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Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Automobilmarketing

©2007 Diplomarbeit 118 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
„Alt“– eine ernüchternde Aussage, die in unserer Gesellschaft unterschiedliche und meist negative Assoziationen hervorruft. In Zukunft wird aber genau diese Begrifflichkeit die Bevölkerungsstrukturen in vielen Ländern der westlichen Welt kurz und prägnant beschreiben. Immer weniger junge Menschen rücken in der Bevölkerungspyramide auf, und sie stehen einer immer größer werdenden Zahl älterer Menschen gegenüber. Das Resultat ist eine alternde Gesellschaft.
Vor dem Hintergrund sinkender Geburtenraten, einer steigenden Lebenserwartung und der daraus resultierenden Überalterung wird der demografische Wandel auch in der Bundesrepublik Deutschland die traditionellen Alters- und Gesellschaftsstrukturen signifikant verändern. Die Gruppe der über 50-jährigen Konsumenten stellt, mit rund 30 Millionen, bereits heute die größte Zielgruppe dar. - Tendenz steigend. Nach statistischen Erhebungen wird im Jahr 2050 ein Drittel der deutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Diese Entwicklung eröffnet insbesondere für die Wirtschaft bisher nicht ausgeschöpfte Potenziale.
Trotzdem scheint es, als würden die Marketing- und Produktmanager um die ältere Zielgruppe herumschleichen, wie die sprichwörtliche Katze um den heißen Brei. „König Kunde trägt inzwischen immer mehr graue Strähnen in seinem Haar, doch […] in der Werbung dominieren nach wie vor junge, makellose Models.“ Diese weit verbreitete Zurückhaltung der Unternehmen ist auf das gesellschaftliche Altersbild zurückzuführen. Das Alter steht als Synonym für körperlichen und geistigen Aktivitäts- und Flexibilitätsverlust und für zunehmende Pflegebedürftigkeit. Aus Sicht vieler Unternehmen harmonisieren ältere Menschen daher nicht mit dem mühevoll erarbeiteten jugendlichen Image. Die Unternehmen können es sich jedoch nicht leisten, die demografischen Entwicklungen unberücksichtigt zu lassen, denn wer sich heute an den Bedürfnissen und Wünschen älterer Konsumenten orientiert, besitzt morgen die Wachstumsmärkte der Zukunft. Es bedarf somit eines grundlegenden Richtungswechsels, um die Unternehmen gegenüber den Anforderungen der älteren Zielgruppe umfangreich zu sensibilisieren.
Als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Bundesrepublik Deutschland wird die Automobilbranche in besonderem Maße von der strukturellen Entwicklung in der Bevölkerung multilateral tangiert. Selbstständigkeit und Unabhängigkeit übernehmen auch im Alter einen besonderen Stellenwert. Entwicklungen in der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tobias Beisswenger
Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Automobilmarketing
ISBN: 978-3-8366-0437-6
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Trier, Trier, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

II
Im Grunde haben die Menschen nur zwei Wünsche: Alt zu werden und dabei
jung zu bleiben.
-Peter Bamm-
dt. Schriftsteller 1897­1975

III
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... V
TABELLENVERZEICHNIS ... VI
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... VII
1
EINLEITUNG...1
1.1
P
ROBLEMSTELLUNG
...1
1.2
Z
IELSETZUNG UND
V
ORGEHENSWEISE
...3
2
DEMOGRAFISCHER WANDEL: EIN GLOBALES PHÄNOMEN ...4
2.1
G
RUNDLAGEN DES DEMOGRAFISCHEN
W
ANDELS
...4
2.1.1
Einflussfaktoren der Bevölkerungsentwicklung...4
2.1.2
Demografische Entwicklung in Deutschland...6
2.1.3
Deutschland im Vergleich: Demografischer Wandel in Japan..10
2.2
W
IRTSCHAFTLICHE
A
USWIRKUNGEN
...11
2.2.1
Entwicklungstendenzen der Zielgruppen...11
2.2.2
Abgrenzung der Zielgruppe 50plus...14
2.2.3
Marktpotenzial der Generation 50plus...18
2.3
K
ONSUMVERHALTEN DER
G
ENERATION
50
PLUS
...20
2.3.1
Wertewandel der Generationen...20
2.3.2
Veränderungen im Alter...22
2.3.3
Bedürfnisse im Alter...24
3
BEDEUTUNG DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS FÜR DIE
AUTOMOBILINDUSTRIE ...27
3.1
A
UTOMOBILINDUSTRIE IN
D
EUTSCHLAND
...27
3.1.1
Besonderheiten der Automobilbranche...27
3.1.2
Entwicklungstendenzen der Automobilbranche...28
3.2
B
EDEUTUNG DER
G
ENERATION
50
PLUS FÜR DIE
H
ERSTELLER
...31
3.2.1
Automobil als Symbol der mobilen Freiheit...31
3.2.2
Mobilitätshindernisse im Alter...33
3.2.3
Entwicklungen und neue Technologien...34

IV
3.3
K
ONSUMVERHALTEN DER
G
ENERATION
50
PLUS IN DER
A
UTOMOBILINDUSTRIE
...37
3.3.1
Grundlagen des Kaufverhaltens...37
3.3.2
Modell der Automobilkaufentscheidung...41
3.3.3
Kaufentscheidungskriterien der Generation 50plus im
Automobilmarkt...44
3.4
E
NTWICKLUNG EINES
B
EZUGSRAHMENS
...48
4 ZIELGRUPPENORIENTIERTES MARKETING IN DER
AUTOMOBILINDUSTRIE ...49
4.1
K
ONZEPTIONELLE
G
RUNDLAGEN DES
A
UTOMOBILMARKETINGS
...49
4.2
P
RODUKTPOLITIK
...55
4.2.1
Besonderheiten der Generation 50plus...55
4.2.2
Universelle Produktgestaltung...58
4.3
P
REISPOLITIK
...64
4.3.1
Besonderheiten der Generation 50plus...64
4.3.2
Preisdifferenzierung...66
4.4
V
ERTRIEBSPOLITIK
...70
4.4.1
Gestaltung des Vertriebssystems...70
4.4.2
Zielgruppenorientierte Serviceleistungen...72
4.5
K
OMMUNIKATIONSPOLITIK
...73
4.5.1
Inhaltliche Aspekte...73
4.5.2
Formale Aspekte...76
4.5.3
Mediaselektion...78
5
SCHLUSSBETRACHTUNG ...82
LITERATUR-/QUELLENVERZEICHNIS ...85
ANHANG... VIII

V
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Determinanten der Bevölkerungsentwicklung...4
Abb. 2: Entwicklung der Geburtenrate, der Sterberate und der Alterstruktur..8
Abb. 3: Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands 2004 und 2050 im
Vergleich...9
Abb. 4: Einflussfaktroren auf den Wachstumsmarkt 50plus...18
Abb. 5: Verteilung der Kaufkraft 2005...19
Abb. 6: Wertewandel der Generationen...21
Abb. 7: Monatliche Ausgaben in verschiedenen Konsumbereichen...26
Abb. 8: Nissan Around View Monitor...37
Abb. 9: Phasen der Automobilkaufentscheidung...42
Abb. 10: Hierarchische Zielebenen der Marketingkonzeption...50
Abb. 11: Bewertung einzelner produktbezogener Faktoren im Vergleich...56
Abb. 12: Bevorzugte Fahrzeugart in der Stichprobe...58
Abb. 13: Die sieben Prinzipien des Universal Design...60
Abb. 14: Bevorzugte Automobilmarken in der Stichprobe...66
Abb. 15: Bewertung zusätzlicher Ausstattungskomponenten...68
Abb. 16: Bevorzugte Kommunikationskanäle in der Stichprobe...78

VI
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Etwicklung und Tendenzen der Altersgruppen im Überblick...12
Tab. 2: Kaufkraft 2005 in Deutschland nach Altersklassen...19
Tab. 3: Struktureller Aufbau der Stichprobe...49

VII
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
ABS
Antiblockiersystem
ACC
Adaptive Cruise Control
ASR
Antriebs-Schlupf-Regelung
BMW Bayrische Motoren Werke
bzw.
beziehungsweise
DAT
Deutsche Automobil-Treuhand
ESP
Elektronisches Stabilitätsprogramm
et al.
et alii
o.S.
ohne Seitenzahl
PKW
Personenkraftwagen
SUV
Sports-Utility-Vehikel
Tab.
Tabelle
vgl.
vergleiche
VW
Volkswagen
z.B.
zum Beispiel

1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
,,Alt"­ eine ernüchternde Aussage, die in unserer Gesellschaft unterschiedliche und
meist negative Assoziationen hervorruft.
1
In Zukunft wird aber genau diese Begriff-
lichkeit die Bevölkerungsstrukturen in vielen Ländern der westlichen Welt kurz und
prägnant beschreiben. Immer weniger junge Menschen rücken in der Bevölkerungs-
pyramide auf, und sie stehen einer immer größer werdenden Zahl älterer Menschen
gegenüber.
2
Das Resultat ist eine alternde Gesellschaft.
Vor dem Hintergrund sinkender Geburtenraten, einer steigenden Lebenserwartung
und der daraus resultierenden Überalterung wird der demografische Wandel
3
auch in
der Bundesrepublik Deutschland die traditionellen Alters- und Gesellschaftsstruktu-
ren signifikant verändern.
4
Die Gruppe der über 50-jährigen Konsumenten stellt, mit
rund 30 Millionen, bereits heute die größte Zielgruppe dar. - Tendenz steigend. Nach
statistischen Erhebungen wird im Jahr 2050 ein Drittel der deutschen Bevölkerung
über 65 Jahre alt sein.
5
Diese Entwicklung eröffnet insbesondere für die Wirtschaft
bisher nicht ausgeschöpfte Potenziale.
Trotzdem scheint es, als würden die Marketing- und Produktmanager um die ältere
Zielgruppe herumschleichen, wie die sprichwörtliche Katze um den heißen Brei.
6
,,König Kunde trägt inzwischen immer mehr graue Strähnen in seinem Haar, doch
[...] in der Werbung dominieren nach wie vor junge, makellose Models."
7
Diese weit
verbreitete Zurückhaltung der Unternehmen ist auf das gesellschaftliche Altersbild
zurückzuführen. Das Alter steht als Synonym für körperlichen und geistigen Aktivi-
täts- und Flexibilitätsverlust und für zunehmende Pflegebedürftigkeit. Aus Sicht vieler
Unternehmen harmonisieren ältere Menschen daher nicht mit dem mühevoll
erarbeiteten jugendlichen Image.
8
Die Unternehmen können es sich jedoch nicht
1
Vgl. Schirrmacher (2004), S. 13.
2
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 2.
3
Vgl. Kapitel 2.
4
Vgl. Lienhard (2006), S. 17.
5
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 16.
6
Vgl. Michael (2006), S. 90.
7
Haimann (2005), S. 10.

2
teten jugendlichen Image.
8
Die Unternehmen können es sich jedoch nicht leisten, die
demografischen Entwicklungen unberücksichtigt zu lassen, denn wer sich heute an
den Bedürfnissen und Wünschen älterer Konsumenten orientiert, besitzt morgen die
Wachstumsmärkte der Zukunft.
9
Es bedarf somit eines grundlegenden Richtungs-
wechsels, um die Unternehmen gegenüber den Anforderungen der älteren Zielgrup-
pe umfangreich zu sensibilisieren.
Als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Bundesrepublik Deutschland wird die
Automobilbranche in besonderem Maße von der strukturellen Entwicklung in der Be-
völkerung multilateral tangiert. Selbstständigkeit und Unabhängigkeit übernehmen
auch im Alter einen besonderen Stellenwert.
10
Entwicklungen in der Demografie wur-
den bislang jedoch von den Automobilherstellern nur in geringem Maße bei der Ges-
taltung von Marketingkonzepten berücksichtigt. Dabei unterscheiden sich die Mobili-
tätsansprüche älterer Menschen von denen jüngerer grundlegend.
11
Für ein zu-
kunftsorientiertes Automobilmarketing drängen sich daher die folgenden Fragen auf:
· Welche zentralen Einflussfaktoren wirken auf die Kaufentscheidung der älte-
ren Zielgruppe?
· Welche Besonderheiten müssen hinsichtlich der Ausrichtung des Marketing-
instrumentariums berücksichtigt werden, um eine adäquate Ansprache zu
ermöglichen?
Mit der Beantwortung dieser Fragen befasst sich die vorliegende wissenschaftliche
Arbeit, in der die Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Automobil-
marketing untersucht werden. Der Fokus liegt auf der Ausgestaltung der vier grund-
legenden Instrumente des operativen Marketingmanagements für eine bedarfsge-
rechte Ansprache der älteren Konsumentengruppe. Mithilfe einer empirischen Erhe-
bung wird ein konkreter und einheitlicher Handlungsrahmen entwickelt, mit dessen
Hilfe eine zielgruppenspezifische Konzeption der Marketingmaßnahmen im Hinblick
8
Vgl. Nolte (2006), S. 147
.
9
Vgl. Opaschowski (2000), S. 129.
10
Vgl. Kapitel 2.3.3.
11
Vgl. Lienhard (2006), S. 85; vgl. auch Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel (2006), S. 68.

3
auf die wirtschaftlich interessante Zielgruppe der über 50-Jährigen erleichtert werden
soll.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Die Arbeit untergliedert sich in fünf Kapitel. Nach der thematischen Einführung wer-
den in Kapitel 2 die Grundlagen des demografischen Wandels behandelt. Diese wer-
den anhand der Bevölkerungsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland veran-
schaulicht. In diesem Zusammenhang sollen auch die Besonderheiten bei der Ab-
grenzung der Zielgruppen 50plus dargestellt und die für das Konsumverhalten rele-
vanten Einflussfaktoren des Alterungsprozesses aufgezeigt werden.
Kapitel 3 behandelt die Bedeutung der älteren Zielgruppe für die Automobilindustrie.
Im Mittelpunkt stehen neben den Besonderheiten und Entwicklungstendenzen der
Automobilindustrie die Mobilitätsanforderungen älterer Menschen und die daraus re-
sultierenden Auswirkungen für die Entwicklung neuer Technologien. Weiterhin wer-
den die kaufverhaltenstheoretischen Grundlagen im Hinblick auf die Automobilkauf-
entscheidung dargestellt und die für die Generation 50plus relevanten Einflussfakto-
ren herausgearbeitet. Abschließend werden zentrale Hypothesen über die kaufbeein-
flussenden Parameter gebildet, die mit Hilfe einer empirischen Erhebung auf ihre Re-
levanz hin untersucht werden sollen.
Im Zentrum von Kapitel 4 stehen die elementaren Grundlagen des operativen Marke-
tings unter besonderer Berücksichtigung des Automobilmarktes. Mithilfe der Ergeb-
nisse einer durchgeführten Befragung werden spezifische produkt-, preis-, vertriebs-
und kommunikationspolitische Empfehlungen erarbeitet, um praktische Anwen-
dungsmöglichkeiten für die deutschen Automobilhersteller zu erhalten.
Zum Schluss dieser Arbeit werden in Kapitel 5 die wesentlichen Erkenntnisse über
den Umgang mit den Kohorten der Generation 50plus, im Rahmen des operativen
Marketingmanagements in der Automobilbranche, noch einmal kurz zusammenge-
fasst.

4
2 Demografischer Wandel: Ein globales Phänomen
2.1 Grundlagen des demografischen Wandels
2.1.1 Einflussfaktoren der Bevölkerungsentwicklung
Die Begrifflichkeit Demografie entstammt dem Griechischen und kann mit den Wor-
ten ,,Volk beschreiben" übersetzt werden.
12
Hieraus abgeleitet beschreibt der demo-
grafische Wandel eine strukturelle Veränderung des Altersaufbaus, der durch eine
zunehmende Zahl älterer Menschen, die einer immer geringeren Zahl jüngeren Be-
völkerungsschichten gegenüberstehen, gekennzeichnet ist.
13
Für einen funktionie-
renden Wirtschaftskreislauf ist jedoch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen jünge-
ren und älteren Generationen langfristig überlebenswichtig. Nur so können Werte
geschaffen, Dienstleistungen bereitgestellt und Wohlstand gesichert werden.
14
Für
die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist neben dem aktuellen Ist-Zustand auch
die Entwicklung der Demografie ausschlaggebend, die maßgeblich durch drei De-
terminanten beeinflusst wird (vgl. Abb. 1).
15
12
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 8.
13
Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), S. 9.
14
Vgl. Kröhnert et al. (2006), S. 10.
15
Vgl. Lienhard (2006), S.15.
Demografische
Entwicklung
Alterung der
Gesellschaft
Abnahme der
Geburtenhäufigkeit
Wanderungs-
bewegungen
Abb. 1: Determinanten der Bevölkerungsentwicklung
Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 1

5
Als erster Parameter beeinflusst die Alterung der Gesellschaft die Bevölkerungsent-
wicklung. ,,Viele von uns werden gleichzeitig mir ihren Eltern, Großeltern und Urgroß-
eltern auf der Welt sein", beschreibt Schirrmacher treffend die Auswirkungen einer
steigenden Lebenserwartung auf die Bevölkerungsstrukturen.
16
In vielen Ländern der
westlichen Welt steigt die durchschnittliche Lebenserwartung kontinuierlich an. In
den USA und Europa beispielsweise jährlich um drei Monate.
17
Die Folge ist eine
Zunahme der älteren Bevölkerungsanteile an der Gesamtbevölkerung. Auch die
Hochaltrigkeit, ab dem 100. Lebensjahr, wird in Zukunft keine Besonderheit mehr
darstellen. Dabei betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in Europa noch zu
Beginn des 20. Jahrhunderts 40 bis 45 Jahre.
18
Heute wird sie in den europäischen
Mitgliedsstaaten mit 75,9 Jahren für Jungen und 81,8 Jahren für Mädchen angege-
ben.
19
Das entspricht einer Verdopplung innerhalb nur eines Jahrhunderts. Die
Gründe für diese rasante Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung liegen
vor allem in einer verbesserten medizinischen Grundversorgung und den nahezu
optimalen hygienischen Bedingungen. Auch verbesserte Arbeitsbedingungen, gere-
gelte Arbeitszeiten und umfangreiche Freizeitaktivitäten tragen zu einer längeren Le-
benserwartung der Bevölkerung bei.
20
Als zweiter Faktor wirkt die Geburtenrate auf die Bevölkerungsstrukturen. Eine Ge-
sellschaft schrumpft, wenn die Generation der Kinder zahlenmäßig der Elterngenera-
tion unterlegen ist. Insbesondere in den westlichen Industrienationen hat sich eine
rückläufige Generativität zu einem bedeutenden Merkmal des demografischen Wan-
dels entwickelt, was sich in konstant niedrigen Geburtenraten widerspiegelt.
21
In den
letzten Jahrzehnten liegen die Geburtenzahlen in den europäischen Industrieländern
im Durchschnitt 30 Prozent unter dem Ersatzniveau
22
von 2,1 Kindern. Als Indikator
16
Schirrmacher (2004), S. 10.
17
Vgl. Schirrmacher (2004), S. 23.
18
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 4.
19
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006),
S. 40.
20
Vgl. Lehr (2006), S. 23; vgl. auch Lienhard (2006), S. 15.
21
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 5.
22
Das Ersatzniveau bezeichnet die durchschnittlich notwendige Kinderzahl pro Paar bzw. pro Frau in
einer Population, die zum Ersatz der gesamten Elterngeneration führt. Dies führt dazu, dass die Popu-
lationsgröße dauerhaft stabil bleibt. In entwickelten Volkswirtschaften mit niedriger Kindersterblichkeit
müssen dazu durchschnittlich 2,1 Kinder je Frau geboren werden. Vgl. Berlin-Institut für Bevölkerung
und Entwicklung (ohne Datum), o.S.

6
für die Messung der Generativität eines Landes dient die Fertilitätsrate. Sie wird
durch die Zahl der geborenen Kinder je Frau dargestellt.
23
Die in vielen Ländern zu beobachtende rückläufige Entwicklung der Geburtenrate ist
auf unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungen zurückzuführen. Traditionelle
Wertvorstellungen verlieren zunehmend an Bedeutung und werden von einer moder-
nen und hedonistischen Denkweise in den Hindergrund gedrängt. Die Gründung ei-
ner Familie steht bei vielen Frauen nicht mehr im Mittelpunkt, sondern wird durch
berufliche Karriere und eine materialistische Lebensweise ersetzt. Insbesondere qua-
lifizierte Frauen bleiben, aufgrund langer Ausbildungszeiten und dem Konfliktpoten-
zial zwischen Karriere und Familie, zunehmend kinderlos.
24
Als dritter Faktor beeinflussen Wanderungsbewegungen die Entwicklung der Demo-
grafie. Migration beschreibt die dauerhafte geografische Verlagerung des Lebensmit-
telpunktes einer Person.
25
In statistischen Erhebungen wird zwischen Binnenmigrati-
on und internationaler Migration unterschieden. Die Auswirkungen der Migration aus
dem In- und Ausland auf die Demografie sind sehr komplex und abhängig von sozia-
len, politischen und ökonomischen Bedingungen. Durch unvorhersehbare Schwan-
kungen und durch eine fehlende Definition, ab wann eine Wanderung als permanent
betrachtet werden kann, sind Wanderungsbewegungen schwer zu erfassen.
26
2.1.2 Demografische Entwicklung in Deutschland
Die Ausführungen dieses Abschnitts basieren zum größten Teil auf statistischen Er-
hebungen. In regelmäßigen Abständen liefert die Bevölkerungsvorausberechnung
des Statistischen Bundesamtes zukunftsorientierte Informationen zur demografi-
schen Entwicklung. Die aktuelle 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
wurde 2006 veröffentlicht und zeigt, unter den bisher vorherrschenden demografi-
23
Vgl. Krönert et al. (2006), S. 7.
24
Vgl. Kröhnert et al. (2006), S. 20f.
25
Vgl. Lienhard (2006), S. 20f.
26
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 10.

7
schen Trends, Entwicklungstendenzen der deutschen Bevölkerung bis 2050 auf.
Hinsichtlich der ,,mittleren" Entwicklung werden eine konstant niedrige Geburtenrate
von 1,4 und eine weiterhin steigende Lebenserwartung für Jungen von 7,6 Jahren
und Mädchen von 6,5 Jahren zugrunde gelegt. Bezüglich des nur schwer vorherseh-
baren Wanderungssaldos geht die mittlere Entwicklungsvariante von einem positiven
Saldo zwischen 100.000 und 200.000 Personen aus.
27
Wie die meisten Industrienationen sieht sich auch Deutschland mit einem demografi-
schen Wandel konfrontiert, der eine grundlegende Veränderung der gesellschaftli-
chen Strukturen zur Folge hat. Trotz eines Geburtendefizits zwischen 1972 und 2003
konnte die deutsche Bevölkerung, aufgrund eines positiven Wanderungssaldos, im
Durchschnitt ein kontinuierliches Wachstumsplus verbuchen.
28
Seit 2003 können die
entstehenden demografischen Lücken jedoch nicht mehr durch eine kompensatori-
sche Einwanderungspolitik ausgeglichen werden. Das anhaltende Geburtendefizit
führt dazu, dass die offiziellen Prognosen von einer langfristig schrumpfenden Bevöl-
kerung ausgehen.
29
Das Geburtendefizit resultiert aus einem über der Summe von Geburten- und Zu-
wanderungszahlen liegenden Sterbeüberschuss. Im internationalen Vergleich zählt
Deutschland mit einer Fertilitätsrate von 1,4 zu den an Nachwuchs ärmsten Indust-
rienationen der Welt.
30
Seit über drei Jahrzehnten stagniert die Geburtenrate auf die-
sem Niveau. Das Ersatzniveau von 2,1 Kindern wird dabei deutlich unterschritten.
Die rückläufige Entwicklung der Fertilität seit mehr als drei Jahrzehnten hat zur Fol-
ge, dass seither jede Generation Neugeborener zahlenmäßig die Generation ihrer
Eltern um rund ein Drittel unterschreitet.
31
Nach Berechnungen des Statistischen
Bundesamtes führt diese Entwicklung dazu, dass die Zahl der Gesamtbevölkerung
2050 unter der von 1963 liegt. Das bedeutet langfristig einen Rückgang der Einwoh-
nerzahl von derzeit 82 Millionen auf voraussichtlich 69 bis 74 Millionen.
32
27
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 13.
28
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 10.
29
Vgl. Statisitisches Budesamt (2006), S. 14.
30
Vgl. Kröhnert et al. (2006), S. 7.
31
Vgl. Kröhnert et al. (2006), S. 20.
32
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 15.

8
Neben einer rückläufigen Generativität steigt die Lebenserwartung der Deutschen
signifikant an. Die Lebenserwartung wird durch die Veränderung der Sterblichkeit
ausgedrückt. Die durchschnittliche Lebenserwartung wird auch in Zukunft weiter zu-
nehmen. Sie beträgt aktuell 75,9 Jahre für Jungen und 81,8 Jahre für Mädchen.
33
Die
aus diesen Entwicklungen resultierende Veränderung der Bevölkerungsstruktur lässt
sich anhand der Bevölkerungspyramide grafisch veranschaulichen (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Entwicklung der Geburtenrate, der Sterberate und der Altersstruktur
Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2004), o. S.
Zwischen 1864 und 1910 wies die Bevölkerungsstruktur einen idealtypischen pyra-
midenförmigen Verlauf auf, der eine über dem Ersatzniveau liegende Fertilitätsrate
widerspiegelt. Die jungen Generationen sind hier die am zahlenmäßig stärksten Jahr-
gänge, während die Zahl der älteren Generationen zur Spitze hin aufgrund der
natürlichen Sterberate abnimmt. Die aufgezeigten demografischen Einflussfaktoren
33
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 12.

9
führen dazu, dass sich die Bevölkerungspyramide immer mehr zu einem Pilz entwi-
ckelt. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den jüngeren und älteren Generatio-
nen wird sich immer deutlicher verschieben. Abbildung 3 stellt die Entwicklung der
Altersstrukturen in Deutschland noch einmal detaillierter dar. Hieraus ist zu erken-
nen, dass sich das Durchschnittsalter drastisch verschieben wird. In weniger als 50
Jahren wird es sich von derzeit 40 Jahren auf 48 Jahre erhöhen.
34
Die Zahl der unter
20-Jährigen wird voraussichtlich bis zum Jahre 2050 von derzeit 17 Millionen auf
zwölf Millionen zurückgehen. Im Gegenzug wächst die Gruppe der über 60-Jährigen
auf rund 28 Millionen und übersteigt die Generation der unter 20-Jährigen um mehr
als das Doppelte.
35
Die Altersgruppe der über 80-Jährigen wird sich von derzeit 3,7
Millionen auf voraussichtlich 10 Millionen im Jahr 2050 erhöhen.
36
Abb. 3: Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands 2004 und 2050 im Vergleich
Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2006), o. S.
34
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 17.
35
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 6.
36
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 23.

10
Die Verschiebung der Alterstrukturen lässt sich zusätzlich durch das Verhältnis zwi-
schen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen, mithilfe des Jugend- und Altersquo-
tienten darstellen.
37
Der Jugendquotient setzt die unter 20-Jährigen in Relation zur
erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 20 und 65 Jahren. Auf der anderen Seite be-
rücksichtigt der Altersquotient die Personen über 65 Jahren und setzt sie in Relation
zu den Erwerbstätigen. Nach den prognostizierten Entwicklungstendenzen ist bis
2050 mit einem sinkenden Jugendquotienten von derzeit 33 auf 28 je 100 Erwerbstä-
tige zu rechnen. Hingegen wird sich der Altersquotient in weniger als 50 Jahren von
aktuell 32 auf 60 deutlich erhöhen.
38
Die dargestellten strukturellen Veränderungen des Bevölkerungsaufbaus haben ver-
deutlicht, dass der demografische Wandel in vollem Gange und in den nächsten 50
Jahren nicht mehr aufzuhalten ist. Die fortschreitende Überalterung der deutschen
Gesellschaft könnte durch eine signifikante Erhöhung der Geburten- und Zuwande-
rungsrate lediglich abgemildert, nicht jedoch verhindert werden.
39
2.1.3 Deutschland im Vergleich: Demografischer Wandel in Japan
Das Altern der Gesellschaft ist, als ein globales Phänomen, auch in anderen indust-
rialisierten Ländern zu beobachten. Nirgendwo vollzieht sich die Überalterung jedoch
so schnell wie in Japan. Der asiatische Inselstaat verfügte bereits 1998 über die
weltweit älteste Bevölkerung.
40
Nach den Vorausberechnungen werden 2050 in Deutschland über 28 Millionen Men-
schen leben, die das 65. Lebensjahr überschritten haben.
41
Japan wird dieses Stadi-
um aufgrund einer noch schneller alternden Gesellschaft bereits 30 Jahre früher er-
reichen. Schon im Jahr 2020 werden die Japaner den weltweit größten Anteil der
37
Vgl. Schirrmacher (2004), S. 18; vgl. auch Arnold/Krancioch (2007), S. 17.
38
Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 24.
39
Vgl. Hock/Bader (2001), S. 7; vgl. auch Wiedmann et al. (2006), S. 6.
40
Vgl. Akihiko (2006), S. 6.
41
Vgl. Kapitel 2.1.2.

11
über 65-Jährigen stellen.
42
Als Gründe für diese Entwicklung sind auch hier eine
steigende Lebenserwartung und eine rückläufige Geburtenrate verantwortlich. Mit
einer seit 2001 konstanten Fertilitätsrate von 1,3 Kindern je Frau unterschreitet Ja-
pan sogar das ­ im internationalen Vergleich ohnehin schon sehr geringe ­ deutsche
Geburtenniveau. Aufgrund dieser demografischen Entwicklungstendenzen werden
Japan und Deutschland im Jahr 2030 über eine geringere Bevölkerungszahl verfü-
gen als im Jahr 2000.
43
Im Vergleich zu Deutschland und vielen anderen Industriestaaten besteht jedoch ein
Unterschied, der im weiteren Verlauf dieser Arbeit anhand verschiedener Beispiele
mehrmals aufgegriffen wird: Die japanische Wirtschaft und auch die Gesellschaft ha-
ben weniger Berührungsängste mit dem Alter. Alte Menschen gelten als weise und
genießen aufgrund ihrer Lebenserfahrung einen hohen gesellschaftlichen Stellen-
wert.
44
Dem Alter wird mit Würde und Respekt begegnet. Insbesondere japansche
Unternehmen haben erkannt, dass mit der Vermarktung generationsübergreifender
Produkte nicht nur die wirtschaftlich gut situierten älteren Bevölkerungsschichten,
sondern auch jüngere Generationen gleichzeitig angesprochen werden können.
45
2.2 Wirtschaftliche Auswirkungen
2.2.1 Entwicklungstendenzen der Zielgruppen
Ausgehend von den vorausgegangenen Ausführungen wird ersichtlich, dass die ge-
sellschaftlichen Verschiebungen auch das Wirtschaftsgeschehen nachhaltig beein-
flussen. Für die Wirtschaft bietet der demografische Wandel zusätzliche Wachstums-
potenziale, die durch einen grundlegenden Richtungswechsel des unternehmeri-
schen Handelns abgeschöpft werden können. Die Märkte werden sich zukünftig im
Hinblick auf Umsatzpotenziale und Zielgruppenprofile deutlich verändern. Neue
42
Vgl. Seike (2001), S. 12.
43
Vgl. Akihiko (2006), S. 8-10.
44
Vgl. Haimann (2005), S. 127.
45
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 24.

12
Teilmärkte werden entstehen, während sich andere rückläufig entwickeln werden.
46
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungstendenzen stehen die Unternehmen vor der
Herausforderung, ihr Leistungsangebot an die neuen Bedingungen anzupassen und
neu zu positionieren. Als Resultat bedarf es einer grundlegenden Überprüfung des
Stellenwerts der bisher im Mittelpunkt stehenden Zielgruppen.
47
Hierfür werden in
Tab. 1 die mittelfristigen Entwicklungstendenzen der einzelnen Altersgruppen einan-
der gegenübergestellt.
Zielgruppe
Altersgruppe
Größe in
2005 in Mio.
Größe in
2020 in Mio.
Entwicklungs-
tendenz
Jugendliche
Unter 20 Jahre
16.486
13.501
weiter fallend
Junge Erwachsene
20­29 Jahre
9.763
6.665
weiter fallend
Mid-Ager
30­49 Jahre
24.944
20.046
weiter fallend
Best Ager
50­65 Jahre
16.236
19.318
stetig wachsend
Senioren
Über 65 Jahre
15.870
18.565
stetig wachsend
Tab. 1: Entwicklung und Tendenzen der Altergruppen im Überblick
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an das Statistische Bundesamt, 2006, S. 62f.
Die jugendliche Zielgruppe der unter 20-Jährigen wird sich voraussichtlich bis zum
Jahr 2020 deutlich vermindern. Das bedeutet nicht, dass es keine attraktiven Ju-
gendmärkte mehr geben wird. Im Gegenteil: Die unter 20-Jährigen stellen die Kon-
sumentengruppe von morgen.
48
Lediglich ihre Bedeutung wird durch den zahlenmä-
ßigen Rückgang abnehmen. Einen Übergang zwischen der Jungend- und Erwach-
senenphase bildet die wirtschaftlich interessante Gruppe der 20 bis 29-Jährigen.
Aufgrund eines eigenen Einkommens und keiner finanziellen und familiären Ver-
pflichtungen ist die Bevölkerungsschicht der jungen Erwachsenen durch ein beson-
ders hohes Maß an Trend- und Konsumorientierung charakterisiert.
49
Auch dieser
Zielgruppe steht in Zukunft eine rückläufige Entwicklung bevor. Die Gruppe der Mid-
46
Vgl. PricewaterHouseCoopers (2006), S. 11.
47
Vgl. Lienhard (2006), S. 48.
48
Vgl. Lienhard (2006), S. 24.
49
Vgl. Barlovic/Herler (2001), S. 188-190.

13
Ager (zwischen 30 und 49 Jahren) ist eine auf unterschiedlichen Lebensphasen defi-
nierte Zielgruppe.
50
Die Mid-Ager vereinen die kaufkräftigen Untergruppen der
Dinks
51
und der Empty Nesters.
52
Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes
wird auch diese Zielgruppe in Zukunft abnehmen. Demgegenüber werden die Bevöl-
kerungsgruppen jenseits des 50. Lebensjahres deutlich zunehmen. Für die Gruppe
der Best Ager wird in der Literatur eine Vielzahl unterschiedlicher Begrifflichkeiten
verwendet. Baby Boomer, Silver Market Consumer oder Winning Generation versu-
chen diese wohlhabende und aufgeschlossene Konsumentengruppe zu segmentie-
ren. Die Best Ager stehen mitten im Leben. Sie fühlen sich nicht als Senioren, sepa-
rieren sich aber auch von den Mid-Agern.
53
Die letzte Gruppe bilden die Senioren. In
der Fachliteratur existiert keine eindeutige Definition, die es vermag, Senioren explizit
zu selektieren. In diesem Abschnitt sollen mit der Zielgruppe der Senioren Menschen
zusammengefasst werden, die über 70 Jahre alt sind und ihren Ruhestand nach ei-
nem langen Arbeitsleben genießen wollen.
54
Aus den analysierten demografischen Entwicklungen ergibt sich eine besondere Re-
levanz, die älteren Zielgruppen vermehrt in den Mittelpunkt zu stellen. Bisherige
Größe und zukünftiges Wachstum lassen auf zusätzliche Wachstumspotenziale für
die Wirtschaft schließen. Standen bisher vor allem jüngere Generationen im Fokus
der Unternehmen, wird sich das unternehmerische Handeln in Zukunft auf die konti-
nuierlich wachsende Zahl älterer Konsumenten jenseits des 50. Lebensjahres kon-
zentrieren.
55
Ergibt die Analyse der Unternehmensumwelt eine demografisch bedingte Anpassung
des Leistungsangebotes, besteht ein grundlegender Handlungsbedarf. Eine gezielte
Marktbearbeitung erfordert eine eindeutige Abgrenzung der am Markt vorhandenen
Zielgruppen. Die Marktsegmentierung beschreibt die Aufteilung eines Gesamtmark-
50
Vgl. Sass (2001), S. 78.
51
Dinks
bedeutet ,,Double Income No Kids" und beschreibt Personen, die in einer Partnerschaft leben,
einem Beruf nachgehen und keine Kinder haben. Vgl. Lienhard (2006), S. 43.
52
Empty Nesters beschreibt die Lebensphase der Eltern nachdem die Kinder erwachsen und aus dem
elterlichen Haus ausgezogen sind. Dieser Prozess hat einen grundlegenden Einfluss auf das Kon-
sumverhalten. Vgl. Sass (2001), S. 78.
53
Vgl. Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel (2004), S. 9; vgl. auch Lienhard (2006), S. 26.
54
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 6.
55
Vgl. Reidl (2006a), S. 201.

14
tes in intern homogene und extern heterogene Marktsegmente.
56
Die Strategie der
Marktsegmentierung setzt dabei unmittelbar am Verbraucher und seinem Konsum-
verhalten an, um ein differenziertes und angepasstes Leistungsangebot erstellen zu
können.
57
Die Abgrenzung einzelner Marktsegmente kann mithilfe demografischer,
psychografischer und verhaltensorientierter Segmentierungskriterien vorgenommen
werden. Die Klassifikation erfolgt nach produktunabhängigen und produktspezifi-
schen Merkmalen, die entweder direkt oder indirekt gemessen werden können.
58
Die
für eine eindeutige Segmentierung der Zielgruppe 50plus relevanten Kriterien werden
im folgenden Abschnitt genauer untersucht.
2.2.2 Abgrenzung der Zielgruppe 50plus
Als ein klassisches demografisches Segmentierungskriterium stellt das chronologi-
sche Alter eine in der Praxis weit verbreitete Methode zur Abgrenzung unterschiedli-
cher Zielgruppen dar.
59
Der Vorteil ist in einer einfachen Messbarkeit und Zugäng-
lichkeit der Daten zu erkennen. Zusätzlich fungiert die Zuschreibung einer Person zu
einer bestimmten Alterstufe als Grundlage für die Assoziation bestimmter Verhal-
tensmuster und Handlungsweisen.
60
Unterstützt wird dieser Trend durch die gesell-
schaftlich vorherrschenden Altersstereotypen, die Vorstellungen und Meinungen über
das Alter in einer vereinfachten und bildhaften Form zusammenfassen.
61
Die Vorgehensweise, Menschen anhand ihrer gelebten Lebensjahre zu segmentie-
ren, ist hinsichtlich des Nachfrageverhaltens jedoch kritisch zu hinterfragen. So
schreibt Haimann, dass "[...] die Altersunterschiede innerhalb der Zielgruppe so groß
[sind], dass es schlichtweg unsinnig ist, ein einheitliches Konsumverhalten zu erwar-
ten."
62
Das Eintreten altersbedingter Verhaltensweisen korreliert zwar oft mit dem
chronologischen Alter, jedoch ist der Prozess des Alterns durch eine besondere Va-
56
Vgl. Zollondz (2003a), S. 13.
57
Vgl.Zollondz (2003a), S. 15.
58
Vgl. Wöhe (2000), S. 510f.
59
Vgl. Peschmann (2005), S. 24.
60
Vgl. Schirrmacher (2004), S. 91.
61
Vgl. Schütte (2006), S. 16.
62
Haimann (2005), S. 117.

15
riabilität charakterisiert, was die Aussagekraft über die dem Alter zugeordneten Ver-
haltensweisen erschwert. Auch eine zunehmende Lebenserwartung trägt dazu bei,
dass sich die bisher dem Alter zugesprochenen traditionellen Lebensabschnitte wie
beispielsweise der Ruhestand verschieben.
63
Die Erfassung unter dem soziodemo-
grafischen Aspekt des Alters ergibt demnach zwar ein homogenes, aber dennoch
verfälschtes Bild der älteren Zielgruppe. Für eine eindeutige Segmentierung der Ziel-
gruppe 50plus ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, zusätzliche Kriterien hinzuzu-
ziehen.
Die Abgrenzung nach dem biologischen Alter bietet eine weitere Möglichkeit, die ü-
ber 50-Jährigen zu segmentieren. Demnach wird ein Mensch als alt bezeichnet,
wenn er sich aufgrund physischer und psychischer Veränderungen von anderen Al-
tersklassen unterscheidet.
64
Mit fortschreitendem Alter treten unweigerlich altersbe-
dingte Veränderungen auf, die auch das Kaufverhalten eines Individuums maßgeb-
lich beeinflussen. Körperliche Veränderungen vollziehen sich jedoch sehr individuell
und treten kaum zielgruppenspezifisch auf. Erst im höheren Alter (ab dem 75. Le-
bensjahr) nehmen altersbedingte Erkrankungen überproportional zu.
65
Eine immer
längere und gesündere Lebensweise führt dazu, dass der Zeitpunkt des Auftretens
altersbedingter Veränderungen nicht genau vorhergesagt werden kann. Die Segmen-
tierung anhand des biologischen Alters erweist sich ebenfalls als ungenau. Die ein-
zelnen körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, die vor allem das Konsum-
verhalten maßgeblich beeinflussen, werden zu einem späteren Zeitpunkt genauer
erläutert.
Nach den bisherigen Erkenntnissen kommt somit den soziologischen und psycholo-
gischen Segmentierungskriterien eine besondere Bedeutung zu. Soziale Verände-
rungen beeinflussen das Nachfragverhalten grundlegend und stehen in unmittelbarer
Verbindung mit dem Lebenszykluskonzept, in dem unterschiedliche sozio-
demografische Merkmale verknüpft werden.
66
Im Laufe des Lebens durchläuft der
Mensch unterschiedliche Lebensabschnitte. Zunächst Kindheit und Jugend, an-
63
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 29.
64
Vgl. Peschmann (2005), S. 25.
65
Vgl. Gassmann/Reepmeyer (2006), S. 43; vgl. auch Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel (2006), S.
70.
66
Vgl. Arnold/Krancioch (2007), S. 38.

16
schließend die frühe Erwachsenenphase, gefolgt von der mittleren und späten Er-
wachsenenphase.
67
In diesen vier Phasen begründen unterschiedliche zeitliche Er-
eignisse neue Lebensabschnitte. Das Konsumverhalten wird dabei maßgeblich von
der Lebensphase beeinflusst, in der sich das Individuum gerade befindet.
68
Vor allem
nach dem 50. Lebensjahr führen unterschiedliche Veränderungen zu einer Lebens-
phase des Umbruchs und der Selbstfindung. Im Alter zwischen 50 und 60 Jahren
begründet insbesondere für Frauen der Auszug der Kinder aus dem Elternhaus ei-
nen neuen Lebensabschnitt.
69
Zwischen 60 und 65 Jahren treffen vor allem Männer
erste Vorbereitungen für den Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand. Schließ-
lich wird die Lebensphase ab 70 vermehrt durch das Auftreten körperlicher und geis-
tiger Veränderungen begleitet.
70
Aufgrund dieser Veränderungen gilt es den Status innerhalb der Gesellschaft neu zu
definieren und neue Lebensinhalte zu setzen. Den Eintritt in den beruflichen Ruhe-
stand sowie geringere finanzielle oder familiäre Verpflichtungen konfrontieren die
über 50-Jährigen mit einem Lebensabschnitt, in dem Versäumtes nachgeholt und
bisher unerfüllte Wünsche verwirklicht werden können. Daneben übernimmt die mitt-
lere und spätere Erwachsenenphase ab dem 50. Lebensjahr, nicht nur aufgrund psy-
chologischer Veränderungen, eine besondere Bedeutung. Die zunehmende Lebens-
erwartung führt dazu, dass sie mit rund 30 Jahren auch die längste Lebensphase
darstellt.
71
Psychologische Segmentierungskriterien befassen hingegen sich mit der Verände-
rung psychischer Funktionen im Alter. Sie beziehen sich dabei auf die subjektive
Wahrnehmung des Alters.
72
Als Resultat einer immer gesünderen und aktiveren Le-
bensweise ist insbesondere bei älteren Generationen eine zunehmende Differenz
zwischen chronologischem und subjektiv gefühltem Alter zu beobachten. Die über
50-Jährigen fühlen sich im Durchschnitt 15 Jahre jünger.
73
Ein 55-Jähriger weist
67
Vgl. Wolfe/Snyder (2003), S.129-131.
68
Vgl. Trommsdorff (2004), S. 222.
69
Vgl. Michael (2006), S. 102.
70
Vgl. Hunke (2006), S. 98.
71
Vgl. Kalbermatten (2000), S. 80, 84; vgl. auch Wolfe/Snyder (2003), S. 45; vgl. auch Lehr (2006), S.
37; vgl. auch Michael (2006), S. 97.
72
Vgl. Peschmann (2005), S. 27.
73
Vgl. Hock/Bader (2001), S. 26.

17
demnach im Vergleich zu einem 75-Jährigen ein grundlegend differenziertes Verhal-
tensmuster auf. Es unterscheidet sich aber nur unwesentlich vom Verhaltensmuster
eines 45-Jährigen. Michael gliedert diese differenzierte Wahrnehmung über das Alter
in drei unterschiedliche Phasen. Das Real Age beschreibt das tatsächliche Alter ei-
nes Menschen, das Look Age die äußerliche Erscheinung und das Feel Age das
subjektiv empfundene Alter.
74
Das Konsumverhalten älterer Menschen wird dabei
von der Differenz zwischen dem ,,realen" Alter und dem subjektiv gefühlten Alter
grundlegend beeinflusst.
Abschließend ist zusammenzufassen, dass die Zielgruppe 50plus nicht allein über
das chronologische oder biologische Alter segmentiert werden kann. Hierzu sind die
Ausprägungen zu heterogen. Jedoch lassen sich vor allem nach Überschreitung des
50. Lebensjahres einige Gemeinsamkeiten erkennen. Es kann festgehalten werden,
dass die Verhaltensweisen im Alter von unterschiedlichen biologischen, sozialen und
psychologischen Faktoren beeinflusst werden. Vor diesem Hintergrund ist für eine
genaue Abgrenzung eine übergreifende Begrifflichkeit gesucht, die Menschen be-
schreibt, die sich aufgrund unterschiedlicher Lebensphasen Bedürfnissen und Inte-
ressen von den bisher im Fokus stehenden jüngeren Konsumentengruppen differen-
zieren. Vor allem die Phase zwischen dem Fünfzigsten und Sechzigsten Lebensjahr
stellen für viele Menschen einen Wendepunkt dar, der einen neuen Lebensabschnitt
begründet und auch das Konsumverhalten maßgeblich beeinflusst. Um eine klare
Zuordnung zu gewährleisten sollen im weiteren Verlauf dieser Arbeit die über 50-
Jährigen unter der Typologie
Generation 50plus zusammengefasst werden. Da
auch im Marketing die Altersgrenze bei überwiegend 50 Jahren gezogen wird, er-
möglicht diese Typologie die Ansprache einer umfangreichen Zielgruppe mit spezifi-
schen Bedürfnissen.
75
Diese Begrifflichkeit beschreibt dabei ein Marktsegment, das
Individuen einschließt, die zwar aufgrund des chronologischen Alters nicht mehr den
Mid-Agern zugeordnet werden können, aber auch diejenigen, die sich nicht in die
Gruppe der Senioren einordnen lassen.
74
Vgl. Michael (2006), S. 97.
75
Vgl. Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel (2004), S. 9f.

18
2.2.3 Marktpotenzial der Generation 50plus
Durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Entwicklungen liegt die Vermutung
nahe, dass der Generation 50plus ein beträchtliches Wachstumspotenzial zugespro-
chen werden kann (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Einflussfaktoren auf den Wachstumsmarkt 50plus
Quelle: PricewaterhouseCoopers (2006), S. 7.
In der Literatur wird der Generation 50plus ein vielfach unterschätztes finanzielles
Potential unterstellt. Damit der wirtschaftliche Stellenwert der älteren Zielgruppen
beurteilt werden kann, ist es nötig, sich ausführlicher mit ihrer wirtschaftlichen Situa-
tion zu befassen. Nach einer aktuellen Erhebung der Gesellschaft für Konsumfor-
schung (GfK) von 2005 verfügt die Generation 50plus über eine durchschnittliche
Kaufkraft
76
von 21.244 Euro jährlich. Sie wird nur von den Mid-Agern mit durch-
schnittlich 23.880 Euro übertroffen (vgl. Tab. 2).
77
76
Kaufkraft beschreibt das zu Konsumzwecken verfügbare Einkommen eines Wirtschaftssubjektes.
Vgl. Gabler (2004), S. 1659.
77
Vgl. Gesellschaft für Konsumforschung (2005), o.S.
Verschiebung der
Alterspyramide
Späteres
Altern
Gesundheitliche
Vorsorge
Zunehmende
Lebenserwartung
Soziale Veränder-
rungen
Volumen-
zunahme
Wachstumsmarkt
50plus

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836604376
DOI
10.3239/9783836604376
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Trier - Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung – Betriebs- und Umweltwirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
kraftfahrzeugindustrie marketing bevölkerungsentwicklung zielgruppe älterer mensch senioren generation best ager automobil demografie
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