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Das gemeinschaftliche Testament

Grundlage eines europäischen Modells

©2007 Diplomarbeit 80 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Media vita in morte sumus“ - oder zu Deutsch: „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.“ Ist es in diesem Kontext nicht nur allzu menschlich und erklärlich, dass Menschen sich schon zu Lebzeiten - teils sogar umfangreiche - Gedanken darüber machen, wer „eines (schönen) Tages“, wie viel von ihrem Vermögen erben soll?
Gerade in jüngerer Zeit nehmen Erbrechtsfälle mit Bezug zum europäischen Ausland deutlich zu. Das liegt zum einen daran, dass die Deutschen dort zusehends immer mehr Immobilien erwerben, die nicht zuletzt häufig als Altersruhesitz genutzt werden. Zum anderen ist an den in Deutschland geschlossenen Ehen vermehrt mindestens ein ausländischer Ehepartner beteiligt; schon im Jahr 2004 betrug dieser Anteil ca. 14 %. Beachtung verdient auch die Tatsache, dass lt. einer Studie des Deutschen Notarinstituts Würzburg allein in Deutschland ca. 1,8 Millionen EU-Ausländer leben, und Luxemburg, gemessen an der Gesamtbevölkerung, sogar einen Anteil von über 20 % EU Ausländern zu verzeichnen hat.
Ehegatten benutzen häufig das sog. gemeinschaftliche Testament - auch „Berliner Testament“ genannt. Da ausländische Rechtsordnungen gemeinschaftliche Testamente oftmals nicht kennen - nicht selten sogar verbieten und lt. einer Eurobarometer Umfrage die Bevölkerungsmehrheit in fast allen Staaten der EU-25 eine Vereinheitlichung der erb- und familienrechtlichen Regelungen für grenzüberschreitende Sachverhalte auf Gemeinschaftsebene erwartet, soll im Mittelpunkt des Interesses der Frage nachgegangen werden, inwieweit ein privatschriftliches, gemeinschaftliches Testament, ein geeignetes und zufrieden stellendes Konzept, gerade (aber nicht nur, dazu im Folgenden) für grenzüberschreitende Erbfälle in der EU darstellt und vor allem zu welchen Auswirkungen die Verwendung desselben, bei den im Hauptteil dieser Arbeit noch zu untersuchenden Fallgestaltungen, unter Umständen führen kann.
Da die Deutschen in den Ländern Frankreich, Spanien und Italien über die meisten Privatimmobilien verfügen und die überwiegende Mehrzahl gemeinschaftlicher Testamente die sog. Berliner Testamente sind, sollen exemplarisch und zur Verdeutlichung der Problematik mehrere Fälle stehen, in denen Ehegatten ein privatschriftliches Berliner Testament errichten, ferner zumindest einer der beiden testierenden Ehegatten Deutscher ist und die überdies einen Bezug zu einem oder mehreren der zuvor erwähnten drei Länder aufweisen.
Konkret analysiert werden sollen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Alfons Rau
Das gemeinschaftliche Testament
Grundlage eines europäischen Modells
ISBN: 978-3-8366-0935-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Fachhochschule Nordhessen, Bückeburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
A.
EINLEITUNG - ZIEL DER UNTERSUCHUNG... 1
B.
HAUPTTEIL ... 3
I.
Testamentserrichtung im Ausland... 3
1. Anzuwendendes Recht - ein Überblick ... 3
2. Zulassung der Form und Erbstatut ... 6
a) Deutschland ... 6
b) Österreich ... 7
c) Haager Übereinkommen vom 05.10.1961... 8
d) Frankreich... 10
e) Italien... 15
f) Zwischenergebnis ... 17
3. Anerkennung der Abhängigkeit von Verfügungen und Bindungswirkung... 18
a) Formwirksamkeit als Voraussetzung ... 18
b) Zur Bindung in Deutschland ... 18
c) Französischer Civil Code (CC) ... 20
d) Zwischenergebnis ... 21
II.
Ausländer-Ehe ... 22
1. Spanisches Erbrecht - eine Kurzdarstellung... 23
a) Gemeinspanisches
Zivilrecht... 23
b) Foral- und Sonderrechte ... 24
c) Gemeinsame
Verfügungen ... 24
2. Form- und Erbstatut... 25
3. Bindungswirkung ... 27
4. Zwischenergebnis ... 30
III.
Doppelte Staatsbürgerschaft ... 32
1. Formzulässigkeit sowie Ermittlung des Erbstatuts... 32
2. Bindungswirkung ... 35
3. Zwischenergebnis ... 38
IV.
Vor- und Nachteile der Sonderform letztwilliger Verfügungen ... 42
1. Formen
und
Inhalte... 42
2. Vorteile ... 43
a) Errichtungs- und Formprivileg ... 43
b) Verfügungen
mit
Wechselbezüglichkeit ... 44
c) Bindungswirkung ... 44
d) Option
des
Widerrufs ... 45
e) Steuerreduzierung beim Schlusserben... 45
3. Nachteile... 46
a) Eingeschränkte
Bindungswirkung... 46
b) Einzelne
Bestimmungen... 47

Inhaltsverzeichnis
II
c) Änderungsvorbehalt und Befreiung von der Bindungswirkung... 47
d) Wechselbezügliche Verfügungen nach Scheidung... 48
e) Widerruf ... 51
f) Erbschaftsteuererhöhung ... 51
g) Formerleichterung mit Hindernissen... 52
h) Vereinbarte
Wiederverheiratungsklausel ... 52
i)
Erbvertrag und besondere letztwillige Verfügungen... 54
4. Zwischenergebnis ... 55
V. Europäische Rechtsetzungstendenzen ... 57
C.
SCHLUSSBETRACHTUNG UND AUSBLICK ... 61
I.
Fazit ... 61
II.
Ausblick ... 64
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 67
QUELLENVERZEICHNIS ... 69
Literaturverzeichnis ... 69
Verzeichnis der Internetquellen... 75
Verzeichnis der Gerichtsentscheidungen ... 76

A. Einleitung - Ziel der Untersuchung
1
A. Einleitung - Ziel der Untersuchung
,,Media vita in morte sumus"
1
- oder zu Deutsch: ,,Mitten im Leben sind wir vom Tod
umfangen." Ist es in diesem Kontext nicht nur allzu menschlich und erklärlich, dass
Menschen sich schon zu Lebzeiten - teils sogar umfangreiche - Gedanken darüber ma-
chen, wer ,,eines (schönen) Tages", wie viel von ihrem Vermögen erben soll?
Gerade in jüngerer Zeit nehmen Erbrechtsfälle mit Bezug zum europäischen Ausland
deutlich zu. Das liegt zum einen daran, dass die Deutschen dort zusehends immer mehr
Immobilien erwerben, die nicht zuletzt häufig als Altersruhesitz genutzt werden. Zum
anderen ist an den in Deutschland geschlossenen Ehen vermehrt mindestens ein auslän-
discher Ehepartner beteiligt; schon im Jahr 2004 betrug dieser Anteil ca. 14 %
2
. Beach-
tung verdient auch die Tatsache, dass lt. einer Studie des Deutschen Notarinstituts
Würzburg allein in Deutschland ca. 1,8 Millionen EU-Ausländer leben, und Luxem-
burg, gemessen an der Gesamtbevölkerung, sogar einen Anteil von über 20 %
EU-Ausländern zu verzeichnen hat
3
.
Ehegatten benutzen häufig das sog. gemeinschaftliche Testament
4
- auch ,,Berliner
Testament" genannt. Da ausländische Rechtsordnungen gemeinschaftliche Testamente
oftmals nicht kennen - nicht selten sogar verbieten
5
und lt. einer Eurobarome-
ter-Umfrage
6
die Bevölkerungsmehrheit in fast allen Staaten der EU-25 eine Vereinheit-
lichung der erb- und familienrechtlichen Regelungen für grenzüberschreitende Sachver-
halte auf Gemeinschaftsebene erwartet, soll im Mittelpunkt des Interesses der Frage
nachgegangen werden, inwieweit ein privatschriftliches, gemeinschaftliches Testament,
ein geeignetes und zufrieden stellendes Konzept, gerade (aber nicht nur, dazu im Fol-
genden) für grenzüberschreitende Erbfälle in der EU darstellt und vor allem zu welchen
1
Notker 1., B., Benediktiner und mittelalterlicher, geistlicher Dichter, St. Gallen.
2
S. dazu Datenreport 2006 des Statistischen Bundesamtes, Teil I, Bevölkerung, S. 39, abrufbar unter:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Querschnittsveroeffentli
chungen/Datenreport/Downloads/Bevoelkerung1,property=file.pdf (Stand 06.11.2007).
3
S. hierzu Deutsches Notarinstitut Würzburg (DNotI), DNotI-Studie, Schlussbericht, ,,Zusammenfassung - Bedeu-
tung des Problems", S. 183, abrufbar unter: http://www.dnoti.de/eu_studie/031_Schlussbericht_deutsch.pdf (Stand
06.11.2007).
4
Drei von vier letztwilligen Verfügungen von Eheleuten sind gemeinschaftliche Testamente, Frankfurter Allgemeine
Zeitung (FAZ) vom 11.03.2002, S. 42.
5
Vgl. dazu Edenfeld, S., Europäische Entwicklungen im Erbrecht, in: Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnach-
folge (ZEV), C. H. Beck Verlag, München, 12/2001, S. 457, 461.
6
S. hierzu EU-Kommission, Flash Eurobarometer, Family Law, Analytical Report, 10/2006, S. 7, 12, abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/public_opinion/flasch/fl188b_en.pdf (Stand 06.11.2007).

A. Einleitung - Ziel der Untersuchung
2
Auswirkungen die Verwendung desselben, bei den im Hauptteil dieser Arbeit noch zu
untersuchenden Fallgestaltungen, unter Umständen führen kann.
Da die Deutschen in den Ländern Frankreich, Spanien und Italien über die meisten
Privatimmobilien verfügen
7
und die überwiegende Mehrzahl gemeinschaftlicher Testa-
mente die sog. Berliner Testamente sind, sollen exemplarisch und zur Verdeutlichung
der Problematik mehrere Fälle stehen, in denen Ehegatten ein privatschriftliches Berli-
ner Testament errichten, ferner zumindest einer der beiden testierenden Ehegatten Deut-
scher ist und die überdies einen Bezug zu einem oder mehreren der zuvor erwähnten
drei Länder aufweisen.
Konkret analysiert werden sollen dabei insbesondere die formelle Wirksamkeit - nebst
Erbstatut sowie die Bindungswirkung des Berliner Testaments:
· bei Errichtung des Testaments im Ausland
· wenn an dem Testament ein Ehegatte beteiligt ist, der Ausländer ist oder
· wenn ein Ehegatte die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt.
Im Anschluss daran soll anhand von Vor- und Nachteilen aufgezeigt werden, ob das
weit verbreitete und leicht zu errichtende, gemeinschaftliche Testament, den unter Ehe-
gatten offenkundig so beliebten und vor allem hohen Stellenwert zu Recht einnimmt
oder ob eher Vorsicht angezeigt ist, auf diese Sonderform letztwilliger Verfügungen
zurückzugreifen.
Weiterhin sollen die auf Gemeinschaftsebene geplanten Rechtsetzungsentwicklungen
im Bereich des Erbrechts und in Bezug auf das gemeinschaftliche Ehegattentestament
kurz dargestellt und erläutert werden.
Abschließend wird zu klären sein, ob die in der Abhandlung gewonnenen Erkenntnisse
es in der Summe nahe legen, das gemeinschaftliche Ehegattentestament, und zwar in
allen Formen, insbesondere der des Berliner Testaments, in Deutschland beizubehalten
und des Weiteren dieses Rechtsinstitut in sämtlichen EU-Staaten einzusetzen.
7
S. dazu Dörner, H. und Lagarde, P., DNotI, a.a.O., Internationales Erbrecht in der EU, 2004, S. 184.

B. Hauptteil
3
B. Hauptteil
I. Testamentserrichtung im Ausland
Dazu folgender Beispielsfall (1): Die beiden deutschen Ehegatten Hans und Anna Mül-
ler (HM und AM) befinden sich im Urlaub in Wien und testieren dort gemeinschaftlich
im Rahmen eines privatschriftlichen Testaments, dass im Falle ihres Todes sie sich ge-
genseitig zu Erben einsetzen und nach dem Tode des überlebenden Ehegatten ihr einzi-
ger Sohn Max, Erbe ihres gesamten Vermögens werden soll (sog. Berliner Testament)
8
.
Die Ehegatten wohnen in einem HM gehörenden und in Paris gelegenen Einfamilien-
haus. AM ist zudem Eigentümerin von zwei Eigentumswohnungen - in Rom und in
Berlin, in denen sich die Eheleute gelegentlich zu Erholungszwecken aufhalten.
Ferner sind sowohl in Paris als auch in Frankfurt/Main, mehrere auf HM lautende
Bankguthaben vorhanden.
1. Anzuwendendes Recht - ein Überblick
Für die Beurteilung aller erbrechtlichen Fragen, zu denen insbesondere die Verfügungen
von Todes wegen (also auch die gemeinschaftlichen Ehegattentestamente), deren Form,
Gültigkeit und Bindung sowie Inhalt, Auslegung und Wirkungen zählen, ist grundsätz-
lich das Erbstatut
9
maßgebend, das zudem über die Erbfolge entscheidet.
Dem Erbstatut kommt mithin zentrale Bedeutung zu. Steht ein Sachverhalt mit Aus-
landsberührung zur Beurteilung in Deutschland an, so wird zunächst immer deutsches
Recht, als Recht des Gerichtsstaates (sog. lex fori) angewandt
10
.
Ausgehend davon, dass HM und AM bis zu Ihrem Tod die deutsche Staatsangehörigkeit
beibehalten und somit kein Wechsel der Staatsangehörigkeit (Statutenwechsel) eintritt,
8
Vgl. dazu schon Coing, H., in: Kipp, T. und Coing, H., Erbrecht, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag, Tübingen,
14. Bearbeitung 1990, §§ 32-35, S. 214-231.
9
Vgl. hierzu Schotten, G. und Schmellenkamp, C., Das internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, C. H. Beck
Verlag, München, 2. Auflage 2007, § 7 Internationales Erbrecht, S. 332, Rn. 307.
10
S. Rohlfing, H., in: Frieser, A., u. a., Handbuch des Fachanwalts für Erbrecht, Luchterhand Verlag, Neuwied, 2.
Auflage 2007, Kapitel 17, Internationales Erbrecht, S. 1247, Rn. 10.

B. Hauptteil
4
bestimmt sich die Erbfolge grundsätzlich nach deutschem Recht (Art. 25 Abs. 1
EGBGB
11
), sog. Personalstatut
12
.
Im Übrigen bestimmt Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB, der als Sonderbestimmung Art. 25
Abs. 1 EGBGB verdrängt, dass die materielle Gültigkeit der Errichtung einer Verfü-
gung von Todes wegen und die Bindung an diese dem Recht des Staates unterliegen,
das zum Zeitpunkt der Verfügung auf die Rechtsnachfolge anzuwenden wäre, sog. Er-
richtungsstatut oder hypothetisches Erbstatut
13
. Damit soll verhindert werden, dass die
Gültigkeit und Bindung durch eine spätere Veränderung der Anknüpfungstatsachen, wie
etwa einen Staatsangehörigkeitswechsel, beeinflusst werden können und demzufolge
nicht mehr wirksam wären
14
.
Daraus folgt, dass bei einem evtl. Statutenwechsel - die Gültigkeit, Testierfähigkeit,
Form, Folgen eines Willensmangels, Zulässigkeit und Bindungswille der Verfügung
von Todes wegen nach dem Errichtungsstatut zu beurteilen sind, sog. Vornahmestatut
15
.
Infolgedessen kommt es für die Frage der Zulässigkeit eines gemeinschaftlichen Testa-
ments, auf die im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen maßgeben-
den Umstände an
16
. Faktisch handelt es sich dabei um Fälle, bei denen das effektive
Erbstatut, also das zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers tatsächlich maßgebende
Recht, und das hypothetische, auseinander fallen (z. B. bei einem - späteren - Statuten-
wechsel). Zu beachten ist, dass unter dem Begriff ,,Gültigkeit" in Art. 26 Abs. 5 S. 1
EGBGB die Wirksamkeit der Verfügung von Todes wegen als solcher zu verstehen ist
und nicht deren Form
17
.
11
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), i. d. F. der Bekanntmachung v. 21.09.1994 (BGBl. I,
1994, S. 2494).
12
S. hierzu Heldrich, A. in: Palandt, O., Bürgerliches Gesetzbuch, C. H. Beck Verlag, München, 66. Auflage 2007,
Art. 25 EGBGB, Rn. 6.
13
Vgl. dazu Schlüter, W., Erbrecht, C. H. Beck Verlag, München, 15. Auflage 2004, § 59, S. 510, Rn. 1287.
14
ebd., § 59, S. 511, Rn. 1287.
15
S. Lopez, C., IPR und Erbrecht in der Praxis deutsch-spanischer Erbrechtsfälle, in: Zeitschrift für die Steuer- und
Erbrechtspraxis (ZErb), Zerb Verlag, Angelbachtal, 10/2002, S. 279.
16
S. Michalski, L., BGB-Erbrecht, C. F. Müller Verlag, Heidelberg, 3. Auflage 2006, § 31, S. 436, Rn. 1187.
17
S. Schotten, G. und Schmellenkamp, C., Das internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, a.a.O., § 7 Interna-
tionales Erbrecht, S. 335, Rn. 308.

B. Hauptteil
5
Das Erbstatut gilt grundsätzlich für den gesamten - weltweiten - Nachlass, unabhängig
von Art und Lage der einzelnen Nachlassgegenstände, umfasst also neben den Spargut-
haben (bewegliches Vermögen) in Deutschland und Frankreich und der Eigentumswoh-
nung (unbewegliches Vermögen) in Berlin, auch die Immobilien in Frankreich und Ita-
lien, sog. Gesamtstatut
18
. Ausnahmen können sich jedoch aus abweichenden Anknüp-
fungsregeln des (ausländischen) Belegenheitsstaates ergeben (hier: Frankreich und Ita-
lien)
19
.
Anders als Frankreich (oder beispielsweise auch Belgien), das bei Nachlassgegenstän-
den zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterscheidet (sog. Nach-
lassspaltung
20
), gilt in Italien - wie im Übrigen auch in Deutschland und Österreich, das
Prinzip der Nachlasseinheit, d. h., dass der Nachlass in der Regel nur als Ganzes über-
gehen soll (Universalsukzession)
21
.
Das zuvor erwähnte, einheitliche Vermögensstatut (Gesamtstatut), gilt also grundsätz-
lich auch für Gegenstände, die sich im Ausland befinden. Beansprucht jedoch ein Bele-
genheitsstaat für die in seinem Territorium befindlichen Gegenstände (zumeist
Grundstücke) ein Sonderrecht, wird das einheitliche erbrechtliche Vermögensstatut zu-
gunsten des sog. Einzelstatus, verdrängt (Art. 3 Abs. 3 EGBGB). Man spricht von der
,,lex rei sitae"
22
, d. h. der Belegenheitsstaat ist bevorrechtigt, weil sein Recht maßgeb-
lich ist
23
.
Das französische Erbrecht geht somit (siehe vorstehend), anders als das deutsche Recht,
von einer Nachlassspaltung aus, mit der Folge, dass der Nachlass nicht einheitlich be-
handelt wird, sondern die einzelnen Nachlassgegenstände verschiedenen Erbrechtsord-
18
S. hierzu Heldrich, A., in: Palandt, O., a.a.O., Art. 25 EGBGB, Rn. 6.
19
ebd.
20
Vgl. dazu Birk, R., in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, C. H. Beck Verlag, München, 4.
Auflage 2006, Art 25 EGBGB, Rn. 23 und 86.
21
Vgl. dazu Michalski, L., a.a.O., § 31, S. 435, Rn. 1181.
22
S. hierzu Schellhammer, K., Erbrecht nach Anspruchsgrundlagen, C. F. Müller Verlag, Heidelberg, 2. Auflage
2006, 17. Teil, S. 500, Rn. 1047.
23
Vgl. dazu Beschluss des BayObLG v. 29.09.1998, Az. 1Z BR 67/98 in: Praxis des Internationalen Privat- und Ver-
fahrensrechts (IPRax), Gieseking Verlag, Bielefeld, 4/2000, S. 309-312.

B. Hauptteil
6
nungen unterstellt werden
24
; es kommt deswegen zur partiellen Anwendung des franzö-
sischen Erbrechts
25
.
Die für das französische internationale Erbrecht wichtigsten gesetzlichen Kollisionsre-
geln sind in Art. 3 CC
26
normiert; hiernach unterliegen in Frankreich belegene
Grundstücke, selbst wenn sie Ausländern gehören, dem französischen Recht
27
. Das be-
deutet, dass sich die Erbfolge bezüglich des in Paris gelegenen Einfamilienhauses, so-
wohl aus der Sicht des deutschen wie des französischen internationalen Privatrechts,
nach französischem Erbrecht beurteilt, denn, das deutsche Recht weicht vor dem fran-
zösischen zurück (Einzelstatut bricht Gesamtstatut (Art. 3 Abs. 3 EGBGB)
28
.
2. Zulassung der Form und Erbstatut
a) Deutschland
Wer in Deutschland ein Testament errichten möchte, muss, wenn er sich den Gang zum
Notar ersparen und zudem Kosten vermeiden will, dieses handschriftlich verfassen und
zusätzlich eigenhändig unterschreiben (§ 2247 Abs. 1 BGB
29
); ein teils maschinen-
schriftlich teils handschriftlich errichtetes Testament genügt diesen formellen Anforde-
rungen jedoch nicht
30
. Dies gilt auch für das gemeinschaftliche Ehegattentestament,
wobei hier sogar gewisse Formerleichterungen gelten: Es genügt, wenn einer der beiden
Ehegatten das Testament (handschriftlich) verfasst und der andere Ehegatte die gemein-
schaftliche Erklärung eigenhändig mit unterzeichnet
31
.
24
Vgl. dazu auch Mörsdorf-Schulte, J., in: Frieser, A., Kompaktkommentar Erbrecht, Luchterhand Verlag, Neuwied,
1. Auflage 2007, Zweites Kapitel, Internationales Privatrecht, Art. 3 EGBGB, S. 1057, Rn. 32.
25
S. Hök, G.-S., Neues französisches Erbrecht mit praktischen Hinweisen, Teil 1, in: Zeitschrift für Familien- und
Erbrecht (ZFE), ZAP Verlag für die Rechts- und Anwaltspraxis, Münster, 9/2007, S. 334.
26
Code Civil (CC, französisches Zivilgesetzbuch).
27
S. Steinhauer, T., in: Schömmer, H.-P., u. a., Internationales Erbrecht Frankreich, C. H. Beck Verlag, München, 1.
Auflage 2005, S. 87, Rn. 231.
28
Vgl. dazu Sonnenberger, H. J., Das Appartement des deutschen Erblassers an der Côte d´Azur, IPRax, a.a.O.,
3/2002, S. 170, II. 1.
29
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. d. F. der Bekanntmachung v. 02.01.2002 (BGBl. I, 2002, S. 42; 2003, S. 738),
zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz v. 05.09.2006 (BGBl. I, S. 2098).
30
S. hierzu Neue Juristische Online-Zeitschrift (NJOZ), C. H. Beck Verlag, München, 2006, S. 2666 und Neue Juris-
tische Wochenschrift (NJW), C. H. Beck Verlag, München, 15/2007, S. 1039 f. sowie Edenhofer, W., in: Palandt, O.,
a.a.O., § 2247, Rn. 7.
31
Vgl. Edenhofer, W., in: Palandt, O., a.a.O., § 2267, Rn 1.

B. Hauptteil
7
Handelt es sich jedoch um zwei getrennte Verfügungen (in einer Urkunde), so müssen
die Unterschriften beide Verfügungen decken, d. h. die Unterschriften müssen an das
Ende beider Verfügungen gesetzt werden und nicht unter jede einzelne Verfügung je-
weils nur eine einzelne Unterschrift
32
.
Erbstatut:
Da beide Erblasser deutsche Staatsangehörige sind, verweist Art. 25 Abs. 1 EGBGB auf
deutsches Recht; danach wäre - zumindest aus deutscher Sicht - grundsätzlich und aus-
schließlich deutsches Erbrecht anwendbar.
b) Österreich
Anders als in den meisten europäischen Ländern bzw. allen romanischen Rechtsord-
nungen, ist das Rechtsinstitut des gemeinschaftlichen Testaments in Österreich genauso
anerkannt, wie in Deutschland. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch: Beide Ehegatten
müssen beim handschriftlichen Testament dieses nicht nur eigenhändig unterschreiben,
sondern auch eigenhändig schreiben
33
. Unterschreiben beide Ehegatten nur den von ei-
nem Ehegatten handschriftlich geschriebenen Text, reicht das nicht aus; dann wäre nur
die letztwillige Anordnung des Schreibers wirksam, nicht jedoch auch die des Mitunter-
zeichners
34
.
Bemerkenswert ist, dass in Österreich sogar ein mündliches Testament formwirksam
errichtet werden kann, dann nämlich, wenn gleichzeitig drei fähige Testamentszeugen
bei der Erklärung mit anwesend sind. Dies gilt sogar für einen deutschen Erblasser, der
in Österreich testiert hat, wenn die Verfügung dem Recht des Ortes entspricht, an dem
der Erblasser letztwillig verfügt hat (Art. 26 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB)
35
.
32
Vgl. Edenfeld, S., in: Groll, K. M., Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, Dr. Otto Schmidt Verlag, Köln, 2. Auflage
2005, B. VII., Das gemeinschaftliche Testament, S. 443, Rn. 12.
33
Vgl. dazu Haunschmidt, F., in Süß, R. und Haas, U., Erbrecht in Europa, Zerb Verlag, Angelbachtal, 1. Auflage
2004, Erbrecht in Österreich, S. 715, Rn. 60.
34
ebd.
35
Vgl. dazu auch das Urteil des LG München I v. 28.09.1998, Az.: 16 T 12262/98, ZEV, a.a.O., 12/1999, S. 489.

B. Hauptteil
8
Ein wesentlicher Unterschied zum deutschem Recht erscheint noch erwähnenswert: Die
Gültigkeit der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen (Art. 26 Abs. 5 S. 1
EGBGB) bestimmt sich nach österreichischem Recht (Art. 30 IPRG) alternativ. Danach
kommt sowohl das tatsächliche (effektive) Erbstatut als auch das hypothetische in Fra-
ge. Sicherlich keine glückliche Lösung - bedenkt man, dass im Falle eines Statuten-
wechsels ,,scheintoten" Testamenten wieder ihre Gültigkeit verliehen wird und darüber
hinaus evtl. im ausländischen Erbstatut nach diesbezüglichen Regelungen gesucht wer-
den muss. Diese Regelung ist daher als doch recht fragwürdig anzusehen.
Erbstatut:
Da in Österreich sich weder unbewegliches noch bewegliches Vermögen befindet und
weder HM noch AM österreichische Staatsangehörige sind, stellt sich aus Sicht des ös-
terreichischen Kollisionsrechtes die Frage nach dem Erbstatut erst gar nicht. Genauso
wie in Deutschland gelten jedoch die Prinzipien der Staatsangehörigkeit sowie der
Nachlasseinheit, sodass in jedem Fall auf deutsches Recht verwiesen werden würde.
c) Haager Übereinkommen vom 05.10.1961
36
Die Frage der Formgültigkeit einer letztwilligen Verfügung ist grundsätzlich nicht nach
dem Erbstatut (Art. 25 EGBGB) zu beurteilen, sondern ist vielmehr als Teilfrage nach
Art. 26 EGBGB bzw. dem Haager Testamentsübereinkommen vom 05.10.1961
37
(selb-
ständig) anzuknüpfen. Das Abkommen gilt auch für gemeinschaftliche Testamente (Art.
4 des Haager Übereinkommens). Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch
Österreich sind diesem Übereinkommen beigetreten (Deutschland mit Wirkung zum
01.01.1966
38
), dessen Ziel es ist, die Ungültigkeit der Errichtung oder des Widerrufs
von letztwilligen Verfügungen, (lediglich) aus Formgründen, zu vermeiden (favor
testamenti). Das Abkommen ist weltweit von zahlreichen Staaten ratifiziert worden und
ist demnach kein spezifisch europäischer Integrationsakt
39
. Es findet auch Anwendung
36
Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht, BGBl. II, 1965, S.
1145.
37
abgedruckt bei: Palandt, O., a.a.O., Anhang zu Art. 26 EGBGB.
38
Vgl dazu Michalski, L., a.a.O., § 31, S. 436, Rn. 1186.
39
S. dazu Stumpf, C., Europäisierung des Erbrechts: Das Grünbuch zum Erb- und Testamentsrecht, in: Europäische
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), C. H. Beck Verlag, München, 19/2006, S. 589.

B. Hauptteil
9
gegenüber Erblassern aus Nichtvertragsstaaten (Art. 6 des Übereinkommens
40
), was be-
deutet, dass die Konvention damit allseitig anzuwenden ist.
Eine Verfügung von Todes wegen, ist danach paradigmatisch trotzdem formgültig,
wenn sie dem Recht des Ortes entspricht, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat
(Art. 1 Abs. 1a des Übereinkommens) hier: Österreich. Es kommt nicht auf die Dauer
des Aufenthalts am Vornahmeort an; eine Anknüpfung ist auch dann wirksam, wenn der
Ort nur zum Zwecke der Errichtung eines Testaments nach dort gültiger Form aufge-
sucht wird
41
. Aus diesen Gründen sind selbst im Ausland nach der dortigen Rechtsord-
nung formgültig errichtete Testamente auch nach deutschem Recht anzuerkennen, weil
Deutschland dem Abkommen beigetreten ist und dieses folglich unmittelbar geltendes,
innerstaatliches Recht (Art. 26 Abs. 1-3 EGBGB) wurde.
Ob dementsprechend die Art. 26 Abs. 1-3 EGBGB anstelle des Haager Testamentsüber-
einkommens angewandt werden sollen oder diese Vorschriften mit Blick auf Art. 3 Abs.
2 EGBG (Vorrang staatsvertraglicher Regelungen) entbehrlich geworden sind, ist äu-
ßerst umstritten
42
. So etwa z. B. Brammen
43
, die - m. E. zutreffend - argumentiert, das
Übereinkommen sei ein multilateraler Staatsvertrag, dessen Inhalt in Art. 26 Abs. 1-3
EGBGB inkorporiert wurde; infolgedessen sei dieser Staatsvertrag nicht vorrangig vor
nationalem Recht zu prüfen. Dafür spricht aus meiner Sicht auch, dass es ansonsten ei-
ner Einfügung in Art. 26 Abs. 1-3 EGBGB nicht bedurft hätte. Der BGH
44
dagegen be-
handelt völkerrechtliche Verträge vorrangig (Art. 3 Abs. 2 EGBGB).
Eine Zwischenposition nimmt Heldrich
45
ein, der die Anwendung des Art. 26 EGBGB
bei der Beurteilung der Testamentsform trotz Vorrangs der staatsvertraglichen Regelun-
gen gem. Art. 3 Abs. 2 S. 1 EGBGB genügen lassen will, soweit dieser nicht von den
Vorschriften des Haager Testamentsformübereinkommens abweicht.
40
Vgl. hierzu Haas, U., in: Süß, R. und Haas, U., Erbrecht in Europa, a.a.O., S. 12, Rn. 26; vgl. dazu auch Haas, U.,
in: Bengel, M. und Reimann, W., Handbuch der Testamentsvollstreckung, C. H. Beck Verlag, München, 3. Auflage
2001, 9. Kapitel, Internationale Testamentsvollstreckung, b) Anwendungsbereich, Rn. 77.
41
Vgl. hierzu das Urteil des LG München I v. 28.09.1998, Az.: 16 T 12262/98, ZEV, a.a.O, 12/1999, S. 489 f.
42
S. Haas, U., in: Süß, R. und Haas, U., Erbrecht in Europa, a.a.O., S. 12 f., Rn. 26.
43
S. Brammen, C., in: Krug, W., u. a., Das erbrechtliche Mandat, Deutscher Anwalt Verlag, Bonn, 4. Auflage 2007,
§ 34 Internationales Erbrecht, S. 1071, Rn. 36.
44
Urteil des BGH v. 28.09.1994, NJW, a.a.O., 1995, S. 58.
45
Vgl. Heldrich, A., in: Palandt O., a.a.O., Art. 26 EGBGB, Rn. 1.

B. Hauptteil
10
Einigkeit besteht jedoch darin, dass bei deren Anwendung ihr staatsvertraglicher Cha-
rakter bzw. Ursprung zu beachten ist
46
. Ungeachtet dessen, kann dies nach meiner Ü-
berzeugung schon deshalb dahinstehen, weil die Art. 1, 3, 4 und 5 des Haager Abkom-
mens in vollem Umfang inhaltsgleich mit Art. 26 Abs. 1-3 EGBGB sind und es von da-
her letztlich unerheblich ist, ob innerstaatliches Recht zur Anwendung kommt oder die
staatsvertraglichen Regeln in Form des Abkommens.
Ein Testament ist demzufolge formgültig errichtet, wenn es den Formerfordernissen des
Rechts des Ortes entspricht, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat (hier: Öster-
reich). Dies ist nur eines unter mehreren - alternativen - Anknüpfungsmerkmalen, die
das Abkommen gelten lässt. Nach Art. 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB reicht es z. B.
schon aus, dass die Verfügung den Formerfordernissen des Rechts eines Staates ent-
spricht, dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, angehörte
(Staatsangehörigkeit). Folgerichtig ist das in Österreich errichtete Testament selbst dann
in Deutschland - ferner natürlich auch in anderen Vertragsstaaten - als formgültig anzu-
erkennen, wenn es nach österreichischem Recht einen Formmangel (z. B. nur einer der
Ehegatten hat es handschriftlich verfasst
47
) aufweisen würde, und der Erblasser im Zeit-
punkt der Errichtung der Verfügung, die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
d) Frankreich
Fraglich ist nun, ob und inwieweit dieses Testament auch in Frankreich formelle Gül-
tigkeit entfaltet, zumal in Frankreich - wie auch in Deutschland - sowohl Grundvermö-
gen als auch Mobilien vorhanden sind.
Zu bedenken ist: Es liegen mehrere Spaltnachlässe vor (in Deutschland, Frankreich und
Italien). Die Formgültigkeit von Testamenten ist für jeden Spaltnachlass gesondert zu
prüfen; hierbei ist nicht allein auf die jeweiligen Formvorschriften abzustellen, vielmehr
ist das Formstatut als Teilfrage gesondert zu ermitteln
48
.
46
Urteil des BGH v. 28.09.1994, NJW, a.a.O., 1995, S. 58.
47
siehe vorstehend unter 2b) Österreich, am Anfang.
48
Vgl. hierzu Fetsch, J., Auslandsvermögen im internationalen Erbrecht - Testamente und Erbverträge, Erbschein
und Ausschlagung bei Auslandsvermögen -, in: Rheinische Notar-Zeitschrift (RNotZ), Hrsg.: Deutsches Notarinstitut
(DNotI),Würzburg, 1-2/2006, C. Rechtsfolgen der Nachlassspaltung, II. Formgültigkeit von Testament und Erbver-
trag, S. 17.

B. Hauptteil
11
Ein wesentlicher Unterschied zwischen deutschem und französischem Erbrecht besteht
darin, dass die gesetzliche Erbfolge in Frankreich nach dem CC
49
zwingend ist und des-
halb grundsätzlich nicht durch Testament oder Erbverzicht oder andere lebzeitige Ver-
fügungen geändert oder beseitigt werden kann. Und: In Frankreich sind gemeinschaftli-
che Testamente verboten (Art. 968 CC
)
50
; das Verbot richtet sich an In- und Ausländer
gleichermaßen.
Da es sich vorliegend um ein in Österreich nach den dortigen Vorschriften formgültig
errichtetes Testament deutsch-deutscher Ehegatten handelt und in Frankreich das Haa-
ger Testamentsformübereinkommen seit 19.11.1967 in Kraft ist
51
, wird es auch in
Frankreich als formwirksam anerkannt, weil neben der Anerkennung nach dem Haager
Abkommen und ungeachtet der Tatsache, dass in Frankreich gemeinschaftliche Testa-
mente verboten sind, zusätzlich - nach dortigem Recht - das Formverbot nicht als mate-
riellrechtliche Schutzvorschrift, sondern nur als reine Formvorschrift qualifiziert wird
52
.
Kritisch dazu: Süß
53
, der u. a. betont, dass man sich für Länder wie Frankreich und Ita-
lien zwar weitgehend einigen konnte (gemeint ist damit, das Verbot gemeinschaftlicher
Testamente als Formverbot und nicht als materielles Verbot zu qualifizieren), dass die-
ser Konsens aber gerade nicht auf der von der h. M.
54
entwickelten Formel beruhe.
Denn nach dieser Formel will die h. M. zur Feststellung von Sinn und Zweck der Ver-
botsnorm danach unterscheiden, aus welchen Gründen das gemeinschaftliche Testament
verboten worden ist.
Diese Feststellung dürfte in der Praxis jedoch äußerst schwierig zu treffen, bei manchen
Ländern - zu denen keine diesbezüglichen Materialien vorliegen, sogar unmöglich sein.
Demgegenüber vertritt Riering
55
die Ansicht, die Qualifizierung als Formverbot (und
nicht als materielles Verbot) ergebe sich schon aus Gründen der systematischen Stel-
49
S. Fußnote 26.
50
S. dazu auch Steinhauer, T., in: Schömmer, H.-P., u. a., Internationales Erbrecht Frankreich, a.a.O., S. 101, Rn.
260.
51
S. Döbereiner, C., in Süß, R. und Haas, U., Erbrecht in Europa, a.a.O., Erbrecht in Frankreich, S. 382, Rn. 4.
52
Vgl. dazu Riering, W., Das gemeinschaftliche Testament deutsch-französischer Ehegatten, ZEV, a.a.O., 4/1994, S.
225 sowie Art. 4 Haager Testamentsformübereinkommen vom 05.10.1961, a.a.O.
53
Vgl. hierzu Süß, R., Das Verbot gemeinschaftlicher Testamente im Internationalen Erbrecht, IPRax, a.a.O., 1/2002,
S. 26.
54
BGH-Urteil, NJW, a.a.O., 1967, S. 1177.
55
S. Riering, W., Das gemeinschaftliche Testament deutsch-französischer Ehegatten, ZEV, a.a.O., 4/1994, S. 227 f.

B. Hauptteil
12
lung des Art. 968 CC und außerdem daraus, dass die französische Rechtsprechung
schon im Jahr 1980 ein in Norwegen errichtetes gemeinschaftliches Testament dem
Formstatut unterwarf und es damit in Frankreich gültig war.
Trotzdem führt er an, dass die Frage der Qualifizierung des Verbots, in der französi-
schen Rechtsliteratur umstritten ist, vor allem deswegen, weil die Möglichkeit der Wi-
derruflichkeit eines Testaments eines der wesentlichen Merkmale des französischen
Erbrechts sei
56
; offen bleibe in diesem Zusammenhang, ob sich auch die Bindungswir-
kung (dazu später) nach dem Formstatut richtet. Anderenorts ergänzt Riering
57
, dass
sowohl die französische Gerichtspraxis als auch die herrschende Meinung in der franzö-
sischen Literatur das Verbot als Formvorschrift ansehen, sodass ein in Deutschland
formgerecht errichtetes gemeinschaftliches Testament im Hinblick auf Art. 4 des Haa-
ger Testamentsformübereinkommens auch in Frankreich als formwirksam anerkannt
wird.
Haas
58
erklärt in diesem Kontext (ähnlich), dass französische Gerichte gerade bei Aus-
ländern zu einer liberalen Einstellung tendieren würden.
Wesentlich ist die Feststellung, dass das Verbot gemeinschaftlicher Testamente in der
französischen Rechtsordnung lediglich dem Formstatut und nicht dem Erbstatut unter-
stellt wird, Art. 968 CC dem also nicht entgegensteht. Gemeinschaftliche Testamente
werden daher als formgültig anerkannt. Allerdings: ,,Im Ausland errichtete gemein-
schaftliche Testamente werden in Frankreich nach Maßgabe des Haager TestÜbk zwar
als formgültig anerkannt, aber in zwei jederzeit widerrufliche Einzeltestamente umge-
deutet"
59
.
Erbstatut:
Art. 25 Abs. 1 EGBGB verweist hinsichtlich beider Erblasser wegen deren deutschen
Staatsangehörigkeit auf das deutsche Erbrecht. AM und HM müssten deshalb - aus
56
S. Riering, W., Das gemeinschaftliche Testament deutsch-französischer Ehegatten, ZEV, a.a.O., 4/1994, S. 227 f.
57
Vgl. Riering, W., in: Brambring, G. und Mutter, C., Beck´sches Formularhandbuch Erbrecht, C. H. Beck Verlag,
München, 1. Auflage 2007, K. Letztwillige Verfügungen mit Auslandsbezug, XVII. Länderübersicht, 3. Frankreich,
S. 947 ff., Testamentsinhalt, vorletzter Absatz.
58
Vgl. dazu Haas, U., in: Bengel, M. und Reimann, W., Handbuch der Testamentsvollstreckung, a.a.O., 9. Kapitel,
Internationale Testamentsvollstreckung, b) Formstatut, Rn. 148.
59
Zit. n. Steinhauer, T., in: Schömmer, H.-P., u. a., Internationales Erbrecht Frankreich, a.a.O., S. 118, Rn. 306.

B. Hauptteil
13
deutscher Sicht - insgesamt nach deutschem Recht beerbt werden. Frankreich dagegen
unterstellt die Rechtsnachfolge von Todes wegen in Immobilen (und zwar nicht nur
französischer!) der lex rei sitae (Art. 3 Abs. 2 CC)
60
- also dem Belegenheitsstaat, wäh-
rend es für die Erbfolge in das bewegliche Vermögen auf den letzten Wohnsitz (lex do-
micilii, Art. 102 ff. CC) des Erblassers im Zeitpunkt des Todes ankommt
61
, sog. gespal-
tene Anknüpfung. Dabei beurteilt sich der Begriff ,,Wohnsitz" nach dem Recht des
Staates, auf das Art. 25 Abs. 1 EGBGB verweist (hier: Deutschland).
Aus französischer Sicht würden die deutschen Erblasser AM und HM somit insgesamt
nach französischem Recht beerbt, weil sich sowohl Immobilien in Frankreich befinden
als auch deren Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes (sofern bis dahin kein Statutenwechsel
eingetreten sein sollte) sich in Frankreich befindet.
Dieser Geltungsanspruch Frankreichs wird vom deutschen Recht (Art. 3 Abs. 3
EGBGB) grundsätzlich auch anerkannt (Einzelstatut bricht Gesamtstatut), allerdings nur
dann, wenn es sich bei den in Frage stehenden Gegenständen um solche handelt, die
sich in Frankreich (Lageort) befinden und dort ,,besonderen Vorschriften" i. S. d. Art. 3
Abs. 3 EGBGB unterliegen. Das französische Kollisionsrecht für Immobilien ist eine
solche besondere Vorschrift, weil sie nur territorial gilt und nur bestimmte Gegenstände
(hier: Immobilien) erfasst; deswegen weicht das deutsche Recht zurück. Beide Rechts-
ordnungen kommen mithin für das in Frankreich belegene, HM gehörende Einfamilien-
haus, zu dem gleichen Ergebnis: Es gilt französisches Erbrecht.
Bezüglich der in Berlin sowie ferner in Rom belegenen Eigentumswohnung, verweist
französisches Recht jedoch auf den jeweiligen Belegenheitsstaat, demgemäß auf
Deutschland und Italien, wobei Italien auch in Bezug auf die in Rom befindliche Eigen-
tumswohnung, wegen des dort ebenfalls wie in Deutschland geltenden Staatsangehörig-
keitsprinzips, eine Verweisung zu Deutschland ausspricht (Gesamtverweisung, weil in
Italien, ebenso wie in Deutschland, das Prinzip der Nachlasseinheit gilt).
60
Vgl. hierzu auch Werkmüller, M., Die Auswirkungen des französischen Pflichtteilsrechts auf die Gestaltung des
deutschen Ehegattentestaments bei deutsch-französischem Nachlass, ZEV, a.a.O., 12/1999, S. 474.
61
Vgl. dazu Ferid, M., in: Ferid, M., u. a., Internationales Erbrecht, C. H. Beck Verlag, München, 66. Auflage 2007,
Frankreich, Grdz., Rn. 6.

B. Hauptteil
14
Für das bewegliche Vermögen hingegen, knüpft das französische Recht nicht an einzel-
ne Gegenstände, sondern an das gesamte übrige Vermögen an, gleichgültig wo es sich
befindet. Von daher handelt es sich hierbei nicht um eine ,,besondere Vorschrift" i. S. d.
Art. 3 Abs. 3 EGBGB, sodass das deutsche Recht insoweit nicht vor dem französischen
zurückweicht.
Es kommt demnach hinsichtlich des beweglichen Vermögens zum sog. hinkenden
Rechtsverhältnis, weil aus deutscher Sicht deutsches und aus französischer Sicht franzö-
sisches Erbrecht anwendbar ist. D. h. der Geltungsbereich verschiedener Rechtsordnun-
gen kollidiert, mit der Folge, dass von den Gerichten der beteiligten Länder unterschied-
liches materielles Recht angewandt wird.
In der Literatur
62
wird dieser Rechtszustand zum Teil auch als sog. faktische Nachlass-
spaltung bezeichnet. Andere
63
wiederum betonen, dass es wegen der grundlegenden
rechtsdogmatischen Unterschiede zwischen hinkenden Rechtsverhältnissen und Rechts-
spaltungen nicht sachgerecht, möglicherweise sogar irreführend sein dürfte, diese als
faktische Nachlassspaltung zu bezeichnen, weswegen der Begriff vermieden werden
sollte.
Weiter ist zu beachten, dass es zu einem hinkenden Rechtsverhältnis aber nur dann
kommt, wenn sowohl das deutsche als auch das französische Recht jeweils eine Rege-
lungsbefugnis für den gesamten Nachlass beanspruchen, wenn also unterschiedliche
Gesamtstatute aufeinander treffen. Dies ist hier hinsichtlich der beweglichen Gegens-
tände sowohl aus französischer als auch aus deutscher Sicht der Fall. Werden dagegen
nur einzelne Gegenstände oder Gruppen von einzelnen Gegenständen einer besonderen
Regelung unterworfen (hier: Frankreich hinsichtlich unbeweglichen Vermögens), so
bleibt es bei dem Vorrang des Einzelstatuts vor dem Gesamtstatut (Art. 3 Abs. 3
EGBGB)
64
.
62
S. Steiner, A., Grundregeln der Testamentsgestaltung in Fällen der faktischen Nachlassspaltung, ZEV, a.a.O.,
4/2003, S. 145 ff.; s. auch Fetsch, J., Auslandsvermögen im internationalen Erbrecht - Testamente und Erbverträge,
Erbschein und Ausschlagung bei Auslandsvermögen -, RNotZ, a.a.O., 2006, S. 7.
63
So auch Schotten, G. und Schmellenkamp, C., Das internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, a.a.O., § 7
Internationales Erbrecht, S. 287 f., Rn. 269.
64
ebd., S. 288 f., Rn 270 sowie S. 291, Rn. 274; s. dazu auch Steinhauer, T., in: Schömmer, H.-P. u. a., Internationa-
les Erbrecht Frankreich, a.a.O., S. 91, Rn. 240.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836609357
DOI
10.3239/9783836609357
Dateigröße
594 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Abt. Bückeburg – Studienzentrum Mannheim, Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2008 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
deutschland gemeinschaftliches testament kollisionsrecht berliner auslandsvermögen ausländer-ehe doppelstaatsbürgerschaft europarecht
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Titel: Das gemeinschaftliche Testament
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