Lade Inhalt...

Regionale Verflechtung der Nanotechnologie

Am Beispiel der Region Aachen

©2007 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Wettbewerb zwischen den großen Industrie- und Weltregionen wird zunehmend auf dem Gebiet der Schlüsseltechnologien ausgetragen. Schlüsseltechnologien werden dabei definiert als Technologien, die eine Erschließung neuer Technikbereiche ermöglichen und bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Diese Technologien befinden sich im Wachstum und sind daher entscheidend für die Wirtschaft der Zukunft. Daher bemühen sich Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik darum, diese für den zukünftigen Wettbewerb frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Laut dem Verband Deutscher Ingeneure ist die Nanotechnologie eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Bereits heute werden beträchtliche Umsätze mit Produkten erzielt, die sich nur mit Hilfe von Nanotechnologie realisieren lassen.
Bezogen auf die Forschungsaktivitäten in einer Schlüsseltechnologie kann bei den vielfältigen öffentlichen und privaten Anbietern in Deutschland zwischen Einrichtungen, die eher grundlegende oder angewandte Forschung betreiben, unterschieden werden. Die Grundlagenforschung will fundamentale Gesetzmäßigkeiten der Natur und Gesellschaft ans Licht bringen und ist auf bis zu 40 Jahre in die Zukunft ausgerichtet. Im Mittelpunkt stehen also geistig-schöpferische Arbeiten zur Erlangung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Grundlagenforschung ist sehr langfristig ausgerichtet und konzentriert sich eher auf Universitäten, staatliche Einrichtungen und vor allem die Max-Planck-Gesellschaft (MPG). Regionale Verflechtungen zur Industrie sind hier nicht sehr stark ausgeprägt. Angewandte Forschung baut auf der Grundlagenforschung auf und verfolgt das Ziel, neue Arbeits- und Wirkprinzipien als wissenschaftliche Grundlage für neue Produkte, Verfahren oder technologische Prozesse hervorzubringen. Die Industrie und die Einrichtungen der Fraunhofer Gesellschaft (FhG) sind die Vorreiter der angewandten Forschung in Deutschland. Die Helmholtz Gemeinschaft (HGF) und die Wissensgemeinschaft G.W. Leibnitz (WGL) betreiben sowohl grundlegende als auch angewandte Forschung.
Der Zyklus einer Schlüsseltechnologie läuft nun von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung bis zur Industrieforschung. Das heißt, dass unter dem Begriff Nanotechnologie alle Kompetenzen und Arbeiten von der grundlegenden über die anwendungsnahe Forschung bis hin zur industriellen Entwicklung subsumiert werden. Zu Beginn des Zyklus gibt es dabei vor allen junge Klein- […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jan Berewinkel
Regionale Verflechtung der Nanotechnologie
Am Beispiel der Region Aachen
ISBN: 978-3-8366-0720-9
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2008
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2008
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis...III
Tabellenverzeichnis...III
Abkürzungsverzeichnis ... IV
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit ... 1
1.1
Einführung in die Thematik ... 1
1.1.1
Nanotechnologie als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts ... 1
1.1.2
Paradigmenwechsel: Wiederentdeckung der Region... 2
1.2
Aufbau und Ziele der Arbeit ... 3
2. Theoretische Grundlagen zur Erklärung von regionalen Verflechtungen ... 5
2.1 Innovationstheorien... 5
2.1.1 Begriffsbestimmung... 5
2.1.2 Wissen
und
Lernen ... 6
2.1.3 Innovationsmodelle... 7
2.2 Transaktionskostenökonomik ... 8
2.2.1 Sichtweise ... 8
2.2.2
Transaktionskosten in räumlicher Perspektive ... 10
2.3
Embeddedness in der new economy sociology ... 10
2.3.1 Der
Embeddedness-Ansatz ... 10
2.3.2
Embeddedness in räumlicher Perspektive... 11
3. Regionale Innovationsnetzwerke... 11
3.1
Heranführung an den Begriff Innovationsnetzwerke... 11
3.2
Merkmale von Innovationsnetzwerken... 12
3.3 Regionale
Dimension... 13
3.4
Akteure in regionalen Innovationsnetzwerken ... 14
3.4.1 Wirtschaft... 14
3.4.2 Wissenschaft ... 15
3.4.3
Akteure des politisch-administrativen Systems ... 15
3.4.4
Akteure an den Schnittstellen ... 16
3.5
Modelle zur Entstehung von regionalen Innovationsnetzwerken ... 18
3.6
Regionale Verflechtung der Akteure ... 19
3.6.1
Verflechtungen innerhalb einer Akteursdimension ... 19
3.6.2
Verflechtungen zwischen den Akteursdimensionen... 20
3.6.3
Die besondere Rolle von jungen technologieorientierten KMU... 22
3.7 Bedeutung
regionsexterner Verflechtungen... 24
3.8
Erfolgsfaktoren regionaler Innovationsnetzwerke... 25
3.9
Probleme regionaler Innovationsnetzwerke... 27

II
4. Nanotechnologie: Technologische und Ökonomische Gesichtspunkte ... 28
4.1
Definition des Begriffes... 28
4.2 Themengebiete... 29
4.3 Wertschöpfungskette... 31
4.4 Nanotechnologiestandort
Deutschland ... 32
4.4.1 Überblick... 32
4.4.2
Stärken und Schwächen des Standorts Deutschland... 33
5. Empirischer Teil anhand der Beispielregion Aachen... 35
5.1
Aufbau und Methodik der Befragung ... 35
5.1.1 Methodik ... 35
5.1.2
Aufbau des Interviewleitfadens ... 36
5.1.3 Struktur
der
Erhebung... 37
5.2 Historische
Entwicklung
der Nanotechnologie in Aachen ... 38
5.3
Akteure der Nanotechnologie in Aachen... 41
5.3.1 Wirtschaftliche
Kompetenz ... 41
5.3.2 Wissenschaftliche
Kompetenz ... 43
5.3.3
Akteure des politisch-administrativen Systems ... 44
5.3.4
Akteure an den Schnittstellen ... 44
5.4
Voraussetzungen zur Entstehung eines RIN in Aachen ... 46
5.5
Regionale Verflechtung der Akteure ... 48
5.5.1
Verflechtungen innerhalb einer Akteursdimension ... 48
5.5.2
Verflechtungen zwischen den Akteursdimensionen... 51
5.5.3
Die besondere Rolle von jungen innovativen KMU... 55
5.6 Bedeutung
regionsexterner Verflechtungen ... 57
5.7
Aachen ­ Ein RIN im Bereich der Nanotechnologie? ... 59
5.8
Zukünftig erwartete Entwicklung ... 61
6. Fazit und Ausblick ... 62
7. Literaturverzeichnis ... 65
Anhang ... 75

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Interaktives Innovationsmodell... 8
Abbildung 2: Akteure in regionalen Innovationsnetzwerken... 19
Abbildung 3: Wertschöpfungskette in der Nanotechnologie ... 31
Abbildung 5: Relevante Akteure im RIN für die Nanotechnologie in Aachen... 48
Abbildung 6: Verteilung der Akteure im Kammerbezirk Aachen (Anhang)... 86
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Nanotechnologie-Förderung der öffentlichen Hand... 32
Tabelle 2:
Umsatz, Größenklassen und Gründungsjahr der Unternehmen... 42
Tabelle 3:
Spin-offs unter den Unternehmen der Region Aachen... 46
Tabelle 4:
Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft in den verschiedenen... 47
Themengebieten der Nanotechnologie
Tabelle 5:
Liste der geführten Interviews (Anhang)... 85

IV
Abkürzungsverzeichnis
AGIT
Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CNI
Center of Nanoelectronic Systems for Information Technology
et al.
et aliter
EU
Europäische
Union
FH
Fachhochschule
FhG
Fraunhofer
Gesellschaft
FuE
Forschung und Entwicklung
FZ
Forschungszentrum
HGF
Helmholtz
Gemeinschaft
IHK
Industrie- und Handelskammer
IVAM
IVAM e.V. Fachverband für Mikrotechnik
JARA-FIT: Jülich Aachen Research Alliance ­ For Fundamental Future Information
Technology
KMU
Klein- und Mittelunternehmen
Mio.
Millionen
MPG
Max-Planck-Gesellschaft
MIWFT
Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des
Landes Nordrhein-Westfalen
Mrd.
Milliarden
NRW
Nordrhein-Westfalen
RIN
Regionales
Innovationsnetzwerk
RWTH
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
RWI
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung
TGZ
Technologiezentrum
TTE
Technologietransfereinrichtung (nur in Zeichnungen abgekürzt)
VC
Venture
Capital
VDI
Verband Deutscher Ingenieure
vgl.
vergleiche
WGL
Wissensgemeinschaft G.W. Leibnitz

1
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
1.1 Einführung in die Thematik
1.1.1 Nanotechnologie als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts
Der Wettbewerb zwischen den großen Industrie- und Weltregionen wird zunehmend auf
dem Gebiet der Schlüsseltechnologien
1
ausgetragen. Schlüsseltechnologien
2
werden dabei
definiert als Technologien, die eine Erschließung neuer Technikbereiche ermöglichen und
bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Diese Technologien befinden sich
im Wachstum und sind daher entscheidend für die Wirtschaft der Zukunft. Daher bemühen
sich Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik darum, diese für den zukünftigen
Wettbewerb frühzeitig zu erkennen und zu fördern.
3
Laut dem Verband Deutscher Ingeneu-
re ist die Nanotechnologie eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Bereits
heute werden beträchtliche Umsätze mit Produkten erzielt, die sich nur mit Hilfe von Nano-
technologie realisieren lassen.
4
Bezogen auf die Forschungsaktivitäten in einer Schlüsseltechnologie kann bei den vielfälti-
gen öffentlichen und privaten Anbietern in Deutschland zwischen Einrichtungen, die eher
grundlegende oder angewandte Forschung betreiben, unterschieden werden. Die Grundla-
genforschung will fundamentale Gesetzmäßigkeiten der Natur und Gesellschaft ans Licht
bringen und ist auf bis zu 40 Jahre in die Zukunft ausgerichtet. Im Mittelpunkt stehen also
geistig-schöpferische Arbeiten zur Erlangung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Grundlagenforschung ist sehr langfristig ausgerichtet und konzentriert sich eher auf Uni-
versitäten, staatliche Einrichtungen und vor allem die Max-Planck-Gesellschaft (MPG).
Regionale Verflechtungen zur Industrie sind hier nicht sehr stark ausgeprägt.
5
Angewandte
Forschung baut auf der Grundlagenforschung auf und verfolgt das Ziel, neue Arbeits- und
Wirkprinzipien als wissenschaftliche Grundlage für neue Produkte, Verfahren oder techno-
logische Prozesse hervorzubringen. Die Industrie und die Einrichtungen der Fraunhofer
Gesellschaft (FhG) sind die Vorreiter der angewandten Forschung in Deutschland. Die
Helmholtz Gemeinschaft (HGF) und die Wissensgemeinschaft G.W. Leibnitz (WGL)
betreiben sowohl grundlegende als auch angewandte Forschung.
6
1
Unter den allgemeinen Technologiebegriff fallen sowohl physische Gegenstände als auch personengebun-
denes Wissen, das zur Entwicklung und Verbesserung dieser Gegenstände einen Beitrag leistet Vgl.
Hullmann 2001, S. 54
2
Schlüsseltechnologie werden in der Literatur auch Basisinnovation genannt.
3
vgl. Bührer/Kuhlmann 2003, S. 79
4
Luther 2004, S. 9
5
vgl. Bathelt/Glückler 2003a, S. 229; Koschatzky 2005, S. 58 f.
6
vgl. Koschatzky 2005, S. 59

2
Der Zyklus einer Schlüsseltechnologie läuft nun von der Grundlagenforschung über die
angewandte Forschung bis zur Industrieforschung. Das heißt, dass unter dem Begriff Nano-
technologie alle Kompetenzen und Arbeiten von der grundlegenden über die
anwendungsnahe Forschung bis hin zur industriellen Entwicklung subsumiert werden.
7
Zu
Beginn des Zyklus gibt es dabei vor allen junge Klein- und Mittelunternehmen (KMU), die
sehr stark von externen Akteuren aus der Wissenschaft und Politik abhängen. In
marktnäheren Phasen rücken dann große Technologieunternehmen in den Vordergrund.
8
1.1.2 Paradigmenwechsel: Wiederentdeckung der Region
Bevor genauer auf den Paradigmenwechsel eingegangen wird, soll kurz erläutert werden,
wie der Begriff Region in der wissenschaftlichen Literatur definiert wird. Eine Region be-
zeichnet territorial zusammenhängende Gebiete, die eine enge historische, soziokulturelle,
politische, infrastrukturelle und wirtschaftliche Bindung zueinander pflegen.
9
Es gibt
grundsätzlich drei verschiedene Arten von Regionen. Bei transnationalen Territorien han-
delt es sich um den Zusammenschluss von Teilgebieten zweier oder mehrerer Staaten, wie
etwa die Euregio Rhein-Maas, die über die drei Bezirksregionen Aachen (Deutschland),
Eindhoven (Niederlande) und Lüttich (Belgien) definiert ist. Regionen supranationaler Ein-
heiten sind Zusammenfassungen von Staaten wie etwa im Baltikum. In dieser Arbeit stehen
subnationale Territorien im Vordergrund. Sie umfassen Teilgebiete, die unterhalb der staat-
lichen Ebene liegen. Mit Blick auf die föderale Situation in Deutschland wird eine Region
wie beispielsweise Aachen hier allgemein als eine Raumeinheit kleiner als ein Bundesland
verstanden.
Wie ist es nun aber zu erklären, dass trotz der Globalisierung wirtschaftlicher und politi-
scher Prozesse die Region als Handlungsebene nicht an Bedeutung verloren hat? Durch den
Verlust der Konkurrenzfähigkeit in traditionellen Arbeitsfeldern wie der Textilindustrie
könnte man eher vom Gegenteil ausgehen. Viele Regionen haben es in den letzten Jahren
geschafft Gegenstrategien zu entwickeln, um in einer globalen Welt zu bestehen. Dazu
gehören die Kreation neuer Produkte und Tätigkeiten, die Spezialisierung auf bestimmte
Branchen oder die Stärkung der Position als Zulieferer von Gütern oder Ideen in globalen
Wertschöpfungsketten.
10
Regionen entwickeln so spezifische Stärken und Besonderheiten
in Bezug auf ihren Innovationspool und rücken als komplementäres Betätigungsfeld in den
Blickpunkt der beteiligten nationalen Volkswirtschaften und global agierender Unterneh-
men. Der Paradigmenwechsel hat sich vor allen in der regionalen und nationalen Förder-
7
vgl. Bührer/Kuhlmann 2003, S. 82
8
vgl. Bührer et al. 2002, S. 15 ff.; Bührer/Kuhlmann 2003, S. 5
9
vgl. Voß 2002, S. 28 f.
10
vgl. Pilon/DeBresson 2003, S. 17; Perlik 2000, S. 7

3
politik niedergeschlagen. Insbesondere die verstärkte Zusammenarbeit und Verflechtung
regionaler Akteure ist zum zentralen Punkt regionaler und überregionaler Förderkonzepte
geworden.
11
Man erhofft sich durch die Aufwertung regionaler Potenziale die immobilen
Faktoren
12
einer Region zu stärken und die ökonomische und gesellschaftliche Dynamik
somit ausgeglichener zu gestalten.
13
Diese angesprochenen Punkte erklären, warum regionale ökonomische Aktivitäten seit
Anfang der 90er Jahre vermehrt in den Blickpunkt verschiedener wissenschaftlicher Diszi-
plinen geraten sind.
14
1.2 Aufbau und Ziele der Arbeit
Ziel der Arbeit ist es die regionalen Verflechtungen in der Nanotechnologie in Aachen dar-
zustellen, um daraus die möglichen Potenziale zur Entwicklung eines regionalen
Innovationsnetzwerks (RIN) zu entwickeln.
Bevor im theoretischen Hauptteil der Ansatz der RIN erläutert wird, ist es wichtig einen
Blick auf grundlegende Theorien und Ansätze zur Erklärung regionaler Verflechtungen in
einer Schlüsseltechnologie zu werfen. Wie vorhergehend erwähnt, handelt es sich bei der
Nanotechnologie um eine Schlüsseltechnologie mit großer Bedeutung für die nähere Zu-
kunft. Viele Innovationen und Produktvariationen sind bezüglich der Nanotechnologie zu
erwarten. Daher macht es im ersten Schritt in Kapitel 2 Sinn, den Begriff Innovation und
die damit eng verknüpften Begriffe des Wissens und Lernens genauer zu erläutern. Auf-
bauend darauf soll mit Hilfe der Innovationsmodelle ein noch genaueres Bild von
Innovationsprozessen entstehen. Der Transaktionskostenansatz bildet die Grundlage für die
ökonomische Betrachtung von Netzwerken. Auf diesen ökonomisch orientierten Ansatz
aufbauend, wird der aus der Soziologie stammende Embeddedness-Ansatz vorgestellt. Er
versucht zu beschreiben, warum ökonomisches Handeln nicht isoliert vom sozialen Kon-
text betrachtet werden kann. Da die regionale Ebene im Vordergrund der Arbeit steht wird
bei beiden Ansätzen zusätzlich noch auf die räumliche Perspektive eingegangen.
In Anknüpfung an die Erkenntnisse der ersten beiden Kapitel wird der Ansatz RIN in Ka-
pitel 3 vorgestellt. Dabei erfolgt zunächst eine Heranführung an den Begriff Innovations-
11
vgl. Sprenger 2001, S. 18 f.
12
Immobile Faktoren sind beispielsweise sesshafte Arbeitskräfte, investiertes Sachkapital, Boden, Infrastruk-
tur, rechtliche, gesellschaftliche und ethische Normen, Gesetze, Regulierungen und alle ,,weichen"
Standortfaktoren (Wirtschaftsfreundlichkeit, soziales Klima, Image, Kostenstruktur, Versorgung, Kultur,
Bildungseinrichtungen, Bodenpreise, Umwelt).
13
vgl. Perlik 2000, S. 7
14
zu den bekanntesten Ansätzen und Theorien gehören die Theorie der industriellen Distrikte, der Ansatz des
kreativen Milieus, der Ansatz der Lernenden Region und der Clusteransatz. Vgl. Pilon/DeBresson 2003, S. 18
ff.; Perlik 2000, S.7 ff.; Haas/Neumair 2007, S. 95 ff.

4
netzwerke, um im Anschluss die wesentlichen Merkmale von Innovationsnetzwerken unter
Berücksichtigung der regionalen Dimension herauszuarbeiten. Im nächsten Schritt können
dann die verschiedenen Akteure und deren regionale Verflechtungen analysiert werden.
Dabei kann es sowohl innerhalb einer Akteursdimension als auch zwischen den Akteurs-
dimensionen zu Verflechtungen kommen. Die besondere Rolle junger technologie-
orientierter KMU und die Bedeutung regionsexterner Verflechtungen runden den Analyse-
rahmen eines RIN ab. Im letzten Schritt werden noch einmal die Erfolgsfaktoren und
mögliche Probleme RIN gegenübergestellt.
Das darauf folgende Kapitel 4 hat die technologischen und ökonomischen Spezifika der
Nanotechnologie zum Gegenstand. Zu Beginn erfolgen eine definitorische Abgrenzung der
Technologiefelder und eine Einteilung in die fünf wesentlichen Teilbereiche. Die Beschrei-
bung der Wertschöpfungskette soll helfen die aktuelle Struktur und die Verflechtungen der
Unternehmen in Aachen zu erklären. Zum Ende des Kapitels folgt ein Überblick über die
Entwicklung und eine Charakterisierung der Stärken und Schwächen der Nanotechnologie
in Deutschland.
Im empirischen Teil der Arbeit wird in Kapitel 5 zuerst die Methodik vorgestellt. Wegen
der geringen Anzahl der Studien über regionale Verflechtungen im Bereich der Nanotech-
nologie wurde die Erhebung der Daten mit Hilfe eines Interviewleitfadens durchgeführt. Es
folgt ein Überblick über die historische Entwicklung der Nanotechnologie in der Region
Aachen. Mit Hilfe des nächsten Kapitels werden die verschiedenen Akteure im Bereich der
Nanotechnologie in der Region Aachen identifiziert, bevor die Verflechtung zwischen den
Akteuren innerhalb und über die Schnittstellen der jeweiligen Akteursdimension betrachtet
wird. Nach Analyse der regionsexternen Verflechtungen der Akteure erfolgt eine Einschät-
zung, ob es sich bei der Nanotechnologie in Aachen um ein RIN handelt. Zum Ende der
empirischen Untersuchung wird die zukünftig erwartete Entwicklung aus Sicht der Befrag-
ten dargestellt.
In Kapitel 6 werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zusammengefasst. Ab-
schließend werden dann Handlungsempfehlungen erarbeitet, um zu zeigen, welche Kräfte
mobilisiert werden müssen, damit sich ein RIN im Bereich der Nanotechnologie in Aachen
bildet.

5
2. Theoretische Grundlagen zur Erklärung von regionalen
Verflechtungen
2.1 Innovationstheorien
Bevor genauer auf den Begriff Innovation eingegangen wird, soll kurz erläutert werden,
wie die Begriffe Innovation und Technologie zusammenhängen: Da sich die Entwicklung
neuer Technologien im unternehmerischen Innovationsprozess vollzieht, ist die Innovation
der Ursprung und damit die kleinste Einheit der technologischen Entwicklung. Jedes Un-
ternehmen und Forschungsinstitut kann im Rahmen des Innovationsprozesses bestehende
Technologien verbessern oder neue Technologien entwickeln.
15
2.1.1 Begriffsbestimmung
Innovation stammt vom lateinischen Wort ,,innovatio" ab, welches sich mit ,,Erneuerung"
oder ,,Schaffung" übersetzen lässt. In den Wirtschaftswissenschaften ist mit Innovation
allgemein ein Prozess gemeint, in dessen Verlauf neues Wissen oder sogar neue Wissen-
schaften durch die Einführung neuartiger Elemente auftreten. Der erste Wissenschaftler,
der sich ausführlich mit dem Begriff Innovation auseinander gesetzt hat, war Schumpeter in
seinem Werk ,,Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" (1911). Er sieht den Ausgangs-
punkt für Innovationen im Unternehmer, der den wirtschaftlichen Produktionsmittelvorrat
neu kombiniert und durch die schöpferische Zerstörung
16
den dynamischen Entwicklungs-
prozess vorantreibt. Neben technischen Erneuerungen (Herstellung neuer Güter und neuer
Produktverfahren) zählen bei ihm auch schon die Erschließung neuer Bezugs- und Absatz-
märkte sowie die Durchführung von betrieblichen Neuorganisationen zu den Arten von
Innovationen.
17
Das heutige Innovationsverständnis schließt alle Neuerungen mit ökonomischem, techno-
logischem, sozialem, politischem und kulturellem Charakter ein. Wichtig für die
Bewertung des Innovationsgrades ist der Betrachtungsmaßstab. Eine Idee oder ein neues
Produkt kann bislang weltweit einmalig sein, es kann aber auch neu für ein Land, eine Re-
gion oder ein Unternehmen sein.
Führt man den Begriff Innovation mit dem Begriff Region zusammen, dann versteht man
unter innovativen Regionen Raumeinheiten kleiner als Bundesländer, in denen unterschied-
15
vgl. Hullmann 2001, S. 54 f.
16
Jede ökonomische Entwicklung baut auf dem Prozess der schöpferischen kreativen Zerstörung auf. Durch
die Zerstörung von alten Strukturen werden die Produktionsfaktoren immer wieder neu geordnet. Die Zerstö-
rung ist also notwendig, damit Neuordnungen stattfinden können. Auslöser für die schöpferische Zerstörung
sind Unternehmer.
17
vgl. Gutowski 1999, S.4

6
liche Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Administration kooperieren. Im
Rahmen dieser Zusammenarbeit entwickeln sich technische, organisatorische oder gesell-
schaftliche Neuerungen, die es in- oder sogar außerhalb der Region noch nicht gibt.
18
Im
folgenden Abschnitt sollen nun die Begriffe des Wissens und Lernens genauer betrachtet
werden.
2.1.2 Wissen und Lernen
Innovation und Wissen hängen eng miteinander zusammen. Die Fähigkeit zur Innovation
setzt den Zugang oder die Fähigkeit an Wissen und Informationen zu gelangen voraus. Um
die Prozesse Wissensgenerierung und Wissenstransfer besser zu verstehen, macht es Sinn,
sich die verschiedenen Wissensarten näher anzuschauen.
Seit den Arbeiten von Polanyi (1966) unterscheidet man zwischen explizitem und implizi-
tem
19
Wissen. Explizites Wissen ist kodifiziert und dokumentiert in Form von Publikatio-
nen, Berichten, Apparaturen oder Verfahren. Dieses Wissen ist gut artikulierbar und im
Prinzip an jedem Ort erhältlich.
20
Dagegen ist implizites Wissen an die Erfahrungen, Vor-
stellungen und Überzeugungen von Personen gebunden und kann daher nicht ohne weiteres
an andere Orte transferiert werden. Implizites Wissen findet man insbesondere in techni-
schen und anderen wissensintensiven Bereichen der Volkswirtschaft.
21
Der Transfer von
implizitem Wissen ist ein wichtiger Bestandteil von technologischen Innovationen.
22
Um es
zu transferieren, muss es kodifiziert werden. Sowohl Netzwerke als auch räumliche Nähe
begünstigen diesen Prozess.
Im Unterschied zu Informationen, die gesammelt werden, sind Entstehung, Anwendung
und Vermittlung von Wissen mit dem sozialen Prozess des Lernens
23
verbunden.
24
In der
Innovationsliteratur wird zwischen drei verschiedenen Lernformen unterschieden. ,,Lear-
ning by doing" bezeichnet Lernprozesse, die im Produktionsprozess nach Abschluss der
Forschung- und Entwicklungs (FuE-)Phase stattfinden. Diese führen zu erhöhter Produkti-
on und somit zu Produktivitätssteigerungen. Lernen findet allerdings nicht nur produktions-
und technikintern statt, sondern auch durch die Produktnutzung ­ ,,learning by using". Die
bei der Erprobung des Produktes gewonnenen Erfahrungen, können zu Rückkopplungen in
18
vgl. Koschatzky 1999, S.2
19
Implizites Wissen wird auch als tacit knowledge bezeichnet
20
vgl. Stahlecker 2005, S. 33 f.
21
vgl. Hullmann 2001, S. 9 f.
22
vgl. Senker/Faulkner 1992, S.93 f.
23
Lernen kann als kognitiver Prozess des Erwerbens neuer Fähigkeiten verstanden werden. Diese ermögli-
chen es einer Person oder Organisation, das physische, soziale und ökonomische Umfeld effektiver zu
bewältigen. ­ vgl. Stahlecker, 2005, S.35
24
vgl. Strambach 2004, S. 4

7
den vorangegangenen Produktions- und FuE-Schritten führen.
25
Lundvall (1988) hat diese
Ansätze weiterentwickelt und den Begriff ,,learning by interacting" geprägt. Der Begriff
steht als Metapher für das kommunikative, synergetische Zusammenwirken von mindestens
zwei Akteuren, die betriebliche Innovationsprozesse beeinflussen. Der Nutzen von Infor-
mationen, die für Lernprozesse nötig sind, ist dabei abhängig vom eigenen Wissen und von
der Einbettung in den institutionellen Kontext, der sich nicht nur national, sondern auch
regional stark unterscheiden kann. Beim ,,learning by interacting" wird Lernen also als
evolutionärer und kontextabhängiger Prozess verstanden. Die Wahrscheinlichkeit, dass
Akteure in einem bestimmten Intervall interagieren ist umso größer, je niedriger die räum-
liche Distanz ist. Inwieweit Nähe für ,,learning by interacting" erforderlich ist, hängt
allerdings stark davon ab, ob durch die Zusammenarbeit implizites Wissen ausgetauscht
werden kann. Nähe ist somit keine hinreichende Voraussetzung, dass Akteure in einem
bestimmten Zeitintervall interagieren, sie macht es aber wahrscheinlicher.
26
2.1.3 Innovationsmodelle
Ein genaueres Bild von Innovationsprozessen kann mit Hilfe der Innovationsmodelle er-
reicht werden. In den 50er Jahren gab es erste Versuche, diese Prozesse mit Hilfe von
vereinfachten Modellen darzustellen. Zu Beginn dominierte das traditionelle lineare Modell
die Forschung.
27
In diesem Modell geht man im Wesentlichen von drei Phasen aus: Inven-
tion, Innovation und Diffusion.
,,Unter einer Invention ist die Entdeckung neuer Problemlösungen und neuer Ideen zu ver-
stehen. Die Innovation bezeichnet die erstmalige Realisierung der neuen Idee und die
Diffusion deren allgemeine Verbreitung."
28
Die Kritik an diesem linearen Modell besteht darin, dass die einzelnen Phasen des Innova-
tionsprozesses nicht durch Rückkopplungsmechanismen miteinander vernetzt sind und
Lernprozesse somit keine Berücksichtigung finden
29
. Der Ausgangspunkt muss nicht bei
Wissenschaft und Forschung liegen. Bedürfnisse und Nachfragen von z.B. Kunden oder
Kooperationspartnern können ebenso Anlass für Innovationen sein. Aus dieser Kritik her-
aus wurden in der Forschung mehrere interaktive Modelle entwickelt, in denen der Prozess
vom gegenseitigen Lernen als neuer zentraler Aspekt integriert wurde (siehe Abbildung
1).
30
25
vgl. Hellmer, F. et al. 1999, S. 72 f.
26
vgl. Hassink 1997, S. 162 f.; Arndt 2001, S. 36
27
vgl. Fischer/Suarez-Villa/Steiner 1999, S. 14 ff.
28
Schätzl 1996, S.110
29
vgl. Bathelt/Depner 2003, S.130
30
vgl. Maier/Tödtling/Trippl 2006, S. 110 f.

8
Die durch die vielen Pfeile gekennzeichnete Interaktion zwischen den an den einzelnen
Prozessen beteiligten Akteuren ist der zentrale Punkt dieses interaktiven Modells. Wie in
Kapitel 2.1.2 gezeigt wurde, wird zudem davon ausgegangen, dass Wissen und Forschung
den gesamten Innovationsprozess unterstützend begleiten. Damit es allerdings zum Aus-
tausch kommt, müssen die beteiligten Akteure eine gemeinsame Wissensbasis haben. Nur
dann können durch eine Kombination individuell vorhandener Wissensbestände neue Lö-
sungswege und damit neues Wissen entstehen.
31
Abbildung 1: Interaktives Innovationsmodell (Quelle: Kline / Rosenberg 1986)
Zusammenfassend kann Innovation als ein ,,evolutionärer, kumulativer, interaktiver, und
rückgekoppelter Prozess des Transfers von Informationen, implizitem und explizitem Wis-
sen in Neuerungen technischen und organisatorischen Charakters verstanden werden.
Unsicherheit, Informationssuche und gegenseitiges Lernen kennzeichnen dabei diesen Pro-
zess. Der moderne Innovationsbegriff schließt zudem soziokulturelle Faktoren explizit mit
ein. Innovations- und Lernprozesse zwischen den Akteuren werden durch verschiedene
Interaktionsfähigkeiten, -arten und -intensitäten beeinflusst."
32
2.2 Transaktionskostenökonomik
2.2.1 Sichtweise
Unternehmerisches Handeln kann auf unterschiedliche Art und Weise organisiert sein. Das
eine Extrem ist der Markt, auf dem wirtschaftliche Transaktionen über die Preise von Gü-
tern geregelt werden. Unternehmen, deren Handlungsabläufe durch hierarchische Struktu-
ren gesteuert werden, bilden das andere Extrem. Coase (1937), der sich als Erster mit der
31
vgl. Bathelt/Depner 2003, S.130
32
vgl. Koschatzky 2005, S. 52

9
Transaktionskostenökonomik
33
beschäftigt hat, ging nun der Frage nach, warum es in
Marktwirtschaften überhaupt Unternehmen gibt. Wenn der Preis als alleiniges Koordinie-
rungsinstrument gesehen wird, könnten eigentlich alle Transaktionen über den Markt
abgewickelt werden.
34
Der Grund hierfür sind die Kosten, die eine Transaktion auch über
den Markt verursacht. Sind diese Such- und Vertragskosten bei einer Transaktion über den
Markt größer als die Organisationskosten, die bei der Integrierung ins Unternehmen entste-
hen, wird die Unternehmung genutzt.
35
Williamson als zweiter entscheidender Vertreter der Transaktionskostenökonomik definiert
die Kosten als Erster als Transaktionskosten und verwirft zudem das Bild des ,,Homo Oe-
conomicus". Er geht davon aus, dass die Akteure nicht vollständig informiert sind und dass
sie opportunistisch handeln.
36
Welche Organisationsform gewählt wird, hängt bei William-
son von den Kriterien Spezifität, Häufigkeit und Unsicherheit ab. Je größer die mit der
Transaktion verbundene Spezifität, Häufigkeit und Unsicherheit ist, desto höher sind die
Transaktionskosten und desto eher wird die Austauschbeziehung ins Unternehmen integ-
riert. Im umgekehrten Fall wird die Austauschbeziehung über den Markt abgewickelt.
37
Zwischen den beiden Extremen Markt und Hierarchie gibt es in der Realität noch eine Rei-
he anderer Mischformen. Mit zunehmender Unsicherheit und steigender Faktorspezifität
gewinnen Netzwerke an Bedeutung, da sie im Saldo die effizienteste Form darstellen.
38
Aus transaktionsökonomischer Sichtweise stellen unvollständig spezifizierte weiche Bezie-
hungen ein wesentliches Kriterium der Verflechtung von Akteuren in Netzwerken dar.
Außerdem besteht bei Netzwerken die Tendenz, bestimmte Arten von Transaktionen mit
mehreren Partnern durchzuführen. Diese so genannte Redundanz verhindert zu starke Ab-
hängigkeit und ermöglicht den Netzwerkpartnern Flexibilität in der Auswahl eines
Transaktionspartners.
39
33
Nach Arrow sind Transaktionskosten die Kosten, die aufgewendet werden müssen, damit das ökonomische
System (Markt, Wirtschaft und Staat) läuft. Williamson sieht in den Transaktionskosten die Kosten ökonomi-
scher Verträge und unterscheidet zwischen ex-ante und ex-post Transaktionskosten. Ex-Ante
Transaktionskosten sind die Kosten für den Entwurf, Verhandlungen und Absicherung einer Vereinbarung.
Mögliche Kosten der nachträglichen Veränderung und Anpassung von Verträgen bezeichnet er als ex-ante
Transaktionskosten.
34
vgl. Koschatzky 2001a, S. 125 f.
35
vgl. Bathelt/Glückler 2003a, S. 156
36
Mit dem Opportunismus wird den Akteuren die Verfolgung ihrer eigenen Interessen auch unter Einsetzung
von List und Täuschung unterstellt
37
vgl. Bathelt/Glückler 2003a, S. 156 f.
38
vgl. Jansen 1998, S. 43 f.
39
vgl. Fritsch 1998, S. 247 f.

10
2.2.2 Transaktionskosten in räumlicher Perspektive
Scott (1988) hat den Transaktionskostenansatz um die räumliche Perspektive erweitert. Er
zeigt dabei wie Transaktionskosten durch räumliche Nähe begrenzt werden können, da
somit Unsicherheit abgebaut und opportunes Verhalten weitgehend verhindert werden
kann. reduziert wird. Die Möglichkeit der Organisation der Produktion wirkt auf verschie-
dene Weise auf Transaktionskosten und führt zu einem Kostenabbau.
Durch räumliche Ballung nehmen erstens die Kosten der Informationsbeschaffung ab. Bei-
spielsweise wird die Suche von Zulieferern oder Arbeitskräften erleichtert. Zweitens
werden die Anpassungskosten von Unternehmen einer Wertschöpfungskette durch regel-
mäßige Treffen reduziert. Durch räumliche Nähe können außerdem Kommunikationsvor-
teile entstehen, wenn Unternehmen implizites Wissen teilen und daraus Vertrauen entsteht.
Räumliche Nähe senkt also drittens die Kommunikationskosten.
40
2.3 Embeddedness in der new economy sociology
2.3.1 Der Embeddedness-Ansatz
Die grundlegende Kritik der ,,new economy sociology" am Transaktionskostenansatz rich-
tet sich gegen die Annahme, dass ökonomisches Handeln kontextfrei von sozialen
Beziehungen geschehen könne. Granovetter (1985) betont, dass ökonomisches Handeln
sich nicht zwischen isolierten Akteuren ereigne, sondern eingebettet in fortdauernde soziale
Beziehungen geschehe.
41
Relationale Embeddedness als eine von zwei grundlegenden Dimensionen charakterisiert
die Qualität der Beziehung zwischen Akteuren. Durch Erfahrung festigen die Akteure ihre
Beziehungen und es bildet sich gegenseitiges Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Zu-
verlässigkeit des Partners. Vertrauen ist somit der Ausdruck der relationalen Einbettung der
ökonomischen Beziehung in einen übergreifenden sozialen Kontext.
42
Dass das Handeln von zwei Akteuren auch von den Beziehungen zu anderen abhängt, ist
die Grundannahme der strukturellen Embeddedness. Diese zweite Dimension beschreibt
die Einbettung der Akteure in bestehende Strukturen sozialer Beziehungen. Ein Vertrau-
ensmissbrauch oder -aufbau in einer ökonomischen Beziehung hat beispielsweise direkte
Wirkungen auf die Beziehung zu gemeinsam befreundeten Dritten.
40
vgl. Bathelt/Glückler 2003a, S. 159
41
vgl. Yli-Renko/Autio 1998, S. 254;
42
vgl. Glückler 2001, S. 215 ff.

11
Der Embeddedness-Ansatz ist ein Beleg dafür, dass trotz gleicher technologischer und ö-
konomischer Probleme sich aufgrund unterschiedlicher sozialer Strukturen verschiedene
Ergebnisse einstellen.
43
2.3.2 Embeddedness in räumlicher Perspektive
Mehrere regionalwirtschaftliche Theorien
44
heben die Mechanismen der Einbettung öko-
nomischer Beziehungen in regionale institutionelle Zusammenhänge hervor. Die Gesamt-
heit von gemeinsamen Regeln, Traditionen, Routinen und Einstellungen bildet den insti-
tutionellen Rahmen, der Unsicherheiten reduziert und lokale Lernprozesse ermöglicht. Die
räumliche Nähe begünstigt längere, wiederkehrende Interaktionen und schafft somit die
Voraussetzungen zur Bildung informeller Institutionen, die die Embeddedness von lokalen
Verflechtungen in dauerhafte, auf Vertrauen basierende Beziehungen unterstützen.
45
Wie lässt sich aber mit diesen Argumenten die Zunahme von internationaler Produktorga-
nisation in den letzten Jahren erklären? Die Umkehrung der Frage in ihr Gegenteil, wie
räumliche Nähe die Bildung von sozialen Institutionen begünstigt, fragt danach, wie durch
soziale Institutionen und Embeddedness Nähe hergestellt werden kann. Durch Verknüp-
fung unterschiedlicher regional und national gebundener sozialer Systeme kann es
Unternehmen gelingen, die sich bietenden Chancen einer Internationalisierung zu nutzen.
Organisatorische Nähe hilft somit bei der Überwindung von kulturellen Distanzen.
46
3. Regionale Innovationsnetzwerke
Aufbauend auf Erkenntnissen der Innovationstheorie, der Transaktionskostenökonomie und
dem Embeddedness-Ansatz soll nun der Ansatz RIN im entwickelt werden.
3.1 Heranführung an den Begriff Innovationsnetzwerke
Arbeitsteilung und Interaktivität sind wesentliche Merkmale von Innovationsprozessen. In
einer arbeitsteiligen Wirtschaft lassen sich Innovation, Produktion und Vermarktung nicht
mehr nur durch einen einzelnen Akteur realisieren, sondern nur in Kooperation und
Interaktion mit verschiedenen Akteuren. Der Begriff Netzwerk
47
hat sich dabei in den 80er
43
vgl. Yli-Rebko/Autio 1998, S. 254; Bathelt/Glückler 2003a, S. 160 f.
44
hierzu gehört zum Beispiel der Ansatz vom kreativen Milieu. Vgl. Pilon/DeBresson 2003, S. 18 ff.
45
vgl. Glückler 2001, S. 222 f.; Bathelt/Glückler 2003a, S. 162
46
vgl. Schamp 2000, S. 49; Glückler 2001, S.223 f.
47
Unter dem Begriff Netzwerke werden auch materiell gebundene Systeme wie Stromleitungen, Transport-
systeme oder Vernetzungen zwischen Computern belegt. Insbesondere informationstechnische Netzwerke
haben die Kommunikation in Innovationsnetzwerken vereinfacht und neue Kooperationsstrukturen entstehen
lassen. ­ vgl. Koschatzky 2001a, S. 134

12
Jahren für die Zusammenarbeit in arbeitsteiligen Prozessen durchgesetzt.
48
In den Folgejah-
ren hat sich eine immer umfangreichere Literatur mit einem breiten wissenschaftlichen
Ursprung zum Thema Netzwerke herausgebildet. Während soziale Interaktionsmechanis-
men in der Soziologie und politische Netzwerke in der Politikwissenschaft diskutiert
werden, setzt sich die Ökonomie und Innovationsforschung mit den technoökonomischen
Aspekten von Netzwerken auseinander.
49
Die Erkenntnisse aus Kapitel 2.3 haben gezeigt, dass Netzwerke in ihrer Entstehung sowie
in ihren Wirkungen nur ganzheitlich unter Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und
politischer Aspekte zu erfassen sind. Für die Funktionsfähigkeit von Netzwerken sind
menschliche Kommunikation und Verhaltensmuster ein wesentlicher Bestandteil. Diese
persönlichen Kontakte ermöglichen den Akteuren Zugang zu neuem Wissen und Informa-
tionen, welches die Akteure für eigene Zwecke in Anspruch nehmen und transformieren.
Die Folge dieses auf learning by interacting basierenden Vorgangs sind Informationsa-
symmetrien zu Gunsten der Teilnehmer des Netzwerkes.
Schließt man nun noch die Erkenntnisse der Transaktionskostenökonomik in die Überle-
gungen mit ein, dann lassen sich unter Innovationsnetzwerken ,,...alle Organisationsformen
zwischen Markt und Hierarchie fassen, die dem Informations-, Wissen- und Ressourcen-
austausch dienen und durch gegenseitiges Lernen zwischen mindestens drei Partnern
Innovationen realisieren helfen".
50
3.2 Merkmale von Innovationsnetzwerken
Innovationen sind charakterisiert durch ein hohes Maß an Unsicherheit und Risiko. Die
Teilnahme an Netzwerken bietet den Akteuren die Möglichkeit, durch den Transfer von
Informationen, Technologien und implizitem Wissen diese Unsicherheiten zu reduzieren.
51
Die Beziehungen innerhalb des Innovationsnetzwerkes beruhen dabei auf dem Prinzip der
Reziprozität, also der Gegenseitigkeit von Geben und Nehmen in sozialen Beziehungen.
Dabei wird nicht jede einzelne Transaktion genau aufgerechnet, sondern es wird darauf
vertraut, dass keiner von beiden langfristig zu Lasten des anderen profitiert.
52
Reziprozität
setzt zudem ein hohes Maß an Vertrauen in die Handlungen der Netzwerkpartner voraus.
Nur durch eine gewachsene, vertrauensbasierte Netzwerkkultur bildet sich ein stabiles
48
Netzwerke sind eine spezifische Form der Interaktion mit externen Partnern. Sie führen Akteure, Ressour-
cen und Aktivitäten zusammen. Eine Auflistung von weiteren Definitionen: vgl. Fischer/Gensior 1998, S. 33
ff.
49
vgl. Koschatzky 2001a, S. 133 f.
50
vgl. Koschatzky/Zenker 1999, S. 4
51
vgl. Koschatzky 2005, S. 53 f.
52
vgl. Schamp S. 65 f.

13
langfristig angelegtes Netzwerk, in dem Transaktionskosten zwischen unabhängigen Part-
nern minimiert werden.
53
Durch die Dauerhaftigkeit der Verflechtung entstehen Interdepen-
denzen, die bei marktmäßigen Austauschvorgängen so nicht vorhanden sind. Reputation,
Loyalität und Vertrauen stärken die Austauschbeziehungen im Netzwerk und beugen op-
portunistischem Verhalten vor.
54
Die Stärke dieser gegenseitigen Abhängigkeit hat eine direkte Wirkung auf die Anzahl
möglicher Kontakte im Netzwerk. Nach Granovetter (1973, 1982) lassen sich bei offenen
und schwachen Beziehungen, so genannten "weak ties", soziale Distanzen leichter über-
brücken und es kann so zu einer größeren Anzahl von Partnern Kontakt aufgenommen
werden. Die Folge ist ein breiterer Zugang zu Informationen. Zudem erlauben sie auch den
Austausch von Partnern, ohne dass das gemeinsame Ziel des Netzwerkes in Frage gestellt
wird. Rigide Beziehungen, so genannte "strong ties", stehen für Verfestigung und Unflexi-
bilität des Netzwerkes.
55
Eng verknüpft mit der Struktur der Beziehungen ist der Aspekt der Macht innerhalb von
Netzwerken. Zwischen den verschiedenen Akteuren kann es Machtasymmetrien geben,
wodurch sich eine bestimmte Hierarchie im Netzwerk entwickelt. Akteure, die eher stan-
dardisierte Produkte mit kleinen Margen herstellen, bilden die Machtperipherie, während
mächtige Unternehmen mit großem Einfluss zentrale Stellungen einnehmen. Die Machthie-
rarchie in einem Netzwerk bleibt solange stabil, wie die peripheren Unternehmen ihre
Randstellung akzeptieren. Wenn einige Akteure innerhalb des Netzwerkes zu dominant
werden, werden Entscheidungen nicht mehr hinterfragt und einmal eingeschlagene techno-
logische Pfade werden blind beschritten. Es besteht die Gefahr eines technologischen Lock
in für das Innovationsnetzwerk.
56
Wie beim Transaktionskosten- und beim Embeddedness-
Ansatz angedeutet, spielt die räumliche Nähe eine wichtige Rolle für die Akteure von RIN.
3.3 Regionale Dimension
Zwischen der Region und innovativen Netzwerken gibt es gegenseitige Abhängigkeiten.
Auf der einen Seite generieren neue Technologien neue Netzwerke, von denen die Regio-
nen profitieren, und auf der anderen Seite müssen für die Entstehung von Netzwerken
spezifische Bedingungen in der Region vorhanden sein. Dazu gehören enge und persönli-
che Beziehungen zwischen den Akteuren, die auf Vertrauen und möglichen Sanktions-
53
vgl. Strambach 1995, S. 86; Bührer 2002, S. 16 f.
54
vgl. Bathelt/Glückler 2003a, S. 164
55
vgl. Granovetter 1985, S. 485 f.
56
vgl. Bonnet 2006, S. 21 f.

14
mechanismen bei opportunem Verhalten beruhen.
57
In Anlehnung an den Embeddednes-
Ansatz (siehe Kapitel 2.3.1) entsteht Vertrauen in kulturell ähnlich geprägten sozialen Kon-
texten. Pilon und DeBresson weisen in diesem Zusammenhang explizit nach, dass die
Herausbildung einer eigenen spezifischen lokalen Kultur mit eigenen Routinen, Verhal-
tensnormen, Technikkulturen und gemeinsamen Wahrnehmungsmustern positive Effekte
auf Spin-off-Prozesse, die Minimierung von Transaktionskosten und lokale Lernprozesse
hat.
58
Erst die regionale Verdichtung des Innovationsnetzwerkes ermöglichen den koopera-
tiven Austausch von tacit knowledge und die Förderung von Spillover-Effekten
59
, die eine
wesentliche Basis zur Herausbildung gemeinsamer Spezialisierungsmuster darstellen.
60
Damit genügend technologisches Wissen als Ausgangspunkt für weitere Prozesse bereit-
gestellt werden kann, ist es zudem sehr wichtig, durch lokale universitäre und außeruniver-
sitäre FuE-Einrichtungen wissenschaftlich breit aufgestellt zu sein und einen ausreichend
großen Pool an mobilen Arbeitskräften vorzufinden.
61
Aufbauend auf den Erkenntnissen dieses Kapitels und der obigen Definition von Innovati-
onsnetzwerken können regionale Innovationsnetzwerke definiert werden ,,... as a collective
action among which local firms and institutions are culturally grounded for the creation and
diffusion of additional knowledge."
62
3.4 Akteure in regionalen Innovationsnetzwerken
3.4.1 Wirtschaft
Die Akteure der Wirtschaft unterscheidet man grob in zwei Gruppen: KMU und Großun-
ternehmen. Die KMU sind eine Sammelbezeichnung für alle Unternehmen, die weniger als
250 Mitarbeiter und einen Umsatz kleiner als 50 Mio. Euro haben. Alle anderen Unterneh-
men werden als Großunternehmen bezeichnet.
63
Die Herausbildung von innovativem Know-how im Forschungsprozess erfüllt gesamtwirt-
schaftlich gesehen erst seinen Zweck durch die anschließende ökonomische Nutzung des
vorhandenen Wissens in Form neuer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Bei dieser
Umsetzung des Know-hows in neuen Technologiezweigen spielen technologieorientierte
57
vgl. Sternberg, 1995, S. 55 f.
58
vgl. Pilon/DeBresson 2003, S. 26 ff.; Fischer/Gensior 1998, S. 38
59
Spillovereffekte stellen eine Form des statischen Wissenstransfers dar, wobei dieser weder vertraglich
geregelt noch finanziell kompensiert wird. Beispiele sind der Wissenstransfer durch mobile Arbeitskräfte,
durch persönliche Kontakte oder durch die Beobachtung und Imitation der Strategien anderer Betriebe. vgl.
Maier/Tödtling/Trippl 2006, S. 121
60
vgl. Bührer et al. 2002, S. 17
61
vgl. Henn, 2006, S. 132 f.
62
Pilon/DeBresson, 2003, S. 15
63
vgl. http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/sme_definition/index_de.htm

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2007
ISBN (eBook)
9783836607209
DOI
10.3239/9783836607209
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Volkswirtschaftslehre, Wirtschafts- und Sozialgeographie
Erscheinungsdatum
2007 (Dezember)
Note
1,3
Schlagworte
aachen unternehmen nanotechnologie cluster wirtschaft regionales netzwerk standortfaktor
Zurück

Titel: Regionale Verflechtung der Nanotechnologie
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
90 Seiten
Cookie-Einstellungen