Lade Inhalt...

Analyse des globalen interorganisationalen Netzwerks 'Global Compact' als Instrument von Corporate Social Responsibility

Legitimitäts- und Effektivitätsaspekte bezüglich der Durchsetzung sozialer und umweltpolitischer Normen und Standards

©2007 Diplomarbeit 133 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Kontroverse über die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Globalisierung hat bis dato nicht an Aktualität verloren. Multinationale Unternehmen, die als zentrale Akteure hinsichtlich der weltweit voranschreitenden Vernetzung ökonomischer und sozialer Aktivitäten angesehen werden, sind in diesem Zusammenhang immer wieder in die öffentliche Kritik geraten, insbesondere in Hinblick auf fragwürdige umwelt- und sozialpolitische Aktivitäten und Methoden in Entwicklung- und Schwellenländern. Angesichts dem Fehlen international verbindlicher Regeln und Gesetze bezüglich der Durchsetzung und Einhaltung von grundlegenden Umwelt- und Sozialstandards, steht die Diskussion um Verhaltensregeln für die Aktivitäten multinationaler Unternehmen, vor allem in den Entwicklungsländern, daher nach wie vor, wenn nicht umso mehr, auf der internationalen Agenda.
Die Herausbildung sogenannter interorganisationaler Netzwerke, welche unter Einbezug verschiedener öffentlicher und privater Akteure zur Lösung komplexer weltpolitischer Themen beizutragen suchen, stellen hierbei einen recht neues Phänomen innerhalb der Global Governance – Entwicklung dar. Der im Jahr 2000 von Kofi Annan unter dem Dach der Vereinten Nationen lancierte Global Compact ist ein solches interorganisationales Netzwerk, welches sowohl privatwirtschaftliche als auch zivilgesellschaftliche und öffentliche Akteure umfasst und dabei primär darauf zielt, Unternehmen innerhalb ihrer Corporate Social Responsibility (CSR) bei der Regulierung und Durchsetzung sozialer und umweltpolitischer Standards einzubinden.
Der Global Compact als Instrument von Corporate Social Responsibility und die netzwerktheoretisch inhärente Einbindung privatwirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure in die Formulierung und Durchsetzung weltweiter Standards wirft jedoch einige interessante Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Legitimität und der Effektivität dieser Form der Regulierung.
Die vorliegende Arbeit untersucht daher anhand ausgewählter, aus der Demokratietheorie abgeleiteten, Kriterien zunächst eine mögliche Legitimität des Global Compact, bevor im Anschluss eine Untersuchung der tatsächlichen Wirksamkeit, also der Effektivität des Netzwerks, vorgenommen wird. Dies geschieht auf der Grundlage von unterschiedlichen Datenmaterialien sowie anhand selbst erstellter Statistiken. Die systematische Analyse des Netzwerks bringt dabei ein diversifiziertes Ergebnis zutage und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Nadine Pauly
Analyse des globalen interorganisationalen Netzwerks 'Global Compact' als Instrument
von Corporate Social Responsibility
Legitimitäts- und Effektivitätsaspekte bezüglich der Durchsetzung sozialer und
umweltpolitischer Normen und Standards
ISBN: 978-3-8366-0642-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Abkürzungsverzeichnis... III
Abbildungsverzeichnis...IV
Tabellenverzeichnis ... V
1.
Zur Herausbildung interorganisationaler Netzwerke vor
dem Hintergrund der Unternehmensverantwortung in
einer globalisierten Gesellschaft... 1
2.
Interorganisationale Netzwerke ­ Allgemeine Erläuterungen . 5
2.1
D
EFINITION
...6
2.2 A
KTEURE
...7
2.3 F
UNKTIONEN
...9
2.4 K
ERNPROBLEME
...11
3.
Das Netzwerk Global Compact ... 13
3.1 Z
UR
E
NTSTEHUNGSGESCHICHTE
...14
3.2 Z
IELE UND
I
NHALTE
...16
3.3 A
KTEURE
...18
3.4 Z
UM
S
ELBSTVERSTÄNDNIS
...20
3.5 A
KTIVITÄTEN ZUR
U
MSETZUNG DER
P
RINZIPIEN
...22
3.5.1 Lernforum ...23
3.5.2 Sachgespräche (,,Policy dialogues") ...24
3.5.3 Partnerschaften ...25
3.5.4 Lokale Netzwerke...26
3.5.5 Führung (Leadership) ...27
3.6 I
NSTITUTIONELLER
A
UFBAU UND
F
UNKTIONEN UNTER
B
ERÜCKSICHTIGUNG DER
Ä
NDERUNGEN VOM
12. A
UGUST
2005...28
3.6.1 Global Compact Leaders Summit...29
3.6.2 Global Compact Board...29
3.6.3 Lokale Netzwerke und Lokales Netzwerkforum...31
3.6.4 Global Compact Büro und Inter-Agency Team...31
3.6.5 Global Compact Foundation...32
3.7 M
AßNAHMEN DER
I
NTEGRITÄTSSICHERUNG
...33
3.7.1 Benutzungsbedingungen des Global Compact Namens und Logos ...34
3.7.2 Communication on Progress (COP) ...34
3.7.3 Beschwerdeverfahren ...35
4
Multinationale Unternehmen, Corporate Social
Responsibility und der Global Compact ... 37
4.1 T
HEORETISCHE
G
RUNDLAGEN ZUM
K
ONZEPT DER
C
ORPORATE
S
OCIAL
R
ESPONSIBILITY
(CSR) ...38
4.1.1 Definition und Begriffsabgrenzung ...38
4.1.2 Treibende Faktoren zur Umsetzung von CSR ...40
4.1.2.1 Auswirkungen der Globalisierung ...41
4.1.2.2
Relevanz der öffentlichen Wahrnehmung ...41
4.1.2.3
Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ...42
4.1.2.4
Aufbau von Sozialkapital...43

II
4.2 A
NREIZSYSTEM FÜR
U
NTERNEHMEN ZUR
I
NTERAKTION IM
G
LOBAL
C
OMPACT
­ G
RUNDINTERESSEN UND
P
RÄFERENZEN
... 44
4.2.1 Gründe befürwortender Positionen... 45
4.2.2 Gründe ablehnender Positionen ... 46
4.3 B
ILANZ HINSICHTLICH DER
B
ETEILIGUNG UND
A
KTIVITÄTEN AM
G
LOBAL
C
OMPACT
... 47
4.3.1 Unternehmen im Global Compact ... 47
4.3.2 Gesamtzusammensetzung der Netzwerkteilnehmer... 52
4.3.3 Statistiken zur Beteiligung am Communication on Progress... 55
4.3.4 Weitere Indikatoren zur Beteiligung und Umsetzung des Global
Compacts... 58
5
Aspekte der Legitimität und Effektivität des Global
Compact Netzwerks... 63
5.1 K
RITERIEN ZUR
B
EURTEILUNG DER
L
EGITIMITÄT
... 64
5.1.1 Universalität der Prinzipien... 66
5.1.2 Inklusivität... 68
5.1.3 Politische Verantwortlichkeit und Transparenz... 74
5.1.4 Deliberation ... 80
5.1.5 Aspekte der Institutionalisierung ... 83
5.2 K
RITERIEN ZUR
B
EURTEILUNG DER
E
FFEKTIVITÄT
... 85
5.2.1 Agenda-Setting ... 87
5.2.2 Partizipation... 88
5.2.3 Regeleinhaltung und Zielerreichung... 92
5.3 A
BSCHLIEßENDE
B
EURTEILUNG
... 96
6
Weiterführende Überlegungen... 99
Anhang...101
Literaturverzeichnis...111

III
Abkürzungsverzeichnis
BMZ
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
CEO
Chief Executive Officer
CGG
Commission on Global Governance
COP
Communication on Progress
CSR
Corporate Social Responsibility
CTC
Centre on Transnational Corporations
DGVN
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen
GPPI
Global Public Policy Institute
GRI
Global Reporting Initiative
ICFTU
International Confederation of Free Trade Unions
i.A.
im
Allgemeinen
ILO
International Labor Organization
LDC
Least Developed Countries
MNC Multinational
Corporation
NGO
Non-Governmental Organisation
OHCHR
Office for the High Commissioner for Human Rights
SME
Small and Medium Sized Enterprise
TI
Transparency
International
UN
United
Nations
UNCTAD
United Nations Conference on Trade and Development
UNDP
United Nations Development Programme
UNEP
United Nations Environment Programme
UNIDO
United Nations Industrial Development Organization
UNODC
United Nations Office on Drugs and Crime
USDT
United States Department of the Treasury
WBCSD
World Business Council for Sustainable Development

IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Elemente zur Umsetzung des Global Compact...23
Abbildung 2 - Unternehmen nach Anzahl (Stand: 31.12.2006)...48
Abbildung 3 - Verteilung der Unternehmen nach Regionen (Stand: 31.12.2006)...49
Abbildung 4 - Unternehmen nach Größe und Regionen (Stand: 31.12.2006)...50
Abbildung 5 - Gesamtverhältnis der Beteiligung (Stand: 31.12.2006)...52
Abbildung 6 - Zusammensetzung der weiteren Akteursgruppen (Stand: 31.12.2006)...53
Abbildung 7 - Gesamtpartizipation nach Regionen (Stand: 31.12.2006)...54
Abbildung 8 - Beteiligung am Communication on Progress (Stand: 01.06.2006) ...56
Abbildung 9 - Länder der 70% Unternehmen "non-communicating" (Stand: 01.06.2006) ...57
Abbildung 10 - Eingereichte COPs nach Mitgliedschaftsjahren (Stand: 01.06.2006)...58

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Interorganisationale Netzwerke ...6
Tabelle 2 - Akteure interorganisationaler Netzwerke...8
Tabelle 3- Akteure im Global Compact (Stand: Dezember 2006)...18
Tabelle 4 - Unternehmen nach Industriesektoren (Stand: 31.12.2006)...51

Kapitel 1
1
1. Zur Herausbildung interorganisationaler Netzwerke vor dem
Hintergrund der Unternehmensverantwortung in einer globali-
sierten Gesellschaft
Die Kontroverse über die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Globalisie-
rung hat bis dato nicht an Aktualität verloren, wie durch die Vielzahl an Veröffentli-
chungen zu diesem Thema belegt wird. Doch trotz der ,,inflationären Verwendung"
1
des Begriffs, herrscht kein einheitliches Verständnis darüber, was genau unter dem
Konstrukt der Globalisierung verstanden werden soll.
2
Im folgenden wird Globalisie-
rung als Prozess definiert, der die weltweite Vernetzung von ökonomischen und sozi-
alen Aktivitäten beschreibt und als dessen zentrale Akteure Multinationale Unter-
nehmen
3
(MNCs) angesehen werden.
4
MNCs, unter denen hier grenzüberschreitend
tätige Unternehmen verstanden werden, sind in diesem Zusammenhang immer wieder
in die Kritik geraten, insbesondere hinsichtlich einiger ihrer Aktivitäten in Ent-
wicklungs- und Schwellenländern.
5
Skandale wie das Öffentlichwerden der men-
schenunwürdigen Arbeitsbedingungen in den asiatischen und mittelamerikanischen
Zulieferbetrieben des Sportartikelherstellers Nike, die Hinrichtung des nigerianischen
Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten Wiwa unter der Frage der Mitverantwortung
des Ölkonzerns Shell, sowie der Chemieunfall im indischen Bophal (unter dem Ver-
antwortungsbereich des Konzerns Union Carbide Corporation liegend) gehören wohl
zu den bekanntesten Beispielen, die dazu geführt haben, dass international agierende
Unternehmen bezüglich fehlender Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards der
öffentlichen Kritik ausgesetzt sind.
6
Die Diskussion um Verhaltensregeln für die Aktivitäten von MNCs, vor allem in den
Entwicklungsländern, steht daher nach wie vor, wenn nicht umso mehr, auf der inter-
nationalen Agenda, zumal (noch) keine verbindlichen internationalen Regeln oder
1
Vgl. Kutschker / Schmid (2005), S. 153.
2
Vgl. Kutschker / Schmid (2005), S. 153.
3
Mit Multinationalen Unternehmen, bzw. Multinational Corporations, sind hier Unternehmen gemeint,
die grenzüberschreitende Tätigkeiten vollziehen.
4
Vgl. Scherer / Löhr (1999), S. 262 f.
5
Vgl. Scherer /Löhr (1999), S. 264.
6
Vgl. Strohscheidt (2005), S. 138 f.

Kapitel 1
2
Gesetze diesbezüglich existieren.
7
MNCs unterliegen also keiner zentralen politischen
Rahmenordnung; sie können ihre Wertschöpfungsaktivitäten an die für sie ökono-
misch vorteilhaftesten Standorte ihrer Wahl auslagern.
8
Allerdings wird MNCs, gera-
de wegen des Fehlens einer hinreichenden Ordnung bezüglich Umwelt- und Sozial-
standards auf internationaler Ebene, zwangsläufig eine Verantwortung zugerechnet.
9
Im Zuge ihrer grenzüberschreitenden Aktivitäten, vor allem im Hinblick auf die Prob-
lemlagen in Entwicklungsländern, haben Steinmann zufolge MNCs nicht nur eine
ökonomische, sondern eben auch eine moralische Verantwortung wahrzunehmen.
Ähnlich argumentiert Leisinger: ein verantwortlich handelndes Unternehmen darf die
sozialen und ökologischen Defizite, die u.a. durch fehlende angemessene Gesetze
bzw. deren fehlende Durchsetzung durch die jeweiligen Regierungen, nicht zum An-
lass nehmen, selbst inaktiv zu bleiben.
10
Im Rahmen des Konzepts der sozialen Unternehmensverantwortung, der sogenannten
Corporate Social Responsibility (CSR), besteht für Unternehmen die Möglichkeit den
gestiegenen Anforderungen an ein angemessenes Handeln in einer globalisierten
Weltwirtschaft nachzukommen.
11
Neben der regen Verbreitung und Formulierung
freiwilliger Verhaltenskodizes bzw. Verhaltensstandards vieler Unternehmen als Re-
aktion auf die anhaltende Kritik,
12
tritt ein relativ neues Phänomen: die Herausbildung
interorganisationaler Netzwerke, die sich innerhalb der letzten Jahre als eine Form
von Global Governance entwickelt haben. Das Konzept der Global Governance be-
tont die Bedeutung von Netzwerken und sogenannten Partnerschaften zwischen öf-
fentlichen und privaten Akteuren in der internationalen Politik; dies vor allem in Hin-
blick auf den begrenzten Handlungsspielraum der Regierungen.
13
Sowohl der Unter-
nehmenssektor, als auch die Zivilgesellschaft werden als relevante Akteure bezüglich
der Lösung komplexer weltpolitischer Themen gesehen, mit der Einsicht, dass weder
internationale Organisationen noch Regierungen alleine in der Lage sind, diese zu
7
Vgl. Benner / Witte (2006), S. 39 ff.
8
Vgl. Scherer et al. (2002), S.16.
9
Vgl. Steinmann (1999), S. 4 f.
10
Vgl. Leisinger (1999), S. 327.
11
Vgl. Arthaud-Day (2005), S. 1 und Rieth, L. (2003), S. 374.
12
Vgl. Strohscheidt (2005), S. 139 und Scherer / Löhr (1999), S. 265 f.
13
Vgl. Martens (2004), S. 150.

Kapitel 1
3
lösen bzw. zu regeln.
14
Interorganisationale Netzwerke stellen in diesem Zusammen-
hang einen möglichen Ansatz dar, die Regelungslücke, die besonders hinsichtlich der
Problematik der globalen Durchsetzung sozialer und umweltpolitischer Standards
besteht, zu schließen.
Der vom Generalsekretär der Vereinten Nationen
15
(UN), Kofi Annan, im Jahre 2000
lancierte ,,UN Global Compact" ist ein solches interorganisationales Netzwerk, des-
sen Teilnehmerschaft sowohl privatwirtschaftliche als auch zivilgesellschaftliche und
öffentliche Akteure umfasst. Grundlegendes Ziel ist die Verwirklichung von Grund-
prinzipien der UN in den Bereichen Menschenrechte, Kernarbeitsnormen, Umwelt-
schutz sowie Korruption durch die freiwillige Selbstbindung von Unternehmen.
16
Der
Global Compact stellt also ein weiteres Instrument von CSR dar, mit dessen Hilfe die
Regulierung und Durchsetzung sozialer und umweltpolitischer Standards vorange-
trieben werden soll. Allerdings ergeben sich in diesem Zusammenhang einige interes-
sante Fragen, gerade auch und weil diese Form der Global Governance ein recht neu-
es Phänomen ist und daher sowohl Fragen bezüglich der Legitimität, als auch der
Effektivität aufwirft.
Grundlegender Gegenstand dieser Arbeit wird es daher sein, diesen sich stellenden
Fragen nachzugehen ­ und zwar anhand des Netzwerks Global Compact. Inwiefern
erweist sich der Global Compact als ein legitimes Instrument zur Durchsetzung seiner
postulierten Prinzipien? Inwiefern lässt sich sein Erfolg, bzw. seine Effektivität beur-
teilen? Um sich diesen Fragestellungen schrittweise anzunähern, erfolgt in Kapitel 2
zunächst eine allgemeine Erläuterung zu interorganisationalen Netzwerken, um die
möglichen Ausgestaltungen solcher zu spezifizieren, bevor dann in Kapitel 3 konkret
auf das Netzwerk des Global Compact eingegangen wird, unter besonderer Berück-
sichtigung des institutionellen Aufbaus, der Funktionen und Aktivitäten. In Kapitel 4
wird dann zunächst das Konstrukt der Corporate Social Responsibility und derjenigen
Faktoren, die ein Engagement seitens der Unternehmen in diesem Sinne begünstigen
bzw. fordern beschrieben, um im folgenden explizit auf die tatsächlichen Entwick-
14
Vgl. Witte / Reinicke / Benner (2000), S. 176 ff. sowie Messner / Nuscheler (2003), S. 16.
15
Im weiteren Verlauf wird die englische Abkürzung UN für United Nations verwendet.
16
Vgl. Martens (2004), S. 151.

Kapitel 1
4
lungen innerhalb des Global Compact anhand von verschiedenen Untersuchungen,
Berichten und Statistiken einzugehen. Anschließend wird in Kapitel 5 anhand ausge-
wählter Kriterien und unter Rückgriff auf die gewonnenen Informationen der beiden
vorhergehenden Kapitel eine systematische Analyse bezüglich der Legitimität und
der Effektivität des Netzwerks Global Compact vorgenommen. Kapitel 6 wird Auf-
schluss über mögliche zukünftige Entwicklungen des Global Compact geben.

Kapitel 2
5
2.
Interorganisationale Netzwerke ­ Allgemeine Erläuterungen
Interorganisationale Netzwerke stellen einen wesentlichen Aspekt von Global Gover-
nance dar.
17
Grundsätzlicher Zweck und Zielsetzung der verstärkt seit Mitte der 90er
Jahre geführten Global Governance-Diskussion, ist die ,,Entwicklung eines Institutio-
nen- und Regelsystems und neuer Mechanismen internationaler Kooperation, die die
kontinuierliche Problembearbeitung globaler Herausforderungen und grenzüber-
schreitender Phänomene erlauben."
18
Ergänzend definiert die Commision on Global
Governance (CGG)
19
:
,,Ordnungspolitik bzw. Governance ist die Gesamtheit der zahlreichen Wege,
auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre gemein-
samen Angelegenheiten regeln. Es handelt sich um einen kontinuierlichen
Prozess, durch den kontroverse oder unterschiedliche Interessen ausgeglichen
werden und kooperatives Handeln initiiert werden kann. Der Begriff umfasst
sowohl formelle Institutionen und mit Durchsetzungsmacht versehene Herr-
schaftssysteme als auch informelle Regelungen, die von Menschen und Institu-
tionen vereinbart oder als im eigenen Interesse angesehen werden."
20
Wie aus der Definition der CGG hervorgeht, besteht ein wesentliches Merkmal von
Global Governance in der vermehrten Kooperation und Koordination staatlicher und
nicht-staatlicher Akteure auf unterschiedlichen Politikebenen, um ,,gemeinsame An-
gelegenheiten" zu regeln.
21
Interorganisationale Netzwerke können also als eine Säule der Global Governance-
Architektur begriffen werden, die, nebst der Bemühungen innerhalb des zwischen-
staatlichen Multilateralismus, eine neue Form der gemeinsamen Problembearbeitung
17
Vgl. Messner / Nuscheler (2003), S. 49.
18
Messner (2000), S. 284.
19
Die CGG wurde auf Anregung von Willy Brandt eingerichtet, Teilnehmer waren hochrangige Per-
sönlichkeiten aus aller Welt. Ergebnis ist der 1995 erschienene Abschlussbericht ,,Nachbarn in Einer
Welt" bzw. ,,Our Global Neighbourhood".
20
CGG (1995), S. 4 und Brand et al. (2000), S. 30 f.
21
Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, in Tiefe auf die Konzeptionen, Inhalte und verschie-
denen Ausprägungen von Global Governance einzugehen. Maßgeblich in diesem Zusammenhang ist,
dass interorganisationale Netzwerke eine der Säulen der Corporate Governance darstellen. Für ausführ-
liche Erläuterungen zum Stand der Corporate Governance-Diskussion und den verschiedenen Ausges-
taltungen, vgl. Messner / Nuscheler (2003).

Kapitel 2
6
auf globaler Ebene darstellen. Dies geschieht unter expliziter Berücksichtigung und
Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure.
2.1
Definition
Der Begriff des interorganisationalen Netzwerks stellt hier eine allgemeine Operatio-
nalisierung der für die in der Praxis und Theorie sehr vielfältigen Begriffsverwendun-
gen dar. Doch wenngleich die Bezeichnungen divergent sind (siehe Tabelle 1), so
sind sie doch alle vor dem Hintergrund globaler Politiknetzwerke zu verzeichnen. Der
aus den Politikwissenschaften stammende Begriff des globalen Politiknetzwerks be-
schreibt das Zusammenwirken von privaten und öffentlichen Akteuren in bestimmten
Politikbereichen.
22
Grundlegend kennzeichnend für globale Politiknetzwerke und
interorganisationale Netzwerke i.A. sind daher die organisations- und sektorübergrei-
fenden Beziehungszusammenhänge.
Tabelle 1 - Interorganisationale Netzwerke
Bezeichnung
Quelle
Global Public Policy Networks
Reinicke / Deng (2000)
Global Action Networks
Waddell (2004)
Multi-stakeholder partnerships
UNCTAD (2004)
Public-private partnerships
BMZ (2006), Hamm (2002)
(Gobal) partnerships
UN (2006b)
Quelle: Eigene Darstellung
Eine der wohl am weitesten verbreiteten Konzeption des Begriffs des globalen Poli-
tiknetzwerks entstand im Rahmen des vom Global Public Policy Institute (GPPI) in
den Jahren 1999-2000 durchgeführten Forschungsprojekt ,,UN Vision Project on
Global Public Policy Networks", welches die Analyse bereits bestehender Politik-
netzwerke zur Aufgabe hatte.
23
So wird bereits 1999 von Benner / Reinicke definiert:
22
Vgl. Nuscheler (2002), S. 292.
23
Das Forschungsprojekt wurde 1999 von der UN Foundation in Auftrag gegeben. Das von Wolfgang
Reinicke geleitete Projekt basierte auf 21 empirischen Einzelfallstudien, aufgrund derer neue Formen
institutioneller Arrangements untersucht wurden. Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. ix bzw. S. 121 f.

Kapitel 2
7
,,Globale Politiknetzwerke bringen in dynamischer, nicht-hierarchischer
Form die von grenzüberschreitenden Problemen betroffenen Akteure zusam-
men, um auf der Basis von Interessen- und Wissensdifferenzen in einem er-
gebnisoffenen Prozess nach tragfähigen Lösungen zu suchen."
24
Diese relativ weit gehaltene Beschreibung zeigt, dass es letztlich vielerlei Ausprä-
gungen von globalen Politiknetzwerken geben kann, wie es sich in der Praxis bisher
auch bestätigt hat. So unterscheiden sich die Netzwerke sowohl in der jeweiligen Zu-
sammensetzung der Akteure, der jeweiligen Zielrichtung und Funktionen als auch
bezüglich des zeitlichen Horizonts.
25
Dass noch keine ausgereiften Typologien in
diesem Zusammenhang bestehen, liegt wohl vor allem an der relativen Neuheit dieser
Governance-Form und den damit verbundenen Defiziten, was die empirische Aufbe-
reitung und Evaluierung dieser sich (teilweise) noch entwickelnden und dynamischen
Netzwerke betrifft. Bisweilen beziehen sich Versuche der Klassifizierung vorrangig
auf Akteure und Funktionen von interorganisationalen Netzwerken.
26
2.2 Akteure
Zwar sind nach Reinicke / Deng globale Politiknetzwerke idealerweise trisektoral
aufgebaut; dies stellt jedoch keine Bedingung dar.
27
Allgemein können folgende mög-
lichen Netzwerk-Akteure identifiziert werden: 1) Der öffentliche Sektor, wobei unter
,,öffentlich" sowohl nationale Regierungen als auch internationale bzw. intergou-
vernementale Organisationen zusammengefasst werden; 2) Der zivilgesellschaftliche
Sektor, dem vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zuzurechnen sind und
3) Der privatwirtschaftliche (for profit) Sektor, der sich primär aus Unternehmen und
deren Verbänden zusammensetzt.
28
24
Benner / Reinicke (1999), S. 29.
25
Vgl. Martens (2004), S. 152.
26
Vgl. Pattberg (2005), S. 589 ff.; Dingwerth (2004), S. 74 ff.; Reinicke / Deng (2000), S. 27 ff.
27
Vgl. Reinicke/Deng (2000), S. 28.
28
Vgl. Reinicke / Deng, S. 28.

Kapitel 2
8
Aus den unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der drei Sektoren ergeben
sich demnach theoretisch sechs verschiedene Ausprägungen hinsichtlich der Akteur-
Zusammensetzung interorganisationaler Netzwerken, die ihrerseits in die Kategorien
öffentlich-privat und privat unterteilt werden können:
Tabelle 2 - Akteure interorganisationaler Netzwerke
Öffentlich-private Zusammensetzung
Private Zusammensetzung
1) Trisektoral
4) Unternehmen ­ NGO(s)
2) Regierung(en) / Intergouvernementale
Organisation(en) ­ Unternehmen
5) Unternehmen ­ Unternehmen
3) Regierung(en) / Intergouvernementale
Organisation(en) ­ NGO(s)
Quelle: Eigene Darstellung
Konstellation 5), also Netzwerke deren Akteure ausschließlich Unternehmen sind,
spiegeln letztendlich das Konzept der freiwilligen Selbstregulierung von Unterneh-
men wieder.
29
Streng genommen müsste auf die Aufführung von Konstellation 5)
verzichtet werden, da es sich dabei um keine Koregulierung handelt bzw. um keine
sektorübergreifende
30
Zusammensetzung von Akteuren. Da als ein konstituierendes
Merkmal interorganisationaler Netzwerke u.a. die Beteiligung unterschiedlicher Sek-
toren/Akteure identifiziert wurde, kann daher bezüglich der Konstellation 5) nicht
von einem interorganisationalen Netzwerk gesprochen werden; dies trifft lediglich
auf die Konstellationen 1) - 4) zu. Weiterhin handelt es sich bei Konstellation 4) zwar
um ein interorganisationales Netzwerk, allerdings zählt dies, wie Konstellation 5)
auch, zur ,,Private Governance,"
31
innerhalb derer lediglich private Akteure beteiligt
sind. Im Falle der Konstellationen 1) - 3) handelt es sich demnach um ,,Public-Private
Governance," da sowohl öffentliche als auch nicht-öffentliche Akteure zusammen-
treffen.
29
Vgl. Utting (2004), S. 99 ff.
30
Unter sektorübergreifend wird hier nach wie vor das Zusammenwirken von Sektoren i. S. von öf-
fentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren verstanden. Es ist keine sektorübergreifende
Zusammensetzung i. S. von Unternehmensbranchen bzw. -sektoren gemeint.
31
Ausführlich zur Differenzierung von ,,private" Governance und ,,public-private" Governance vgl.
Pattberg (2005), S. 589 ff. oder auch Pattberg (2004), S. 146 ff.

Kapitel 2
9
2.3 Funktionen
Reinicke/Deng haben innerhalb ihrer Studie sechs Hauptfunktionen von interorgani-
sationalen Netzwerken identifiziert; dabei können Netzwerke sowohl nur eine Funk-
tion als auch mehrere bzw. alle Funktionen erfüllen.
32
Hinsichtlich der Funktion des Agenda-Setting verfolgen Netzwerke das Ziel, neue
und/oder vernachlässigte Themen auf die weltpolitische Tagesordnung zu bringen,
um somit Aufmerksamkeit für einen oder mehrere Problembereiche zu erzeugen. Bis
zu einem gewissen Grad erfüllt jedes Netzwerk diese Funktion; lediglich für soge-
nannte ,,transnational advocacy networks"
33
stellt das Agenda-Setting die primäre
Zielsetzung dar. Als ein bekanntes Beispiel für ein advocacy network wäre die Inter-
nationale Kampagne zum Verbot von Landminen (International Campaign to Ban
Landmines, ICBL)zu nennen.
34
Eine weitere Funktion von Netzwerken besteht in der Ausarbeitung und dem Setzen
globaler Regeln und Standards. Aufgrund der einhergehenden Komplexität bezüglich
des Verhandelns und Setzens von globalen Standards und aus Gründen der Fairness
und Repräsentativität, sind diese Netzwerke meist trisektoral aufgebaut, d.h. Akteure
bzw. Stakeholder aller Sektoren sind idealerweise involviert. Sowohl die Weltstau-
dammkommission (World Commission on Dams, WCD) als auch die Global Repor-
ting Initiative (GRI) sind prominente Beispiele für Netzwerke dieser Art.
35
Das Sammeln bzw. Bündeln von Wissen und dessen Verbreitung stellt eine dritte
Funktion von Netzwerken dar. Besonders bedeutend in diesem Zusammenhang ist
dabei der gegenseitige Austausch und das Teilen von bereits vorhandenem Wissen,
was durch die Revolution der Informationstechnologie wesentlich erleichtert wird, da
diese auf einem schnellen und immer kostengünstigeren Weg das Sammeln und den
32
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xiii.
33
Ausführlich, insbesondere bezüglich der Instrumente und Funktionsweise von advocacy networks
vgl. Reinicke / Deng (2000), S. 31 ff.
34
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xiii bzw. S. 31 ff. sowie Witte / Reinicke (2005) und Dingwerth
(2004), S. 75.
35
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xiii f. bzw. 36 ff. und Dingwerth (2004), S. 76.

Kapitel 2
10
Austausch von Informationen ermöglicht. Exemplarisch für ein solches Netzwerk ist
die Consultative Group on International Agricultural Research (CGIAR), oder auch
die Roll Back Malaria (RBM) Initiative.
36
Weiterhin können Netzwerke eine kommerzielle Funktion besitzen, indem sie neue
Märkte schaffen bzw. erschließen und Märkte vertiefen, wenn vorhandene Marktme-
chanismen nicht oder nicht ausreichend greifen. Politiknetzwerke fungieren in diesen
Fällen als Bereitsteller öffentlicher Güter und schließen damit die durch das Markt-
versagen entstandene Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Beispielhaft können
hier das Medicines for Malaria Venture (MMV), durch welches ökonomische Anreize
für Pharmaunternehmen geschaffen werden sollen, Impfstoffe für Entwicklungsländer
zu entwickeln sowie die von NGOs, internationalen Organisationen und Banken initi-
ierten Mikrokredit-Netzwerke.
37
Einige Netzwerke konzentrieren sich auf die Implementierung zwischenstaatlicher
Verträge und Vereinbarungen. Dies sind typischerweise trisektoral aufgebaute Netz-
werke, die zur effektiven Umsetzung bestehender Abkommen beitragen sollen, indem
sie die Teilnahmebereitschaft und den Umsetzungswillen der Akteure forcieren. Die
Global Environment Facility (GEF) zeigt exemplarisch, wie eine zwischenstaatliche
Regelung mit einem Netzwerk zu deren Implementierung verbunden werden kann.
Durch die Einbettung des zwischenstaatlichen Abkommens in ein trisektorales Netz-
werk, wird eine effektivere Umsetzung von Projekten im Bereich des Umweltschut-
zes ermöglicht.
38
Schlussendlich wird Netzwerken die Fähigkeit zugeschrieben, die sogenannte Parti-
zipationslücke (participatory gap) zu schließen, da eine Vielfalt von Akteuren in den
Netzwerken interagieren. Erfolgreiche Netzwerke erleichtern die soziale Interaktion
zwischen Individuen und Organisationen, die vormals u.U. rein antagonistisch ge-
prägt war, helfen gegenseitiges Vertrauen zu erhöhen und begünstigen damit den
Aufbau von ,,globalem Sozialkapital." Das Partizipationsdefizit der inter- bzw. trans-
36
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xiv bzw. 47 ff. und Reinicke / Witte (2005).
37
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xiv f. bzw. 52 ff.
38
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xv bzw. 57 ff.

Kapitel 2
11
nationalen Politik kann nach Reinicke / Deng durch globale Politiknetzwerke verrin-
gert werden und so zu einer wirksameren Global Governance, im Sinne einer Steige-
rung der Legitimität und Effektivität, beitragen.
39
2.4 Kernprobleme
Wie oben bereits erwähnt, erwarten Befürworter globaler Politiknetzwerke einen Bei-
trag zur Steigerung der Legitimität bezüglich des ,,Regierens jenseits des National-
staates"
40
und zugleich auch eine Steigerung der Effektivität hinsichtlich ihres Bei-
trags zur Lösung globaler Probleme.
41
Tatsächlich ist es jedoch kritisch zu hinterfra-
gen, ob und inwieweit diese Form der Governance wirklich effektiv ist bzw. sein
kann und inwieweit eine Legitimationsgrundlage besteht bzw. wie eine solche be-
gründet werden könnte. Ohne hier vorgreifen zu wollen, ist ein essentieller Punkt in
diesem Zusammenhang, was letztendlich unter legitimen und effektivem Regieren
jenseits des Nationalstaates verstanden wird.
In Anlehnung an die Demokratietheorie wird das Legitimationsproblem von Global
Governance und Politiknetzwerken als eine Form dieser, kontrovers diskutiert und
stellt damit nach wie vor einen Kernpunkt der Governance-Diskussion dar.
42
Unter-
schiedliche Sichtweisen und neuere Entwicklungen in der Demokratietheorie bezüg-
lich der legitimen und effektiven Gestaltung, der im Zuge der Globalisierung hervor-
getretenen globalen Probleme, durch Global Governance sehen sich mehr denn je
einem erheblichen Forschungs- und Diskussionsbedarf gegenüber.
43
Doch obwohl
kein kohärentes Konzept existiert, gibt es hier demokratietheoretisch fundierte Ansät-
ze, die Kriterien zur Beurteilung der Legitimität und auch der Effektivität von Poli-
tiknetzwerken bereitstellen.
44
39
Vgl. Reinicke / Deng (2000), S. xv bzw. S. 22 ff. , S. 61 ff. sowie Dingwerth (2004), S. 77.
40
Die Formulierung des "Regierens jenseits des Nationalstaates" wurde maßgeblich von Zürn und
dessen gleichnamigen Buch geprägt, vgl. Zürn (1998). Letztendlich verweist die Formulierung auf die
Tatsache, dass neue Governance-Formen, wie z.B. globale Politiknetzwerke, Aufgaben wahrnehmen,
die zuvor der ausschließlichen der Regulierung durch die Nationalstaaten vorbehalten war.
41
Vgl. Dingwerth (2003), S. 9 sowie Reinicke / Deng (2000), S. 9.
42
Vgl. Messner / Nuscheler (2003), S. 33 ff. sowie Dingwerth (2004), S. 86 f.
43
Vgl. Messner / Nuscheler (2003), S. 40.
44
Auf die Kriterien wird ausführlich in Kapitel 5 eingegangen.

Kapitel 2
12
Auch kann nicht pauschal beantwortet werden, ob Politiknetzwerke per se legitim
und effektiv sind. Allein die Tatsache, dass die vielfältig existierenden Netzwerke, die
sich u.a. erheblich in ihrem institutionellen Aufbau, ihren Aktivitäten und ihrem Er-
folg unterscheiden, kein homogenes Konstrukt abbilden, macht eine differenzierte
Betrachtung erforderlich. Aufgrund der Spezifität der verschiedenen Netzwerke
scheint es daher sinnvoll und angebracht, jeweils die Charakteristika eines einzelnen
Netzwerks zu untersuchen, um Schlüsse bezüglich dessen Legitimität und Effektivität
ziehen zu können. Im folgendem dient hier der Global Compact als Untersuchungsob-
jekt.

Kapitel 3
13
3.
Das Netzwerk Global Compact
Mehr als sechs Jahre nach der offiziellen Gründung hat sich der Global Compact zum
weltweit größten Netzwerk entwickelt, in dessen Mittelpunkt das verantwortungsvol-
le Handeln von Unternehmen (CSR) steht.
45
Der, auf Initiative des 1997 ins Amt ge-
kommene UN-Generalsekretärs Kofi Annan, gegründete Global Compact spiegelt
zugleich den tiefgreifenden Wandel der Beziehungen zwischen den UN und nicht-
staatlichen Akteuren wieder. Die seit den neunziger Jahren anhaltenden Bemühungen
der UN, sowohl Unternehmen als auch zivilgesellschaftliche Organisationen in ihre
Arbeit mit einzubeziehen, ist vor dem Hintergrund eines neuen Verständnisses hin-
sichtlich der Gestaltung einer Weltordnungspolitik zu sehen.
46
Zum einen wird ein
eingeschränkter Handlungsspielraum (teilweise jedoch auch mangelnde Bereitschaft)
der Nationalstaaten bezüglich der Lösung globaler Probleme konstatiert
47
, zum ande-
ren wird die Notwendigkeit gesehen, die ,,Schlüssel-Akteure" einer sich globalisier-
enden Welt, wie die Unternehmen und NGOs, aktiv an der Gestaltung politischer
Ergebnisse einzubeziehen.
48
So formuliert Annan:
,,The United Nations once dealt only with governments. By now we know that
peace and prosperity cannot be achieved without partnerships involving gov-
ernments, international organizations, the business community, and civil soci-
ety."
49
Auch der Millennium Report des Generalsekretärs, ,,We, the Peoples: The Role of the
United Nations in the 21st Century", verdeutlicht die zunehmende Bedeutung von
Politiknetzwerken sowie die Rolle der UN als deren Wegbereiter:
"Formal institutional arrangements may often lack the scope, speed and in-
formal capacity to keep up with the rapidly changing global agenda. Mobiliz-
ing the skills and other resources of diverse global actors, therefore, may in-
creasingly involve forming loose and temporary global policy networks that
cut across national, institutional and disciplinary lines. The United Nations is
45
Vgl. Körting (2006), S. 10.
46
Vgl. Martens (2003), S. 150.
47
Vgl. Martens (2003), S. 150.
48
Vgl. Kell / Ruggie (1999).
49
Annan (1998).

Kapitel 3
14
well situated to nurture such informal "coalitions of change" across our vari-
ous areas of responsibility."
50
Die Annäherung zwischen der UN und dem Unternehmenssektor hat in den letzen
Jahren zu einem sprunghaften Anstieg von ,Partnerschaften'
51
geführt, innerhalb de-
rer die UN mit privaten Akteuren zusammenarbeitet und die recht unterschiedliche
Formen annehmen können.
52
Der Global Compact stellt dabei die größte Partner-
schaftsinitiative bzw. das größte Netzwerk dar.
Diese Öffnung der UN auch für die Privatwirtschaft und deren Einbeziehung in die
Gestaltung von Problemlösungen auf globaler Ebene wird dennoch nicht durchweg
positiv beurteilt. Das ,,neue" Verhältnis zwischen den UN und der Wirtschaft, das
über Jahrzehnte hinweg eher antagonistisch geprägt war,
53
muss sich zuweilen Kritik
gefallen lassen.
54
3.1 Zur
Entstehungsgeschichte
Die Grundlage für die Entstehung des Global Compact wurde maßgeblich durch die
Amtsübernahme Annans zum Generalsekretär den UN gelegt, da dieser, wie bereits
erwähnt, als Initiator der Neugestaltung bezüglich des UN-Verhältnisses zur Wirt-
schaft gesehen werden kann.
55
Bereits in den Jahren 1997 und 1998 betonte Annan in
seinen Reden vor dem Weltwirtschaftsforum, ein jährlich stattfindendes Treffen von
Topmanagern multinationaler Unternehmen in Davos (CH), die Rolle der Privatwirt-
schaft im globalen Kontext und die zunehmende Bedeutung einer Integration dieser
in die Arbeit der UN.
56
Der eigentliche Entstehungszeitpunkt des Global Compact,
wenn auch nicht sein offizielles Gründungsdatum, geht auf die dritte Rede Annans
50
United Nations (2000), S. 14.
51
Die UN verwenden vorwiegend den Begriff ,partnership', also Partnerschaft, um die interorganisati-
onale Zusammenarbeit mit privaten Akteuren zu beschreiben.
52
Zu den verschiedenen Formen von Partnerschaften, die sich innerhalb der UN entwickelt haben, vgl.
Martens (2003), S. 152 sowie United Nations (2005), S. 3 ff.
53
Zum Wandel des Verhältnises von den UN und dem Unternehmenssektor vgl. Paul (2001), S. 104 ff.
und Kell (2005), S. 70 f.
54
Dazu vgl. u.a. Bennis (2001), S. 130 ff., Paul (2001), S. 104 ff., Zammit (2004), S. 60 ff.
55
Vgl. McIntosh et al. (2003), S. 130 f.
56
Vgl. Schorlemer (2003), S. 510 f. sowie Habisch (2003), S. 174.

Kapitel 3
15
vor dem Weltwirtschaftsforum am 31. Januar 1999 zurück, indem er den dort ver-
sammelten Unternehmensvertretern vorschlug, einen ,,global compact of shared va-
lues and principles"
57
zwischen den UN und der Wirtschaft zu gründen.
58
In seiner
Rede warnte Annan:
,,The spread of markets outpaces the ability of societies and their political sys-
tems to adjust to them, let alone to guide the course they take. History teaches
us that such an imbalance between the economic, social and political worlds
can never be sustained for very long."
59
Der Global Compact solle daher dazu beitragen, diese globalen Regelungslücken zu
schließen, um damit eine gerechtere und nachhaltigere Weltwirtschaft zu fördern. Als
Reaktion auf die Ungleichheiten der Globalisierung könne der Global Compact ein
Weg sein, ,,[to] give a human face to the global market,"
60
indem er einen Rahmen
biete, globale Sozial- und Umweltstandards zu implementieren und zwar unter aktiver
Mitwirkung des Unternehmenssektors und der Zivilgesellschaft.
61
Annans Rede bildete den Grundstein für die weitere Konzeptionierung des Global
Compact, die in den folgenden eineinhalb Jahren in mehreren Etappen und unter der
Mitwirkung und Zusammenarbeit der verschiedenen Teilnehmer erst entwickelt wur-
de.
62
So fanden nacheinander mehrere Gespräche und Treffen zwischen den Global
Compact Repräsentanten und UN Agenturen, Wirtschaftsverbänden, Führungskräften
sowie Gewerkschaften und NGOs statt, die sich mit den Möglichkeiten der Ausge-
staltung des Global Compact beschäftigten.
63
Im Juni 2000 kam es dann zum ersten
Treffen aller Teilnehmergruppen; auf diesem wurde im wesentlichen die Rolle der
verschiedenen Akteure definiert und die Zulassungsvoraussetzungen für Unterneh-
men zur Teilnahme am Global Compact festgelegt. Außerdem sollten Dialog, Lernen
und Projekte die operationalen Komponenten des Global Compact sein.
64
In An-
57
Annan (1999).
58
Vgl. Schorlemer (2003), S. 511 f. und Zammit (2004), S. 48.
59
Annan (1999).
60
Annan (1999).
61
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 6 f. sowie Brinkmann / Pies (2003), S. 4.
62
Vgl. Schorlemer (2003), S. 510 ff.
63
Ausführlich zu den verschiedenen Treffen während der Entwicklungsphase des Global Compact bis
hin zu seiner offiziellen Gründung vgl. Kell / Levin (2002), S. 6 ff.
64
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 9.

Kapitel 3
16
schluss an diesen gemeinsam erarbeiteten Grundkonsens, folgte dann am 26. Juli
2000 die offizielle Gründung des Global Compact in New York, zu dessen Grün-
dungsmitgliedern über 40 Großunternehmen und mehrere Gewerkschaften und NGOs
zählen.
65
Im Herbst 2000 wurde schließlich das Global Compact Büro in New York
eingerichtet, welches dem Generalsekretär direkt unterstellt ist und das zentrale Ko-
ordinationsinstrument des Global Compact Netzwerks darstellt.
66
Seitdem hat sich der
Global Compact kontinuierlich evolviert, wobei vor allem die Änderungen bezüglich
seiner Governance-Strukturen im September 2005 von Bedeutung sind (Kapitel 3.6).
3.2
Ziele und Inhalte
Offizielles Ziel des Global Compact ist es, das verantwortungsvolle Engagement von
Unternehmen zu fördern, da diese als Teil der Lösung bezüglich der Herausforderun-
gen der Globalisierung begriffen werden.
67
Auf dem Wege der kollektiven Zusam-
menarbeit zwischen Privatwirtschaft, UN und zivilen Akteuren sei es möglich die
Vision des Generalsekretärs, eine nachhaltigere und gerechtere Weltwirtschaft, zu
realisieren.
68
Dies soll zum einen durch die Eingliederung der zehn Prinzipien in die
unternehmerischen Geschäftsaktivitäten weltweit, zum anderen durch die Akzelerati-
on von Aktionen zur Unterstützung der UN-Ziele gewährleistet werden.
69
Um ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, sind Unternehmen daher im Rah-
men des Global Compact dazu aufgefordert, in ihrer Unternehmensführung zehn
Grundsätze aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und
Korruption zu fördern. Die ursprünglich nur neun Prinzipien basieren im Wesentli-
chen auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, den von der In-
ternational Labor Organization (ILO) verabschiedeten grundlegenden Grundsätzen
und Rechten bei der Arbeit, den Grundsätzen der Rio Konferenz über Umwelt und
65
Vgl. Schorlemer (2003), S. 508. Die deutschen Gründungsmitglieder sind Aventis, Bayer, BASF,
BMW, DaimlerChrysler, Deutsche Bank, Gerling und SAP, vgl. DGVN (2002).
66
Vgl. Rieth (2004), S. 154.
67
Vgl. Annan (1999).
68
Vgl. Global Compact (2006b).
69
Vgl Global Compact (2006b), sowie ausführlich zu den UN-Zielen vgl. United Nations (2006a).

Kapitel 3
17
Entwicklung von 1992 (vor allem der Agenda 21), sowie auf den Grundsätzen des
Weltsozialgipfels in Kopenhagen von 1995, die 1999 von der ILO bestätigt wurden.
70
Erst im Juni 2004 wurde das zehnte Prinzip zur Korruptionsbekämpfung aufgrund
intensiver Lobbyarbeit von Transparency International (TI) in den Global Compact
aufgenommen;
71
zugrundeliegendes Dokument hier ist die UN Konvention gegen
Korruption.
Die 10 Prinzipien des Global Compact:
72
Menschenrechte
Prinzip 1: Unternehmen sollen den Schutz der internationalen Menschenrechte inner-
halb ihres Einflussbereichs unterstützen und achten und
Prinzip 2: sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschul-
dig machen.
Arbeitsnormen
Prinzip 3: Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerken-
nung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren sowie ferner für
Prinzip 4: die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit,
Prinzip 5: die Abschaffung der Kinderarbeit und
Prinzip 6: die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Beschäftigung
eintreten.
Umweltschutz
Prinzip 7: Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen einen vorsorgen-
den Ansatz unterstützen,
Prinzip 8: Initiativen ergreifen, um ein größeres Verantwortungsbewusstsein für die
Umwelt zu erzeugen und
Prinzip 9: die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien för-
dern.
Korruptionsbekämpfung
Prinzip 10: Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption eintreten, ein-
schließlich Erpressung und Bestechung.
70
Vgl. Global Compact (2006a); Schorlemer (2003), S. 524; Kell / Ruggie (1999).
71
Vgl Hamm (2006), S. 96.
72
Vgl. Global Compact (2006a)

Kapitel 3
18
3.3 Akteure
Folgende Tabelle gibt einen Überblick bezüglich der verschiedenen Akteure des Glo-
bal Compact und die Anzahl in der diese aktuell vertreten sind:
Tabelle 3- Akteure im Global Compact (Stand: Dezember 2006)
73
Akteure
Anzahl
Unternehmen 2963
Wirtschaftsverbände 253
- Globale Wirtschaftsverbände
18
- Lokale Wirtschaftsverbände
235
NGOs 300
- Globale NGOs
42
- Lokale NGOs
258
Gewerkschaften 31
- Globale Gewerkschaften
7
- Lokale Gewerkschaften
24
Wissenschaft 130
Stiftungen 82
Städte 26
Summe
3788
Quelle: Eigene Darstellung
Des weiteren beteiligen sich seitens der UN sechs weitere Institutionen: die ILO, der
Hohe Kommissar für Menschenrechte (OHCHR), das Umweltprogramm der UN (U-
NEP), das Entwicklungsprogramm der UN (UNDP) sowie das UN Büro gegen Dro-
gen und Kriminalität (UNODC) und seit 2003 die UN Organisation für Industrielle
Entwicklung (UNIDO).
74
Zusammen mit dem Global Compact Büro formen sie das
Inter-Agency Team.
75
Auch wenn Regierungen nicht direkt am Netzwerk teilnehmen, so nehmen sie den-
noch eine auxiliare Rolle ein, indem sie u.a. zur Finanzierung, Bekanntmachung und
Erweiterung des Teilnehmerkreises beitragen.
76
Außerdem erfährt der Global Com-
73
Vgl. Global Compact (2006s).
74
Vgl. Global Compact (2006c).
75
Ausführlicher zur Funktion und Bedeutung des Inter-Agency Teams, siehe Kapitel 3.6.4.
76
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 12.

Kapitel 3
19
pact insofern Unterstützung und politische Anerkennung durch die Regierungen, als
dass diese durch die Verabschiedung der bisher alle zwei Jahre eingebrachten Resolu-
tionen ,,Towards Global Partnerships" in der UN-Generalversammlung ihre Zustim-
mung zum Global Compact bestätigt haben.
77
Die Aufnahmeregularien
78
des Global Compact sind weitgehend unbürokratisch ges-
taltet. Die Teilnahme ist freiwillig, so dass sich prinzipiell jedes Unternehmen dem
Netzwerk anschließen kann. Durch die ,,Guidelines on Cooperation between the
United Nations and the Business Community" vom 17. Juli 2000 sind lediglich Un-
ternehmen, die in Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind, Zwangs- oder Kin-
derarbeit tolerieren, in den Verkauf oder die Herstellung von Landminen involviert
sind oder gegen relevante Verpflichtungen bzw. Verantwortlichkeiten der UN versto-
ßen grundsätzlich von der Teilnahme ausgeschlossen.
79
Ansonsten genügt es für Un-
ternehmen, die in den Global Compact aufgenommen werden möchten, dass der Vor-
stand in einem persönlichen Brief an den Generalsekretär den Beitrittswunsch des
Unternehmens äußert und eine eindeutige Unterstützungserklärung für den Global
Compact und seine Prinzipien abgibt.
80
Weiterhin wird erwartet, dass Unternehmen
Anstrengungen unternehmen, die zehn Prinzipien in ihre Strategie, Kultur und Ge-
schäftsaktivitäten einzubinden bzw. zu integrieren sowie sich öffentlich zum Global
Compact und seinen Prinzipien zu bekennen.
81
Als vierter und letzter Punkt wird von
Unternehmen zusätzlich erwartet, einmal jährlich - entweder im Rahmen ihres Ge-
schäftberichts oder einem vergleichbaren Jahresberichts (z.Bsp. Nachhaltigkeitsbe-
richt)- über den Stand, Fortschritt und die Erfahrungen bezüglich der Umsetzung der
Prinzipien zu berichten.
82
Diese Fortschrittsmitteilungen, sogenannte ,,Communicati-
77
Vgl Körting (2006), S. 14. Erstmals Erwähnung und Anerkennung fand der Global Compact in der
Resolution A/RES/56/76 "Towards Global Partnerships" vom 11.12.01, die auch mit Unterstützung
wichtiger Staaten der Dritten Welt verabschiedet werden konnte, vgl. Habisch (2003), S.179. Zu den
weiteren Resolutionen A/RES/58/129 und A/RES/60/215 vgl. Global Compact (2006d).
78
Auf die Teilnahmevoraussetzungen der anderen Stakeholder wird im Rahmen von Kapitel 5 einge-
gangen.
79
Vgl. United Nations (2006b).
80
Vgl. Global Compact (2006e) und Hamm (2006), S. 99.
81
Vgl. Global Compact (2006e).
82
Vgl. Global Compact (2006e).

Kapitel 3
20
on on Progress (COP)", sollen auf der Homepage des Global Compact zugänglich
gemacht werden.
83
3.4 Zum
Selbstverständnis
Der Global Compact kann als ,,strategische Idee" begriffen werden, die sich kontinu-
ierlich weiterentwickelt.
84
Als ein weites Netzwerk lose gekoppelter Teilnehmer stellt
der Global Compact weder ein verbindliches Regelwerk, noch einen Verhaltenskodex
für Unternehmen dar; vielmehr handelt es sich um eine wertorientierte Plattform
(,,value-based platform") deren Ziel die Förderung institutionellen Lernens in infor-
mellen und unbürokratischen Strukturen ist.
85
Schon zur Initiierung des Global Com-
pact wurde vereinbart, dass die Idee des Lernens das zentrale Instrument des Paktes
werden sollte, um im Zuge dessen eine Verbesserung der unternehmenspolitischen
Praxis im Sinne der Umsetzung der zehn Prinzipien zu fördern.
86
Als Dialog- und
Lernforum konzipiert stellt der Global Compact ein nicht-hierarchisches bottom-up
Model multilateraler Kooperation dar,
87
welches die verschiedenen Akteure auf frei-
williger Basis zusammenbringt. Durch die angestrebte Generierung von kollektivem
und gegenseitigem Verstehen soll der Global Compact ein Ort für die Entstehung
sozialer Lernprozesse sein, um letztendlich Veränderungen der Denkrichtungen und
Wandel im Verhalten der Akteure voranzutreiben.
88
Kell und Levin sprechen in die-
sem Zusammenhang von Netzwerk-Lernen (,,network learning") und organisationa-
lem Lernen (,,organizational learnig"), wobei Netzwerk-Lernen als das Lernen durch
und innerhalb von Gruppen (im Gegensatz zu individuellem Lernen) begriffen wird;
organisationales Lernen hingegen vollzieht sich immer dann, wenn Organisationen
neue Strukturen, Routinen oder Strategien institutionalisieren, die Veränderungen im
Verhalten nach sich ziehen.
89
Sowohl auf der Ebene des Netzwerks als auch der orga-
83
Vgl. Global Compact (2006f).
84
Vgl. Kell / Levin (2003), S. 154.
85
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 2
86
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 9.
87
Vgl. Thérien / Pouliot (2006), S. 57.
88
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 14, 31.
89
Vgl. Kell / Levin (2003), S. 159.

Kapitel 3
21
nisationalen Ebene kann dabei sowohl kognitives als auch verhaltensbezogenes Ler-
nen generiert werden.
90
Der Global Compact versteht sich also als eine spezifische Art eines interorganisatio-
nalen Netzwerks, welches auch als ,,Lern-Netzwerk"
91
klassifiziert werden kann. Be-
wusst wurde der Global Compact nicht als rechtlich bindendes bzw. regulatives In-
strument konzipiert, dies vor allem um potentiellem Widerstand von Seiten der Un-
ternehmen zu begegnen.
92
Zugleich wird betont, dass der Global Compact weder poli-
tische, noch rechtliche Maßnahmen von Regierungen ersetzen will oder soll, sondern
vielmehr als ein komplementäres Werkzeug zur Durchsetzung bereits existierender
Normen, welches Regierungshandeln unterstützend ergänzt, zu sehen ist.
93
Der An-
satz der freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen zur Umsetzung bzw. akti-
ven Förderung der zehn Prinzipien des Global Compact und die Bedeutung des Ler-
nens sind somit das konstitutive Fundament des Netzwerks.
94
Den UN kommt im
Rahmen des Global Compact dabei vor allem die Rolle des Impulsgebers und Mode-
rators zu,
95
in dem sie eine Plattform für die verschiedenen nicht-staatlichen Akteure
bietet, innerhalb derer Dialog- und Lernprozesse initiiert und gefördert werden und so
die Grundlage für einen inkrementalen, aber umfassenden Veränderungsprozess bil-
den, der zur Konsensbildung bezüglich komplexer sozialer und umweltpolitischer
Themen beitragen und letztendlich ein gemeinsames Handeln in diesen Belangen
ermöglichen soll.
96
90
Vgl. Kell / Levin (2003), S. 159.
91
Nach Kell / Levin (2002) können globale Politiknetzwerke generell als Lern-Netzwerke aufgefasst
werden, vgl. S. 14. Lern-Netzwerke können als ,,groups of organizations that interact with the express
purpose of learning together, from one another and through their interaction" definiert werden, vgl.
Knight (2002) zit. in Kell / Levin (2002), S. 14.
92
Vgl. Rieth (2004), S. 155. Vorherige Versuche, verbindliche Regeln für Unternehmen auszuarbeiten,
beispielsweise im 1993 aufgelösten UN Centre on Transnational Corporations (CTC), sind bisher ge-
scheitert, vgl. Kell (2005), S. 70.
93
Vgl. Fitschen (2003), S. 71 sowie Kell (2005), S. 74.
94
Vgl. Körting (2006), S. 10.
95
Vgl. Brinkmann / Pies (2003), S. 5, 23.
96
Vgl. Kell / Levin (2002), S. 31.

Kapitel 3
22
3.5
Aktivitäten zur Umsetzung der Prinzipien
Unternehmen haben diverse Möglichkeiten, sich am Global Compact zu beteiligen;
grundsätzlich stehen die Beteiligungsmöglichkeiten allen Teilnehmern offen.
97
Die
zentralen Aktivitäten zur Umsetzung der Prinzipien konzentrieren sich im Wesentli-
chen auf fünf Elemente: das Lernforum, verschiedene Dialogprozesse (Sachgesprä-
che), Projekte bzw. Partnerschaften, die Bildung und Gestaltung von nationalen
Netzwerken sowie Führung; auf diesem Wege soll ein ,,positiver Wandel" inspiriert
werden.
98
Auch wenn jedes Element eine spezifische Rolle wahrnimmt, so ist doch
allen Elementen (mit Ausnahme des Elements Führung) die Zielsetzung gemein, mit-
tels offener Konversation und unter Einbezug aller Teilnehmergruppen (Stakeholder),
Lernprozesse hinsichtlich der Veränderung von Unternehmenspraktiken zu induzie-
ren.
99
Folgende Abbildung gibt einen Überblick bezüglich der Instrumente zur Um-
setzung des Global Compact:
97
Vgl. Global Compact (2006e)
98
Vgl. Kell (2004).
99
Vgl. McIntosh (2003), S. 180 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836606424
DOI
10.3239/9783836606424
Dateigröße
735 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg – Wirtschaftswissenschaften, Internationales Management
Erscheinungsdatum
2007 (November)
Note
1,3
Schlagworte
global compact multinationales unternehmen soziale verantwortung united nations corporate social responsibility public-private-partnership globalisierung
Zurück

Titel: Analyse des globalen interorganisationalen Netzwerks 'Global Compact' als Instrument von Corporate Social Responsibility
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
133 Seiten
Cookie-Einstellungen