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Blauer Himmel über der Bundesrepublik

Ursprünge und Anfänge sozialliberaler Umweltpolitik 1969 - 1974

©2006 Examensarbeit 103 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Folgt man Hans-Dietrich Genscher, Innenminister von 1969 bis 1974 und damit zuständig für Umwelt- und Naturschutz, so hat die sozialliberale Koalition Anfang der siebziger Jahre dem bis dahin nur im wissenschaftlichen Feuilleton – wenn überhaupt – behandelten und für die Politik eher peripheren Umweltproblem einen Spitzenplatz in der politischen Prioritätenliste auf Dauer gesichert.
In diesem Zusammenhang darf als unumstritten gelten, dass die Ursprünge und Anfänge der Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland am Beginn der sozialliberalen Ära zu verorten sind. Fragwürdig erscheint hingegen der Standpunkt, der sozialliberalen Koalition und den beteiligten Parteien komme das Verdienst zu, den Umweltschutz als zentrales Problem der Gegenwart erkannt zu haben, und zwar lange vor dem Entstehen ökologischer Bürgerinitiativen und der Gründung der Grünen.
Zweifel an diesem (Selbst-)Verständnis des Umweltschutzes von oben scheinen insofern angebracht, als dass die ersten (ökologisch orientierten) Bürgerbewegungen mit dem Ziel der politischen Einflussnahme bereits in den sechziger Jahren auf den Plan traten. Zudem wurde im ersten Umweltprogramm der Bundesregierung aus dem Jahre 1971 selbst auf eine „lange gute Tradition“ des Umweltschutzes in bestimmten Bereichen hingewiesen.
Dementsprechend stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit die Hintergründe der Initiierung staatlicher Umweltpolitik zur Zeit der sozialliberalen Koalition. Dabei geht es – gemäß der Fragestellung – nicht so sehr um die Darlegung der umweltpolitischen Initiativen und Instrumente der Jahre um 1970.
Es sollen also nicht konkrete umweltpolitische Maßnahmen und deren Bewertung im Vordergrund stehen, sondern der Weg der Politik zur Umwelt. Diese Schwerpunktsetzung findet ihre Begründung im Forschungsstand zum Thema „sozialliberale Umweltpolitik“. Untersuchungen über den umweltpolitischen Output der sozialliberalen Koalition gibt es in recht großer Zahl, Fragen nach den Entscheidungs- und Willensbildungsprozessen sowie den Einflussfaktoren auf dem Weg zu diesem Output wurden jedoch bislang selten gestellt.
Wo dies dennoch der Fall ist, wird insbesondere die Regierungsebene sowie die Rolle der Ministerialbürokratie untersucht und hervorgehoben, wohingegen die Darstellung und Analyse der Willensbildung und Programmatik der beteiligten Parteien SPD und FDP eher oberflächlich bleibt. Damit ist das eigentliche, bislang bestehende Forschungsdesiderat benannt, nämlich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jan Schulte Südhoff
Blauer Himmel über der Bundesrepublik
Ursprünge und Anfänge sozialliberaler Umweltpolitik 1969 - 1974
ISBN: 978-3-8366-0431-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster, Deutschland,
Staatsexamensarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhalt
Abkürzungen I
1. Einleitung ... 1
1.1 Problemstellung ...
1
1.2 Theoretische und methodische Vorüberlegungen ...
6
1.3 Quellen und Literatur ... 10
2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende ... 13
2.1 Die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaftsweise 14
2.2 Willy Brandts ,blauer Himmel über der Ruhr' ... 17
2.3 ,Stand der Umwelt' am Vorabend der umweltpolitischen Wende ... 21
3. Programmatisches Defizit oder ,,pränatales Recht"? Umweltprogramma-
tik und umweltpolitische Diskussion von SPD und FDP ... 27
3.1 Schutz vor Umweltgefahren bis 1969/70 ... 27
3.2 Umweltschutz im Zeichen von Lebensqualität (SPD) und Menschenwürde (FDP) 31
3.3 Grundzüge sozialliberaler Umweltpolitik im Verhältnis zur Umweltpro-
grammatik der Parteien ... 41
4. Einflussfaktoren der umweltpolitischen Diskussion in der Bundesrepublik
Deutschland ... 45
4.1 Einsicht in das Notwendige? ... 46
4.2 Profilierung mit Umweltpolitik? ... 54
4.3 Umweltpolitik ohne Umweltbewusstsein? Umweltfragen in Wirtschaft und
Gesellschaft ... 59
4.3.1 Bevölkerung und Medien ... 59
4.3.2 Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften ... 66
4.3.3 Wissenschaft ... 70
4.4 Importierter Umweltschutz? Der Einfluss internationaler Akteure ... 71
5. Ausblick und Fazit ... 81
5.1 Ausblick: Die Jahre nach 1974 ... 81
5.2 Fazit ... 83
6. Quellen- und Literaturverzeichnis ... 89
6.1 Quellen ... 89
6.2 Literatur ... 94

I
Abkürzungen
ACDP
Archiv für Christlich-Demokratische Politik (Sankt Augustin)
AfS
Archiv für Sozialgeschichte
APuZ
Aus Politik und Zeitgeschichte
BAK
Bundesarchiv
Koblenz
BASF
Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG
BBU
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie
BMI
Bundesministerium des Innern
BUND
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
CDU
Christlich-Demokratische
Union
CO
2
Kohlendioxid
CSU
Christlich-Soziale
Union
DGB
Deutscher
Gewerkschaftsbund
ECE
UN-Economic Committee for Europe
EPA
Environmental Protection Agency
EU
Europäische
Union
FDP
Freie Demokratische Partei
FS
Festschrift
GG
Grundgesetz
IG Metall
Industriegewerkschaft Metall
IPA
Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirt-
schaftsweise
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
IzpB
Informationen zur politischen Bildung
MIT
Massachusetts Institute of Technology
NATO
North Atlantic Treaty Organization
NEPA
National Environmental Policy Act
NRW
Nordrhein-Westfalen
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
SRU
Rat von Sachverständigen für Umweltfragen
SZ
Süddeutsche
Zeitung
UN/UNO
United Nations Organization
UNESCO
United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation

1. Einleitung
1
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Anfang der 70er Jahre hat die sozial-liberale Koalition dem bis dahin nur im wissen-
schaftlichen Feuilleton ­ wenn überhaupt ­ behandelten und für die Politik eher periphe-
ren Umweltproblem einen Spitzenplatz in der politischen Prioritätenliste auf Dauer gesi-
chert.
1
Fragt man nach den Ursprüngen und Anfängen der Umweltpolitik in der Bundesrepu-
blik Deutschland, so wird man ­ wie im oben angeführten Falle von Hans-Dietrich
Genscher ­ meist auf die frühen siebziger Jahre und damit die Anfangszeit der sozial-
liberalen Koalition verwiesen. Weiter heißt es bisweilen, wie es auch den Worten Gen-
schers zu entnehmen ist, dass zu Anfang der bundesrepublikanischen Umweltpolitik
der sozialliberalen Koalition und den beteiligten Parteien das Verdienst zukomme, den
Umweltschutz als zentrales Problem der Gegenwart erkannt zu haben, und zwar lange
vor dem Entstehen ökologischer Bürgerinitiativen und der Gründung der ,,Grünen".
Für die Sozialdemokraten wird beispielsweise in Anspruch genommen, dass sie sich
,,früher als andere Parteien und Bewegungen" dem Thema des Umweltschutzes zuge-
wandt haben.
2
Doch Zweifel an diesem (Selbst-)Verständnis des Umweltschutzes ,von
oben' scheinen angebracht, traten doch die ersten (ökologisch orientierten) Bürgerbe-
wegungen mit dem Ziel der politischen Einflussnahme bereits in den sechziger Jahren
auf den Plan. Zudem wurde im ersten Umweltprogramm der Bundesregierung aus dem
Jahre 1971 selbst auf eine ,,lange gute Tradition" des Umweltschutzes in bestimmten
Bereichen hingewiesen (vgl. Kap. 2).
Dementsprechend sollen im Mittelpunkt dieser Untersuchung die Hintergründe
der Initiierung staatlicher Umweltpolitik zur Zeit der sozialliberalen Koalition ste-
hen. Dabei geht es ­ gemäß der Fragestellung ­ nicht so sehr um die Darlegung der
umweltpolitischen Initiativen und Instrumente der Jahre um 1970. Es sollen also
nicht konkrete umweltpolitische Maßnahmen und deren Bewertung im Vordergrund
stehen, sondern der ,Weg der Politik zur Umwelt'. Diese Schwerpunktsetzung findet
ihre Begründung im Forschungsstand zum Thema ,,sozialliberale Umweltpolitik"
(vgl. im Einzelnen Kap. 1.3). Untersuchungen über den umweltpolitischen ,Output'
der sozialliberalen Koalition gibt es in recht großer Zahl, Fragen nach den Entschei-
dungs- und Willensbildungsprozessen sowie den Einflussfaktoren auf dem Weg zu
diesem ,Output' wurden jedoch bislang selten gestellt. Wo dies dennoch der Fall ist,
wird insbesondere die Regierungsebene sowie die Rolle der Ministerialbürokratie
1
G
ENSCHER
1990: 17.
2
P
OTTHOFF
/M
ILLER
2002: 277.

1. Einleitung
2
untersucht und hervorgehoben, wohingegen die Darstellung und Analyse der Wil-
lensbildung und Programmatik der beteiligten Parteien SPD und FDP eher oberfläch-
lich bleibt. Damit ist das eigentliche, bislang bestehende Forschungsdesiderat be-
nannt, nämlich die eingehendere Beschäftigung mit der Rolle der beiden Regie-
rungsparteien bei der Initiierung der bundesrepublikanischen Umweltpolitik. Die
Bezeichnung ,Desiderat' setzt die Annahme voraus, dass den Parteien im Allgemei-
nen eine gewisse Bedeutung bei politischen Willensbildungen und Entscheidungen
zukommt, da die Erforschung ihrer Rolle ansonsten nur von untergeordnetem Inte-
resse wäre. Eine solche Annahme lässt sich jedoch gut begründen, und zwar auf der
Basis des im Grundgesetz (Art. 20, Abs. 2 GG) verankerten Verfassungsgrundsatzes,
dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Da nicht jeder einzelne Bürger seine Vor-
stellungen und Wünsche gesondert vorbringen und vertreten kann, kommt den Par-
teien und den von ihnen gestellten Parlamentariern diese zentrale Aufgabe zu.
Die politischen Parteien haben in der parlamentarischen Demokratie die Aufgabe, die
Bedürfnisse und den politischen Willen der Bürger zu artikulieren, Leitlinien und Hand-
lungskonzepte für die gesellschaftliche und staatliche Entwicklung zu entwerfen sowie
durch ihre Vertreter in Parlament und Regierung dafür zu sorgen, daß Ziele und Maß-
nahmen staatlicher Politik in Einklang mit den Wünschen und Vorstellungen der Mehr-
heit des Volkes stehen.
3
Wenn auch der Auffassung, bei der Bundesrepublik Deutschland handele es sich um
einen ,Parteienstaat', weitgehend und wohl zurecht widersprochen wird, so wird den
Parteien dennoch eine eminente Bedeutung für das Staatsleben zugesprochen.
4
Da-
von zeugt auch die These Bernd Malunats, der Parteiprogramme als ,,pränatales
Recht" ansieht und die Auffassung vertritt, dass, was sich nicht in den Programmen
finden lasse, ,,sich auch nur schwerlich in Regierungserklärungen und noch weniger
in staatlichem (Umwelt-)Handeln finden lassen" werde.
5
Aufbauend auf diesen Überlegungen zur unzureichenden Berücksichtigung der
Rolle der Parteien im Hinblick auf die Initiierung der bundesrepublikanischen Um-
weltpolitik auf der einen und der Bedeutung der Parteien im politischen System auf
der anderen Seite lassen sich folgende Leitfragen für diese Arbeit entwickeln: Wel-
che programmatischen Aussagen zur Umweltpolitik haben SPD und FDP in den
sechziger und siebziger Jahren gemacht? In welchem Verhältnis steht die Umwelt-
programmatik der Parteien zur konkret umgesetzten Umweltpolitik der soziallibera-
len Regierung? Mit anderen Worten: Lässt sich die oben angeführte These Malunats
über die Bedeutung der Parteiprogrammatik bestätigen? Welche Entwicklungen las-
3
H
ARTKOPF
/B
OHNE
1983: 136; vgl. B
UCHSTAB
2000: 6-7 (Parteien als ,,kommunikative Brücke
zwischen Staat und Gesellschaft").
4
S
ONTHEIMER
/B
LEEK
2002: 217.
5
M
ALUNAT
1987: 30; vgl. zur Parteiprogrammatik W
IEHN ET AL
. 1978: 24.

1. Einleitung
3
sen sich in Umweltprogrammatik und umweltpolitischer Diskussion der Parteien
erkennen und ­ nicht zuletzt ­ welche bedeutenden Einflussfaktoren lassen sich dafür
benennen? Zusammenfassend ließe sich also als Fragestellung formulieren: Welchen
Beitrag leisteten Umweltprogrammatik und umweltpolitische Diskussion von SPD und
FDP bei der Initiierung der sozialliberalen Umweltpolitik in den Jahren um 1970, und
welche Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen spielten bei der ,umweltpolitischen
Wende' sowohl auf Parteien- wie auch auf Regierungsebene eine Rolle?
Im Anschluss an die genannten Leitfragen lässt sich die Arbeit folgendermaßen
gliedern: Nach der Klärung zentraler Begrifflichkeiten, der theoretisch-konzeptionel-
len Einordnung des Themas (Kap. 1.2) sowie der Vorstellung der benutzten Quellen
und einiger zentraler Forschungsarbeiten zum Thema (Kap. 1.3) soll in Kapitel zwei
kurz der politische ,Umweltschutz' in Deutschland bis in die frühen sechziger Jahre
umrissen werden. Dies ist notwendig, um die Qualität der sogenannten umweltpoliti-
schen Wende der Jahre um 1970 sowie die Umweltprogrammatik der Parteien der
sechziger und siebziger Jahre beurteilen zu können. Auf dieser Grundlage werden in
Kapitel drei Umweltprogrammatik und umweltpolitische Diskussion von SPD und
FDP (Kap. 3.1 und 3.2) genauso wie die Grundzüge der sozialliberalen Umweltpoli-
tik vorgestellt, um sie daraufhin in Beziehung setzen zu können (Kap. 3.3). Dieses
Vorgehen dient der Überprüfung der These Malunats über den Einfluss der Partei-
programmatik auf das konkrete Regierungshandeln. Es ist unerlässlich, dass dazu
auch die umweltprogrammatischen Aussagen der Parteien aus den Jahren vor 1969
untersucht werden. Aufbauend auf den Schlussfolgerungen aus Kapitel drei beschäf-
tigt sich das vierte Kapitel mit den zentralen Einflussfaktoren sowohl für den Um-
gang der Parteien mit Umweltfragen als auch für die schließlich umgesetzte regie-
rungsamtliche Umweltpolitik. Bereits hier sei der Hinweis gestattet, dass einige Er-
kenntnisse, die im Arbeitsprozess gewonnen worden sind, eine über die Parteien hi-
nausgehende Betrachtung und Ausweitung der Fragestellungen auf die Ebenen von
Regierung und Ministerialverwaltung unausweichlich erscheinen ließen ­ doch dazu
an geeigneter Stelle (Kap. 4) mehr. Somit wird nicht nur, aber auch für SPD und
FDP gefragt, ob aufgrund von Einsichten in die Umweltproblematiken der Zeit um-
weltpolitisches Handeln als notwendig erachtet wurde (Kap. 4.1), das Umweltthema
als Chance zur eigenen Profilierung ­ Umweltpolitik als Mehrheitsbeschaffer ­ an-
gesehen wurde (Kap. 4.2), ein starker öffentlicher Druck umweltpolitische Maßnah-
men erzwungen hat (Kap. 4.3) oder ob Umweltpolitik in Anlehnung an andere Län-
der oder internationale Akteure aufgegriffen worden ist (Kap. 4.4). Die zentralen
Ergebnisse, die sich insbesondere aus den Kapiteln drei und vier ergeben, werden im
abschließenden Kapitel fünf neben einem kurzen, umweltpolitischen Ausblick auf
die Jahre nach 1974 zusammengefasst. Darauf aufbauend lassen sich dann auch

1. Einleitung
4
(wohl besser als bereits in der Einleitung) einige grundsätzliche Überlegungen an-
stellen über die Relevanz der Erforschung eines umweltpolitischen Themas, wie es
hier vorliegt, und der daraus resultierenden Ergebnisse.
Bereits hier bedarf es allerdings der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes
in inhaltlicher wie zeitlicher Hinsicht. Im Zentrum stehen die bundesrepublikanische
Umweltpolitik und damit die für sie bedeutendsten Akteure auf Bundesebene: SPD
und FDP als die beteiligten Parteien, die sozialliberale Bundesregierung sowie die
beteiligten Ministerien und Ministerialverwaltungen. Die Ebene der Bundesländer
kann im Rahmen dieser Arbeit kaum berücksichtigt werden, soll jedoch zumindest
ansatzweise und exemplarisch in Form von Nordrhein-Westfalen als ,,Leitstern der
frühen deutschen Umweltpolitik"
6
an wenigen Stellen mit einfließen. Unter den Par-
teien soll die SPD besondere Berücksichtigung finden, da sie eine dominierende Rol-
le in der Koalition spielte und als die Partei gelten durfte, ,,die von ihrer historischen
und theoretischen Entwicklung her die beste Chance innerhalb der drei Parteien hat-
te, relativ früh eine geschlossene Umweltpolitik zu definieren"
7
. Allerdings verdient
auch die FDP allein schon deshalb Beachtung, weil sie mit Hans-Dietrich Genscher
als Innen- und Josef Ertl als Landwirtschaftsminister die zunächst für Umwelt- und
Naturschutz zuständigen Minister stellte. Die zeitliche Beschränkung auf die Jahre
von 1969 bis 1974 ergibt sich daraus, dass die Anfänge der bundesrepublikanischen
Umweltpolitik als zentraler Untersuchungsgegenstand in dieser Zeit zu verorten sind.
Bis 1973/74 wird allgemein von einer Phase der offensiven Umweltpolitik gespro-
chen,
8
wohingegen sich infolge der Wirtschaftskrise die umweltpolitische Ausgangs-
lage änderte. Da hier die Initiierung der Umweltpolitik im Mittelpunkt steht, markie-
ren somit die Jahre 1973/74 eine sinnvolle Zäsur.
Die Arbeit soll nicht primär der Bewertung von Umweltpolitik dienen, wohinge-
gen die Parteiprogrammatik zum Thema Umweltschutz der Jahre vor und um 1970
durchaus bewertet werden muss, um etwa Aussagen über deren Einfluss auf die
schließlich umgesetzte sozialliberale Umweltpolitik machen zu können. Dazu bedarf
es einer Art Maßstab, der nun mithilfe einiger begrifflicher Anmerkungen und Ab-
grenzungen aufgestellt werden soll. Da Inhalt und Verständnis von Begriffen zeitge-
bunden sind, soll möglichst auf zeitgenössische Interpretationen zurückgegriffen
werden. Der zentrale Begriff für diese Arbeit ist ohne Frage jener der ,,Umweltpoli-
6
H
ÜNEMÖRDER
2004: 13.
7
W
EY
1982: 158. Wey begründet dies mit der häufigen Beteiligung von Sozialdemokraten an der
Vorbereitung wichtiger umweltpolitischer Entscheidungen sowie mit der historischen sozialisti-
schen Theorie, die auf der Erkenntnis des Widerspruchs zwischen der Entfaltung der Produktiv-
kräfte durch die Menschen und den gleichzeitig unübersehbaren Schwierigkeiten, vom selbst ge-
schaffenen Potential den rechten Gebrauch zu machen, basiere (vgl. Kap. 2.2).
8
Zur Phaseneinteilung der deutschen Umweltpolitik vgl. u. a. M
ÜLLER
1995.

1. Einleitung
5
tik". Umweltpolitik wurde im Umweltprogramm der Regierung aus dem Jahre 1971
(und damit zeitgenössisch) folgendermaßen definiert:
Umweltpolitik ist die Gesamtheit aller Maßnahmen, die notwendig sind,
-
um dem Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und für
ein menschenwürdiges Dasein braucht,
-
um Boden, Luft und Wasser, Pflanzen- und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen
menschlicher Eingriffe zu schützen und
-
um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen.
9
Eine Erwähnung verdient schon hier der Umstand, dass der Schutz von Boden, Luft,
Wasser, Pflanzen und Tieren vor nachteiligen Wirkungen menschlicher Eingriffe als
eigenständiger Punkt genannt wird. Denn damit geht das Verständnis von Umweltpo-
litik über eine zuweilen bis heute vorherrschende, rein auf den Menschen ausgerich-
tete Perspektive von Umweltschutz hinaus und berücksichtigt auch ökologische Ge-
sichtspunkte. Diese weitere, nicht nur anthropozentrische Auffassung von Umwelt-
politik dient daher im Folgenden als Bewertungsmaßstab.
Aus der Definition von Umweltpolitik lässt sich auch das damalige Verständnis
anderer Begriffe wie ,,Umwelt" und ,,Umweltschutz" ableiten. Als ,,Umwelt" wurden
demnach in erster Linie die natürliche Umgebung und die natürlichen Lebensgrundla-
gen des Menschen betrachtet, deren Schutz als ,,Umweltschutz" bezeichnet wurde.
Zum Umweltschutz gehörten dementsprechend Naturschutz, Landschaftspflege, Luft-
und Wasserreinhaltung, Lärmbekämpfung und Abfallbeseitigung sowie Umwelthygie-
ne und andere zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen notwendige Teilaufga-
ben.
10
Ungeachtet der Tatsache, dass aufgrund der Aufteilung der Zuständigkeiten
zwischen Innen- und Landwirtschaftsministerium zum Teil Naturschutz und Land-
schaftspflege als eigenständige Aufgaben angesehen wurden, beziehen sich die Begrif-
fe ,,Umweltpolitik" und ,,Umweltschutz" im Kontext dieser Arbeit auf die Gesamtheit
der oben aufgeführten Teilaufgaben. Bisweilen wird aus stilistischen Gründen ,,Natur-
schutz" synonym zu ,,Umweltschutz" gebraucht, genauso wie sich Ausdrücke wie
,,Umweltfragen", ,,Umweltthemen" oder ,,Umweltprobleme" auf den immer gleichen,
oben skizzierten Komplex ,,Umwelt" beziehen. Somit kann der Umgang mit den ge-
nannten Begriffen als durchaus pragmatisch bezeichnet werden. Dieser Pragmatismus
lässt sich auch auf weitere Ausdrücke wie ,,Ökologie", ,,Natur", ,,Naturschutz", ,,Um-
weltbewusstsein" sowie ,,ökologische" bzw. ,,umweltpolitische Wende" übertragen,
deren genauere Definition und Abgrenzung zwar als prinzipiell wichtig erscheinen
mag,
11
für das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit aber keine Voraussetzung ist. Die
9
B
UNDESMINISTERIUM DES
I
NNERN
(BMI) 1972: 29. Zur Modernität dieses Begriffs von Umwelt
und Umweltpolitik vgl. V
IERHAUS
1994: 109.
10
M
ÜLLER
1995: 63; vgl. G
LAGOW
/M
URSWIECK
1971: 4; K
ÜPPERS ET AL
. 1978: 67-72; W
EY
1982:
10-11; H
ARTKOPF
/B
OHNE
1983: 2-3.
11
Vgl. dazu etwa H
ÜNEMÖRDER
2004: 22-24, 155-156.

1. Einleitung
6
Begriffe dienen nicht wie ,,Umweltpolitik" als Bewertungsmaßstab und werden daher
falls notwendig an den entsprechenden Stellen im Text näher erläutert. Gleiches gilt
für die wiederum bedeutsameren, aber in den entsprechenden Zusammenhängen besser
verständlichen Umweltschutzkonzepte, die voneinander zu unterscheiden sind: das
ökologische und das technische Prinzip.
1.2 Theoretische und methodische Vorüberlegungen
Unter der Prämisse, dass Geschichte bzw. Geschichtsschreibung nicht wie noch bis
ins 20. Jahrhundert hinein als weitgehend identisch mit Politik- und Verfassungsge-
schichte betrachtet wird, sondern aus einer (mittlerweile) großen Zahl von ,Teildis-
ziplinen' besteht, stellt sich zunächst die Frage, welcher dieser Teildisziplinen das
Thema der vorliegenden Untersuchung zugeordnet werden kann. Eine solche Zuord-
nung ist nicht bloß formaler Natur, sondern geht auch einher mit einem entsprechen-
den Zugang zu Geschichte. Die Formulierung des Themas könnte eine Eingliederung
in das relativ neue Feld der Umweltgeschichte nahe legen, zumal Umweltgeschichte
,,immer auch Herrschaftsgeschichte"
12
ist. Tatsächlich hat das Thema, bleibt man bei
dem Konzept Joachim Radkaus, insofern eine umwelthistorische Komponente, als dass
Umweltgeschichte nicht nur ökologische Folgen menschlichen Handelns darstellt,
sondern auch die Rolle der Ökologie als Erklärung historischer Verläufe untersucht,
ohne dabei freilich in einen ökologischen bzw. Naturdeterminismus zu verfallen.
13
Eine unbefangene Umwelthistorie handelt nicht davon, wie der Mensch die reine Natur
schändete, sondern handelt von Organisations-, Selbstorganisations- und Dekompositi-
onsprozessen in hybriden Mensch-Natur-Kombinationen. [...] Eine Geschichte des
menschlichen Umweltbewußtseins läßt sich nicht als Geschichte eines Sinnes für das Ei-
genrecht der Natur schreiben, sondern nur als Geschichte eines sich durch Krisenerfah-
rungen herausbildenden Gespürs für die langfristigen natürlichen Grundlagen des
menschlichen Lebens und der menschlichen Kultur.
14
Aber eine Umweltgeschichte ,ohne Umwelt' verdient diesen Namen nicht.
15
In die-
ser Arbeit geht es jedoch in erster Linie um die Frage, wie von wem und warum
Umweltpolitik in Deutschland initiiert worden ist. Zu in diesem Zusammenhang be-
deutsamen Faktoren könnten die Umwelt und deren Wahrnehmung gehören; die
umwelthistorisch relevante Bewertung des ,Outputs' dieses neuen Politikfeldes liegt
dagegen außerhalb des unmittelbaren Interesses. Dass die Zuordnung des Untersu-
chungsgegenstandes zur Umweltgeschichte nicht in vollem Umfang gelingen kann,
12
R
ADKAU
2002: 20.
13
R
ADKAU
2002: 41-42.
14
R
ADKAU
2002: 14.
15
Dazu R
ADKAU
2002: 15: Umweltgeschichte handelt ,,nicht nur von Menschen und ihren Werken,
sondern auch von Schafen und Kamelen, von Sümpfen und Brachländern".

1. Einleitung
7
zeigt zudem die Auffassung Radkaus, wonach ,,für die Geschichte des realen
Mensch-Umwelt-Verhältnisses die alltäglichen Verhaltensmuster und Gewohnheiten
weit wichtiger sind als die Haupt- und Staatsaktionen".
16
Gerade diese ,,Haupt- und
Staatsaktionen" bzw. die sie bedingenden Faktoren aber sollen ja im Fokus stehen,
da das Interesse der Reaktion von Politik auf eine in den sechziger und siebziger Jah-
ren ins Bewusstsein rückende, überaus bedeutsame Herausforderung gilt. Dennoch
sind umwelthistorische Bezüge vorhanden, zumal nach Franz-Josef Brüggemeier zu
den wichtigen Themen der Umweltgeschichte auch das ,,Ausmaß der öffentlichen
Reaktion in Medien, Parteien und Verbänden" gehört.
17
Somit wird dort, wo Bezüge
zur Umweltgeschichte bestehen, auch auf deren zum Teil vielversprechenden Kon-
zepte und vor allem Ergebnisse zurückgegriffen.
Allerdings ist das Thema wohl vor allem der Politikgeschichte zuzuordnen, denn
Gegenstand der Politischen Geschichte sind im modernen Verständnis die Formen
und Institutionen, in denen kollektiv bindende Entscheidungen hervorgebracht und
durchgesetzt werden.
18
Allerdings soll weder die ,,Große Politik der Kabinette"
19
erforscht noch das Politische als losgelöst von Sozialökonomischem und Ideologi-
schem
20
verstanden werden. Die Arbeit bewegt sich in ihrer konzeptionellen Aus-
richtung eher in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite steht die von der Sozial-
und Gesellschaftsgeschichte propagierte Auflösung von ,Politik' in ,Gesellschaft', in
deren extremster Form soziale oder ökonomische Strukturzusammenhänge nicht nur
als Rahmenbedingungen, unter denen politische Entscheidungen gefällt werden, gel-
ten, sondern ,,geradezu als deren Determinanten".
21
Auf der anderen Seite steht die
,,traditionelle Politikgeschichte [im] modernen Anstrich" mit ihrem verengten Blick
auf ,Politik'.
22
Beide Extrempositionen gilt es in ihrer Einseitigkeit zu vermeiden.
Der hier gewählte konzeptionelle Weg folgt eher dem seit den achtziger Jahren in
den USA von einer neuen Forschungsrichtung propagierten Bemühen, die Distanz
zwischen ,Politik' und ,Gesellschaft' zu verringern: ,,Unter dem Motto ,bringing the
state back in' erprobte sie eine Geschichtsschreibung, die dem Staat wieder größeres
Gewicht einräumte, ohne dabei jedoch die Wirkmächtigkeit gesellschaftlicher und
ökonomischer Strukturen zu unterschlagen."
23
Nun stellt sich die Frage, wie sich die bisherige theoretische Verortung des Un-
tersuchungsgegenstandes konkret auswirken kann. Aufgrund des begrenzten Rah-
mens dieser Arbeit ist es nur zeitweise möglich, die Handlungen der politischen Ak-
16
R
ADKAU
2002: 49.
17
B
RÜGGEMEIER
2003: 6.
18
T
HAMER
2003: 38; S
CHLÖGL
2002: 104.
19
W
EHLER
1975.
20
Vgl. Andreas H
ILLGRUBERS
(1973) Beharren auf dem ,,relativen Eigengewicht" des Politischen.
21
F
REVERT
2002: 154.
22
F
REVERT
2002: 152.
23
F
REVERT
2002: 155; vgl. U
EKÖTTER
2003a: 16.

1. Einleitung
8
teure im Einzelnen auf ihre sozioökonomischen Einfluss- und Bedingungsfaktoren
abzuklopfen. Somit wirken sich die bislang angestellten theoretischen Vorüberlegun-
gen weniger unmittelbar auf die Arbeitsweise als vielmehr auf die Gesamtkonzeption
der Arbeit aus. Denn wie bereits erläutert werden zunächst programmatische Aussa-
gen und Diskussion zum Thema Umwelt in den Parteien sowie die konkrete sozialli-
berale Umweltpolitik dargestellt, um darauf aufbauend nach den dafür verantwortli-
chen politischen, aber auch sozioökonomischen Einflüssen zu fragen.
Auch die Politikgeschichte hat sich neueren, unter anderem kommunikations- und
kulturwissenschaftlichen Konzepten und Einflüssen gegenüber aufgeschlossen ge-
zeigt. Oft geht es dabei um die Erweiterung des Verständnisses von Politik,
24
die im
Falle des klassisch-politischen Untersuchungsgegenstandes der vorliegenden Arbeit
allerdings eher kontraproduktiv wäre. Von zum Teil unmittelbarer Relevanz können
dagegen kommunikationstheoretische Impulse sein, die auf symbolische und subjek-
tive Komponenten des Politischen hinweisen. Bestes Beispiel dafür, dass Umwelt-
probleme konstruiert und symbolisch aufgeladen werden können, ist die Diskussion
über das ,Waldsterben' in den 1980er Jahren.
25
Darüber hinaus trägt der Umstand,
dass das Politikfeld Umwelt erst im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit entstand,
dazu bei, dass es durch vielfältige Strategien und Handlungen erst im Bewusstsein
der Menschen verankert, oder anders: konstruiert werden musste. Schon Wey hat
darauf hingewiesen, dass Umweltpolitik durch eine besondere Art der ,Öffentlich-
keit' geprägt ist.
26
Bei der Herstellung dieser ,Öffentlichkeit' spielen symbolische
Handlungen und vor allem Sprache eine wichtige Rolle.
27
Diesen Umstand gilt es bei
den Untersuchungen immer zu berücksichtigen.
Aus der theoretisch-konzeptionellen Positionierung des Untersuchungsgegens-
tandes im Zusammenhang der (neueren) Politikgeschichte ergibt sich in methodi-
24
Vgl. F
REVERT
2002: 163;
F
LITNER
2003.
25
Vgl. dazu H
OLZBERGER
1995. Die These, dass Wirklichkeit nicht einfach gegeben, sondern sozial
konstruiert ist, erhielt größeres Gewicht mit der Arbeit von B
ERGER
/L
UCKMANN
2004 (Erstausga-
be: 1966; deutsch: 1969).
26
W
EY
1982: 13, der feststellt, dass ,,bislang nur relativ wenige Menschen durch Umweltschädi-
gungen einen plötzlichen Gifttod sterben, nur wenige durch Smogluft geplagt um Atem ringen"
und deshalb der Problemdruck gering sei. ,,Erst in schwierigen, langsamen Kommunikations- und
Lernprozessen erhalten Umweltprobleme politisches Gewicht im Sinne einer breiten, zumindest
vernunftmäßigen Beteiligung einer großen Zahl von Menschen." Vgl. u. a. H
UCKE
1990: 394;
B
ECHMANN ET AL
.
1994: 5.
27
In diesem Zusammenhang E
NGELS
2005: 186-187: ,,Vielen politisch Handelnden ist bewusst,
dass Stilisierung und Inszenierung mit über den Erfolg entscheiden. Daher dürfte hier der Anteil
zielgerichteter Stilentscheidungen höher liegen als in vielen anderen Lebensbereichen." So insze-
nierte etwa Klaus Töpfer sich und sein Ministerium zu Beginn seiner Amtszeit als Bundesum-
weltminister 1988, als er durch den Rhein schwamm. ,,Die Aktion lenkte Aufmerksamkeit auf den
Minister wie keine zuvor" (SZ vom 6.6.2006 anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums des Bun-
desumweltministeriums). Vgl. auch J
ÖRGENS
1996: 93-94.

1. Einleitung
9
scher Hinsicht in erster Linie ein handlungstheoretisches Fundament.
28
Dies hängt
zum einen vom oben skizzierten Politikverständnis ab, nach dem Politik als indivi-
duell zurechenbares Entscheidungshandeln verstanden werden kann und dementspre-
chend ,,als Gefüge von Zielen, Motiven und Handlungsstrategien rekonstruiert wer-
den" muss. Unterstützt wird diese Position zum anderen dadurch, dass ,,bis hinein in
die neueren kulturgeschichtlichen Ansätze [...] die Perspektive des handelnden und
leidenden Subjekts als Ausgangspunkt historischen Forschens gilt".
29
Im Sinne der
Integration sozialhistorischer Konzepte müssen dabei immer auch sozioökonomische
Aspekte berücksichtigt werden, denn mag sich Politik auch als individuell zurechen-
bares Entscheidungshandeln vollziehen, so ist sie doch auch immer abhängig von
ökonomischen und sozialen Prozessen. Entscheidungshandeln ,,ist nicht nur Angele-
genheit individueller Akteure, sondern für eine moderne Politikgeschichte stellt sich
auch die Frage nach den Handlungsspielräumen und den sozialen, ökonomischen und
kulturellen Strukturzusammenhängen von politischem Handeln".
30
In diesem Zu-
sammenhang gilt es zwei Hinweise Jänickes zu berücksichtigen. Zum einen kann
dessen Zusammenstellung der Merkmale zur Charakterisierung umweltpolitischer
Akteure die Analyse systematisieren. Zum anderen sollte beachtet werden, dass Ak-
teure, denen in der Umweltdiskussion zum Teil Homogenität unterstellt wird ­ Staat,
Industrie, Gewerkschaften und auch die für diese Arbeit zentralen Parteien ­, im Re-
gelfall recht heterogen sind.
31
Schließlich ergibt sich aus den theoretischen und me-
thodischen Überlegungen ein vor allem hermeneutischer Quellenzugang, wodurch die
Motivlagen und Intentionen der Akteure verstehend nachvollzogen werden sollen.
28
Eine eindeutige umweltgeschichtliche Einordnung des Themas hätte methodisch wohl nur geringe
Auswirkungen gehabt, begründet die Umweltgeschichte nach B
RÜGGEMEIER
/E
NGELS
2005: 14
doch keine eigene Methode; sie verfügt allerdings über eine ,,ausgeprägte methodische Vielfalt
und legt den Austausch mit benachbarten Disziplinen nahe".
29
S
CHLÖGL
2002: 109.
30
T
HAMER
2003: 38.
31
J
ÄNICKE
1995. Jänicke unterscheidet folgende Akteursmerkmale: Interessenlage, Machtlage,
Handlungsbedingungen (Wirtschafts- Rechts- und Informationslagen), strukturelle und situative
Aspekte, Konfiguration der Akteure und deren Veränderung.

1. Einleitung
10
1.3 Quellen und Literatur
Umweltprogrammatik und umweltpolitische Diskussion der Parteien lassen sich in
erster Linie anhand von Beiträgen der maßgeblichen Politiker entweder in (partei-
nahen) Zeitschriften oder eigenständigen Publikationen sowie anhand von Veröf-
fentlichungen der Parteivorstände rekonstruieren. Für die SPD wird auf die Jahrbü-
cher der Partei mit ihren programmatischen Dokumentationen, politischen Berichten,
Entschließungen der Parteitage sowie Beschlüssen und Verlautbarungen des Partei-
vorstandes und des Präsidiums zurückgegriffen. Einsichten in die umweltpolitische
Diskussion liefern darüber hinaus vor allem Parteitagsprotokolle, die Debatten, Re-
den sowie angenommene, überwiesene und abgelehnte Anträge der Parteitage doku-
mentieren. Die angesprochenen ,Ego-Dokumente' der maßgeblichen Politiker, ,,in
denen man Motivlagen und Handlungsstrategien der Protagonisten des politischen
Geschehens aufzufinden hofft", können neben ihrem Aussagewert über das gestal-
tende und handelnde Individuum auch Erkenntnisse über den größeren politischen
Rahmen liefern, indem die Protagonisten als ,,Brennspiegel struktureller sozialer
Zusammenhänge" angesehen werden.
32
Freilich sind solche eigenständigen Beiträge
und Publikationen der Politiker, etwa die ,,Erinnerungen" von Willy Brandt oder
Hans-Dietrich Genscher, stärker noch als die parteioffiziellen Veröffentlichungen
quellenkritisch genau zu prüfen. In großer Zahl liegen mittlerweile zudem Fest- und
Gedenkschriften für Politiker und Beamte der Zeit vor. Die darin enthaltenen Beiträ-
ge werden bisweilen als Sekundärliteratur behandelt, müssen aber insbesondere auf-
grund ihres Charakters als ,Lobrede' früherer Weggefährten auf die Geehrten und
Erinnerten ebenso als Primärquellen angesehen und behandelt werden wie etwa Au-
tobiographien.
Neben den genannten Dokumenten, die in erster Linie für Aussagen über die Hal-
tung der Parteien heranzuziehen sind, müssen die amtlichen Veröffentlichungen etwa
des bis 1986 für Umweltpolitik zuständigen Bundesinnenministeriums berücksichtigt
werden, allen voran das Sofort- sowie das Umweltprogramm der Bundesregierung.
Auch die Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen versprechen einen
gewissen Ertrag. Dies gilt nicht zuletzt auch für die verschiedenen Beiträge von Gün-
ter Hartkopf, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern (BMI), und Peter
Menke-Glückert, enger Vertrauter Genschers und als Abteilungsleiter ebenfalls Mit-
arbeiter im BMI, die Einblicke ,hinter die Kulissen' der Bundespolitik bieten. Zudem
werden ausgewählte Beiträge der Tages- und Wochenpresse ausgewertet, die zum
einen über die sozialliberale Umweltpolitik berichten, zum anderen aber auch zeitge-
nössische Einschätzungen und Bewertungen liefern. Manche der in dieser Arbeit
behandelten Themen lassen sich nur schlecht und mit großem Aufwand anhand von
32
S
CHLÖGL
2002: 110.

1. Einleitung
11
Primärquellen fassen, so dass etwa für die sozioökonomischen Einflüsse auf die so-
zialliberale Umweltpolitik zum Teil auf entsprechende empirische Studien zurückge-
griffen wird.
33
In den einschlägigen Handbüchern und Überblicksdarstellungen fristen Umwelt-
schutz und -politik eine weitgehende Randexistenz. Dagegen nimmt der Bestand an
Spezialliteratur zum Thema nicht zuletzt im Zusammenhang mit der allmählichen
Etablierung der umwelthistorischen Forschung beständig zu. Die im Zusammenhang
mit der vorliegenden Arbeit wichtigsten Studien sollen im Folgenden kurz vorgestellt
werden. Erste umfassende und bis heute durchaus lesenswerte Monographien wurden
schon Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre verfasst. Den Anfang
macht die 1978 veröffentlichte Arbeit von Günter Küppers et al. zum Verhältnis von
Wissenschaftsentwicklung und Wissenschaftspolitik in der Umweltforschung. Titel
und Untertitel lassen kaum vermuten, dass die Studie sich eingehend mit der ,,Politi-
sierung des Umweltproblems" sowohl in Deutschland als auch den USA beschäftigt
und darüber hinaus etwa empirische Befunde über die Umweltberichterstattung der
Presse in dem für die vorliegende Arbeit relevanten Zeitraum liefert. Den ersten
grundlegenden Überblick über die Geschichte der ,,Umweltpolitik in Deutschland"
liefert Klaus-Georg Wey mit seiner ,,Kurzen Geschichte des Umweltschutzes in
Deutschland seit 1900" aus dem Jahre 1982. Zwar nimmt die ,,umweltpolitische
Wende" bei Wey verhältnismäßig wenig Seiten in Anspruch, aber insbesondere seine
Ausführungen über die ,,Entwicklung der umweltprogrammatischen Diskussion" der
Parteien, Verbände und Bürgerinitiativen können als bis heute ,konkurrenzfähig' und
für die vorliegende Arbeit ertragreich eingestuft werden. Den Rang eines Standard-
werks beansprucht das aufgrund der politischen Erfahrung der Autoren überaus
kenntnisreiche Lehrbuch zur ,,Umweltpolitik" von Günter Hartkopf und Eberhard
Bohne. Die eher politisch-strukturelle denn historische Konzeption vermindert den
Gebrauchswert jedoch zumindest für die vorliegende Untersuchung.
Nachdem bis in die Mitte der 1980er Jahre Umweltpolitik eher in größeren zeitli-
chen Zusammenhängen erforscht wurde, änderte sich dies mit der Arbeit von Edda
Müller aus dem Jahre 1986 (zitiert wird die 2. Auflage von 1995), deren Fokus erst-
mals speziell auf der Umweltpolitik der sozialliberalen Koalition lag. Überaus detail-
reich wird hier die Rolle der Ministerialbürokratie bei der Ausformung des neuen
Politikbereichs sowie die Bedeutung internationaler Einflüsse herausgearbeitet.
Diesbezüglich liefert die umfangreiche Studie von Hans-Peter Vierhaus (1994) keine
neuen Erkenntnisse. Erwähnenswert wird sie erst dadurch, dass sie die Etablierung
33
Für das Umweltbewusstsein der Bevölkerung ist dies etwa die Studie von
DE
H
AAN
/K
UCKARTZ
1996, für den Einfluss der Medien u. a. die Arbeit von V
OSS
1990. Vgl. zur Notwendigkeit des
Rückgriffs auf die empirische Sozialforschung für Aussagen über den Stellenwert des Umwelt-
themas im Bewusstsein der Bevölkerung V
IERHAUS
1994: 157.

1. Einleitung
12
der Umweltpolitik aus verfassungsrechtlicher Perspektive beleuchtet und sich daraus
in Verbindung mit den Erkenntnissen der hier vorliegenden Arbeit bedenkenswerte
Schlussfolgerungen etwa über die Rolle der Parteien bei der Initiierung der bundes-
republikanischen Umweltpolitik ableiten lassen (vgl. Kap. 5.2). Zuletzt sei auf drei
Autoren hingewiesen, die mit ihren in den letzten Jahren publizierten Studien wichti-
ge neue Erkenntnisse zum Verständnis der Frühphase der bundesrepublikanischen
Umweltpolitik beigesteuert haben. Karl Ditt (2005) untersucht in seinen Arbeiten
unter anderem die ,,Anfänge der Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland
während der 1960er und frühen 1970er Jahre" und greift dabei unter anderem auf
Aktenbestände des Bundesarchivs Koblenz zurück. Darauf aufbauend gelangt Ditt zu
überaus interessanten Einsichten etwa in die Mechanismen der internationalen um-
weltpolitischen Einflussnahme. Ähnliches lässt sich über sämtliche Arbeiten Kai F.
Hünemörders und Frank Uekötters sagen, die zudem aufgrund der Einbeziehung
neuerer umwelthistorischer Ansätze und Fragestellungen sowie vielfältiger Detail-
studien zu Erkenntnissen gelangt sind, die unter anderem zu einer partiellen Neube-
wertung der Einflussfaktoren der sozialliberalen Umweltpolitik geführt haben.
Nahezu alle genannten Arbeiten beschäftigen sich mit der Rolle der Parteien bei
der Initiierung der Umweltpolitik, bleiben dabei allerdings meist oberflächlich und
kommen (wie schon in Kap. 1.1 gesagt) über die programmatische Ebene nicht hin-
aus. Als Ausnahme muss jedoch auf die ,,Frühgeschichte der globalen Umweltkrise
und die Formierung der deutschen Umweltpolitik (1950-1973)" von Kai F. Hüne-
mörder aus dem Jahre 2004 hingewiesen werden, in der der Autor zwar wie viele
andere sein Hauptaugenmerk den Fachverwaltungen der Ministerien widmet, aber
dennoch auf wenigen Seiten versucht, ,,die parlamentarische und parteipolitische
Seite nicht zu vernachlässigen".
34
Es ist Ziel dieser Arbeit, diese wenigen Seiten um
einige weitere zu ergänzen.
34
H
ÜNEMÖRDER
2004: 21.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
13
2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
Der Zustand der Umwelt in der Bundesrepublik Deutschland ist zum Teil besorgniserre-
gend, obwohl hier zum Beispiel Naturschutz und Landschaftspflege, Luft- und Wasser-
reinhaltung, Abfallbeseitigung und Lärmbekämpfung, aber auch die Kontrolle der Strah-
lenbelastung sowie der Reinhaltung von Lebensmitteln teilweise auf langer guter Tradi-
tion beruhen.
35
Umweltpolitik entstand nicht aus dem ,Nichts' heraus; vielmehr gab es bereits vor
1970 wichtige Maßnahmen, die sich im weitesten Sinne dem Natur- und Umwelt-
schutz widmeten. Im soeben zitierten Umweltprogramm der sozialliberalen Bundes-
regierung wird darauf hingewiesen, dass sich die angesprochene, lange gute Traditi-
on besonders im Gewerberecht, im Wasserrecht, im Lebensmittelrecht und in zahl-
reichen technischen Richtlinien zeige. Hier kann jedoch nicht näher auf solche frü-
hen Ansätze eingegangen werden. Zum einen sind sie zeitlich weit außerhalb des
eigentlichen Untersuchungszeitraumes zu verorten, zum anderen ist auch ihre inhalt-
liche Nähe zum Gegenstand dieser Arbeit in Frage zu stellen. Denn dieses frühe
umweltwirksame politische Verhalten wird in seiner Intention noch keineswegs dem
in der Einleitung skizzierten Verständnis von Umweltpolitik gerecht (vgl. Kap. 1.1).
Die vielfältigen Ansätze und Initiativen waren weder ausreichend koordiniert noch in
eine langfristig angelegte Umweltpolitik eingebettet, die Gesetzgebung war unvoll-
kommen und uneinheitlich.
36
Zudem handelte es sich um regionale und medienspezi-
fische, also nur einzelne Aspekte des späteren Umweltschutzes betreffende Maß-
nahmen.
37
Das Karl Liebknecht (1912) zufolge ,,bekannte Witzwort, daß, wer als
Nationalliberaler auf der einen Seite [in die Wupper] hineinspringt, auf der anderen
als Zentrumsmann herauskommt ­ so schwarz soll sie sein", verweist darauf, dass es
der Politik im Allgemeinen und der Sozialdemokratie im Speziellen in erster Linie
um die Volksgesundheit ging.
38
Der Schutz der Umwelt bzw. der Natur waren im
Kaiserreich keine eigenständigen Ziele, ökologische Zusammenhänge zudem weit-
gehend unbekannt. ,,Im Vordergrund stand nicht das Ziel, die Natur vor weiteren
Zugriffen zu schützen, die Vorschläge der SPD liefen vielmehr darauf hinaus, die
Belastungen sozial verträglich zu gestalten, um die Gesundheit der arbeitenden Be-
völkerung durch bessere Klärwerke oder eine reinere Luft zu schützen."
39
Zwar bot
die Weimarer Republik der Sozialdemokratie neue politische Einflussmöglichkeiten,
35
BMI 1972: 33.
36
BMI 1972: 33.
37
J
ÖRGENS
1996: 79; vgl. auch U
EKÖTTER
2005: 121.
38
B
RÜGGEMEIER
1988: 149-150.
39
B
RÜGGEMEIER
1988: 150. Dies wird endgültig anhand des Vorschlags von Karl Liebknecht deut-
lich, die Abwässer nach englischen Vorbild direkt ins Meer zu leiten, da dieses schließlich groß
genug sei, um alles aufnehmen und klären zu können.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
14
doch zum einen waren den Maßnahmen, die sich weiterhin in erster Linie an den
,,allgemeinen hygienischen Interessen" orientierten, in finanzieller Hinsicht enge
Grenzen gesetzt. Zum anderen waren die Ausmaße der Wasser- und Luftverschmut-
zungen in den Industrierevieren derartig groß, dass schon die Vermeidung störender
Geruchsbildung etwa im Ruhrgebiet als Erfolg gelten konnte.
40
Aus den genannten Gründen soll auf diese frühen Ansätze also nicht näher einge-
gangen werden, doch waren zumindest die wenigen Zeilen notwendig, um die ersten
umfassenderen Maßnahmen mit Umweltbezug der fünfziger und sechziger Jahre
einordnen zu können. Diese sollen im Folgenden ausführlicher anhand von zwei Bei-
spielen vorgestellt werden. Dabei handelt es sich um die Interparlamentarische Ar-
beitsgemeinschaft (IPA) für naturgemäße Wirtschaftsweise sowie die sozialdemokra-
tische Initiative für einen wieder blauen Himmel über der Ruhr. Die nun ausführli-
chere Darstellung findet eine Begründung darin, dass ­ wie Küppers et al. in einem
ähnlichen Zusammenhang formulieren ­ ,,die politische Vorgeschichte ihre eigentli-
che Bedeutung für unsere Analyse erst dort erhält, wo sie in Form von Programmen
und Gesetzen schärfere Konturen gewinnt"
41
, was nun der Fall war. Vor allem aber
ist die Darstellung der IPA-Arbeit und der SPD-Kampagne aufgrund ihrer zeitlichen
Nähe und vielfältiger personeller Kontinuitäten mit der sozialliberalen Umweltpolitik
zu deren Einordnung und kritischen Würdigung unerlässlich.
2.1 Die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft (IPA)
für naturgemäße Wirtschaftsweise
Otto Schmidt, christdemokratischer Bundestagsabgeordneter und IPA-Mitglied, wies
in einem Artikel aus dem Jahre 1964 darauf hin, dass der ,,Mensch des technischen
Zeitalters" zwar die Verschmutzung der Gewässer aufgrund der Schmälerung des
Bade- oder Angelvergnügens beanstandete, ihm ,,die großen Zusammenhänge zwi-
schen Natur und Lebensraum sowie die volkswirtschaftliche Bedeutung der Erhal-
tung der natürlichen Hilfsquellen wie Boden, Wasser, Luft, Vegetation und Tierwelt
[...] noch nicht bewußt, wie es eigentlich sein sollte", seien.
42
Dagegen sei dieses
Bewusstsein und die Erkenntnis darüber, dass menschliches Handeln vielfach auf
Kosten der Natur ginge, bei einigen deutschen Parlamentariern durchaus vorhanden
gewesen. ,,Allein aus dem Bestreben, Versäumtes so gut als möglich nachzuholen",
hätten sich daher 73 Abgeordnete des Bundestages und der Länderparlamente aus
40
W
EY
1982: 99.
41
K
ÜPPERS ET AL
. 1978: 101.
42
S
CHMIDT
1964: 73.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
15
allen Fraktionen 1952 zur Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft
43
zusammen-
geschlossen. Die Grundsätze ihrer Arbeit zeugen von einer äußerst umfassenden Ein-
sicht, unter anderem in ökologische Zusammenhänge:
Alles, was der Mensch benötigt, beruht auf der Nutzung der natürlichen Hilfsquellen der
Erde. Diese sind die erschöpfbaren, wie Mineralien, Kohle und Erdöl, sowie die unter
bestimmten Umständen sich erneuernden Hilfsquellen, wie Kulturboden, Wasser, Pflan-
zen- und Tierwelt.
Die Begrenztheit der erschöpfbaren Mittel erfordert sparsamsten Verbrauch.
Mit den sich erneuernden Hilfsquellen muß eine naturgemäße Wirtschaft betrieben
werden, so daß sie nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit auch von den kommenden
Generationen für die Deckung des Bedarfs der zahlenmäßig zunehmenden Menschheit
herangezogen werden können. Nutzung und unzureichende Pflege verursachten bisher
Schäden. Da die Hilfsquellen jedoch in unmittelbarem Wirkungszusammenhang stehen,
kann schon die Schädigung eines Teiles das Gleichgewicht im Gesamthaushalt der Natur
nachhaltig stören. Dies wirkt sich nicht nur wirtschaftlich aus, sondern greift auch auf
kulturelle und soziale Bereiche über.
Es sind schon mehr Schäden eingetreten, als allgemein angenommen wird. Die Fol-
gen dieses Zustandes sind nicht abzusehen.
Unbedachte Nutzung der natürlichen Hilfsquellen, also Verbrauch, der mit ihrer Er-
neuerung nicht Schritt hält, beeinträchtigt die Lebensmöglichkeiten und verursacht Seu-
chen, körperlichen und geistigen Verfall. Dadurch werden Vorbedingungen zur Entwick-
lung negativer Kräfte gefördert, Freiheit, Gerechtigkeit und Friede bedroht.
Es ist Aufgabe der Politik, das Zusammenleben der Menschen zu regeln. Politische
Pflicht ist es deshalb, mit Maßnahmen im Sinne naturgemäßer Wirtschaft die Lebens-
grundlagen zu schaffen und zu sichern.
44
Noch immer war die Argumentation stark von menschlichen Belangen geprägt, wenn
etwa darauf hingewiesen wurde, dass die Schädigung der Natur nicht nur wirtschaft-
liche, sondern auch kulturelle und soziale Auswirkungen haben könne. Dennoch
wurde hier möglicherweise zum ersten Mal vonseiten der Politik eine Einsicht in die
ökologischen Zusammenhänge mit ihren vielfältigen Wechselwirkungen unter Be-
weis gestellt, da von einem ,,unmittelbaren Wirkungszusammenhang" zwischen den
verschiedenen ,Ressourcen' die Rede war. Darin zeigt sich eine zumindest in Ansät-
zen vorhandene Berücksichtigung des inhärenten Wertes der Natur und deren Ge-
fährdung. Natur und Umwelt ,an sich' sind schützenswert, nicht nur bis zu dem Gra-
de, bis zu dem sie das Leben des Menschen etwa in Form seiner Gesundheit beein-
flussen. Dies war ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einem umfassenderen
Verständnis von Umweltpolitik, und dementsprechend fielen auch die Beurteilungen
43
Zu Aufgabe, Organisation, Finanzierung, Themen usw. s. B
URHENNE
/K
EHRHAHN
1981. Zunächst
hatte die IPA 73, 1964 bereits rund 300 und 1981 ca. 500 Mitglieder.
44
Vollversammlung der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft, 7.8.1953, zit. n. B
URHEN-
NE
/K
EHRHAHN
1981: 324.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
16
dieser IPA-Grundsätze aus. So wurde unter anderem davon gesprochen, dass sie ,,ih-
rer Zeit voraus" gewesen seien und ­ im Zusammenhang dieser Arbeit noch wichti-
ger ­, dass dieses Dokument ,,das ökologische Bemühen und das Problemerkennen,
welches dem weitsichtigen, fragenden Politiker immerhin zu Beginn der fünfziger
Jahre zur Verfügung gestanden hätte bzw. möglich gewesen wäre", beweise.
45
Der
Konjunktiv im letzten Zitat verweist allerdings auf ein schwerwiegendes Problem:
Trotz des Hinweises, dass die IPA ,,vieles getan und vieles erreicht" habe, was in der
Öffentlichkeit jedoch unbekannt blieb,
46
handelte es sich bei der Arbeitsgemeinschaft
um eine ,,überparteiliche Minderheit", von deren Arbeit das politische Klima ,,so gut
wie unberührt" blieb.
47
Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass die IPA keine Ver-
fassungseinrichtung war und die Initiativen, vor allem aber deren Durch- und Umset-
zung, abhängig vom persönlichen Engagement der Politiker waren. Da ein solch
wichtiges, aber der Öffentlichkeit weitgehend unbekanntes Engagement das Zurück-
stellen persönlichen Strebens nach Publizität bedeuten konnte,
48
war es in den meis-
ten Fällen wohl nicht sonderlich hoch. Somit lässt sich resümieren: Der fehlende
,Verfassungsstatus' machte zum einen das Verfolgen weitsichtiger politischer Ziele
auf überparteilicher Ebene möglich, hemmte aber aufgrund fehlender institutionali-
sierter Handlungsformen die Durchsetzungsfähigkeit von Entschließungen. Die da-
mit verbundene, kaum vorhandene öffentliche Wahrnehmung und Würdigung wie-
derum schwächte den Bedeutungsgehalt des Engagements in der Arbeitsgemein-
schaft ab, sodass diese trotz des Mitgliederzuwachses nie entscheidenden Einfluss
gewinnen konnte.
45
B
URHENNE
/K
EHRHAHN
1981: 324; W
EY
1982: 157. Bei Ersteren gilt es zu beachten, dass beide
Mitglieder der IPA waren. Vgl. auch M
ÜLLER
1995: 53-54; B
URHENNE
2000: 279.
46
S
CHMIDT
1964: 73. Schmidt (73-74) bespricht auch das Erreichte nach Maßnahmen in den Berei-
chen Wasser-, Luftreinhaltung, Küsten- und Hochwasserschutz. Vgl. auch die Auflistung der Ge-
genstandsbereiche, mit denen sich die IPA befasste und die sie ,,in Form von Gutachten, Warnun-
gen oder Gesetzentwürfen den gesetzgebenden und vollziehenden Körperschaften nahebrachte"
sowie die ,,Schwerpunkte der IPA-Arbeit" bei K
ÜPPERS ET AL
. 1978: 103 und
B
URHEN-
NE
/K
EHRHAHN
1981: 324.
47
K
ÜPPERS ET AL
.
1978: 103 ; vgl. M
ÜLLER
1995: 54; H
ÜNEMÖRDER
2004 : 100-102.
48
S
CHMIDT
1964: 75; vgl. K
LENKE
1994: 173; H
ÜNEMÖRDER
2004: 100 (,,Politische Meriten ließen
sich nur auf umkämpftem Terrain erringen.").

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
17
2.2 Willy Brandts ,blauer Himmel über der Ruhr'
Dennoch waren die Initiativen wichtig, und manche sahen auch einen Zusammen-
hang zwischen dem Wirken der IPA und dem Bundestagswahlkampf 1961, in dem
die Parolen der Arbeitsgemeinschaft ,,auf einmal herausgestellt" worden seien.
49
Damit war unzweifelhaft die Kampagne der SPD unter Kanzlerkandidat Willy
Brandt für einen wieder blauen Himmel über der Ruhr gemeint (die zudem bei der
Betitelung der vorliegenden Arbeit Pate stand). Diese Forderung war jedoch nicht
grundlegend neu, erhielt durch Brandt aber ihre größte publizistische Wirkung. Zum
Verständnis der hier zentralen Rolle der SPD soll die ,Vorgeschichte' kurz umrissen
werden, wobei aufgrund der regionalen Ausrichtung der Kampagne auch Entwicklun-
gen in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt werden. Mit dem Ruhrgebiet lag hier eines
der am stärksten mit Schadstoffen belasteten Gebiete deutschland-, europa- und
wohlmöglich weltweit. Noch 1978 gingen dort auf einem 900 Quadratkilometer gro-
ßen Areal rund 30 Prozent aller wesentlichen, umweltbelastenden Schadstoffe
Deutschlands nieder.
50
Eine erste genuin politische Reaktion vor allem auf die starke
Luftverschmutzung insbesondere im Ruhrgebiet ging auf den bereits zitierten Otto
Schmidt zurück, der 1955 die CDU/FDP-Landesregierung zum einen aufforderte,
Rechenschaft über die Anti-Staub-Aktionen an Rhein und Ruhr abzulegen, zum an-
deren dazu drängte, ein spezielles Landesgesetz gegen die Luftverschmutzung zu
erarbeiten. Auch an die Bonner Bundesregierung wandte sich Schmidt, und zwar mit
der Empfehlung der Verschärfung der einschlägigen Paragraphen der Gewerbeord-
nung.
51
Ein von der IPA vorgelegter Gesetzentwurf, der im Wesentlichen die Emis-
sionen aus Gewerbebetrieben betraf, wurde 1959 durch den Bundestag beschlossen.
Die SPD sah die Bestimmungen allerdings erst als ,,einen Anfang für weitergehende
Maßnahmen auf dem Gebiet der Reinhaltung der Luft" und erhob weitere Forderun-
gen. Auch den späteren Entwurf eines Landesimmissionsschutzgesetzes der CDU-
Landesregierung in Nordrhein-Westfalen kritisierten die Sozialdemokraten als ,,zu
inhaltsarm".
52
Da die sozialdemokratischen Vorschläge weitgehend unberücksichtigt blieben,
erhob die SPD diese zum Thema des Bundestagswahlkampfes 1961. Im Regierungs-
programm wurden unter der gesundheitspolitischen Leitlinie ,,Wir wollen ein gesun-
49
S
CHMIDT
1964: 74.
50
D
IE
Z
EIT
vom 13.10.1978: 33.
51
D
ER
S
PIEGEL
vom 9.8.1961: 29; vgl. V
IERHAUS
1994: 85-87, nach dem der Verbandsdirektor des
Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, Sturm Kegel, der eigentliche Vordenker der Kampagne
war.
52
Zit. n. W
EY
1982: 187, 189. Zur Diskussion um den Immissionsschutz in NRW und im Bund
(auch nach 1961) vgl. G
LAGOW
/M
URSWIECK
1971: 10-17; W
EY
1982: 181-194; H
ÜNEMÖRDER
2004: 47-76. Speziell zu NRW vgl. J
AHRBUCH DER
SPD 1960/61: 246; W
EICHELT
1996 und
1997; U
EKÖTTER
2003a: 431-449.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
18
des Volk in einem gesunden Staat" Absichten und Vorhaben in zehn Punkten vorge-
stellt, deren vorletzter lautete:
,Reine Luft', ,reines Wasser' und ,weniger Lärm' dürfen keine papierenen Forderungen
bleiben. Erschreckende Untersuchungsergebnisse zeigen, daß im Zusammenhang mit der
Verschmutzung von Luft und Wasser eine Zunahme von Leukämie, Krebs, Rachitis und
Blutbildveränderungen sogar schon bei Kindern festzustellen ist. Es ist bestürzend, daß
diese Gemeinschaftsaufgabe, bei der es um die Gesundheit von Millionen Menschen
geht, bisher fast völlig vernachlässigt wurde. Der Himmel über dem Ruhrgebiet muß
wieder blau werden!
53
Der Spiegel formulierte als Hintergrund für die Aufnahme des Themas in den Wahl-
kampf, dass ,,die zentrale Wahlkampfleitung [...] die Zugkraft der Parole"
54
erkannt
habe, das Thema also weniger programmatisch fundiert und eher spontan initiiert
worden sei. Diese Sichtweise ist wohl nicht von der Hand zu weisen, da erste Bür-
gerproteste und -initiativen zum Thema Luftreinhaltung ein damit verbundenes Wäh-
lerpotential in Aussicht stellten.
55
Sie wird dadurch verstärkt, dass Bundesmittel zur
Realisierung der Forderungen in der Konzeption des Regierungsprogramms nicht
vorgesehen waren.
56
Willy Brandt selbst wies zudem auf den Einfluss ,,amerikani-
scher Unterlagen" hin, dem an dieser Stelle nicht näher nachgegangen werden soll
(vgl. dazu Kap. 4.4).
57
Um den Charakter des SPD-Vorstoßes näher zu bestimmen, bedarf es neben der
Analyse der oben zitierten Passage des Regierungsprogramms auch einer Betrach-
tung des zur damaligen Zeit maßgeblichen Godesberger (Grundsatz-)Programms von
1959 unter ,umweltpolitischen Gesichtspunkten'. Ausgangspunkt des Godesberger
Programms war der ,,Widerspruch unserer Zeit, daß der Mensch die Urkraft des A-
toms entfesselte und sich jetzt vor den Folgen fürchtet". Die weiteren Ausführungen
stellten zunächst einen Bezug zu der Gefahr militärischer Auseinandersetzungen her,
doch wurde der Widerspruch auch auf den im Zusammenhang dieser Arbeit interes-
sierenden Bereich angewendet. So hieß es unter dem Stichwort ,,Soziale Verantwor-
tung":
53
Regierungsprogramm der SPD, am 18. April 1961 vom sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten
Willy Brandt in der Bonner Beethovenhalle veröffentlicht. Abgedruckt im J
AHRBUCH DER
SPD
1960/61: 478-495, hier 483. Vgl. auch die Rede Brandts zum Abschluss des Hannoveraner Partei-
tags im November 1960 (in: P
ARTEITAGSPROTOKOLL
H
ANNOVER
1960: 665-666) und die dort ge-
führten Diskussionen zum Thema.
54
D
ER
S
PIEGEL
vom 9.8.1961: 25; vgl. auch U
EKÖTTER
2003a: 475-476, der Brandts Formel als
,,eine der am meisten überschätzten Wahlkampfparolen der bundesdeutschen Geschichte" darstellt
und Brandts Leistung als von ,,einzig und allein rhetorischer Natur" interpretiert. Zur Kritik an
dieser These vgl. H
ÜNEMÖRDER
2004: 61, der auf den großen politischen Einfluss des SPD-
Vorstoßes hinweist.
55
W
EICHELT
1996; W
EICHELT
1997: 274;
D
ITT
2005: 311.
56
D
ER
S
PIEGEL
vom 13.9.1961: 34.
57
B
RANDT
1994: 274.

2. Politischer ,Umweltschutz' vor der umweltpolitischen Wende
19
Technik und Zivilisation setzen heute den Menschen einer Vielzahl von gesundheitlichen
Gefährdungen aus. Sie bedrohen nicht nur die lebende, sondern auch künftige Generatio-
nen. Gegen diese Schädigungen kann sich der einzelne nicht schützen. Deshalb fordert
die Sozialdemokratische Partei eine umfassende Gesundheitssicherung. Lebensbedin-
gungen und Lebensformen sind so zu gestalten und die Gesundheitspolitik ist so aufzu-
bauen, daß ein Leben in Gesundheit möglich wird.
58
Die (nicht-menschliche) Natur wurde an keiner Stelle als von Technik und Zivilisati-
on gefährdet dargestellt, sodass die Folgen des genannten Grundwiderspruchs nur als
auf die Menschen und die menschliche Gesundheit bezogen erschienen.
Dieser anthropozentrische Umweltbegriff (wenn es überhaupt ein Umweltbegriff
ist) blieb auch maßgeblich für die Forderung nach einem blauen Himmel über der
Ruhr: Die ,,Verschmutzung von Luft und Wasser" war hier nur insofern von Bedeu-
tung, als dass im Zusammenhang damit eine ,,Zunahme von Leukämie, Krebs, Ra-
chitis und Blutbildveränderungen sogar schon bei Kindern" festzustellen sei. Daher
mahnte die SPD mit Willy Brandt nicht einen intensiveren Umweltschutz, sondern
einen Gesundheitsschutz vor den anthropogen verschmutzten Umweltmedien Luft
und Wasser an.
59
Diese anthropozentrische Sichtweise war allerdings nicht auf die SPD beschränkt,
sondern in einem Großteil der bundesdeutschen Bevölkerung verbreitet. So themati-
sierte der 1961 verfasste Spiegel-Artikel ,,Zu blauen Himmeln", aufbauend auf einer
apokalyptisch anmutenden Beschreibung der Verhältnisse im Ruhrgebiet (,,Der röh-
rende Industrie-Gigant bereitet acht Millionen Menschen im Revier jeden Tag ein
kleines Pompeji."), ebenfalls fast ausschließlich gesundheitliche Auswirkungen der
Verunreinigungen. Schäden an Pflanzen kamen nur dann vor, wenn sie sich auf den
wirtschaftenden und sich versorgenden Menschen auswirkten.
60
Zu diesem Ergebnis
kam auch eine umfangreichere Analyse der Presseberichterstattung dieser Zeit, die
das Fehlen eines ,,allgemeinen Engagements für eine in größeren Zusammenhängen
gesehene Umweltsicherung" konstatierte.
61
Einsichten in die komplexen, ökologi-
schen Zusammenhänge waren jedoch möglich, wie unter anderem die zitierten
58
Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Beschlossen vom Außer-
ordentlichen Parteitag in Bad Godesberg vom 13. bis 15. November 1959. Abgedruckt in J
AHR-
BUCH DER
SPD 1958/59: 373-386.
59
Vgl. B
RÜGGEMEIER
1988: 154; V
IERHAUS
1994: 89;
W
EICHELT
1997: 278; H
ÜNEMÖRDER
2004:
96; D
ITT
2005: 312. Daher ist auch die von K
LOTZBACH
1982: 513 vorgenommene Bezeichnung
des neunten Punktes aus dem ,,Zehn-Punkte-Katalog innenpolitischer Gemeinschaftsaufgaben"
(Regierungsprogramm 1961) als ,,Umweltschutz" problematisch bzw. nicht zulässig. Vgl. auch
die Ausführungen zum ,,Schutz vor Umweltgefahren" in den ,,Gesundheitspolitischen Leitsätzen
der SPD" aus dem Jahre 1964 (P
ARTEITAGSPROTOKOLL
K
ARLSRUHE
1964: 1062-1075).
60
D
ER
S
PIEGEL
vom 9.8.1961. Noch der Artikel zum S
PIEGEL
-Titel ,,Vergiftete Umwelt" vom
5.10.1970 geht kaum über den Fokus Gesundheit hinaus.
61
R
AT VON
S
ACHVERSTÄNDIGEN FÜR
U
MWELTFRAGEN
(SRU) 1978: 441; vgl. auch H
ÜNEMÖRDER
2004: 33, der in der umweltpolitischen ,Vorreiterregion' Ruhrgebiet eher ein frühes ,,Luft-
verschmutzungsbewußtsein" als ein frühes Umweltbewusstsein vorhanden sieht.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836604314
DOI
10.3239/9783836604314
Dateigröße
602 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster – Philosophische Fakultät, Studiengang Erziehungswissenschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
deutschland sozialliberale koalition umweltpolitik politische willensbildung geschichte
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