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Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing

©2005 Diplomarbeit 73 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Probleme des deutschen Gesundheitssystems erfordern zu ihrer Bewältigung die Übernahme eines marktorientierten Gedankengutes in das bestehende Gesundheitssystem. Die steigende Gesundheitsnachfrage könnte so zu mehr Beschäftigung und Wohlstand statt leerer Staatskassen führen. Das Gesundheitsmarketing als Kernelement der Ökonomisierung steckt jedoch noch in den Anfängen. Die vorliegende Arbeit begründet die Notwendigkeit einer Ökonomisierung des Gesundheitssektors, leitet das Gesundheitsmarketing aus dem Dienstleistungsmarketing ab, stellt den aktuellen Wissensstand in den Teilbereichen Krankenkassen-, Krankenhaus- und Arztmarketing dar und beschreibt zukünftigen Forschungsbedarf.
Die wesentlichen Leistungen von Krankenkassen, Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten sind Dienstleistungen am Patienten. Definitionen, Strategien, Ziele, operative Instrumente und Marketingkonstrukte wie das CRM (Customer Relationship Management) und das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma der Kundenzufriedenheit müssen folglich aus dem Dienstleistungsmarketing abgeleitet und entsprechend angepasst werden. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere Implikationen aus den Besonderheiten des Gutes Gesundheit und dem Gesundheitsmarkt selbst. Hierzu gehören unter anderem die Kollektiv- und Zukunftsguteigenschaften des Gutes Gesundheit sowie die Unvollkommenheit des Gesundheitsmarktes. Für die Ableitung der Strategien, Ziele und operativen Instrumente müssen die Bedingungen des gesetzlichen und privaten Krankenversicherungssystems berücksichtigt werden. Die teils sehr unterschiedlichen Gegebenheiten führen zu einer Differenzierung des Gesundheitsmarketing in drei wesentliche Teilbereiche: Krankenkassen-, Krankenhausmarketing und das Marketing niedergelassener Ärzte.
Die drei Hauptmarktteilnehmer müssen, basierend auf der Heterogenität und Pluralität der Zielgruppen, jeweils andere Strategien und Ziele gegenüber ihrer Umwelt verfolgen und andere operative Instrumente einsetzen. Die Strategien, Ziele und operativen Instrumente werden für die Teilbereiche im Einzelnen dargestellt und erläutert. Der aktuelle Wissensstand in allen drei Bereichen ist jedoch rudimentär und fortlaufend Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen unterworfen. Gerade deswegen sollte der Kenntnisstand erweitert werden, um notwendige gesetzliche Änderungen vorzunehmen, vorhandene Möglichkeiten nutzen zu können und die Effizienz und Ökonomisierung des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Maximilian Hoyer
Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
ISBN: 978-3-8366-0303-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Bergakademie Freiberg, Freiberg, Deutschland,
Diplomarbeit, 2005
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... III
Tabellenverzeichnis...IV
Abkürzungsverzeichnis ... V
1
Die Ökonomisierung des Gesundheitssystems und die offene Frage nach
den Implikationen für das Gesundheitsmarketing... 6
2
Gesundheitsmarketing für Gesundheitseinrichtungen als spezielle Form des
Dienstleistungsmarketing... 11
2.1
Definitorische Grundlagen, Ziele und Instrumente des Dienstleistungsmarke-
ting ... 11
2.1.1
Aktuelle Tendenzen im Dienstleistungsmarketing ... 11
2.1.2
Definition der Dienstleistung... 13
2.1.3
Theoretische Grundlagen des Dienstleistungsmarketing ... 17
2.1.4
Ziele und Strategien im Dienstleistungsmarketing ... 18
2.1.5
Operativen Instrumente des Dienstleistungsmarketing ... 22
2.2
Theoretische Ableitung des Gesundheitsmarketing... 24
2.2.1
Gesundheitsmarketing - eine Art des Dienstleistungsmarketing ... 24
2.2.2
Die Erfolgskette im Gesundheitsmarketing ... 27
2.2.3
Ausprägungen operativer Marketinginstrumente im Gesundheitsmarke-
ting ... 32
2.3
Implikationen für das Marketing von Gesundheitseinrichtungen... 33
2.3.1
Das besondere Gut Gesundheit ... 33
2.3.2
Implikationen für den Managementprozess ... 36
3
Entwicklungsstand des Gesundheitsmarketing in Literatur und Praxis und Imp-
likationen für weitere Forschungsbedarfe... 38
3.1
Stand des Gesundheitsmarketing im Gesundheitswesen ... 38
3.1.1
Ausgangslage ... 38
3.1.2
Das Krankenkassenmarketing ... 39
3.1.3
Das Krankenhausmarketing... 44
3.1.4
Das Marketing für niedergelassen Ärzte ... 51

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
II
3.2
Krankenversicherungssysteme und ihre Implikationen für das Gesundheitsmar-
keting... 54
3.2.1
Das System der gesetzlichen Krankenversicherung ... 54
3.2.2
Das System der privaten Krankenversicherung... 58
3.3
Ausblick und Notwendigkeit für die weitere Forschung im Bereich Gesund-
heitsmarketing... 58
4
Fazit... 60
Anhang ... LXI
Literaturverzeichnis...LXIII
Quellenverzeichnis ...LXIX

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die drei Leistungsabschnitte einer Dienstleistung... 15
Abbildung 2: Die Erfolgskette des Customer Relationship Managment ... 19
Abbildung 3: Das C/D-Paradigma der Kundenzufriedenheit ... 21
Abbildung 4: Die sieben Instrumente des Dienstleistungsmarketing ... 22
Abbildung 5: Die drei Dimensionen der Versorgungsqualität... 27
Abbildung 6: Der Managementprozess des Marketing... 36
Abbildung 7: Das wettbewerbliche Spannungsfeld auf dem primären Versorgungs-
markt ... 45
Abbildung 8: Schematische Darstellung von Mehr- und Mindererlösen im Kranken-
haus ... 56

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
IV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Der Aufstieg des tertiären Sektors ... 11
Tabelle 2:
Die Möglichkeiten der Leistungsabgrenzung ... 13
Tabelle 3:
Die konstitutiven Merkmale einer Dienstleistungen... 14
Tabelle 4:
Implikationen für das Dienstleistungsmarketing aus den Leistungsphasen ... 16
Tabelle 5:
Anbieterseitige Maßnahmen zur Reduktion von Unsicherheit... 18
Tabelle 6:
Nachfragerseitige Maßnahmen zur Reduktion von Unsicherheit... 18
Tabelle 7:
Die potential-, prozess- und ergebnisorientierten Ziele von Unternehmen ... 18
Tabelle 8:
Strategien im Dienstleistungsmarketing ... 19
Tabelle 9:
Die fünf Dimensionen der wahrgenommenen Unternehmensleistung ... 21
Tabelle 10:
Ausprägungen der operativen Instrumente im Dienstleistungsmarketing ... 23
Tabelle 11:
Die Nicht-Markt-Eigenschaften des primären Versorgungsmarktes... 35
Tabelle 12:
Die Oberziele der Sozialversicherung aus dem Sozialgesetzbuch ... 40
Tabelle 13:
Die wesentlichen Basisziele der Sozialversicherung ... 40
Tabelle 14:
Ausprägungen und zusätzliche Strategien im Krankenkassenmarketing ... 40
Tabelle 15:
Die wesentlichen Basisziele der Krankenhäuser ... 46
Tabelle 16:
Ausprägungen von Strategien im Krankenhausmarketing ... 46
Tabelle 17: Kategorien von Leistungen im Krankenhaus ... 48
Tabelle 18:
Die Kommunikationsinstrumente im Krankenhaus... 51
Tabelle 19:
Die operativen Instrumente im Marketing niedergelassener Ärzte ... 53

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
V
Abkürzungsverzeichnis
C/D Confirmation/Disconfirmation
CI Corparate
Identity
CRM
Customer Relationship Managment
DRG
Diagnosis Related Groups
GKV Gesetzliche
Krankenversicherung
GRG Gesundheitsreformgesetz
GSG Gesundheitsstrukturgesetz
PKV Private
Krankenversicherung
RSA Risikostrukturausgleich
TQM
Total Quality Management
ÖA Öffentlichkeitsarbeit

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
6
1
Die Ökonomisierung des Gesundheitssystems und die offene Frage nach
den Implikationen für das Gesundheitsmarketing
Otto von Bismarck legte mit der Verabschiedung des Krankenversicherungsgesetzes 1883 den
Grundstein für das deutsche Solidarsystem. Reichere sollten die Ärmeren, Jüngere die Älteren
unterstützen. Das politische Ziel war, die Ausbreitung der sozialistischen Bewegung durch
eine gezielte Armenunterstützung und Arbeiterpolitik einzudämmen.
1
Innere und äußere Ein-
flüsse sorgten im Zeitverlauf für eine starke quantitative und qualitative Ausweitung des Soli-
darsystems, das wir heute im Angesicht leerer Staatskassen nicht mehr finanzieren können.
Eine Reökonomisierung ist eine Option für das ausgeuferte Gesundheitswesen.
2
Die inneren Einflüsse bestehen in der Ausdehnung der Solidargemeinschaft und des Leis-
tungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Beide Effekte sind politisch
motiviert und mit dem Wunsch nach gleicher medizinischer Versorgung für alle verbunden.
Ursprünglich waren 1885 nur 11% der Bevölkerung in der GKV versichert. Der Großteil der
Bevölkerung sicherte sich aus privatem Vermögen ab.
3
Heute sind über 90% der Bevölkerung
(1999) in der GKV versichert.
4
Der Gedanke Bismarcks, nur die Ärmsten der Gesellschaft
über eine GKV mitzuversorgen, ging verloren. Durch die Ausweitung wuchs der politische
Einfluss, und durch beitragsstärkere Versicherte konnten neue Leistungen finanziert und in
den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden. Die Aufnahme neuer Leistungen ent-
spricht dem steigenden Gesundheitsbedürfnis der Bevölkerung. Eine Entökonomisierung des
Gesundheitsmarktes und steigende Kosten waren die Folge. Seit Ende der ,,Goldenen 70iger
Jahre" sieht man sich gezwungen den Kollaps der GKV mittels gesetzlicher Anpassungen wie
Kostendämpfungsgesetzten zu verhindern.
5
Die äußeren Einflüsse bestehen in der veränderten Altersstruktur, dem zunehmenden Ge-
sundheitsbewusstsein der Bevölkerung, dem rasanten medizinisch-technischem Fortschritt,
dem sogenannten Sisyphus-Syndrom
6
und den Herausforderungen des internationalen Wett-
bewerbs durch eine sich langsam vollziehende Marktöffnung.
7
1
Vgl. Kay (2001), S. 33; vgl. Oberender/Hebborn (1998), S. 31.
2
Vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 86.
3
Vgl. Böhlke/Söhnle/Viering (2005), S. 46.
4
Vgl. Haenecke (2001), S. 60; vgl. Kay (2001), S. 35.
5
Vgl. Böhlke/Söhnle/Viering (2005), S. 8; vgl. Kay (2001), S. 33; vgl. Oberender/Hebborn (1998), S. 35f.; vgl.
Kopetsch (1997), S. 3f..
6
Eine Erklärung des Begriffs folgt im fortlaufenden Text.
7
Vgl. Breyer/Zweifel/Kifmann (2003), S. 473ff.; vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 76ff..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
7
Die Altersstruktur hat sich seit Bismarcks Zeiten grundlegend verändert. Früher konnten viele
junge Beitragszahler die älteren Versicherten mitversorgen. Heute stehen durch den Geburten-
rückgang und die längere Lebenserwartung immer weniger Beitragszahler einem wachsenden
Anteil Älterer gegenüber.
8
Der Altersquotient
9
wird sich von 44 (2001) auf 46 (2010), 55
(2020) und 71 (2030) erhöhen.
10
Dadurch bedingt steigt die Nachfrage nach medizinischen
Leistungen, Pflegedienstleistungen, Medikamenten und Medizintechnik.
11
Der kleine Teil
junger Erwerbstätiger wird in Zukunft den großen Teil Älterer und deren wachsenden medizi-
nischen Bedarf nicht mehr finanzieren können.
12
Das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung ist in den letzten Jahrzehnten mit zuneh-
mendem Wohlstand der Gesellschaft und dem allgemeinen Wertewandel angewachsen.
13
Ge-
sundheit bedeutet heute nicht mehr nur körperliche Funktionalität, sondern wird als etwas
Ganzheitliches aus der Kombination von Körper, Seele, Geist und Umwelt gesehen.
14
Daraus
resultiert ein Nachfrageschub im Informationsbereich, im Bereich der Alternativ-, Wellness-
und Lifestyle-Medizin und dem psychosozialen Bereich.
15
Der technische Fortschritt vergrößert das Problem der Knappheit im Gesundheitssystem, weil
er das vorhandene Angebotsfeld bei gleichbleibenden finanziellen Ressourcen erweitert. Neue
Diagnose- und Therapiemöglichkeiten lassen unheilbare Krankheiten behandelbar werden.
Man spricht von einer ,,Explosion des Machbaren". Der technologische Wandel ist Motor des
Kostenanstiegs.
16
Kostenreduzierende Prozessinnovationen und organisatorische Innovatio-
nen werden selten entwickelt, weil durch die Anreizstrukturen nur Produktinnovationen neue
Einkommensmöglichkeiten für den Anbieter bieten.
Das Sisyphus-Syndrom beschreibt die Tatsache, dass neue medizinische Produktinnovationen
oft zwar das Leben der Patienten verlängern, sie aber nicht heilen. Diese sogenannten ,,Half-
way-Technologien" erhöhen die Zusatzkosten und das Kostenniveau des gesamten Gesund-
8
Vgl. Böhlke/Söhnle/Viering (2005), S. 46 sowie 24ff..
9
Definition: Der Altersquotient gibt an, wie viele Menschen im Rentenalter (>60) 100 Menschen im erwerbstä-
tigen Alter (20-59) gegenüberstehen. Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), http://www.destatis.de/presse/
deutsch/pm2003/p2300022.htm.
10
Vgl. Statistisches Bundesamt (2003), http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2003/p2300022.htm.
11
Vgl. Blöß (2005), S. A644; vgl. Osmers (2003), S. 26ff..
12
Vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 78; vgl. Kopetsch (1997), S. 7ff..
13
Vgl. Osmers (2003), S. 10f..
14
Vgl. Nefiodow (1999), S. 119.
15
Vgl. Osmers (2003), S. 10f.; vgl. Zerres/Zerres (2001), S. 8f.; vgl. Nefiodow (1999), S. 131.
16
Vgl. Breyer/Zweifel/Kifmann (2003), S. 474; vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 79ff.; vgl. Dilger (2002),
S. 45; Oberender/Hebborn (1998), S.128ff.; vgl. Kopetsch (1997), S. 15ff..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
8
heitswesens. Erst die selteneren ,,High-Technologien" als Weiterentwicklung der ,,Halfway-
Technologien" bringen eine vollständige Genesung und eine Kostenentlastung mit sich, weil
die Behandlungen nicht ständig weiterlaufen müssen. Insofern verlängert der technologische
Wandel die Lebenserwartung der Menschen und erhöht gleichzeitig die Anzahl derer, die das
Gesundheitswesen überdurchschnittlich beanspruchen. Bedingt durch die Altersstruktur wird
die Altersbevölkerung mittels ihres politischen Gewichtes ihre Wünsche im öffentlichen Ge-
sundheitswesen und die Finanzierung weiterer kostspieligerer medizinischer Innovationen
durchsetzen. Erfolge in der medizinischen Forschung werden so zur finanziellen Belastung
für Wirtschaft und Gesellschaft.
17
Die Marktöffnung der zumeist nationalen Gesundheitsmärkte ist spätestens seit der Entschei-
dung des Europäischen Gerichtshofes 1998 unabwendbar. Er legte fest, dass Krankenversi-
cherungen ihren Mitgliedern Kosten für in der EU in Anspruch genommene Leistungen er-
statten müssen. Eine Abschottung der einzelnen Gesundheitssysteme in der EU ist nicht mehr
möglich. Die Gesundheitssysteme in Europa müssen sich dem Wettbewerb stellen. Nicht nur
die Patienten können unter Abschätzung der Kosten-Leistungs-Verhältnisse zwischen den
Staaten wandern, sondern auch die Ärzte und das Hilfspersonal unter Vergleich der Ar-
beitseinkommen. Nationale Regulierungen wie die Kostendämpfungsgesetze und Umvertei-
lungselemente werden durch die Öffnung des Gesundheitswesens auf Dauer in Frage ge-
stellt.
18
Der kurze Blick auf die inneren und äußeren Entwicklungen zeigt, dass unser bestehendes
Gesundheitssystem diesen Entwicklungen nicht standhalten kann. Innere und äußere Einflüsse
zusammen bewirken eine finanzielle Krise des Gesundheitswesens.
19
Die oft negativ gesehene
,,Kostenexplosion" kann aber positiv als Nachfrageausdehnung interpretiert werden.
20
Sie
kann Grundlage für mehr Beschäftigung und Wohlstand im Zuge von Strukturwandel und
Wachstum werden. Das Wachstumspotential wird so positiv beurteilt, dass dem Gesund-
heitsmarkt der nächste Kondratieff-Zyklus
21
zugeschrieben wird.
22
17
Vgl. Breyer/Zweifel/Kifmann (2003), S. 474; vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 81f..
18
Vgl. Breyer/Zweifel/Kifmann (2003), S.475; vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 83ff..
19
Vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 86.
20
Vgl. Müller (2002), S.7; vgl. Oberender/Fleischmann (2002), S. 86; vgl. Oberender/Hebborn (1998), S. 54f..
21
Nikolai Kondratieff beschreibt in seiner ,,Theorie der langen Wellen" das Phänomen langer Wirtschaftszyklen,
die durch Basisinnovationen ausgelöst werden. Sie werden Kondratieff-Zyklen genannt. Vgl. Nefiodow
(1999), S. 2f.
22
Vgl. Blöß (2005), S. A644; vgl. Nefiodow (1999), S. 118ff.; vgl. Oberender/Hebborn (1998), S. 152ff..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
9
Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Schon heute ist das Gesundheitswesen mit einem
Anteil von mehr als 11% des Bruttoinlandsproduktes und rund 4,2 Millionen Arbeitsplätzen
(2003) einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. Von den Beschäftigten arbeiten insgesamt
3,4 Millionen (2003) im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich. Weitere 800.000
Arbeitsplätze finden sich in der Medizintechnik, der Verwaltung, der Pharmaindustrie, den
Vorleistungsindustrien und dem Gesundheitsschutz. Allein im Jahre 2003 nahm die Zahl der
Beschäftigten um 25.000 zu. Im Vergleich dazu waren in der Automobilindustrie nur 800.000
Personen (2004) mit fallender Tendenz beschäftigt.
23
Um das Potential zu entfesseln, muss der Gesundheitssektor in Deutschland reformiert und
von den gesetzlichen Einschränkungen zur Kostendämpfung befreit werden. Gleichzeitig
muss das System so gestaltet werden, dass der Staat bzw. die GKV die zusätzlichen Kosten
nur geringfügig tragen muss.
24
Es wird mehr Eigenverantwortung und finanzielle Eigenbetei-
ligung der Bürger verlangt.
25
Mehr Eigenverantwortung bedeutet mehr Selbstinformation über
Leistungsangebote und deren Sinnhaftigkeit.
26
Mehr finanzielle Eigenbeteiligung bedeutet,
dass der Patient in Zukunft viele Wahlleistungen selbst finanzieren muss, da der Staat bzw.
die GKV in Zukunft nur noch stark eingegrenzte Regelleistungen bezahlen können.
27
Schon
heute zieht sich der Staat langsam aus der Gesundheitsversorgung zurück. Lagen die Ausga-
ben der Öffentlichen Hauhalte für das Gesundheitswesen 1994 noch bei 46 Milliarden, waren
es im Jahre 2002 nur noch 40,5 Milliarden.
28
Insgesamt ist das Ziel eine höhere Patientensou-
veränität, d.h. eine höhere Entscheidungskompetenz des Patienten.
29
Mehr Patientensouverä-
nität lässt sich effektiv nur über Marktmechanismen erreichen. Der Patient muss wissen, was
eine bestimmte Leistung kostet und was sie bewirkt. Wir sprechen von der beginnenden Reö-
konomisierung des Gesundheitswesens. Ökonomisierung bedeutet eine höhere Verantwort-
lichkeit der Beteiligten am Wertschöpfungsprozess im Gesundheitssektor, eine stärkere Wett-
bewerbsorientierung, eine zunehmende Orientierung an Patientenbedürfnissen, die Optimie-
rung der Versorgungsprozesse, die vorrausschauende Anpassung an Veränderungen und Mut
zu Neuem.
30
23
Vgl. Blöß (2005), S. A644; vgl. Grönemeyer (2002), S. 31.
24
Vgl. Nefiodow (1999), S. 127.
25
Vgl. Osmers (2003), S. 12f.; vgl. Dilger (2002), S. 48; vgl. Müller (2002), S. 8; vgl. Paetow (2001), S. 9ff..
26
Vgl. Schade (2004), S. 4.
27
Vgl. Oberender/Hebborn (1998), S. 144ff..
28
Vgl. Böhlke/Söhnle/Viering (2005), S. 41.
29
Vgl. Zerres/Zerres (2001), S. 9f..
30
Vgl. Osmers (2003), S. 28.

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
10
Für eine Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist ein umfassendes Marketing unumgäng-
lich. ,,Marketing ist die bewusste marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens oder
marktorientiertes Entscheidungsverhalten in der Unternehmung. ... In der klassischen Inter-
pretation bedeutet Marketing die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen
und potentiellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Be-
friedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden."
31
Da-
zu müssen zum einen Informationen über den Kunden bzw. Patienten erhoben werden, damit
der Markt über einen planmäßigen, zieladäquaten und harmonischen Einsatz des Marketing-
Mix gestaltet werden kann.
32
Zum anderen müssen dem Patienten von allen Beteiligten mehr
Informationen zur Verfügung gestellt werden. Denn nur ein mündiger Patient kann eigenver-
antwortliche Entscheidungen treffen.
33
Für die Vermarktung von Zusatzangeboten sehen
schon heute immer mehr Leistungsanbieter Chancen in der Übernahme marketingorientierten
Gedankengutes in ihre betrieblichen Entscheidungsprozesse.
34
Das Gesundheitsmarketing
wird in diesem Bereich geboren.
Deutschland steht am Anfang der Reökonomisierung des Gesundheitswesen. In der Literatur
gibt es bisher zahlreiche finanzwissenschaftliche Betrachtungen, Prognosen für die zukünftige
Entwicklung und Gestaltungshinweise für mögliche Gesundheitssysteme. Zeit sich mit dem
Marketing im Gesundheitswesen, dem Mittel zur Ökonomisierung, auseinander zu setzen.
Ausgangspunkt sollen die Grundzüge des Dienstleistungsmarketings sein (Kapitel 2.1), da
Versicherungen, Ärzte und Krankenhäuser überwiegend Dienstleistungen erbringen. Diese
gesundheitsrelevanten Leistungen unterscheiden sich jedoch von den allgemeinen Dienstleis-
tungen. Deswegen ist eine Differenzierung notwendig und das Gesundheitsmarketing wird in
der vorliegenden Arbeit aus dem Dienstleistungsmarketing abgeleitet (Kapitel 2.2). Aus dem
besonderen Gut Gesundheit folgen spezielle Implikationen, die im Marketing für Gesund-
heitseinrichtungen zu berücksichtigen sind (Kapitel 2.3). Die Arbeit soll weiterhin anhand der
noch spärlichen Literatur den momentanen Wissensstand (Kapitel 3.2) und die Probleme für
das Gesundheitsmarketing darstellen (Kapitel 3.3) sowie weiteren Forschungsbedarf aufde-
cken (Kapitel 3.4).
31
Meffert (2000), S. 8.
32
Vgl. Meffert (2000), S. 8.
33
Vgl. Schade (2004), S. 14.
34
Vgl. Forum Healthcare (2002), S. 7; vgl. Zerres/Zerres (2001), S. V.

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
11
2 Gesundheitsmarketing
für
Gesundheitseinrichtungen als spezielle Form
des Dienstleistungsmarketings
2.1
Definitorische Grundlagen, Ziele und Instrumente des Dienstleistungs-
marketing
2.1.1
Aktuelle Tendenzen im Dienstleistungsmarketing
1954 erregte Jean Fourastié mit seinem Buch ,,Die große Hoffnung des Zwanzigsten Jahrhun-
derts" großes Aufsehen. Er teilte die Wirtschaft entsprechend seiner ,,Drei-Sektoren-
Hypothese" in den primären (Forst- und Landwirtschaft), den sekundären (Industrie) und den
tertiären (Dienstleistung) Sektor auf. Dem tertiären Sektor, dem Dienstleistungssektor, pro-
phezeite er mit ca. 80% Anteil an der Wirtschaftsleistung eine glänzende Zukunft.
35
Heute sind Dienstleistungen der Motor des wirtschaftlichen Wachstums in Deutschland.
36
Zwar wurde die Prognose von Fourastié nicht ganz erfüllt, dennoch ist der Anteil des Dienst-
leistungssektors, gemessen an der Bruttowertschöpfung und den Erwerbstätigen, in Deutsch-
land von 1970 bis heute mit steigender Tendenz gewachsen. (Vgl. Tabelle 1)
Tab.1:
Der Aufstieg des tertiären Sektors
Bruttowertschöpfung
37
Erwerbstätige
38
1970
2003
1970
2003
Primärer Sektor
3,3
1,1
9,1
2,5
Sekundärer Sektor
48,4
28,8
49,3
31,1
Tertiärer Sektor
48,3
70,1
41,6
66,4
Quelle:
in Anlehnung an Statistisches Bundesamt (2005), http://www.destatis.de.
Strittig ist, ob die Bruttowertschöpfung und der Erwerbstätigenanteil die wahre Bedeutung
des tertiären Sektors widerspiegeln. Kritiker wie Albach sehen in dem Anstieg nur einen Ver-
lagerungseffekt zwischen Unternehmen durch Outsourcing-Prozesse. Sie halten den tertiären
Sektor für überschätzt.
39
Viele Autoren bestätigen zwar das Ende der Outsourcing-Welle, se-
hen aber aus Nachfragersicht einen starken zukünftigen Erweiterungsbedarf.
40
Meffert/Bruhn
nennen als Gründe dafür:
41
35
Vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 17; vgl. Wolff (1998), S. 48; vgl. Fourastié (1954), 5ff..
36
Vgl. Bullinger (1997), S. 27.
37
Vgl. Statistisches Bundesamt (2005a), http://www.destatis.de/indicators/d/lrvgr01ad.htm.
38
Vgl. Statistisches Bundesamt (2005b), http://www.destatis.de/indicators/d/lrerw05ad.htm.
39
Vgl. Meffert (1998), S. 957; vgl. Albach (1989), S. 401.
40
Vgl. Meffert (1998), S. 957f..
41
Vgl. Meffert/Bruhn (2003), S. 6ff..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
12
·
gesellschaftliche Veränderungen wie den Anstieg des Anteils erwerbstätiger Frauen,
·
die Entlokalisierung / Internationalisierung persönlicher und geschäftlicher Kontakte,
·
demografische Veränderungen wie der steigende Anteil älterer Menschen,
·
den Wertewandel hin zu mehr Bequemlichkeit und
·
eine Zunahme unternehmensinduzierter Dienstleistungsangebote.
Diese produktbegleitenden Angebote von Dienstleistungen (added services) werden bisher
nicht im tertiären Sektor erfasst.
42
Auch gehen nur Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten in
die Statistik ein. Dienstleistungsunternehmen sind in der Regel jedoch kleiner.
43
Insofern wird
der Dienstleistungssektor statistisch unterschätzt. Diese Tatsache wird durch die statistische
Nichterfassung des steigenden nachfrageinduzierten Erweiterungsbedarfs verstärkt.
44
Insgesamt befindet sich Deutschland ­ wie andere hochentwickelte Volkswirtschaften ­ in
einem Strukturwandel weg von der Industriekultur hin zur Dienstleistungskultur. Diese Ter-
tiarisierung basiert auf dem verallgemeinerten Engel´schen Gesetz. Demnach nimmt die
Nachfrage nach höherwertigen Gütern des tertiären Sektors, wie Bildung und Gesundheit, mit
steigendem Lebensstandard der privaten Haushalte zu.
45
Die wirtschaftlichen Potentiale inno-
vativer und zukunftsweisender Dienstleistungen sind in Deutschland nicht ausgeschöpft.
46
Es
gilt, Dienstleistungskompetenzen im globalen Wettbewerb zu sichern und neue Dienstleis-
tungskompetenzen für den Standort Deutschland zu finden.
47
Eine solche Kompetenz könnte
das deutsche Gesundheitswesen sein.
48
Bei seiner Entwicklung ist der Dienstleistungssektor zwei wesentlichen Einflüssen ausgesetzt:
·
Durch die Globalisierung
49
und Deregulierung bzw. Liberalisierung der Märkte in vie-
len Ländern nimmt sowohl der Wettbewerb auf den Ländermärkten
50
als auch der glo-
bale Wettbewerb zwischen den Staaten um Märkte und Standorte zu. Folge sind eine
zunehmende Beschleunigung der Wandlungsprozesse durch kurze Produktlebens- und
Distributionszyklen im Dienstleistungssektor.
51
42
Vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 20f.; vgl. Wolff (1998), S. 59.
43
Vgl. Schultz/Weise (2000), S. 25.
44
Vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 20f.; vgl. Wolff (1998), S. 59.
45
Vgl. Stille (2000), S. 4.
46
Vgl. Bullinger (1997), S. 27.
47
Vgl. Stille (2000), S. 16ff..
48
Vgl. Grönemeyer (2002), S. 31ff..
49
Vgl. Bullinger (1997), S. 29.
50
Vgl. Benkenstein/Kohrmann (2003), S. 2; vgl. Meffert (2001), S. 327; vgl. Weiber/Späth (1998), S. 232.
51
Vgl. Benkenstein/Kohrmann(2003), S. 2; vgl. Zentes/Ferring/Janz (2001), S. 663; Bullinger (1997), S. 29f..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
13
·
Die permanente Verbesserung der Informations- und Kommunikationstechnologien
führt zu einem Abbau räumlicher und zeitlicher Beschränkungen durch den steigenden
globalen Austausch von Informationen. Damit werden Dienstleistungen zunehmend
transportfähig und teilweise standortunabhängig. Non-Tradables werden zu Tra-
dables.
52
Diese Einflüsse führen zu einer höheren Wettbewerbsintensität durch die wachsende globale
Konkurrenz. Sie erfordern eine Produktion zu immer niedrigeren Kosten.
53
Gleichzeitig er-
möglichen verbesserte Technologien eine stetig präzisere Bestimmung und Befriedigung der
individuellen Kundenbedürfnisse. Dieser Widerspruch wird oft in einer Polarisierung aufge-
löst. Zum einen werden dem Kunden maßgeschneiderte hochpreisige Qualitätsprodukte, zum
anderen standardisierte kostengünstige Massendienstleistungen angeboten.
54
Zusammenfassend sind die aktuellen Tendenzen im Dienstleistungsmarketing eine steigende
Bedeutung des Dienstleistungssektors, die Veränderung der Altersstruktur, der Wertewandel
in der Gesellschaft, die Entwicklung neuer Dienstleistungsbereiche, die Globalisierung, Dere-
gulierung und Liberalisierung im Dienstleistungsbereich, die zunehmende Standortunabhän-
gigkeit und Individualität und die Polarisierung zwischen individuellen Dienstleistungen und
Massendienstleistungen.
2.1.2
Definition der Dienstleistung
Dienstleistungen lassen sich allgemein nur schwer definieren und abgrenzen. Über Leistungs-
abgrenzung zwischen Dienstleistungen und Sachgütern kann eine Definition enumerativ, ne-
gativ, institutionell oder auf Basis von konstitutiven Merkmalen erfolgen.
55
Die verschiedenen
Alternativen sind in nachstehender Tabelle 2 kurz erläutert.
Tab. 2:
Die Möglichkeiten der Leistungsabgrenzung
Enumerativ
Definition durch die Aufzählung von Dienstleistungskategorien, (Perso-
nenverkehr, Gesundheitswesen, etc.)
Negativ
Definition mittels Abgrenzung von Produkten, die Sachgüter darstellen.
Institutionell
Definition durch die Definition des tertiären Sektors.
Konstitutiv
Definition auf Basis konstitutiver Merkmale.
Quelle:
in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003), S. 809.
52
Definition: Non-Tradebels sind nicht über Landesgrenzen auf internationalen Märkten handelbare Güter. Ana-
log dazu die Definition für Tradebels. Vgl. Barro/Grilli (1996), S. 225f.
53
Vgl. Bullinger (1997), S. 30f..
54
Vgl. Benkenstein/Kohrmann (2003), S. 2f..
55
Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 809.

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
14
Durchgesetzt hat sich allein die Definition auf Basis konstitutiver Merkmale. Die anderen
Ansätze haben sich als zu unspezifisch erwiesen. Es lassen sich fünf konstitutive Merkmale
ableiten: Intangibilität, Verderblichkeit, Integration des externen Faktors, wahrgenommenes
Kaufrisiko und Individualität.
56
Eine Erklärung der Merkmale ist Tabelle 3 zu entnehmen.
Tab. 3:
Die konstitutiven Merkmale einer Dienstleistungen
Konstitutives
Merkmal
Erklärung
Intangibilität
57
Am Ende einer dienstleistenden Tätigkeit liegt im Gegensatz zu einer Sach-
gütererstellung kein greifbares materielles Gut vor. Es ist somit intangibel,
d.h. nicht greifbar.
Verderblichkeit
Die Erstellung und der Absatz einer Dienstleistung sind untrennbar und kön-
nen deswegen nicht vorab auf Lager produziert werden. (Uno-Actu-Prinzip)
Integration des
externen Faktors
Der Nachfrager einer Dienstleistung muss einen externen Faktor, sich selbst
oder eines seiner Objekte, in den Erstellungsprozess einbringen, an dem die
Leistung erbracht werden soll.
Wahrgenommenes
Risiko
Im Gegensatz zu Sachgütern weisen Dienstleistungen im hohem Maße Er-
fahrungs- und Vertrauenseigenschaften auf. Dadurch empfindet der Konsu-
ment ein höheres Kaufrisiko, da eine ex-ante Beurteilung der Dienstleis-
tungsqualität schwierig ist.
Individualität
Prinzipiell führt die Integration eines externen Faktors zu einer stärkeren Indi-
vidualisierung auf kundenspezifische Bedürfnisse als dies bei Sachgütern der
Fall ist.
Quelle:
in Anlehnung an Homburg/Krohmer (2003), S. 810.
Eine scharfe Abgrenzung zu Sachgütern ist über die konstitutiven Merkmale aber auch nicht
vollständig zu erreichen. Sachgüter können durchaus konstitutive Merkmale aufweisen, wenn
sie durch einen hohen Individualisierungsgrad geprägt sind. Andererseits müssen hochstan-
dardisierte Dienstleistungen nicht zwangsläufig alle konstitutiven Merkmale zeigen.
58
Engel-
hardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer schlugen daher eine übergreifende Typologie von
Leistungsbündeln vor. Sie grenzen Dienstleistungen nicht von Sachgütern ab, sondern diffe-
renzieren Güter und Leistungen mittels eines Integrationsgrades und eines Immaterialitätsgra-
des als Dimensionen.
59
Homburg/Krohmer halten es für überzogen, die Trennung zwischen
Sachgütern und Dienstleistungen aufzugeben, nur weil es in Randbereichen Abgrenzungs-
probleme gibt.
60
Zahlreiche Autoren verfolgen die Leistungsabgrenzung zwischen Dienstleis-
tungen und Sachgütern mit einer phasenorientierten Betrachtung. Hier werden die verschiede-
56
Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 809f.; vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 28.
57
Der Begriff der Intangibilität wird hier dem weitverbreiteten Begriff der Immaterialität vorgezogen, weil er
neben den physischen Merkmalen auch diejenigen Merkmale umfasst, die intellektuell schwierig zu erfassen,
zu beschreiben oder zu definieren sind. Vgl. Corsten (2001), S. 27f..
58
Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 810f..
59
Vgl. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer (1992), S. 34.
60
Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 811f..

Gesundheitsmarketing als Bestandteil des Dienstleistungsmarketing
15
nen konstitutiven Merkmale den drei Dimensionen der Dienstleistung zugeordnet.
61
Mef-
fert/Bruhn fassen dieses Drei-Phasen-Modell in folgender Definition zusammen: ,,Dienstleis-
tungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung ... und/oder
dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten ... verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne ...
und externe Faktoren ... werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessori-
entierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel einge-
setzt, an den externen Faktoren, an Menschen ... oder deren Objekten ... nutzenstiftende Wir-
kungen ... zu erzielen (Ergebnisorientierung)."
62
Im Folgenden sollen die drei auf einander
folgenden Leistungsabschnitte, wie in Abbildung 1 dargestellt, näher betrachtet werden:
Abb. 1:
Die drei Leistungsabschnitte einer Dienstleistung
Quelle:
in Anlehnung an Meffert/Bruhn (2003), S. 30.
Das Leistungspotential ergibt sich aus dem intangiblen Leistungsversprechen des Dienstleis-
tungsanbieters. Er vermarktet die Fähigkeit und Bereitschaft zur Erbringung einer Dienstleis-
tung. Die Leistungsfähigkeit zeigt sich beispielsweise in der Qualifikation des Personals, die
Leistungsbereitschaft in der Anzahl und dem Alter von Maschinen. Sowohl die Fähigkeit als
auch die Bereitschaft ist nicht greifbar (intangibel). Die Qualität der Leistung hängt von der
spezifischen Leistungsfähigkeit und der Ausstattung des Anbieters ab.
63
Für den Kunden er-
gibt sich daraus ein hohes subjektives Kaufrisiko und eine hohe Bedeutung des Humankapi-
tals und -potentials des Anbieters. Das empfundene Risiko versucht der Kunde durch eine
Antizipation und Visualisierung des Nutzens von Prozess und Ergebnis der Leistung zu ver-
mindern.
Im Leistungsprozess werden die internen Produktionsfaktoren (Leistungsfähigkeit und -
bereitschaft) mit dem externen Faktor, den der Kunde in den Leistungserstellungsprozess ein-
bringt, kombiniert. Im Erstellungsprozess erfährt der integrierte externe Faktor eine für den
61
Vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 28; vgl. Meffert/Bruhn (2003), S. 27ff..
62
Meffert/Bruhn (2003), S. 30.
63
Vgl. Weis/Bieberstein (2001), S. 29.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836603034
DOI
10.3239/9783836603034
Dateigröße
864 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Bergakademie Freiberg – Wirtschaftswissenschaften - Fakultät 6, Marketing und Internationaler Handel
Erscheinungsdatum
2007 (Mai)
Note
1,3
Schlagworte
gesundheitswesen dienstleistung marketing gesundheits krankenhaus krankenkasse arzt
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