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Autos nicht für Ältere, sondern für alle

Motive älterer Frauen beim Kauf eines Autos

©2007 Diplomarbeit 117 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ziel dieser Arbeit ist es, die Motive älterer Frauen beim Kauf eines neuen Autos zu erforschen. Diese Fragestellung wird vor allem begründet durch den steigenden Anteil älterer Autofahrer/-innen und somit auch älterer Autokäufer/-innen. Besonders die Zahl der weiblichen Autofahrer nimmt dabei stark zu.
Aus der wachsenden Anzahl der Führerscheinbesitzer in der Gruppe der Älteren allgemein und besonders in der Gruppe der älteren Frauen lässt sich schließen, dass in diesem Bereich ein enormes Marktpotenzial liegt, denn je mehr Führerscheinbesitzer in einer Altersgruppe vorhanden sind, desto mehr potenzielle Kraftwagenfahrer und somit auch Autokäufer befinden sich unter ihnen.
Um die besonderen Kaufmotive älterer Frauen beim Kauf eines Automobils zu erforschen, wurde in dieser Arbeit zunächst die vorhandene Fachliteratur ausgewertet und ergänzend eine empirische Untersuchung in kleinem Rahmen durchgeführt. Dazu wurden neun Leitfadeninterviews und achtunddreißig schriftliche Befragungen erhoben und ausgewertet.
Bisher handelt es sich bei der Gruppe der Älteren und besonders bei den älteren Frauen um eine vernachlässigte Zielgruppe in der Automobilbranche. Daher ist es wichtig, sich ihr zuzuwenden und ihre Kaufmotive besonders herauszuarbeiten, denn das erforderliche Marktpotenzial ist in dieser Bevölkerungsgruppe eindeutig vorhanden.
Gang der Untersuchung:
Nach der Einleitung geht es im zweiten Kapitel der Arbeit um die allgemeine Stellung der älteren Menschen in der Gesellschaft. Um die Kaufmotive Älterer nachvollziehen zu können, ist es zunächst wichtig, die Begriffe Alter und Altern zu definieren beziehungsweise festzulegen, nach welchen Abgrenzungskriterien die Altersabgrenzung der betrachteten
Zielgruppe überhaupt erfolgen soll. Dabei werden auch die gängigen Alternstheorien kurz vorgestellt.
Im dritten Kapitel werden altersbedingte Veränderungen in ausgewählten verkehrsrelevanten Funktionsbereichen näher untersucht. Diese Betrachtung ist notwendig, da die Mobilität und somit auch die Kaufmotivation Älterer durch vorhandene Leistungsmöglichkeiten, aber vor allem auch –grenzen in besonderem Maße beeinflusst werden. Des Weiteren werden in diesem Kapitel einige mögliche technische Neuerungen zur Kompensation altersbedingter Beeinträchtigungen vorgestellt.
Im vierten Kapitel der Arbeit werden die Unfallhäufigkeiten und das Fahrverhalten älterer Autofahrer mit denen jüngerer verglichen, denn auch daraus lassen sich […]

Leseprobe

Samantha Brinkwirth
Autos nicht für Ältere, sondern für alle ­ Motive älterer Frauen beim Kauf eines Autos
ISBN: 978-3-8366-0343-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Hochschule Vechta, Vechta, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Samantha Brinkwirth
Dipl.-Geront.
Studium der Gerontologie an der Hochschule Vechta
Abschluss 2007 als Diplom-Gerontologin

1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... 3
Tabellenverzeichnis... 3
1. Einleitung ... 5
2. Ältere Menschen in der Gesellschaft ... 9
2.1. Möglichkeiten der Altersabgrenzung... 9
2.1.1. Abgrenzung nach dem kalendarischen Alter ... 9
2.1.2. Abgrenzung nach dem biologischen Alter... 10
2.1.3. Abgrenzung nach dem sozialen Alter ... 12
2.1.4. Abgrenzung nach dem psychologischen Alter... 12
2.2. Alternstheorien... 15
2.2.1. Das Defizitmodell ... 15
2.2.2. Das Kompetenzmodell... 16
2.3. Schlussfolgerungen ... 16
3. Altersbedingte Veränderungen in ausgewählten
verkehrsrelevanten Funktionsbereichen... 19
3.1. Sensorische Informationsaufnahme am Beispiel von Hören
und Sehen... 19
3.1.1. Hören... 19
3.1.2. Sehen... 21
3.2. Aufmerksamkeit und Konzentration... 29
3.3. Reaktionsfähigkeit ... 32
3.4. Motorik und Sensomotorik ... 33
3.5. Beeinträchtigungen durch Krankheiten... 38
4. Unfallhäufigkeiten und Fahrverhalten im Vergleich... 45
5. Verhaltensänderungen zur Risikosenkung... 51
6. Schlussfolgerungen... 55
7. Das Mobilitätsverhalten älterer Menschen... 59
7.1. Außerhäusliche Mobilität... 59
7.2. Die Bedeutung des Pkw für ältere Menschen ... 60
8. Die Verkehrsteilnahme älterer Autofahrer/-innen in Zahlen... 63
8.1. Demographischer Wandel... 63
8.2. Senioren und Frauen als Zielgruppe der Automobilbranche ... 65
8.2.1. Mobilität in Zahlen... 66
8.2.1.1. Wohnbevölkerung in Deutschland... 66
8.2.1.2. Motorisierungsgrad der Älteren ... 67
8.2.1.3. Die Entwicklung der Motorisierung ... 76
8.3. Kaufkraftpotentiale in der Zielgruppe der Senioren ... 79
8.3.1. Einkommensquellen... 79
8.3.2. Einkommenshöhe... 80
8.3.3. Einkommensverwendung und Konsumpräferenzen ... 82
9. Zusammenfassende Betrachtung... 83
10. Forschungsdesign ... 87
10.1. Hintergrund und Ziel der Untersuchung ... 87
10.2. Methodik ... 87

2
10.2.1. Stichprobe ... 87
10.2.2. Das Leitfadeninterview ... 88
10.2.3. Die schriftliche Befragung ... 90
11. Ergebnisse der Untersuchung ... 93
11.1. Ergebnisse der Leitfadeninterviews ... 93
11.2. Ergebnisse der Fragebögen ... 99
11.2.1. Weibliche Befragte... 99
11.2.2. Männliche Befragte... 102
11.3. Zusammenfassung der Ergebnisse ... 105
12. Gestaltungsherausforderungen für Produkte und
Dienstleistungen in der Automobilbranche -
Autos nicht nur für Ältere, sondern für alle... 109
13. Ausblick... 113
Literaturverzeichnis... 115

3
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Prozentsatz der Menschen mit Sehdefekten in Relation
zum Alter in Jahren ... 21
Abb. 2: Gymnastik beim Einsteigen in Limousinen ... 35
Abb. 3: Vergleich Schwingtür ­ Schiebetür ... 36
Abb. 4: Übersicht über die Problemfelder älterer Kraftfahrer ... 42
Abb. 5: Unfallursachen in Zusammenhang mit dem Lebensalter... 48
Abb. 6: Altersaufbau der Bevölkerung ... 64
Abb. 7: Besitz von Pkw-Führerscheinen nach Altersgruppen 2002 ... 69
Abb. 8: Wege nach Hauptverkehrsmitteln und nach Altersgruppen 2002... 70
Abb. 9: Verfügbarkeit über Pkw in verschiedenen Altersgruppen 2002 ... 72
Abb.10: Entwicklung des weiblichen Anteils an Pkw-Neuzulassungen ... 74
Abb.11: Das Alter der Personenkraftwagen... 75
Abb.12: Altersstruktur Neuwagenkäufer ... 77
Abb.13: Motorisierung von Frauen nach Altersgruppen ... 78
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Problemverhalten von Autofahrern in Knoten... 46
Tab. 2: Anteil der Pkw-Fahrerlaubnisse 1991 nach
Altersgruppen und Bundesgebiet ... 68
Tab. 3: Pkw-Verfügbarkeit 1991 nach Altersgruppen und Bundesgebiet ... 71
Tab. 4: Bestand an Pkw am 01. Januar 2006 nach
Altersgruppen und Geschlecht:... 73

5
1. Einleitung
Ziel dieser Arbeit ist es, die Motive älterer Frauen beim Kauf eines neuen
Autos zu erforschen. Diese Fragestellung wird vor allem begründet durch
den steigenden Anteil älterer Autofahrer/-innen und somit auch älterer
Autokäufer/-innen. Besonders die Zahl der weiblichen Autofahrer nimmt
dabei stark zu.
Aus der wachsenden Anzahl der Führerscheinbesitzer in der Gruppe der
Älteren allgemein und besonders in der Gruppe der älteren Frauen lässt sich
schließen, dass in diesem Bereich ein enormes Marktpotenzial liegt, denn je
mehr Führerscheinbesitzer in einer Altersgruppe vorhanden sind, desto mehr
potenzielle Kraftwagenfahrer und somit auch Autokäufer befinden sich
unter ihnen.
Um die besonderen Kaufmotive älterer Frauen beim Kauf eines Automobils
zu erforschen, wurde in dieser Arbeit zunächst die vorhandene Fachliteratur
ausgewertet und ergänzend eine empirische Untersuchung in kleinem Rah-
men durchgeführt. Dazu wurden neun Leitfadeninterviews und achtunddrei-
ßig schriftliche Befragungen erhoben und ausgewertet.
Bisher handelt es sich bei der Gruppe der Älteren und besonders bei den
älteren Frauen um eine vernachlässigte Zielgruppe in der Automobilbran-
che. Daher ist es wichtig, sich ihr zuzuwenden und ihre Kaufmotive beson-
ders herauszuarbeiten, denn das erforderliche Marktpotenzial ist in dieser
Bevölkerungsgruppe eindeutig vorhanden.
Nach der Einleitung geht es im zweiten Kapitel der Arbeit um die allgemei-
ne Stellung der älteren Menschen in der Gesellschaft. Um die Kaufmotive
Älterer nachvollziehen zu können, ist es zunächst wichtig, die Begriffe Alter
und Altern zu definieren beziehungsweise festzulegen, nach welchen Ab-
grenzungskriterien die Altersabgrenzung der betrachteten Zielgruppe über-
haupt erfolgen soll. Dabei werden auch die gängigen Alternstheorien kurz
vorgestellt.

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Im dritten Kapitel werden altersbedingte Veränderungen in ausgewählten
verkehrsrelevanten Funktionsbereichen näher untersucht. Diese Betrachtung
ist notwendig, da die Mobilität und somit auch die Kaufmotivation Älterer
durch vorhandene Leistungsmöglichkeiten, aber vor allem auch ­grenzen in
besonderem Maße beeinflusst werden. Des Weiteren werden in diesem
Kapitel einige mögliche technische Neuerungen zur Kompensation altersbe-
dingter Beeinträchtigungen vorgestellt.
Im vierten Kapitel der Arbeit werden die Unfallhäufigkeiten und das Fahr-
verhalten älterer Autofahrer mit denen jüngerer verglichen, denn auch
daraus lassen sich Rückschlüsse auf besondere Kaufmotive einzelner Ziel-
gruppen ziehen.
Im fünften Kapitel werden die Verhaltensweisen der älteren Autofahrer zur
Risikosenkung näher beleuchtet. Ältere Autofahrer meiden bestimmte Ver-
kehrssituationen. Dieses Verhalten lässt darauf schließen, dass bestimmte
Situationen nicht mehr sicher gehandhabt werden können. Daraus lassen
sich Rückschlüsse auf vorteilhafte Ausstattungsmerkmale von Fahrzeugen
ziehen, die sich dann wiederum auf die Kaufmotivation der älteren Auto-
käufer auswirken. Auch aus der Gegenüberstellung des Selbstbildes älterer
Autofahrer und dem bestehenden Fremdbild ergeben sich besondere Aspek-
te der Kaufmotivation.
Besonders bedeutend ist die Betrachtung des Mobilitätsverhaltens älterer
Menschen für die Untersuchung der Kaufmotive dieser Zielgruppe. Dies
erfolgt im achten Kapitel der Arbeit.
Der Anteil der Führerscheinbesitzer unter den Älteren nimmt zu und damit
auch deren außerhäusliche Mobilität, wofür der Pkw immer bedeutender
wird. Gerade ältere Frauen werden somit als Zielgruppe für die Automobil-
branche immer interessanter, wie Kapitel 9 zeigt. Neben einem steigenden
Motorisierungsgrad verfügen die Älteren zudem über das entsprechende
Kaufkraftpotenzial.

7
Anschließend wird das bei der empirischen Untersuchung angewandte
Forschungsdesign kurz vorgestellt. Dabei werden zunächst der Hintergrund
und das Ziel der Untersuchung dargestellt und danach die verwendete
Methodik näher erläutert.
Im zwölften Kapitel werden die Untersuchungsergebnisse der Leitfadenin-
terviews und der Fragebögen dargestellt und ausgewertet.
Kapitel dreizehn befasst sich mit der aus der Literaturrecherche und der
empirischen Untersuchung gewonnenen Gestaltungsherausforderung für die
Produkte und Dienstleistungen in der Automobilbranche. Nachdem die
besonderen Kaufmotive der Gruppe der Älteren und vor allem die Kaufmo-
tive der älteren Frauen herausgearbeitet wurden, geht es in diesem Kapitel
darum, die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Automobilbranche
darzustellen. Dem schließt sich ein kurzer Ausblick an.
In dieser Arbeit geht es in erster Linie um die Kaufmotive älterer Frauen
beim Kauf eines neuen Autos. Allerdings können männliche Autofahrer bei
dieser Betrachtung nicht außen vor bleiben, denn zahlreiche Literatur be-
rücksichtigt immer beide Geschlechter und eine nach Geschlechtern ge-
trennte Betrachtung ist daher nicht immer möglich. Allerdings wird auf
Besonderheiten in Bezug auf weibliche Autofahrer ausdrücklich hingewie-
sen.

9
2. Ältere Menschen in der Gesellschaft
2.1. Möglichkeiten der Altersabgrenzung
Eine vermehrte Ausrichtung der Automobilhersteller und ­händler auf die
Zielgruppe der Senioren unter besonderer Berücksichtigung ihrer Kaufmoti-
ve erfordert zunächst, den Markt der ,,Älteren" sinnvoll von den anderen
Altersklassen abzugrenzen.
Der Begriff des Alters muss daher präzisiert werden. Er kennzeichnet auf
jeden Fall eine Spanne im individuellen Lebenslauf. Wird vom Alter ge-
sprochen, umschreibt der Begriff entweder das jeweilige kalendarische und
damit das physikalisch durch die Zeit festgelegte Lebensalter oder aber
bestimmte Lebensabschnitte, die durch die Gesellschaft als das Alter festge-
legt sind (OSWALD 1999). Da das Alter jedoch durch eine Vielzahl von
Merkmalen gekennzeichnet ist, erweist es sich generell als schwierig, ein-
deutig zu identifizieren, ab wann ein Konsument dem so genannten Senio-
renmarkt zugeordnet werden kann. Nachfolgend wird versucht, Gesichts-
punkte aufzuzeigen, die geeignet sind, den Begriff des Alters zu charakteri-
sieren.
In der wissenschaftlichen Literatur werden unterschiedliche Altersbegriffe
verwendet. In der Regel werden dabei vier Begriffe unterschieden: das
kalendarische (chronologische), das biologische (funktionale), das soziolo-
gische und das psychologische (subjektive) Alter (METKER, GELAU &
TRÄNKLE 1994).
2.1.1. Abgrenzung nach dem kalendarischen Alter
Häufig wird auf das kalendarische Alter zurückgegriffen, um Personengrup-
pen zu beschreiben, vor allem, weil es leicht zu ermitteln ist. Das kalendari-
sche oder auch chronologische Alter ist eine Zeitangabe, die datiert, wie
viele Jahre seit der Geburt im Leben eines Menschen vergangen sind (ER-

10
LEMEIER 2002). Als alt gilt eine Person dann, wenn sie eine bestimmte
Anzahl von Jahren gelebt hat (NARR 1982). Das chronologische Alter ist
oft allerdings nicht dazu geeignet, eine Gruppe ausreichend zu charakterisie-
ren, da es nicht vollständig mit den funktionalen Veränderungen korreliert
ist (SCHAIE 1993), auch wenn es oft die Basis für die Zuschreibung von
bestimmten Eigenschaften und Handlungsweisen ist. Das chronologische
Alter alleine lässt demnach also noch keine Aussage über irgendeinen
konkreten alten Menschen zu, schon gar nicht über seine Leistungsfähigkeit
(OSWALD 1999).
Aufgrund unterschiedlicher Einstellungen, Verhaltensweisen und Lebenssti-
le der Älteren muss berücksichtigt werden, dass das kalendarische Alter für
eine bestimmte Verhaltensstruktur wie etwa der des Kaufverhaltens daher
nur einen eingeschränkten Aussagewert hat (MEFFERT 2000). Dennoch
erfolgt häufig eine Abgrenzung nach dem kalendarischen Alter, da trotz
aller auftretenden Unterschiede charakteristische Eigenschaften mit einer
Altersstufe verbunden sind (KÖLZER 1995).
In vielen Bereichen korrelieren die Bedürfnisse und das Verhalten der
Konsumenten mit dem Alter (MEFFERT 2000). So auch im Bereich der
Automobilindustrie. Daher sind mit einer bestimmten Altersangabe trotz
allem große Wahrscheinlichkeiten verbunden, dass gewisse altersspezifische
Verhaltensweisen und Leistungseinbußen auftreten können (KÖLZER
1995).
2.1.2. Abgrenzung nach dem biologischen Alter
Der biologische (funktionale) Altersbegriff ist bemüht, in stärkerem Maße
die Unterschiedlichkeit der altersabhängigen Veränderungen in verschiede-
nen Funktionsbereichen zu berücksichtigen. Eine Person gilt nach diesem
Abgrenzungskriterium als alt, wenn sie sich durch bestimmte psychische
und/ oder physische Veränderungen von anderen Altersstufen absetzt
(NARR 1982). Das biologische Altern betrifft also in einem gewissen

11
Umfang alle Menschen gleichermaßen und umfasst Veränderungen, die sich
nachteilig auf den Organismus auswirken (ERLEMEIER 2002). Das biolo-
gische Alter beruht auf inneren, organischen Gesetzmäßigkeiten, die durch
Umwelteinflüsse nur bedingt modifiziert werden können (ERLEMEIER
2000). Dennoch findet auch hier eine Anknüpfung an das chronologische
Alter statt. Das Auftreten von bestimmten biologischen Veränderungen ist
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an das kalendarische Alter geknüpft
(KÖLZER 1995). Allerdings ergibt sich das Problem, dass die Variabilität
der altersbedingten Veränderungen so groß ist, dass es im Prinzip keinen
gemeinsamen Kennwert für das funktionale Alter einer Person gibt (MET-
KER, GELAU & TRÄNKLE 1994).
Nach den hier genannten Kriterien kann ein Mensch als biologisch alt
bezeichnet werden, wenn Veränderungen von Organen, des Körpers oder in
der Erscheinung des ganzen Menschen vorliegen. Nimmt man beispielswei-
se die Ergrauung der Haare als eine solche Veränderung, dann müssten
unter Umständen bereits (nach dem kalendarischen Altersbegriff) verhält-
nismäßig junge Menschen als alt bezeichnet werden. Somit erweist sich die
alleinige Abgrenzung des Alters aufgrund biologisch bestimmter Verände-
rungen als ziemlich ungenau. Körperliche Veränderungen sind durch geneti-
sche und konstitutionelle Faktoren ebenso bestimmt wie durch den indivi-
duellen Lebensstil. Daher wäre es für eine exakte Bestimmung des biologi-
schen Alters erforderlich, auch die Persönlichkeit und die Umwelt der
betreffenden Person mit einzubeziehen (VOGES 1996). Eine allgemeingül-
tige Definition, ab wann eine Person als alt zu bezeichnen ist, ist somit
allein aufgrund des biologischen Alters nicht festzulegen.
Analog zum kalendarischen Alter kann allerdings auch hier ein einge-
schränkter Bezug zum Kaufverhalten angenommen werden. So kann davon
ausgegangen werden, dass gerade biologisch bedingte Altersveränderungen
zu bestimmten Konsumanforderungen und somit zu Veränderungen im
Kaufverhalten führen. Beispielsweise wirken sich körperliche Beeinträchti-
gungen beim Kauf eines Automobils aus.

12
2.1.3. Abgrenzung nach dem sozialen Alter
In soziologischer Perspektive wird Alter vor allem durch soziale Rollen
definiert, die der Ältere aufgrund seines Alters einnehmen kann und die die
allgemeine Erwartung ihm zuschreibt (LASLETT 1999). Alt ist diejenige
Person, die einen bestimmten gesellschaftlich definierten Altersstatus zuge-
schrieben bekommt (NARR 1982). In der Regel wird dies mit dem Aus-
scheiden aus dem Berufsleben gleichgesetzt (LEHR 2000). Auch wenn der
gesetzliche Rahmen des Übergangs von der Erwerbstätigkeit in den Ruhe-
stand für die meisten Menschen eine starke Zäsur in der Lebenswirklichkeit
darstellt, bleiben doch viele qualitative Kriterien, die die Aspekte des Alters
betreffen, unberücksichtigt (KOHLI 1998).
Dennoch wird dem Eintritt in das Rentenalter eine starke Relevanz bezüg-
lich des Kaufverhaltens zugeschrieben. Vor allem Zeitaspekte, die Umorien-
tierung in der Lebensgestaltung und die Änderung der Bezugsgruppe sowie
Identitätskrisen wirken sich auf das Konsumverhalten nachhaltig aus
(KÖLZER 1995). Man muss aber bedenken, dass heute beispielsweise noch
viele Menschen vor Erreichen des gesetzlichen Ruhestandsalters aus dem
Berufsleben ausscheiden (z.B. durch Altersteilzeit). Daher erscheint das
soziale Alter durch die rein gesellschaftliche Zuweisung bestimmter Rollen
wenig geeignet, das Alter ausreichend abzugrenzen.
2.1.4. Abgrenzung nach dem psychologischen Alter
Psychologisch gesehen ist Altern der Prozess der Veränderung und Um-
strukturierung des Verhaltens und Erlebens (ERLEMEIER 2002). Dabei
beziehen sich die Veränderungen in erster Linie auf psychische Funktionen
wie sensomotorische Fähigkeiten, die intellektuelle Leistungsfähigkeit oder
das Gedächtnis (ERNST 1999).
Der Begriff des psychologischen Alters wird zurückgeführt auf ein von
BALTES und BALTES (1989) entwickeltes Modell. Dieses besagt, dass

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sich zwar die Leistungsreserven im Alter zunehmend verringern, dass es
jedoch den älteren Menschen durch die Strategie der Optimierung durch die
Selektion von subjektiv bedeutsamen Bereichen und die Kompensation von
funktionalen Defiziten gelingt, trotzdem die gestellten Aufgaben zu bewäl-
tigen. Es findet trotz der Veränderungen kein genereller Prozess des Abbaus
statt und es gibt demnach auch kein ,typisches' Verhalten im Alter. Verhal-
tensweisen werden nie allein durch die Anzahl der Lebensjahre bestimmt.
Sie sind auch nur zu einem geringen Teil biologisch bedingt oder durch die
psychologische Funktionstüchtigkeit bestimmt (LEHR 1994). In erster Linie
werden Verhaltensweisen geprägt durch gesellschaftlich übermittelte Über-
zeugungen, die subjektive Deutung der eigenen Situation sowie ganz per-
sönliche Erlebnisse und Erfahrungen (LEHR 1994).
Psychisches Altern kann daher unterteilt werden in die objektiven Faktoren
der individuellen Funktionstüchtigkeit und das subjektiv erlebte Alter. Der
subjektive Aspekt spiegelt zum Beispiel wider, mit welcher Altersgruppe
sich die jeweilige Person identifiziert. Für die subjektive Alterseinschätzung
ist zwar das kalendarische Alter maßgeblich, aber es kann dennoch keine
eindeutige Altersangabe für den Eintritt in das Seniorenalter angegeben
werden (KÖLZER 1995). Der Satz ,,Man ist so alt wie man sich fühlt" hat
daher durchaus seine Berechtigung (WEINERT 1992). Dadurch kann eine
Abgrenzung aufgrund des psychologischen Alters nicht eindeutig vorge-
nommen werden und muss ebenfalls an das kalendarische Alter gekoppelt
werden.
Die Suche nach Erklärungsansätzen für das Alter und das Altern hat eine
Vielzahl theoretischer Modelle und Konzepte hervorgebracht, von denen
allerdings bisher keines geeignet ist, den Begriff des Alters eindeutig und
abschließend zu definieren. Alter ist kein einheitlich individuell invarianter
Prozess, sondern ein multidimensional und ­direktional verlaufender und
multifaktoriell bedingter Entwicklungsprozess (KAISER & OSWALD
2001). Menschen sind verschieden und sie altern verschieden (BALTES &
MITTELSTRAß 1992). Daher ist eine allgemeingültige Abgrenzung des
Seniorenmarktes allein anhand des kalendarischen, biologischen, sozialen
oder psychologischen Alters nicht möglich.

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Sowohl das biologische als auch das soziale und das psychologische Alter
werden vom kalendarischen Alter mitbestimmt, so dass sich die Altersab-
grenzung folglich wesentlich am kalendarischen Alter orientieren muss.
Auch in dieser Arbeit wird weiterhin auf das kalendarische Alter zurückge-
griffen, allerdings wird dabei berücksichtigt, dass soziologisches, psycholo-
gisches und funktionales Alter das kalendarische beeinflussen. Ebenso wie
sich alle diese Bereiche auch die Kaufmotivation mit auswirken.
Während die Verwendung des Begriffs Alter aufgrund seiner Mehrdeutig-
keit Schwierigkeiten bereitet, herrscht Einigkeit darüber, dass Altern mit
Veränderungen physiologischer, psychischer und sozialer Art verbunden ist
und sowohl Gewinne als auch Verluste umfasst (KÖPKE et al. 1999). Beim
Altern geht es vor allem um die Vorgänge, die zum Altwerden führen
beziehungsweise dem Altwerden zugrunde liegen (WALTER 1995). Dabei
muss man bedenken, dass in keiner anderen sozialen Gruppe die intra- und
inter-individuellen Unterschiede größer sind als bei den über 60jährigen
(KÖPKE et al. 1999). Es lassen sich dabei zwischen den Personen innerhalb
dieser Altersgruppe erheblich größere Leistungsunterschiede beobachten als
im Vergleich mit anderen Altersgruppen (OSWALD 1999). Dies gilt so-
wohl für die körperliche, seelische und intellektuelle, aber auch für die
gesundheitliche Verfassung.
In dieser Arbeit werden ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr zur Ziel-
gruppe des Seniorenmarktes gezählt. Diese Altersabgrenzung wurde ab-
sichtlich relativ niedrig gewählt, weil es sich bei der betrachteten Personen-
gruppe einerseits um aktive Kraftfahrer, vor allem Kraftfahrerinnen, han-
deln und andererseits die Zielgruppe noch Interesse am Kauf eines neuen
Wagens haben sollte.

15
2.2. Alternstheorien
In diesem Abschnitt sollen zur Verdeutlichung die beiden wichtigsten
Alternstheorien kurz vorgestellt werden.
2.2.1. Das Defizitmodell
In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts wurde sowohl im Alltagsverständnis
als auch im wissenschaftlichen Kontext das Älterwerden im Wesentlichen
als Abnahme der Leistungsfähigkeit in den physischen und psychischen
Funktionsbereichen betrachtet (CUMMING & HENRY 1961). Dabei wurde
davon ausgegangen, dass der Leistungshöhepunkt je nach Funktionsbereich
und interindividueller Variabilität unterschiedlich früh erreicht wird.
Dem Defizitmodell liegt die Auffassung zugrunde, dass sich der alternde
Mensch im wesentlichen durch ein Nachlassen seiner physischen Kräfte,
durch eine Verringerung der Leistungsfähigkeit der Sinnesorgane, durch
eine Verschlechterung in den kognitiven Leistungen und durch allgemeine
Abbauphänomene kennzeichnen lässt (FISCHER 1991). Diese Ansichten
berücksichtigen allerdings nicht, dass es sich bei der Gruppe der älteren
Menschen keineswegs um eine homogene handelt (OSWALD 1999). Es
lässt sich in der Regel weder ein alle Bereiche betreffender, genereller noch
ein alle Personen betreffender, universeller Abbau von Fähigkeiten und
Fertigkeiten nachweisen (LEHR 1988).
BALTES & BALTES (1992) erklären diese Heterogenität durch drei Fakto-
ren: zum einen mit dem Fehlen eines genetischen Programms, das allein für
den Alterungsprozess verantwortlich ist und durch einen hohen Einfluss
sonstiger Lebensbedingungen auf das Altern. Zweitens mit der Wahrschein-
lichkeit, dass Anlage- und Umwelteffekte mit zunehmender Lebenszeit
kumulieren. Drittens spielt eine zunehmende Überlagerung des Alterungs-
prozesses durch pathologische Ereignisse eine Rolle. Es gibt also bei jeder
Person Bereiche, die mit zunehmendem Alter nicht oder nur in geringem
Ausmaß von Leistungseinbußen betroffen sind und andere, die stärker

16
beeinflusst werden. Eine Vielzahl der Abbauprozesse lässt sich durch ver-
mehrten Gebrauch oder spezielles Training sogar verlangsamen oder ganz
aufhalten (METKER, GELAU & TRÄNKLE 1994). Daher lässt sich das
Defizitmodell aufgrund neuerer gerontologischer Forschungsarbeiten in
dieser allgemeinen Form nicht mehr aufrechterhalten.
2.2.2. Das Kompetenzmodell
Heute wird in der Regel das Kompetenzmodell von OLBRICH (1987)
verwendet. Dieses betont, dass das Verhalten im Alter immer ein Resultat
aus den Anforderungen an die Person und deren Ressourcen zu ihrer Bewäl-
tigung darstellt.
Das heißt, Kompetenz wird immer durch situative und personenspezifische
Faktoren definiert. Es bezieht also die Möglichkeit der Erhaltung oder
Verbesserung der Funktionsfähigkeit durch Gebrauch, Übung und Training
mit ein. Altern wird hier eben nicht als ein schicksalhaft ablaufender Ab-
bauprozess verstanden, sondern als ein Vorgang, der durch Training der
körperlichen, psychischen und sozialen Funktionen positiv beeinflusst
werden kann.
Dabei wird nicht davon ausgegangen, dass es keine altersbedingten Verän-
derungen gibt, aber es wird betont, dass auch im Alter weiterhin die Mög-
lichkeit besteht, vorhandene Kompetenzen zu fördern beziehungsweise neue
zu entwickeln. Es kann also im Alter auch Gewinne geben, nicht nur
Verluste.
2.3. Schlussfolgerungen
Anhand der Definitionsschwierigkeiten des Altersbegriffs und der Wand-
lungen der Alternstheorien wird deutlich, dass es eben nicht ,,den alten
Menschen" gibt, sondern dass sehr differenziert vorgegangen werden muss.
Im Laufe der Jahre hat sich immer wieder das Verständnis von Alter ge-
wandelt. Das wird schon anhand der beiden vorgestellten Alternstheorien

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sehr deutlich. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Aussagen gelten
selbstverständlich ebenso für ältere Autofahrer/-innen. Auch ,,den älteren
Autofahrer" oder ,,die ältere Autofahrerin" gibt es nicht.
Bei der Betrachtung älterer Autofahrerinnen lege ich aufgrund der aktuellen
gerontologischen Erkenntnisse in dieser Arbeit ebenfalls das Kompetenz-
modell zugrunde. Die Aussagen des Kompetenzmodells wirken sich auch
auf die Kaufmotive Älterer aus. Die Zielgruppe der Älteren besitzt noch
zahlreiche Kompetenzen und ist auch in der Lage, sich auf Neues einzustel-
len. Daher dürfen Ältere als aktive Kraftfahrer und Automobilkäufer nicht
abgeschrieben werden, sondern bedürfen besonderer Berücksichtigung.
Bei den über 60jährigen sind, wie bereits aufgezeigt wurde, die interindivi-
duellen Unterschiede sehr zahlreich. Daher variiert auch die Leistungsfähig-
keit älterer Autofahrer/-innen beträchtlich. TRÄNKLE (1994) betont, dass
es viele ältere Menschen gibt, die ,,in ihrer Leistungsfähigkeit weniger leis-
tungsfähigen jüngeren Personen überlegen sind" (S. 362). Es können zwar
altersbedingte Veränderungen festgestellt werden, aber im konkreten Fall
muss immer genau geprüft werden, ob diese Veränderungen auch tatsäch-
lich auf diese eine Person zutreffen.

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3. Altersbedingte Veränderungen in ausgewählten verkehrsrelevanten
Funktionsbereichen
Wichtig bei der Betrachtung älterer Autofahrer/-innen ist die Frage, wie
Alterungsprozesse sich auf das Fahrverhalten auswirken können. Denn auch
die Kaufmotivation wird davon wesentlich beeinflusst. Im Zweiten Altenbe-
richt wird angenommen, dass bei Unfällen älterer Autofahrer ,,oftmals
Einbußen der visuellen Wahrnehmung und Überforderung von Aufmerk-
samkeits- bzw. Konzentrationsmöglichkeiten zugrunde liegen" (BMFSFJ
1998, 157). Daher sind mögliche altersbedingte Veränderungen in verkehrs-
relevanten Funktionsbereichen, trotz der zahlreichen intra- und interindivi-
duellen Unterschiede, näher zu betrachten, denn sie wirken sich speziell auf
die Fahrzeugnutzung und damit auch auf das Automobilkaufverhalten der
Älteren aus. Der Darstellung entsprechender möglicher Einbußen folgen
jeweils einige Lösungsvorschläge, wie eventuelle Schwächen kompensiert
werden könnten, denn entsprechende technische Neuerungen würden sicher
dazu beitragen, die Kaufmotivation Älterer zu fördern.
3.1. Sensorische Informationsaufnahme am Beispiel von Hören und
Sehen
Veränderungen des Seh- und Hörvermögens sind obligatorisch mit dem
Alternsprozess verbunden.
3.1.1. Hören
Mit zunehmendem Alter kommt es zu strukturellen Veränderungen des
Ohres, wodurch sich die Hörfähigkeit verschlechtert (FALTERMAIER &
MAYRING 2002). Die mit dem Alternsprozess verbundene Höreinschrän-
kung setzt bereits im dritten Lebensjahrzehnt ein, allerdings wird sie erst
circa ab dem 60. Lebensjahr sozial bedeutsam (LANG 1999). Ab diesem
Alter wird sie dann auch für den Autofahrer relevant. Beeinträchtigungen

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liegen vor allem für das räumliche Hören und in höheren Frequenzbereichen
vor (JUNKERS 1995). Oftmals kommt noch eine Lärmschwerhörigkeit
hinzu, so dass sich die unterschiedlichen Beeinträchtigungen dann summie-
ren. Da jedoch die Benutzung eines Hörgerätes in vielen Fällen zu einer
wesentlichen Verbesserung des Hörvermögens beiträgt, muss in der Regel
allein aufgrund einer Höreinschränkung im Alter nicht auf das Führen eines
Pkw verzichtet werden, es sei denn, im Rahmen von Multimorbidität treten
weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen auf (HENTSCHEL 1999).
Aber die Einbußen im Bereich des Hörens wirken sich auf die Kaufmotiva-
tion bei der Anschaffung eines neuen Autos aus. Sofern die Einbußen dem
Autokäufer bewusst sind, werden neue Autos nur gekauft, wenn die Prob-
lembereiche nicht allzu deutlich zutage treten beziehungsweise ausreichend
anhand von technischen Neuerungen kompensiert werden.
Problematisch ist in der Regel, dass akustische Warnsignale innerhalb des
Fahrzeugs von den älteren Fahrern nicht wahrgenommen werden können
und dass alle Signaltöne gleich klingen. Dazu gehört beispielsweise das
Piepen der elektronischen Einparkhilfe. Das Geräusch ist zum einen zu leise
und zum anderen in einem Frequenzbereich, der Älteren große Schwierig-
keiten bereitet. Daher wäre es sinnvoll, die Lautstärke selber regeln zu
können. Eine ergänzende Möglichkeit wäre, dass für jedes Warnsignal
unterschiedliche Geräusche zu hören sind. Zum Beispiel anstatt eines einfa-
chen Signaltons, wenn der Fahrer oder Beifahrer nicht angeschnallt ist, ein
Klicken wie das Einrasten des Gurtes, damit das Geräusch schneller mit der
entsprechenden Reaktion gekoppelt werden kann. Dadurch könnte erreicht
werden, dass solche Warnsignale eher wahrgenommen und sinnvolle Tech-
nik auch wirklich genutzt werden kann, auch von älteren Fahrern. Dies wäre
für ältere Autofahrer/-innen sicherlich ein Grund, sich für ein bestimmtes
Auto zu entscheiden, wenn die Technik zur Verfügung stünde, Einbußen in
diesem Bereich zu kompensieren.

21
3.1.2. Sehen
Wesentlich gravierender als das Hörvermögen verschlechtern sich im Al-
ternsprozess verkehrsrelevante Sehfunktionen. Dies spielt vor allem deswe-
gen eine so große Rolle, da nach einer weit verbreiteten Schätzung 80 bis 90
% der relevanten Informationen von Autofahrern über das visuelle System
aufgenommen werden (POHLMANN et al. 1994). Im Vergleich zu den
anderen Sinnesmodalitäten ist die visuelle Wahrnehmung somit eindeutig
von besonderer Bedeutung für das Führen eines Pkw. Mit zunehmendem
Alter kommt es zu einer Reihe von strukturellen Veränderungen des Auges,
mit denen funktionelle Veränderungen des Sehvermögens einhergehen
(FALTERMAIER & MAYRING 2002). Einerseits lässt also die generelle
Sehkraft nach, andererseits erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines spezifi-
schen Sehfehlers (GRAMBERG-DANIELSEN 1967).
Abb.1: Prozentsatz der Menschen mit Sehdefekten in Relation zum Alter in
Jahren (GRAMBERG-DANIELSEN, zitiert in COHEN, 1994, 233)

22
Ein Autofahrer wechselt mit seinem Blick permanent zwischen dem räum-
lich entfernten Verkehrsgeschehen und dem räumlich näher gelegenen
Armaturenbrett. Um die unterschiedlichen Reize scharf abbilden zu können,
ist bei einem solchen Wechsel eine Formveränderung der Linse notwendig.
Eine solche Formveränderung nennt sich Akkomodation (POHLMANN et
al. 1994). Die Fähigkeit dazu lässt mit zunehmendem Alter nach. Bereits im
Jugendalter beginnt sich die Akkomodationsbreite (= Veränderbarkeit)
einzuengen (COHEN 1994). Im Alter ist die Formveränderung der Linse
dann nur noch eingeschränkt möglich und dies führt zu einer geringeren
Sehschärfe im Nahbereich, der so genannten Altersweitsichtigkeit oder
Presbyopie. Die kürzeste Entfernung, bei der ein Objekt ohne Hilfe noch
scharf abgebildet werden kann, beträgt bei einem 70jährigen Fahrer im
Durchschnitt 80 cm. Die Anzeigen in Fahrzeugen dagegen sind jedoch in
der Regel 50 bis 70 cm entfernt, so dass hier deutlich wird, wie relevant
diese Form der Sehschwäche sein kann (POHLMANN et al. 1994). Die
Reduzierung der Veränderbarkeit ist zum einen zurückzuführen auf eine
zunehmende Sklerotisierung der Linse, zum anderen auf eine vermehrte
Schwächung der beteiligten Muskelgruppen (POHLMANN et al. 1994).
Durch das ständige Wachstum der Augenlinse und der damit verbundenen
zunehmenden Austrocknung verändern sich ihre optischen und mechani-
schen Eigenschaften (BRÜHNING & HARMS 1983). Diese Veränderungen
beginnen bereits ab einem Alter von 35 bis 40 Jahren und die Auftretens-
wahrscheinlichkeit steigt mit zunehmendem Alter an.
Nicht nur die Akkomodationsbreite verändert sich im Alter, sondern auch
die Akkomodationszeit. Dadurch wird eine scharfe Abbildung von Objekten
auf der Netzhaut verzögert (SCHAEFFEL, WILHELM & ZRENNER
1993). Ältere Fahrer benötigen circa eine Sekunde mehr für die Akkomoda-
tion von einem außerhalb des Fahrzeugs liegenden Objekts auf die Anzeige
des Armaturenbretts als jüngere. So liegen bei jüngeren Personen unter 40
Jahre die Akkomodationszeiten bei 0,5 bis 0,8 Sekunden, bei Personen über
60 Jahre liegen sie bereits zwischen 2,0 und 2,7 Sekunden (GRAMBERG-
DANIELSEN 1984). Bedenkt man, wie häufig derartige Wechsel zwischen
nah und fern durchgeführt werden und dass ein Fahrzeug bei einer Ge-

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schwindigkeit von 80 km/h in einer Sekunde circa 22 Meter zurücklegt,
wird deutlich, welche Folgen eine so minimale Verzögerung der Akkomo-
dationszeit haben kann (METKER, GELAU & TRÄNKLE 1994).
Allerdings lässt sich diese Form der Sehschwäche mit Hilfe einer entspre-
chenden Sehhilfe in der Regel ausreichend kompensieren.
Objekte in der Umwelt können nur in einem kleinen Bereich des Auges, der
Fovea centralis, scharf abgebildet werden. Der Begriff der Sehschärfe
bezeichnet dabei ,,die Fähigkeit, zwei räumlich getrennte Punkte gerade
noch als getrennt wahrnehmen zu können" (METKER, GELAU &
TRÄNKLE, 1994, 102). Die Sehschärfe bezieht sich also auf das visuelle
Auflösungsvermögen. In diesem Bereich weisen die meisten älteren Men-
schen die größten Schwächen auf (HAMILTON 1994). Es wird zwischen
statischer und dynamischer Sehschärfe unterschieden. Beide nehmen mit
zunehmendem Alter, auch unter Tageslichtbedingungen, im Durchschnitt
ab.
Setzt man die durchschnittliche statische Sehschärfe bei einem 20jährigen
mit 100 % an, so verfügen 40jährige nur noch über 90 %, 60jährige nur
noch über 74 % und 80jährige nur noch über 47 % der Sehschärfe (MET-
KER, GELAU & TRÄNKLE 1994). Bei Blendung bzw. ungünstigen Licht-
verhältnissen nimmt die statische Sehschärfe schon in früheren Jahren und
auch wesentlich gravierender ab, vor allem bei geringen Kontrasten. Kon-
trastarme Objekte im Straßenverkehr können daher zunehmend schneller
übersehen werden. Nicht nur bei Sichtbeschränkungen, beispielsweise durch
schlechte Witterungsverhältnisse, sondern zusätzlich auch bei ,,ungestör-
tem" Dämmerungs- und Nachtsehen zeigt sich mit zunehmendem Alter eine
deutlich stärkere Verringerung der Sehschärfe als bei Tageslicht (STURR,
KLINE & TAUB 1990). Die Folge daraus ist nicht nur der Verlust des
Detailsehens, sondern auch eine Verkürzung der Sichtdistanz bei nächtli-
chen Fahrten auf 65 bis 75 % im Vergleich zu jüngeren Fahrern (SIVAK,
OLSON & PASTALAN 1981).

24
Bei der dynamischen Sehschärfe dagegen handelt es sich um die Detail-
wahrnehmung eines bewegten Objekts (COHEN 1994). Die dynamische
Sehschärfe ist in der Regel geringer als die statische, da es dem Auge in der
Bewegung weniger gut gelingt, den relevanten Reiz kontinuierlich zur
Abbildung zu bringen. Sie nimmt daher auch bereits ab dem 40. bis 50.
Lebensjahr rapide ab, umso ausgeprägter, je schneller die Objektbewegung
ist (SHINAR & SCHIEBER 1991). Da der Fahrer sich in relativer Bewe-
gung zur Außenwelt befindet, ist die Abnahme der dynamischen Sehschärfe
für das Autofahren relevanter, als die Abnahme der statischen Sehschärfe.
Dies zeigt auch eine deutlichere Beziehung der dynamischen Sehschärfe zu
Unfallbeteiligungen und Unfallverursachungen (ERNST 1999).
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Dunkeladaptation, also die Anpassung
der Empfindlichkeit des Auges an eine verminderte Umgebungsleuchtdichte
(ZRENNER & EYSEL 1992). Bei älteren Personen lässt sich im Vergleich
zu Jüngeren bei einem Wechsel von hell zu dunkel ein erhöhter Zeitbedarf
feststellen (METKER, GELAU & TRÄNKLE 1994). Altersbedingte Ver-
änderungen des Dämmerungssehens beginnen circa ab dem 55. Lebensjahr.
Neben einem erhöhten Zeitbedarf für den Vorgang der Dunkeladaptation ist
zusätzlich auch die Funktion eingeschränkt, das verbleibende Licht optimal
zu nutzen (POHLMANN et al. 1994).
Laut OLSON (1988) können ältere Menschen nur circa 40 % des Dämme-
rungslichtes nutzen, das jüngeren Menschen zur Verfügung steht. Dies wirkt
sich natürlich auf das Fahrverhalten aus. Je länger der Fahrer für das Able-
sen der Anzeigen des Armaturenbretts benötigt, desto länger sind die Stre-
cken, die er ohne Sichtkontrolle zurücklegt. Eine volle Nah-Fern/ Hell-
Dunkel-Anpassung bei älteren Menschen dauert oft 2 bis 3 Sekunden
(FÖRSTER 1990). Bei gefahrenen 100 km/h werden in einer solchen Zeit
55 bis 83 m zurückgelegt und zwar ohne Sichtkontrolle.
Zudem verkürzt eine höhere absolute Wahrnehmungsschwelle den Sichtab-
stand bei Dunkelheit (COHEN 2001). Unter der absoluten Wahrnehmungs-
schwelle versteht man ,,das erforderliche Mindestmaß an Lichtintensität,

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welche die Wahrnehmung eines definierten Objekts ermöglicht" (COHEN,
1994, 235). Da die lichtbrechenden Medien, wie bereits beschrieben, im
Alter trüber werden, brauchen ältere Menschen verglichen mit jüngeren ein
Mehrfaches an Licht, um die Wahrnehmungsschwelle zu erreichen. Die
Folge daraus ist eine weitere Verkürzung der Sichtdistanz bei nächtlichen
Fahrten, die ohnehin schon kurz ist, da der Sichtabstand häufig kürzer ist als
die Anhaltestrecke.
Treten zusätzlich starke Lichtquellen auf, kommt es zu einer noch stärkeren
Beeinträchtigung der Sehleistung, da zudem im Alter eine erhöhte Blend-
empfindlichkeit besteht (SHINAR & SCHIEBER 1991). Diese beruht auf
einer stärkeren Streuung des einfallenden Lichts, bedingt durch eine Linsen-
trübung. Die Linsentrübung kommt zustande durch die Bildung von Kristal-
len in den lichtbrechenden Schichten des Auges, deren Zahl und Größe im
Laufe des Lebens zunimmt und proportional zu Streulichtern führt. Dies
bedingt eine herabgesetzte Qualität des Netzhautbildes (COHEN 1994).
Daher benötigen ältere Fahrer bei Blendung etwa 50 % mehr Zeit für die
nachfolgende Dunkeladaptation als jüngere Fahrer (POHLMANN et al.
1994).
Korrekturmöglichkeiten durch Sehhilfen sind im Bereich des Dämmerungs-
sehvermögens nicht gegeben.
Hinzu kommt ein verändertes Farbensehen im Alter. Ältere Menschen sehen
alles mit einem Gelbstich. Farben, die gelb ähnlich sind (wie rot oder oran-
ge), können meist noch gut unterschieden werden, nicht aber grüne, blaue
und violette Farbtöne (HAMILTON 1994). Ältere Menschen sehen daher
Blautöne dunkler, Gelbtöne heller und violette Farbtöne generell schlechter
(MEDINA 1998). Dies hat unter Umständen einen Einfluss auf die Wahr-
nehmung von Objekten im Straßenverkehr.
Auch kann es zu einer Begrenzung des vom Auge wahrnehmbaren Bereichs
der Umwelt kommen, also zu einer Einschränkung des Gesichtsfeldes. Dies
kann bei Autofahrern dazu führen, dass Verkehrssignale oder andere Ver-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836603430
Dateigröße
1.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta – Sozialwissenschaft, Interdisziplinäre Gerontologie
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Note
1,0
Schlagworte
ältere frau verbraucherverhalten kraftfahrzeugkauf konsumverhalten senioren automobilbranche mobilität gender
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Titel: Autos nicht für Ältere, sondern für alle
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