauschbar,
wenn sie gegenseitig vertretbar und wegen ihrer Gleichartigkeit im Ver-
kehr nach Zahl oder Stück bestimmt zu werden pflegen
89
. Zur Erhöhung
der Zirkulationsfähigkeit ist eine wertpapiermäßige Verbriefung zwar hilf-
reich aber nicht notwendig
90
.
85
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 4
86
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 4
87
vgl. § 2 Abs. 1 WpHG i.d.F. vom 26.07.1994, BGBl. I 1994, S. 1749; Begr. RegE zum
2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 39
88
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 10
89
§ 91 BGB
90
§ 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG

Die MiFID im Bannkreis von Kapitalmarkt- und Europarecht
31
Zu den Finanzinstrumenten zählen auch Geldmarktinstrumente
91
. Hierun-
ter sind Forderungen zu verstehen, die keine Wertpapiere nach Abs. 1
sind und üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden. Auch hier
sind der Marktbezug und die Fungibilität Voraussetzung für eine Einord-
nung in diesen Bereich. Anders als beim Wertpapierbegriff genügt indes
die bloße Eignung zum Handel nicht länger, vielmehr wird durch den
Einschub ,,üblicherweise" ein tatsächlich existierender Markt vorausge-
setzt
92
. Hierzu zählen beispielsweise kurzfristige Schuldscheindarlehen
oder Schatzwechsel
93
.
Als Derivate werden als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestal-
tete Termingeschäfte eingestuft, deren Preis unmittelbar oder mittelbar
vom Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten,
Waren oder Edelmetallen, von Zinsätzen oder anderen Erträgen oder von
Devisenpreisen abhängt
94
.
Zu den Rechten auf Zeichnung von Wertpapieren zählen Bezugsrechte
und Optionen auf Zeichnung junger Aktien, Bezugserklärungen zur Aus-
übung eines Bezugsrechts oder einer Option betreffend Aktien aus einer
bedingten Kapitalerhöhung sowie sonstige Erklärungen über den Erwerb
von Aktien, die sich auf eine Option beziehen
95
.
Als Auffangtatbestand
96
fallen darüber hinaus alle sonstigen Instrumente
unter § 2 Abs. 2b WpHG, die zum Handel an einem organisierten Markt
i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG im Inland oder einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Union zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung
beantragt worden ist.
91
§ 2 Abs. 1a WpHG, § 1 Abs. 11 Satz 3 KWG
92
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 21
93
vgl. Begr. RegE zum Richtlinienumsetzungsgesetz, BT-Drucks. 13/7142, S. 100
94
§ 2 Abs. 2 WpHG, § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG
95
Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 40i
96
vgl. Assmann/ Schneider: WpHG, § 2 Rn. 40h

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836609890
DOI
10.3239/9783836609890
Dateigröße
973 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Anhalt in Köthen – Wirtschaft, Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2008 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
europäische union richtlinie märkte finanzinstrumente mifid kapitalmarktrecht freier dienstleistungsverkehr finanzdienstleistung anlegerschutz
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Titel: Die Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente
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