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Möglichkeiten und Grenzen der IFRS-Anwendung im Mittelstand

Eine kritische Analyse

©2007 Diplomarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die Anwendung der IFRS ist aufgrund der EU-Verordnung vom 19. Juli 2002 für diejenigen deutschen Unternehmen, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt zugelassen sind, ab 2005 im Konzernabschluss verpflichtend. Als Ausschüttungsbemessungsgrundlage sowie für die steuerliche Gewinnermittlung haben jedoch alle Unternehmen weiterhin einen Einzelabschluss nach den Regelungen des HGB zu erstellen. Der Anteil kapitalmarktorientierter Unternehmen, die unter diesen Pflichtanwendungsbereich der IAS-Verordnung fallen, ist in Deutschland jedoch verschwindend gering, so dass die Vielzahl der übrigen, meist mittelständischen Unternehmen zumindest rechtlich von der Pflicht zur Anwendung der IFRS nicht betroffen ist. In der Literatur wird jedoch bezweifelt, ob diese zurzeit bestehende Spaltung von Einzel- und Konzernrechnungslegung langfristig bestehen bleiben kann. Eine einheitliche deutsche Rechnungslegung wäre aufgrund der IAS-Verordnung indes nur noch nach den IFRS möglich. Ist die „traditionelle deutsche Bilanzierungsweise somit auch außerhalb der Kapitalmärkte an ihrem Ende“ und das HGB tatsächlich ein „Auslaufmodell“? Sollten die IFRS überhaupt und, wenn ja, in welcher Art und Weise im Einzelabschluss mittelständischer Unternehmen Anwendung finden? Eröffnen sich dem Mittelstand durch die Bilanzierung nach den IFRS neue Möglichkeiten bspw. im Hinblick auf die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit oder werden durch die hohen Kosten und die besonderen Anwendungsprobleme mittelständischer Unternehmen der IFRS-Anwendung ihre Grenzen aufgezeigt? In der Literatur wird über diese Fragen eine kontroverse Diskussion geführt. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem im Februar 2007 veröffentlichten Standardentwurf eines eigenständigen IFRS for SMEs zu, der die Entscheidung zugunsten oder gegen die IFRS maßgeblich beeinflussen könnte. Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Möglichkeiten und Grenzen der IFRS-Anwendung im Mittelstand darzustellen und den Standardentwurf dahingehend zu analysieren, ob mittelständischen Unternehmen ein Umstieg auf die IFRS angeraten werden kann.
Diese Arbeit betrachtet die Anwendung der IFRS im Einzelabschluss deutscher mittelständischer Unternehmen. Dabei wird der Begriff IFRS bzw. full IFRS als Sammelbegriff für das gesamte Regelwerk, bestehend aus den vom IASB veröffentlichten IFRS und IAS sowie den Interpretationen des IFRIC und SIC, verwendet.
In Kapitel 2.1.1 wird auf die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Christian Dominik Rath
Möglichkeiten und Grenzen der IFRS-Anwendung im Mittelstand
Eine kritische Analyse
ISBN: 978-3-8366-0795-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland, Diplomarbeit,
2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis...IV
Tabellenverzeichnis ...IX
1 Einleitung...1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ...1
1.2 Begriffsabgrenzung...2
1.3 Gang der Untersuchung ...3
2 Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand...4
2.1 Der Mittelstand als eigenständiges Untersuchungsobjekt ...4
2.1.1 Definition und Charakteristika...4
2.1.1.1 Quantitative Definition...4
2.1.1.2 Qualitative Charakteristika...5
2.1.2 Bedeutung des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft...6
2.1.3 Kapitalstruktur und Finanzierungsquellen des Mittelstands ...8
2.1.4 Zunehmende Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit im
Mittelstand...9
2.1.5 Besonderheiten der Rechnungslegung mittelständischer Unternehmen .10
2.2 Internationalisierung der Rechnungslegung in Deutschland ...11
2.2.1 IFRS-Anwendung aufgrund rechtlicher Anforderungen ...13
2.2.1.1 Die IAS-Verordnung zur Anwendung der IFRS in der EU ...13
2.2.1.2 Das Bilanzrechtsreformgesetz zur Umsetzung der IAS-Verordnung
in Deutschland...15
2.2.2 IFRS-Anwendung aufgrund faktischer Anforderungen...16
2.2.3 Freiwillige IFRS-Anwendung aufgrund praktischer Vorteile...17
2.2.3.1 Verbesserung der Unternehmenstransparenz und der
Informationsvermittlung...18
2.2.3.2 Einheitlichkeit der Rechnungslegung und erleichterte
Internationalisierung...19
2.2.3.3 Konvergenz des internen und externen Rechnungswesens...20
2.2.3.4 Reduzierung der Kapitalkosten ...22

Inhaltsverzeichnis
II
2.3 Zwischenfazit...23
3 Ausgewählte Probleme mittelständischer Unternehmen bei der IFRS-
Anwendung ...24
3.1 Allgemeine Probleme...24
3.1.1 Komplexität und Änderungsgeschwindigkeit der IFRS ...24
3.1.2 Umstellungs- und Aufstellungskosten von IFRS-Abschlüssen ...25
3.1.3 Der Einfluss der IFRS-Anwendung auf die Fremdkapitalbeschaffung
im Kontext von Basel II ...28
3.1.3.1 Die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung ...28
3.1.3.1.1 Ratingverfahren nach Basel II ...29
3.1.3.1.2 Erleichterungen für Mittelstandskredite ...30
3.1.3.2 Auswirkungen der IFRS-Anwendung auf das Rating...31
3.2 Spezielle Bilanzierungsprobleme...34
3.2.1 Einschränkung der steuerlichen Gewinnermittlung ...34
3.2.1.1 Aktuelle Rechtslage...34
3.2.1.2 Modelle einer alternativen Steuergewinnermittlung ...34
3.2.1.2.1 IFRS-Maßgeblichkeit ...35
3.2.1.2.2 Abkopplungsmodell ...37
3.2.2 Problematik des Eigenkapitalausweises nach IAS 32...38
3.2.2.1 Kapitalabgrenzung nach IAS 32 ...38
3.2.2.2 Auswirkungen von IAS 32 auf das Eigenkapital deutscher
Gesellschaften ...39
3.2.2.3 Mögliche Änderungen durch den ED IAS 32 ...40
3.3 Zwischenfazit...41
4 Der ED-IFRS for SMEs...42
4.1 Zielsetzung des Projektes...42
4.2 Entwicklungsprozess...43
4.3 Grundkonzeption des Exposure Drafts ...44
4.3.1 Zielsetzung und Adressatenkreis von SME-Abschlüssen...44
4.3.2 Abgrenzung des Anwenderkreises...45
4.3.3 Top-Down-Ansatz...46

Inhaltsverzeichnis
III
4.3.4 Erleichterungen gegenüber den full IFRS...47
4.3.5 Behandlung von Regelungslücken...50
4.4 Zwischenfazit...51
5 Kritische Würdigung und Fazit...53
Literaturverzeichnis ...56
Gesetzesverzeichnis ...88
Verzeichnis der Gesetzesmaterialien ...90
Verzeichnis der Rechtsquellen der EG/EU...91
Verzeichnis der Rechtsprechung ...92

Abkürzungsverzeichnis
IV
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABl.
Amtsblatt der Europäischen Union
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
Die AG
Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift)
AK BR
Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissen-
schaft
AK UR
Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der Schmalen-
bach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft
ARC
Accounting Regulatory Committee
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
BB
Betriebs-Berater
(Zeitschrift)
BC
Basis for Conclusions
BDB
Bundesverband deutscher Banken e. V.
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BilReG
Bilanzrechtsreformgesetz
BiRiLiG
Bilanzrichtliniengesetz
BMWI
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
bspw.
beispielsweise
BT-Drucksache Bundestags-Drucksache
BuW
Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift)
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CPA
Hong Kong Institute of Certified Public Accountants
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DCF
Discounted
Cashflow

Abkürzungsverzeichnis
V
DGRV
Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V.
d. h.
das heißt
DIHK
Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.
DRSC
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V.
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
EASB
Estonian Accounting Standards Board
ED
Exposure
Draft
EFRAG
European Financial Reporting Advisory Group
EG
Europäische
Gemeinschaft(en)
EGHGB
Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
EStB
Der Ertrags-Steuer-Berater (Zeitschrift)
EStG
Einkommensteuergesetz
et al.
et alii (und andere)
EU
Europäische
Union
EuGH
Europäischer
Gerichtshof
e. V.
eingetragener Verein
EWG
Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft
EWR
Europäischer
Wirtschaftsraum
F
IASC-Framework
f.
folgende (Seite)
FB
Finanz Betrieb (Zeitschrift)
ff.
fortfolgende (Seiten)
FR
Finanz-Rundschau
GASB
German Accounting Standards Board
geb.
geboren
GenG
Genossenschaftsgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHR
GmbH-Rundschau
(Zeitschrift)
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung

Abkürzungsverzeichnis
VI
HGB
Handelsgesetzbuch
h. M.
herrschende Meinung
Hrsg.
Herausgeber
IAS
International Accounting Standard(s)
IASB
International Accounting Standards Board
IASC
International Accounting Standards Committee
IASCF
International Accounting Standards Committee Foundation
i. d. R.
in der Regel
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.
IfM
Institut für Mittelstandsforschung
IFRIC
International Financial Reporting Interpretations Committee
IFRS
International Financial Reporting Standard(s)
IRB
Internal Rating Based
IRZ
Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung
i. S. d.
im Sinne des
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
IT
Informationstechnik
i. V. m.
in Verbindung mit
Jg.
Jahrgang
KapAEG Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KG
Kommanditgesellschaft
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
KoR
Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (Zeitschrift)
KWG
Kreditwesengesetz
lit.
Buchstabe
m. b. H.
mit beschränkter Haftung
m. E.
meines Erachtens
Mio.
Million(en)

Abkürzungsverzeichnis
VII
Mrd.
Milliarde(n)
Nr.
Nummer
NYSE
New York Stock Exchange
o. J.
ohne Jahresangabe
o. S.
ohne Seitenangabe
o. V.
ohne Verfasserangabe
P
Preface
PiR
Praxis der internationalen Rechnungslegung (Zeitschrift)
PoC
Percentage of Completion
PWC
PricewaterhouseCoopers
Rn.
Randnummer(n)
Rs.
Rechtssache
S.
Seite (bei Angaben in Gesetzen: Satz)
SEC
Securities and Exchange Commission
SIC
Standing Interpretations Committee
SME(s)
Small and Medium-sized Entity(ies)
sog.
so
genannte(n)/(r)
ST
Der Schweizer Treuhänder (Zeitschrift)
StuB
Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)
SVR
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftli-
chen Entwicklung
Tab.
Tabelle
u. a.
unter anderem
UN
United
Nations
UNCTAD
United Nations Conference on Trade and Development
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Principles

Abkürzungsverzeichnis
VIII
vgl.
vergleiche
VMEBF
Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanz-
rechts für Familiengesellschaften e. V.
VÖB
Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e. V.
WPg
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
WpHG
Wertpapierhandelsgesetz
WVM
WirtschaftsVereinigung Metalle e. V.
z. B.
zum Beispiel
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
ZfgK
Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen

Tabellenverzeichnis
IX
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1: KMU-Höchstgrenzen nach unterschiedlichen Definitionen ...4
Tab. 2: Steuerpflichtige und deren Umsätze 2005 nach Rechtsformen...7

Einleitung
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Anwendung der IFRS ist aufgrund der EU-Verordnung vom 19. Juli 2002 für
diejenigen deutschen Unternehmen, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt
zugelassen sind, ab 2005 im Konzernabschluss verpflichtend.
1
Als Ausschüttungs-
bemessungsgrundlage sowie für die steuerliche Gewinnermittlung haben jedoch
alle Unternehmen weiterhin einen Einzelabschluss nach den Regelungen des HGB
zu erstellen.
2
Der Anteil kapitalmarktorientierter Unternehmen, die unter diesen
Pflichtanwendungsbereich der IAS-Verordnung fallen, ist in Deutschland jedoch
verschwindend gering,
3
so dass die Vielzahl der übrigen, meist mittelständischen
Unternehmen
4
zumindest rechtlich von der Pflicht zur Anwendung der IFRS nicht
betroffen ist.
5
In der Literatur wird jedoch bezweifelt, ob diese zurzeit bestehende
Spaltung von Einzel- und Konzernrechnungslegung langfristig bestehen bleiben
kann.
6
Eine einheitliche deutsche Rechnungslegung wäre aufgrund der IAS-
Verordnung indes nur noch nach den IFRS möglich.
7
Ist die ,,traditionelle deut-
sche Bilanzierungsweise somit auch außerhalb der Kapitalmärkte an ihrem Ende"
8
und das HGB tatsächlich ein ,,Auslaufmodell"
9
? Sollten die IFRS überhaupt und,
wenn ja, in welcher Art und Weise im Einzelabschluss mittelständischer Unter-
nehmen Anwendung finden? Eröffnen sich dem Mittelstand durch die Bilanzie-
rung nach den IFRS neue Möglichkeiten bspw. im Hinblick auf die Internationali-
sierung der Geschäftstätigkeit oder werden durch die hohen Kosten und die be-
sonderen Anwendungsprobleme mittelständischer Unternehmen der IFRS-
Anwendung ihre Grenzen aufgezeigt? In der Literatur wird über diese Fragen eine
1
Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, Art. 4.
2
Vgl. Harr/Walber (2006), S. 169 f.; Baetge/Kirsch/Thiele (2005), S. 62.
3
Vgl. Burger/Fröhlich/Ulbrich (2006), S. 117­120.
4
Vgl. BMWI (2007), S. 12.
5
Vgl. Bräunig (2006), S. 64; Winkeljohann/Ull (2006), S. 5.
6
Vgl. Kahle (2001), S. 1209; Kirsch/Meth (2007), S. 7.
7
Vgl. Mandler (2004), S. 163.
8
Mandler (2004), S. 167.
9
Küting (2007a), Die erste Seite.

Einleitung
2
kontroverse Diskussion geführt.
10
Besondere Bedeutung kommt in diesem Zu-
sammenhang dem im Februar 2007 veröffentlichten Standardentwurf eines eigen-
ständigen IFRS for SMEs
11
zu, der die Entscheidung zugunsten oder gegen die
IFRS maßgeblich beeinflussen könnte. Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Mög-
lichkeiten und Grenzen der IFRS-Anwendung im Mittelstand darzustellen und
den Standardentwurf dahingehend zu analysieren, ob mittelständischen Unter-
nehmen ein Umstieg auf die IFRS angeraten werden kann.
1.2 Begriffsabgrenzung
Diese Arbeit betrachtet die Anwendung der IFRS im Einzelabschluss deutscher
mittelständischer Unternehmen. Dabei wird der Begriff IFRS bzw. full IFRS als
Sammelbegriff für das gesamte Regelwerk, bestehend aus den vom IASB veröf-
fentlichten IFRS und IAS sowie den Interpretationen des IFRIC und SIC, verwen-
det.
12
In Kapitel 2.1.1 wird auf die verschiedenen Möglichkeiten zur Abgrenzung des
Mittelstandes eingegangen. Im Rahmen dieser Arbeit werden Unternehmen mit
maximal 250 Mitarbeitern und höchstens 50 Mio. Euro Umsatz dem Mittelstand
zugeordnet. Darüber hinaus dürfen diese Unternehmen nicht kapitalmarktorien-
tiert
13
sein und müssen durch eine Einheit von Kapital und Leitung gekennzeich-
net sein.
Die Begriffe Small and Medium-sized Entities (SMEs) bzw. kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) sowie mittelständische Unternehmen bzw. Mittelstand wer-
den im Folgenden synonym verwendet.
Der Arbeit liegt der Rechtsstand vom 1. April 2007 zugrunde.
10
Vgl. Küting (2007a), Die erste Seite; Küting (2004a), Die erste Seite; Baetge (2006), Die erste
Seite; Kahle/Dahlke (2007), S. 318; Zeitler (2003), S. 1534; Niehus (2006), S. 2536; Hüttche
(2004), S. 1192; Kußmaul/Hilmer (2007), S. 121; anderer Meinung sind Böcking/Herold/
Müßig (2004), S. 672; Pawelzik (2006a), S. 797; AK UR (2001), S. 161; differenzierter
Littkemann/Schulte/Kraft (2005a), S. 339 f.
11
Vgl. IASB (2007a).
12
Vgl. IASB (2004), S. 4.
13
Als kapitalmarktorientiert gelten solche Unternehmen, die Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1
WpHG zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 5 des WpHG emittiert oder
eine Zulassung zum Handel beantragt haben.

Einleitung
3
1.3 Gang der Untersuchung
Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel untergliedert. Kapitel 1 dient einer kur-
zen Einführung in die Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit sowie der
Begriffsabgrenzung. Im Anschluss daran wird in Kapitel 2, das sich in zwei Teile
gliedert, auf den Internationalisierungsprozess der Rechnungslegung im deutschen
Mittelstand eingegangen. Aufgrund seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung
stellt der Mittelstand ein besonderes Untersuchungsobjekt dar. Im Mittelpunkt des
ersten Teils des zweiten Kapitels stehen daher Unterschiede zwischen mittelstän-
dischen und Großunternehmen. Im zweiten Teil des Kapitels werden exogene und
endogene Determinanten identifiziert, die zu einer zunehmenden Relevanz der
IFRS-Anwendung im Mittelstand führen. Dabei werden die sog. IAS-Verordnung
und das Bilanzrechtsreformgesetz als endogene Determinanten näher erläutert.
Als exogene Determinanten werden eine Verbesserung der Unternehmenstranspa-
renz und der Informationsvermittlung, die Einheitlichkeit der Rechnungslegung
und eine erleichterte Internationalisierung, die Konvergenz des internen und ex-
ternen Rechnungswesens sowie die Reduzierung der Kapitalkosten näher erläu-
tert. In Kapitel 4 werden mögliche Problemfelder mittelständischer Unternehmen,
die sich bei der Anwendung der IFRS ergeben können, dargestellt. Es wird u. a.
untersucht, welche Auswirkungen sich durch die Anwendung der IFRS auf das
Eigenkapital und das Kreditrating ergeben. Vor dem Hintergrund der besonderen
Anforderungen des Mittelstandes und der Ergebnisse des zweiten und dritten Ka-
pitels wird in Kapitel 4 der im Februar 2007 vom IASB veröffentlichte Standard-
entwurf eines besonderen IFRS für mittelständische Unternehmen vorgestellt und
insbesondere dahingehend analysiert, ob die in Kapitel 4 dargestellten Probleme
hinreichend gelöst werden können. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfas-
sung der wesentlichen Ergebnisse und einem Fazit in Kapitel 5.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
4
2 Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mit-
telstand
2.1 Der Mittelstand als eigenständiges Untersuchungsobjekt
2.1.1 Definition und Charakteristika
Für den nur im deutschen Sprachgebrauch verwendeten Begriff Mittelstand gibt
es in der Literatur keine einheitliche Definition.
14
Während die im Ausland be-
nutzten Bezeichnungen Small and Medium-sized Entities (SMEs) bzw. kleine und
mittlere Unternehmen (KMU) eine rein quantitative Abgrenzung implizieren, um-
fasst der Begriff Mittelstand neben der Abgrenzung gegenüber Großunterneh-
men
15
,,sowohl ökonomische als auch gesellschaftliche und psychologische As-
pekte"
16
. Entsprechend kann eine Abgrenzung anhand von quantitativen sowie
qualitativen Kriterien erfolgen.
2.1.1.1 Quantitative Definition
Quantitative Abgrenzungen erfolgen meist anhand von Höchstgrenzen für Um-
satz, Bilanzsumme und Mitarbeiter.
17
Allerdings hat sich dabei keine einheitliche
Definition durchgesetzt. In Tab. 1 werden zur Anschauung die Höchstgrenzen der
von der EU, dem deutschen Gesetzgeber und dem IfM Bonn entwickelten Defini-
tionen gegenübergestellt.
Definition
Bilanzsumme
Umsatzerlöse
Mitarbeiter
HGB
18
16,06 Mio. Euro
32,12 Mio. Euro
250
IfM Bonn
19
Keine Angabe
< 50 Mio. Euro
499
Europäische Union
20
43 Mio. Euro
50 Mio. Euro
249
Tab. 1: KMU-Höchstgrenzen nach unterschiedlichen Definitionen
21
14
Vgl. Günterberg/Wolter (2002), S. 1; Wegmann (2006), S. 13.
15
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2004), S. 597.
16
Günterberg/Wolter (2002), S. 1.
17
Vgl. Oehler (2005), S. 7.
18
Vgl. § 267 Abs. 2 HGB.
19
Vgl. IfM Bonn (2007a), o. S.
20
Vgl. EU-Kommission (2003a), S. 39.
21
In Anlehnung an Mandler (2004), S. 16.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
5
Auch wenn dies nur eine kleine Auswahl darstellt, zeigt sich dennoch die Band-
breite möglicher Abgrenzungsvorschläge.
22
Des Weiteren bringen diese Definiti-
onen, obwohl sie durch ihre Einfachheit und klare Abgrenzung überzeugen, einige
Defizite mit sich.
23
Aufgrund der Heterogenität der einzelnen Wirtschaftszweige
lassen sich Unternehmen i. d. R. branchenübergreifend nicht vergleichen. So ist
z. B. ein Einzelhandelsunternehmen mit mehr als fünf Mio. Euro Umsatz schon
als groß zu bezeichnen, wohingegen ein Großhandel mit diesem Umsatz eher
klein ist. Folglich müssten für jede Branche eigene größenabhängige Abgrenzun-
gen getroffen werden.
24
Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass jede quantitative Abgrenzung eine gewisse
Willkür aufweist.
25
Bspw. können Konjunkturschwankungen zu volatilen Umsät-
zen und sich ändernden Bilanz- und Mitarbeiterstrukturen führen, so dass Unter-
nehmen ggf. regelmäßig zwischen Größenklassen schwanken.
26
Aus diesem
Grund wird in der Literatur von der Anknüpfung gesetzlicher Anwendungsvor-
schriften an quantitative Merkmale abgeraten.
27
2.1.1.2 Qualitative Charakteristika
Mittelständische Unternehmen weisen einige Charakteristika auf, die sie von
Großunternehmen unterscheiden. Als wichtigstes Kriterium ist die Einheit von
Leitung und Kapital zu nennen, die sich auf eine Vielzahl von Unternehmensbe-
reiche und -entscheidungen auswirkt. Nach Angaben des IfM Bonn werden rund
95 % der mittelständischen Unternehmen durch den Eigentümer selbst, die Fami-
lie oder ein Familienmitglied geführt.
28
Aufgrund dieser Einheit besteht i. d. R.
ein enger Zusammenhang zwischen der Existenz des Betriebes und der wirtschaft-
22
Vgl. Kirsch/Meth (2007), S. 9.
23
Vgl. Wegmann (2006), S. 14.
24
Vgl. Pfohl (2006), S. 10 f.
25
Vgl. Lüdenbach/Hoffmann (2004), S. 598.
26
Vgl. Theile/Nitsche (2006), S. 1144.
27
Vgl. Herzig (2004a), S. 448.
28
Vgl. IfM Bonn (2007b), S. 23.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
6
lichen Zukunft des Inhabers, für den das Unternehmen meist die einzige Einkom-
mensquelle und somit seine Existenzgrundlage darstellt.
29
Organisatorisch sind mittelständische Unternehmen meist stark an den Unterneh-
mer gebunden, auf den das gesamte Führungssystem ausgerichtet ist und der für
alle unternehmensrelevanten Entscheidungen (allein) verantwortlich ist
.
Die vor-
wiegend flachen Organisationsstrukturen erlauben aufgrund kurzer Informations-
wege und dem direkten persönlichen Kontakt zwischen Mitarbeitern und Unter-
nehmensführung eine hohe Flexibilität sowie eine schnelle Anpassungsfähigkeit
an sich ändernde Umweltbedingungen.
30
Ferner verhindert die Einheit von Eigen-
tum und Leitung mögliche Interessenskonflikte sowie Informationsasymmetrien,
wie sie bspw. bei Aktiengesellschaften zwischen Management und Eigentümern
existieren.
31
Im Gegensatz zum Management einer AG, das durch den Aufsichts-
rat und die Hauptversammlung kontrolliert wird, kann der Inhaber einer Perso-
nengesellschaft oder eines Einzelunternehmens wesentlich freier agieren.
32
Auf Grund der oben genannten Gründe weisen mittelständische Unternehmen
gegenüber Großunternehmen meist andere Zielsysteme auf: Im Vordergrund ste-
hen vor allem die Autonomie und Unabhängigkeit des Unternehmens sowie die
Verantwortung für den Unternehmer und dessen Familie, das Unternehmen und
die Mitarbeiter. Anstatt auf rein monetären Zielen liegt der Fokus auf der langfris-
tigen Existenzsicherung und Kapitalerhaltung sowie einer nachhaltigen Gewin-
nerzielung und Unternehmensentwicklung.
33
2.1.2 Bedeutung des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft
Nach Angaben des IfM Bonn stellt der Mittelstand 99,7 % aller umsatzsteuer-
pflichtigen Unternehmen (2005), beschäftigt 70,9 % aller Arbeitnehmer (2006)
und erwirtschaftet 46,7 % der Bruttowertschöpfung der Unternehmen (2004).
34
29
Vgl. Günterberg/Wolter (2002), S. 2.
30
Vgl. Wegmann (2006), S. 16 ff.; Pfohl (2006), S. 19­22.
31
Vgl. Hamer (2006), S. 30 f.; Schildbach (2004), S. 32­39; Mandler (2003a), S. 681; Eierle
(2004), S. 23­27; zur finanziellen Agency-Theorie siehe auch Jensen/Meckling (1976).
32
Vgl. Hamer (2006), S. 30 f.; Cutura/Kraus (2005), S. 5 ff.
33
Vgl. Wegmann (2006), S. 18 f.; Günterberg/Wolter (2002), S. 3.
34
Vgl. IfM Bonn (2007a), o. S.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
7
Neuere Daten zur Anzahl der Unternehmen sowie deren Umsätze lassen sich aus
der Umsatzsteuerstatistik 2005 des Statistischen Bundesamtes ermitteln:
Rechtsform
Anzahl der Steuerpflich-
tigen
35
(in %)
Umsätze
36
(in %)
Natürliche Personen,
Einzelunternehmen
70,2
10,8
Personengesellschaften 12,6
28,4
Aktiengesellschaften 0,2
19,0
Gesellschaften m. b. H.
14,9
34,6
Sonstige Rechtsformen
2,1
7,2
Insgesamt (absolut)
3.036.758
4.567.396.650.000
Tab. 2: Steuerpflichtige und deren Umsätze 2005 nach Rechtsformen
37
Demnach ist das Einzelunternehmen, gefolgt von der GmbH, die am häufigsten
vorzufindende Rechtsform. Bei der Betrachtung der Umsätze dreht sich jedoch
dieses Bild. Umsatzstärkste Rechtsform ist die GmbH mit 34,6 % der Umsätze,
gefolgt von den Personengesellschaften (darunter insbesondere die KG und ihre
Sonderformen) sowie der AG, die zwar nur 0,2 % der Steuerpflichtigen ausmacht,
jedoch 19,0 % zu den Gesamtumsätzen beiträgt. Ungefähr 99,7 % aller Unter-
nehmen erwirtschaften einen Umsatz von unter 50 Mio. Euro.
38
Drei Viertel aller
Unternehmen beschäftigen weniger als fünf Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente).
39
Diese Vielzahl mittelständischer Unternehmen sorgt für ein starkes Wettbewerbs-
und Innovationsverhalten. Während Großbetriebe hauptsächlich standardisierte
Massenprodukte und -dienstleistungen anbieten, fokussieren sich Mittelständler
meist auf kleine Nischenmärkte sowie die individuelle Bedienung der Nachfrage.
Ein Zusammenhang zwischen der Wirtschaftskraft eines Landes und der Höhe der
mittelständischen Unternehmensdichte lässt sich empirisch nachweisen. Der Mit-
telstand trägt somit entscheidend zur Produktvielfalt, zum Wirtschaftswachstum
und zum hohen Lebensstandard in Deutschland bei.
40
35
Steuerpflichtige mit jährlichen Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro.
36
Lieferungen und Leistungen der Steuerpflichtigen ohne Umsatzsteuer.
37
Vgl. Statistisches Bundesamt (2007), Tab. 4.2.
38
Vgl. Statistisches Bundesamt (2007), Tab. 3.1.
39
Vgl. KfW Bankengruppe (2006a), S. 25.
40
Vgl. Hamer (2006), S. 33­42.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
8
2.1.3 Kapitalstruktur und Finanzierungsquellen des Mittelstands
Die vorstehenden typischen mittelständischen Charakteristika wie bspw. die Ein-
heit von Leitung und Kapital sowie die Spezialisierung auf Nischenmärkte beein-
flussen die Finanzierungsquellen und somit auch die Kapitalstruktur mittelständi-
scher Unternehmen. Neben der Innenfinanzierung stellt der klassische Bankkredit
die Hauptfinanzierungsquelle des Mittelstandes dar.
41
Im Gegensatz zu den anglo-
amerikanischen marktbasierten Finanzsystemen handelt es sich in Deutschland
um ein beziehungsbasiertes Finanzsystem.
42
Besonders im Mittelstand dominiert
das sog. Hausbankprinzip, d. h. die Unternehmen wickeln den Großteil ihrer
Bankgeschäfte lediglich über eine Bank ab, zu der i. d. R. eine langjährige Ge-
schäftsbeziehung besteht.
43
Diese Bank ist darüber hinaus Ansprechpartner und
Vertrauensperson in allen wichtigen finanziellen Fragen. Der Informationsaus-
tausch zwischen Unternehmen und Bank erfolgt meist über nicht öffentlichen,
persönlichen Kontakt.
44
Weiterhin ist die Kapitalstruktur des deutschen Mittelstandes durch eine, im euro-
päischen Vergleich, sehr niedrige Eigenkapitalquote gekennzeichnet: So weisen
rund ein Drittel der mittelständischen Unternehmen eine Eigenkapitalquote von
unter zehn Prozent auf und sind somit stark unterkapitalisiert.
45
Hierzu tragen ins-
besondere die geringe Ertragskraft der Unternehmen, die eine Innenfinanzierung
erschwert, das Maßgeblichkeitsprinzip in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, aufgrund dessen
ein Unternehmen i. d. R. bestrebt ist, einen möglichst niedrigen Gewinn auszu-
weisen sowie die steuerlich begünstigte Behandlung von Fremdkapital bei.
46
Da
aus steuerlichen Aspekten Vermögenswerte im Privatvermögen und nicht im Be-
triebsvermögen gehalten werden, weisen Personengesellschaften und Einzelunter-
nehmen im Vergleich zu Kapitalgesellschaften meist ein noch geringeres Eigen-
41
Vgl. Müller et al. (2006), S. 187 f.; Koop/Maurer (2006), S. 20; SVR (2005), Rn. 686; Oehler
(2006a), S. 23; Creditreform (2006), S. 140; KfW Bankengruppe (2006a), S. 42 ff.
42
Vgl. SVR (2005), Rn. 693.
43
Vgl. Koop/Maurer (2006), S. 32; Kahle/Dahlke (2007), S. 313.
44
Vgl. Börstler (2006), S. 196; Pottgießer (2006a), S. 79; Oehler (2005), S. 13.
45
Vgl. Börner (2006), S. 302; Creditreform (2007), S. 18.
46
Vgl. Koop/Maurer (2006), S. 30 f.; Oehler (2005), S. 17; Haller/Eierle (2000), S. 14.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
9
kapital auf.
47
Weiterhin erlaubt die Kreditfinanzierung den Unternehmen einen
gewissen Grad an Selbstständigkeit sowie die Erhaltung von Wettbewerbsvortei-
len und die Geheimhaltung von Firmeninterna, die aufgrund der Mitspracherechte
und Informationspflichten bei einer Finanzierung durch Eigenkapitalinvestoren
unter Umständen nicht gewährleistet wäre.
48
Die Finanzierung über andere Quellen, wie bspw. den Kapitalmarkt, wird i. d. R.
durch den geringeren Finanzierungsbedarf mittelständischer Unternehmen sowie
die hohen Fixkosten, z. B. aufgrund von Prüfungs- und Prospektpflichten, er-
schwert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit steigender Unternehmensgröße
auch alternative Finanzierungsquellen, wie Mezzanine-Kapital, hybride Finanzie-
rungsinstrumente sowie externe Eigenkapitalgeber (Private Equity), genutzt wer-
den.
49
2.1.4 Zunehmende Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit im
Mittelstand
Im Rahmen einer zunehmenden Globalisierung spielt auch die Internationalisie-
rung im Mittelstand eine steigende Rolle: Nach einer Umfrage des BDI weisen
nur 36 % der befragten mittelständischen Unternehmen
50
keine oder eine geringe
internationale Ausrichtung auf.
51
Dieses Ergebnis bestätigt eine Umfrage von
Oehler, nach der 75 % der befragten Unternehmen mit ausländischen Kunden und
61 % mit ausländischen Lieferanten Geschäfte tätigen. Lediglich 19 % der befrag-
ten Unternehmen hatten keine Umsätze im Ausland.
52
Wichtigster internationaler
Absatzmarkt deutscher Mittelständler ist das europäische Ausland, in das unge-
fähr zwei Drittel der Exporte geliefert werden.
53
Begünstigt wird die Internationa-
lisierung durch sinkende Transport- und Kommunikationskosten sowie den Abbau
47
Vgl. Oehler (2005), S. 13.
48
Vgl. Winkeljohann/Ull (2006), S. 8; Müller et al. (2006), S. 189­192; Dr. Röver & Partner
(2007), S. XX.
49
Vgl. Kirsch/Meth (2007), S. 9; Bräunig (2006), S. 64.
50
43% von 820 Unternehmen fielen in die nach § 267 HGB bestimmte Größenklasse KMU.
51
Vgl. Bräunig (2006), S. 72 f.
52
Vgl. Oehler (2006a), S. 22.
53
Vgl. KfW Bankengruppe (2006b), S. 15 f; BMWI (2007), S. 27 f.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
10
von Handelsschranken innerhalb der EU. Dies führt jedoch gleichzeitig dazu, dass
viele Unternehmen in ihrem Heimatmarkt durch ausländische Konkurrenz bedroht
werden. Um Umsatzeinbußen im Inland zu kompensieren, versuchen diese Unter-
nehmen durch die Erschließung neuer Märkte die Abhängigkeit vom Heimatmarkt
und somit ein einseitiges Risiko zu reduzieren.
54
Jedoch wird dieser Prozess durch
die meist begrenzten finanziellen und personellen Möglichkeiten mittelständischer
Unternehmen erschwert.
55
Ein verallgemeinernder Zusammenhang zwischen Un-
ternehmensgröße und Internationalisierungsgrad lässt sich jedoch nicht feststellen.
Als kritischer Faktor für eine erfolgreiche Internationalisierung eines Unterneh-
mens ist vielmehr seine Wettbewerbsstärke anzusehen. Die Fokussierung vieler
mittelständischer Unternehmen auf Nischenmärkte stellt somit meist eine günstige
Ausgangsposition für die Erschließung ausländischer Märkte dar.
56
2.1.5 Besonderheiten der Rechnungslegung mittelständischer Unterneh-
men
Wie in den vorgehenden Unterkapiteln aufgezeigt, unterscheiden sich bspw. Or-
ganisationsstrukturen und Finanzierungsformen mittelständischer Unternehmen
grundsätzlich von denen der Großunternehmen.
57
Entsprechend unterschiedlich
sind auch die Adressaten und deren Anforderung an den Einzelabschluss sowie
dessen Zielsetzung: Aufgrund der überwiegenden Finanzierung durch Fremdkapi-
tal, dem i. d. R. überschaubaren Kreis an bekannten Kapitalgebern sowie der Spe-
zialisierung auf Nischenmärkte besitzen mittelständische Unternehmen meist nur
ein geringes Interesse, die Öffentlichkeit durch den Jahresabschluss umfassend zu
informieren.
58
Weniger die Information anonymer Eigenkapitalgeber sondern
vielmehr die Selbstinformation des Kaufmanns, der Gläubigerschutz durch Kapi-
talerhaltung sowie die Steuerbemessungsfunktion stehen im Vordergrund des Ab-
54
Vgl. Cutura/Kraus (2005), S. 11; Bieg et al. (2006), S. 2; KfW Bankengruppe (2006b), S. 2 ff.;
Beschorner/Stehr (2007), S. 316.
55
Vgl. KfW Bankengruppe (2006b), S. 7­10.
56
Vgl. Semlinger/von Behr (2004), S. 18 ff.; von Behr (2004), S. 47 f.
57
Vgl. Wegmann (2006), S. 16­19; Pfohl (2006), S. 19­22; KfW Bankengruppe (2006a),
S. 42 ff.
58
Vgl. Mandler (2004), S. 164; Euler (2002), S. 880.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
11
schlusses.
59
Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips, das den Unternehmen die
Erstellung einer Einheitsbilanz ermöglicht, wird die Bilanzpolitik häufig durch
steuerpolitische Überlegungen dominiert. Der vorsichtigen Bewertung und dem
Ausweis eines möglichst niedrigen Gewinns zur Reduzierung der Steuerlast wird
somit besondere Bedeutung beigemessen. Es besteht jedoch ein Zielkonflikt, da
das Unternehmen auf der anderen Seite bestrebt ist, bei Kreditverhandlungen ei-
nen möglichst hohen Gewinn und starke Bilanzstrukturen auszuweisen.
60
Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses gegenüber den Fremdkapitalge-
bern mittelständischer Unternehmen, insbesondere der Hausbank, hat nur eine
untergeordnete Rolle, da diese i. d. R. aufgrund informeller Informationsmöglich-
keiten wie persönlicher Kontakte viel schneller über entscheidungsrelevante In-
formationen verfügen, als sie durch einen Jahresabschluss erhalten könnten.
61
Der
Jahresabschluss behält jedoch seine Berechtigung als Kontrollinstrument, da die
Fremdkapitalgeber aufgrund möglicher Eigner-Gläubiger-Konflikte den erhalte-
nen Informationen nicht uneingeschränkt vertrauen können. Diese Adressaten
benötigen den Abschluss somit zur Verifikation ihrer bisherigen Informationen
und weniger als Grundlage zukunftsorientierter Prognosen.
62
2.2 Internationalisierung der Rechnungslegung in Deutschland
Zu einer ersten Harmonisierung der Rechnungslegung innerhalb Europas kam es
im Jahre 1978 mit der 4. EG-Richtlinie
63
sowie der 7. EG-Richtlinie
64
im Jahre
1983. Beide Richtlinien zielten auf eine Angleichung der Bilanzierungsvorschrif-
ten für den Einzel- und Konzernabschluss von Kapitalgesellschaften ab. Eng mit
diesen Richtlinien im Zusammenhang steht die 8. EG-Richtlinie
65
aus dem Jahr
1984, die sich mit der Zulassung der Abschlussprüfer auseinander setzt. Aufgrund
politischer Zwänge stellen diese Richtlinien jedoch nur einen Kompromiss zwi-
59
Vgl. Kahle/Dahlke (2007), S. 314; Pottgießer (2006a), S. 80 f.; Beiersdorf/Zeimes (2005),
S. 118 f.
60
Vgl. Börstler (2006), S. 209 f.; Oehler (2005), S. 17.
61
Vgl. Schildbach (2004), S. 50­72; Börstler (2006), S. 196; Schorr/Walter (2006), S. 1092.
62
Vgl. Kirsch/Meth (2007), S. 10 f.; Schorr/Walter (2006), S. 1092; siehe auch § 18 KWG.
63
Vgl. Richtlinie 78/660/EWG.
64
Vgl. Richtlinie 83/349/EWG.
65
Vgl. Richtlinie 84/253/EWG.

Internationalisierung der Rechnungslegung im deutschen Mittelstand
12
schen Gläubigerschutz und Investorinformation dar. Zahlreiche Mitgliedstaaten-
wahlrechte verhinderten das Ziel einer Harmonisierung.
66
Im Zuge der Umsetzung
der EG-Richtlinien durch das BiRiLiG
67
im Dezember 1985 und der damit ver-
bundenen umfassenden Neugestaltung des HGB kam es somit erstmals zu einer
Prägung des deutschen Handelsbilanzrechts durch europäisches Recht.
68
Von einem beginnenden Internationalisierungsprozess der Rechnungslegung in
Deutschland lässt sich erstmals im Zusammenhang mit der damaligen Daimler-
Benz AG sprechen, die sich 1993 als erstes deutsches Unternehmen an der NYSE
listen ließ.
69
Aufgrund der umfangreichen Publizitätsanforderungen der SEC
musste Daimler-Benz seit diesem Zeitpunkt einen Abschluss nach US-GAPP bzw.
eine Überleitungsrechnung erstellen. Weitere Unternehmen folgten der Daimler-
Benz AG in den kommenden Jahren.
70
Gezwungen durch die fortschreitende
Verbreitung internationaler Rechnungslegungsnormen reagierte der deutsche Ge-
setzgeber 1998 mit dem KapAEG
71
auf die Entwicklungen in der Praxis. Der
durch das Gesetz neu eingeführte § 292a HGB erlaubte unter bestimmten Voraus-
setzungen börsennotierten Mutterunternehmen einen befreienden Konzernab-
schluss nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen (IFRS und
US-GAAP) aufzustellen.
72
Für diese Unternehmen entfiel damit die kosten- und
zeitintensive Erstellung dualer Abschlüsse und Überleitungsrechnungen.
73
Auf europäischer Ebene erfolgten weitere Entwicklungen. 1999 veröffentlichte
die EU-Kommission einen Aktionsplan, in dem sie die Notwendigkeit vergleich-
barer, transparenter und verlässlicher Abschlüsse für einen effizienten und integ-
rierten Kapitalmarkt betonte. Die IAS/IFRS wurden für diese Zielsetzung als am
besten geeignet angesehen.
74
Insbesondere die in den Mitgliedsstaaten bisher be-
stehende Vielzahl an unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards betrachtete
66
Vgl. Börstler (2006), S. 29 ff.; Coenenberg (2005), S. 26; Wagenhofer (2003), S. 26 ff.
67
Vgl. BGBl. I 1985, S. 2355­2433.
68
Vgl. Pottgießer (2006a), S. 27; Kußmaul/Tcherveniachki (2005), S. 616.
69
Vgl. Wagenhofer (2003), S. 2.
70
Vgl. Schönbrunn (2005), S. 88 f.; Küting/Zwirner (2006), S. 1.
71
Vgl. BGBl. I 1998, S. 707­709.
72
Vgl. Küting (2007b), S. 220 f.; BT-Drucksache 13/7141, S. 7 ff.
73
Vgl. Küting/Zwirner (2006), S. 2.
74
Vgl. EU-Kommission (1999), S. 6 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836607957
DOI
10.3239/9783836607957
Dateigröße
590 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2008 (Januar)
Note
2,0
Schlagworte
klein- mittelbetrieb rechnungslegung international financial reporting standards zeitschrift
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