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Werteorientierte Mitarbeiterführung

Eine allgemeine Betrachtung mit exkursorischem Fokus auf soziale Dienstleistungsunternehmen

©2006 Diplomarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Führung von Mitarbeitern ist seit jeher ein Thema der menschlichen Zivilisation: von den antiken Schriften Senecas über die Regeln des heiligen Benedikt von Nursia bis hin zur aktuellen Managementliteratur.
In der Moderne gleicht das Phänomen der Führung einem Pendelschlag, dessen Extreme von Ökonomie und Menschlichkeit versinnbildlicht werden. Entweder wurde das Personal den organisatorischen Bedingungen (bspw. Scientific Management) oder die Organisation den Bedürfnissen der Mitarbeiter (bspw. Human-Relations-Bewegung) angepasst. Mitarbeiterführung ist immer zweckgebunden und die beiden genannten Betrachtungsweisen stellen ihre Zieldimensionen dar.
Während der ökonomische Aspekt institutionelle, wirtschaftliche Ziele verfolgt, konzentriert sich der humane Aspekt auf die Befriedigung individueller, sozialer Bedürfnisse. Dem humanen Gesichtspunkt kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da das Verwirklichen ökonomischer und für das Unternehmen überlebenswichtiger Ziele, ohne die Berücksichtigung jeglicher Mitarbeiterbedürfnisse nicht oder zumindest nur stark eingeschränkt möglich ist.
Die Bedeutung des Humankapitals in der heutigen Dienstleistungs- und der morgigen Wissensgesellschaft verstärkt den Eindruck, dass auf lange Sicht ein Unternehmen nur mithilfe motivierter und interessierter Mitarbeiter erfolgreich sein kann. Gerade in der durch ungewisse Arbeitsbedingungen und kurzfristige Arbeitsverhältnissen geprägten, globalisierten Wirtschaft hängt das Interesse potentieller und das Engagement beschäftigter Mitarbeiter nicht nur von extrinsischen Anreizen, sondern auch von einer integeren, werteorientierten Unternehmens- und Mitarbeiterführung ab.
Vertritt ein Unternehmen Werte wie Ehrlichkeit, Fairness, Glaubwürdigkeit, Respekt und Verantwortungsbewusstsein und stimmen diese mit den Vorstellungen eines wünschenswerten Verhaltens der Mitarbeiter, aber auch aller anderen relevanten Bezugsgruppen überein, stellen diese das Fundament einer nachhaltigen Wertschöpfung dar. So wird Mitarbeiterführung zum Erfolgsfaktor. Diese Werte zu eruieren und sie in Worte zu fassen, sie organisatorisch im Unternehmensalltag zu verankern, sie integer mit Leben zu füllen und Vertrauen in deren Wirksamkeit aufzubauen, ist Weg und Ziel einer werteorientierten Führung wie sie zugleich im Sinne dieser Arbeit definiert sein soll.
In den ersten drei Kapiteln bezieht sich diese Arbeit auf wesentliche Grundlagen einer werteorientierten […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Daniel Maier
Werteorientierte Mitarbeiterführung
Eine allgemeine Betrachtung mit exkursorischem Fokus auf soziale
Dienstleistungsunternehmen
ISBN: 978-3-8366-0415-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Hohenheim, Stuttgart, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... III
Tabellenverzeichnis...V
Abkürzungsverzeichnis ...VII
1. Einleitung ... 1
2. Ethische Grundlagen der Mitarbeiterführung ... 3
2.1 Zentrale Begriffe... 4
2.2 Wirtschaftsethik... 5
2.3 Unternehmensethik ... 6
2.4 Führungsethik ... 9
3. Der Mitarbeiterführung zugrunde liegende Menschenbilder... 11
3.1 Die Extremtheorien von McGregor... 12
3.2 Die vier Grundtypen von Schein ... 14
3.3 Das christliche Menschenbild... 15
4. Motivationstheoretische Grundlagen der Mitarbeiterführung... 17
4.1 Inhalts- und Prozesstheorien der Motivation... 18
4.2 Das Rubikon-Modell der Handlungsphasen... 19
4.3 Praktische Konsequenzen für die Motivierung von Mitarbeitern ... 21
4.4 Extrinsische und intrinsische Motivation ... 24
5. Klassische Bezugspunkte der Mitarbeiterführung... 25
5.1 Führung ­ eine Begriffsbestimmung ... 26
5.2 Führungstheorien ... 28
5.3 Führungstechniken (Management-by-Techniken) ... 32
6. Werteorientierte Bezugspunkte der Mitarbeiterführung ... 34
6.1 Werte ­ eine Begriffsbestimmung ... 34
6.2 ,,Integrity-based approach" nach Lynn Sharp Paine... 38
6.3 Mitunternehmertum nach Rolf Wunderer ... 44
6.4 WerteManagementSystem nach Josef Wieland ... 52
6.5 Einordnung der Konzepte im Spannungsfeld von Ethik und Ökonomie ... 59
7. Exkurs: Werteorientierte Mitarbeiterführung in der Praxis sozialer
Dienstleistungen... 64
7.1 Soziale Dienstleistungen... 64
7.2 Relevante Handlungsfelder der Mitarbeiterführung ... 68
7.2.1 Ehrenamtliches Engagement ... 68
7.2.2 Familienbewusste Personalpolitik ... 73
7.2.3 Gesundheitsbewusstsein... 79
8. Schlussbetrachtung ... 82
Literaturverzeichnis...IX

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ethik vs. Ökonomie... 8
Abbildung 2: Maslows Bedürfnispyramide... 18
Abbildung 3: Rubikon-Modell der Handlungsphasen... 20
Abbildung 4: Entstehung intrinsischer Motivation ... 24
Abbildung 5: Dimensionen der Führung ... 27
Abbildung 6: Führungstheorien... 28
Abbildung 7: Management-by-Techniken ... 33
Abbildung 8: Werte, Moral und Entscheidung ... 35
Abbildung 9: Strategien des Ethikmanagements... 43
Abbildung 10: Förderungskonzept - vom Mitarbeiter zum Mitunternehmer... 45
Abbildung 11: Transformationale Führung ... 50
Abbildung 12: Prozessstufen des Wertemanagements... 54
Abbildung 13: Aktuelle Managementherausforderungen... 67
Abbildung 14: Kosten der Elternzeit / Familienfreundlichkeit... 77
Abbildung 15: Burnout-Symptomatik ... 81

V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Führungstheorien... 31
Tabelle 2: Identifikation... 47
Tabelle 3: Ethisches Entscheidungsmodell ... 52
Tabelle 4: Werteviereck ... 55
Tabelle 5: Abgrenzung Güter und Dienstleistungen ... 65
Tabelle 6: Professionelle und ehrenamtliche Mitarbeiter... 73
Tabelle 7: Beschäftigte in sozialen Einrichtungen ... 74
Tabelle 8: Familienfreundliche Maßnahmen... 78

VII
Abkürzungsverzeichnis
3-D-Konzept
Dreidimensionales Konzept
AG
Aktiengesellschaft
DNWE
Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
ERG-Theorie
Existence-Relatedness-Growth-needs-Theorie
FI
formale
Institutionen
IF
informale
Institutionen
IS
individuelle Selbststeuerung / Selbstbindung
KMU
kleine und mittelständische Unternehmen
OKK
organisationale Koordinations- und Kooperationsmechanismen
ROI
Return
on
Investment
Tm
moralische Dimension einer distinkten wirtschaftlichen
Transaktion
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
VIE-Theorie
Valenz-Instrumentalität-Erwartungs-Theorie
WMS
WerteManagementSystem
WWW
World Wide Web
ZfW
Zentrum für Wirtschaftsethik

1
1. Einleitung
Die Führung von Mitarbeitern ist seit jeher ein Thema der menschlichen Zivilisation:
von den antiken Schriften Senecas über die Regeln des heiligen Benedikt von Nursia
bis hin zur aktuellen Managementliteratur. In der Moderne gleicht das Phänomen der
Führung einem Pendelschlag, dessen Extreme von Ökonomie und Menschlichkeit ver-
sinnbildlicht werden. Entweder wurde das Personal den organisatorischen Bedingun-
gen (bspw. Scientific Management) oder die Organisation den Bedürfnissen der Mitar-
beiter
1
(bspw. Human-Relations-Bewegung) angepasst. Mitarbeiterführung ist immer
zweckgebunden und die beiden genannten Betrachtungsweisen stellen ihre Zieldimen-
sionen dar. Während der ökonomische Aspekt institutionelle, wirtschaftliche Ziele ver-
folgt, konzentriert sich der humane Aspekt auf die Befriedigung individueller, sozialer
Bedürfnisse. Dem humanen Gesichtspunkt kommt eine entscheidende Bedeutung zu,
da das Verwirklichen ökonomischer und für das Unternehmen überlebenswichtiger
Ziele, ohne die Berücksichtigung jeglicher Mitarbeiterbedürfnisse nicht oder zumindest
nur stark eingeschränkt möglich ist. Die Bedeutung des Humankapitals in der heutigen
Dienstleistungs- und der morgigen Wissensgesellschaft verstärkt den Eindruck, dass
auf lange Sicht ein Unternehmen nur mithilfe motivierter und interessierter Mitarbeiter
erfolgreich sein kann. Gerade in der durch ungewisse Arbeitsbedingungen und kurzfris-
tige Arbeitsverhältnissen geprägten, globalisierten Wirtschaft hängt das Interesse po-
tentieller und das Engagement beschäftigter Mitarbeiter nicht nur von extrinsischen
Anreizen, sondern auch von einer integeren, werteorientierten Unternehmens- und
Mitarbeiterführung ab. Vertritt ein Unternehmen Werte wie Ehrlichkeit, Fairness,
Glaubwürdigkeit, Respekt und Verantwortungsbewusstsein und stimmen diese mit den
Vorstellungen eines wünschenswerten Verhaltens der Mitarbeiter, aber auch aller an-
deren relevanten Bezugsgruppen überein, stellen diese das Fundament einer nachhal-
tigen Wertschöpfung dar. So wird Mitarbeiterführung zum Erfolgsfaktor. Diese Werte zu
eruieren und sie in Worte zu fassen, sie organisatorisch im Unternehmensalltag zu
verankern, sie integer mit Leben zu füllen und Vertrauen in deren Wirksamkeit aufzu-
bauen, ist Weg und Ziel einer werteorientierten Führung wie sie zugleich im Sinne die-
ser Arbeit definiert sein soll.
In den ersten drei Kapiteln bezieht sich diese Arbeit auf wesentliche Grundlagen einer
werteorientierten Mitarbeiterführung. Kapitel 2 bildet den Ausgangspunkt und gibt dem
1
Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Folgenden nur die ,,männliche" Form verwendet. Wenn von ,,Mitar-
beitern" oder allgemein von ,,Führungskräften" die Rede ist, sind damit selbstverständlich stets zugleich
weibliche und männliche Personen gemeint.

2
Thema durch dessen ethische Einordnung einen Rahmen. Die oben dargestellten Ex-
treme Ökonomie und (moralisch gebotene) Menschlichkeit bilden dabei das grundsätz-
liche Spannungsfeld der Wirtschaftsethik. Dieses wird beginnend bei der Wirtschafts-
ethik im engeren Sinne über die Unternehmensethik bis hin zur Führungsethik beleuch-
tet, wobei grundsätzlich jedes Handeln als werteorientiert eingestuft werden kann. Ob
es ethisch zu rechtfertigen ist, hängt immer von der Wahl dieser Werte ab. Die ethische
Beurteilung von Führungssystemen ist eng verknüpft mit den Menschenbildern die sie
implizieren. In Kapitel 3 werden die diesbezüglich typisch betriebswirtschaftlichen Ka-
tegorien sowie der Entwurf eines christlichen Menschenbildes dargestellt. Kapitel 4
beschreibt die motivationstheoretischen Grundlagen der Mitarbeiterführung. Motivation
gilt als zentrale Führungsaufgabe und hat enorme Auswirkungen auf die Leistungsbe-
reitschaft (ökonomischer Aspekt) und Zufriedenheit (humaner Aspekt) der Mitarbeiter.
Es werden unterschiedliche Motivationstheorien und daraus folgende praktische Kon-
sequenzen sowie der Unterschied und Zusammenhang extrinsischer und intrinsischer
Motivation aufgezeigt. Kapitel 5 charakterisiert die klassischen Bezugspunkte der Per-
sonalführung aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre. Der Begriff Führung wird definiert
und in eine direkte und eine indirekte Variante unterteilt. Ausgesuchte Führungstheo-
rien und ­techniken bilden den Abschluss dieses Themas, das wichtige Anhalts- und
Verknüpfungspunkte für eine werteorientierte Führung liefert. In Kapitel 6 werden mit
explizitem und/oder implizitem Bezug auf die vorangegangen Kapitel die werteorientier-
ten Bezugspunkte der Mitarbeiterführung dargestellt. Dazu wird der Begriff Werte defi-
niert und für den Unternehmenskontext fruchtbar gemacht. Die drei anschließenden,
für diese Arbeit zentralen Konzepte befassen sich mit Formen des Wertemanagements
zur Unternehmens- und Mitarbeiterführung. In ihrer stark anwendungsorientierten Wei-
se erklären sie die Relevanz von Werteorientierung zur Sicherung und Steigerung des
Unternehmenswertes und weisen darauf hin, dass erfolgreiche und sinnvolle Führung
immer auch von organisationalen Strukturen (Ziele, Richtlinien, Leitbilder) unterstützt
werden muss. Um den roten Faden mit dem oben entworfenen ethischen Rahmen ab-
schließend zu verknüpfen, werden die Konzepte im Spannungsfeld von Ethik und Öko-
nomie betrachtet. Moralökonomisches Wertemanagement muss aber auch praktisch
werden. Zu diesem Zweck werden exkursorisch in Kapitel 7 drei anwendungsbezogene
Möglichkeiten der Ausgestaltung werteorientierter Mitarbeiterführung aufgezeigt. Dies
geschieht vor der Folie sozialer Dienstleistungen. Den Schluss bildet mit Kapitel 8 die
Darlegung der Erkenntnisse dieser Arbeit. Insgesamt soll eine umfassende Darstellung
der Spezifika werteorientierter Mitarbeiterführung vermittelt werden.

3
2. Ethische Grundlagen der Mitarbeiterführung
,,Schon immer registrierten die Menschen eine moralische Kluft zwischen wirtschaftli-
chem und ethischem Denken."
2
Ökonomisches Handeln wird gerne mit Egoismus
gleichgesetzt, moralisches Handeln hingegen mit Altruismus. Dieser Gedanke verfes-
tigte sich im Laufe der Zeit, gerade auch durch die frühe Form des Kapitalismus (Man-
chester-Kapitalismus), den Taylorismus, der die menschliche Arbeitskraft dem Takt des
Fließbandes anpasste und die aktuelle Globalisierungsdebatte.
3
All diese genannten
Beispiele beeinflussten und beeinflussen das Leben der Menschen, denen im Sinne
dieser Arbeit zusätzlich der Status des Mitarbeiters zukommt. Die Bereichsethik, die
sich diesem konfliktreichen Thema zuwendet, ist die Wirtschaftsethik und soll hier den
Ausgangspunkt einer werteorientierten Mitarbeiterführung darstellen. Grundsätzlich
lässt sich die Wirtschaftsethik nach akteurspezifischen und systembezogenen Ge-
sichtspunkten einteilen. Die akteurspezifische Einordnung geht der Frage nach, wer die
Adressaten der Moral sind. Kann nur das Individuum alleine Träger, bspw. von Ver-
antwortung im ökonomischen Entscheidungsprozeß sein (individualethisches Paradig-
ma)? Oder können auch Korporationen im Sinne eines Kollektivakteurs Adressat mora-
lischer Normen sein (institutionenethisches Paradigma)? Der systemtheoretische An-
satz hingegen gliedert die Wirtschaftsethik in drei Handlungsebenen: Die Makroebene
bezieht sich im Sinne einer Ordnungs- oder Systemethik auf den Staat, das Wirt-
schaftssystem, die Gesamtgesellschaft etc. und wird als Wirtschaftsethik (im engeren
Sinne) bezeichnet. Der Untersuchungsgegenstand der Mesoebene sind moralische
Problem- und Handlungsfelder von Organisationen und ihrer institutionellen Gestal-
tung. Hierfür wird der Begriff Unternehmensethik verwendet. Auf der Mikroebene wird
das Verhalten von Menschen in Unternehmen, also Fragen des individuellen richtigen
Handelns innerhalb des wirtschaftlichen Teilsystems thematisiert.
4
Die Mikroebene der
Wirtschaftsethik bezieht sich somit auf das Gebiet der Führungsethik.
5
Die akteursspezifische Einordnung soll hier nicht explizit weiterverfolgt werden, da sie
innerhalb des systemtheoretischen Ansatzes, vor allem auf Ebene der Unternehmens-
ethik, bspw. durch Enderle bereits impliziert wird: Das Unternehmen ist ,,nicht als bloße
Summe individueller Akteure (...), sondern als ´moralischer Akteur`, als überindividuel-
ler Akteur ´sui generis` zu begreifen."
6
Im Folgenden wird deshalb ausschließlich die
Aufteilung in Makro-, Meso- und Mikroebene näher beleuchtet. Es soll versucht wer-
2
Dehner (1998), S. 30.
3
Vgl. ebd., S. 30-31.
4
Vgl. Zimmerli/Aßländer (1996), S. 307-312.
5
Vgl. Jäger (2001), S. 24.
6
Enderle (1993), S. 199.

4
den, die einzelnen Ebenen kurz, aber dennoch möglichst prägnant zu charakterisieren.
Zuvor werden einige ausgesuchte, zentrale Begriffe der Ethik dargelegt.
2.1 Zentrale Begriffe
Ethik und Moral: Der Begriff Moral stammt aus dem lateinischen und steht für
Sittlichkeit, Sittenlehre und sittliche Nutzanwendung. Ethik, aus dem griechischen
kommend, entspricht seiner Bedeutung nach der Sittenlehre bzw. der Gesamtheit der
sittlichen und moralischen Grundsätze einer Gesellschaft. Der Unterschied zwischen
Ethik und Moral besteht darin, dass Ethik moralische Probleme argumentativ reflek-
tiert:
7
,,Ethik beinhaltet das Suchen, Erklären und Begründen von Normen und Nor-
mensystemen. Hierbei findet eine philosophische Analyse von Werten und Normen
statt. (...) Die Moral beinhaltet die konkreten Verhaltensregeln in Form von Verboten
und Geboten, die sich aus der Ethik ableiten."
8
Begründungs- / Anwendungsdiskurs: Auf der Begründungsebene, der Ebene
der theoretischen Ethik, werden intersubjektive, allgemeingültige Werte und moralische
Sätze ethisch begründet.
9
Diese an sich gültigen Moralprinzipien können nun aber im
tatsächlichen Anwendungsfall, d.h. in konkreten Bereichen des gesellschaftlichen Zu-
sammenlebens, in Umsetzungsschwierigkeiten geraten. Die praktische Ethik hingegen
orientiert sich an der breiten empirischen Vielfalt und bleibt differenziert gegenüber
allzu hochtrabenden theoretischen Zielen. Sie bezieht sich auf den realen Erfahrungs-
horizont, zweifelt an der Umsetzbarkeit allgemeiner Prinzipien und verbleibt somit auf
der Anwendungsebene.
10
Begründete Moralprinzipien können nur dann zur Anwen-
dung gebracht werden, wenn sie in der Realität tatsächlich anwendbar sind. Somit
muss ,,jede Ethik praktisch werden und darf sich nicht damit begnügen, schöne Ideale
aufzustellen und sich in reiner Gesinnungsethik die Pflege selbstgerechter Innerlichkeit
angelegen sein zu lassen oder sich an der Erhabenheit der eigenen ethischen Einstel-
lung und moralischen Gesinnung zu erfreuen."
11
Ansonsten ist eine Differenzierung
von ethischer Begründungs- und Anwendungsebene angebracht. Begründungs- und
Anwendungsfragen bilden aber ,,nicht zwei disjunkte Klassen, sondern ein Kontinuum,
und die Begründungsrelationen verlaufen weder von der Theorie zur Praxis noch von
der Praxis zur Theorie, sondern richten sich nach dem Gewissheitsgefälle unserer mo-
ralischen Überzeugungen."
12
7
Vgl. Lay (1996), S. 72-73.
8
Kohlhof/Hermann/Morawietz (2001), S. 13.
9
Vgl. Karmasin (1996), S. 18.
10
Vgl. Nida-Rümelin (1996), S. 5.
11
Grimm (1994), S. 27.
12
Nida-Rümelin (1996), S. 61.

5
2.2 Wirtschaftsethik
Das Anliegen der Wirtschaftsethik ist es, sich möglichst konkret mit den vielschichtigen
Handlungsproblemen der Wirtschaft zu befassen. Diese nicht nur theoretisch-
philosophisch zu behandeln, sondern zu diesen Problemen praktische Lösungsmög-
lichkeiten auszuarbeiten und anzubieten.
13
Humanwissenschaften im Allgemeinen und
somit auch die Wirtschaftswissenschaften im Speziellen können nie wertfrei interpre-
tiert werden. Dies hat der so genannte Positivismusstreit zwischen Albert und Haber-
mas so wie der Werturteilsstreit vor allem zwischen Weber und Pesch offensichtlich
werden lassen. Wertvorstellungen gehören zu ihrem impliziten Bestand und bestimmen
somit die zu beschreitenden Wege. Damit sollte sich die Frage nicht mehr danach stel-
len, ob die Ökonomik eine ethische Größe aufweist, sondern wie Ethik und Wirtschaft
in Beziehung gesetzt werden können.
14
Ökonomie kann Moral nicht ausgrenzen. ,,Wo-
bei die Moral aber kein unbefragter Herrschaftsnexus ist. In dieser Frage reagiert die
Ökonomik aufgeklärt allergisch. Unbedingtheitsansprüche selegiert sie systematisch
aus, wenn sie die Freiheit der individuellen Handlungen in Frage stellen."
15
Um die Re-
lation von Ökonomik und Ethik zu bestimmen, schlägt Enderle ein Kooperationsmodell
vor, indem sich beide Disziplinen gleichwertig und wechselwirkend begegnen und be-
dingen können.
16
Durch die Einsicht, dass weder ein Primat der Ethik noch ein Primat
der Ökonomik vorliegt, können moralistische wie auch empiristische Fehlschlüsse ver-
hindert oder zumindest eingegrenzt werden.
17
Gegenwärtig hat sich die Wirtschaftsethik mit Problemstellungen auseinanderzusetzen,
die durch beachtliche wirtschaftliche Umwälzungen immer weiter vorangetrieben wer-
den. Die internationale Vernetzung, die Globalisierung und die ,,befürchtete" Ökonomi-
sierung sämtlicher Lebensbereiche lassen die althergebrachten ethischen Fragen, was
wir tun sollen und was wir dürfen, erneut in das Zentrum der gesellschaftlichen Be-
trachtung rücken. Der immer deutlich werdende Gang nationaler Volkswirtschaften und
ihrer Staatsgrenzen in die ,,Zweitklassigkeit", lässt nationale Autonomien und Rahmen-
ordnungen an Bedeutsamkeit verlieren, während die vor allem global agierenden Un-
ternehmen das ,,Spiel" immer mehr an sich reißen. Passend dazu fordert der Arbeits-
markt, im Sinne der Wissens- und Informationsgesellschaft, fortwährende Mobilität und
Flexibilität sowie lebenslange Fortbildung und Qualifizierung: dies alles unter den Prä-
missen der Erodierung klassischer Arbeitsstrukturen und Produktionsverlagerungen ins
13
Vgl. Enderle (1993), S. 9.
14
Vgl. Furger (1994), S. 5f.
15
Priddat (2005), S. 164.
16
Vgl. Enderle (1993), S. 24.
17
Vgl. Suchanek (2001), S. 22ff.

6
,,Billiglohnausland".
18
So werden den Menschen zwar die vielfältigsten Optionen gebo-
ten, aber gleichzeitig stabilisierende Eckpfeiler des menschlichen Zusammenlebens
zum Einsturz freigegeben. Begriffe wie Heimat, Familie, Nachbarschaft, Freundschaft
etc. bedürfen in diesem Zusammenhang vielerorts einer Neudefinition.
19
In all diesen Belangen ,,versucht die Wirtschaftsethik, durch die ethische Reflexion
ökonomischen Handelns zu einer Erweiterung des ökonomischen Rationalitätsbewußt-
seins beizutragen."
20
Als angewandte Ethik verfährt sie deskriptiv, im Sinne differen-
zierter Analysen bestehender ökonomischer Theorien und dem Ausweisen ethischer
Problemlagen sowie normativ durch Aufforderung zur Umgestaltung ökonomischer
Entwürfe mit dem Zweck, Moral ökonomisch zu ermöglichen.
21
Die Verbindung von
Moral und ökonomischer Entscheidung, welche die Ansätze der Wirtschaftsethik unter-
schiedlich
22
vertreten, wird aber nur dort Erfolgsaussichten haben, wo sie ihren Teil zur
Generierung neuer Wertschöpfungsstrategien beiträgt, sie nicht als Restriktion, son-
dern als Option gebräuchlich wird. So soll sie neue Handlungsmöglichkeiten erschlie-
ßen und neue Ordnungsmuster entwickeln.
23
2.3 Unternehmensethik
Die Unternehmensethik ist ein spezielleres Anwendungsgebiet der Wirtschaftsethik
und ,,thematisiert die Frage, wie moralische Interessen begründet und unter den Be-
dingungen der modernen Marktwirtschaft dauerhaft (sustainable) zur Geltung gebracht
werden können."
24
Folgerichtig kann man sie somit als Nachdenken über Moral im Un-
ternehmen definieren.
25
Unternehmensethik im Sinne einer angewandten Ethik setzt
immer voraus, dass außer den Gesichtspunkten Ethik und Unternehmen
26
, auch deren
Interdependenzen betrachtet werden. Der Bedarf einer Unternehmensethik lässt sich
beispielhaft anhand drei Überlegungen aufzeigen: Erstens können mögliche externe
Effekte (im Sinne von negativen Neben- und Folgewirkungen des unternehmerischen
Handelns) nicht gänzlich vermieden werden, da der Marktprozess, aber auch seine
Rahmenbedingungen immer selbst Restriktionen unterliegen. Zweitens kann und soll
das nationale Recht, die ökonomischen Aktivitäten nicht bis ins Detail regeln, ganz
abgesehen davon, dass in Zeiten der Globalisierung der nationalstaatliche Einfluss
18
Vgl. Marx/Wulsdorf (2002), S. 282.
19
Vgl. Schulte (2006), S. 56.
20
Zimmerli/Aßländer (1996), S. 293.
21
Vgl. ebd., S. 309.
22
Vgl. hierzu etwa Schramm (1997), S. 215f.
23
Vgl. Priddat (2005), S. 26.
24
Schramm (2005), S. 56.
25
Vgl. Dehner (1998), S. 32.
26
Vgl. hierzu Coase (1992), Williamson (1990).

7
immer geringer wird. Und drittens stellt sich die Frage, ob nur weil etwas gesetzlich
nicht verboten oder gar zulässig ist, es notwendigerweise auch gerecht sein muss. Aus
diesen Überlegungen gehen Fragen nach dem Handlungsspielraum einer Unterneh-
mung und nach der Art der Normativität unternehmensethischer Normen hervor, die
hier kurz skizziert werden sollen.
27
Unternehmensextern gegebene Handlungsbedingungen definieren den Handlungs-
spielraum eines Unternehmens. Die Wirtschaftsordnung gibt den Unternehmen zwar
die Rahmenbedingungen vor, gestattet ihnen aber innerhalb dieser Restriktionen einen
gewissen Spielraum zu. Nach Homann thematisiert die Unternehmensethik damit die
Spielzüge eines Unternehmens, während die Wirtschaftsethik sich generell um die
Ausgestaltung der Spielregeln des Wirtschaftssystems kümmert.
28
Die Spielzüge lie-
fern den Bezugspunkt zur Unternehmensethik. In diesem Zusammenhang ist die Aus-
gestaltung des Spielraums durch die Unvollständigkeit von Verträgen geprägt und jeg-
liche Interaktion ist als Vertrag zu interpretieren.
29
Eine angewandte Unternehmens-
ethik ist nicht Sache der Philosophen allein, sondern ist auf Erfahrungen und Metho-
den, vor allem der Volks- und Betriebswirtschaftslehre angewiesen. So erarbeitet sie
mittlere Prinzipien, an denen eine Orientierung im Sinne von Leitgrundsätzen möglich
sein soll.
30
Es gilt moralischen Gesichtspunkten den gleichen Status einzuräumen wie
ökonomischen Aspekten.
31
Die adäquate Form einer normativen Ethik ist eine Ethik
selbstgesetzter praktischer Grundsätze (Maximenethik), deren Voraussetzung gerade
der interdisziplinäre Dialog ist.
32
Welche Möglichkeiten gibt es nun aber pauschaler-
weise Ethik und Ökonomie in Unternehmen in Relation zu setzen? Abbildung 1 veran-
schaulicht vier Herangehensweisen:
27
Vgl. Enderle (1993), S. 197.
28
Vgl. Homann/Blome-Drees (1992), S. 25.
29
Vgl. Homann/Suchanek (2000), S. 124.
30
Vgl. Enderle (1993), S. 198.
31
Vgl. Zimmerli/Aßländer (1996), S. 310.
32
Vgl. Enderle (1993), S. 198.

8
Abbildung 1: Ethik vs. Ökonomie
Markt Moral
Markt = Moral
Ökonomisten
Moralisten
Ökonomistische Harmonisten
Moralistische Harmonisten
good ethics
=
bad business
good ethics
good business
good business
=
bad ethics
good business
=
good ethics
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schramm (2004), S. 2-4.
Während die Ökonomisten sagen, dass die Moral das Geschäft verdirbt und somit
nicht zusammen passen, beklagen die Moralisten die fehlende Moral in der Wirtschaft
und stellen Marktwirtschaften als inhuman, da unmoralisch an den Pranger. Für die
ökonomistischen Harmonisten hingegen führt gutes Geschäft automatisch zu guter
Ethik. Den Umkehrschluss zu dieser Ansicht liefern die moralistischen Harmonisten mit
der Aussage, dass gute Ethik immer zu gutem Geschäft führt. Aber keine dieser recht
einseitig zugespitzten Thesen dürfte pauschal gesehen der Realität entsprechen. Fest-
zuhalten gilt allerdings, dass Moral oder Unmoral einen zwar situationsabhängigen,
aber empirisch gewichtigen Einfluss auf ökonomische Resultate hat, wobei die ökono-
mischen Effekte ethischer Maßnahmen oftmals kontingent sind.
33
Eine relevante Komponente im Rahmen der Unternehmensethik ist der Gewinn (Er-
trag) bzw. die Bedeutung, die ihm innerhalb des Unternehmenskonzepts zuteil wird.
Dass die Relation Ertrag > Aufwand ,,für Wirtschaftsorganisationen (...) eine verbindli-
che Leitdifferenz"
34
anzeigt, ist selbsterklärend. Stellt der Gewinn diesbezüglich aber
allein die höchste Priorität dar (hierarchisches Konzept) oder ist der Gewinn gleich ge-
ordnet mit anderen unersetzbaren Zielen (zirkuläres Konzept)? Im ersten Fall werden
Werte wie die Befriedigung der Stakeholderbedürfnisse, die Anerkennung der Res-
sourcen (humane, ökologische etc.), die Innovations-, Kreativitäts- und Lernfähigkeit
33
Vgl. Schramm (2004), S. 2-4.
34
Wieland (1996), S. 76.

9
sowie viele weitere Werte der Organisation fortwährend dem Gewinnziel und damit den
Shareholderinteressen
35
untergeordnet und demzufolge instrumentalisiert. Im zweiten
Fall ist diese einseitige Verzwecklichung der vielfältigen Unternehmenswerte, d.h. die
pure Existenzberechtigung dieser Werte nur zum Zwecke der Gewinnerzielung nicht
mehr möglich und scheint ethisch im Vorteil zu sein:
36
,,Property rights are not a license
to ignore Kant`s principle of respect for persons."
37
2.4 Führungsethik
Nach Zimmerli und Aßländer ist es das Ziel der Führungsethik, ,,die Wahrscheinlichkeit
für moralisches Verhalten im Management zu steigern."
38
Die Führungsethik verfolgt
zwei Absichten: sie will erstens in deskriptiver Weise, die in jeder Führungsentschei-
dung vorhandene ethische Dimension erkennbar machen (das IST) und zweitens, als
normative Orientierungshilfe, ethische Prinzipien artikulieren und rechtfertigen (das
SOLL). Hierbei muss sie, im Sinne einer angewandten Ethik, problemorientiert und an
den Erfahrungen der Führungspraxis sowie ­lehre ausgerichtet sein.
39
Darüber hinaus
ist es die Angelegenheit der Führungsethik einerseits den Bedürfnissen und Ansprü-
chen der Mitarbeiter, sowie andererseits den ökonomischen Anforderungen des Unter-
nehmens gerecht zu werden.
40
Gerade Führungsentscheidungen befinden sich in die-
sem Spannungsfeld der wechselseitigen Beziehung zwischen Wirtschaft und Ethik.
41
Wobei hier gelten soll: ,,Es kann nicht wirklich menschengerecht sein, was nicht sach-
gemäß ist, und es kann nicht wirklich sachgemäß sein, was dem Menschengerechten
widerstreitet."
42
Grundlegende führungsethische Fragen sind z.B., ob die Mitarbeiter vom Unternehmen
zu ethischem Verhalten motiviert werden, ob es die Struktur der Unternehmensorgani-
sation den Mitarbeitern ermöglicht, Verantwortung zu übernehmen oder ob es instituti-
onelle, im Sinne prospektiv-aktiver Belohnungen für ethisches Verhalten bzw. bloß
reaktive Sanktionen bei Fehlverhalten gibt.
43
Zur Beantwortung dieser, ähnlicher und
weiterführender Fragen ist ein umfassendes Verständnis von Führungsethik notwen-
dig, wie es bei Enderle, in neun Thesen
44
zusammengefasst ist:
35
Vgl. hierzu Rappaport (1999).
36
Vgl. Enderle (1993), S. 198.
37
Evan/Freeman (1988), S. 100.
38
Zimmerli/Aßländer (1996), S. 330.
39
Vgl. Enderle (1993), S. 118-120.
40
Vgl. Jäger (2001), S. 13.
41
Vgl. Enderle (1993), S. 126.
42
Rich (1991), S. 81.
43
Vgl. Karmasin (1996), S. 338.
44
Vgl. Enderle (1993), S. 129-130.

10
1. Führungsethik kann sich weder ausschließlich auf die Führungskräfte noch auf
die Geführten allein beziehen. Der Führung liegt immer die Relation zwischen
beiden Seiten zu Grunde. Die Entscheidungen einer Führungskraft sind immer
mit Einfluss und Macht verbunden und wirken auf die Mitarbeiter direkt wie in-
direkt. Da alles und damit auch solches Entscheiden wertorientiert ist, spielt
immer die Kategorie der Verantwortung eine Rolle.
2. Ethische Verantwortung ergibt sich nur dort, wo die Wahl von und die Ent-
scheidung zwischen Alternativen zur Debatte steht.
3. Ist hingegen nur eine Option gegeben, ist zu entscheiden, ob die Entschei-
dungsbefugnis angenommen werden kann oder abgelehnt werden muss.
4. Führungsethik erstreckt sich auf den gesamten Unternehmensbereich. Sowohl
auf die Führung des Unternehmens insgesamt, als auch auf die Führung von
Mitarbeitern.
5. Der Umgang mit Informationen in der Führungsbeziehung ist von beachtlicher
ethischer Bedeutsamkeit. Offenheit, Aufrichtigkeit und Transparenz sind abso-
lute Grundlagen für die Glaubwürdigkeit der Führungsperson.
6. Führen heißt immer über andere mitbestimmen. Dies muss respektvoll und
darf keinesfalls entmündigend geschehen, so dass die Geführten zu mehr
Gleichheit und Freiheit geführt werden.
7. Führung bedeutet, Unternehmensziele zu gestalten und zu realisieren. Dies er-
fordert eine deutliche und widerspruchsfreie Formulierung der Ziele sowie eine
klare Eingrenzung und Definition der Mittel.
8. Führungsautorität erfordert, dass die Führungskraft ihr Fachwissen und ihre
Sachverständigkeit erhält und ausbaut, authentisch, verlässlich, aufrichtig und
kommunikationsstark ist und ihre Position nicht ausnutzt.
9. Die Führungsethik darf nicht überbeansprucht werden, da Führende immer
durch Restriktionen des Unternehmens und der Wirtschaft in ihren Entschei-
dungen und Handlungen eingeschränkt sind.
Da Führungskräfte ihr Handeln immer auch an den gesellschaftlichen Rahmenbedin-
gungen sowie an den Unternehmenszielen auszurichten haben und die Situation der
Mitarbeiter u.a. vom Arbeitsmarkt abhängig ist, muss die Führungsethik immer in Zu-
sammenhang mit Makro- und Mesoebene, also Wirtschafts- und Unternehmensethik
gesehen werden.
45
45
Vgl. Jäger, U. (2002), S. 80.

11
Oft wird der Führungsperson ein besonderer Einfluss unterstellt, wodurch dann aber
den situativen wie auch den relationalen (Führung bezieht sich immer auf Führer und
Geführte) Umständen nicht gebührend Rechnung getragen wird. Gerade an dieser
Relationalität aber, hat sich eine Führungsethik auszurichten und ethische Grundsätze,
die hier Einseitigkeit postulieren, abzulehnen. Dennoch nimmt der Führende eine ge-
wichtige Position in jeder Führungsethik ein.
46
Denn von den Führungskräften eines
Unternehmens hängen bspw. die Wertvorstellungen, die Kraft für Innovationen und das
Betriebsklima in starkem Ausmaß ab. Der Führungskraft sollten Tugenden wie grund-
sätzliche Fairness sowie Dienstbereitschaft nicht fremd sein. Diese Haltung gilt es vor-
zuleben und zwar in einem gesprächsbereiten und delegativen Führungsstil, der erklä-
rend überzeugt und zudem dem Mitarbeiter Vertrauen in dessen Sachverstand und
Leistungsfähigkeit vermittelt.
47
3. Der Mitarbeiterführung zugrunde liegende Menschenbilder
Die ethische Beurteilung von Führungssystemen ist stark abhängig von den Men-
schenbilder und damit eng verbundenen Wertannahmen, die ihnen zugrunde liegen.
Effektivität und Effizienz sind zwar unabdingbare Faktoren eines erfolgreichen Unter-
nehmens, aber sie müssen immer von Mitarbeitern bewerkstelligt werden. Menschen
haben das Bedürfnis als Person angesehen und geschätzt zu werden und nicht nur als
kostenintensive Arbeitsroboter. Das Betriebsklima eines Unternehmens hängt wesent-
lich davon ab, welches Bild Organisationen im Allgemeinen und Führungskräfte im
Speziellen von ihren Mitarbeitern haben.
48
Die Arbeits- und Organisationspsychologie
versteht unter Menschenbildern Axiome über das Verhalten und Erleben von Men-
schen, welche in stark vereinfachender und generalisierender Weise auf Annahmen
über die Natur, Eigenschaften, Bedürfnisse, Motive, Erwartungen und Einstellungen
der mitarbeitenden Menschen gründen.
49
Diese Menschenbilder werden einerseits im
wissenschaftlichen Diskurs ausgebildet, anerkannt, beanstandet und angepasst und
können somit der Theoriebildung über menschliches Verhalten dienen. Andererseits
prägen sie die Mitarbeiterführung der alltäglichen Betriebspraxis, in dem sie zumeist
implizit und oftmals unbewusst das Arbeits- und Führungshandeln durchdringen.
50
Die
Differenzierung von gegensätzlichen Menschenbildern kann anhand folgenden Wort-
spiels versinnbildlicht werden: Der Mensch als Mittelpunkt oder der Mensch als Mittel,
46
Vgl. Enderle (1993), S. 120-127.
47
Vgl. Furger (1994), S. 79-81.
48
Vgl. Hemel (2005), S. 128.
49
Vgl. Kirchler/Meier-Pesti/Hofmann (2004), S. 12.
50
Vgl. Berthel/Becker (2003), S. 12.

12
Punkt.
51
Dieser Gegensatz prägt die nun folgend dargestellten Menschenbilder. Wäh-
rend die Annahmen von McGregor und Schein die klassischen Menschenbilder der
Betriebswirtschaftslehre aufzeigen, soll durch eine christliche Perspektive das wertkul-
turelle Hintergrundrepertoire der westlichen Gesellschaft verdeutlicht werden.
3.1 Die Extremtheorien von McGregor
McGregor unterscheidet zwei sehr gegensätzliche Menschenbilder, die er Theorie X
und Theorie Y nennt. Theorie X leitet er mit den Worten ein, dass einige Annahmen
über die Natur des Menschen sich scheinbar als besonders eingängig erwiesen haben,
da sie sich im Gros der Organisationsliteratur frühzeitig festgesetzt haben und man sie
nach wie vor in der Praxis der Unternehmensführung und in den Köpfen der Manager
ausmachen kann.
52
Diese traditionellen Ansichten der Mitarbeiterführung können wie
folgt dargestellt werden:
53
1. Dem Durchschnittsmenschen ist die Abneigung gegen Arbeit angeboren und
er vermeidet sie, wo immer es ihm nur möglich ist.
2. Dieser Umstand führt dazu, dass der Durchschnittsmensch zumeist nachdrück-
lich gezwungen, gelenkt, geführt und mit Strafe bedroht werden muss, um ihn
dazu zu bringen, die von der Unternehmung beschlossenen Ziele zu erreichen.
3. Dabei möchte der Durchschnittsmensch betreuend an die Hand genommen
werden und der Übernahme von Verantwortung aus dem Wege gehen. Zudem
ist er mit verhältnismäßig wenig Ehrgeiz ausgestattet und ist vor allem auf Si-
cherheit bedacht.
Durch diese Annahmen wird, laut Theorie X, ein Kreislauf im Sinne einer self-fulfilling-
prophecy in Gang gesetzt. Solch eine stark beschränkende Einstellung von Führungs-
kräften verursacht, dass Mitarbeiter sich tatsächlich weniger verantwortungsbewusst
und engagiert verhalten, was wiederum die Meinung des Vorgesetzten bestätigt und
den Kreislauf fortsetzt. Aus diesem Prozess leitet McGregor die Forderung nach einem
positiven Menschenbild (engagierte und verantwortungsbereite Mitarbeiter durch mehr
Handlungsspielraum und Selbstkontrolle) ab und konstruiert seine Theorie Y als Basis
eines positiv verlaufenden Kreislaufs.
54
Theorie Y setzt sich aus sechs Kernthesen
zusammen:
55
51
Vgl. Purtschert (2005), S. 159.
52
Vgl. McGregor (1973), S. 47.
53
Vgl. ebd., S. 48.
54
Vgl. Puch/Westermeyer (1999), S. 209.
55
Vgl. McGregor (1973), S. 61-62.

13
1. Dem Durchschnittsmenschen ist Arbeitsscheu nicht angeboren, da die Ver-
ausgabung durch Arbeit als ebenso natürlich angesehen werden kann, wie
Spiel und Ruhe.
2. Überwachung und Strafandrohung durch andere, stellen nicht die alleinigen
Maßnahmen dar, Mitarbeiter dazu zu bewegen, das gesetzte Soll zu erreichen.
Strebt das Unternehmen Ziele an, denen gegenüber sich auch die Mitarbeiter
selbst verpflichtet fühlen, werden sie sich der Selbstdisziplin und Selbstkontrol-
le unterwerfen.
3. Darüber hinaus ist die Zielverpflichtung abhängig von den Belohnungen, die
mit ihrem Erreichen verbunden ist.
4. Unter entsprechenden Bedingungen ist der Durchschnittsmensch nicht nur da-
zu befähigt Verantwortung zu übernehmen, sondern sie sogar zu fordern.
5. Der Durchschnittsmensch zeichnet sich durch einen relativ hohen Grad an
Phantasie, Kreativität und Urteilskraft für die Lösung organisatorischer Proble-
me aus.
6. Die Verstandeskräfte des Durchschnittsmenschen werden in Bezug zur Arbeit
nur teilweise genutzt.
Die Ableitungen der Theorie Y für die Führungsstrategie sind im Vergleich zu denen
der Theorie X eher dynamisch als statisch zu sehen. Sie schaffen eine Wahlmöglich-
keit zwischen verschiedenen Methoden der Mitarbeiterführung und zeigen auf, dass
außer dem autoritären Organisationsprinzip noch weitere Wege existieren, mit Hilfe
derer menschliches Wachstum und Vervollkommnung im beruflichen Bereich möglich
werden. Theorie X bietet der Führungsmannschaft einen geeigneten Vorwand unzurei-
chende unternehmerische Leistungen zu rechtfertigen, in dem die Schuld leicht auf das
vermeintlich minderwertige Menschenmaterial geschoben werden kann. Die Aussagen
der Theorie Y rückt die gleiche Problematik in ein anderes Licht. Sollten die Mitarbeiter
tatsächlich wenig engagiert und kreativ, verantwortungsscheu und nicht teamfähig
sein, lässt sich daraus ableiten, dass die Gründe dafür innerhalb der Organisationsges-
taltung und einer kontraproduktiven Mitarbeiterführung zu suchen sind. Das zentrale
Organisationsprinzip der Theorie Y ist Integration. Durch Generierung von Beweggrün-
den, welche es den Mitarbeitern ermöglichen, ihre eigenen Ziele in Einklang mit denen
des Unternehmens zu erreichen, soll dass Humankapital zur vollen Geltung gebracht
werden.
56
56
Vgl. ebd., S. 62-64.

14
3.2 Die vier Grundtypen von Schein
Schein differenziert die Menschenbilder stärker aus, als es von McGregor gemacht
wird. Er gliedert sie in vier grundlegende Ansätze und ordnet sie chronologisch nach
ihrem historischen Erscheinen. Die festgestellten Menschenbilder sind:
57
1. der rational-ökonomische Mensch,
2. der Mensch als soziales Wesen,
3. der Mensch, der sich selbst verwirklicht und
4. der komplexe Mensch als Summe der vorgenannten.
zu 1.) Die dem rational-ökonomischen Menschen zugrunde liegende Annahmen
sind dem Hedonismus entlehnt. Sie besagen, dass Individuen all ihre Handlungen auf
die Maximierung ihrer Eigeninteressen in rationaler Weise ausrichten. Überwiegend
lassen sie sich durch monetäre Anreize motivieren und sind manipulierbar im Sinne der
betrieblichen Aufgabenerfüllung. Der rational-ökonomische Mensch entspricht der
Theorie X von McGregor sowie dem Homo Oeconomicus der Volkswirtschaftslehre.
Auf diesem Motiv beruht die Lehre des Scientific Management.
58
zu 2.) Innerhalb dieses Menschenbildes wird der Mensch vornehmlich von sozialen
Bedürfnissen motiviert und erwirbt sein Identitätsbewusstsein durch zwischenmensch-
liche Kontakte. Die soziale Interaktion entschädigt ihn für die Mühen seines sinnent-
leerten Arbeitslebens (bspw. bei der Fließbandarbeit). Dieses Menschenbild postuliert,
dass die Arbeitsleistung direkt von der Arbeitszufriedenheit abhängig ist und bildet zu-
dem die Grundlage des Human-Relations-Ansatzes.
zu 3.) Die Spezialisierung auf und die Fragmentierung von Arbeitsaufgaben erlau-
ben es den Beschäftigten weder ihre Fähigkeiten voll zu entfalten, noch den Zusam-
menhang zwischen ihren Arbeitstätigkeiten und der organisatorischen Gesamtaufgabe
zu erkennen. Diese Problematik liegt dem Menschenbild des sich-selbst-
verwirklichenden Menschen zugrunde, welches daraufhin annimmt, dass der Mensch
nach einem gewissen Maß an Autonomie, Entfaltung seiner Fähigkeiten und Unab-
hängigkeit strebt. Er ist selbst motiviert und selbst kontrolliert. Dieses Menschenbild
entspricht in etwa der Theorie Y von McGregor.
zu 4.) Der Mensch ist von komplexerer Natur, als die vorangegangenen Modelle
glauben machen möchten. Zum einen dank seiner vielfältigen Bedürfnisse und Poten-
tiale, zum anderen unterscheidet er sich aber auch von jedem seiner Mitmenschen.
57
Vgl. Schein (1980), S. 77-97.
58
Zu den hier genannten Organisationstheorien Scientific Management, Human-Relations-Ansatz und
anderen vgl. etwa Bea/Göbel (2006), S. 58-233.

15
Der komplexe Mensch ist wandlungs- und lernfähig. Seine Bedürfnisse und deren
Dringlichkeiten variieren und seine Motive sind stets situationsabhängig.
Weitgehender Konsens herrscht heute darüber, dass die Frage nach dem Menschen
nicht abschließend durch die Festschreibung eines immer währenden, unveränderli-
chen Wesens ein für alle Mal beantwortet werden kann, sondern stets eine offene Fra-
ge bleiben muss, weil der Mensch kein festgelegtes Wesen besitzt. In den Wirt-
schaftswissenschaften werden Menschenbilder, gerade die des Homo Oeconomicus
(rational-ökonomischer Mensch) und des sozialen Menschen nach wie vor gerne zur
modelltheoretischen Beschreibung herangezogen. Als tatsächlich existierende, typi-
sche Verhaltensmuster erscheinen sie heutzutage in ihren verallgemeinernden und
beengten Aussagen jedoch als schwer verständlich und überholt. Allerdings gilt es hier
zu bedenken, dass im Laufe ihrer Entstehung, vor allem im Zuge der Industrialisierung,
inkonstante Rahmenbedingungen vorlagen, innerhalb dieser die entworfenen Men-
schenbilder zeitgemäß und angebracht erschienen.
59
Da diese Menschenbilder, wie
beschrieben, zumeist viele Vorurteile und Engstirnigkeiten implizieren, sollten Organi-
sationen im Allgemeinen und Führungskräfte im Speziellen ihre Sichtweisen kritisch
überprüfen.
60
Die vorgenannten Typen sind eher selten pur, denn öfters als Gemenge
im Sinne des komplexen Menschen in Unternehmen anzutreffen. Woraus sich als op-
timaler Führungsstil, der Situative schlussfolgern lässt. Führungskräfte sollten dazu in
der Lage sein, Personen und eben auch die Situationen, in denen sie agieren, indivi-
duell und differenziert einzuschätzen und sich an den spezifischen Eigenschaften der
Mitarbeiter zu orientieren. Die situationsgerechte Anwendung unterschiedlicher Füh-
rungsstile ist damit die Basis der personengerechten Führung.
61
3.3 Das christliche Menschenbild
Die Werte des Christentums liefern das Fundament der abendländischen Kultur und
hatten somit, wenn auch nicht ursächlich
62
und/oder in unterschiedlicher
63
Ausprägung,
Einfluss auf die westliche Ökonomie. Sie bieten sich als Grundlage einer werteorien-
tierten Mitarbeiterführung an, da sie die unbedingte Achtung vor dem Menschen for-
dern und das Gemeinwohl der Gesellschaft betreffen.
64
Ausdruck findet dies in der
59
Vgl. Berthel/Becker (2003), S. 13.
60
Vgl. Rosenstiel (2003b), S. 98.
61
Vgl. Purtschert (2005), S. 160.
62
Vgl. Schramm (2002), S. 55-56.
63
Vgl. hierzu Weber (2005).
64
Vgl. Furger (1994), S. 84.

16
katholischen Soziallehre
65
, beginnend im Jahre 1891 mit der von Papst Leo XIII. he-
rausgegebenen Sozialenzyklika ,,Rerum Novarum", die in Verbindung mit der spätes-
tens gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufgeworfenen ,,Sozialen Frage" steht. Die
durch die Industrialisierung entstandenen Probleme, vor allem die Verelendung der
Arbeiterschaft, ließ die Veränderung der strukturellen Bedingungen der sozial-
karitativen Arbeit erforderlich werden. Nach mittlerweile weitestgehender Lösung dieser
Probleme traten und treten immer neue soziale Fragen auf, welche die christliche So-
zialethik erfassen muss und die neue Handlungsfelder für sie erschließen.
66
Dabei standen und stehen die Menschen (gerade auch als Mitarbeiter) im Mittelpunkt
des Interesses. Die christliche Sozialethik bezieht sich auf die Bibel, die ein eindeutiges
Menschenbild postuliert: ,,Und Gott schuf den Menschen, zum Bilde Gottes schuf er
ihn" (Gen 1, 26/27). Als Ebenbild Gottes ist der Mensch ,,wertvoll" und dieser Wert ist
unveräußerlich. Hiernach ist der Mensch selbst der Zweck allen Seins und niemals nur
das Mittel zu anderen Zwecken. Darüber hinaus ist der Mensch ein freiheitlich und ge-
meinschaftlich orientiertes Wesen.
67
Zentrale Werte wie Gerechtigkeit und Fairness
ergeben sich nicht bloß utilitaristisch im Sinne der international gebräuchlichen, so ge-
nannten Goldenen Regel (Was du nicht willst, das man dir tu, das füg´ auch keinem
anderen zu), sondern gerade auch aus der vorausgesetzten Ebenbildlichkeit und der
damit verbundenen geschuldeten Gottesachtung. Nach dem Wort Jesu heißt es, dass
auch die geringste Tat, die einem Menschen angetan oder versagt wird, Christus selbst
getan ist (Mt 25, 40 & 45).
68
Die christliche Sozialethik ist von spezifischen Prinzipien geprägt. Der unanfechtbare
Basis- und Endpunkt der Reflexion des Sozialen stellt immer der Mensch dar. Diese
wesentliche Erkenntnis wird im fundamentalen Prinzip der Personalität ausgedrückt.
Alle weiteren Prinzipien haben die Aufgabe das Personalitätsprinzip feingliedrig auszu-
gestalten. Vor allem das Gerechtigkeitsprinzip spielt eine zentrale Rolle, da Personsein
realistischerweise nur stattfinden kann, wenn die Gesellschaft (oder in diesem Fall die
Unternehmen) durchgängig auf Gerechtigkeit basiert. Aber auch der Grundsatz der
Gerechtigkeit ist weiter zu präzisieren. Hier kommen die klassischen Sozialprinzipien
Solidarität und Subsidiarität zum Zuge, da sie Werkzeuge zur Verwirklichung eines
65
Da die katholische Kirche ein zentrales Lehramt hat, kann im katholischen Falle von der Soziallehre
gesprochen werden. Die evangelische Sozialethik hingegen kennt kein Lehramt im katholischen Sinne.
Sie erklärt sich über so genannte Denkschriften. Zusammen mit der weniger stark ausgebildeten orthodo-
xen Soziallehre ergibt sich die christliche Sozialethik. Vgl. Marquardt (2003), S. 14.
66
Vgl. Breuer (2003), S. 197-200.
67
Vgl. Marquardt (2003), S. 15-16.
68
Vgl. Furger (1994), S. 116.

17
Mehr an Gerechtigkeit darstellen.
69
Im Solidaritätsprinzip wird das Bild des Menschen
als ein auf Gemeinschaft angelegtes Wesen verdeutlicht, da für die Entwicklung des
menschlichen Charakters der gemeinschaftliche Kontakt zu den Mitmenschen und zur
Gesellschaft überhaupt, die unumgängliche Voraussetzung bildet. Daran anschließend
veranschaulicht das Subsidiaritätsprinzip wie die Zuständigkeiten innerhalb einer soli-
darischen Gemeinschaft organisiert sein sollten und postuliert das Recht der kleineren
Lebenskreise. Dabei steht immer im Vordergrund, dass das Zusammentreffen dieser
Prinzipien es dem Menschen ermöglichen soll, Person zu sein und das Wesen zu wer-
den, wie Gott es sich vorgestellt hat.
70
Das menschliche Wesen wird durch die Schlüs-
selkategorien Freiheit und Verantwortung mitgeprägt. Der Mensch hat grundsätzlich
die Freiheit zu wählen. Dies aber bringt mit sich, dass er für sein Handeln, Denken und
Unterlassen sowie darüber hinaus für seine Mitmenschen und die Ausgestaltung sei-
nes sozialen Umfelds verantwortlich ist.
71
Aus christlich-ethischer Perspektive ergeben
sich die Leitlinien der Mitarbeiterführung aus den alten Grundpfeilern Glaube, Liebe
und Hoffnung, die angepasst und aktualisiert als Führung durch Vertrauen, Visionen
und Verantwortung angesehen werden können.
72
4. Motivationstheoretische Grundlagen der Mitarbeiterführung
Die menschliche (Arbeits-)Verhaltenssteuerung über Motivierung für Ziele, Aufgaben
und Verhaltensweisen gilt als zentrale, nicht-delegierbare Führungsaufgabe. Der Beg-
riff der Motivation, als Determinante menschlichen Verhaltens, steht in enger Verknüp-
fung zur Arbeitszufriedenheit und Erscheinungen wie Absentismus und Fluktuation.
73
Motivation bezeichnet die Gesamtheit der in einer Handlung wirksamen Motive, die als
Beweggründe, bewusst oder unbewusst, das individuelle Verhalten aktivieren, richten
und regulieren. In diesem Kapitel werden die motivationstheoretischen Ausgangspunk-
te der Mitarbeiterführung dargestellt. Über die Inhaltstheorien der Arbeitsmotivation
führt der Weg zu den Prozesstheorien, welche nach Heckhausen
74
und Gollwitzer
75
durch die vier Phasen des Handlungsphasenmodells (Rubikon-Modell) charakterisiert
werden. Dessen Theorie wird ebenso wie die daraus folgenden praktischen Konse-
quenzen für die Motivierung zu jeder Phase aufgezeigt. Abschließend werden die
extrinsische und die intrinsische Motivation einander gegenübergestellt.
69
Vgl. Marx/Wulsdorf (2002), S. 150-152.
70
Vgl. Marquardt (2003), S. 18-19.
71
Vgl. Marx/Wulsdorf (2002), S. 83.
72
Vgl. Schmidt-Rost (2002), S. 205.
73
Vgl. Berthel/Becker (2003), S. 17.
74
Vgl. hierzu Heckhausen (1989).
75
Vgl. hierzu Gollwitzer (1996).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836604154
DOI
10.3239/9783836604154
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hohenheim – Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2007 (Juli)
Note
2,0
Schlagworte
mitarbeiterführung unternehmensethik intrinsische motivation werte management system personalpolitik
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Titel: Werteorientierte Mitarbeiterführung
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