Lade Inhalt...

Alternative Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste nach IAS 19 und deren Vor- und Nachteile

©2005 Studienarbeit 79 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Am 16.12.2004 veröffentlichte das IASB Änderungen zu IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ (employee benefits). Modifiziert wurden die Behandlung von Gruppenplänen, die Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste sowie eine Erweiterung der Anhangangaben. Schwerpunkt dieser Arbeit stellt dabei die alternative Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste dar. Die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste entstehen entweder durch Unter- oder Überdeckungen der Pensionsverpflichtungen. Diese Gewinne bzw. Verluste können bisher zeitlich verteilt oder sofort erfolgswirksam erfasst werden. Das neue Wahlrecht sieht nun eine erfolgsneutrale Verrechnung mit dem Eigenkapital vor. Einige EU- Länder stehen der Neuregelung skeptisch gegenüber. Jedoch ist diese Neuregelung im Amtsblatt der Europäischen Union mit der „Verordnung (EG) Nr. 1910/2005 der Kommission vom 08.11.2005“ von der Europäischen Union genehmigt und am 25.11.2005 veröffentlicht worden. Die neue Abbildungsalternative von versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste vergrößert die bilanzpolitischen Optionen bedeutend und jede Option beinhaltet Vor- und Nachteile. Mit der Ausübung der Wahlrechte wird die zukünftige Rechnungslegung nach IFRS festgelegt. Die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Vermögens- und Erfolgsausweis sind daher sorgfältig zu planen und die jeweiligen Vor- und Nachteile abzuwägen.
Die Rechnungslegung nach IFRS gewährleistet eine bessere Informationsaussage für Adressaten, daher sollten die internationalen Rechnungslegungsgrundsätze für alle Konzernabschlüsse in Deutschland gelten. Da sich künftig das Handelsbilanzrecht an internationale Entwicklungen orientieren soll, wurden vom DSR Reformvorschläge für das HGB zusammengestellt. Bezüglich der Bewertung von Pensionsrückstellungen wird die Anlehnung an IAS 19 empfohlen. Dies gilt auch für die Beachtung von dynamischen Faktoren und die Anwendung der Korridormethode oder die Möglichkeit versicherungsmathematische Gewinne und Verluste einmalig ergebnisneutral mit dem Eigenkapital zu verrechnen. Die Bilanzierung und Bewertung von Pensionsrückstellungen erfolgt nach IFRS vorsichtiger als nach der derzeitigen Bilanzierungspraxis nach HGB. Denn die Bewertung nach HGB erfolgt oft auf der Grundlage des § 6a EStG mit einem Diskontierungszinssatz von 6%, obwohl z.Z. viel niedrigere Marktzinssätze vorliegen und somit zu niedrige Wertansätze in den Bilanzen ausgewiesen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Annette Schüle
Alternative Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste nach IAS
19 und deren Vor- und Nachteile
ISBN: 978-3-8366-0548-9
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Berufsakademie Stuttgart, Staatliche Studienakademie, Stuttgart, Deutschland,
Studienarbeit, 2005
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Abkürzungsverzeichnis ... V
1 Einleitung ... 1
1.1 Problemstellung...1
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung...2
2 Grundlagen der Rechnungslegung nach IFRS ... 3
2.1 Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ...3
2.1.1 Inhalt und Umfang der Leistungen nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses...3
2.1.2 Begriffsdefinition ...3
2.1.2.1 Beitragsorientierte Altersversorgungspläne (defined contribution plans)...3
2.1.2.2 Leistungsorientierte Altersversorgungspläne (defined benefit plans) ...4
2.2 Bilanzierung von leistungsorientierten Altersversorgungsplänen nach IAS 19 ...5
2.2.1 Versicherungsmathematische Annahmen (actuarial assumptions)...5
2.2.1.1 Demographische Bewertungsparameter ...5
2.2.1.2 Ökonomische Bewertungsparameter...6
2.2.1.2.1 Konsistenz der Parameter ...6
2.2.1.2.2 Abzinsungssatz...6
2.2.1.2.3 Trendannahmen...8
2.2.1.2.4 Fair Value eines Planvermögens (plan assets) und ein erwarteter
Kapitalertrag auf das Planvermögen...9
2.2.2 Versicherungsmathematische Bewertungsmethode (PUC- Methode) ...9
3 Problematik von leistungsorientierten Versorgungszusagen ... 11
3.1 Bestandteile des Pensionsaufwands...11
3.1.1 Grundsätzliche Erfassung...11
3.1.2 Dienstzeitaufwand (current service cost)...12
3.1.3 Zinsaufwand (interest cost)...12
3.1.4 Erwarteter Kapitalertrag auf das Planvermögens
(expected return on plan assets) ...13
3.1.5 Tilgungsbetrag für versicherungsmathematische Gewinne und Verluste
(actuarial gains and losses) ...13
3.1.6 Weitere Bestandteile des Pensionsaufwands...13
3.2 Gründe für das Entstehen versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste ...14
3.2.1 Änderungen der Bewertungsparameter und der Pensionsverpflichtung (DBO) 14
3.2.2 Abweichungen beim Fair Value des Planvermögens ...14
3.3 Alternative Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste ...15
3.3.1 Überblick und Hintergrund der alternativen Methoden ...15

II
3.3.2 Die 10%- Korridormethode ...15
3.3.2.1 Grundsätzliche Funktionsweise ...15
3.3.2.2 Wahlrechte bei der Verteilung...16
3.3.2.2.1 Wahlrecht nur den Mindesttilgungsbetrag erfolgswirksam zu buchen...16
3.3.2.2.2 Wahlrecht den 10%- Korridor übersteigenden Betrag sofort
erfolgswirksam zu buchen ...17
3.3.2.2.3 Weiteres Wahlrecht...17
3.3.2.3 Vorteile der Korridormethode...17
3.3.2.3.1 Ergebnisglättung ...17
3.3.2.3.2 Freie Einschätzung von Bewertungsparametern ...18
3.3.2.4 Nachteile der Korridormethode...19
3.3.2.4.1 Auswirkung der Ergebnisglättung auf die bilanzielle Erfassung ...19
3.3.2.4.2 Transitorischer Charakter von Wertschwankungen ...20
3.3.2.4.3 Auswirkung der Ergebnisglättung auf das Periodenergebnis ...20
3.3.2.4.4 Offenlegungsvorschriften im Anhang (disclosures) ...21
3.3.2.4.5 Unterschiedliche Formen (Wahlrechte) ...21
3.3.3 Erfolgswirksame Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und
Verluste (Mehrverrechnung) ...21
3.3.3.1 Grundsätzliche Funktionsweise ...21
3.3.3.2 Vorteil der Mehrverrechnung ...22
3.3.3.3. Nachteile der Mehrverrechnung...22
3.3.4 Erfolgsneutrale Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und
Verluste...23
3.3.4.1 Grundsätzliche Funktionsweise ...23
3.3.4.2 Vorteile der erfolgsneutralen Behandlung...23
3.3.4.2.1 Bilanzklarheit und Transparenz ...23
3.3.4.2.2 Periodengerechte Darstellung ...24
3.3.4.2.3 Vermeidung eines Vermögenswertes bei Überdeckungen...24
3.3.4.2.4 Erweiterte Anhangangaben ...25
3.3.4.2.5 Berichtigung ungetilgter versicherungsmathematischer Gewinne
und Verluste aus der Vergangenheit ...25
3.3.4.3 Nachteile der erfolgsneutralen Behandlung...26
3.3.4.3.1 Hohe Volatilität...26
3.3.4.3.2 Eigenkapitalveränderungsrechnung
(statement of changes in equity )...26
3.3.4.3.3 Offenlegung im Anhang (disclosures)...27
3.3.4.3.4 Stetigkeitsprinzip...28
3.3.4.3.5 Einheitlichkeit ...29

III
3.3.4.3.6 Genauigkeitsanforderungen der Bewertungsparameter ...29
3.3.4.3.7 Bilanzierungsvielfalt ...30
3.4 Auswirkungen unterschiedlicher Bewertungsverfahren...30
3.4.1 Auswirkungen auf das Rating ...30
3.4.2 Auswirkungen auf Bilanzkennzahlen ...30
3.5 Empirische Überprüfung der Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen am
Beispiel der DAX 30- Unternehmen...31
3.5.1 Wahl des Zinssatzes...31
3.5.2 Korridoransatz bezüglich versicherungsmathematischer Gewinne und
Verluste...32
3.5.3 Auswirkungen bei einer Umstellung von der Korridormethode zur neuen
Option ...32
3.5.4 Höhe der stillen Lasten und stillen Reserven in den Bilanzen...33
4. Zusammenfassung und kritische Würdigung... 33
Anhang... .................................................................................... 39
Literaturverzeichnis... 67

V
Abkürzungsverzeichnis
BC
=
Basis
for
Conclusions
ber.
=
berichtigt
BetrAVG
= Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
Betriebsrentengesetz vom 19.12.1974 (BGBl I S.3610) mit
Änderungen bis zum 05.07.2004 (BGBl.I S.1427)
BGBl.
=
Bundesgesetzblatt
ca.
=
circa
c.p.
=
ceteris
paribus
DB
= Der Betreib (Zeitschrift)
DBO
= defined benefit obligation
DCF-Methode
= Discounted Cash-Flow- Methode
Diss.
=
Dissertation
DRSC
= Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V.
DSR
=
Deutscher
Standardisierungsrat
EBIT
= earnings before interest and tax= operatives Ergebnis
EStG
= Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, ber. BGBl I
2003, S. 179) mit Änderungen bis zum 22.09.2005 (BGBl. I
S. 2809)
e.V.
= eingetragener Verein
evtl.
=
eventuell
f. =
folgende
FRS
= Financial Reporting Standards
gem.
=
gemäß
ggf.
= gegebenenfalls
GuV- Rechnung
= Gewinn und Verlust-Rechnung
HFA
= Hauptfachausschuss des IDW
HGB
= Handelsgesetzbuch in der Fassung vom 10. Mai 1897
(RGBl. S. 219) mit Änderungen bis zum 15.12.2004
(BGBl. I S. 3408)
Hrsg.
=
Herausgeber
IAS
= International Accounting Standards
IASB
= International Accounting Standards Board
i.d.R.
= in der Regel
IDW
= Institut der Wirtschaftsprüfer
IFRS
= International Financial Reporting Standards
i.H.
=
in
Höhe

VI
JAR
= Journal of Accounting Research (Zeitschrift)
Jg.
=
Jahrgang
KoR
= Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung
(Zeitschrift)
lt.
=
laut
p.a.
=
per
anno
plc
= public limited company
PUC- Methode
= Projected unit credit method
RGBl.
=
Reichsgesetzblatt
S.
=
Seite
sog.
=
sogenannt
SORIE
= statement of recognised income and expense
StuB
= Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)
Tz.
=
Textziffer
US-GAAP
= Generally Accepted Accounting Standards
WPg
= Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
z.Z.
=
zur
Zeit
§ =
Paragraph

1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Am 16.12.2004 veröffentlichte das IASB Änderungen zu IAS 19 ,,Leistungen an Arbeitneh-
mer" (employee benefits). Modifiziert wurden die Behandlung von Gruppenplänen, die Erfas-
sung von versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste sowie eine Erweiterung der
Anhangangaben. Schwerpunkt dieser Arbeit stellt dabei die alternative Behandlung versiche-
rungsmathematischer Gewinne und Verluste dar. Die versicherungsmathematischen Gewin-
ne und Verluste entstehen entweder durch Unter- oder Überdeckungen der Pensionsver-
pflichtungen. Diese Gewinne bzw. Verluste können bisher zeitlich verteilt oder sofort erfolgs-
wirksam erfasst werden. Das neue Wahlrecht sieht nun eine erfolgsneutrale Verrechnung mit
dem Eigenkapital vor.
1
Einige EU- Länder stehen der Neuregelung skeptisch gegenüber.
2
Jedoch ist diese Neuregelung im Amtsblatt der Europäischen Union mit der ,,Verordnung
(EG) Nr. 1910/2005 der Kommission vom 08.11.2005" von der Europäischen Union geneh-
migt und am 25.11.2005 veröffentlicht worden. Die neue Abbildungsalternative von versiche-
rungsmathematischen Gewinne und Verluste vergrößert die bilanzpolitischen Optionen be-
deutend und jede Option beinhaltet Vor- und Nachteile. Mit der Ausübung der Wahlrechte
wird die zukünftige Rechnungslegung nach IFRS festgelegt. Die daraus resultierenden Aus-
wirkungen auf den Vermögens- und Erfolgsausweis sind daher sorgfältig zu planen und die
jeweiligen Vor- und Nachteile abzuwägen.
Die Rechnungslegung nach IFRS gewährleistet eine bessere Informationsaussage
für Adressaten, daher sollten die internationalen Rechnungslegungsgrundsätze für alle Kon-
zernabschlüsse in Deutschland gelten. Da sich künftig das Handelsbilanzrecht an internatio-
nale Entwicklungen orientieren soll, wurden vom DSR Reformvorschläge für das HGB zu-
sammengestellt.
3
Bezüglich der Bewertung von Pensionsrückstellungen wird die Anlehnung
an IAS 19 empfohlen. Dies gilt auch für die Beachtung von dynamischen Faktoren und die
Anwendung der Korridormethode oder die Möglichkeit versicherungsmathematische Gewin-
ne und Verluste einmalig ergebnisneutral mit dem Eigenkapital zu verrechnen.
4
Die Bilanzie-
rung und Bewertung von Pensionsrückstellungen erfolgt nach IFRS vorsichtiger als nach der
derzeitigen Bilanzierungspraxis nach HGB.
5
Denn die Bewertung nach HGB erfolgt oft auf
der Grundlage des § 6a EStG mit einem Diskontierungszinssatz von 6%, obwohl z.Z. viel
niedrigere Marktzinssätze vorliegen und somit zu niedrige Wertansätze in den Bilanzen aus-
gewiesen werden. Der HFA begrüßt die Anlehnung an IAS 19.
6
Doch nach IAS 19 sind zu
Jahresbeginn versicherungsmathematische Annahmen zu treffen, die am Jahresende oft zu
1
Vgl. Pawelzik, K.-U. (2005), S. 733
2
Vgl. Rhiel, R. (2005b), S. 293
3
Vgl. DRSC (Hrsg.) (2005), S. 1
4
Vgl. DRSC (Hrsg.) (2005), S. 4
5
Vgl. Pfitzer, N. und Kahre, B. (2004), S. 228
6
Vgl. IDW (Hrsg.) (2005), S. 57

2
Schätzfehlern führen. Die alternative Behandlung dieser versicherungsmathematischen Ge-
winne und Verluste regelt IAS 19. Daher wird in dieser Studienarbeit nur auf die internationa-
le Rechnungslegung von Pensionsrückstellungen eingegangen und die Behandlung dieser
versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste herausgearbeitet. Eine Gegenüberstel-
lung der bisherigen Bilanzierung im Handels- und Steuerrecht würde den Umfang der Stu-
dienarbeit sprengen. Dennoch sei an dieser Stelle der handelsrechtliche Aspekt zu erwäh-
nen, um die Bedeutung des IAS 19 auf mögliche Wirkungen im nationalen Recht zu erken-
nen.
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
IAS 19 behandelt die Leistungen an Arbeitnehmer. Inhalt dieser Arbeit wird die Behandlung
von Altersversorgungsplänen sein, daher werden die kurzfristigen Mitarbeitervergütungen
nur kurz erwähnt. Denn versicherungsmathematische Annahmen sind bei kurzfristigen Mit-
arbeitervergütungen nicht zu treffen, sodass auch keine versicherungsmathematischen Ge-
winne und Verluste entstehen können.
7
Ebenso wird auf eine Erläuterung von Leistungen der
medizinischen Versorgung verzichtet.
Das Ziel dieser Studienarbeit ist die unterschiedliche Behandlung versicherungsma-
thematischer Gewinne und Verluste näher zu durchleuchten. Als Ausgangspunkt dieser Ar-
beit werden in Kapitel 2 die Grundlagen der Rechnungslegung von Pensionsrückstellungen
nach IFRS vorgestellt. Dabei wird der Schwerpunkt die Bilanzierung von leistungsorientierten
Versorgungsplänen sein. Denn hiernach müssen versicherungsmathematische Annahmen
getroffen werden. Anhand einer bestimmten Bewertungsmethode sind diese beim Unter-
nehmen zu bilanzieren. Das nachfolgende Kapitel 3 zeigt die Problematik von leistungsorien-
tierten Versorgungszusagen auf. Zunächst wird kurz auf die Zusammensetzung des Pensi-
onsaufwands eingegangen. Anschließend werden Gründe für das Entstehen versicherungs-
mathematischer Gewinne und Verluste vorgestellt. Schwerpunkt dieser Arbeit stellt nun die
alternative Behandlung dieser versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste dar.
Hierbei bieten sich drei Möglichkeiten an, wie diese Gewinne und Verluste berücksichtigt
werden sollen. Bisher gab es zwei Methoden. Einerseits die Korridormethode und anderer-
seits die sofortige erfolgswirksame Verrechnung der versicherungsmathematischen Gewinne
und Verluste. Eine dritte Option wurde im Dezember 2004 vom IASB verabschiedet. Zu-
nächst soll die Korridormethode vorgestellt werden. Dabei werden zuerst die Vorteile darge-
stellt. Anschließend werden die Nachteile des Korridoransatzes und der sofortigen erfolgs-
wirksamen Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste näher disku-
tiert, die das IASB zur Einführung der dritten Option veranlasst hat. Diese Neuregelung bringt
Vor- und Nachteile mit, die anschließend thematisiert werden. Anhand der Daten der DAX
30- Unternehmen wird gezeigt, ob eine Anwendung dieser Neuregelung sich aus betriebs-
7
Vgl. Wollmert, W. u.a. (2005), IAS 19, Tz. 38

3
wirtschaftlicher Sicht lohnt. Zielsetzung dieser Arbeit ist die differenzierte Darstellung der
vorliegenden Optionen bezüglich der Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne
und Verluste. Zuletzt erfolgt in Kapitel 4 eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
sowie ein kritische Würdigung.
Die Ziffern in IAS 19 beziehen sich auf den deutschsprachigen Standard, der Ände-
rungen bis zum 29.09.2003 beinhaltet. Soweit aber die Neuregelung angesprochen wird,
beziehen sich die Ziffern auf den aktuellen englischen Standard mit Änderungen vom
16.12.2004.
2 Grundlagen der Rechnungslegung nach IFRS
2.1 Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
2.1.1 Inhalt und Umfang der Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses umfassen nach IAS 19.24 die betrieb-
liche Altersversorgung z.B. Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenpensionen, aber auch Ab-
findungen, Leistungen aus Lebensversicherungen oder Krankheitskostenzuschüsse.
8
Die Ausgestaltung kann individuell nur für einen bestimmten Mitarbeiter oder auch für
Personengruppen erfolgen. Die Arbeitnehmer können nach IAS 19.3 einen Anspruch durch
einen Vertrag oder aus betrieblicher Übung geltend machen. Der Durchführungsweg kann
vom Unternehmen frei gewählt werden. Ausschlaggebend für die Bilanzierung von Pensi-
onsverpflichtungen ist, ob ein beitragsorientierter oder leistungsorientierter Pensionsplan
vorliegt.
9
2.1.2 Begriffsdefinition
Die Pensionsverpflichtungen des Unternehmens können sowohl in einen beitragsorientierten
Plan als auch in einen leistungsorientierten Plan nach IAS 19.7 ausgestaltet werden, die ich
nun nachfolgend erläutern werde.
2.1.2.1 Beitragsorientierte Altersversorgungspläne (defined contribution plans)
Bei beitragsorientierten Versorgungszusagen ist ein Arbeitgeber nach IAS 19.39 und 19.25
nur zur Zahlung festgelegter Beiträge an einen selbstständigen Versorgungsträger z.B. an
einen Fonds verpflichtet. Selbst wenn der Versorgungsträger nicht alle Verpflichtungen ge-
genüber den Arbeitnehmern mit Vermögenswerten decken kann, besteht für den Arbeitgeber
keine Nachschusspflicht oder Auffüllungspflicht.
10
Insofern trägt das Unternehmen kein Risi-
ko bei Unterdeckungen seitens des Versorgungsträgers.
11
Sämtliche versicherungsmathe-
8
Vgl. Heuser, P.J. und Theile, C. (2005), Tz. 1108
9
Vgl. Heuser, P.J. und Theile, C. (2005), Tz. 1109
10
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 9
11
Vgl. Hayn, S. und Graf Waldersee, G. (2004), S. 191

4
matische Risiken (dass Leistungen geringer ausfallen als erwartet) sowie das Anlagerisiko
(dass die angelegten Vermögenswerte nicht die erwartete Leistung erbringen), liegen dem-
entsprechend selbst beim Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat nur eine Einzahlungsverpflich-
tung an den Versorgungsträger.
12
Die Höhe der Versorgungsleistung an den Arbeitnehmer
hängt schließlich vom Anlageerfolg der investierten Beiträge ab. Damit garantiert der Arbeit-
geber keine bestimmte Versorgungsleistung.
13
Ein Arbeitnehmer kann nur Ansprüche gegen
einen externen Versorgungsträger geltend machen, die sich aus den vom Unternehmen ge-
leisteten Beiträgen und den Zinserträgen zusammensetzen.
14
Ist bei Eintritt des Versor-
gungsfalls das Vermögen vernichtet, hat der Arbeitnehmer allerdings keine Ansprüche.
15
Versorgungsträger können sowohl Direktversicherungen, Pensionskassen als auch
Pensionsfonds sein.
16
Die Bilanzierung und Bewertung von beitragsorientierten Altersversor-
gungsplänen ist einfach. Die laufenden Beiträge des Unternehmens an den Versorgungsträ-
ger stellen Pensionsaufwand dar.
17
Da das Unternehmen kein Leistungsrisiko trägt, ist auch
keine Pensionsverpflichtung in der Bilanz auszuweisen
18
, sodass sich keine Bewertungs-
probleme ergeben
19
.
2.1.2.2 Leistungsorientierte Altersversorgungspläne (defined benefit plans)
Leistungsorientierte Pensionspläne können als Direktzusage ausgestaltet werden, bei denen
der Arbeitgeber gegenüber den Versorgungsberechtigten unmittelbar zur Leistung verpflich-
tet ist. Eine Pensionszusage kann aber auch über einen externen Versorgungsträger, wie
z.B. über eine Lebensversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungskas-
se erteilt werden.
20
Demgemäß besteht die Möglichkeit, entweder Leistungen im eigenen
Unternehmen anzusammeln oder die Leistungen über einen externen Versorgungsträger zu
finanzieren. Dennoch müssen die Ansprüche der Arbeitnehmer jeweils beim Unternehmen
passiviert werden.
21
Folglich liegt nach IAS 19.27(b) das versicherungsmathematische Risi-
ko, im Gegensatz zu beitragsorientierten Altersversorgungsplänen, allein beim Unterneh-
men.
22
Bedingt ist das Risiko z.B. durch unerwartete höhere zukünftige Pensionsleistungen
oder einer geringeren Anlagerendite.
23
Demzufolge verpflichtet sich das Unternehmen, Ver-
sorgungsleistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage genau
definierter Kriterien zu erbringen, die sich durch versicherungsmathematische Berechnungen
12
Vgl. Menzel W. (2005), Tz. 18.248
13
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2329
14
Vgl. Heuser, P.J. und Theile, C. (2005), Tz. 1110
15
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2329
16
Vgl. Petersen/Bansbach/Dornbach (Hrsg.) (2005), S.203
17
Vgl. Scheffler, E. (2004a), B 233, Tz. 514
18
Vgl. Herzig, N. (2004), S. 295
19
Vgl. Heuser, P.J. und Theile, C. (2005), Tz. 1115
20
Vgl. Petersen/Bansbach/Dornbach (Hrsg.) (2005), S.204
21
Vgl. Scheffler, E. (2004b), S. 252
22
Vgl. Wagenhofer, A. (2005), S. 298
23
Vgl. Petersen/Bansbach/Dornbach (Hrsg.) (2005), S.204

5
ermitteln lassen.
24
Die Berechnung hängt vom Gehalt und der Dauer des Dienstverhältnisses
ab, wobei die erwartete Höhe der Verpflichtung von Annahmen über die Zukunft abhängen,
sodass sich komplexe Bewertungsfragen ergeben.
25
Aus diesem Grund sind zum Bilanz-
stichtag versicherungsmathematische Gutachten erforderlich.
26
Die Pensionsrückstellung
berechnet sich aus dem Nettosaldo der in Anlage 1 auf Seite 41 dargestellten Positionen.
Die Wertermittlung der einzelnen Komponenten ist sehr umfassend, da Schätzprobleme auf-
treten,
27
die ich nun im Folgenden vorstelle.
2.2 Bilanzierung von leistungsorientierten Altersversorgungsplänen nach IAS 19
2.2.1 Versicherungsmathematische Annahmen (actuarial assumptions)
Für das Verständnis des IAS 19 ist der prospektive Ansatz zu beachten, nachdem sämtliche
Bewertungsparameter schon zu Beginn des Geschäftsjahres für das kommende Geschäfts-
jahr festzulegen sind.
28
Da der Barwert der künftigen Leistungsverpflichtung von zahlreichen
Umständen abhängt, müssen versicherungsmathematische Annahmen getroffen werden, die
nach IAS 19.73 nach ,,bestmöglichen Schätzungen" zu bestimmen sind, die ich nun im Fol-
genden näher ausführe.
2.2.1.1 Demographische Bewertungsparameter
Bei der Bewertung der Leistungsverpflichtung müssen Unsicherheitsfaktoren berücksichtigt
werden.
29
Dazu gehören die Sterblichkeit, Invalidität, Eheschließungen, angenommene Fluk-
tuationen, Gehalts- und Rententrends sowie künftige Renten- und Gehaltsanpassungen
durch Karrieretrends
als auch medizinische Leistungsversorgungen.
30
Aufgrund weltweit
struktureller Unterschiede sind für die Bestimmung der Sterblichkeitswahrscheinlichkeiten
internationale unterschiedliche Wahrscheinlichkeitstafeln zu verwenden. So sind in Deutsch-
land die ,,Richttafeln 1998 von Klaus Heubeck"
31
, in Großbritannien die ,,English Life Table
Nr.14"
32
, in den USA die ,,Group Annuity Mortality Table 1983"
33
heranzuziehen. Ende Juli
2005 wurden in Deutschland neue ,,Richttafeln 2005G"
34
zur Bewertung von Pensionsver-
pflichtungen herausgegeben. Dabei handelt es sich nicht wie bei den Richttafeln von Klaus
Heubeck von 1998 um Periodentafeln, bei denen die Sterbewahrscheinlichkeit im Zeitablauf
unverändert blieb, sondern um Generationentafeln, bei denen die Sterbewahrscheinlichkeit
24
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19, Tz. 80
25
Vgl. Wagenhofer, A. (2005), S. 299)
26
Vgl. Schruff, L. (2004), Abschnitt 16, Tz. 20
27
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19, Tz. 84
28
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2329
29
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 87
30
Vgl. Petersen/Bansbach/Dornbach (Hrsg.) (2005), S.206
31
Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 88
32
Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 88
33
Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 88
34
Schmidt, R. und Kloss, C. (2005), S. 1f.

6
nicht nur vom Alter, sondern auch vom Geburtsjahrgang abhängt.
35
Ein Wechsel der Sterbe-
tafeln wirkt werterhöhend auf die Pensionsverpflichtungen.
36
Die internationale unterschiedliche Vorgehensweise ist trotz des Grundsatzes der
einheitlichen Bilanzierung und Bewertung nach IAS 27.21 konform, wenn die Parameter die
tatsächlichen Gegebenheiten widerspiegeln.
37
2.2.1.2 Ökonomische Bewertungsparameter
Ökonomische Bewertungsparameter hängen vom Unternehmen selbst oder von der Ge-
samtwirtschaft ab.
38
Dazu gehören die im Folgenden erläuterten Faktoren.
2.2.1.2.1 Konsistenz der Parameter
Die grundsätzliche Festlegung der versicherungsmathematischen Annahmen sind nach
IAS 19.72 ,,unvoreingenommen" vorzunehmen und die Annahmen sind ,,nebeneinander ab-
zustimmen". Dieser Grundsatz berührt nur die ökonomischen Bewertungsparameter.
39
Die
Wahl erfolgt nach IAS 19.74 unvoreingenommen, wenn die Annahmen ,,weder unvorsichtig
noch übertrieben vorsichtig" sind. Grundgedanke dieser wertfreien Konsistenzforderung ist
das Problem oft unsicherer Schätzungen von zukünftigen langfristigen Trends. Damit die
inhaltliche Konsistenz der Parameter erreicht wird, sind wirtschaftliche Gesamtzusammen-
hänge zu berücksichtigen. Demnach ist die gleiche Inflationsrate im Zinsniveau, im Entgelt-
trend und im Ertrag des Planvermögens zu berücksichtigen. So ist zuerst eine Gesamtbe-
trachtung sämtlicher Faktoren vorzunehmen, bevor die einzelnen Parameter bestimmt wer-
den.
40
2.2.1.2.2 Abzinsungssatz
Da der Barwert der zukünftigen Leistungsverpflichtung zum Bilanzstichtag nach IAS 19.54(a)
bilanziert werden muss, orientiert sich der Zinssatz nach IAS 19.78 an der Rendite von erst-
rangigen festverzinslichen Industrieanleihen am Bilanzstichtag, die mindestens ein AA- Ra-
ting erfüllen. Falls keine Industrieobligationen vorhanden sind, müssen die am Bilanzstichtag
geltenden Marktrenditen von Regierungsanleihen zu Grunde gelegt werden. In diesem letzt-
genannten Fall erhöht die Praxis die Rendite um 0,5 bis 1 Prozentpunkte, da Industrieanlei-
hen eine höhere Rendite aufweisen als Regierungsanleihen. Der Ansatz des Stichtagszinses
wird damit begründet, dass ein fremder Versorgungsträger die künftigen Versorgungsver-
pflichtungen auch nur mit diesem Effektivzins abzinst.
41
35
Vgl. Schmidt, R. und Kloss, C. (2005), S. 1f.
36
Höfer, R. und Früh, H.-G. (2005b), S. 2429
37
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 89
38
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 87
39
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 90
40
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19,Tz. 91
41
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2331

7
Die Wahl des Zinssatzes hat entscheidende Auswirkungen auf die Bewertung von Pensions-
rückstellungen, da eine Erhöhung des Zinssatzes um 1% eine Minderung der Verpflichtung
um bis zu 15% bedeuten kann.
42
Dennoch liegt die Zinssatzwahl der freien Entscheidung des Unternehmens. Wie sich
die DAX 30- Unternehmen bei der Zinssatzwahl in 2004 entschieden haben, wird in Kapitel
3.5.1 beschrieben. Interessant mag es nun erscheinen, wie sich die übrigen Unternehmen im
Jahr 2004 entschieden haben. Denn diese Werte sind repräsentativ für die Nicht- DAX orien-
tierten Unternehmen. Die Zinsspanne liegt zwischen 3,5% und 6%, wobei sich fast 90% in
einer Bandbreite von 4,75% und 5,5% bewegt haben. 31% dieser untersuchten Unterneh-
men wählten einen Zinssatz von 5,25%, ca. 24% der Unternehmen haben sich für einen
Zinssatz von 5% und weitere 16% haben sich für einen Zinssatz von 4,75% entschieden.
Wird der prozentuale Anteil dieser Unternehmen zusammengezählt, die diese drei unter-
schiedlichen Zinssätze gewählt haben, so erkennt man, dass dies schon 71% sind.
43
Der Abwärtstrend des Zinsniveaus hat auch in 2005 angedauert. Ende Oktober 2005
sind die Zinssätze weiter um 0,5% bis 0,6% gegenüber den Vorjahreswerten gesunken. Bei
den meisten Unternehmen würde sich zum Bilanzstichtag am 31.12.2005 ein Zinssatz in der
Bandbreite von 4% bis 4,5% ergeben, wobei in der Praxis häufig ein Zinssatz von 4,25%
gewählt wird. Aus dieser niedrigeren Abzinsung erhöht sich die Pensionsverpflichtung um
6% bis 10%.
44
Nun stellt sich die Frage, ob die Wahl des Zinssatzes von dem Anteil an Anwärter
und Rentner abhängt. IAS 19.78, IAS 19.80 und IAS 19.81 fordern eine Anpassung des
Zinssatzes an die Laufzeit der Verpflichtung. Diese Verpflichtungsdauer ist i.d.R. bei Versor-
gungsanwärtern größer als bei Rentnern. Daher wird bei einem größeren Anwärterbestand
ein höherer Zinssatz gewählt, da langfristige festverzinsliche Wertpapiere eine größere
Marktrendite gewähren. Umgekehrt ist es bei einem größeren Rentnerbestand, denn kurz-
fristige festverzinsliche Wertpapiere werfen eine geringere Rendite ab.
45
In Anlage 2 auf
Seite 42 können aktuelle Bandbreiten für den Diskontierungszinssatz bei der Bewertung von
Pensionsverpflichtungen nach internationalen Rechnungslegungssystemen, in Abhängigkeit
des Anwärter- und Rentnerbestandes, eingesehen werden. Zu erkennen ist, dass bei einem
hohen Anwärterbestand ein Zinssatz von über 4% gewählt wurde, während bei einem hohen
Rentnerbestand der Zinssatz bei 3,5% im September 2005 gewählt wurde.
Der Zinssatz soll nach IAS 19.79 kein Investitionsrisiko abbilden, sondern den aktuel-
len Zeitwert der Verpflichtung. Demzufolge darf der Zinssatz kein Anlagerisiko und auch kein
Ausfallrisiko berücksichtigen.
46
42
Vgl. Seeger, N. (2005), S. 345
43
Vgl. Höfer, R. und Früh, H.-G. (2005a), S.1177
44
Vgl. Höfer, R. und Früh, H.-G. (2005b), S. 2428
45
Vgl. Höfer, R. und Früh, H.-G. (2005a), S.1178
46
Vgl. Wagenhofer, A. (2005), S. 302

8
Kritisch zu beleuchten ist nun, ob es sinnvoll ist, den gewählten Zinssatz unbedingt auf den
Bilanzstichtag nach IAS 19.78 abzustellen. Alle anderen Bewertungsparameter werden aus
der Vergangenheit abgeleitet und in die Zukunft projiziert. Da Versorgungsverpflichtungen
über einen größeren Zeitraum bestehen, ist es sachgerechter, wenn auf einen Durch-
schnittszinssatz vieler Jahre zurückgegriffen wird. Denn bei Ansatz der zufälligen Rendite für
festverzinsliche Wertpapiere am Bilanzstichtag, können sich extreme Schwankungen erge-
ben, sodass zu unrecht von Stichtagswerten ausgegangen wird. Durch die Anwendung einer
Durchschnittsrendite könnte sogar auf den Korridor, der in Kapitel 3.3.2 beschrieben wird,
verzichtet werden.
47
Nach Höfer sind die Ergebnisse willkürlich, da durch einen Ansatz des
Stichtagszinses der Langfristcharakter der Versorgungsverpflichtung ignoriert werde.
48
Den-
noch lehnt das IASB einen Durchschnittszinssatz vergangener Jahre ab, da eine Anpassung
an langjährigen Trends ,,unbegründet"
49
sei, der Personalaufwand durch den Stichtagszins
eindeutig dargestellt werde und bei einem vorhandenen Planvermögen auch der Fair Value
zum Bilanzstichtag zugrunde gelegt wird.
50
2.2.1.2.3 Trendannahmen
Bereits am Bilanzstichtag müssen nach IAS 19.83 die künftigen Entgeltstrukturen der letzten
aktiven Jahre des Anwärters zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand berücksichtigt
werden. Demzufolge sind Annahmen über kaufkraft- und inflationsverursachende Entgeltan-
passungen bezüglich des allgemeinen Lohn- bzw. Gehaltsniveaus aber auch strukturelle
Anpassungen durch karrierebedingte Lohn- und Gehaltsänderungen des jeweiligen Anwär-
ters zu treffen.
51
Die langfristig zu erwartende Einkommens- und Rentendynamik sind jährlich
zu überprüfen und ggf. neu festzusetzen. Jede Annahme soll für sich betrachtet die beste
Schätzung einer künftigen Entwicklung widerspiegeln. Aber insgesamt sollen alle Parameter
plausibel zu den wirtschaftlichen Gegebenheiten passen.
52
Rentensteigerungen richten sich oft an der erwarteten Inflationsrate, die z.Z. zwi-
schen 1,5% und 2% liegt.
53
Trotzdem müssen unternehmensspezifische Gegebenheiten bei
der Bestimmung des Gehalts- und des Rententrends beachtet werden.
54
Diese Werte wer-
den i.d.R. aus Durchschnittsbeträgen der Vergangenheit abgeleitet und in die Zukunft proji-
ziert.
55
47
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2331
48
Vgl. Höfer, R. (2004), S. 259
49
Kühne, E. u.a. (2005), S. 2370
50
Vgl. Kühne, E. u.a. (2005), S. 2370
51
Vgl. Wollmert, P. u.a. (2005), IAS 19, Tz. 95
52
Vgl. Bode, J. und Thurnes, G. (2004), S. 2706f
53
Vgl. Heuser, P.J. und Theile, C. (2005), Tz. 1123
54
Vgl. Bode, J. und Thurnes, G. (2004), S. 2707
55
Vgl. Höfer/Verhuven/Young, (2004), S. 2330

9
2.2.1.2.4 Fair Value eines Planvermögens (plan assets) und ein erwarteter Kapitaler-
trag auf das Planvermögen
Um die späteren Versorgungsleistungen erfüllen zu können, sind diese Mittel innerhalb oder
außerhalb des Unternehmens anzusammeln. Die Mittel die außerhalb angesammelt werden,
bilden das Planvermögen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen muss
nach IAS 19.7 die ausgelagerte Einheit rechtlich unabhängig sein, und zum anderen muss
das Vermögen ausschließlich zur Finanzierung von Versorgungsleistungen bestimmt sein,
sodass Gläubiger keinen Zugriff darauf haben.
56
Nach IAS 19.102 ist das Planvermögen mit
dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) zu bewerten. Eine Schätzung des beizulegenden
Zeitwertes des Planvermögens findet statt, wenn kein Marktwert vorhanden ist. In diesem
Fall werden die erwartenden künftigen Cashflows auf den Stichtag diskontiert und ein Zins-
satz zu Grunde gelegt, der sämtliche Risiken berücksichtigt, die im Zusammenhang mit dem
Planvermögen stehen. Am Abschlussstichtag ist der Fair Value des Planvermögens mit den
Versorgungsverpflichtungen miteinander zu saldieren, d.h. es erfolgt nur ein Nettoausweis.
Eine Rückstellung ist nur i.H. einer Unterdeckung zu passivieren. Dies führt zu einem zutref-
fenden Ausweis der Vermögenslage. Denn eine Aktivierung des Planvermögens wäre falsch,
da dem Unternehmen die Verfügungsmacht über diese Vermögenswerte fehlt, da das Plan-
vermögen die ,,originäre Quelle"
57
zur Deckung der Versorgungsverpflichtung darstellt.
58
Wie sämtliche Komponenten ist auch der Ertrag auf das Planvermögen prospektiv,
d.h. zu Beginn des Geschäftsjahres für das kommende Geschäftsjahr zu schätzen.
59
Der
erwartete Ertrag aus Planvermögen stützt sich nach IAS 19.106 auf die zu Jahresbeginn
vermuteten Markterwartungen bezüglich der Anlageerträge des gesamten restlichen Ver-
pflichtungszeitraumes. Den erwarteten Ertrag auf das Planvermögen erhält man aus der Mul-
tiplikation des Planvermögens mit dem durchschnittlichen langfristig erwarteten geschätzten
Renditeprozentsatz.
60
Zur Veranschaulichung wird in Anlage 3 auf Seite 43 ein Berech-
nungsbeispiel vorgestellt. Diese Fallstudie ist Grundlage für weitere Berechnungen, damit
der Zusammenhang der einzelnen Positionen zu erkennen ist. In Anlage 3 ist zu erkennen,
dass bei planmäßigem Verlauf des Planvermögens der Anspruch des Arbeitnehmers am
Ende der Dienstzeit gerade durch den Gegenwert des angesammelten Planvermögens im
Pensionsfonds gedeckt werden kann.
2.2.2 Versicherungsmathematische Bewertungsmethode (PUC- Methode)
Durch die PUC- Methode, auch ,,Methode der laufenden Nettoeinmalprämie"
61
genannt, wird
der Barwert der Pensionsansprüche zum Bilanzstichtag ermittelt, der auch als ,,defined bene-
56
Vgl. Fülbier, R. und Sellhorn, T. (2004), S. 389
57
Feld, K.-P. (2003a), S. 584
58
Vgl. Feld, K.-P. (2003a), S. 584
59
Vgl. Heyd, R. (2003), S. 399
60
Vgl. Seeger, N. (2005), S. 349
61
Zimmermann, J. und Schilling, S. (2004), S. 485

10
fit obligation"
62
(DBO) bezeichnet wird. Die Nettoeinmalprämie ist der Betrag, zu dem am
Bilanzstichtag die gesamte Verpflichtung auf einmal aufgelöst werden könnte. Ein versiche-
rungsmathematischer Barwert ist zu jedem Abschlussstichtag zu ermitteln.
63
Damit dieser
Wert ermittelt werden kann, müssen im ersten Schritt die künftigen Pensionsleistungen für
jeden einzelnen Arbeitnehmer in ihrer absoluten Höhe geschätzt werden. Dies hängt von der
jeweiligen Pensionszusage und von statistischen Daten, wie Sterblichkeit, Fluktuation und
den restlichen Parametern, wie in Kapitel 2.2.1.1 und 2.2.1.2 erläutert, ab. Damit die Pensi-
onszahlungen auf den Pensionseintrittstermin abgezinst werden können, ist im zweiten
Schritt der Zinssatz aus Kapitel 2.2.1.2.2 heranzuziehen. Der so ermittelte Barwert der künf-
tigen Pensionszahlungen im Zeitpunkt des Pensionseintritts bildet nun die Grundlage für die
zu berücksichtigende Verpflichtung zum Bilanzstichtag. Dieser Barwert ist auf die Perioden
der aktiven Dienstzeit in einem dritten Schritt zu verteilen. Am Bilanzstichtag ist nun der An-
teil des Anspruches der auf frühere Dienstzeitperioden entfällt und der Teil der auf die lau-
fende Periode entfällt, zu bestimmen. Diese beiden Anteile stellen den bereits erarbeiteten
Anteil an der künftigen Leistung dar, der erneut auf den Bilanzstichtag abgezinst wird und
dieser Wert bildet den Barwert der leistungsorientierten Verpflichtung. Diese Methode wird
auch Anwartschaftsbarwertverfahren bezeichnet.
64
Nach IAS 19.64 ist die PUC- Methode die
einzig zulässige Bewertungsmethode. Diese Methode legt die Annahme zu Grunde, dass der
Arbeitnehmer jährlich einen zusätzlichen gleichen Anspruch erdient.
65
Folglich erhöht sich
die jährliche Rückstellung um den Zinsaufwand, der sich durch die einjährige Verzinsung der
Vorjahresrückstellung ergibt und um den Barwert der neu erdienten Pensionsansprüche
(Dienstzeitaufwand) für die aktiven Arbeitnehmer,
der sich nach einer Rentenformel berech-
net.
66
Durch diese Methode werden die jährlichen Aufwandszuführungen ansteigen, da der in
der nächsten Periode erworbene
Anspruch über einen kürzeren Zeitraum zu diskontieren ist
und mit jedem Jahr die Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Leistungsverpflichtung an-
steigt.
67
Der DBO ist von den vergangenen erdienten Pensionsansprüchen abhängig. Die
Ermittlung kann sehr einfach sein, wenn ein jährlich gleicher Pensionsanspruch von z.B. 1%
des Gehalts zu unterstellen ist.
68
Schwieriger ist es, wenn kompliziertere Pensionsformeln
angenommen werden, da der Pensionsanspruch und somit der Barwert nun von der Pensi-
onsformel abhängt. Eine Ausnahme liegt nach IAS 19.67 bei Pensionsformeln vor, die ein
,,backloading"
69
berücksichtigen, d.h. in späteren Arbeitsjahren sind mehr Pensionsansprü-
che zu erwerben als in früheren Jahren. In diesem Fall ist der Dienstzeitaufwand nicht nach
62
Zimmermann, J. und Schilling, S. (2004), S. 485
63
Vgl. Zimmermann, J. und Schilling, S. (2004), S. 485
64
Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen (2004), S. 406f.
65
Vgl. Wagenhofer, A. (2005), S. 299
66
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 31
67
Vgl. Herzig, N. (2004), S. 296
68
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 34
69
Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 35

11
der speziellen Pensionsformel zu verteilen, sondern linear auf die einzelnen Dienstjahre.
70
Grund für den späteren Anstieg des Anspruchs, ist eine geringere Fluktuation bei älteren
Arbeitnehmern. Auch ist bei älteren Arbeitnehmern mit steigenden Vergütungen zu rechnen,
aufgrund längerer Zugehörigkeitsdauer oder wegen Leistungsverbesserungen.
71
Liegt hin-
gegen ein ,,frontloading"
72
vor, d.h. in frühen Arbeitsjahren sind mehr Pensionsansprüche zu
erwerben als in späteren Jahren, ist der Pensionsanspruch nach der Pensionsformel zu ver-
teilen.
73
Daneben müssen auch versicherungsmathematische Gewinne und Verluste berück-
sichtigt werden.
74
Zusammengefasst lässt sich die Methode in drei Schritten erklären. Zuerst
müssen für jeden einzelnen Arbeitnehmer die künftigen Pensionsleistungen in ihrer absolu-
ten Höhe geschätzt werden, in einem zweiten Schritt ist dieser Wert auf den Pensionsein-
trittstermin abzuzinsen und in einem dritten Schritt auf die Perioden der aktiven Dienstzeit
des Arbeitnehmers zu verteilen.
75
Anlage 4a auf Seite 44 stellt dies schematisch dar. Ein
vereinfachtes Zahlenbeispiel ist in Anlage 4b auf Seite 45-46 zusammengestellt.
3 Problematik von leistungsorientierten Versorgungszusagen
Im ersten Teil dieses Kapitels sollen die einzelnen Bestandteile des Pensionsaufwands auf-
gezeigt werden. Nachfolgend werden Gründe für das Entstehen von versicherungsmathema-
tischen Gewinne und Verluste vorgestellt. Die Behandlung dieser versicherungsmathemati-
schen Gewinne und Verluste wird anschließend herausgearbeitet und es werden jeweils die
Vor- und Nachteile diskutiert.
3.1 Bestandteile des Pensionsaufwands
3.1.1 Grundsätzliche Erfassung
Nach IFRS ist grundsätzlich der Aufwand periodengerecht zu dem Zeitpunkt zu buchen, zu
dem er entsteht. Die Bildung einer Rückstellung erfolgt bei Erbringung der Arbeitsleistung
des Arbeitnehmers.
76
Bereits zu Beginn der Periode ist auf Basis der am Jahresanfang vor-
liegenden Daten der Pensionsaufwand mit Wertstellung zum Jahresende zu kalkulieren, d.h.
es erfolgt ein aufwandsbezogener und kein stichtagsbezogener Bilanzansatz.
77
Demzufolge
steht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Pensionsaufwand fest.
In Anlage 5 auf Seite 47 wird ein Berechnungsschema zur Ermittlung des Pensions-
aufwands vorgestellt, das ich nun nachfolgend erläutern werde. In Anlage 6 auf Seite 48
erfolgt ein Zahlenbeispiel, welches sich an das Ausgangsbeispiel in Anlage 3 auf Seite 43
70
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 35
71
Vgl. Schruff, L. (2004), Abschnitt 16, Tz. 26
72
Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 35
73
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 35
74
Vgl. Petersen/Bansbach/Dornbach (Hrsg.) (2005), S. 206
75
Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen (2004), S. 406
76
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 15
77
Vgl. Rhiel, R. (2005a), § 22, Tz. 16

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836605489
DOI
10.3239/9783836605489
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart – Internationale Rechnungslegung, Studiengang Steuern- und Prüfungswesen
Erscheinungsdatum
2007 (September)
Note
1,0
Schlagworte
altersversorgung gewinn- verlustrechnungsplanung versicherungsmathematik international accounting standards korridormethode mindesttilgungsbetrag
Zurück

Titel: Alternative Behandlung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste nach IAS 19 und deren Vor- und Nachteile
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
79 Seiten
Cookie-Einstellungen