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Insolvenzsicherungssysteme von Versicherungsunternehmen in Deutschland und Großbritannien im Vergleich am Beispiel der Kfz-Haftpflichtversicherung

©2007 Diplomarbeit 104 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Aufgrund der Harmonisierung des europäischen Versicherungsmarktes und in Folge der Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherung AG, erhielt die politische als auch wissenschaftliche Diskussion um das Instrument der Versichertenschutzfonds in Deutschland und Europa neue Nahrung.
Zur Zeit sind die Überlegungen der europäischen Kommission zur Einführung von Mindeststandards für Versichertenschutzfonds innerhalb der europäischen Union weit fortgeschritten. Der GDV rechnet mit dem Erlass einer Richtlinie auf Basis der bisherigen Beratungen, deren Inhalt dann auch in deutsches Recht umzusetzen ist. Während in manchen europäischen Ländern der Bevölkerung Versichertenschutzfonds bereits bekannt waren, ist der breiten Öffentlichkeit in Deutschland erstmalig 2003 durch die Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherung AG die Gefahr einer Versichererinsolvenz bewusst geworden. Als Instrument zum Schutz der Verbraucher rückten Versichertenschutzfonds in den Fokus der politischen Diskussion. In Folge dieser wurden mit der Novellierung des VAG im Jahre 2004 für die Lebens- und die Krankenversicherung obligatorische Versichertenschutzfonds gesetzlich vorgeschrieben.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, anhand theoretisch fundierter ökonomischer Erkenntnisse, verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten von Versichertenschutzfonds zu prüfen, zu bewerten und die gewonnen Erkenntnisse auf die in dieser Arbeit zu betrachtenden Realmodelle hinsichtlich möglicher Optimierungsempfehlungen zu übertragen.
In Abgrenzung zum weiten Spektrum möglicher Versicherungsprodukte wird im Folgenden exemplarisch eine detaillierte Betrachtung der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vorgenommen. Eine Besonderheit dieser Sparte liegt darin, dass nicht nur der Käufer von Versicherungsschutz im Falle der Versichererinsolvenz Schaden erleidet, sondern auch Dritte, die keinerlei originäre Vertragsbeziehung zum Versicherungsnehmer oder zum Versicherungsunternehmen haben. In Deutschland war diese Versicherungssparte die erste, die durch einen gesetzlich vorgeschriebenen Versichertenschutzfonds, namentlich durch den Verein Solidarhilfe e.V. (heute Verkehrsopferhilfe e.V.) gesichert wurde. Darüber hinaus werden auf der Basis theoretischer Erkenntnisse Detailregelungen von Versichertenschutzfonds anderer Sparten vorgestellt.
Gang der Untersuchung
Im zweiten Kapitel wird aufgezeigt, dass aufgrund der Arteigenheit des versicherungstechnischen Risikos und der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Markus Küppers
Insolvenzsicherungssysteme von Versicherungsunternehmen in Deutschland und
Großbritannien im Vergleich am Beispiel der Kfz-Haftpflichtversicherung
ISBN: 978-3-8366-0369-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Markus Küppers
Dipl.-Kaufmann
BWL-Studium an der Universität zu Köln
Abschluss 2007 als Dipl.-Kaufmann

I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungssverzeichnis ... III
Verzeichnis häufig verwendeter Symbole...V
Darstellungsverzeichnis ...VII
1. Ausgangspunkt, Ziel und Gang der Untersuchung... 1
2. Versichererinsolvenzen in der Kfz-Haftpflichtversicherung... 5
2.1 Die
Versichererinsolvenz... 5
2.2 Die Arteigenheit des versicherungstechnischen Risikos ... 7
2.3 Theorie der Aufsicht über Versicherungsunternehmen ... 11
2.4 Anspruchsarten im Falle der Versichererinsolvenz ... 14
2.5 Versichertenschutzfonds ... 17
2.6 Insolvenzschutzsysteme in der Europäischen Union ... 17
2.7 Die Kfz-Haftpflichtversicherung ... 18
2.7.1 Anspruchsarten in Deutschland... 20
2.7.2 Anspruchsarten im Vereinigten Königreich... 21
3. Theoretische Anlayse von Versichertenschutzfonds ... 23
3.1 Theoretische Grundlagen ... 23
3.1.1 Prinzipal-Agenten Beziehungen ... 24
3.1.2 Adverse Selektion und Moral Hazard ... 25
3.2 Analyse der Versichertenschutzfonds ... 26
3.2.1 Analyse der optimalen Organisationsform... 26
3.2.2 Verlustsozialisierung durch Agency-Kosten ... 29
3.2.3 Finanzierungsformen von Versichertenschutzfonds ... 31
3.2.3.1 Vor- versus nachschüssige Finanzierung... 31
3.2.3.2
Steuer- versus Prämienfinanzierung
...32
3.2.3.3
Risikobasierte Prämienfinanzierung
...34
3.2.3.3.1 Grundlegende Kalkulationsverfahren ... 35
3.2.3.3.2 Quantifizierung der Risikosituation ... 36
3.2.4 Entschädigungsobergrenzen und regulatorische Normen... 40
3.2.5 Kapazität von Versichertenschutzfonds... 41
3.2.6 Das Run-Phänomen ... 42

II
3.2.7 Staatliche
Regulierung
versus Selbstregulierung ... 45
3.3 Fazit der ökonomischen Analyse... 46
3.4 Optimiertes Design für die Kfz-Haftpflichtversichertenschutzfonds ... 48
4. Realmodelle von Versichertenschutzfonds ... 51
4.1 Die Versichererinsolvenz in Deutschland ... 51
4.1.1 Versichertenschutzfonds in Deutschland... 54
4.1.2 Der Verein Verkehrsopferhilfe e.V. ... 55
4.2 Die Versichererinsolvenz im Vereinigten Königreich ... 57
4.2.1 Versichertenschutzfonds im Vereinigten Königreich... 59
4.2.2 Das Motor Insurer`s Bureau ... 62
4.3 Entwicklungen in der Europäischen Union ... 63
4.3.1 Diskussion zur Konzeption von Versichertenschutzfonds ... 65
4.4.2 Entwicklungen zur Kfz-Haftpflichtversicherung... 66
5.
Anwendbarkeit der analytischen Ergebnisse auf die Realmodelle... 69
5.1 Vorhandene
Versichertenschutzfonds in Deutschland ... 69
5.2 Theoretische Würdigung des Vereins Verkehrsopferhilfe e.V. ... 71
5.3 Vorhandene
Versichertenschutzfonds im Vereinigten Königreich ... 72
5.4 Theoretische Würdigung für die Kfz-Haftpflichtversicherung... 73
5.5 Theoretische Würdigung des Entwurfs der Europäischen Kommission 74
5.6 Europäische Reformvorschläge zur Kfz- Haftpflichtversicherung... 75
6. Fazit und Ausblick... 77
Anhang ... 81
Literaturverzeichnis ... 87

III
Abkürzungsverzeichnis
AG Aktiengesellschaft
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
CPCU
Casualty & Property Insurance Underwriters
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
e.V.
Eingetragener
Verein
EU
Die Europäische Union
FSA
The Financial Services Authority
FSCS
Financial Services Compensation Scheme
InsO
Insolvenzordnung
Kfz Kraftfahrzeug
KH
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung
MIB
Motor Insurer`s Bureau
NVersZ
Neue Zeitschrift für Versicherungen und Recht
PflVersG
Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeug-
halter (Pflichtversicherungsgesetz)

IV
PPB
Policyholders Protection Board
RBC
Risk Based Capital
RBP
Risk Based Premiums
SichLVFinV
Verordnung über die Finanzierung des Sicherungs-
fonds für die Lebensversicherer ­ Sicherungsfonds-
Finanzierungs-Verord-nung (Leben)
StVG Straßenverkehrsgesetz
VAG
Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsun-
ternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz)
VVG Versicherungsvertragsgesetz
VVaG
Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
GDV
Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft
e.V.
ZVersWiss
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

V
Verzeichnis häufig verwendeter Symbole
A
j
Investitionsprojekte eines Versicherers mit j
( )
2
,
1
c Konstanter
Prämienfaktor
C
X
AB
Luiquidations- und Transaktionskosten im Falle eines
Versichererfallisements in X im 2 Staaten-Modell bei ge-
meinsamer Abwicklung mit X
(
)
B
A,
C
X
Luiquidations- und Transaktionskosten im Falle eines
Versichererfallisements in X
d
f
Risikofaktoren eines Versicherers
D
g
unternehmensindividuell
geschütztes Depositenvolumen
E
Fairer Wert der Investitionsprojekte eines Versicherers in
t=0
f
Anteil der Sparer, die im Modell von Diamond und Dybvig
ihre Deposite in t=1 auflösen
i
( )
1
,
0
Realisation der Zustände
Insolvenz
bei
Solvenz
bei
1
0
f
{
}
n
,...,
2
,
1
Anzahl der unternehmensindividuellen Risikofaktoren
F
X
Kapitalbedarf für den Versichertenschutzfonds im Staat X
G
X
t
Kapitalausstattung des Versichertenschutzfonds im Staat
X zum Zeitpunkt t
L
X
t
Forderung der Versicherungsnehmer im Staat X an den
Versicherer zum Zeitpunkt t
O
X
GX
Obergrenze für die Entschädigungszahlung eines Versi-
chertenschutzfonds im Staat X
t
( )
1
,
0
Zeitpunkt der Realisation eines Zustandes der Eigenkapi-
talhöhe eines Versicherers
P
Prämienhöhe für den Versichertenschutzfonds
P
i
Eintrittswahrscheinlichkeit des Zustandes i

VI
Q
X
it
Eigenkapital des Versicherers im Staat X zum Zeitpunkt t
im Zustand j
RP
Prämieneinnahmen eines Versicherers
1
r
Wert einer Deposite in t=1
R
Investitionsergebnis einer 2-periodigen Anlage
R
0
Prämienvolumen eines Versicherers
R
G
0
Prämienvolumen eines Versicherers bei Vorhandensein
eines Versichertenschutzfondssystems
VS
Versicherte Schadenfälle einer laufenden Periode
S
Eigenkapital eines Versicherers
SK
Sicherheitskapital eines Versicherers
u
{
}
n
,...,
2
,
1
Anzahl der Versicherer innerhalb eines risikobasierten
Versichertenschutzfondssystems
V
Volumengröße
V
X
Wert der Versicherungsnehmerforderungen in t=0 an den
Versicherer X/im Staat X
V
X
GX
Wert des Versichertenschutzfonds in t=0 an den Versiche-
rer X/im Staat X
VS Versicherter
Schaden
X
(
)
,...
, B
A
Staat mit Versichertenschutzfonds
Y
X
it
Auszahlungshöhe der Ansprüche der Versicherungsneh-
mer im Staat X zum Zeitpunkt t im Zustand i
Z
AB
i
1
Ausgleichender Zahlungsstrom in t=1 im 2-Staaten Modell
zwischen den Staaten
Anteil der Versicherungsnehmer mit Konsumpräferenz in
t=1
u
unternehmensindividueller Prämienfaktor
Vorschüssig erhobene Prämie für die Versichertenschutz-
fonds

VII
Darstellungsverzeichnis
Abbildung 1: Vom Policyholder Protection Board eingetriebene
Umlagen 1975-2000... 81
Abbildung 2: Akkumulierte Kosten der Versichertenschutzfonds für
die Erfüllung geschützter Versicherungsnehmeransprüche
zwischen dem 31.03.1993 und dem 28.02.1999... 83
Abbildung 3: Bewertung des immateriellen Schadens naher Angehöriger
im Todesfall in Europa... 85

1
1.
Ausgangspunkt, Ziel und Gang der Untersuchung
Aufgrund der Harmonisierung des europäischen Versicherungsmarktes und in
Folge der Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherung AG, erhielt die politi-
sche als auch wissenschaftliche Diskussion um das Instrument der Versicher-
tenschutzfonds in Deutschland und Europa neue Nahrung.
Zur Zeit sind die Überlegungen der europäischen Kommission zur Einführung
von Mindeststandards für Versichertenschutzfonds innerhalb der europäischen
Union weit fortgeschritten.
1
Der GDV rechnet mit dem Erlass einer Richtlinie auf
Basis der bisherigen Beratungen, deren Inhalt dann auch in deutsches Recht
umzusetzen ist.
2
Während in manchen europäischen Ländern der Bevölkerung
Versichertenschutzfonds bereits bekannt waren, ist der breiten Öffentlichkeit in
Deutschland erstmalig 2003 durch die Insolvenz der Mannheimer Lebensversi-
cherung AG die Gefahr einer Versichererinsolvenz bewusst geworden.
3
Als Ins-
trument zum Schutz der Verbraucher rückten Versichertenschutzfonds in den
Fokus der politischen Diskussion. In Folge dieser wurden mit der Novellierung
des VAG im Jahre 2004 für die Lebens- und die Krankenversicherung obligato-
rische Versichertenschutzfonds gesetzlich vorgeschrieben.
4
Ziel dieser Arbeit soll es sein, anhand theoretisch fundierter ökonomischer Er-
kenntnisse, verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten von Versicherten-
schutzfonds zu prüfen, zu bewerten und die gewonnen Erkenntnisse auf die in
dieser Arbeit zu betrachtenden Realmodelle hinsichtlich möglicher Optimie-
rungsempfehlungen zu übertragen.
In Abgrenzung zum weiten Spektrum möglicher Versicherungsprodukte wird im
Folgenden exemplarisch eine detaillierte Betrachtung der Kraftfahrzeug-Haft-
pflichtversicherung vorgenommen. Eine Besonderheit dieser Sparte liegt darin,
dass nicht nur der Käufer von Versicherungsschutz im Falle der Versichererin-
solvenz Schaden erleidet, sondern auch Dritte, die keinerlei originäre Vertrags-
1
Vgl. Fricke (2006) S. 1150; siehe hierzu Markt/2512/05; siehe hierzu Markt/2534/05.
2
Vgl. Fricke (2004) S. 17 f.
3
Siehe hierzu Baums (2003).
4
Vgl. § 124 ff. VAG.

2
beziehung zum Versicherungsnehmer oder zum Versicherungsunternehmen
haben. In Deutschland war diese Versicherungssparte die erste, die durch
einen gesetzlich vorgeschriebenen Versichertenschutzfonds, namentlich durch
den Verein Solidarhilfe e.V. (heute Verkehrsopferhilfe e.V.) gesichert wurde.
5
Darüber hinaus werden auf der Basis theoretischer Erkenntnisse Detailregelun-
gen von Versichertenschutzfonds anderer Sparten vorgestellt.
Im zweiten Kapitel wird aufgezeigt, dass aufgrund der Arteigenheit des versi-
cherungstechnischen Risikos und der Wesensmerkmale des Produktes Versi-
cherung, die Versichererinsolvenz unter gesonderten Gesichtspunkten im Ver-
gleich zu anderen Gütern innerhalb marktwirtschaftlicher Systeme zu diskutie-
ren ist.
Im dritten Kapitel erfolgt die theoretische Analyse von Versichertenschutzfonds
anhand ökonomischer Modelle. Es soll geprüft werden, in welcher Form Versi-
chertenschutzfonds eingesetzt werden können, welche Konzeptionselemente
aus ökonomischer Sicht empfehlenswert sind und zu welchen Effekten sie
führen.
Anschließend erfolgt in Kapitel vier die Einordnung zweier Realmodelle von
Versichertenschutzfonds innerhalb ihres jeweiligen regulatorischen Kontextes.
Zunächst werden
die aktuellen Bestimmungen der Versichertenschutzfonds in
Deutschland aufgezeigt. Da im Vereinigten Königreich von Großbritannien eine
lange Tradition der Insolvenzsicherung von Versicherungsnehmeransprüchen
besteht, soll sodann das dortige Realmodell dargestellt werden. Zusätzlich wird
der aktuelle Stand der Diskussion der europäischen Kommission zur verbindli-
chen Einführung von Versichertenschutzfonds und deren mögliche Auswirkun-
gen auf die beiden dargestellten Realmodelle erläutert.
Im fünften Abschnitt werden die theoretischen Erkenntnisse aus Kapitel zwei
bezüglich Ihrer Gültigkeit in den Realmodellen überprüft und die Regelungen
der beiden Systeme im Hinblick auf Optimierungsmöglichkeiten untersucht.
5
Vgl. Horsch (1998) S. 151 ff.; Siehe § 12 PflVG.

3
Im letzten Abschnitt werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst.
Hinsichtlich der zu erwartenden Entwicklungen wird abschließend
ein kurzer
Ausblick gegeben.

5
2.
Versichererinsolvenzen in der
Kfz-Haftpflichtversicherung
2.1 Die
Versichererinsolvenz
Bei optimaler Funktionsweise marktwirtschaftlicher Systeme gilt, nach der
Theorie der vollkommenen Märkte, dass das effizienteste ökonomische Alloka-
tionsergebnis für alle Wirtschaftssubjekte erreicht wird und ineffiziente Anbieter
aus dem Markt ausscheiden.
6
Die Insolvenz dient hierbei grundsätzlich als
natürliche Ausscheideordnung nicht konkurrenzfähiger Unternehmen. Über die
Insolvenzmasse hinausgehende, nicht erfüllbare Gläubigeransprüche gehen
vollständig unter, so dass die Konsumenten die Insolvenzwahrscheinlichkeit der
Vertragspartner in ihr Rendite-Risikokalkül einbeziehen müssen.
Wenn Insolvenzen grundlegend in marktwirtschaftlichen Systemen einer effi-
zienten Anbieterallokation dienen, stellt sich die Frage, warum das Instrument
der Versichertenschutzfonds in verschiedenen marktwirtschaftlichen Systemen
existent ist. Versichertenschutzfonds erfüllen die Gläubigeransprüche von Ver-
sicherungsnehmern über die zu verwertende Insolvenzmasse eines Versiche-
rers hinaus und verzerren somit den originären Kapitalfluss im Falle einer Insol-
venz. Die Existenz eines solchen regulatorischen Instruments stellt demnach
eine zu begründende Besonderheit in einem marktwirtschaftlichen System dar,
die mit der unterschiedlichen Gläubigersituation im Vergleich zu Insolvenzen
anderer Sektoren, wie beispielsweise der nicht in diesem Umfang regulierten
Sachgüterproduktion, erfolgen kann.
Im Falle einer Insolvenz müssen üblicherweise die Unternehmenseigner den
größten Teil der Kosten durch das von ihnen zur Verfügung gestellte Risikoka-
pital tragen. Darüber hinaus erleiden Fremdkapitalgeber Verluste. Dies sind in
der Regel gut informierte Marktakteure, etwa Banken, die die Insolvenzwahr-
scheinlichkeit des Schuldners in ausreichender Form berücksichtigen können.
6
Vgl. Albrecht (1992) S.64; vgl. Farny (2006) S. 111; vgl. Schradin (2003) S. 3.

6
Bei einer Versichererinsolvenz ist im Unterschied hierzu auch die Vermögens-
position Dritter, die der Versicherungsnehmer, in erheblichem Ausmaß betrof-
fen. Die Versicherungsnehmer verlieren ab dem Insolvenzbeginn den Anspruch
auf ihr bereits für den Rest einer Periode erworbenes Schutzversprechen und
partizipieren direkt am Verlust. Der Anspruch auf Kompensationszahlungen im
Schadenfalle entfällt mit der Deklaration der Versichererinsolvenz. Dieses
Risiko wird vom Versicherungsnehmer in der Regel nicht bedacht, da der Versi-
cherungsnehmer aus verschiedenen Gründen schlecht über das komplexe
Dienstleistungsprodukt Versicherungen informiert ist, weshalb es sich bei der
Entscheidung über den Kauf des Produkts um eine Vertrauensentscheidung
handelt.
7
Greifen zum Zwecke der Abwendung des zuvor beschriebenen Insol-
venzszenarios eines Versicherers staatliche Institutionen ein, werden diese
Verluste Dritter durch staatliche Einrichtungen aufgefangen und hierdurch
externalisiert.
8
Dies führt zu einem Wohlstandstransfer und macht zusätzlich die
Notwendigkeit der gesonderten Betrachtung der Versichererinsolvenz deutlich.
Zur Veranschaulichung seien die unterschiedlichen Wirkungen der Insolvenz im
Vergleich mit einem anderen Wirtschaftsgut verdeutlicht. Eröffnet ein Hersteller
von Automobilen das Insolvenzverfahren, trifft dies die Eigner und Fremdkapi-
talgeber des Unternehmens, nicht aber die Käufer der Kraftfahrzeuge, da der
materielle Übergang der Produkte in deren Eigentum erfolgt ist. Die übereigne-
ten Kraftfahrzeuge gehen nicht in die Insolvenzmasse mit ein. Die Käufer neh-
men maximal Schaden, wenn Service- oder Ersatzleistungen zukünftig entfal-
len. Der Käufer einer Risikolebensversicherung entrichtet zu Jahresbeginn eine
Prämie. Er erlangt hierfür vom Versicherer das Schutzversprechen, im Scha-
denfall von diesem Zahlungen in vereinbarter Höhe zu erhalten. Im Insolvenzfall
des Versicherers wird dieses Schutzversprechen jedoch wertlos, da der Versi-
cherer die vereinbarte Leistung nicht mehr erbringen kann. Tritt der Schadenfall
des Versicherungsnehmers vor dem Insolvenzfall des Versicherers ein und ist
dieser noch nicht reguliert, erleidet der Versicherungsnehmer erhebliche finan-
7
Vgl. Horsch (1998) S. 10 ff.
8
Vgl. Eisen/Zweifel (2000) S. 345.

7
zielle Verluste, falls die Insolvenzmasse nicht ausreicht, die vereinbarte Leis-
tung zu bezahlen.
Aus Sicht der Einlagengeber gelten ähnliche Bedingungen für die Insolvenz im
Bankensektor, weshalb auch dort Einlagensicherungssysteme eingerichtet
wurden, die den Versichertenschutzfonds ähneln. Sowohl im Banken- als auch
im Versicherungssektor existieren in der Empirie zusätzlich zu diesen Insol-
venzsicherungseinrichtungen vorgelagerte Kontrollsysteme der laufenden Auf-
sicht, die die Insolvenz von Unternehmen dieser Branchen zum Schutze Dritter
vermeiden sollen.
9
Die Versichertenschutzfonds und die Einlagensicherung der
Banken sind in einem regulatorischen Kontext jeweils als ,,lender of last resort"
zu sehen.
2.2
Die Arteigenheit des versicherungstechnischen Risikos
Als Grundlage für das Verstehen der Notwendigkeit von Versichertenschutz-
fonds, soll zunächst auf die Besonderheiten des Produktes Versicherung in
detaillierter Form eingegangen werden.
Grundsätzlich besteht für alle güterproduzierenden Unternehmen das gleiche
Risiko, nämlich die Gefahr der Verlustrealisation, wenn die Kosten der Produk-
tion (nach Preisfestsetzung) höher sind als der am Markt erzielte Erlös. Die
Kosten der Produktion der meisten Sachgüter sind in der Regel bekannt und
können als deterministisch in die unternehmerische Planungsrechnung über-
nommen werden. Im Zeitverlauf können, gerade bei der langfristigen Güterpro-
duktion, wie zum Beispiel dem Schiffbau, die tatsächlichen Kosten schwanken.
In diesem Falle beruhen die Abweichungen auf Irrtümern oder Veränderungen
der ursprünglich als deterministisch angenommenen Kosten der Produktion. Bei
der Produktion von Versicherungsschutz gilt es eine grundlegende, zusätzliche
Besonderheit zu beachten. Aufgrund der Stochastizität der Schadenereignisse
sind die Kosten für Versicherungsunternehmen bei der Preisfestsetzung und
9
Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2004) S. 360 ff. ; vgl. Schradin/Telschow (1995)
S. 111.

8
Planung immer zwingend indeterminiert. Diese Besonderheit begründet ein
arteigenes Risiko, da selbst bei Nichtvorliegen eines Irrtums und bei Konstant-
bleiben aller anderen Kalkulationsgrundlagen, die den Versicherungsunterneh-
men entstehenden Schadenkosten immer zufallsabhängig bleiben.
10
Diese dem
Versicherungsgeschäft anhaftende Eigenheit bildet eine Grundlage für die
Gefahr der Versichererinsolvenz.
Die Versicherungsnehmer übertragen durch den Abschluss eines Versiche-
rungsvertrages Risiken partiell oder vollständig auf die Versicherungsunter-
nehmen. Für diesen Risikotransfer zahlen sie in der Regel vorschüssige Prä-
mien. Im Versicherungsfall, der Realisation des zuvor abgetretenen Risikos,
wird eine Entschädigungszahlung vom Versicherer an den betroffenen Versi-
cherungsnehmer fällig. Es handelt sich demnach um einen bedingten Zah-
lungsstrom. Vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrages besteht natur-
gemäß eine asymmetrische Informationsverteilung, da die Versicherungsneh-
mer ihr individuelles Risiko besser abschätzen können als ihr Vertragspartner.
Um eine möglichst genaue Kalkulation der Tarife erreichen zu können, müssen
Versicherer diese Informationsasymmetrien reduzieren. Vor dem Abschluss
eines Versicherungsvertrages nutzt der Versicherer daher das ihm zur Verfü-
gung stehende versicherungstechnische Instrumentarium um einen hinreichen-
den Informationstransfer erzeugen zu können. Ein Beispiel hierzu sind die vom
Versicherungsnehmer vor einem Vertragsabschluß zu beantwortenden Frage-
bögen zum Gesundheitszustand in der Lebensversicherung. Macht der Versi-
cherungsnehmer Falschangaben, kann dies in Deutschland dazu führen, dass
der Versicherer im Falle eines kausalen Schadenfalles leistungsfrei bleibt.
11
Der Eintritt der Versicherungsfälle einer Versicherungsperiode ist der Höhe, der
Anzahl und dem Zeitpunkt nach zufallsabhängig, während aber die Prämie
vorschüssig erhoben wird. Dies führt dazu, dass der Versicherer den erwarteten
Zahlungsstrom prognostizieren sowie adäquate Prämien fordern muss, um das
gegebene Schutzversprechen erfüllen und seine weitere Unternehmensexis-
10
Vgl. Albrecht (1992) S. 14 f.
11
Vgl. §§ 6 Abs. 1, 163 VVG.

9
tenz garantieren zu können.
12
Um die kollektive oder individuelle Schadenver-
teilung zu prognostizieren, nutzen die Versicherungsunternehmen die ihnen zur
Verfügung stehenden Informationen. Neben den Daten aus dem Informations-
transfer zwischen den Versicherungsnehmern und den Versicherern gehen
auch Verbandsstatistiken und Daten bestehender Versichertenkollektive mit in
die Kalkulationsgrundlagen ein. Da sich die zur Verfügung stehenden Daten auf
die Vergangenheit beziehen, gilt es im Rahmen des versicherungstechnischen
Zufallsexperiments Schadengesetzmäßigkeiten zu erkennen. Gelingt die Diag-
nose einer in der Vergangenheit liegenden Gesetzmäßigkeit, ist eine Prognose
über die Schadenfälle der zukünftigen Periode zu erstellen. Hierbei entsteht
zum einen das Problem, dass bei der Diagnose oder der im Anschluss erstell-
ten Prognose ein Fehler auftreten kann, wenn die zugrunde liegenden Daten
unvollständig sind (Irrtumsrisiko). Zum anderen ist problematisch, dass selbst
bei vollständiger Kenntnis der wahren Zufallsgesetzmäßigkeit die Schadenaus-
prägungen zufällig eintreten (Zufallsrisiko). Es bleibt festzuhalten, dass anhand
modelltheoretischer Quantifizierungsversuche des Schadenaufkommens mit
Hilfe der Statistik und der Wahrscheinlichkeitstheorie jeweils ein Diagnose-,
Prognose- und Zufallsrisikorisiko hinsichtlich der tatsächlichen Realisation der
Schäden verbleibt. Zur Bewältigung des Zufallsrisikos steht dem Versiche-
rungsunternehmen das versicherungsspezifische risikopolitische Instrumentari-
um zur Verfügung, beispielsweise die Rückversicherungsnahme. Das Progno-
se- und Diagnoserisiko ist hingegen nur schwer zu kontrollieren.
Die Vorteilhaftigkeit der Versicherungsnahme resultiert daraus, dass es den
Versicherern anhand des Ausgleichs im Kollektiv und in der Zeit ab einer be-
stimmten Kollektivgröße möglich ist, die Summe der Einzelrisiken günstiger zu
tragen, als dies die Versicherungsnehmer selbst tun könnten. Wie bereits aus-
geführt, gelingt es nur Versicherern, die eine adäquate Prämie für ihr Produkt
verlangen, ein verlässliches Schutzversprechen abzugeben.
13
Es kann aller-
dings für das Versicherungsmanagement problematisch sein, eine solche adä-
quate Prämie auf einem wettbewerbsintensiven Markt durchzusetzen.
12
Vgl. Albrecht (1992) S. 3 ff.
13
Siehe hierzu Albrecht (1982) S. 514 ff.

10
In experimentellen Versuchen ließ sich zudem nachweisen, dass Versiche-
rungsnehmer für Versicherungsprodukte mit ex ante bekannten Ausfallrisiken
eine, im Vergleich zu quasi sicheren Referenzversicherern, geringere Zah-
lungsbereitschaft aufweisen.
14
Das versicherungstechnische Gesamtrisiko besteht nach Albrecht in der ,,Ge-
fahr, dass in einem bestimmten Zeitraum die gesamten Kosten für Versiche-
rungsleistungen (VS) aus dem versicherten Bestand die zur Verfügung stehen-
de Summe aus (Risiko-)Prämienerlösen (RP) und Sicherheitskapital (SK) über-
steigen."
15
Das Tragen dieses Restrisikos ist die zentrale Leistung der Versiche-
rungsunternehmen. Formal kann dies durch die Verlustwahrscheinlichkeit des
Versicherers ausgedrückt werden, die auch unter der Annahme der vollständi-
gen Information über die Schadengesetzmäßigkeit verbleibt:
Verlustwahrscheinlichkeit = P(VS> RP +SK)
16
Mit Hilfe der quantitativen Bestimmung der Verlustwahrscheinlichkeit kann die
Qualität des vom Versicherer gegebenen Schutzversprechens beschrieben
werden. Je geringer die Verlustwahrscheinlichkeit ist, umso wertvoller wird das
Schutzversprechen aus der Sicht der Versicherungsnehmer. Im Endergebnis ist
dieses aber in allen Fällen nur ,,quasi-sicher", da eine Versichererinsolvenz
prinzipiell nicht vollständig ausgeschlossen werden kann.
17
Die Quantifizierung
der Verlustwahrscheinlichkeit erfolgt sowohl in der Theorie als auch in der
Praxis anhand quantilbasierter Value-at-Risk-Konzepte. Diese können auf der
Basis der Shortfall-Erwartungswerte beziehungsweise bedingter Shortfall-
Erwartungswerte (mean excess) erweitert werden.
18
Das arteigene Risiko der zufallsbedingten Insolvenzgefahr kann bei nachschüs-
siger Prämienerhebung nicht auftreten, da in einem solchen Umlageverfahren
14
Vgl. Albrecht/Maurer (2000) S. 348 f.
15
Albrecht (1992) S. 7.
16
Vgl. Albrecht (1992) S. 17; vgl. Brohm (2002) S. 51.
17
Vgl. Albrecht (1992) S. 38 f.
18
Siehe hierzu Albrecht/Koryciorz (1999) S. 5 ff.

11
die zu zahlende Prämiensumme anhand der ex post bekannten Schadensum-
me festgemacht wird.
19
Im Ergebnis verbleibt jedoch immer das Risiko einer Versichererinsolvenz,
weshalb dieses als branchentypisch angesehen werden kann. Aufgrund dieser
Besonderheit entwickelten die meisten Staaten aufsichtsrechtliche Systeme zur
Insolvenzvermeidung.
2.3
Theorie der Aufsicht über Versicherungsunternehmen
Anhand der bisherigen Ergebnisse lässt sich bereits erkennen, warum es zu
begründbaren aufsichtsrechtlichen Konstruktionen kommt, die primär dem
Axiom der Insolvenzvermeidung von Versicherungsunternehmen folgen. In
diesem Abschnitt soll die bisherige Argumentation um die Frage ergänzt wer-
den, warum es überhaupt eine gesonderte Versicherungsaufsicht gibt. Hierzu
werden theoretische Ansätze aus verschiedenen Forschungsrichtungen heran-
gezogen.
Nach verbreiteter Meinung ist das zentrale Argument für die Einführung einer
gesonderten Versicherungsaufsicht, dass es zu einem Versagen auf dem Ver-
sicherungsmarkt kommt, sollte man diesen dem freien Spiel der Marktkräfte
überlassen. Das Ziel der Versicherungsaufsicht liegt dann darin, die durch die
Besonderheit des Versicherungsgeschäfts entstehenden Strukturschwächen
auszugleichen (Strukturtheorie), um ein befriedigendes Marktergebnis hervor-
zubringen.
20
Diese Unvollkommenheit des Versicherungsmarktes ergibt sich zum einen
daraus, dass die Versicherungsnehmer, besonders die privaten Haushalte, in
der Regel im Hinblick auf die Solvenz der Versicherungsunternehmen unvoll-
ständig informiert sind. Das gleiche gilt für die Versicherer hinsichtlich der indi-
viduellen Risikoposition der Versicherungsnehmer. Die vollkommene Informati-
on der Marktteilnehmer ist aber eine Grundvoraussetzung für die optimale
19
Vgl. Albrecht (1992) S. 3 ff.
20
Vgl. Farny (2006) S. 111.

12
Funktionsweise marktwirtschaftlicher Systeme aus mikroökonomischer Sicht.
21
Die Informationsasymmetrie führt dazu, dass die eigentlich in marktwirtschaftli-
chen Systemen steuernden Impulse der Nachfrageseite auf die Angebotsseite
in effizienter Form ausbleiben (Informations- oder Transparenzargument) und
es zu Fehlallokationen auf dem Versicherungsmarkt kommt.
22
Weiterhin können Versicherungsunternehmen ihre Produktionskapazitäten
beinahe beliebig ausdehnen, so dass am Markt ein permanentes Überangebot
herrscht, welches einen ruinösen Preiskampf bedingen kann (Kapazitätsargu-
ment) und die Möglichkeit der adäquaten Prämienerhebung verhindert.
23
Wie bereits beschrieben, ist darüber hinaus eine hinreichende Datenbasis zur
Prognose der Schadengesetzmäßigkeit erforderlich. Können kleinere und junge
Versicherungsunternehmen nicht in hinreichender Form auf Verbandsstatistiken
zurückgreifen, kann dies zu Untertarifierungen führen (Kalkulationsargument).
24
Für die Eingriffsnotwendigkeit wird weiterhin die besondere Schutzbedürftigkeit
der Konsumenten angeführt (Schutztheorie). Aufgrund der Schutztheorie erge-
ben sich für die Aufsicht konkurrierende Ziele. Zum einen gilt es den Versiche-
rungsnehmer als Gläubiger im Falle der bedingten Schadenzahlung zu schüt-
zen, zum anderen aber auch den Schutz seines Schuldnerinteresses zu wah-
ren, das sich an möglichst geringen Prämien festmacht.
25
Ohne aufsichtsrecht-
liche Instrumente kann es zu erheblichen materiellen Verlusten der Versiche-
rungsnehmer und in Folge dessen zu negativen Auswirkungen auf die Volks-
wirtschaft kommen.
26
Die wirtschaftspolitische Aufsichtstheorie stellt das Versicherungswesen be-
wusst in den Mittelpunkt allgemeiner Ziele der Geld-, Finanz-, Beschäftigungs-
und Konjunkturpolitik.
27
Berücksichtigt man den Gedanken, dass die Versiche-
21
Vgl. Schott/Wied-Nebbeling (2005) S. 7.
22
Vgl. Albrecht (1992) S. 66; vgl. Eisen/Zweifel (2000) S. 347.
23
Vgl. Eisen/Zweifel (2000) S. 346; vgl. Farny (2006) S. 604 ff.; vgl. Oehmke (1989) S. 10.
24
Vgl. Eisen/Zweifel S. 345.
25
Vgl. Farny (2006) S. 110.; vgl. Schradin (2003) S. 7.
26
Vgl. Eisen/Zweifel (2000) S. 347 f; vgl. Horsch (1998) S. 26 ff.; vgl. Schradin (2003) S. 5 f.;
vgl. Warlich (1992) S. 6 f.
27
Vgl. Farny (2006) S.108 ff.

13
rungswirtschaft die Wagnisbereitschaft aller Wirtschaftssubjekte positiv beein-
flussen und somit auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung fördern kann,
ist aus volkswirtschaftlicher Sicht der Schutz dieser Institution als Bereitsteller
eines knappen, elementaren Produktionsfaktors unerlässlich.
28
Ein weiteres Argument für die Einführung einer Versicherungsaufsicht liegt in
der theoretisch nachweisbaren Tendenz zur Monopolbildung auf Versiche-
rungsmärkten, die sich allerdings empirisch nicht nachweisen lässt.
29
Daher kann man die Regulierung des Versicherungswesens als die stellvertre-
tend für die Gesamtheit aller Versicherungsnehmer staatlich wahrgenommene
Aufgabe verstehen, einzelvertraglich nicht sinnvolle Regelungen zu vermeiden,
die durch adverses Verhalten des Versicherungsmanagements entstehen
können.
30
Aufgrund der Arteigenheit des Produktes Versicherung finden sich in den meis-
ten Staaten spezifische Aufsichtssysteme. Grundlegend dienlich zur Einteilung
der Aufsichtsmittel realer Aufsichtssysteme ist folgende Einteilung rechtlicher
und faktischer Kriterien, in aufsteigender Reihenfolge der Eingriffsintensität:
(1) Rechtlich vorgeschriebene Publizitätssysteme;
(2) Vorgabe von Normen;
(3) Eintragung der Versicherungsunternehmen in ein Register;
(4) Konzession der Versicherungsunternehmen;
(5) Materielle Eingriffe in den Geschäftsbetrieb der Versicherungsunterneh-
men.
31
Eine Darstellung der für die Untersuchung relevanten Realmodelle von Auf-
ssichtssystemen erfolgt im 4. Kapitel. Die Eingriffsbefugnisse werden in den zu
betrachtenden Realmodellen in unterschiedlicher Intensität genutzt.
28
Vgl. Hennies (2003) S. 23 f.; vgl. Sinn (1988) S. 15 ff.
29
Vgl. Eisen/Zweifel S. 349; vgl. Schradin (2003) S. 4 f.
30
Vgl. Schradin (2003) S. 8.
31
Farny (2006) S. 112.

14
Der zentrale Nachteil der Regulierung des Versicherungsmarktes liegt in den
entstehenden Kosten. Neben den direkten Kosten für die Aufsichtsbehörde
fallen auch Opportunitätskosten an, wenn aufgrund regulatorischer Vorschriften
das Halten finanzieller Reserven vorgeschrieben wird, wie dies beispielsweise
die Solvabilitätsvorschriften tun.
32
Zusätzlich zur staatlichen Regulierung finden sich in der Empirie auch Selbstre-
gulierungen, die Versicherungsunternehmen aus marktbestimmten Erwägungen
heraus für sich realisieren. Diese schränken die Handlungsfreiheit der Unter-
nehmen zwecks Erreichens übergeordneter Ziele ein. Finden sich freiwillige
Selbstregulierungssysteme, sind diese in der Regel den staatlichen Regulie-
rungsbemühungen aus ordnungspolitischen Gründen in marktwirtschaftlichen
Systemen vorzuziehen. Der Staat sollte lediglich die Aufgabe erfüllen, Rah-
menbedingungen zu schaffen, die das Funktionieren friktionsfreier Märkte
ermöglichen.
33
Tritt trotz aufsichtsrechtlicher Maßnahmen eine Versichererin-
solvenz auf, sind die Ansprüche der Versicherungsnehmer durch die Versicher-
tenschutzfonds zu erfüllen.
2.4
Anspruchsarten im Falle der Versichererinsolvenz
Grundlegend dienen Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners
gemeinschaftlich zu befriedigen. Bedingt durch die Vielfältigkeit des Produktes
Versicherung ergeben sich im Falle der Versichererinsolvenz mannigfaltige,
spezifische Forderungen der Versicherungsnehmer, die nun differenziert be-
trachtet werden.
Primär hat der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf die Schadenbearbei-
tung, welcher alle Leistungsprozesse nach dem Eingang von Versicherungs-
fallmeldungen umfasst. Diese Versicherungsfallbearbeitung umfasst auch die
Auszahlung von Versicherungssummen in der kapitalbildenden Lebensversi-
32
Vgl. Hennies (2003) S. 30.
33
Vgl. Horsch (2004 a) S. 375.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836603690
DOI
10.3239/9783836603690
Dateigröße
629 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2007 (Juni)
Note
2,3
Schlagworte
deutschland kraftfahrzeughaftpflichtversicherung konkurssicherungsfonds großbritannien fonds versicherung konkurssicherung risikomanagement insolvenzsicherung
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Titel: Insolvenzsicherungssysteme von Versicherungsunternehmen in Deutschland und Großbritannien im Vergleich am Beispiel der Kfz-Haftpflichtversicherung
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