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Korruption in Thailand

©2006 Diplomarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Stimmabgabe gegen Bares, Bauaufträge nach Bezahlung, Veruntreuung öffentlicher Gelder. Egal von welchen Ereignissen die Rede ist, alle umschreiben ein und dasselbe Übel; die Korruption. Die Liste der korruptiven Vorgänge ist lang und mittlerweile kaum mehr zu durchschauen. Korruption zieht sich durch alle Ebenen des Sozialsystems und ist in der Politik, der Wirtschaft, der Kultur, dem Sport, in reichen Industrienationen, in armen Entwicklungsländern, im Norden, im Süden, im Westen, im Osten zu finden.
Korruption ist keine neuzeitliche Erscheinung, die durch skandalträchtige Berichterstattungen auf die Tagesordnung gerufen wurde. Hinweise auf Korruption finden sich seit Jahrtausenden und folglich kann korruptiven Vorgängen eine lange geschichtliche Existenz nachgewiesen werden. Aus alten Schriftzeugnissen kann man deuten, dass Korruptionspraktiken sowohl in Babylon als auch in der ägyptischen Pharaonenzeit vor mehr als 3.000 Jahren eine bedeutende Rolle gespielt haben müssen. Dasselbe gilt für die griechischen Stadtstaaten und das alte Rom etliche Jahrhunderte später. Diese Linie ließe sich buchstäblich weiter fortführen, so dass daraus geschlossen werden kann, dass jede Gesellschaft mit bestimmten Korruptionsmethoden konfrontiert war.
Jahrelang hatten Teile der Welt die Augen vor dem Ausmaß der weltweiten Korruption verschlossen und nahmen an, dass Korruption nur in Entwicklungsländern eine gängige Praxis darstellt, um sich persönliche Vorteile zu sichern. Doch mittlerweile hat man erkannt, dass auch unsere ausdifferenzierten Industriegesellschaften von diesem weitreichenden Übel betroffen sind, und dies nicht zu knapp.
Die Öffentlichkeit zeigt sich angesichts der zahlreichen Korruptionsaffären der letzten Jahre empört, sieht es mittlerweile allerdings schon als ein Stück Normalität an, wenn wieder einmal von Bestechung im Amt die Rede ist. Der Grad des Ausmaßes ist in den verschiedenen Ländern jedoch sehr unterschiedlich. In vielen Industrienationen wird Korruption nur als Randphänomen wahrgenommen, während sie sich in vielen ärmeren Ländern in alle Bereiche des täglichen Lebens einschleicht. So geschehen auch in Thailand.
Korruption gehörte in Thailand seit jeher zum alltäglichen Leben und war früher eher eine Institution als ein gesellschaftliches Übel. Man sieht es noch heute als selbstverständlich an, dass ein Amtsträger eine gewisse Summe von jemandem erhält, damit er bei einer Angelegenheit behilflich ist. Dies […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Mona Schankin
Korruption in Thailand
ISBN: 978-3-8366-0314-0
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Hochschule der Medien (ehem. Hochschule für Druck und Medien Stuttgart (FH)),
Stuttgart, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Kurzfassung
1
Kurzfassung
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der Korruption in Thailand, das
im Gegensatz zu früher heutzutage als ein ernstzunehmendes gesellschaftliches und
wirtschaftliches Problem wahrgenommen wird. Zuallererst wird versucht eine Legalde-
finition des Begriffs Korruption allgemein zu finden, um anschließend verschiedene
Erscheinungsformen und ­orte zu beleuchten. Um Korruption in Thailand besser ana-
lysieren zu können, wird ein Überblick über das Königreich Thailand geliefert, bei dem
u.a. neben geschichtlichen Aspekten auch wirtschaftliche Gesichtspunkte erläutert wer-
den. Mit Hilfe von aktuellen Beispielen aus Thailand, z.B. aus der Politik soll gezeigt
werden, dass Korruption dort allgegenwärtig ist und es dringend notwendig ist, dieses
Problem zu bekämpfen. Abschließend werden Thailands bisherige Maßnahmen zur
Korruptionsbekämpfung aufgezeigt und diesbezüglich ein Blick in die Zukunft gewagt.
Schlagwörter: Korruption, Thailand, Thaksin, Bestechung, Thai Rak Thai, Wahlen,
Transparency International, Verfassung, Regierung, Amtsträger.
Abstract
This thesis is about the phenomenon of corruption in Thailand, which today unlike in
the past is perceived as a serious social and economic problem. First of all the thesis
attempts to find a general legal definition for the term corruption and subsequently
highlights various forms and places of its appearance. In order to better analyse cor-
ruption in Thailand, the thesis gives an overview about the Kingdom of Thailand, point-
ing out historic as well as economic aspects. By means of recent examples, i.e. in poli-
tics, it is illustrated that corruption in Thailand is ubiquitous and needs to be combated
urgently. Finally Thailand's previous actions against corruption are described and at the
end there is a forecast on how corruption may develop.
Keywords: corruption, Thailand, Thaksin, Thai Rak Thai, bibery, elections, Transpar-
ency International, constitution, government, official.

Inhaltsverzeichnis
3
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung ... 1
Abstract ... 1
Inhaltsverzeichnis... 3
Abbildungsverzeichnis... 5
Tabellenverzeichnis... 5
Abkürzungsverzeichnis... 7
1
Einleitung... 9
2
Korruption ­ ein Überblick... 11
2.1
Definitionen und Begrifflichkeiten der Korruption... 11
2.2
Ausgewählte Erscheinungsformen der Korruption... 12
2.2.1
Bestechung ... 12
2.2.2
Veruntreuung ... 14
2.2.3
Nepotismus ... 15
2.3
Wo und wie tritt Korruption auf?... 15
2.3.1
Vielfältige Tatorte der Korruption ... 15
2.3.2
,,Petty corruption" versus ,,grand corruption" ... 17
2.4
Korruption als globales Phänomen ... 18
2.4.1
Korruption ­ ein traditionsbedingtes Phänomen? ... 20
2.4.2
Mögliche Ursachen und Auswirkungen der weltweiten Korruption ... 21
3
Thailand und seine Bewohner ... 29
3.1
Land und Geographie ... 29
3.2
Bevölkerung ... 31
3.2.1
Bevölkerungsstruktur ... 31
3.2.2
Religion ... 33
3.3
Geschichte Thailands ... 35
3.3.1
Bis zum 13. Jahrhundert: Frühgeschichte ... 35
3.3.2
13./14. Jahrhundert: Das Königreich Sukhothai ... 36
3.3.3
15.-18. Jahrhundert: Das Königreich Ayutthaya ... 37
3.3.4
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts bis heute: Die Chakri Epoche ... 38
3.4
Regierung und Politik... 41
3.4.1
Die Verfassung ... 41
3.4.2
Die Innenpolitik ... 42
3.4.3
Die Außenpolitik... 42
3.5
Wirtschaft ... 43

Inhaltsverzeichnis
4
3.5.1
Das Wirtschaftssystem...43
3.5.2
Die Wirtschaftskrise 1997 ...44
3.5.3
Tourismus ...46
4
Korruption in Thailand ­ eine Länderanalyse ...49
4.1
Das Problem der Korruption in Thailand ...49
4.2
Nationale Einstellung gegenüber Korruption...52
4.3
Politische Korruption am Beispiel des Premierministers Thaksin Shinawatra
und seiner TRT Partei ...55
4.3.1
Thaksins Aufstieg und sein Weg zur Macht ...56
4.3.2
Analyse der Korruptionsvorwürfe gegenüber der Person und der Politik
Thaksins...59
4.4
Thailands bisherige Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung...67
4.4.1
Die Verfassung von 1997 und staatliche Organisationen ...67
4.4.2
Die Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen...70
4.4.3
Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen...72
5
Zusammenfassung und Ausblick...81
Literaturverzeichnis ...85

Abbildungsverzeichnis
5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Institutionen, die weltweit am meisten von Korruption betroffen sind ... 16
Abbildung 2: Das weltweite Ausmaß der Korruption anhand des CPI 2005 ... 19
Abbildung 3: Korruption und Kapitalimporte... 26
Abbildung 4: Nationalflagge von Thailand... 29
Abbildung 5: Landkarte von Thailand... 30
Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung von 1950 bis 2020 in Millionen ... 32
Abbildung 7: Währungsverfall THB/US$ von 1997 bis 2000... 45
Abbildung 8: Institutionen, die in Thailand am meisten von Korruption betroffen
sind... 50
Abbildung 9: Veränderung des Ausmaßes der Korruption in den letzten 3 Jahren ... 51
Abbildung 10: Thaksin Shinawatra während eines Besuchs in den USA im Jahre
2005 ... 58
Abbildung 11: Öffentliche Positionierung der Wahlkabinen bei der Wahl 2006 ... 62
Abbildung 12: Veränderung des Ausmaßes der Korruption in den nächsten 3
Jahren ... 83
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Länder und ihre Verbreitung von Bestechung... 13
Tabelle 2: "grand corruption" versus "petty corruption"... 18
Tabelle 3: Ausgewählte Länder des CPI 2005... 49
Tabelle 4: Einstellungen der Thais gegenüber korruptiven Situationen in öffent
lichen Ämtern in Prozent ... 53

Abkürzungsverzeichnis
7
Abkürzungsverzeichnis
ACD
Asia Cooperation Dialogue
ADB
Asian Development Bank
ASEAN
Association of South East Asian Nations
CCC
Counter Corruption Commission
CPI Corruption
Perceptions
Index
EC Election
Commission
EU Europäische
Union
FACT
Foundation for a Clean and Transparent Thailand
GCB
Global Corruption Barometer
IWF Internationaler
Währungsfond
NCCC
National Counter Corruption Commission
NGO Nicht-Regierungsorganisation
NHRC
National Human Rights Commission
NPKC
National Peace-Keeping Council
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
PFAC
Public Finance Audit Commission
PO Parlamentary
Ombudsman
TAMC
Thai Asset Management Corporation
THB Thailändische
Baht
TI Transparency
International
TT Transparency
Thailand

1 Einleitung
9
1 Einleitung
Stimmabgabe gegen Bares, Bauaufträge nach Bezahlung, Veruntreuung öffentlicher
Gelder. Egal von welchen Ereignissen die Rede ist, alle umschreiben ein und dasselbe
Übel; die Korruption. Die Liste der korruptiven Vorgänge ist lang und mittlerweile kaum
mehr zu durchschauen. Korruption zieht sich durch alle Ebenen des Sozialsystems und
ist in der Politik, der Wirtschaft, der Kultur, dem Sport, in reichen Industrienationen, in
armen Entwicklungsländern, im Norden, im Süden, im Westen, im Osten zu finden.
Korruption ist keine neuzeitliche Erscheinung, die durch skandalträchtige Berichterstat-
tungen auf die Tagesordnung gerufen wurde. Hinweise auf Korruption finden sich seit
Jahrtausenden und folglich kann korruptiven Vorgängen eine lange geschichtliche E-
xistenz nachgewiesen werden. Aus alten Schriftzeugnissen kann man deuten, dass
Korruptionspraktiken sowohl in Babylon als auch in der ägyptischen Pharaonenzeit vor
mehr als 3.000 Jahren eine bedeutende Rolle gespielt haben müssen. Dasselbe gilt für
die griechischen Stadtstaaten und das alte Rom etliche Jahrhunderte später. Diese
Linie ließe sich buchstäblich weiter fortführen, so dass daraus geschlossen werden
kann, dass jede Gesellschaft mit bestimmten Korruptionsmethoden konfrontiert war
(vgl. Noll, 2002, S. 169).
Jahrelang hatten Teile der Welt die Augen vor dem Ausmaß der weltweiten Korruption
verschlossen und nahmen an, dass Korruption nur in Entwicklungsländern eine gängi-
ge Praxis darstellt, um sich persönliche Vorteile zu sichern. Doch mittlerweile hat man
erkannt, dass auch unsere ausdifferenzierten Industriegesellschaften von diesem weit-
reichenden Übel betroffen sind, und dies nicht zu knapp. Die Öffentlichkeit zeigt sich
angesichts der zahlreichen Korruptionsaffären der letzten Jahre empört, sieht es mitt-
lerweile allerdings schon als ein Stück Normalität an, wenn wieder einmal von Beste-
chung im Amt die Rede ist. Der Grad des Ausmaßes ist in den verschiedenen Ländern
jedoch sehr unterschiedlich. In vielen Industrienationen wird Korruption nur als Rand-
phänomen wahrgenommen, während sie sich in vielen ärmeren Ländern in alle Berei-
che des täglichen Lebens einschleicht. So geschehen auch in Thailand. Korruption
gehörte in Thailand seit jeher zum alltäglichen Leben und war früher eher eine Instituti-
on als ein gesellschaftliches Übel. Man sieht es noch heute als selbstverständlich an,
dass ein Amtsträger eine gewisse Summe von jemandem erhält, damit er bei einer
Angelegenheit behilflich ist. Dies wird allerdings nicht als korrupter Vorgang verstan-
den, sondern als ,,gift of goodwill", als fester Bestandteil der alten thailändischen Kultur.
Oftmals ist in der Öffentlichkeit zu hören, dass in ärmeren Ländern Korruption normal
sei und dort auch gewollt werde. Deshalb wird Korruption allzu oft dem Bereich kultur-
spezifischer Praktiken zugeschrieben. Frei nach dem Motto: andere Länder, andere
Sitten. Doch diese Ansicht ist völlig veraltet und zeigt, wie wenig Teile der Menschheit
über Korruption in anderen Ländern Bescheid wissen. Heute gilt Korruption in Thailand
nämlich überwiegend nicht mehr als fester Bestandteil der täglichen Geschäftsprakti-

1 Einleitung
10
ken, sondern als erstzunehmendes gesellschaftliches und wirtschaftliches Problem,
das den Entwicklungsprozess des Landes hemmt. Aus diesem Grunde hat Thailand
einen Kampf gegen Korruption gestartet, der mit Sicherheit noch Jahrzehnte andauern
wird, bis dieses Übel auf ein Minimum reduziert werden kann.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist es, das Phänomen der Korruption im Allgemeinen zu
beleuchten, um anschließend das Ausmaß der Korruption, vor allem der politischen
Korruption in Thailand analysieren zu können.
Die Vorgehensweise gliedert sich dergestalt, dass nach einer kurzen Hinführung zum
Thema dieser Diplomarbeit im ersten Kapitel, im zweiten Kapitel versucht wird eine
Legaldefinition des Begriffs Korruption zu finden. Mit dieser Definition soll im Laufe der
Arbeit gearbeitet werden. Anschließend werden drei Erscheinungsformen der Korrupti-
on, Bestechung, Veruntreuung und Nepotismus, näher beleuchtet und folglich Instituti-
onen identifiziert, in denen Korruption verbreitet ist. Danach werden die Unterschiede
von ,,petty und grand corruption" herausgearbeitet. Anschließend soll die Frage geklärt
werde, ob Korruption ein traditionsbedingtes Phänomen darstellt und welche Ursachen
und Auswirkungen es mit sich bringen kann.
Im dritten Kapitel wird ein Überblick über das Königreich Thailand geliefert. Dabei
werden neben demographischen und geschichtlichen Aspekten auch wirtschaftliche
und politische Gesichtspunkte erläutert.
Zu Beginn des vierten Kapitels wird dargelegt, welche Ausmaße Korruption in Thai-
land annimmt. Anhand einer Studie wird daraufhin die Einstellung der Thailänder ge-
genüber ausgewählten korruptiven Situationen gezeigt. Der Großteil dieses Kapitels
beschäftigt sich mit politischer Korruption am Beispiel des thailändischen Premierminis-
ters Thaksin Shinawatra und seiner Partei. Diesen werden u.a. Wahlmanipulationen
und Einschränkung der Pressefreiheit vorgeworfen. Am Ende werden die bisherigen
Maßnahmen Thailands zur Korruptionsbekämpfung analysiert.
Das fünfte und letzte Kapitel bietet eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkennt-
nisse und wagt eine Prognose für die weitere Entwicklung der Korruption im Königreich
Thailand.

2 Korruption ­ ein Überblick
11
2
Korruption ­ ein Überblick
2.1 Definitionen
und
Begrifflichkeiten der Korruption
In der Literatur wird Korruption häufig als wucherndes ,,Krebsgeschwür" tituliert, das
sich mehr oder weniger unbemerkt in unserer Gesellschaft ausbreitet. Doch jeder, der
sich mit dem Phänomen der Korruption auseinandersetzt, stößt zuallererst auf das
Problem der Findung einer geeigneten Definition. Dabei wird schnell klar, dass keine
,,Legaldefinition" des Begriffs Korruption existiert. Korruption kommt etymologisch vom
lateinischen Wort ,,corrumpere", was soviel bedeutet wie verderben, vernichten bzw.
bestechen (vgl. Faust, 2003, S. 137). Die Menge der möglichen und unterschiedlichen
Übersetzungen deutet schon an, dass es fast unmöglich ist eine Definition zu finden,
die auf einen breiten Konsens stößt. In unterschiedlichen Untersuchungen zum Thema
Korruption findet man vielschichtige Begriffsbestimmungen, die zum Teil eindeutig di-
vergieren, je nachdem, ob man den Begriff aus sozialwissenschaftlicher, politikwissen-
schaftlicher oder strafrechtlicher Sicht betrachtet.
Ein Blick auf den deutschen Rechtskodex allerdings verdeutlicht, dass es sich nicht um
einen juristischen Begriff handeln kann, da das Wort Korruption weder in Straf- noch in
anderen Gesetzbüchern zu finden ist (vgl. Heberer, 2001, S. 10). Im Strafgesetzbuch
versteht man unter Korruption die Straftaten im Amt der §§ 331-335 (Vorteilsannahme,
Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Bestechung) und die Bestechlichkeiten und
Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300), sowie die Wählerbestechung (§§
108b) und die Abgeordnetenbestechung (§ 108e) (vgl. Bannenberg/Schaupensteiner,
2004, S. 25).
Generell umfasst Korruption im allgemeinen Sprachgebrauch eine große Bandbreite an
Verhaltensweisen, die von ,,Beamtenbestechung über den politischen Machtmiss-
brauch bis hin zum allgemeinen Sittenverfall" reicht. Allerdings ist ein dermaßen weiter
und unbestimmter Begriff wissenschaftlich unbrauchbar, da er lediglich eine ,,Catch-all-
Kategorie" darstellt (vgl. Ahlf, 1998, S. 5). Deshalb sollte eine Definition gefunden wer-
den, die den meisten Formen der Korruption gerecht wird. Nach der Definition von
Transparency International (TI) Deutschland e.V. (2005), der einzigen internationalen
Nichtregierungs-Organisation, die weltweit gegen die Korruption kämpft, ist Korruption
,,der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil." Diese Beg-
riffsbestimmung wird immer häufiger in neueren Arbeiten zum Thema Korruption zitiert,
wahrscheinlich weil sie einerseits so allgemein gehalten ist, dass alle Erscheinungs-
formen der Korruption berücksichtigt werden und andererseits so speziell formuliert ist,
dass man Korruption von Transaktionen aufgrund genereller Beziehungen unterschei-
den kann.
Bei der Formulierung ,,anvertrauter Macht" denkt man zunächst an hohe Amtsträger,
die eine Ermessensentscheidung zu treffen haben. Jedoch muss darauf hingewiesen

2 Korruption ­ ein Überblick
12
werden, dass auch der Einkäufer eines Kleinbetriebes Ermessensentscheidungen trifft
und somit eine Machtposition inne hat. Auch der Begriff ,, zum privaten Nutzen oder
Vorteil" sollte kurz betrachtet werden. Die Erhaltung eines Bauauftrages, nachdem ein
Amtsträger bestochen wurde, führt eindeutig zu einem privaten Nutzen. Doch auch das
Entgegennehmen von ,,Schwarzgeld" durch Parteifunktionäre für den nächsten Wahl-
kampf der eigenen Partei, ist auch als handfeste Korruption ,,zum eigenen Vorteil" zu
werten (vgl. Wiehen, 2001).
Diese Definition von TI soll im Laufe dieser Diplomarbeit als Arbeitsdefinition dienen.
2.2 Ausgewählte Erscheinungsformen der Korruption
Wie schon im Kapitel 2.1 dargestellt, wird unter dem Begriff Korruption eine vielfältige
Anzahl von missbräuchlichen Verhaltensweisen zusammengefasst. Eine ausführliche
Erläuterung aller Korruptionsformen würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem
sprengen. Deshalb sollen in den folgenden Kapiteln drei ausgewählte Formen der Kor-
ruption, nämlich Bestechung, Veruntreuung und Nepotismus, näher betrachtet werden.
2.2.1 Bestechung
Bestechung stellt die wohl häufigste Form der Korruption dar, die auf nationaler wie
auch auf internationaler Ebene auftritt. Die United Nations (UN) definieren Bestechung
als ,,the bestowing of a benefit in order to unduly influence an action or decision" (UN,
2004, S. 11). Der "Benefit" einer Bestechung kann sowohl aus materiellen als auch aus
immateriellen Werten bestehen. Darunter zählen unter anderem Bargeld, Wertgegens-
tände, Aktien, Insiderinformationen oder sogar nur das reine Versprechen zur Erhal-
tung bestimmter Vorteile (vgl. UN, 2004, S. 11). Borner und Schwyzer sprechen hierbei
von einer ,,Tauschdimension" der Bestechung. Ein Amtsträger erhält einen materiellen
oder immateriellen Nutzen und trifft als Gegenleistung eine, für die bestechende Seite
favorisierende Entscheidung (vgl. Borner / Schwyzer, 1998, S. 22). Das Verhalten des
Amtsträgers, das hieraus resultiert, kann von aktiver Natur, wie z.B. die Ausübung von
politischem Einfluss, oder von passiver Natur sein, wie z. B. das bewusste Übersehen
eines Vergehens (vgl. UN, 2004, S. 12). Ein Tausch impliziert allerdings eine gewisse
Freiwilligkeit, unter der ein Geschäft abgewickelt wird. Dabei stellt sich jedoch die Fra-
ge, ob Bestechungen immer freiwillig vollzogen werden. In der Realität stellt Beste-
chung oft eine Gratwanderung zwischen Freiwilligkeit und Zwang dar. Borner und
Schwyzer liefern hierzu zwei anschauliche Beispiele. Ein nigerianischer Bauer be-
kommt von der Bewässerungsadministration erst dann Wasser zugeteilt, wenn er zuvor
Bestechungsgelder bezahlt hat. Handelt er tatsächlich freiwillig? Ein kolumbianischer
Autofahrer bezahlt für seine (angebliche) Geschwindigkeitsübertretung eine Buße ohne
Quittung. Geschieht auch dies wirklich freiwillig? In der Realität ist demnach eine klare
Trennung zwischen Bestechung und Erpressung kaum möglich (vgl. Borner / Schwy-
zer, 1998, S. 22).

2 Korruption ­ ein Überblick
13
Zum besseren Verständnis der Bestechung nimmt Cremer (2000, S. 23) eine Eintei-
lung der Bestechungsleistungen in einige Fallgruppen vor:
1.
,,Durch den Bestechungskontrakt kann eine Selektionsentscheidung zugunsten
des Bestechenden beeinflusst werden. Der Bestechende sichert sich die Zutei-
lung eines Gutes, die er sonst nicht erreichen könnte oder die unsicher wäre, er
erhält -- etwa bei Rationierungen -- höhere Mengen oder umgeht Ausschluss-
regelungen.
2. Der Bestechende sichert sich höhere Erträge in einer gegebenen Verhand-
lungsbeziehung, etwa indem er den Bestochenen veranlasst, bei einem öffentli-
chen Auftrag den Preis, die Lieferbedingungen oder die Qualitätsanforderungen
zu seinen Gunsten zu ändern.
3. Der Bestechende beschleunigt durch eine Bestechungszahlung Entschei-
dungsabläufe bzw. generell die Arbeitsweise der Verwaltung. Er wehrt damit die
Kosten ab, die mit der Verzögerung für ihn verbunden sind.
4. Die Bestechung dient der Absicherung einer illegalen Handlung, die entweder
bereits begangen wurde oder geplant ist, durch Bestechung der Strafverfol-
gungsbehörden bzw. der Kontrollinstanzen.
5. Der Bestechende wehrt Drohungen, Erschwernisse und Behinderungen ab, die
ihm die Amtsträger willkürlich auferlegt haben".
Diese Systematisierung zeigt deutlich, wie vielfältig die gewonnenen Vorteile durch
Bestechungszahlungen sein können. Daher wundert es nicht, dass, wie bereits er-
wähnt wurde, Bestechung die am meisten verbreitete Korruptionsform weltweit dar-
stellt.
TI veröffentlicht jährlich den ,,Global Corruption Barometer" (GCB), eine Meinungsum-
frage zur Wahrnehmung von Korruption in der allgemeinen Bevölkerung. Zwischen Mai
und Oktober 2005 wurden 55.000 ,,normale" Bürger in 69 Ländern von Gallup Internati-
onal befragt, ob sie oder jemand aus ihrem Haushalt in den letzten 12 Monaten ein
Bestechungsgeld in irgendeiner Form gezahlt haben. Die Prozentzahlen in Tabelle 1
(Quelle d. Tab.: TI, 2005b) zeigen, wie viel Menschen mit Ja geantwortet haben.
Tabelle 1: Länder und ihre Verbreitung von Bestechung
31 % - 50 %
Paraguay, Kambodscha, Mexiko
11 % - 30 %
Äthiopien, Ghana, Guatemala, Litauen, Moldawien, Nigeria, Rumänien, Togo, Boli-
vien, Tschechien, Dominikanische Republik, Ecuador, Griechenland, Indonesien,
Indien, Kenia, Pakistan, Peru, Russland, Senegal, Serbien, Ukraine
5 % - 10 %
Argentinien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Kolumbien, Kroatien, Kosovo, Lu-
xemburg, Mazedonien, Malaysia, Nicaragua, Panama,
Philippinen, Polen, Südafrika, Thailand, Türkei, Venezuela
Weniger als 5 %
Österreich, Kanada, Costa Rica, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich,
Deutschland, Hongkong, Island, Irland, Israel, Japan, Südkorea, Niederlande, Nor-
wegen, Portugal, Singapur, Schweiz, Taiwan, UK, Uruguay, USA

2 Korruption ­ ein Überblick
14
Anhand dieser Tabelle wird ersichtlich, dass die Verbreitung von Bestechungszahlun-
gen enorm variiert. Am Anfang der Skala erscheinen hauptsächlich Entwicklungslän-
der, in denen ein hoher Prozentsatz der Familien in den letzten 12 Monaten Beste-
chungsgelder bezahlt haben. Dazu gehören Länder in Lateinamerika, Afrika, Asien und
Zentral- und Osteuropa. Am Ende rangieren dagegen vorwiegend Industrienationen, in
denen hingegen ein sehr niedriger Anteil der Familien Bestechungszahlungen geleistet
hat. Hierzu gehören insbesondere europäische Länder und Zentralamerika. Aber auch
Länder in Asien, wie z.B. Japan und Singapur haben einen geringen Prozentsatz an
Bestechung.
2.2.2 Veruntreuung
Der Tatbestand der Veruntreuung liegt vor, wenn Amtsträger ,,sich Mittel, die ihnen im
Rahmen der Amtsausführung anvertraut sind, normwidrig aneignen" (Cremer, 2000, S.
24). Die Veruntreuung öffentlicher Mittel geschieht durch Staatsdiener, die über eine
Entscheidungsbefugnis für die Verwendung des staatlichen Etats verfügen. Veruntreu-
ung kann durch eine Einzelperson erfolgen und setzt, im Gegensatz zur oben genann-
ten Bestechung, keine Involvierung einer Zweitperson voraus. Bei dem Akt der Verun-
treuung halten Amtsträger bestimmte Prozedere ein, um keine Spuren einer erfolgten
Veruntreuung zu hinterlassen (vgl. Cremer, 2000, S. 24). Eine dieser Methoden zur
Verschleierung der Veruntreuung ist der sogenannte Kick-Back. Nachdem Auftragge-
ber und Auftragnehmer ein Übereinkommen getroffen haben, stellt der Auftragnehmer
dem Auftraggeber einen Preis in Rechnung, der um einiges über dem Marktpreis liegt
bzw. dem Preis liegt, der bei einem einwandfreien Verlauf eines Ausschreibungsver-
fahren ermittelt worden wäre. Die Differenz zwischen dem überteuerten Preis und dem
Marktpreis fließt ganz oder nur zum Teil an den Auftraggeber zurück, der diesen Be-
trag für sich behält (vgl. Kick-Back, 2006). Der ungemeine Vorteil für den Amtsträger
besteht darin, dass das Belegen des veruntreuten Geldes, jetzt das Problem des Auf-
tragnehmers ist, denn in den Finanzbelegen des Auftraggebers taucht der Kick-Back
nicht auf (vgl. Cremer, 2000, S. 26).
In der Praxis erfolgt Veruntreuung allerdings selten als Tat eines Einzelnen, da in der
Regel mehrere Amtsträger für die Realisierung eines kostspieligen Projektes verant-
wortlich sind und außerdem bestimmte Kontrollmechanismen in der Verwaltung um-
gangen werden müssen. Aus diesem Grunde muss der Gewinn aus der stattgefunde-
nen Veruntreuung häufig mit anderen Amtsträgern oder Aufsichtsgremien als Mitwisser
geteilt werden. Der Akt der Veruntreuung geht oftmals mit dem Tatbestand der Beste-
chung einher. Wird nämlich beispielsweise ein Teil des Gewinns, der aus einer Verun-
treuung hervorgeht, an eine Kontrollinstanz weitergegeben, um so die gesetzeswidrige
Handlung abzusichern, so wird auch hier eine Bestechungszahlung geleistet (vgl.
Cremer, 2000, S. 26).

2 Korruption ­ ein Überblick
15
2.2.3 Nepotismus
Nepotismus stammt vom lateinischen Wort nepos, das Enkel, Neffe oder auch allge-
mein Nachkomme bedeutet. Mit Nepotismus ist ,,die Besetzung von Posten mit Famili-
enmitgliedern oder eine übermäßige Vorteilsbeschaffung für diese gemeint" (Nepotis-
mus, 2006). Von Nepotismus sprechen wir aber nicht nur, wenn eine Person mit
Machtposition seine Stellung ausnutzt, um Familienmitglieder zu bevorzugen, sondern
auch Personen oder Gruppen, zu denen er generell eine besondere Beziehung hegt.
Dies können z.B. Angehörige seiner ethnischen Gruppe oder Personen mit der selben
politischen Ausrichtung sein. Insbesondere beinhaltet Nepotismus die Ermöglichung
des Zugangs zu dem Kreis der Amtsträger selbst, durch den Missbrauch der anvertrau-
ten Amtsstelle (vgl. Cremer, 2000, S. 27).
Cremer (2000, S. 27f) stellt sich, in bezug auf die Definition von Korruption die Frage in
wieweit ein sich ,,nepotistisch verhaltender Amtsträger" einen privaten Nutzen oder
Vorteil verfolgt und liefert zugleich selbst die Antwort.
·
Er verfolgt einen immateriellen Vorteil. Das bedeutet, er empfindet einfache Zu-
friedenheit darüber, dass er gegenüber der Familie oder anderen ihm naheste-
henden Gruppierungen ,,traditionelle Solidarverpflichtungen" erfüllt hat.
·
Er kann seine Stellung absichern. Da Korruption normalerweise nicht aus-
schließlich von Einzelpersonen betrieben wird, ist es von Vorteil, wenn die ad-
ministrative Ebene mit Personen, die die gleiche familiäre oder regionale Her-
kunft teilen, besetzt ist. So kann der nepotistische Amtsträger einfacher gehei-
me Absprachen treffen, mit einem geringeren Risiko entlarvt zu werden.
·
Er verfolgt ein materielles Interesse. Diese Form ist vor allem beim Nepotismus
innerhalb Familienangehöriger gegeben. Dies dient der Absicherung der sozia-
len Stellung, da in dieser Form gegenseitige Begünstigen zu erwarten sind,
nämlich genau dann, wenn der nepotistisch bevorzugte Verwandte in seiner
Position aufsteigt und sich so eventuell bei dem Amtsträger revanchieren kann.
Im Deutschen ist Nepotismus auch als Vetternwirtschaft bekannt. Wenn allerdings kei-
ne Familienangehörigen die Nutznießer eines nepotistischen Verhaltens sind, so
spricht man von Günstlingswirtschaft (vgl. Nepotismus, 2006).
2.3 Wo und wie tritt Korruption auf?
2.3.1 Vielfältige Tatorte der Korruption
Die Tatorte, an denen Korruption zu finden ist, ziehen sich durch alle Ebenen unseres
Sozialsystems. Man trifft Korruption sowohl in der Politik und der Verwaltung als auch
in der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft an. Korruption in der Politik meint die Korrup-
tion von einzelnen Politikern (als Täter oder Opfer) von politischen Parteien (vgl. Wie-
hen, 2001), oder auch aus politischen Gründen (wie z.B. parteipolitische Ämterpatro-

2 Korruption ­ ein Überblick
16
nage) (vgl. von Arnim, 2003, S. 20). Unter Korruption in der Politik versteht Wiehen den
Verstoß oder die bewusste Umgehung von Parteienfinanzierungsregeln, die Einfluss-
nahme auf Regierungsentscheidungen (z.B. die Vergabe von Betreiberlizenzen oder
die Erleichterung von Umweltschutzauflagen), den Stimmenkauf und die ,,Kontaktpfle-
ge" mit einflussreichen Politikern (vgl. Wiehen, 2001).
Als Korruptionsschwerpunkte in der Verwaltung haben sich vor allem die Behörden
erwiesen, die Ermessensentscheidungen zu treffen haben. Speziell wird hier die Aus-
weisung von Bauland, die Ausübung polizeilicher und zollamtlicher Aufgaben und die
Vergabe von Baugenehmigungen genannt. Nicht vergessen werden darf in diesem
Zusammenhang die Besetzung führender Positionen bei Unternehmen der öffentlichen
Hand (vgl. Wiehen, 2001).
In der Wirtschaft macht man Korruption häufig als aktive Bestechung (wie z.B.
Schmiergeldzahlungen) aus, um beispielsweise einen Auftrag zu erlangen. Ebenso
finden vielfach unerlaubte Absprachen mit Mitbewerbern statt, um Wettbewerbsbe-
schränkungen zu erlangen. Jedoch sind Wirtschaftsunternehmen nicht immer Täter
sondern immer öfter Opfer von Bestechungen durch Mitbewerber (vgl. Wiehen, 2001).
Auch in Organisationen der Zivilgesellschaft ist Korruption kein Fremdwort mehr. Sie
versuchen ihre Ziele (z.B. die Finanzierung ihrer Aktivitäten) mit Hilfe von Bestechung
zu fördern. Zu solchen Organisationen gehören nicht nur Vereine sondern auch Ver-
bände, Gewerkschaften und Kirchen (vgl. Wiehen. 2001).
Der GCB 2005 (Quelle d. Abb.: TI, 2005b) veranschaulicht, welche Institutionen welt-
weit von den Bürgern als korrupt eingeschätzt werden.
4.0
3.7
3.6
3.5
3.4
3.4
3.3
3.2
3.2
3.0
3.0
2.9
2.9
2.8
2.6
politische Parteien
Parlament/Legislative
Polizei
Rechtssystem/Justiz
Wirtschaft/privater Sektor
Steuern
Zoll
Medien
Gesundheitswesen
Versorgungseinrichtungen
Bildungssystem
Militär
Regierungs- und Zulassungsstellen
NGO's
Religionsgemeinschaften
von 1- nicht korrupt bis 5- extrem korrupt
Abbildung 1: Institutionen, die weltweit am meisten von Korruption betroffen sind

2 Korruption ­ ein Überblick
17
Der Barometer illustriert, dass Korruption in vielen Sektoren das alltägliche Leben der
Menschen bestimmt. Politische Parteien gelten 2005 mit 4.0 auf einer Skala von 1 bis 5
als die korrupteste Institution weltweit. Parlament/Legislative und die Polizei folgen mit
3.7 bzw. 3.6 dicht dahinter.
Jedoch werden nicht in allen befragten Ländern politische Parteien als die korrupteste
Institution angesehen. Denn 10 von 12 befragten einkommensschwachen Ländern,
darunter z.B. Ghana und Kamerun bezeichneten Polizei und Zoll als die korruptesten
Institutionen (vgl. TI, 2005b, S. 3f).
Am Ende sollte darauf hingewiesen werden, dass Korruption selten ein Individualdelikt
darstellt sondern meistens ganze Unternehmen, Organisationen oder soziale Systeme
darin verwickelt sind.
2.3.2 ,,Petty corruption" versus ,,grand corruption"
Korruption kann nicht nur in verschiedene Erscheinungsformen untergliedert werden,
sondern auch in das Ausmaß, in dem Korruption auftritt. So wird Korruption in ,,grand
corruption" und ,,petty corruption" unterschieden.
Dr. Vinay Bhargava (2005, S. 1), Direktor für internationale Angelegenheiten in der
Weltbank versteht unter ,,grand corruption" ,,corruption that involves heads of state,
ministers or other senior government officials and serves the interests of a narrow
group of businnespeople and politicians or criminal elements".
Laut dieser Definition lässt sich also feststellen, dass diese Korruption nur hochrangi-
gen Amtsträgern vorbehalten ist und die Geschäfte mit hoher Wahrscheinlichkeit mit
sehr viel Geld verbunden sind. Diese Art der Korruption kommt seltener ans Tageslicht,
da sich hohe Amtsträger oft wirksam vor einer Strafverfolgung zu schützen wissen. TI
schließt in ,,grand corruption" auch die politische Korruption mit ein und meint damit
,,corruption at the highest levels of society ..." (vgl. TI, 2004, S. 5).
"Petty corruption" hingegen beschreibt eher die "kleine" oder "geringfügige" Korruption.
Laut Bhargava (2005, S. 1) umfasst diese Korruption "the payment of comparatively
small amounts of money to `faciliate' routine official transactions, such as customs
clearance or issuing of building permits".
Aus dieser Definition lässt sich schließen, dass "petty corruption" hauptsächlich in der
Interaktion zwischen Privatleuten und Amtsträgern, die auf einer niederen administrati-
ven Ebene positioniert sind, zu finden ist. Diese Form der Korruption ist in vielen Län-
dern allgegenwärtig und gehört zum täglichen Leben , wie anderswo fließend Wasser.
Doch nun stellt sich die Frage, ob ,,petty corruption", aufgrund der geringeren fließen-
den Zahlungen und der Involvierung ,,kleiner" Amtsträger, auch als das ,,kleinere" Prob-
lem angesehen wird. TI veröffentlichte hierzu Ende 2004 den GCB, in dem Bürger aus
64 Ländern befragt wurden, ob sie ,,grand" oder ,,petty corruption" in ihrem Land als
größeres Problem empfinden.

2 Korruption ­ ein Überblick
18
Tabelle 2: "grand corruption" versus "petty corruption"
,,grand corruption"
,,petty corruption"
Überhaupt kein Problem
2 %
3 %
Kein besonders großes Problem
10 %
16 %
Ein ziemlich großes Problem
28 %
32 %
Ein sehr großes Problem
57 %
45 %
Keine Antwort
3 %
3 %
Wie Tabelle 2 (Quelle d. Tab.: TI, 2004) deutlich zeigt, wird ,,grand corruption" von 57
% der Befragten als sehr großes Problem angesehen, wohingegen ,,nur" 45 % ,,petty
corruption" als sehr großes Problem empfinden. Dagegenzusetzen sind die Prozent-
zahlen der Bewohner, die in den beiden Korruptionsformen überhaupt kein Problem in
ihrem Land sehen. Ein schwindend kleiner Anteil, nämlich 2 bzw. 3 %, nehmen Korrup-
tion als kein Problem wahr.
Eine weitere Meinungsumfrage von TI offenbart, dass ,,petty corruption" in den meisten
Industrieländern als kein Problem empfunden wird. Die nordischen Länder sowie Sin-
gapur messen dem kaum eine Bedeutung zu. Frankreich, Griechenland, Italien, Portu-
gal und Spanien bilden hierbei allerdings eine Ausnahme und empfinden ,,petty corrup-
tion" als gewisses Problem und empfinden ,,grand corruption" ähnlich gravierend wie
die meisten Entwicklungsländer (vgl. TI, 2004, S. 8). Es lässt sich also abschließend
sagen, dass mehrheitlich sowohl ,,grand" als auch ,,petty corruption" im täglichen Leben
eine Rolle spielen und auch als große Probleme betrachtet werden.
2.4 Korruption als globales Phänomen
In diesem Kapitel sollten wir uns noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass Korruption
keineswegs ein Phänomen ist, das ausschließlich in Entwicklungsländer auftritt und
auch kein typisch asiatisches Problem darstellt. Denn auch unsere Demokratien sind
von diesem Übel betroffen. Korruption existiert in allen Ländern, allerdings ist der Grad
des Ausmaßes sehr unterschiedlich. In den meisten Industrienationen taucht Korrupti-
on nur als Randphänomen auf, während es in vielen anderen Ländern allgegenwärtig
ist und das tägliche Leben jeden Tag von neuem bestimmt.
Die folgende Abbildung 2 (Quelle d. Abb.: TI, 2005c) veranschaulicht bildlich anhand
einer Weltkarte den Corruption Perceptions Index (CPI)
1
2005, ein zusammengesetzter
Index, der das Ausmaß an Korruption in den einzelnen Länder misst. Dieser reflektiert
die subjektiven Wahrnehmungen von erfahrenen Geschäftspersonen und Länderana-
lysten bezüglich der vorherrschenden Korruption. 10 Punkte bedeuten buchstäblich
Korruptionsfreiheit, 0 Punkte dagegen das Höchstmaß an Korruption. Je dunkler also
die Rotfärbung eines Landes desto höher ist das Ausmaß der dort wahrgenommenen
Korruption.

2 Korruption ­ ein Überblick
19
Abbildung 2: Das weltweite Ausmaß der Korruption anhand des CPI 2005
Abbildung 2 zeigt deutlich, dass keines der 159 erfassten Länder völlige Korruptions-
freiheit genießt, allerdings erreichen mehr als zwei Drittel weniger als 5 Punkte. Dies
deutet doch auf ein erhebliches Korruptionsproblem in vielen der untersuchten Länder
hin.
Oftmals wird nicht nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen korrumpiert, sondern
auch Amtsträger im Ausland, meist in Entwicklungsländern, bestochen. Diese grenz-
überschreitende Korruption, die überwiegend im internationalen Geschäftsverkehr
stattfindet, galt vor vielen Jahren noch als trivial, nicht würdig darüber auch nur ein
Wort zu verlieren (vgl. Eigen / Pieth, 1998, S. 1). Korruption wurde als Notwendigkeit
betrachtet und galt somit als gerechtfertigt. Infolge der Globalisierung der Wirtschaft
wurde es Unternehmen ermöglicht multinational zu operieren und das meist in Ent-
wicklungs- oder Schwellenländern. Diese multinationalen Unternehmen sahen sich
nach einiger Zeit hingegen in einem Dilemma. Sollten sie sich aktiv an der Korruption
beteiligen, um beispielsweise administrative Vorgänge zu beschleunigen oder sich
verweigern und eventuell finanzielle Einbußen in Kauf nehmen? Viele Unternehmen
entschieden sich für die aktive Mitgestaltung auch weil sie der Meinung waren und
teilweise immer noch sind, dass Korruption in einigen Ländern zum (Geschäfts-) Alltag
gehört.
Heute gilt Korruption überwiegend nicht mehr als Kavaliersdelikt und fester Bestandteil
der täglichen Geschäftspraktiken, sondern als ,,erstzunehmendes gesellschaftliches
und wirtschaftliches Problem" (Eigen / Pieth, 1998, S. 1) weltweit.
1
Der CPI wird jährlich von Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff, Inhaber des Lehrstuhls für Volks-
wirtschaftstheorien an der Universität Passau, im Auftrag von TI erstellt.

2 Korruption ­ ein Überblick
20
2.4.1 Korruption ­ ein traditionsbedingtes Phänomen?
Bevor in dem Kapitel 2.2.2.1 mögliche Ursachen der weltweiten Korruption untersucht
werden, soll in diesem Kapitel zuerst geklärt werden, ob Korruption nicht vielleicht ein-
fach zur Tradition einiger Länder dazugehört und in deren Kultur tief verwurzelt ist.
Diverse Kritiker sind der Meinung, dass einige Industrienationen sich nur deshalb im
Kampf gegen die Korruption engagieren, um den Ländern, in denen Korruption zum
Alltag gehört, ihre Werte und Ansichten aufzuzwingen (vgl. TI, 2005a). Einige gehen
sogar soweit und rechtfertigen Korruption öffentlich, wie der Ethikprofessor Pater Ru-
pert Lay der im Jahre 1995 verkündet, dass ,,Korruption nur in unserem europäischen
Kulturkreis untersagt ist. Ich war kürzlich vier Wochen in Indonesien. Da ist dies mora-
lisch nicht nur eine erlaubte, sondern sogar eine erwünschte Form des Verhaltens"
(Lay, 1995, S. 18). Für viele Menschen in Südostasien stellt diese Äußerung mit hoher
Wahrscheinlichkeit eine tiefe Beleidigung dar, wenn sie erfahren, wie westliche Indust-
rienationen ihre Tradition und Kultur verstehen (vgl. Eigen, 2001, S. 3).
Wie diese Äußerung von Lay zeigt, gibt es Menschen, die glauben, dass z.B. gerade
das Geben und Nehmen von Geschenken in vielen Kulturen zur Tradition dazugehört.
Damit mögen manche von ihnen sogar Recht haben, denn in manchen Regionen der
Welt werden über Geschenke Beziehungen geknüpft und sind ein Teil des Verhand-
lungsprozesses. Allerdings zeigen Umfrageergebnisse in Thailand, dass man dort sehr
wohl zwischen angemessenen und unangebrachten Zuwendungen unterscheidet. Be-
stechung zwischen hochrangigen Amtsträger und wichtigen Investoren wird dort ganz
und gar nicht toleriert (vgl. Phongpaichit / Piriyarangsan, 1994, S. 146). Die Debatte
über die Frage, ob Korruption traditionsbedingt auftritt, bringt wohl einige Konflikte mit
sich, denn man kann sie nicht pauschal mit ja oder nein beantworten. In vielen Ländern
gibt es beispielsweise keine öffentlichen Ausschreibungsverfahren. Dort ist dieser Beg-
riff völlig fremd. Somit gibt es auch keinen Tatbestand wie Bestechung von Amtsträ-
gern, um den Zuschlag bei öffentlichen Baumaßnahmen zu erlangen (vgl. TI, 2005a).
Generell ist es sehr schwierig zu beurteilen, an welcher Stelle z.B. Bestechung oder
der Vorgang des Schenkens aufhört und Korruption beginnt. In Afrika z.B. ist das ,,gift
giving", das aber generell nicht mit Korruption gleich zu setzen ist, in der Kultur des
Kontinents tief verankert. Dort wird beispielsweise zu verschiedenen ausschweifenden
Festlichkeiten ein Geschenk von Verwandten erwartet. Wenn man sich den Erwartun-
gen des Schenkens entziehen würde, würde man den Zorn und die Schande der Ge-
sellschaft auf sich ziehen und so das Unglück auf sich wenden (vgl. de Sardan, 1999,
S. 38ff). Jedoch gibt es in allen Kulturen Grenzen, bei deren Überschreitung eine ge-
wisse Handlung korrupte Züge annimmt.
In jedem Land herrschen kulturell unterschiedliche Gegebenheiten und die Menschen,
die dort heimisch sind, können am besten beurteilen, welche Handlungen eine Verlet-
zung, der in dem jeweiligen Land verankerten Normen und Werte darstellen (vgl. TI,
2005a). Der Missbrauch von Macht zum persönlichen Nutzen jedenfalls wird in keiner
Kultur toleriert.

2 Korruption ­ ein Überblick
21
2.4.2 Mögliche Ursachen und Auswirkungen der weltweiten Korruption
Im allgemeinen stellt man sich in bezug auf das Thema Korruption immer drei Fragen.
Welche Verhältnisse begünstigen die Entstehung bzw. Ausweitung von Korruption?
Welche Konsequenzen bringt Korruption mit sich? Und wie lässt sie sich bekämpfen?
Die ersten beiden Fragen sollen in Kapitel 2.2.2.1 bzw. 2.2.2.2 beantwortet werden
während die dritte Frage zu einem späteren Zeitpunkt behandelt wird.
2.4.2.1
Die Ursachen der Korruption
Die Ursachen, die eine Verbreitung der Korruption begünstigen sind meist ganz unter-
schiedlicher Natur. Bestechung kommt in Industrienationen im weltweiten Vergleich
eher selten vor, wohingegen es in Entwicklungsländern, in denen das institutionelle
Umfeld ganz anders aussieht, zum Alltag gehört. In Industrienationen werden Men-
schen- und Eigentumsrechte groß geschrieben, es gibt keine aufstrebenden Märkte,
Amtsträger sind generell gut bezahlt, die Versorgung mit Gütern und öffentlichen
Dienstleistungen ist befriedigend und Wahlen laufen demokratisch ab. Wenn es in In-
dustrieländern zu Korruption kommt, werden immer Schwachstellen im demokratischen
System sichtbar (vgl. Cartier-Bresson, 1997). Die Verhältnisse, die die Entstehung von
Korruption fördern, sind in Entwicklungsländern um einiges vielschichtiger.
Es gibt Faktoren, die direkt zur Korruption beitragen und welche, die indirekt die Kor-
ruption beeinflussen.
2.4.2.1.1 Faktoren, die direkt zur Korruption beitragen
Das Hauptaugenmerk muss bei diesen Faktoren, die direkt zur Korruption beitragen,
auf die Art der Aufgabenerfüllung des Staates gelegt werden. Denn viele Regierungs-
aktivitäten bilden einen Nährboden für Korruption.
Preiskontrollen
Das Ziel von Preiskontrollen ist es, den Preis mancher Güter unter ihren Marktwert zu
senken (erfahrungsgemäß aus sozialen oder politischen Gründen). Folglich können
daher ökonomische Renten generiert und ein sog. ,,rent-seeking"
2
Verhalten hervorge-
rufen werden. Preiskontrollen schaffen Anreize für die Bevölkerung, Amtsträger zu be-
stechen, um die Schwemme und somit den Preis dieser Güter beizubehalten (vgl.
Mauro, 1997, S. 9).
Handelsbeschränkung
Wenn ein bestimmtes Gut Importrestriktionen unterliegt, (wenn z.B. nur eine bestimme
Anzahl ausländischer Fahrzeuge jedes Jahr importiert werden darf) werden die erfor-
derlichen Einfuhrlizenzen sehr begehrenswert und Importeure ziehen es eventuell in
Betracht einen Beamten, der mit dieser Angelegenheit betraut ist, zu bestechen, um
2
Unter ,,rent seeking" versteht man das Verhalten von Marktakteuren, deren Ziel es ist, unter
Einsatz von Ressourcen (meistens monetärer Art), eine monopolähnliche Marktstellung zu
erkämpfen. Aus ökonomischer Sicht werden die verwendeten Ressourcen hierfür ver-
schwendet, da der Kampf keinen produktiven Nutzen erzielt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836603140
DOI
10.3239/9783836603140
Dateigröße
587 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule der Medien Stuttgart – Fakultät Information und Kommunikation, Studiengang Informationswirtschaft
Erscheinungsdatum
2007 (Mai)
Note
1,3
Schlagworte
thailand korruption thaksin shinawatra bestechung veruntreuung
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