Lade Inhalt...

Basel II und Rating

Anforderungen an die Kreditinstitute und Möglichkeiten der Mandantenunterstützung durch die Steuerberater zur Optimierung des Ratings

©2007 Diplomarbeit 95 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Kreditinstitute spielen eine besondere Rolle in modernen Volkswirtschaften. Sie sind nicht nur Mittler zwischen Kreditnehmern und Einlegern, sondern stellen darüber hinaus vielfältige nicht bilanzwirksame Finanzdienstleistungen zur Verfügung.
Dabei ist der professionelle Umgang mit Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und anderen Risiken eine der wichtigsten Leistungen von Finanzintermediären. Solche Risiken dürfen jedoch nicht zu Instabilitäten im Finanzsektor führen. Über die eigene Risikovorsorge der Institute hinaus wurden deshalb besondere Aufsichtsregeln für Kreditinstitute geschaffen, unter denen die Eigenkapitalregeln eine herausragende Rolle einnehmen.
In einem seit 1999 andauernden Prozess wurden die Eigenkapitalregeln durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht grundlegend überarbeitet und sind zum 01. Januar 2007 in Kraft getreten. Zentrales Element ist die auf Grundlage von Ratings der Kreditnehmer basierende individuelle Eigenkapitalunterlegung.
Gang der Untersuchung:
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, neben der Erläuterung der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung, deren nationale Umsetzung und der sich daraus ergebenden Anforderungen und Auswirkungen für die Banken auch den Ratingprozess an sich sowie Möglichkeiten der Ratingverbesserung anhand von Beispielen und die Rolle des Steuerberaters in diesem Zusammenhang darzustellen.
Beginnend im folgenden Abschnitt sollen zunächst Inhalte und Aufbau der neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung vorgestellt werden.
In Abschnitt 2 und 3 wird auf die nationale Umsetzung und die sich daraus ergebenden Anforderungen in Form der MaRisk sowie die Auswirkungen auf die Eigenkapitalunterlegung, die Kreditzinskalkulation und das Risikomanagement der Banken eingegangen.
Welche Kriterien die Banken im Rahmen der Bonitätsprüfung anwenden, wird am Beispiel des Ratingverfahrens der Sparkassenorganisation in Abschnitt 4 dargestellt. Aspekte externer und interner Ratings aus Unternehmenssicht sind Gegenstand des 5. Abschnittes.
In Abschnitt 6 wird der Frage nachgegangen, ob der Steuerberater aufgrund seiner Ausbildung geeignet ist, eine qualifizierte Ratingberatung anzubieten. Außerdem wird auf die Tätigkeitsfelder der Ratingberatung und die für die Steuerberater bestehenden rechtlichen Grenzen sowie Anforderungen an die Erstellung von Jahresabschlüssen zur Vorlage bei den Banken eingegangen.
Im 7. Abschnitt werden Hinweise zur Vorbereitung auf das Rating und zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Michael Kelm
Basel II und Rating
Anforderungen an die Kreditinstitute und Möglichkeiten der Mandantenunterstützung
durch die Steuerberater zur Optimierung des Ratings
ISBN: 978-3-8366-0568-7
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Merseburg, Merseburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...II
Abbildungsverzeichnis...III
Abkürzungsverzeichnis...IV
1.
Einleitung und Überblick über Basel II ... 1
1.1.
Historie: von Basel I zu Basel II ... 2
1.2.
Das Drei-Säulen-Modell des neuen Baseler Akkords... 4
1.2.1.
Mindesteigenkapitalanforderungen... 5
1.2.2.
Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess - "Supervisory Review
Process" (SRP) ... 6
1.2.3.
Erweiterte Offenlegungspflichten ... 7
2.
Nationale Umsetzung ... 8
2.1.
Mindestanforderungen an das Risikomanagement der
Kreditinstitute (MaRisk) ... 9
2.1.1.
Allgemeine Anforderungen... 10
2.1.2.
Anforderungen an die Organisation des Kreditgeschäftes... 11
2.1.3.
Risikoklassifizierungsverfahren... 12
2.1.4.
Identifizierung, Steuerung und Überwachung der Kreditrisiken ... 13
3.
Bedeutung/Auswirkung für die Banken... 15
4.
Das Ratingsystem der Sparkassenorganisation... 19
4.1.
Aufbau... 20
4.2.
Ermittlung des Kreditzinssatzes... 24
5.
Rating aus Sicht des Unternehmens... 28
6.
Der Steuerberater als Ratingberater ... 30
6.1.
Qualifikation des Steuerberaters ... 31
6.2.
Rechtliche Grenzen der Ratingberatung ... 33
6.3.
Erstellung des Jahresabschlusses mit/ohne Prüfungshandlungen ... 35
6.4.
Vier Handlungsfelder der Ratingberatung ... 37
7.
Unterstützung durch den Steuerberater... 40
7.1.
Vorbereitung auf das Rating ... 40
7.1.1.
Auswahl der Bank ... 40
7.1.2.
Benötigte Unterlagen ... 42
7.1.3.
Qualitative Unternehmensbewertung... 46
7.2.
Optimierung des Ratings... 50
7.2.1.
Kurzfristige Optimierungsmöglichkeiten... 50
7.2.1.1. Abbau von Vorräten... 50
7.2.1.2. Forderungsmanagement ... 51
7.2.1.3. Ausnutzung von Skonti... 52
7.2.1.4. Abschluss geeigneter Versicherungen/Überprüfung des
Versicherungsschutzes ... 52
7.2.1.5. Beziehung zur Bank ... 54
7.2.2.
Langfristige Optimierungsmöglichkeiten ... 55
7.2.2.1. Reduzierung des Anlagevermögens... 55
7.2.2.2. Umschuldung ... 56
7.2.2.3. Eigenkapitalstärkung... 57
7.2.2.4. Aufbau eines Risikomanagementsystems ... 58
7.2.2.5. Qualitätsmanagement... 58

III
7.2.2.6. Nachfolgeregelung ... 59
7.3.
Finanzierungsalternativen ... 60
7.3.1.
Leasing ... 61
7.3.2.
Factoring ... 62
7.3.3.
ABS-Transaktionen (Asset-Backed-Securities)... 63
7.3.4.
Private Equity (Beteiligungsfinanzierungen)... 64
7.3.5.
Mezzanine-Finanzierungen ... 65
7.3.6.
Fördermittel... 66
8.
Abschließende Betrachtung ... 67
Anhang
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Drei-Säulen-Modell des Baseler Akkords ... 4
Abb. 2: Grundsätzliche Unterschiede der Eigenkapitalunterlegung
nach Basel I und Basel II... 6
Abb. 3: Nationale Umsetzung von Basel II ... 9
Abb. 4: Gegenüberstellung der Eigenkapitalbelastung nach Basel II u.
bisherigem Grundsatz I ... 16
Abb. 5: Risikodifferenzierte versus risikoundifferenzierte
Kreditzinsgestaltung ... 17
Abb. 6: Vierstufiger Aufbau des Ratingsystems der
Sparkassenorganisation ... 20
Abb. 7: Ratingklassen der Sparkassen mit Ausfallwahrscheinlichkeiten
und der entsprechenden Bedeutung auf der S&P-Skala ... 24
Abb. 8: Beispiel einer Kreditzinskalkulation unter Berücksichtigung des
Ratings und des Ansatzes zur Eigenkapitalunterlegung ... 27
Abb. 9: Tätigkeitsfelder eines Steuerberaters... 33
Abb. 10: Möglichkeiten der Risikobewältigung ... 48

IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
Art.
Artikel
AT
Allgemeiner Teil
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (früher BAKred)
BAKred
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (jetzt BaFin)
BCBS
Basel Commitee of Banking Supervisio (Baseler Ausschuss für
Bankenaufsicht)
BErG
Betriebsergebnis
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BIS
Bank for International Settlements (Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich)
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BOStB
Berufsordnung der Steuerberater
BStBK
Bundessteuerberaterkammer
BStBl.
Bundessteuerblatt
bspw.
beispielsweise
BTO
Besonderer Teil Organisation
BTR
Besonderer Teil Risikosteuerung
BVR
Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken
BVRA
Bundesverband der Rating Advisor
bzw.
beziehungsweise
CF
Cash-Flow
DIHK
Deutscher Industrie- und Handelskammertag
DSGV
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
EAD
Exposure at Default (Kreditvolumen bei Ausfall)
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EK
Eigenkapital
EL
Expected Loss (Erwarteter Verlust)
EU
Europäische Union
(T)EUR
(Tausend)Euro

V
FK
Fremdkapital
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HFA
Hauptfachausschuss (des IDW)
HGB
Handelsgesetzbuch
i. d. R.
in der Regel
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
i. H. v.
in Höhe von
IKB
Industriekreditbank
IRB
Internal Rating Based (auf internen Ratings basierender Ansatz)
i. S. v.
im Sinne von
IT
Informationstechnologie
i. V. m.
in Verbindung mit
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KWG
Kreditwesengesetz
LGD
Loss Given Default (Verlustquote)
MaH
Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften
MaIR
Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
MaRisk
Mindestanforderungen an das Risikomanagement
Nr.
Nummer
PD
Probability of Default (Ausfallwahrscheinlichkeit)
QIS
Quantitative Impact Study (Quantitative Auswirkungsstudie)
RBerG
Rechtsberatungsgesetz
SolvV
Solvabilitätsverordnung
StBerG
Steuerberatungsgesetz
Tz.
Textziffer
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
z. B.
zum Beispiel
ZDH
Zentralverband des Deutschen Handwerkes

1
1.
Einleitung und Überblick über Basel II
Kreditinstitute spielen eine besondere Rolle in modernen Volkswirtschaften. Sie
sind nicht nur Mittler zwischen Kreditnehmern und Einlegern, sondern stellen
darüber hinaus vielfältige nicht bilanzwirksame Finanzdienstleistungen zur Ver-
fügung.
Dabei ist der professionelle Umgang mit Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und ande-
ren Risiken eine der wichtigsten Leistungen von Finanzintermediären. Solche
Risiken dürfen jedoch nicht zu Instabilitäten im Finanzsektor führen. Über die
eigene Risikovorsorge der Institute hinaus wurden deshalb besondere Aufsichts-
regeln für Kreditinstitute geschaffen, unter denen die Eigenkapitalregeln eine
herausragende Rolle einnehmen.
In einem seit 1999 andauernden Prozess wurden die Eigenkapitalregeln durch
den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht grundlegend überarbeitet und sind
zum 01. Januar 2007 in Kraft getreten. Zentrales Element ist die auf Grundlage
von Ratings der Kreditnehmer basierende individuelle Eigenkapitalunterlegung.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, neben der Erläuterung der neuen Baseler Ei-
genkapitalvereinbarung, deren nationale Umsetzung und der sich daraus erge-
benden Anforderungen und Auswirkungen für die Banken auch den Ratingpro-
zess an sich sowie Möglichkeiten der Ratingverbesserung anhand von Beispielen
und die Rolle des Steuerberaters in diesem Zusammenhang darzustellen.
Beginnend im folgenden Abschnitt sollen zunächst Inhalte und Aufbau der neu-
en Baseler Eigenkapitalvereinbarung vorgestellt werden.
In Abschnitt 2 und 3 wird auf die nationale Umsetzung und die sich daraus erge-
benden Anforderungen in Form der MaRisk sowie die Auswirkungen auf die
Eigenkapitalunterlegung, die Kreditzinskalkulation und das Risikomanagement
der Banken eingegangen.
Welche Kriterien die Banken im Rahmen der Bonitätsprüfung anwenden, wird
am Beispiel des Ratingverfahrens der Sparkassenorganisation in Abschnitt 4
dargestellt. Aspekte externer und interner Ratings aus Unternehmenssicht sind
Gegenstand des 5. Abschnittes.
In Abschnitt 6 wird der Frage nachgegangen, ob der Steuerberater aufgrund
seiner Ausbildung geeignet ist, eine qualifizierte Ratingberatung anzubieten.
Außerdem wird auf die Tätigkeitsfelder der Ratingberatung und die für die Steu-
erberater bestehenden rechtlichen Grenzen sowie Anforderungen an die Erstel-
lung von Jahresabschlüssen zur Vorlage bei den Banken eingegangen.

2
Im 7. Abschnitt werden Hinweise zur Vorbereitung auf das Rating und zu Opti-
mierungsmöglichkeiten sowie der in diesem Zusammenhang notwendigen Un-
terstützung durch den Steuerberater gegeben. Die Wirkung einzelner bilanzieller
Optimierungsmaßnahmen wurde anhand konkreter Ratingergebnisse von Unter-
nehmenskunden einer Sparkasse untersucht.
Weiterhin werden Finanzierungsalternativen zum Bankkredit in ihrer Funktions-
und Wirkungsweise erläutert.
1.1.
Historie: von Basel I zu Basel II
Der ,,Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht" (Basel Commitee of Banking Su-
pervision- BCBS) wurde 1975 mit dem Ziel gegründet, die Bankenaufsicht in-
ternational zu koordinieren und somit eine Stabilisierung des Finanzwesens zu
erreichen. Gründungsmitglieder waren die Zentralbankgouverneure der G 10-
Länder. Heute setzt sich dieses Gremium aus den leitenden Vertretern der Ban-
kenaufsichtsbehörden und der Zentralbanken aus Belgien, Kanada, Frankreich,
Deutschland, Italien, Japan, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien, Schweden,
der Schweiz, dem Großbritannien und den USA zusammen. Tagungsort ist die
Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIS) in Basel, wo auch das ständige
Sekretariat angesiedelt ist
1
.
Im ,,Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht" werden bankaufsichtliche Standards
vereinbart bzw. Empfehlungen erarbeitet, die sich prinzipiell an international
tätige Kreditinstitute richten. Gegenüber den angeschlossenen Staaten haben die
Empfehlungen grundsätzlich keine rechtliche Bindung. Durch Übernahme der
Empfehlungen in EU-Richtlinien werden sie jedoch als europäisches Recht ver-
bindlich und sind in nationales Recht umzusetzen.
Im Jahr 1988 hatte der ,,Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht" umfangreiche
Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute empfohlen, die
unter dem Begriff ,,Basel I" bekannt wurden. Diese Empfehlungen wurden in-
nerhalb relativ kurzer Zeit in über 100 Ländern etabliert. Die Umsetzung der
entsprechenden EU-Richtlinie erfolgte in Deutschland im Jahr 1993 durch eine
Änderung des Kreditwesengesetzes, auf dessen Grundlage das damalige BAKred
die ,,Grundsätze über die Eigenmittel und die Liquidität der Kreditinstitute"
(Grundsatz I und II) für alle in Deutschland tätigen Banken verbindlich vorgab.
1
Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Rahmenvereinbarung), S. 1 Fußnote

3
Die bisher geltenden Regeln sahen vor, dass alle Institute die Adressenausfall-,
Fremdwährungs- und Rohwarenrisiken mit mindestens 8 % Eigenkapital unter-
legen mussten. Institute, die einen intensiven Eigenhandel zur Erzielung von
Kursgewinnen betreiben (so genannte Handelsbuchinstitute) mussten zusätzlich
Zins- und Aktienkursrisiken in voller Höhe mit Eigenkapital unterlegen. Die
Ermittlung der Adressenausfallrisiken erfolgte dabei nach Bonitätsgewichten,
wobei der Begriff ,,Bonitätsgewicht" nicht zutreffend ist, da die Zuordnung der
Kredite im Wesentlichen von der Art der Sicherheiten abhing. Die Bonitätsge-
wichte sowie die Zuordnung der Risikopositionen waren durch die Aufsicht vor-
gegeben. Nur zur Bestimmung der Marktpreisrisiken konnten alternativ zu den
von der Aufsicht normierten Standardverfahren individuelle Risikomodelle ein-
gesetzt werden, sofern Sie durch die Aufsicht geprüft und zugelassen waren.
2
In den 90er Jahren ist die pauschale 8 %-Regel des Baseler Akkords von 1988
zunehmend in die Kritik geraten, weil
3
:
·
die ökonomischen Risiken der Banken nur ungenau abgebildet wurden
·
neue Finanzierungsinstrumente wie Kreditderivate und die Verbriefung
von Aktiva praktisch unberücksichtigt blieben
·
die pauschale Eigenkapitalunterlegung zu einer Subventionierung der
Kreditnehmer schlechter Bonität durch Kreditnehmer guter Bonität führte
·
es bisher für die Eigenkapitalunterlegung irrelevant war, ob Kredite stark
ausfallgefährdet waren oder die geringste mögliche Ausfallwahrschein-
lichkeit besaßen
·
sie zu einer eher volumengetriebenen als zu einer risikoorientierten Kre-
ditpolitik führte
·
eine bonitätsabhängige Risikomarge nicht mitkalkuliert wurde
Verbesserte Technologien zur Erfassung, Aufbereitung und Auswertung der
Kreditnehmerdaten ermöglichen eine differenziertere Einordnung der Kredit-
nehmer. Im Juni 1999 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ein erstes
Konsultationspapier zur Neufassung der Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) zur
Diskussion gestellt. Die Eigenkapitalanforderungen an die Banken sollten da-
nach stärker als bisher an den ökonomischen Risiken ausgerichtet sein und der
unterschiedlichen Komplexität der Banken Rechnung tragen.
4
2
Vgl. Deutsche Bundesbank (Grundsatz I), § 13
3
Vgl. Deutsche Bundesbank (Monatsbericht 09/04), S. 76
4
Vgl. Deutsche Bundesbank (Basel II)

4
Zentrales Thema der Diskussion um die Ausgestaltung von Basel II waren die
möglichen Auswirkungen der neuen Eigenkapitalregeln auf die Verfügbarkeit
von Bankkrediten und auf die Kreditkonditionen für den Mittelstand. Aufgrund
der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Mittelstandes hat insbesondere die
deutsche Delegation darauf hingearbeitet, die Besonderheiten des Mittelstandes
zu berücksichtigen, um eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Firmen auszu-
schließen.
5
Nach Abschluss mehrerer Konsultationsrunden wurde im Juni 2004 die neue
Eigenkapitalvereinbarung beschlossen und veröffentlicht. Die Implementierung
in den Mitgliedsstaaten sollte bis Ende 2006 abgeschlossen sein. Die fortge-
schrittenen Ansätze zur Risikomessung dürfen aus Gründen der Wettbewerbs-
gleichheit erst ab Ende 2007 eingesetzt werden
6
.
1.2.
Das Drei-Säulen-Modell des neuen Baseler Akkords
In der öffentlichen Diskussion wird Basel II häufig nur auf die ratingabhängige
Kreditvergabe reduziert. Tatsächlich ist dies jedoch nur die nach außen unmittel-
bar wahrnehmbare Auswirkung.
Mit dem neuen Baseler Akkord wird ein Paradigmenwechsel hin zu einer stärker
qualitativ ausgerichteten Bankenaufsicht vollzogen. Durch ein System von drei
sich ergänzenden Säulen soll die Stabilität des nationalen und internationalen
Bankensystems besser abgesichert werden.
7
Abb. 1: Drei-Säulen-Modell des Baseler Akkords
8
5
Vgl. Deutsche Bundesbank (Basel II)
6
Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Rahmenvereinbarung), S. 1 , Absatz 2
7
Deutsche Bundesbank (Basel II)
8
Deutsche Bundesbank (Basel II)

5
Neben Mindestkapitalanforderungen sehen die neuen Regelungen eine fortlau-
fende Überprüfung der bankinternen Risikosteuerungsprozesse durch die Auf-
sicht sowie erweiterte Offenlegungspflichten für die Institute vor.
1.2.1.
Mindesteigenkapitalanforderungen
Die Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen wird wie bisher anhand des so
genannten Kapitalkoeffizienten gemessen, der unverändert mindestens 8 %
betragen muss.
Während bei der Definition des Kapitalbegriffs keine Änderungen vorgenommen
wurden, werden die bisherigen Risikoarten Kreditrisiko und Marktrisiko um das
operationelle Risiko ergänzt, das künftig explizit mit Kapital zu unterlegen ist.
Eigenkapital
Summe gewichtete Kreditrisikoaktiva + (Anrechnungsbeträge
Marktpreisrisiko + Operationelles Risiko) x 12,5
> = 8 %
Während die Berechnung des Marktpreisrisikos unverändert bleibt, ist die Be-
rechnung des Kreditrisikos qualitativ ausgereifter als in der geltenden Eigenkapi-
talvereinbarung.
9
Die Bemessung des Kreditrisikos basiert grundsätzlich auf einem Rating des
Kreditnehmers und kann im Sinne eines evolutionären Ansatzes entweder an-
hand einer Standardmethode (auf Grundlage externer Ratings) oder eines auf
internen Ratings basierenden Ansatzes (IRB-Ansatz) erfolgen. In der Standard-
methode werden den Kreditrisiken in Abhängigkeit vom jeweiligen externen
Rating Risikogewichte von 20 % bis 150 % zugeordnet. Im IRB-Ansatz wird das
Risikogewicht des einzelnen Kredites anhand der zu schätzenden Parameter Aus-
fallwahrscheinlichkeit, Forderungsbetrag bei Ausfall, Verlustquote und Restlauf-
zeit ermittelt. Die Schätzung dieser Parameter erfolgt anhand interner Modelle.
10
Um besondere Härten für kleine und mittelständische Unternehmen auszuschlie-
ßen, wurden so genannte Mittelstandsregelungen eingearbeitet. Danach können
Kredite unter 1 Mio. EUR an kleine und mittelständische Unternehmen
11
dem
Retailgeschäft (Massengeschäft) zugeordnet werden. Im Standardansatz gilt da-
für ein einheitliches Risikogewicht von 75 %. Im IRB-Ansatz sind die o. g. Pa-
9
Vgl. Deutsche Bundesbank (Säule 1)
10
Vgl. Cluse u. a. (Basel II), S. 28-32
11
Abgrenzung lt. einer Empfehlung der EU-Kommission v. 06. Mai 2003: Mitarbeiter <250;
Umsatz <50 Mio. Euro oder Bilanzsumme <43 Mio. Euro; vgl. EU-Kommission (KMU), An-
hang Titel I, Artikel 2, Tz.1

6
rameter für das gesamte Retailportfolio und nicht auf Einzelkreditebene zu
schätzen, wodurch Diversifikationseffekte zum Tragen kommen.
Im Ergebnis ist die Höhe der Eigenkapitalunterlegung künftig tatsächlich von der
Bonität des Kreditnehmers abhängig, da sowohl bei externen wie internen Ra-
tings die Bewertung anhand ,,echter" bonitätsbeeinflussender Faktoren erfolgt.
Um für die Banken einen Anreiz zu schaffen, sich in der internen Steuerung me-
thodisch weiter zu entwickeln, soll der Übergang zur Nutzung genauerer Verfah-
ren durch eine moderate Verminderung der Eigenkapitalanforderungen "belohnt"
werden.
12
Die nachfolgende Abbildung soll die grundsätzlichen Unterschiede in der Ei-
genmittelunterlegung zwischen Basel I und Basel II verdeutlichen.
Basel I
Basel II
Kredit-
Risiken
Standardverfahren
4 Bonitätsgewichte
abhängig von der
Besicherung (0%,
20%, 50%, 100%)
Standardansatz
auf Grundlage
externer Ratings
(4 Bonitätsge-
wichte 20%, 50%,
100%, 150%)
IRB-Ansatz auf Grundlage
interner Ratings
Bonitätsgewicht abhängig
von Ausfallwahrschein-
lichkeit, Forderungsbetrag
bei Ausfall, Verlustquote
und Restlaufzeit
Marktpreis-
Risiken
Standardverfahren (Nettoposition x Risikogewicht)
oder
interne Risikomodelle
Standard-
ansatz
Basisindi-
katoransatz
Ambitionierte
Ansätze
Opera-
tionelle
Risiken
nicht berücksichtigt
Parameter aufsichtlich
vorgegeben
eigene Modelle
Abb. 2: Grundsätzliche Unterschiede der Eigenkapitalunterlegung nach Basel I und Basel II
1.2.2.
Bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess - "Supervisory Review
Process" (SRP)
Die so genannte zweite Säule des Baseler Akkords betont die Notwendigkeit
einer qualitativen Bankenaufsicht. Als wesentliche Ziele des bankaufsichtlichen
Überprüfungsverfahrens sind zu nennen:
13
·
die Banken sollen ermutigt werden, ihre internen Risikobeurteilungsver-
fahren kontinuierlich zu verbessern
·
ständige Anpassung und Weiterentwicklung neuerer Methoden des Risi-
komanagements
12
Vgl. Cluse u. a. (Basel II), S. 27
13
Vgl. Deutsche Bundesbank (Säule 2)

7
·
es sollen die Risikobereiche abgedeckt werden, die im Rahmen der Min-
desteigenkapitalanforderungen nicht bzw. nicht vollständig berücksich-
tigt wurden (z. B. Zinsänderungsrisiken des Anlagebuches und Unsicher-
heiten bei der Bemessung operationeller Risiken)
·
die Bankenaufsicht soll in die Lage versetzt werden, auf Grundlage einer
Gesamtbeurteilung der Bank, Maßnahmen - sofern nötig - zu ergreifen,
die über die Mindestkapitalanforderungen hinaus gehen
Die Bankenaufseher haben im Rahmen dieses Überprüfungsprozesses die Fähig-
keit der Banken zu bewerten, ihre eingegangenen Risiken zu identifizieren, zu
messen, zu steuern und zu überwachen. Dabei soll immer das Grundprinzip der
doppelten Proportionalität gelten. Das bedeutet, dass einerseits die Banken bei
der Ausgestaltung ihrer Risikomess- und Steuerungsverfahren und andererseits
die Aufsicht bei der Beurteilung dieser Verfahren die Größe, den Geschäftsum-
fang und die Risikosituation der Bank zu berücksichtigen haben.
Dies wird künftig einen offenen Dialog zwischen Banken und Aufsehern fordern
und fördern.
1.2.3.
Erweiterte Offenlegungspflichten
Neben den Mindestkapitalanforderungen (Säule 1) und dem bankaufsichtlichen
Überprüfungsprozess (Säule 2) stellen erweiterte Offenlegungsvorschriften die
dritte Säule des Baseler Grundkonzeptes dar. Damit soll eine komplementäre
Nutzung der Marktmechanismen für bankaufsichtliche Ziele ermöglichen wer-
den. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass gut informierte Marktteilnehmer
eine risikobewusste Geschäftsführung und ein wirksames Risikomanagement
von Kreditinstituten in ihren Anlage- und Kreditentscheidungen honorieren bzw.
risikoreicheres Verhalten entsprechend sanktionieren. Für die Kreditinstitute soll
sich daraus ein zusätzlicher Anreiz ergeben, ihre Risiken zu kontrollieren und
effizient zu steuern.
14
Inhaltlich beziehen sich die Transparenzvorgaben auf:
·
Anwendung der Eigenkapitalvorschriften
·
Eigenkapitalausstattung und -struktur
·
quantitative und qualitative Darstellung des eingegangenen Risikos.
14
Vgl. Deutsche Bundesbank (Säule 3)

8
Hinsichtlich der angewendeten internen Verfahren zur Ermittlung des zu unter-
legenden Kreditrisikos ist die Offenlegung als Voraussetzung für die bankauf-
sichtliche Anerkennung verpflichtend. Darüber hinaus bestehen unter Berück-
sichtigung der Grundsätze der Wesentlichkeit und des Schutzes vertraulicher
Informationen Ermessensspielräume. Die Aufsicht präferiert die Offenlegung im
Rahmen der Jahres- oder Quartalsabschlüsse bzw. den Börsenpflichtveröffentli-
chungen, da die Angaben i. d. R. extern geprüft werden.
15
2.
Nationale Umsetzung
Parallel zu den Arbeiten des Baseler Ausschusses hat die EU-Kommission Vor-
schläge zur Umsetzung in europäisches Recht vorgelegt und im Juni 2006 eine
entsprechende Richtlinie erlassen, die die Regelungen der Baseler Eigenkapital-
vereinbarung in europäisches Recht umsetzt
16
. Die Mitgliedsstatten der EU sind
damit verpflichtet, nationale Regelungen zur Umsetzung zu erlassen.
In Deutschland wurde mit der Änderung des KWG, insbesondere der §§ 10 (All-
gemeine Regelungen zur Eigenkapitalausstattung) und 25a (Organisationspflich-
ten zur Risikoüberwachung), die Rechtsgrundlage der drei Säulen geschaffen
17
.
Die neuen Mindestkapitalanforderungen (Säule 1) sowie die Offenlegungspflich-
ten (Säule 3) werden durch die Solvabilitätsverordnung, die den bisherigen
Grundsatz I ablöst, konkretisiert und erstmals auch gesetzlich normiert
18
. Die
organisatorischen Pflichten zu Ausgestaltung der Risikosteuerungsprozesse ge-
mäß § 25a KWG werden durch die MaRisk konkretisiert, die somit den Rege-
lungsrahmen für den bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess (Säule 2) bilden
19
.
Sowohl die Änderung des KGW, die neue Solvabilitätsverordnung als auch die
über bisherige Regelungen hinausgehenden Anforderungen der MaRisk sind am
01.01.2007 in Kraft getreten.
Die folgende Darstellung veranschaulicht die nationale Umsetzung des Drei-
Säulen-Modells.
15
Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Rahmenvereinbarung), S. 201 ff
16
RL 2006/49/EG vom 14.06.2006
17
veröffentlicht im BGBl. I 2006, S. 2606 vom 22.11.2006
18
veröffentlicht im BGBl. I 2006, S. 2926 vom 20.12.2006
19
veröffentlicht durch Schreiben der BaFin Nr. 89/2005 vom 20.12.2005

9
Abb. 3: Nationale Umsetzung von Basel II
20
2.1.
Mindestanforderungen an das Risikomanagement der
Kreditinstitute (MaRisk)
Bereits mit den im Jahr 1996 veröffentlichten ,,Mindestanforderungen an das
Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute" (MaH) hatte die Banken-
aufsicht Mindeststandards zur Organisation und Risikoüberwachung festgelegt.
Diese galten jedoch nur für den institutionellen Eigenhandel. Da von Seiten der
Bankenaufsicht im Zuge der Entwicklung von Basel II die Notwendigkeit er-
kannt wurde, das Kundenkreditgeschäft in ähnlicher Weise zu reglementieren
und so die Banken zu einer Überwachung ihrer Kreditrisiken zu zwingen, wur-
den Ende des Jahres 2002 die ,,Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft"
(MaK) normiert. Ergänzend sollten die ,,Mindestanforderungen an die Ausgestal-
tung der Internen Revision der Kreditinstitute" (MaIR) eine unabhängige interne
Kontrolle aller bankinternen Prozesse sicherstellen.
Mit der Einführung der MaRisk wurden die bisherigen Regelungen der MaH,
MaK und MaIR in einem Regelungswerk zusammengefasst und Überschneidun-
gen ausgeräumt. Gleichzeitig wurden auf Grundlage der EU-Richtlinie zur Um-
setzung der Baseler Eigenkapitalvereinbarung Anforderungen im Hinblick auf
die Verwendung interner Risikosteuerungsmodelle und das Management opera-
tioneller Risiken ergänzt. Die MaRisk räumen den Instituten innerhalb der vor-
gegebenen Grenzen weitgehende Ermessensspielräume bei der Ausgestaltung
20
in Anlehnung an Borgel/Loch/Thelen-Pischke (Basel II), S. 20
Säule 1
Mindestkapital-
anforderungen
· Kreditrisiken (Bonitätsgewich-
tung/Rating)
· Sicherheitenanrechnung
·
Operationelles Risiko
Säule 2
Bankaufsichtlicher
Überprüfungsprozess
· Nachweis angemessener inter-
ner Risikobeurteilungsverfahren
· Überprüfung der Verfahren
durch die Aufsicht
Säule 3
Offenlegungspflichten
· Angewendete Verfahren
· Relevante Angaben zu Eigen-
kapitalausstattung und einge-
gangen Risiken
SolvV
· Kreditrisiken (Teil 2)
· Operationelles Risiko (Teil 2)
· Marktrisikopositionen (Teil4)
MaRisk
· Aufsichtlicher Über-
wachungsprozess
SolvV
· Offenlegungspflichten (Teil 5)
SolvV
· Begriffsbestimmungen, Melde-
pflichten (Teil 1)
· Übergangs- und Schlussbe-
stimmungen (Teil 6)

10
der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Risikosteuerungsprozesse und
-verfahren ein, solange sie im Hinblick auf die eingegangenen Risiken angemes-
sen sind. Die Angemessenheit der Prozesse wird durch die Aufsicht in regelmä-
ßigen Abständen durch Prüfungen und Aufsichtsgespräche beurteilt.
21
Im Folgenden sollen einige ausgewählte, für die weitere Betrachtung relevante
Anforderungen der MaRisk erläutert werden.
2.1.1.
Allgemeine Anforderungen
Oberster Grundsatz ist die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung. Das be-
deutet, dass alle Geschäftsleiter unabhängig von internen Zuständigkeitsregelun-
gen für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation (Strategien, interne Kon-
trollverfahren) und deren Weiterentwicklung verantwortlich sind und über die
erforderlichen Informationen zur Risikobeurteilung verfügen müssen.
22
Als grundlegende und nicht delegierbare Aufgabe der Geschäftsleitung wird die
Festlegung einer Geschäftsstrategie und einer auf den darin geplanten Zielen und
Aktivitäten aufbauenden Risikostrategie hervorgehoben. Durch die explizite An-
forderung der jährlichen Überprüfung und Erörterung mit dem Aufsichtsorgan
(Verwaltungsrat bzw. Aufsichtsrat) sowie der internen Kommunikation wird die
Bedeutung konsistenter strategischer Planungen untermauert.
23
Als weitere grundlegende Anforderung ist hervorzuheben, dass alle wesentlichen
Risiken laufend gedeckt sein müssen (Risikotragfähigkeit). Zur Gewährleistung
der Risikotragfähigkeit sind Risikosteuerungs- und Controllingprozesse einzu-
richten, deren Methoden und zugrunde liegenden Annahmen jährlich zu überprü-
fen sind, um eine laufende Anpassung an sich verändernde Marktverhältnisse
sicherzustellen.
24
Die Risikosteuerungs- und Controllingprozesse sollen gewährleisten, dass we-
sentliche Risiken frühzeitig erkannt und geeignete Maßnahmen eingeleitet wer-
den können. Hierzu bedarf es klarer aufbau- und ablauforganisatorischer Rege-
lungen, die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen definieren und
bei unvereinbaren Tätigkeiten die notwendige Funktionstrennung sicherstellen.
25
21
Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (89/2005)
22
Vgl. MaRisk AT 3
23
Vgl. MaRisk AT 4.2
24
Vgl. MaRisk AT 4.1
25
Vgl. MaRisk AT 4.3

11
2.1.2.
Anforderungen an die Organisation des Kreditgeschäftes
Als obersten Grundsatz für die Prozessgestaltung im Kreditgeschäft sehen die
MaRisk die aufbauorganisatorische Trennung von Markt und Marktfolge bis zur
Ebene der Geschäftsleiter vor. Als Markt ist dabei der Bereich definiert, der die
Geschäfte initiiert und im Rahmen der Kreditentscheidung das Erstvotum abgibt.
Als Marktfolge ist der Bereich zu verstehen, der im Rahmen der Kreditentschei-
dung für das Zweitvotum verantwortlich ist.
26
Das Zweivotenverfahren ist das grundsätzlich anzuwendende Verfahren zur Her-
beiführung einer Kreditentscheidung. Durch die Votierung zweier unabhängiger
Bereiche soll ausgeschlossen werden, dass der das Geschäft initiierende Mitar-
beiter aufgrund seiner Nähe zum Kunden die Risikosituation "zu positiv" dar-
stellt oder einschätzt und dies zu einer der Risikosituation unangemessenen Kre-
ditentscheidung führt. Nur bei risikoarmen Geschäften (so genannte "nicht risi-
korelevante Geschäfte"), kann vom Zweivotenverfahren abgewichen werden.
Mit der geforderten Funktionstrennung bis zur Geschäftsleiterebene soll zudem
verhindert werden, dass ein Geschäftsleiter aufgrund seiner direkten Vorgesetz-
tenfunktion Einfluss auf beide Voten nehmen kann, um eine Kreditentscheidung
in seinem Sinne herbeizuführen. Für den Fall gegensätzlicher Votierungen hat
das Kreditinstitut ein Eskalationsverfahren einzurichten, in dem die Kreditent-
scheidung auf eine höhere Kompetenzstufe, im Extremfall bis zum Gesamtvor-
stand, verlagert wird.
27
Der Grundsatz der Funktionstrennung ist neben der Votierung auch auf weitere
zur Risikobeurteilung und Weiterentwicklung der Risikosteuerungsprozesse re-
levante Funktionen anzuwenden. So sind u. a.
·
die Bewertung von Sicherheiten
·
die Verantwortung für Vorschläge zur Risikovorsorge
·
die Federführung für den Sanierungs- oder Abwicklungsprozess und
·
die Verantwortung für die Entwicklung, Qualität und Überwachung der
Anwendung der Risikoklassifizierungsverfahren
an vom Bereich Markt unabhängige Bereiche oder Stellen zu übertragen.
28
Es muss sichergestellt sein, dass die zur Beurteilung des Adressenausfallrisikos
relevanten Aspekte eines Kreditengagements herausgearbeitet, beurteilt und ggf.
26
Vgl. MaRisk BTO Tz. 2 und BTO 1.1 Tz. 1
27
Vgl. MaRisk BTO 1.1 Tz. 2 und 4
28
Vgl. MaRisk BTO Tz. 3

12
unter Annahme verschiedener Szenarien dargestellt werden. Hinsichtlich der zur
Beurteilung erforderlichen Unterlagen muss deren zeitnahe Einreichung und
Auswertung gewährleistet sein.
29
2.1.3.
Risikoklassifizierungsverfahren
Alle Kreditinstitute haben aussagefähige Risikoklassifizierungsverfahren für die
Beurteilung der Adressenausfallrisiken und ggf. der Objekt-/Projektrisiken ein-
zurichten. Der Begriff der Risikoklassifizierungsverfahren ist dabei als Ober-
begriff für statistisch abgesicherte und einfache Punktbewertungsverfahren zur
formalen Abstufung von Bonitätseinschätzungen zu verstehen. Sie unterliegen
gegenüber Scoring- oder Ratingverfahren geringeren Anforderungen.
30
Da die
MaRisk als Mindestanforderungen unabhängig von der gewählten Methode der
Kapitalunterlegung eingehalten werden müssen
31
, bedeutet das, dass diejenigen
Kreditinstitute, die für die Eigenkapitalunterlegung den Standardansatz mit ex-
ternen Ratings wählen und daher nicht über ein internes Ratingverfahren verfü-
gen, mindestens ein Risikoklassifizierungsverfahren zur systematischen Beurtei-
lung von Kreditrisiken einführen müssen. Verwenden Kreditinstitute dagegen
interne Ratingverfahren zur Ermittlung der Kapitalunterlegung, sind die Min-
destanforderungen erfüllt.
Die in den Risikoklassifizierungsverfahren verwendeten Kriterien müssen eine
nachvollziehbare Zuweisung in eine Risikoklasse gewährleisten. Dabei sind ne-
ben quantitativen auch qualitative Kriterien zu berücksichtigen. Besondere Be-
deutung haben jedoch Kriterien zur Beurteilung der künftigen Kapitaldienstfä-
higkeit.
32
Als quantitative Faktoren kommen Kennzahlen aus der Jahresab-
schlussanalyse z. B. zur Ertragskraft, Liquidität oder Rentabilität in Frage. Quali-
tative Kriterien können Fragen zur Managementqualität, Organisation oder der
Wettbewerbs-/Marktposition sein. Die Bedeutung qualitativer Faktoren als Risi-
koindikator ist dabei nicht zu unterschätzen, da sie wichtige Hinweise auf die
Krisenanfälligkeit eines Kreditnehmers liefern können.
33
Entscheidend ist in je-
dem Fall die so genannte ,,Trennschärfe" der Kriterien, d. h. die Eignung, ex ante
ausfallgefährdete Kreditnehmer zu erkennen. Ein Verfahren hat demnach eine
29
Vgl. MaRisk BTO 1.2
30
Vgl. DSGV (Interpretationsleitfaden), S. 112 ebenso Hannemann/Schneider/Hanenberg
(MaRisk), S. 373 f
31
Vgl. MaRisk AT 1 Tz. 2
32
Vgl. MaRisk BTO 1.4
33
Vgl. Kastner (Krisenindikatoren), S. 409 ff

13
hohe Trennschärfe, wenn die später ausgefallenen Kreditnehmer bereits ex ante
in die schlechteren Risikoklassen eingestuft wurden. Darüber hinaus kann ein
Verfahren auch als geeignet gelten, wenn die ex post gemessenen Ausfallraten je
Risikoklasse mit den zugeordneten Ausfallwahrscheinlichkeiten übereinstim-
men.
Die Beurteilung des Adressenausfallrisikos mittels Risikoklassifizierungsverfah-
ren hat nicht nur einmalig bei Kreditgewährung, sondern in regelmäßigen jährli-
chen Abständen sowie anlassbezogen (z. B. bei Anhaltspunkten, die auf eine
deutliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse hindeuten) zu er-
folgen. Die Pflicht zur jährlichen Beurteilung steht im Einklang mit den handels-
rechtlichen Vorschriften zur Buchführung, Bewertung und Risikoberichterstat-
tung, die eine jährliche Risikoeinschätzung erfordern
34
.
Die Einstufung im Risikoklassifizierungsverfahren und die Konditionsgestaltung
sollen in einem sachlich nachvollziehbaren Zusammenhang stehen
35
. Damit for-
dert die Bankenaufsicht die Kreditinstitute auf, ihre Preis-Zins-Gestaltung am
Adressenausfallrisiko der Kredite auszurichten und damit die Risikokosten ver-
ursachungsgerecht in der Kalkulation zu berücksichtigen. Künftig werden also
für risikobehaftetere Kredite höhere Zinsen zu zahlen sein als für weniger risiko-
reiche. Hierauf wird in den Abschnitten 3 und 4.2 näher eingegangen.
2.1.4.
Identifizierung, Steuerung und Überwachung der Kreditrisiken
Als wesentliche Problemfelder des Kreditgeschäftes der Banken wurden durch
den Baseler Ausschuss u. a. folgende Sachverhalte erkannt:
36
·
Mängel in der Kreditvergabepraxis, z. B. Häufung subjektiver Kriterien
bei der Kreditgewährung oder mangelnde Risikoadäquanz bei der Kre-
ditkalkulation
·
Nicht zeitnahe Beurteilung wirtschaftlicher Sachverhalte und deren boni-
tätsmäßige Auswirkungen bzw. Bewertung von Sicherheiten
·
Mängel in der Aufbau- und Ablauforganisation (u. a. unangemessene
Kompetenzzuordnungen)
·
Starke Kreditnehmer-, Branchen- oder regionale Konzentration
34
HGB §§ 240; 253 i. V.m. 279 und 340a; 289
35
Vgl. MaRisk, BTO 1.2 Tz. 6
36
Vgl. Suyter (Kreditrisiko), S. 227

14
Um diesen Schwächen zu begegnen wurden in den MaRisk die nachfolgenden
konkreten Anforderungen zur Risikofrüherkennung und Ausgestaltung der Risi-
kosteuerungs- und Controllingprozesse normiert.
Zur rechtzeitigen Identifikation von Kreditnehmern, bei denen sich erhöhte Risi-
ken abzeichnen, haben die Kreditinstitute Verfahren zur Risikofrüherkennung
einzurichten. Hierzu sind auf Basis quantitativer und qualitativer Risikomerkma-
le Indikatoren zu definieren, die eine möglichst frühzeitige Risikoidentifikation
sowie Einleitung von Gegenmaßnahmen ermöglichen. Diese Risikofrüherken-
nungssysteme haben folgenden Anforderungen zu genügen:
·
die Indikatoren müssen geeignet sein, Risiken frühzeitig zu erkennen
·
die Indikatoren müssen eine laufende Identifizierung von Risiken ermög-
lichen
·
Signale des Systems sollen zeitnah zu geeigneten Maßnahmen zur Risi-
koreduzierung führen (z. B. Überleitung in die Intensivbetreuung oder
Hereinnahme/Verstärkung von Sicherheiten)
Sofern die von einem Kreditinstitut eingesetzten Risikoklassifizierungsverfahren
die vorgenannten Bedingungen erfüllen, können sie auch zur Risikofrüherken-
nung eingesetzt werden, so dass nicht unbedingt eigenständige Systeme zu ent-
wickeln sind. Außerdem haben die Kreditinstitute Kriterien festzulegen, auf-
grund derer im Einklang mit den Rechnungslegungsvorschriften Wertberichti-
gungen, Abschreibungen oder Rückstellungen zur Risikovorsorge zu bilden
sind.
37
Hinsichtlich der Risikosteuerungs- und Controllingprozesse für die Kreditrisiken
stellt die BaFin nachstehende Anforderungen:
38
·
es ist sicherzustellen, dass die Kreditrisiken unter Berücksichtigung der
Risikotragfähigkeit begrenzt werden können
·
es darf kein Geschäft abgeschlossen werden, für das kein Einzelkreditli-
mit eingeräumt wurde; die Limiteinhaltung ist zu überwachen
·
es ist sicherzustellen, dass wesentliche gesamtgeschäftsbezogene Risiken
(z. B. Branchen-, Größenklassen- oder Risikoklassenkonzentrationen) ge-
steuert und überwacht werden können; z. B. durch ein System von Limi-
ten (Branchen-, Größenklassen- oder Risikoklassenlimite)
37
Vgl. MaRisk BTO 1.2.6 und 1.3 sowie Erläuterung zu BTO 1.3
38
Vgl. MaRisk BTR 1

15
·
die Geschäftsleiter und das Aufsichtsorgan sind regelmäßig (mindestens
vierteljährlich) über die Risikostruktur zu informieren
Darüber hinaus sind unter Risikogesichtspunkten wesentliche Informationen
(z. B. Insolvenz des Kreditnehmers oder eines seiner Hauptkunden, Zwangsver-
steigerungsmaßnahmen Dritter, Verdacht auf betrügerische Handlungen) unver-
züglich der Geschäftsleitung und den jeweiligen Verantwortlichen mitzuteilen
(sog. Ad-hoc-Information)
39
.
Letztlich hat die interne Revision als Instrument der Geschäftsleitung durch un-
abhängige Prüfungen (Engagement- und Prozessprüfungen) die Wirksamkeit des
Risikomanagements sowie die Ordnungsmäßigkeit der Prozesse (hinsichtlich
interner und externer Normen) zu prüfen und zu beurteilen.
3.
Bedeutung/Auswirkung für die Banken
Nachdem zunächst die Anforderungen des neuen Baseler Akkords vorgestellt
wurden, sollen in diesem Abschnitt die sich aus der Umsetzung ergebenden
möglichen Auswirkungen für die Banken dargestellt werden. Dabei werden ins-
besondere die Konsequenzen hinsichtlich der Eigenkapitalbelastung, Kreditzins-
kalkulation/Kosten und des Risikomanagements betrachtet.
Eigenkapitalbelastung
Die neue Eigenkapitalvereinbarung wurde mit dem Ziel erarbeitet, das Gesamt-
niveau der Mindestkapitalanforderungen im gesamten Bankensystem nicht zu
verändern, wohl aber Anreize für die Banken zu schaffen, die fortgeschrittenen,
risikosensitiveren Ansätze zu verwenden und so ihr Risikomanagement zu
verbessern. Im Zuge der Erarbeitung der Rahmenvereinbarung wurden daher
Auswirkungsstudien (QIS) zur Überprüfung und Ermittlung evtl. notwendiger
Anpassungen durchgeführt. Die fünfte und bislang letzte Studie (QIS-5) fand
Ende 2005 unter Federführung der Deutschen Bundesbank statt und wurde im
Mai 2006 veröffentlicht.
Nach den Ergebnissen dieser Untersuchung verringert sich die Eigenkapitalbe-
lastung für das gesamte deutsche Bankensystem im Vergleich zum bisherigen
Grundsatz I um 6,7 %.
40
Dabei spielt die Wahl des Risikomessansatzes eine ent-
scheidende Rolle. So ermittelte sich für die in Deutschland vorherrschende Ban-
39
Vgl. MaRisk AT 4.3.2
40
Vgl. auch für die folgenden Ausführungen Deutsche Bundesbank (Auswirkungsstudie)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836605687
DOI
10.3239/9783836605687
Dateigröße
753 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Merseburg – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2007 (September)
Note
1,7
Schlagworte
deutschland bank rating basler eigenkapitalvereinbarung mindestkapitalanforderung ratingsystem ratingberatung basel finanzierung
Zurück

Titel: Basel II und Rating
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
95 Seiten
Cookie-Einstellungen