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Probleme der Pornographieforschung

©2006 Diplomarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wenn Pornographie Teil einer Sexualität sein könnte, und Sexualität ein wissenschaftliches Untersuchungsobjekt darstellt, dann verwundert es nicht, dass Pornographie auch für die Wissenschaften interessant geworden ist. Schon Freud oder Kinsey haben ihr ihren Beitrag dazu geleistet. Ein Grund dafür könnte ein anhaltender wissenschaftlicher Diskurs sein, dessen Beginn vereinfacht ausgedrückt ab 1900 angesiedelt werden könnte. Hiermit wurde die wissenschaftliche Grundlage geschaffen Sexualität von rein biologischen Erklärungsmodellen zu trennen.
Allgemein kann man sagen - Die Forschung über Pornographie ist zum größten Teil eine Wirkungsforschung. Sie geht der Frage nach welche Auswirkungen Pornographie und dessen Konsum haben kann beziehungsweise haben könnte. Schwerpunktmäßig vor allem in Amerika, wo von der Regierung immer wieder Ausschüsse beauftragt worden sind, um mögliche Auswirkungen von Pornographie zu erforschen.
Getrennt davon ist der feministische Diskurs über Pornographie zu sehen. Einerseits benutzt er hier Ergebnisse und Erkenntnisse der psychologischen Wirkungsforschung, um seine Argumente durch wissenschaftliche Studien zu belegen. Andererseits ist er stark ideologisierend und politisch.
Nicht nur klassische Wirkungsforschung hat ihre Beiträge zu einem wissenschaftlichen Diskurs über Pornographie geleistet. Neben der Wirkungsforschung sind es vor allem die Medienwissenschaften und theoretische Konstrukte, die von der Schule der Wirkungsforschung manchmal abweichen und Pornographie als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen begreifen und analysieren.
In der vorhandenen Form muss der wissenschaftliche Diskurs über Pornographie hinterfragt werden. Wie gezeigt wird ist er einerseits zu stark in einem behavioristischen Ansatz behaftet und andererseits durch ein nicht haltbares Schadensdogma gekennzeichnet. Diese und andere Gründe lassen den Pornodiskurs sehr einseitig erscheinen.
Allgemein erhält das Thema seine Relevanz aus mehreren Gründen: Erstens ist der ökonomische Hintergrund zu sehen. Viele Quellen belegen, dass die Pornoindustrie einen enormen finanziellen Gewinn einfährt. So wird oft das Beispiel gebracht, dass die Pornoindustrie in Amerika mehr als die dortige Film- und Fernsehindustrie zusammen verdient.
Zweitens ist Pornographie ein Thema, das stark in einer bestimmten Richtung des Erkenntnisinteresses anzusiedeln ist. Das Hauptaugenmerk der diesbezüglichen Forschungen richtet sich meist […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Thomas Muhr
Probleme der Pornographieforschung
ISBN: 978-3-8366-0781-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2006
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http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

Danksagung
Ich möchte mich bei meinem Betreuer a. o. Univ. Prof. Doz. Dr. Alfred Smudits bedanken.
Meinem Vater, meiner Mutter und meinem Bruder herzlichen Dank für ihre Geduld, Unter-
stützung und Hilfe in meiner gesamten Studienzeit.
Dankend möchte ich auch das Fachtutoriumsprojekt des Instituts für Publizistik und Kom-
munikationswissenschaft der Universität Wien erwähnen, das mir die Möglichkeit gegeben
hat erste Schritte in Richtung wissenschaftlicher Lehre über Pornographie zu gehen. Speziel-
len Dank hierfür gebührt Katharina Krovat und Barbara Korb.

1
Inhaltsverzeichnis
Danksagung... 1
Inhaltsverzeichnis... 1
Abbildungsverzeichnis:... 3
1.
Einleitung ... 5
2.
Forschungsinteresse, Relevanz und Vorgehensweise... 7
3.
Wirkungsforschung im Bereich der Pornographie... 11
3.1
Die ersten Ergebnisse der Wirkungsforschung und die erste amerikanischen
Pornographiekommission von 1967-1971 ... 13
3.2
Wirkungsforschung, Gewalt und Aggression ... 20
3.3
Attorney General's Commission on Pornography: "Meese Komission" 1985... 25
3.4
Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes der Wirkungsforschung... 30
3.5
Statistiken ... 33
3.6
Henner Ertel: eine repräsentative Langzeitstudie zur Wirkung von
Pornographie ... 35
3.7
Bilanz der Wirkungsforschung... 39
3.8
Ähnlichkeiten zu anderen Forschungsbereichen... 40
4.
Der feministische Diskurs über Pornographie ... 45
4.1
Definitionsversuche im ideologischen Spannungsfeld ... 46
4.2
Ideologie der Spiegelungstheorie ... 49
4.3
Kritische Beleuchtung radikalfeministischer Argumente ... 55
4.4
Gesetzesentwürfe und Forderungen ... 64
4.5
Konsequenzen und Zusammenfassung ... 70
5.
Medienwissenschaftliche Beiträge zur Pornoforschung... 83
5.1
Allgemeine Geschichte der Pornographie... 85
5.2
Typologien und Geschichte des Pornofilms... 86
5.3
Zusammenfassung und Bedeutung medienwissenschaftlicher Beiträge... 93

2
6.
Neuere Entwicklungen in der Pornoforschung ... 95
6.1
Sexuelle Randgruppe ,,Homosexualität"... 95
6.2
Das Medium ,,Internet" ... 95
6.3
Kinderpornographie... 96
6.4
Frauenpornographie... 99
6.5
Beispiel einer qualitativen Studie zum Verhältnis von Frauen zur Pornographie. 104
7.
Theoretische Modelle ... 107
7.1
Die Theorie der Exemplifikation... 107
7.2
Die soziale Lerntheorie... 108
7.3
Die Theorie des sozialen Vergleichs ... 109
7.4
Die Ventiltheorie ... 109
7.5
Die Korrelattheorie... 110
7.6
Soziologische Theorien ... 111
7.7
Michel Foucault... 112
7.8
Theodor W. Adorno... 115
7.9
Anthony Giddens... 116
8.
Kritik und Reflexion des Forschungsstandes ... 119
9.
Zusammenfassung und Bilanz ... 127
10.
Quellennachweis ... 135

3
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1:
Forschungsfragen
8
Abbildung 2: Geschlechtsspezifische Auflistung
stark erregender und nicht erregender Stimuli
18
Abbildung 3: Schema einer Kreuztabelle zur Erfassung von Verärgerung
bei Männern und Frauen durch erotische Stimuli
24
Abbildung 4: Pädagogische, ärztliche Ratschläge und Forderungen an die
Unterhaltungsindustrie
41-42
Abbildung 5: Mittlere Effekte und ihre Verteilungen
über die Auswirkungen gewalthaltigen Videospielens
auf verschiedene abhängige Variablenbereiche
42
Abbildung 6: Prozentwerte einer Antwortmöglichkeit zum Zusammenhang
zwischen sexuellen Phantasien und realem Sexualleben
57
Abbildung 7: Gegenüberstellung der radikalfeministischen und
liberalfeministischen Sichtweise über Pornographie
82
Abbildung 8: Phasen einer Geschichte der Pornographie
85
Abbildung 9: Typologie von Erotik- und Pornofilmen
86
Abbildung 10: Stilistische Entwicklungsphasen des Pornofilmes
90
Abbildung 11: Entwicklungsphasen des Pornofilmes im gesellschaftlichen Kontext
91
Abbildung 12:
Typologie
des
Hardcore
Pornofilmes
92
Abbildung 13: Gegenüberstellung von Frauenpornographie und
Mainstream - Pornographie anhand besonderer Merkmale
von literarischen und visuellen Produkten
102
Abbildung 14: Die Rezeption von Pornographie im Vergleich:
Alltagssituation und Laborsituation
121
Abbildung 15:
Aussagekraft
von
Laborexperimenten
der psychologischen Pornoforschung
123
Abbildung 16: Wissenschaftstheoretische Erklärungen der Pornoforschung
126
Abbildung 17:
Kritikpunkte
an
der
Wirkungsforschung
127
Abbildung 18: Forschungsfragen und Antworten
131-132

5
1. Einleitung
Wenn Pornographie Teil einer Sexualität sein könnte, und Sexualität ein wissenschaftliches
Untersuchungsobjekt darstellt, dann verwundert es nicht, dass Pornographie auch für die
Wissenschaften interessant geworden ist. Schon Freud
1
oder Kinsey
2
haben ihr ihren Beitrag
dazu geleistet. Ein Grund dafür könnte ein anhaltender wissenschaftlicher Diskurs sein,
dessen Beginn vereinfacht ausgedrückt ab 1900 angesiedelt werden könnte. Hiermit wurde
die wissenschaftliche Grundlage geschaffen Sexualität von rein biologischen Erklärungsmo-
dellen zu trennen.
3
Allgemein kann man sagen - Die Forschung über Pornographie ist zum größten Teil eine
Wirkungsforschung. Sie geht der Frage nach welche Auswirkungen Pornographie und dessen
Konsum haben kann beziehungsweise haben könnte. Schwerpunktmäßig vor allem in Ameri-
ka, wo von der Regierung immer wieder Ausschüsse beauftragt worden sind, um mögliche
Auswirkungen von Pornographie zu erforschen.
Getrennt davon ist der feministische Diskurs über Pornographie zu sehen. Einerseits benutzt
er hier Ergebnisse und Erkenntnisse der psychologischen Wirkungsforschung, um seine
Argumente durch wissenschaftliche Studien zu belegen. Andererseits ist er stark ideologisie-
rend und politisch.
Nicht nur klassische Wirkungsforschung hat ihre Beiträge zu einem wissenschaftlichen
Diskurs über Pornographie geleistet. Neben der Wirkungsforschung sind es vor allem die
Medienwissenschaften und theoretische Konstrukte, die von der Schule der Wirkungsfor-
schung manchmal abweichen und Pornographie als kulturelles und gesellschaftliches Phäno-
men begreifen und analysieren.
In der vorhandenen Form muss der wissenschaftliche Diskurs über Pornographie hinterfragt
werden. Wie gezeigt wird ist er einerseits zu stark in einem behavioristischen Ansatz behaftet
und andererseits durch ein nicht haltbares Schadensdogma gekennzeichnet. Diese und andere
Gründe lassen den Pornodiskurs sehr einseitig erscheinen.
1
Vgl. Freud, Sigmund: ,,Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" Leipzig, Wien: Deuticke, 1920
2
Vgl. Kinsey, Alfred, Pomeroy, Wardell und Clyde, Martin: "Das sexuelle Verhalten der Frau", Frankfurt
am Main: Fischer, 1963 und Kinsey, Alfred, Pomeroy, Wardell und Clyde, Martin: "Das sexuelle Verhal-
ten des Mannes", Berlin: Fischer, 1966
3
Vgl. Tilmann, Walter: ,,Begrenzung und Entgrenzung. Zur Genealogie wissenschaftlicher Debatten über
Sexualität", in: Bruns, Claudia und Walter, Tilmann: ,,Von Lust und Schmerz", Köln, Weimar, Wien: Böh-
lau Verlag, 2004, S.165-174

7
2. Forschungsinteresse, Relevanz und Vorgehensweise
Allgemein erhält das Thema seine Relevanz aus mehreren Gründen:
Erstens ist der ökonomische Hintergrund zu sehen. Viele Quellen belegen, dass die Pornoin-
dustrie einen enormen finanziellen Gewinn einfährt. So wird oft das Beispiel gebracht, dass
die Pornoindustrie in Amerika mehr als die dortige Film- und Fernsehindustrie zusammen
verdient.
Zweitens ist Pornographie ein Thema, das stark in einer bestimmten Richtung des
Erkenntnisinteresses anzusiedeln ist. Das Hauptaugenmerk der diesbezüglichen Forschungen
richtet sich meist nach dem Zusammenhang zwischen Konsum von Pornographie und
möglichen Auswirkungen auf das reale Sexualverhalten.
Drittens gibt es auch eine wissenschaftstheoretische Relevanz des Themas. Und zwar die
Tatsache, dass der wissenschaftliche Diskurs sehr ideologisiert geführt wird. Dies gilt nicht
nur für den Bereich des Feminismus, sondern auch für den großen Bereich der Wirkungsfor-
schung.
Und genau in diesem dritten Relevanzgebiet setzt die vorliegende Arbeit an.
Ziel dieser Arbeit soll es sein Schwerpunkte und Erkenntnisse einer Pornographieforschung
aufzuzeigen und diese zu hinterfragen:

8
Forschungsfragen:
· Welche Schwerpunkte hat dieses Forschungsgebiet?
· Welche Wissenschaftler befassen sich mit der Thematik? Welche Motivation haben
die Wissenschaftler sich mit dieser Thematik zu befassen?
· Gibt es Schwierigkeiten, Probleme oder Kritik bei der Erforschung der Thematik?
Wenn ja, welche? In welcher Weise drückt sich das im praktischen Sinne aus?
· Gibt es eine Auftragsforschung im Rahmen einer Pornoforschung?
· Wird Pornographie wissenschaftlich nur in einer einseitigen Form untersucht? Wenn
ja, wieso nicht anders?
· Gibt es Ergebnisse, die den Erkenntnissen der Wirkungsforschung widersprechen?
Wenn ja, wieso werden diese dann in den meisten Fällen nicht beachtet? Was bein-
halten diese Erkenntnisse? Wieso werden auch die durchaus guten Argumente gegen
die methodische Vorgehensweise der wissenschaftlichen Pornoforschung fast nicht
zur Kenntnis genommen?
· Welche Theorien bieten hier einen Rahmen, indem man diesen Sachverhalt erklären
könnte?
(Abbildung 1: Forschungsfragen)
Um diese Fragen zu klären wird zunächst ein Überblick über die Ergebnisse und Erkenntnis-
se der Forschung gebracht. In weiterer Folge kann damit gezeigt werden, dass der Großteil
der Forschung eine Wirkungsforschung ist. Dennoch gibt es Ergebnisse die der allgemeinen
Tendenz Pornographie als negativ zu interpretieren, widersprechen.
Der zweite große Teil der Arbeit dient der Aufarbeitung des feministischen Diskurses über
Pornographie. Hier soll gezeigt werden, dass es nicht ,,die eine richtige feministische Position
gegenüber Pornographie" gibt, sondern mehrere. Auch soll auf die Argumente der verschie-
denen Positionen genau eingegangen werden um auch den ideologischen und widersprüchli-
chen Charakter aufzuzeigen.
Sowohl Wirkungsforschung als auch der feministische Diskurs sind zwei große Themenge-
biete. Daraus soll zu erkennen sein, dass hier quantitativ viel Material vorhanden ist. Andere
Disziplinen beschäftigen sich teilweise bis heute nicht in dem Ausmaß mit dem Phänomen
der Pornographie, wie die Wirkungsforschung oder der Feminismus, weshalb die weiteren
Kapitel auch kleiner sind und auch erst nach den zwei großen Themenbereichen diskutiert
werden.

9
In den darauf folgenden Teilen wird versucht andere wissenschaftliche Disziplinen und
Erkenntnisinteressen aufzuzeigen, die die teilweise starke Kritik an der üblichen Vorgehens-
weise äußern und relevante neue Ergebnisse liefern können. Hiermit sind vor allem die
Aufarbeitung der Geschichte der Pornographie und das Thema Frauenpornographie gemeint.
Später wird versucht theoretische Modelle aufzuzeigen, die ein Erklärungspotential bieten,
um die oben dargestellten Forschungsfragen durch ein theoretisches Modell stützen zu kön-
nen. Aber auch ganz allgemein sollen hier bekannte Theorien zum Thema Pornographie
vorgestellt werden.
Am Ende der Arbeit steht eine allgemeine Kritik, das Aufzeigen der Widersprüche und
Charakteristika einer gängigen Pornographieforschung. Auch wird versucht werden, Erklä-
rungen in einen theoretischeren Rahmen zu fassen.
Um die Fragen beantworten zu können, wird auf Literatur zurückgegriffen. Die Literatur
umfasst alle Positionen der wissenschaftlichen Debatten über Pornographie. In einen sinnvol-
len Zusammenhang gesetzt, soll es so gelingen die Forschungsfragen zu beantworten.
Die Arbeit soll im Sinne einer wissenschaftlichen Selbstreflexion des Themas ,,Pornofor-
schung" einen Beitrag zur wissenschaftstheoretischen Wissensproduktion leisten.
Anmerkung: Es ist drauf hinzuweisen, dass die Quellenangaben in Fußnoten bewusst immer
ganz ausgeschrieben werden, um Leseunterbrechungen und unnötiges Herumblättern zu
vermeiden. Außerdem sind manche Abbildungen und Tabellen direkt aus der Literatur ent-
nommen und manche direkt in einer eigenen Form wiedergegeben.
Es sind in der Arbeit sowohl die Schreibweise ,,Pornografie", als auch ,,Pornographie" vertre-
ten. Dies hängt mit der unterschiedlichen Schreibweise in direkten Zitaten zusammen.
Inhaltlich ist zu beachten, dass die juristische Debatte um Pornographie bewusst ausgeklam-
mert wird. Die verschiedenen Ansätze der Gesetzgebung in den verschiedenen Ländern
werden bis auf ein paar Ausnahmen nicht thematisiert, da sie einen eigenen Themenkomplex
darstellen.

11
3. Wirkungsforschung im Bereich der Pornographie
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert kann die Geschichte der Wirkungsforschung als
wissenschaftliche Disziplin angesiedelt werden. Hauptaugenmerk ist die Erforschung mögli-
cher Zusammenhänge zwischen Medieninhalten, Konsum und Rezeption. Relevant hierfür
waren die Medien Fernsehen und Hörfunk. Vor allem in Amerika befürchtete man mit dem
Aufkommen dieser Medien einen schlechten Einfluss auf die Gesellschaft, insbesondere auf
die Kinder und Jugendlichen und forderte Zensur.
4
Die Wirkungsforschung sollte diese
Befürchtungen genauer untersuchen. Hier sind vor allem die wissenschaftlichen Disziplinen
der Psychologie und Kommunikationswissenschaft von Bedeutung, die sich diesen Fragen
annahmen. Ein Fallbeispiel für die Untersuchung einer Wirkung eines Massenmediums ist
die Untersuchung von dem Hörspiel ,,War of the worlds" von Orson Welles. Dieses löste
panikartige Reaktionen aus, weil manche Menschen an die Echtheit einer Invasion der Erde
durch Außerirdische geglaubt hatten, wie sie im Hörspiel dargestellt wurde.
5
Als Disziplin war die Wirkungsforschung in ihren Anfängen an ein so genanntes ,,Schadens-
dogma" gebunden, das durch einen behavioristischen Ansatz gekennzeichnet war.
6
Dieses
Verständnis einer schädlichen Wirkung des Medienkonsums hatte auch Auswirkungen auf
die Methodenwahl der einzelnen Untersuchungen. Bis heute werden viele Studien mit Hilfe
eines laborexperimentellen Designs durchgeführt. Die Wirkungen im Bereich der Medien
werden hier meist in einem negativen Kontext analysiert. Auch heute noch unterliegt die
Medienwirkungsforschung im Bereich der Pornographieforschung einer Ideologie, die eher
4
Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth, Schulz, Winfried und Wilke, Jürgen: ,,Das Fischer Lexikon: Publizis-
tik/Massenkommunikation", Frankfurt am Main: Fischer, 1996, S.598
5
Vgl. Cantril, Hadley: ,,The invasion from mars", princeton, 1940, zitiert nach: Noelle-Neumann, Elisabeth,
Schulz, Winfried und Wilke, Jürgen: ,,Das Fischer Lexikon: Publizistik/Massenkommunikation", Frankfurt
am Main: Fischer, 1996, S.599
6
Ein weiterer Bereich, dessen Anfänge in den dreißiger und vierziger Jahren anzusiedeln sind, ist die
Publikumsforschung. Als Pionier der Publikumsforschung, beispielsweise im Bereich der Radioforschung,
ist Paul Lazarsfeld zu nennen, von dem viele wegweisende empirische Arbeiten stammen. In den Anfängen
der Rundfunkforschung wurde das Publikum im Zusammenhang mit ihren sozialen Schichten untersucht.
Vgl. beispielsweise Mark, Desmond: ,,Paul Lazarsfelds Wiener RAVAG ­ Studie 1932: Der Beginn der
modernen Rundfunkforschung", Musik und Gesellschaft 24, Wien; Mülheim a.d. Ruhr: Guthmann - Peter-
son, 1996

12
auf negative Folgen, als auf positiven Konsequenzen der Medienwirkung abzielt.
7
In diesem
Kontext ist die Pornographiewirkungsforschung zu sehen.
Wie sich später im Kapitel ,,Ähnlichkeiten zu anderen Forschungsbereichen" aufzeigen lässt,
ist die Wirkungsforschung mit einer bestimmten Art der Vorgehensweise und Methodik
verknüpft, die sich nicht nur in der Erforschung von Pornographie zeigt, sondern auch bei-
spielsweise in der Erforschung der Wirkung und Folgen von Musikkonsum und allgemeiner
Gewaltdarstellungen in den Medien wie Computerspielen.
8
Die Wirkungsforschung hat in einem quantitativen Sinn großen Anteil an einer Erforschung
des Phänomens Pornographie. Grundlegend ist festzuhalten, dass die Wirkungsforschung
meist einen negativen Effekt der Pornographie formuliert und diesen mittels empirischer
Methoden überprüfen will. Die pornographische Wirkungsforschung geht meistens von der
Annahme aus, dass Pornographie, die medial dargeboten wird, Folgen für die RezipientInnen
hat. Diese Folgen werden oft negativ formuliert. Auffallend ist die quantitative Fülle von
Studien, die sich damit beschäftigt. Im Gegensatz hierzu stehen die Beiträge anderer wissen-
schaftlicher Disziplinen, wie den Medienwissenschaften. Die Wirkungsforschung im Kontext
der Pornographie beschäftigt sich mit den Folgen und der Wirkung von pornographischem
Material auf RezipientInnen, während sich eine Medienwissenschaft eher mit den Inhalten
und der Analyse des Materials beschäftigt.
Die Wirkungsforschung der Pornographie hat ihre Ursprünge vor allem in Amerika. Hier sind
viele Untersuchungen und Forschungen durchgeführt worden. Oft wird hier der Begriff einer
,,amerikanischen Schule der Pornoforschung" oder ,,amerikanische Porno-Psychologie"
geprägt.
9
Einerseits war also Amerika ein Vorreiter bei der Erforschung des Wirkungszu-
sammenhanges von Pornographie und dessen Konsum, obgleich die Studien methodisch
einseitig mittels laborexperimentellen Designs durchgeführt wurden. Auf der anderen Seite
gab es vor allem in Europa eine sexualpolitische Liberalisierungstendenz. Von Dänemark
ausgehend, dass Pornographie 1967 legalisierte wurde diese liberale Sexualpolitik auch von
anderen europäischen Staaten übernommen. In diesem geschichtlichen und politischen Hin-
7
Allgemein ist die Wirkungsforschung jedoch auch einem Wandel unterzogen. So war der Anfang eher von
einem behavioristischen Ansatz geprägt: Das Individuum beobachtet ein Verhalten, dass es später imitiert.
Später wurde dieser Ansatz in Frage gestellt, wobei jedoch eine Einstellungsverstärkung durch die Medien
vermutet wurde. Seitdem wird wieder von mittlerem und großem Einfluss der Medien gesprochen, wobei
man meint, dass dies von dem Phänomen abhängig ist, das gerade untersucht wird.
Vgl.
,,Medienwirkung",
http://www.mediamanual.at/mediamanual/workshop/kommunikation/semiotisches_labor/labor_a/modul16
b.php
, aufgerufen am 20.10.2006
8
Mögliche Erklärungsansätze hierfür sind im späteren Theorieteil dieser Arbeit zu finden
9
Vgl. Lautmann, Rüdiger u. Schetsche, Michael: ,,Das pornographische Begehren", Frankfurt am Main /
New York: Campus, 1990, S.114

13
tergrund ist der Anfang einer wissenschaftlichen Pornographieforschung zu sehen, deren
Anfänge bis heute vor allem von der Disziplin der Wirkungsforschung und Kriminalstatisti-
ken geprägt sind. In diesem sexualpolitischen widersprüchlichen Klima wurden so genannte
Kommissionen in Amerika einberufen. Teilnehmer dieser Kommissionen waren einige
Wirkungsforscher und andere Experten. Die Kommissionen wurden einberufen, um eine
Wirkung von Pornographie auf die Gesellschaft und die einzelnen RezipientInnen endgültig
zu klären. Die Kommissionen erfassten den jeweiligen Forschungsstand der Zeit und ver-
suchten einen Konsens in den jeweiligen Studien auszuarbeiten und zu interpretieren. Interes-
santerweise entsprechen die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Kommissionen dem gängi-
gen politischen Klima der entsprechenden Zeit, in der die jeweilige Kommission zusammen-
traf.
Es gab zwei große Pornographiekommissionen, die auch international viel Aufmerksamkeit
in der ,,scientific community" erregten. Die erste Kommission Ende der sechziger Jahre und
die zweite Kommission Mitte der achtziger Jahre. Im folgenden Teil wird nun versucht
werden einige der Studien, die der Pornographiekommission als Daten dienten, und auch die
danach durchgeführten Studien, näher zu erläutern. Versucht wird möglichst chronologisch,
aber inhaltlich sinnvoll mittels Literatur und Sekundärliteratur einen Überblick über psycho-
logische Wirkungsforschung bis heute zu geben. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit, soll aber dennoch Schwerpunkte der Forschung darstellen. Die Menge der
dargestellten Studien, die nur einen kleineren Teil des tatsächlich vorhandenen Materials
darstellt, erklärt sich dadurch, dass aufgezeigt werden soll, dass es eine Fülle von Studien
gibt, die aber viele Widersprüche in ihren Ergebnissen und Interpretationen aufweisen.
3.1 Die ersten Ergebnisse der Wirkungsforschung und die erste
amerikanischen Pornographiekommission von 1967-1971
Schon 1967 unter Präsident Johnson wurde vom US-Kongress die Kommission zur ,,Unter-
suchung kausaler Zusammenhänge zwischen Pornographie und sozialschädlichen Verhalten"
einberufen. Die Kommission bildete einen Unterausschuss, der unter anderem die Aufgabe
hatte sexuelle Erregung, Erregungssättigung, Einstellung mit ihren emotionalen und kogniti-
ven Komponenten, beobachtbares sexuelles Verhalten und antisoziales/kriminelles Verhalten
zu untersuchen. Eine gute Übersicht über die Kommissionen von 1967 und die weiteren
Forschungen über die Wirkung von Pornographie bis Mitte der 80er Jahre bietet Herbert Selg
in Zusammenarbeit mit Mathilde Bauer. Sie unterteilen ihre Literaturstudie der Pornogra-

14
phiekommission von 1967 in die Themengebiete ,,Sexuelle Erregung", ,,Gewöhnung an
sexuelle Reize (´Sättigung´)", ,,sexuelles Verhalten" und ,,Einstellungen.
10
Die Ergebnisse der Kommission wurden 1970 in Amerika und 1971 in der Bundesrepublik
Deutschland veröffentlicht. Die Pornographiekommission von 1967 gab viele Aufträge an
Forscher und wollte damit die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Pornographie und
Gewalt endgültig klären. Im Folgenden sind einige Beispiele angeführt:
11
Howard, Reifler und Liptzin untersuchten mögliche Gewöhnungseffekte eines dauerhaften
Pornokonsums. 23 männliche Studenten waren die Versuchspersonen. Sie waren täglich etwa
90 Minuten allein in einer Zelle und hatten etliche Messinstrumente an ihrem Körper befes-
tigt. Gleichzeitig wurden sie durch einen Einwegspiegel beobachtet. Nach zehn Tagen ist eine
,,Sättigungstendenz" aufgetreten. Damit ist eine Verminderung des sexuellen Interesses und
der Erregung gemeint. Nach zwei Monaten war teilweise eine Erneuerung des Interesses zu
beobachten. Winick untersuchte Pornoläden und Besucher von Porno Filmen. Berger, Simon
und Gagnon befragten 500 Jugendliche. Beide Untersuchungen lieferten Ergebnisse, die
widersprüchlich zu den Ergebnissen von Howard, Reifler und Liptzin sind. Eine Sättigungs-
tendenz war in beiden Fällen nicht zu erkennen.
Die Untersuchungen bezüglich des sexuellen Verhaltens brachten ebenfalls widersprüchliche
Untersuchungsergebnisse. So berichtet einerseits Mosher von vermehrten Sexgesprächen bei
23%, unveränderte Häufigkeiten bei 71% und eine Reduktion bei 6% der Befragten nach dem
Konsum von erotischem Material. Andererseits zeigen zwei Untersuchungen von Mann,
Sidman und Starr beziehungsweise Byrne und Lamberth, dass nach dem Konsum von porno-
graphischem Material, bei einer großen Anzahl von Ehepaaren eine angenehmere und inten-
sivere eheliche Kommunikation und eine größere Bereitschaft über sexuelle Themen zu
reden, vorhanden war.
Nicht eindeutige Ergebnisse sind auch bei der Erforschung des Zusammenhanges zwischen
Pornographie und kriminellen Verhalten zu berichten. Goldstein untersuchte die Erfahrung
10
Vgl. Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung",
Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.56
11
Die in weiterer Folge erwähnten Studien sind zusammengefasst folgende: Howard, J.L., Reifler, C.B. u.
Liptzin, M.B.: ,,Effects of exposure to pornography", Winick, C.: ,,A study of consumers of explicitly sex-
ual materials: Some function of adult movies" und ,,Some observations of patrons of adult theaters and
bookstores", Berger, A.S., Simon, W. u. Gagnon, J.H.: ,,Pornography: The high school and college years"
und ,,Urbain working class adolescents and sexually explicit media", Mosher, D.L.: ,,Psychological reac-
tions to pornographic films" und ,,Sex callousness toward women", Mann, J., Sidman, J., u. Starr, S.: ,,Ef-
fects of erotic films on sexual behaviour of married couples", Byrne, D. u. Lamberth, J.: ,,The effect of
erotic stimuli on sex arousal evaluation responses, and subsequent behaviour" in: ,,Techn Rep. Of the
Comm. On obscenity and pornography", Vol. 4, 8 u. 9 Washington, 1971, zitiert nach: Herbert u. Bauer,
Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto:
Hans Huber, 1986, S.57ff.

15
mit ,,Erotika"
12
von Tätern und Pädophilen im Vergleich zu anderen Gruppen. Zu beobachten
war eine geringe Erfahrung mit pornographischen Produkten bei der Gruppe der Täter und
Pädophilen. Die Interpretation war, dass das Fehlen pornographischer Erfahrungen in der
Jugend zu mehr paraphilem oder sexuell auffälligem Verhalten führt.
13
Thorne und Haupt
hatten schon 1966 von dem Verhalten von Straftätern berichtet, dass 86% der Fragen nach
Vergnügen mit Erotika und Masturbationshilfen von ihnen verneint wurden.
14
Die Interpretation der Ergebnisse der beschriebenen Studien und anderen durch die Kommis-
sion war die, dass die Probleme, die Darstellungen mit sexuellem Inhalt aufwerfen, ihren
Ursprung darin haben, dass die Gesellschaft nicht offen genug mit Sexualität umgeht. Wei-
ters wurde festgehalten, dass man keinen Zusammenhang sieht zwischen den Darstellungen
mit sexuellen Inhalten und sozialen beziehungsweise persönlichen Schädigungen. Die Emp-
fehlungen der Kommission waren eine Förderung einer differenzierten, umfassenden und
phantasievollen Sexualerziehung, eine offene Diskussionskultur über Pornographie und
Obszönität, die anhand von konkreter Informationen zu führen sein könnte und die Aufhe-
bung von kommunalen und staatlichen Gesetzen, die Pornographie Erwachsenen, zugänglich
machen konnte.
Die Ergebnisse wurden unter der Regierung von Präsident Nixon zunächst abgelehnt. Der
öffentliche Druck führte dennoch im Jahre 1973 durch eine Entscheidung des obersten Ge-
richtshofes zu einer Lockerung der Gesetzgebung.
15
Eine genauere Beschreibung der Ergebnisse und Interpretationen der Kommission zur ,,Un-
tersuchung kausaler Zusammenhänge zwischen Pornographie und sozialschädlichen Verhal-
ten" ist folgendermaßen:
,,Die P - Komission schlug u.a. vor, alle Gesetze auf Bundes-, Staats- und örtli-
cher Ebene, die den Verkauf, die Ausstellung oder Verteilung sexuellen Materials
an Erwachsene verbieten, abzuschaffen, weil keine Beweise dafür erbracht wor-
den seien, dass der Kontakt mit Erotika negative Einflüsse zeige, zum Beispiel auf
kriminelles Verhalten. Man glaubte erkannt zu haben, dass harmlose erotische
12
Der Begriff ,,Erotika" wird in wissenschaftlichen Arbeiten oft als Synonym für ,,Pornographie" oder
,,weiche Pornographie" verwendet, wobei ,,weiche Pornographie" wohl am besten mit ,,softcore" zu über-
setzen wäre.
13
Vgl. Goldstein, M.J., Kant, H.S., Judd, L.L., Rice, C.J. u. Green, R.: ,,Exposure to pornography and sexual
behaviour in deviant and normal groups", in: ,,Techn Rep. Of the Comm. On obscenity and pornography",
Vol. 7, Washington, 1971, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische
Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.60
14
Vgl. Thorne, F.C. u. Haupt, T.D.: ,,The objective measurement of sex attitudes and behavoir", J.Clin.
Psychol., 1966, 22, S.395-403, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologi-
sche Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.61
15
Vgl. ,,Der Pornographie-Report. Reinbek 1971", S.165. u. 174, zitiert nach: Rückert, Corinna:
,,Frauenpornographie - Pornographie von Frauen für Frauen: eine kulturwissenschaftliche Studie",
Frankfurt am Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften, 2000, S.27

16
Darstellungen erregender seien als unkonventionelle sexuelle Aktivitäten, dass
ohnehin Sättigung eintrete, dass nennenswerte Verhaltensänderungen nicht be-
wirkt werden könnten, dass sexuelle Straftaten eher sänken als stiegen, dass se-
xuelle Straftäter im Vergleich mit ´Normalen´ in ihrer Jugend eher weniger als
mehr Kontakt mit Erotika hatten.
Andererseits empfahl die P - Komission auch zu verbieten, dass deutlich sexuelles
Bildmaterial öffentlich ausgestellt werde und dass unbestellte Erotika - Reklame
mit der Post an Personen versendet werde, die sie nicht erbeten haben. Außerdem
sollte der Verkauf von erotischem Bildmaterial an Jugendliche verboten werden
(...) Bücher sollten vom Jugendverbot nicht betroffen sein, weil es schwierig sei,
zwischen literarisch wertvollen und ungeeigneten Texten zu unterscheiden."
16
Die erste Pornographie Kommission von 1967-1971 in Amerika ist als erster Höhepunkt
einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema ,,Pornographie" zu sehen.
Auch wenn die Ergebnisse und deren Interpretation erheblich kritisierbar sind, so ist es
wichtig festzuhalten, dass die Kommission und dessen Endbericht den damaligen For-
schungsstand bis 1971 widerspiegelt. Wichtig scheint zu sein, dass nach diesem Endbericht
in der methodischen Vorgehensweise wenig geändert wurde. Laborexperimente mit Stu-
dentInnen oder Meinungsumfragen waren, trotz starker methodischer Schwächen, noch
immer die gängige Herangehensweise der Pornoforschung.
Ein typisches Beispiel hierfür wäre eine Studie von Kutchinsky.
17
Er untersuchte die Auswir-
kungen von Erotika auf junge Ehepaare oder andere Paare. In diesem Fall bestanden die
anderen Paare wiederum aus StudentInnen. 72 Paaren wurden in einer einstündigen Sitzung
zwei Filme gezeigt. Im ersten ein Dreiecks-Petting mit Koitus, im zweiten ein lesbisches und
ein heterosexuelles Paar. Jede einzelne Versuchsperson erhielt außerdem fünf farbige Zeit-
schriften mit Erotika in allen Formen. Danach hörten die Versuchspersonen über Kopfhörer
von einem männlichen Sprecher eine Passage aus einer erotischen Literatur. Ergebnis war,
dass Männer den ersten Film mit Dreiecks-Petting und Koitus bevorzugten und Frauen den
Film mit dem lesbischen und heterosexuellen Paar. Die Magazine wurden von Männern als
erregender empfunden, als die erotische Geschichte. Bei Frauen war dies umgekehrt. Die
Versuchspersonen mit höchster sexueller Erregung berichteten auch nach einem Tag von
einer erhöhten Koitushäufigkeit. Bei keinem Paar wurde ein verstärktes Interesse an Erotika
beobachtet. Erotisches Material war keinem Pärchen unbekannt oder neu. Manche Pärchen
haben jedoch das Interesse an Erotika durch die Sitzung ganz verloren.
16
Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern,
Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.62f.
17
Vgl. Kutchinsky, B.: ,,Pornographie und Sexualverbrechen. Das Beispiel Dänemark", Köln, 1972, zitiert
nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung",
Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S. 67

17
Um das Alter und Geschlecht des typischen ,,Pornokonsumenten" auszuforschen, wurden
einige Studien durchgeführt. Entweder wurde hierfür die Methode der Befragung verwendet,
oder die Methode der Beobachtung, beispielsweise wiederum von Kutchinsky 1972.
18
Zwei-
tere wurde eingesetzt beispielsweise vor Buchhandlungen, die erotisches Material verkauften,
Pornomessen oder Sex-Läden. Stark vereinfachtes Ergebnis war, dass der typische Pornokon-
sument männlich ist und über 20. Außerdem hat er den ersten Kontakt mit pornographischem
Material zu dem Zeitpunkt, wo sein Sexualverhalten einsetzt und dieser Zeitpunkt wird
entwicklungspsychologisch als immer früher angesehen.
19
Welche Stimuli im Einzelnen von Männern und Frauen bevorzugt werden, wurde von einigen
Studien untersucht. Eine zusammenfassende Auflistung der Studien bietet ebenfalls Selg und
Bauer:
18
Vgl. Kutchinsky, B.: ,,Pornographie und Sexualverbrechen. Das Beispiel Dänemark", Köln, 1972, zitiert
nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung",
Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S. 69f.
19
Vgl. Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung",
Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.67ff.

18
Für Männer sind stark erregende Stimuli:
Für Frauen sind stark erregende Stimuli:
Masturbierende Frau
Petting
Koitus in verschiedenen Stellungen
Fellatio
Cunnilingus
Oraler Gruppensex allgemein
Weibliche homosexuelle Praktiken
Petting
Koitus in verschiedenen Stellungen
Cunnilingus
Gruppensex allgemein
Dezente Zärtlichkeiten
Wenig bzw. nicht erregende Stimuli:
Wenig bzw. nicht erregende Stimuli:
(halb)nackte Männer
Männliche homosexuelle Praktiken
Masturbierende Männer
Frau fügt Mann physischen Schmerz zu
Großaufnahme weiblicher Genitalien
(halb)nackte Männer
Männliche homosexuelle Praktiken
Frau fügt Mann physischen Schmerz zu
Nackte Frau
(Abbildung 2: Geschlechtsspezifische Auflistung stark erregender und nicht erregender Stimuli)
20
Zusätzlich muss man noch festhalten, dass Kessler und Schwickerath 1981 berichten, dass
Männer stärker erregt werden als Frauen. Außerdem wurden weibliche Versuchspersonen
eher von den Darstellungen erregt, die sowohl einen Mann, als auch eine Frau zeigten. Kess-
ler und Schwickerath arbeiteten mit 42 Dias als Stimulusmaterial, die sie in ,,romantische"
und ,,pornographische" unterteilten.
21
20
Zusammengefasst wird hier aus folgenden Studien zitiert: Baron, R.A.: ,,The aggression-inhibiting influen-
ce of heightened sexual arousal, in: Pers Soc. Psych., 1974, 30, S.318-322, Cairns, R.B., Paul, J.C.N. &
Wishner, J.: ,,Psychological assumptions in sex censorship: an evaluative review of recent research (1961-
1968)", in: ,,Techn Rep. Of the Comm. On obscenity and pornography", Washington 1971, Fisher, W.A. u.
Byrne, D.: "Individual differences in affective, evaluative, and behavioural responses to an erotic film", in:
J. of applied social Psychology, 1978, 8 /4, S.355-365, Fisher, W.A. u. Byrne, D.: "Sex differences in re-
sponse to erotica? Love versus Lust", in: J. Pers. Soc. Psychol., 1978, 36 (2), S.117-125, Heiman, J.: ,,Die
Erbse unter der Prinzessin und was Frauen sonst noch erregt", in: ,,Psychologie heute", 1976, 3 (1), S.55-
59, Kutchinsky, B.: ,,Pornographie und Sexualverbrechen. Das Beispiel Dänemark", Köln, 1972, Levitt,
E.E. u. Hinseley, R.K.: ,,Some factors in the valances of erotic visual stimuli. In: "J. Sex Research", 1967,
3, S.63-68, Mosher, D.L.: "Sex callousness toward women", in: ,,Techn Rep. Of the Comm. On obscenity
and pornography", Vol. 8, Washington 1971, Mosher, D.L. u. Abramson, P.R.: "Subjective sexual arousal
to films of masturbation", in: "J. Consult. Clin. Psychol.", 1977, 45, S.796-807, Osborn, C.A. u. Pollack,
R.H.: ,,The effects of two types of erotic literature on physiological and verbal measures of female sexual
arousal", in: "J. Sex Res", 1977, 13, S.250-256, Schmidt, G. u. Sigusch, V.: "Sex differences in responses
to psychosexual stimulation", in: "J. Sex Research", 1969, 5 (3), S.199-217, Schmidt, G.: "Male-female
differences in sexual arousal and behaviour during and after exposure to sexually explicit stimuli", in:
"Arch. Sex. Behav.", 1975, 4, S.353-365, Steele, D.G. u. Walker, C.E.: "Male and female interest in sexu-
ally-oriented magazines". In: "J. Commun.", 1976, 26, S.25-30, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Ma-
thilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans
Huber, 1986, S.73
21
Vgl. Kessler, B.H. u. Schwickerath, J.: ,,Reaktionen auf erotische Reize in Abhängigkeit vom biologischem
und psychologischem Geschlecht.", in: ,,Psychol. Beiträge", 1981, 23, S.421-433, zitiert nach: Selg, Her-
bert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart,
Toronto: Hans Huber, 1986, S.73f.

19
Fisher und Byrne untersuchten 1978 den Kontext in den Pornographie eingebettet ist und
gingen der Frage nach, inwieweit dies unterschiedliche Auswirkungen auf Männer und
Frauen haben könnte. 36 jungen Studentenehepaaren wurden Erotika und verschieden Kon-
texten als Stimulusmaterial präsentiert. Entweder war ein Paar beim Petting zu sehen, oder
beim oralen Sex und Koitus bis zum Orgasmus. Bevor der Film vorgeführt wurde, wurden
einleitende Bemerkungen gesprochen. Einmal wurden die Szenen im liebevollen Kontext
vorgestellt, einmal als Sex mit einer Prostituierten und einmal als zufällige Begegnung. Die
Erregungsunterschiede der Geschlechter unterschieden sich nicht signifikant. Die Version der
zufälligen Begegnung wurde von beiden Geschlechtern am meisten bevorzugt. Die Autoren
der Studie waren überrascht, da sie eigentlich erwartet hatten, dass Frauen im Allgemeinen
den liebevollen Kontext bevorzugen würden.
22
Wie später auch noch von Henner Ertel und seiner Studie von 1990 belegt, ist es fraglich, ob
Frauen wirklich auf eine andere Art von Pornographie reagieren. Ob hier eben nicht durch
eine Art soziale Unterdrückung Frauen erst wieder lernen müssen ihre Sexualität mittels
Pornographie in ihrer Weise zu entdecken. Wenn das so sein sollte, wie auch ein sozialer
Ansatz der Ventiltheorie besagt, dann könnten die individuellen Unterschiede im Geschmack
auch stärker sein, als die geschlechtsspezifischen.
Wichtig ist hier festzuhalten, dass der Markt auf die steigende Nachfrage von Frauen bezüg-
lich Pornographie mittlerweile reagiert. Frauen wirken nicht nur in Produktionen mit, sondern
sind auch selber Produzentinnen. Die Forderung nach ,,Pornographie von Frauen für Frauen"
wäre hier zu nennen.
Schill und Chapin untersuchten 1972 den Zusammenhang von Pornographie und Schuldge-
fühlen.
23
Versuchspersonen waren männliche Studenten. Die Probanden wurden einzeln zu
dem Experiment bestellt. Nach der Ankunft wurde ihnen mitgeteilt, dass sie noch ein wenig
warten müssten, da der Versuchsleiter noch beschäftigt sei. Im Warteraum waren vier Zeit-
schriften ausgelegt. Zwei davon waren mit erotischem Inhalt (Penthouse und Playboy). Die
zwei anderen mit nicht erotischem Inhalt. Durch einen Einweg-Spiegel wurde beobachtet,
welche Zeitschrift die einzelnen Versuchspersonen wählten. Auf einer Skala haben Proban-
22
Vgl. Fisher, W.A. u. Byrne, D.: ,,Individual differences in affective, evaluative, and behavioral responses to
an erotic film.", in: ,,J. of applied Social Psychology", 1978, 8 (4), S. 355-365, zitiert nach: Selg, Herbert u.
Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toron-
to: Hans Huber, 1986, S.79
23
Vgl. Baron, R.A.: ,,The aggression - inhibiting influence of heightened sexual arousal.", in: ,,J. Pers. Soc.
Psych.", 1974, 30. S.318-322. Schill, T. u. Chapin. J.: ,,Sex guilt and males`preference for reading erotic
magazines", in: J. Consult. Clin. Psychol., 1972, 39, S.516, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde:
,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber,
1986, S.77

20
den auch angeben müssen, wie sie ihre sexuellen Schuldgefühle einschätzten. Ergebnis der
Untersuchung war, dass die Studenten mit hohen sexuellen Schuldgefühlen eher nicht zu den
erotischen Stimuli griffen. Die Versuchspersonen mit niedrigen Schuldgefühlen sehr wohl.
Daraus zu schließen wäre also, dass der Konsum von Erotika umso geringer sein wird, je
mehr sexuelle Schuldgefühle durch die Erziehung vermittelt werden.
3.2 Wirkungsforschung, Gewalt und Aggression
Die psychologische Wirkungsforschung ist wie man sieht, schon seit den Anfängen oft eine
Forschung unter Laborbedingungen. Ein Hauptaugenmerk gilt hier auch der Aggressionsfor-
schung in Zusammenhang mit Pornographie. Forschungsfragen sind hier oft mit einer Ag-
gressions-Stimulation durch Pornographie verbunden. Oder sie gehen von einer Begünsti-
gung von aggressiven Reaktionen oder Verhaltensweise durch Pornographie aus. Wie gezeigt
wurde, werden in diesen Laborexperimenten oft StudentInnen als Versuchspersonen verwen-
det. Vor allem wird hier auch auf das Thema ,,Vergewaltigung" immer wieder genauer ein-
gegangen und ein möglicher Zusammenhang zwischen Pornographiekonsum und realer
Vergewaltigung untersucht. Als Indikatoren für eine allgemeine Erregung werden hierfür oft
der Blutdruck, die Penis Tumeszenz oder Phosphatase im Urin bei Männern verwendet. Also
objektiv messbare Größen, die als Aggressionsindikatoren für diese Zwecke interpretiert
werden.
Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die der Frage nachgehen, ob eine sexuelle Stimulati-
on durch pornographisches Material aggressive Reaktionen beeinflussen kann. Die Ergebnis-
se zahlreicher Untersuchungen sind hier wiederum widersprüchlich. So werden von Donner-
stein und Barrett 1978, Zillmann und Spalovsky 1977 und Spalovsky und Zillmann 1981
Ergebnisse präsentiert, die vermuten lassen, dass gewaltfreie Pornographie, aggressions-
fördernde Wirkung haben kann. Im Gegensatz dazu stehen Untersuchungen von Baron 1974,
Donnerstein, Donnerstein und Evans 1975 und Baron und Bell 1977.
24
24
Zusammengefasst zitiert nach folgenden Studien: Vgl. Donnerstein, E. u. Barett, G.: ,,Effects of erotic
stimuli on male aggression toward females". In: ,,J. Pers. Soc. Psychol", 1978, 36, S.180-188, Zillmann, D.
u. Spapolsky, B.S.: ,,What mediates the effect of mild erotica on annonymance and hostile behaviour in
males?" in: J. Pers. Soc. Psychol", 1977, 35, S.587-596, Sapolsky, B.S. u. Zillmann, D.: "The effect of soft-
core and hard-core erotica on provoked and unprovoked hostile behaviour." In: "J. Sex Research", 1981, 17
(4), S.319-343, Baron, R.A.: "The aggression-inhibiting influence of heightened sexual arousal." In: "J.
Pers. Soc. Psych." 1974, 30. S.318-322, Donnerstein, E., Donnerstein, M. u. Evans, R.: ,,Erotic stimuli and
aggression facilitation or inhibition", in: ,,J. Pers. Soc. Psychol", 1975, 32, S.237-244 und Baron, R.A. u.
Bell, P.A.: ,,Sexual arousal and aggression by males: Effects of type of erotic stimuli and prior provoca-
tion", in: J. Pers. Soc. Psych., 1977, 35, S.79-87, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornogra-
phie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.87

21
Diese Widersprüchlichkeit könnte jedoch durch die Verwendung unterschiedlicher erotischer
Materialien erklärt werden. So geht man nach diesen Untersuchungen aus, dass deutlichere
pornographischere Inhalte auch eine höhere aggressionsfördernde Wirkung haben, während
eher milderes erotisches Material dies nicht hat.
25
Donnerstein führte ein Experiment mit 120 männlichen College Studenten durch. Die Stu-
denten wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe sah einen kurzen Film über eine
Talk Show, die zweite Gruppe eine ,,normale" Sex-Szene und die dritte Gruppe eine brutale
Vergewaltigung. Die Filme dauerten fünf Minuten. Danach wurden die Versuchspersonen
angewiesen im Rahmen eines Rate-Spiels AssistentInnen bei falschen Antworten Stromstöße
in beliebiger Höhe zu geben. Ein Teil der Versuchspersonen wurde dabei noch zusätzlich
durch Provokationen oder Beleidigungen in aggressive Stimmung versetzt. Die provozierte
Gruppe, die die Vergewaltigungsszene gesehen hatte, gab die höchsten Stromstöße ab. Je-
doch gaben auch die ,,Talk Show Gruppe" und die ,,normaler Sex Gruppe" Stromstöße ab.
Dies geschah allerdings nur, wenn die AssistentInnen weiblichen Geschlechts waren.
26
Don-
nerstein interpretierte die Daten in dem Sinne, dass die Gewaltbereitschaft der Versuchsper-
sonen gegenüber Frauen, mit der im Film gesehenen Gewalt assoziiert wurde. Später verfei-
nerte Donnerstein diese Versuchsanordnung noch um die Eindeutigkeit der gezeigten Gewalt.
So wurden Filme gezeigt, in denen die Frau eindeutige Zeichen von Schmerz und Angst
zeigte und solche, in denen sie nach einiger Zeit gefügig wurde. Das Ergebnis des Experi-
ments war, dass die Versuchspersonen der Frau erheblich höhere Stromstöße gaben.
27
Ein weiterer Versuch von Malamuth, in Zusammenarbeit mit Feshbach, beinhaltete ebenfalls
eine Vergewaltigungsgeschichte als Stimulusmaterial. Einer Gruppe von 35 Studenten und 38
Studentinnen wurde eine Vergewaltigungsgeschichte zu lesen gegeben. Später wurden die
Versuchspersonen gefragt, ob sie sich persönlich unter Umständen so verhalten würden, wie
in der Geschichte dargestellt. 51% der Studenten bejahten dies, unter dem Einwand sicher
gehen zu können, nicht gefasst zu werden. Die weiblichen Versuchspersonen identifizierten
sich weitgehend mit der vergewaltigten Frau. Widersprüchlich war das Ergebnis in Bezug auf
Frauen jedoch, da sie einerseits angaben Angst vor Vergewaltigungen zu haben. Andererseits
gaben 25% der Frauen an, ein gewisses Vergnügen dabei zu empfinden, vergewaltigt zu
25
Vgl. Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung",
Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.87
26
Vgl. Russell, Diana H: ,,Pornography and violence: what does the new research say?", in: Lederer, Laura:
,,Take back the night: women on pornography", New York, 1980, S.229, zitiert nach: Bremme, Bettina:
,,Sexualität im Zerrspiegel: Die Debatte um Pornographie", Münster/New York, Waxmann, 1990, S.71f.
27
Vgl. Bremme, Bettina: ,,Sexualität im Zerrspiegel: Die Debatte um Pornographie", Münster/New York,
Waxmann, 1990, S.72., zitiert nach: Rauch, Judith: ,,Die Beweise liegen vor", in: EMMA Sonderband 5:
,,PorNo ­ Die Kampagne, das Gesetz, die Debatte, Köln, 1988, S.34

22
werden. Malamuth interpretierte das Ergebnis so, dass eine Vergewaltigung nur eine einer
,,normalen" männlichen Verhaltensweisen ist und eine Tat, die nur von Männern begangen
wird, die von sexuellen Normen abweichen.
28
Man könnte aber auch meinen, dass hier der
,,Vergewaltigungs- Mythos" eine Rolle spielt, der besagt, dass Frauen im Grunde in ihrer
Phantasie gerne eine Vergewaltigung durchspielen, aber nicht in der Realität. Dieser Mythos
wurde auch später von Henner Ertel aufgenommen und unter anderem in seiner repräsentati-
ven Untersuchung genauer betrachtet. Der ,,Vergewaltigungs- Mythos" könnte demnach
einen wahren Inhalt haben, indem Pornographie seinen Reiz für viele Frauen und Männer hat,
indem sexuelle Verhaltensweise ausgelebt werden können, die in der Realität von den Kon-
sumentInnen nicht ausgelebt werden wollen.
Dolf Zillman und Jennings Bryant untersuchten die Auswirkungen von Pornographiekonsum
auf die Einstellung zur Vergewaltigung. Dazu wurden über sechs Wochen männlichen und
weiblichen Probanden täglich ,,gewaltfreie Pornos" vorgespielt. Eine Gruppe sah wöchentlich
fünf Stunden lang, eine zweite Gruppe zwei bis drei Stunden und die dritte Gruppe keine.
Nach den sechs Wochen wurden den Versuchspersonen Zeitungsartikel über Vergewaltigun-
gen vorgelegt mit der Vorgabe, eine Freiheitsstrafe für den Täter vorzuschlagen. Die Ver-
suchspersonen, die am meisten Pornos vorgesetzt bekamen, gaben durchschnittlich 63 Mona-
te Gefängnis, die zweite Gruppe 90 Monate und die dritte Gruppe 120 Monate. Die Strafvor-
schläge der weiblichen Probandinnen waren durchschnittlich höher, als die der männlichen
Versuchspersonen. Zillmann und Bryant meinen, dass ein massiver Konsum zu einer ,,Trivia-
lisierung von Vergewaltigung" führt.
29
Eine Untersuchung, die zuvor schon kurz erwähnt wurde, wurde mit einer größeren Anzahl
von Versuchspersonen durchgeführt. 1975 untersuchten Ernst, Gestefeld, Schulte-
Westenberg, Seidensticker, Schmidt und Schorsch aggressive Reaktionen auf sexuell aggres-
sives Stimulusmaterial. 200 männliche und 200 weibliche StudentInnen wurden in vier
Gruppen aufgeteilt. Vor der eigentlichen Untersuchung wurden Variablen wie sexuelle
Erfahrung, verbale sexuelle Aggressivität, sexuelle Wünsche, Verhaltensweisen und Phanta-
sien erhoben. Den vier Gruppen wurde jeweils ein Film vorgeführt. Die Filme unterschieden
sich in ihrem sexuell aggressiven Kontext. Im ersten Film war ein Paar in unterschiedlichen
sexuellen Praktiken zu sehen, dass allmählich ihre sexuelle Intensität steigerte. Der zweite
28
Vgl. Russell, Diana H: ,,Pornography and violence: what does the new research say?", in: Lederer, Laura:
,,Take back the night: women on pornography", New York, 1980, S.223 u. 231, zitiert nach: Bremme, Bet-
tina: ,,Sexualität im Zerrspiegel: Die Debatte um Pornographie", Münster/New York, Waxmann, 1990,
S.73.
29
Vgl. Bremme, Bettina: ,,Sexualität im Zerrspiegel: Die Debatte um Pornographie", Münster/New York,
Waxmann, 1990, S.74

23
Film beinhaltete Sadomasochismus, indem ein Mann von einer masochistischen Frau, bei der
Fesselung und Schläge zur Masturbation führen, für seine sadistische Rolle bezahlt wird. Der
dritte Film enthielt eine lesbische Szene mit sadistischer und masochistischer Rolle. Der
vierte Film zeigte eine Vergewaltigung einer Kellnerin durch vier Männer. Nach der Filmvor-
führung wurden drei Tage lang wiederum die gleichen Daten und Variablen erhoben, die vor
der Untersuchung auch erfragt worden waren. Ergebnis war, dass alle vier Filme sexuelle
Erregung auslösten und zwar bei beiden Geschlechtern. Beim zweiten Film jedoch am we-
nigsten. Frauen reagierten etwas negativer, insgesamt konnten aber keine Geschlechtsunter-
schiede beobachtet werden.
30
Zur Rolle der Phantasie wurde bis in die 80er Jahre relativ wenig untersucht. Die Gründe
dafür sind einfach oft methodischer Natur. Sie sind Experimenten als Störvariablen nur
beschränkt kontrollierbar. Einige Befunde gehen jedoch aus der Erforschung im Zusammen-
hang mit Aggression oder Vergewaltigung hervor. Ernst, Gestefeld, Schulte-Westenberg,
Seidensticker, Schmidt und Schorsch konnten mit ihrem Experiment von 1975 belegen, dass
viele Frauen und Männer Teile von aggressiven Sequenzen der Filme in ihre sexuellen Phan-
tasien bei Masturbation einbauen. Vor allem waren dies Szenen einer Vergewaltigung. Ma-
lamuth arbeitete in seiner Studie von 1981 mit 29 männlichen Studenten. Bevor sie an der
eigentlichen Untersuchung teilnahmen, wurde ihre Neigung zu sexueller Gewalt gemessen.
Danach wurde ihnen eine ,,Ton-Bildschau" vorgeführt, die entweder als Vergewaltigung oder
als Liebesszene dargeboten wurde. Danach wurde jeder Versuchsperson eine Audiodarstel-
lung einer Vergewaltigungsgeschichte vorgeführt. Anschließend wurden die Versuchsperso-
nen gebeten sich mit Hilfe ihrer Phantasie sexuell zu erregen. Den gewaltorientierten Perso-
nen gelang dies am besten, wenn sie die erste Szene als Vergewaltigung dargeboten bekom-
men hatten. Den anderen Versuchspersonen gelang dies, wenn sie die erste Szene eher als
Liebeszene vorgeführt bekommen hatten. Diejenigen, die die Vergewaltigung gesehen hatten,
bauten dies auch eher in ihre Phantasie ein.
31
Ein anderes Experiment war eines, in dem freiwilligen männlichen Testpersonen eine sado-
masochistische Geschichte aus ,,Penthouse" präsentiert wurde. Einer weiteren Gruppe wurde
30
Vgl. Ernst, J.P., Gestesfeld, M., Schulte-Westenberg, J., Seidensticker, M., Schmidt, G. u. Schorsch, E.:
,,Reaktionen auf sexuell aggressive Filme", in: Schorsch, E. u. Schmidt, G.: ,,Ergebnisse zur Sexualfor-
schung", Köln, 1975, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Pornographie: Psychologische Bei-
träge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986, S.97f.
31
Vgl. Ernst, J.P., Gestesfeld, M., Schulte-Westenberg, J., Seidensticker, M., Schmidt, G. u. Schorsch, E.:
,,Reaktionen auf sexuell aggressive Filme", in: Schorsch, E. u. Schmidt, G.: ,,Ergebnisse zur Sexualfor-
schung", Köln, 1975 und Malamuth, N.M.: ,,Rape fantasies as a function of exposure to violent sexual sti-
muli", in: ,,Arch. Sexual Behav.", 1981, 10, S.33-49, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde: ,,Por-
nographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber, 1986,
S.82f.

24
die gleiche Geschichte ohne Gewaltszenen dargeboten. Danach bekamen beide Gruppen eine
Beschreibung einer Vergewaltigung zu lesen. Das Ergebnis war, dass diejenigen Versuchs-
personen, die zuvor die sadomasochistische Geschichte präsentiert bekommen haben, durch
die Vergewaltigungsschilderung stark sexuell erregt wurden. Je schlimmer sie den Schmerz
des Opfers einschätzten, desto erregter waren sie. Die Versuchspersonen der Kontrollgruppe
zeigte geringe sexuelle Erregung, die durch die Wahrnehmung der Schmerzen des Opfers
gedämpft wurde.
32
Wie diese vielen Beispiele zeigen, ist auch die Erforschung des Zusammenhanges von Ge-
walt und Pornographie stark an einem laborexperimentellen Forschungsdesign orientiert.
Das Schema der folgenden Kreuztabelle soll die Art und Weise verdeutlichen, wie in der
Pornoforschung in Laborexperimenten Ergebnisse aufbereitet werden. Das Beispiel ist einer
Versuchsanordnung von Donnerstein entnommen:
Verärgerung durch einen
Mann
Verärgerung durch eine Frau
Neutraler Film
Erotischer Film
Aggressiv/erotischer Film
mit positivem Ende
!
Aggressiv/erotischer Film
mit negativem Ende
!
Die ,,!" symbolisieren hohe Aggressionseffekte.
(Abbildung 3: Schema einer Kreuztabelle zur Erfassung von Verärgerung bei Männern und Frauen durch
erotische Stimuli)
33
32
Rauch, Judith: ,,Die Beweise liegen vor", in: EMMA Sonderband 5: ,,PorNo ­ Die Kampagne, das Gesetz,
die Debatte, Köln, 1988, S.33, zitiert nach: Bremme, Bettina: ,,Sexualität im Zerrspiegel: Die Debatte um
Pornographie", Münster/New York, Waxmann, 1990, S.72f.
33
Donnerstein, E. u Berkowitz, L.: ,,Victim reactions in aggressive erotic films as a factor in violence against
women." In: ,,J. Pers. Soc. Psychol", 1981, 41, S.710-724, zitiert nach: Selg, Herbert u. Bauer, Mathilde:
,,Pornographie: Psychologische Beiträge zur Wirkungsforschung", Bern, Stuttgart, Toronto: Hans Huber,
1986, S.111

25
3.3 Attorney General's Commission on Pornography:
"Meese Komission" 1985
Neben der Kommission von 1967, gab es unter anderem auch die so genannte Meese Kom-
mission. Sie wurde 1985 nach dem damaligen Justizminister General Edwin Meese benannt
und unter der Regierung von Ronald Reagan einberufen. Die Kommission, kam im Gegen-
satz zu der aus dem Jahre 1967 zu gegenteiligen Ergebnissen.
34
Sie bietet aber ebenfalls eine
Zusammenfassung der Wirkungsforschung bis 1985 und befragte Zeugen wie beispielsweise
Linda Lovelace, die Hauptdarstellerin im Film ,,Deep throat".
35
Anhand der Feststellung,
dass das obszöne Material sexuelle Gewalt enthalte, argumentierte sie, dass Pornographie und
Gewalt in einem Zusammenhang stehen.
36
Diese Kommission ging also ebenfalls der Frage
nach, ob Pornographie schädliche Wirkung haben könnte. Die Kommission kam zu dem
Ergebnis, dass es einen positiven Zusammenhang gibt zwischen sexuell gewalttätigem Mate-
rial und Aggression gegenüber Frauen. Der Abschlussbericht der Kommission umfasst 1960
Seiten, 5 Teilbereiche und 35 Kapiteln. Er unterteilt das pornographische Material in 3 Kate-
gorien. Die erste Kategorie ist ,,sexually violent material".
Definiert wurde sie:
,, ... material featuring actual or unmistakably simulated or unmistakably threat-
ened violence presented in sexually explicit fashion with a predominant focus on
the sexually explicit violence"
Beispiele hierfür wären Gewaltpornographie, Vergewaltigung und auch die so genannten
"Slasher" Filme. Der hier verwendete Begriff ,,Gewaltpornographie" ist hier nicht zu ver-
wechseln mit dem juristischen Begriff der ,,Gewaltpornographie". Im juristischen Sinne sind
unter Gewaltpornographie beispielsweise reale Gewaltakte, wie Vergewaltigung oder sonsti-
ges sexuelles aggressives Verhalten zu verstehen, dass nicht gespielt wird. Die Kommission
kommt zu dem Schluss, dass der Konsum dieses Materials, nach ihrer oben genannten
Definition, aggressives Verhalten und sexuelle Gewalt begünstigt.
34
Vgl. Rückert, Corinna: ,,Frauenpornographie: Pornographie von Frauen für Frauen", Frankfurt am Main:
Europäischer Verlag der Wissenschaften, 2000, S.27-31
35
,,Deep Throat": Regie: Gerard Damiano, Darsteller: Linda Lovelace, Harry Reems, 1972
36
Vgl. Bremme, Bettina: ,,Sexualität im Zerrspiegel", Münster: New York, 1990, S.116, zitiert nach: Rückert,
Corinna: ,,Frauenpornographie: Pornographie von Frauen für Frauen", Frankfurt am Main: Europäischer
Verlag der Wissenschaften, 2000, S.30

26
,,Finding a link between aggressive behaviour towards women and sexual vio-
lence, whether lawful or unlawful, requires assumptions not found exclusively in
the experimental evidence. We see no reason, however, not to make these
assumptions. The assumption that increased aggressive behaviour towards
women is causally related, for an aggregate population, to increased sexual
violence is significantly supported by the clinical evidence, as well as by much of
the less scientific evidence. They are also to all of us assumptions that are plainly
justified by our own common sense. This is not to say that all people with
heightened levels of aggression will commit acts of sexual violence. But it is to
say that over a sufficiently large number of cases we are confident in asserting
that an increase in aggressive behaviour directed at women will cause an
increase in the level of sexual violence directed at women."
Wie man aus diesem Zitat deutlich sehen kann, verweist die Kommission auf die fehlende
Beweislage. Dennoch, so argumentiert sie, ist von einem Zusammenhang zwischen Porno-
graphie und Gewalt auszugehen, da die Gesellschaft davon ausgeht. Und dem Gesellschafts-
sinn ist zu trauen.
Ein direkter Beweis dieser Annahme ist fraglich. Ein wichtiger Punkt, den die Kommission
sich zunächst eingesteht. Jedoch ist sie davon überzeugt, dass hier ein direkter Zusammen-
hang besteht zwischen Gewaltpornographie und sexueller Gewalt, auch wenn nicht jeder, der
diesem Material ausgesetzt ist ein potentieller Vergewaltiger wird oder sich aggressiver
gegenüber Frauen verhält. Argumentativ untermauert sie dies mit Annahmen, die aus der
Forschung hervorgehen, die eher für diesen Zusammenhang sprechen.
37
So kommt die
Kommission bezüglich ihres definierten Begriffs der Gewaltpornographie zu folgendem
Schluss:
,,We have found a causal relationship between sexually explicit materials featur-
ing violence and these consequences, and thus conclude that the class of such
materials, although not necessarily every individual member of that class, is on
the whole harmful to society."
38
37
Vgl. Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: sexually violent material",
part two, Chapter 5 (5.1.1),
http://www.porn-report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen am
29.4.2006
38
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: sexually violent material", part
two, Chapter 5 (5.1.1),
http://www.porn-report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen am 29.4.2006

27
Die zweite Kategorie pornographischen Materials wurde "non-violent materials depicting,
domination, subordination, or humiliation" genannt. Definiert als:
"An enormous amount of the most sexually explicit material available, as well as
much of the material that is somewhat less sexually explicit, is material that we
would characterize as "degrading," the term we use to encompass the undeniably
linked characteristics of degradation, domination, subordination, and humilia-
tion. The degradation we refer to is degradation of people, most often women,
and here we are referring to material that, although not violent, depicts people,
usually women, as existing solely for the sexual satisfaction of others, usually
men, or that depicts people, usually women, in decidedly subordinate roles in
their sexual relations with others, or that depicts people engaged in sexual prac-
tices that would to most people be considered humiliating. Indeed, forms of deg-
radation represent the largely predominant proportion of commercially available
pornography."
39
Aus der Definition geht hervor, dass nach Ansicht der Kommission das meiste pornographi-
sche Material zu dieser Subkategorie zu zählen wäre. Das meiste pornographische Material
soll also Material sein, das in irgendeiner Weise meistens eine degradierte Frau darstellt, aber
nicht explizit Gewalt beinhaltet. Wie sich später noch zeigen wird ist diese Annahme höchst
subjektiv und unrealistisch.
Die Kommission geht hierbei von der Annahme aus, dass sich durch den Konsum von sol-
chem Material möglicherweise Einstellungen ändern. In manchen Experimenten wurde
weiter oben schon beschrieben, dass es bei manchen Versuchspersonen beispielsweise zu
einer ,,Trivialisierung von Vergewaltigung" geführt hat. Weiters wird festgehalten, dass es
durch den Konsum dieser Art von Material allgemein zu einer Einstellungsänderung gegen-
über Frauen führen könnte. Frauen würden hier mehr sexuell bereit zu Handlungen sein, die
mit Degradierung, Unterwürfigkeit oder anderen in der Definition enthaltenen Verhaltens-
weisen zu tun haben.
Die Kommission gesteht sich hier ein, dass die Forschung dieser Art von Material bis dahin
wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Deswegen ist ein direkter Zusammenhang zwischen
dieser Art von Pornographie und Aggression fraglich, weil nicht wissenschaftlich nachweis-
bar. Nach Ansicht der Kommission ist dies aber kein Grund diesen Zusammenhang nicht
anzunehmen. Ebenfalls kommt sie zu dem gleichen Schluss wie auch bei der ersten Katego-
rie. Eine schädliche Wirkung kann für einen Teil der Bevölkerung nicht ausgeschlossen
werden und ist deswegen anzunehmen:
39
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: non-violent materials depicting
degradation, domination, subordination, or humiliation", part two, Chapter 5 (5.1.2),
http://www.porn-
report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen am 30.4.2006

28
,,With respect to material of this type, there is less evidence causally linking the
material with sexual aggression, but this may be because this is a category that
has been isolated in only a few studies, albeit an increasing number. The absence
of evidence should by no means be taken to deny the existence of the causal link
(...)
We are saying only that the evidence supports the conclusion that substantial ex-
posure to degrading material increases the likelihood for an individual and the
incidence over a large population that these attitudinal changes will occur."
40
Die dritte Subkategorie der Kommission wird "non-violent and non-degrading materials"
genannt. Definiert wird sie als:
,,They are materials in which the participants appear to be fully willing partici-
pants occupying substantially equal roles in a setting devoid of actual or appar-
ent violence or pain."
41
Wiederum ist auch für diese Kategorie nach Ansicht der Kommission kein wissenschaftlicher
Beweis vorhanden, dass diese Art von Material schädliche Wirkung haben könnte. Die
Kommission betont aus diesem Grund die unterschiedlichen Meinungen, aber hält auch
wiederum fest, dass man eine schädliche Wirkung zwar nicht nachweisen kann, aber auch
nicht ausschließen:
,,That there does not appear from the social science evidence to be a causal link
with sexual violence, however, does not answer the question of whether such ma-
terials might not themselves simply for some other reason constitute a harm in
themselves, or bear a causal link to consequences other than sexual violence but
still taken to be harmful. And it is here that we and society at large have the
greatest differences in opinion."
42
Die Kommission führt weiter aus, dass es für gewisse Leute eine Art von Gewalt darstellen
könnte, dass etwas Privates, wie der Sex zwischen verheirateten Menschen, plötzlich öffent-
lich gemacht wird. Die Kommission verwendet hier den Begriff der ,,primary harm". Für
viele Leute ist die öffentliche Darstellung von Sexualität verletzend. Außerdem werden die
schädlichen Folgen und die schädliche Wirkung für Kinder und Jugendliche betont. Auch
40
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: non-violent materials depicting
degradation, domination, subordination, or humiliation", part two, Chapter 5 (5.1.2),
http://www.porn-
report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen am 1.5.2006
41
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: non-violent and non-degrading
materials", part two, Chapter 5 (5.1.3),
http://www.porn-report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen
am 1.5.2006
42
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: non-violent and non-degrading
materials", part two, Chapter 5 (5.1.3),
http://www.porn-report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen
am 1.5.2006

29
wenn bis heute eine schädliche Wirkung auf Kinder schwer nachweisbar ist, unter anderem
aus wissenschaftsethischen Gründen, ist die Kommission von der schädlichen Wirkung auf
Kinder überzeugt. Und wenn es eine schädliche Wirkung auf Kinder gibt, dann ist dies ein
starkes Argument für eine allgemeine schädliche Wirkung dieses Materials, denn auch die
Gesellschaft geht von einer schädlichen Wirkung aus.
,,We all agree that at least much, probably most, and maybe even all material in
this category, regardless of whether it is harmful when used by adults only, is
harmful when it falls into the hands of children
(...)
The near unanimity in society about the effects on children and on all of society
in exposing children to explicit sexuality in the form of even non-violent and non-
degrading pornographic materials makes a strong statement about the potential
harms of this material, and we confidently agree with that longstanding societal
judgment."
43
Im Gegensatz zu der Kommission von 1971 kommt die Meese Kommission also zu gegentei-
ligen Ergebnissen und folgert aus ihren Annahmen eine schädliche Wirkung von Pornogra-
phie auf die Gesellschaft, das Frauenbild und einen Anstieg sexueller Gewalt. Sie forderte
daher:
,, (...) ein völliges Verbot ´obszöner´ Darstellungen, wobei es gleichgültig zu sein
habe, ob diese Darstellungen im ´Verborgenem´ oder öffentlich produziert oder
konsumiert werde. Die Regierung wurde aufgefordert, ein Gesetz zu erlassen,
nach dem alle Einkünfte, die mit dem Vertrieb von ´obszönen´ Schriften oder Bil-
dern erwirtschaftet wurden, dem Staat zufallen sollten. Den Kongreß forderte
man auf, alle Programme und Kommunikationsformen zu überprüfen, die per
Kabel oder Telefon ausgetauscht werden und die in ihnen vorhandenen
´obszönen´ Elementen zu verbieten und ihre Urheber zu bestrafen."
44
Juristische Folgen hatte diese Kommission keine. Sie wurde jedoch stark kritisiert, nicht nur
von Verfechtern der Pornographie als Redefreiheit, sondern auch von vielen Wissenschaft-
lerInnen.
Wie noch später zu zeigen sein wird, ist sie aber im Zusammenhang mit dem konservativen
Lager und der radikalfeministischen Kritik an Pornographie innerhalb der USA zu sehen. Seit
43
Attorney General´s Commission on Pornography: "The Question of harm: non-violent and non-degrading
materials", part two, Chapter 5 (5.1.3),
http://www.porn-report.com/205-question-of-harm.htm
, aufgerufen
am 1.5.2006
44
Seesslen, Georg: ,,Der pornographische Film: Von den Anfängen bis zur Gegenwart", Frankfurt am
Main/Berlin, Ullstein, 1993, S.380

30
1992 ist ein Gesetzesentwurf in Kanada gültig, dessen Argumente teilweise sich mit den
Argumenten und Forderungen der Kommission decken.
45
3.4 Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes der
Wirkungsforschung
Zusammenfassend für die Wirkungsforschung sei noch mal auf Zillmann verwiesen. Er bietet
einen Überblick über psychologische Wirkungsforschung im Bereich der Pornographiefor-
schung. Diese Zusammenfassung beinhaltet auch teilweise Experimente die oben näher
beschrieben wurden und neuere Erkenntnisse. Er kritisiert gleichzeitig manche Experimente,
und beinhaltet somit schon einen Teil der Kritik an der psychologischen Wirkungsforschung,
bei denen die Wirkungen direkt nach dem Konsum gemessen werden. Er führt zwei Gründe
dafür an. Erstens kann eine Wirkung durch den psychologischen ,,priming effect" erklärt
werden.
46
Die Sozialpsychologie geht von dem gut überprüften Modell der Kognitionen aus.
Dazu gibt es mehrere Theorien. Sie besagen kurz gesagt, dass jede Information die ein
Mensch im Gehirn abgespeichert hat durch Knoten mit anderen Informationen verbunden ist.
Das heißt, dass jede Stimulation einer Information oder das Abrufen einer bestimmten Infor-
mation auch gleichzeitig andere Informationen ins Gedächtnis rufen kann. Priming ist in
diesem Sinne in folgender Weise zu erklären:
,,Priming ist die (indirekte) Voraktivierung eines Gedächtnisinhaltes durch einen
Hinweisreiz. Zum Beispiel wird durch Darbietung des Wortes ´grün´ nicht nur
der Grün-Knoten aktiviert, sondern es werden auch (indirekt durch Erregungs-
ausbreitung) angrenzende Kognitionen (z.B. die Assoziationen ´blau´ und `Wie-
se´) aktiv."
47
Auf Pornographie angewendet würde dies bedeuten:
45
Vgl. Strossen, Nadine: ,,Zur Verteidigung der Pornographie: Für die Freiheit des Wortes, Sex und die
Rechte der Frauen", Zürich: Haffmans, 1997, S.259
46
Zillmann, Dolf: ,,Zur Bedeutung von Pornografie in der Medienforschung", in: Mangold, Roland, Vorde-
rer, Peter u. Bente, Gary: ,,Lehrbuch der Medienpsychologie", Göttingen, Bern, Toronto, Seattle, Hogrefe,
2004, S.575f.
47
Herkner, Werner: ,,Lehrbuch Sozialpsychologie", Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hans Huber, 2001,
S.167

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2006
ISBN (eBook)
9783836607810
Dateigröße
2.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften, Soziologie
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
2,0
Schlagworte
pornographie forschung feminismus wirkungs medien homosexualität sozialforschung
Produktsicherheit
Diplom.de
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