Übernahme insolventer Unternehmen
Rechtliche und wirtschaftliche Chancen und Risiken aus Käufersicht
©2006
Diplomarbeit
78 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Problemstellung:
Marktwirtschaft setzt auf die selbstständige Regulierung des Marktes durch Angebot und Nachfrage. Ein Unternehmen, dessen Produkte und/oder Dienstleistungen nicht oder nicht mehr nachgefragt werden, wird durch den Markt sanktioniert und wird auf Dauer nicht fortexistieren können. Die langfristige Konsequenz ist ein Ausscheiden des Unternehmens aus dem Markt.
Aber nicht jede Unternehmenskrise, die in der vorläufigen oder dauerhaften Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens mündet, muss in der Liquidation bzw. Zerschlagung des Unternehmens enden.
In vielen Fällen bestehen bei Krisenunternehmen erhebliche wirtschaftliche Potentiale auf Grund von Kundenbeziehungen, qualifizierter Belegschaft, Grundstücken, Gebäuden etc., die eine Übernahme für Dritte interessant machen könnten.
Letztlich ist aber für die Investitions- oder Kaufentscheidung von Investoren von erheblicher Bedeutung, welche Chancen und Risiken mit dem Erwerb verbunden sind.
Mit der Einführung der Insolvenzordnung hat der Gesetzgeber Rahmenbedingungen geschaffen, welche die Übernahme bzw. Fortführung insolventer Unternehmen erleichtern. Neben standortpolitischen Erwägungen standen dabei vor allem auch volkswirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund.
Die Anzahl von 37.900 für 2006 erwarteten Unternehmensinsolvenzen zeigt, dass Insolvenzen in Deutschland kein seltenes Phänomen sind. Unternehmensinsolvenzen verursachten 2006 einen Schaden in Höhe von 37.500.000.000,00 Euro. In der Folge fielen 563.000 Arbeitsplätze Unternehmensinsolvenzen zum Opfer.
Bezogen auf die Gesamtzahl aller Insolvenzen in Deutschland ergibt sich demnach auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ein greifbarer Vorteil bei der sinnvollen Anwendung und Weiterführung von Unternehmen im Sinne der insolvenzrechtlichen Vorschriften.
Ein höchst aktuelles Beispiel ist die Insolvenz der ehemaligen Siemens Handysparte BenQ Mobile. Auch hier wird versucht im Rahmen des Insolvenzverfahrens das Unternehmen (zumindest in Teilen) zu retten und Arbeitsplätze zu sichern, nachdem auch mit der zuvor erfolgte außergerichtliche Veräußerung an BenQ nicht die erhoffte Sanierung betrieben werden konnte. Dieses Beispiel zeigt deutlich, mit welchen Chancen und Risiken der Kauf eines Krisenunternehmens verbunden sein kann, wenn die Sanierungsbemühungen des Käufers nicht greifen.
Es ist zu vermuten, dass sich die Anzahl erfolgreich durchgeführter Übernahmen aus dem Insolvenzverfahren […]
Marktwirtschaft setzt auf die selbstständige Regulierung des Marktes durch Angebot und Nachfrage. Ein Unternehmen, dessen Produkte und/oder Dienstleistungen nicht oder nicht mehr nachgefragt werden, wird durch den Markt sanktioniert und wird auf Dauer nicht fortexistieren können. Die langfristige Konsequenz ist ein Ausscheiden des Unternehmens aus dem Markt.
Aber nicht jede Unternehmenskrise, die in der vorläufigen oder dauerhaften Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens mündet, muss in der Liquidation bzw. Zerschlagung des Unternehmens enden.
In vielen Fällen bestehen bei Krisenunternehmen erhebliche wirtschaftliche Potentiale auf Grund von Kundenbeziehungen, qualifizierter Belegschaft, Grundstücken, Gebäuden etc., die eine Übernahme für Dritte interessant machen könnten.
Letztlich ist aber für die Investitions- oder Kaufentscheidung von Investoren von erheblicher Bedeutung, welche Chancen und Risiken mit dem Erwerb verbunden sind.
Mit der Einführung der Insolvenzordnung hat der Gesetzgeber Rahmenbedingungen geschaffen, welche die Übernahme bzw. Fortführung insolventer Unternehmen erleichtern. Neben standortpolitischen Erwägungen standen dabei vor allem auch volkswirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund.
Die Anzahl von 37.900 für 2006 erwarteten Unternehmensinsolvenzen zeigt, dass Insolvenzen in Deutschland kein seltenes Phänomen sind. Unternehmensinsolvenzen verursachten 2006 einen Schaden in Höhe von 37.500.000.000,00 Euro. In der Folge fielen 563.000 Arbeitsplätze Unternehmensinsolvenzen zum Opfer.
Bezogen auf die Gesamtzahl aller Insolvenzen in Deutschland ergibt sich demnach auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ein greifbarer Vorteil bei der sinnvollen Anwendung und Weiterführung von Unternehmen im Sinne der insolvenzrechtlichen Vorschriften.
Ein höchst aktuelles Beispiel ist die Insolvenz der ehemaligen Siemens Handysparte BenQ Mobile. Auch hier wird versucht im Rahmen des Insolvenzverfahrens das Unternehmen (zumindest in Teilen) zu retten und Arbeitsplätze zu sichern, nachdem auch mit der zuvor erfolgte außergerichtliche Veräußerung an BenQ nicht die erhoffte Sanierung betrieben werden konnte. Dieses Beispiel zeigt deutlich, mit welchen Chancen und Risiken der Kauf eines Krisenunternehmens verbunden sein kann, wenn die Sanierungsbemühungen des Käufers nicht greifen.
Es ist zu vermuten, dass sich die Anzahl erfolgreich durchgeführter Übernahmen aus dem Insolvenzverfahren […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Mirko René Gramatke
Übernahme eines insolventen Unternehmens
Chancen und Risiken unter besonderer Berücksichtigung rechtlicher Aspekte aus
Käufersicht
ISBN: 978-3-8366-0238-9
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Fachhochschule Nordhessen, Standort Bad Sooden-Allendorf, Bad Sooden-
Allendorf, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany
Mirko René Gramatke, Diplom Wirtschaftsjurist (FH), Wirtschaftsrechts-Studium an der privaten
Fachhochschule Nordhessen. Derzeit tätig als Unternehmensberater.
I
Inhaltsübersicht
1 Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung... 1
1.2
Gang der Untersuchung... 2
2
Entwicklung der Krise zur Insolvenz... 3
2.1
Der Krisenfall ... 3
2.1.1
Krisenentwicklung... 3
2.1.2
Folgen der Krise... 4
2.2
Die Insolvenz ... 5
2.2.1
Verwertungsmöglichkeiten in der Insolvenz ... 5
2.2.2
Insolvenzgründe ... 5
2.2.2.1 Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ... 5
2.2.2.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß §18 InsO... 6
2.2.2.3 Überschuldung gemäß § 19 InsO ... 7
2.2.3
Folgen für den Erwerber... 7
3
Ermittlung des Unternehmenswertes und Kaufpreisbildung ... 9
3.1
Prüfungsphase - Due Diligence... 9
3.1.1
Bestimmung des Begriffs Due Diligence... 9
3.1.2
Funktionen der Due Diligence ... 9
3.1.2.1 Funktionen und Ziele der Due Diligence bei Krisenunternehmen... 9
3.1.2.2 Probleme der Due Diligence bei Krisenunternehmen... 10
3.2
Kaufpreisbildung ... 11
3.2.1
Objektiver Unternehmenswert... 11
3.2.2
Subjektiver Unternehmenswert ... 11
3.2.3
Liquidations- und Fortführungswert... 11
3.2.4
Chancen für den Erwerber... 12
4
Erwerbsalternativen und damit verbundene Chancen und Risiken für den
Erwerber ... 13
4.1
Wahl der geeigneten Handlungs- bzw. Kaufoption ... 13
4.1.1
Share Deal... 13
4.1.2
Asset Deal... 14
4.1.2.1 Übertragende
Sanierung... 14
II
4.1.2.2 Freie Sanierung im Rahmen des außergerichtlichen Vergleichs ... 16
4.1.3
Zusammenfassende Betrachtung: Asset Deal vs. Share Deal ... 16
4.2
Wahl des geeigneten Erwerbszeitpunktes... 17
4.2.1
Erwerb außerhalb des Insolvenzverfahrens... 17
4.2.1.1 Haftungsfragen beim Erwerb außerhalb des Insolvenzverfahrens... 17
4.2.1.2 Vertragliche
Haftungsrisiken ... 24
4.2.1.3 Sanierungsrisiken ... 25
4.2.1.4 Haftung bei ,,faktischer Geschäftsführung" des Erwerbers ... 28
4.2.1.5 Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs ... 30
4.2.1.6 Zusammenfassende Betrachtung der Chancen und Risken der Übernahme
von Unternehmen außerhalb des geregelten Insolvenzverfahrens... 31
4.2.2
Erwerb im Insolvenzeröffnungsverfahren ... 32
4.2.2.1 Erwerb vom ,,starken" vorläufigen Insolvenzverwalter... 32
4.2.2.2 Erwerb vom ,,schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter... 34
4.2.2.3 Haftungsfragen ... 35
4.2.2.4 Erfüllungswahlrecht
des
Insolvenzverwalters in Bezug auf
Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 2 InsO ... 40
4.2.2.5 Abschließende Bewertung der Chancen und Risiken des
Unternehmenserwerbs vom vorläufigen Insolvenzverwalter... 40
4.2.3
Erwerb im eröffneten Insolvenzverfahren ... 41
4.2.3.1 Haftungsfragen ... 41
4.2.3.2 Abschließende Bewertung der Chancen und Risiken des Erwerbs im
eröffneten Insolvenzverfahren... 59
5
Zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse... 61
Literaturverzeichnis... 63
Abbildungsverzeichnis ... 67
III
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung... 1
1.2
Gang der Untersuchung... 2
2
Entwicklung der Krise zur Insolvenz... 3
2.1
Der Krisenfall ... 3
2.1.1
Krisenentwicklung... 3
2.1.2
Folgen der Krise... 4
2.2
Die Insolvenz ... 5
2.2.1
Verwertungsmöglichkeiten in der Insolvenz ... 5
2.2.2
Insolvenzgründe ... 5
2.2.2.1 Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ... 5
2.2.2.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß §18 InsO... 6
2.2.2.3 Überschuldung gemäß § 19 InsO ... 7
2.2.3
Folgen für den Erwerber... 7
3
Ermittlung des Unternehmenswertes und Kaufpreisbildung ... 9
3.1
Prüfungsphase - Due Diligence... 9
3.1.1
Bestimmung des Begriffs Due Diligence... 9
3.1.2
Funktionen der Due Diligence ... 9
3.1.2.1 Funktionen und Ziele der Due Diligence bei Krisenunternehmen... 9
3.1.2.2 Probleme der Due Diligence bei Krisenunternehmen... 10
3.2
Kaufpreisbildung ... 11
3.2.1
Objektiver Unternehmenswert... 11
3.2.2
Subjektiver Unternehmenswert ... 11
3.2.3
Liquidations- und Fortführungswert... 11
3.2.4
Chancen für den Erwerber... 12
4
Erwerbsalternativen und damit verbundene Chancen und Risiken für
den Erwerber ... 13
4.1
Wahl der geeigneten Handlungs- bzw. Kaufoption ... 13
4.1.1
Share Deal... 13
4.1.2
Asset Deal... 14
4.1.2.1 Übertragende
Sanierung... 14
IV
4.1.2.1.1 Ablösung sämtlicher Forderungen durch den Kaufpreis... 15
4.1.2.1.2 Befriedigung der verbleibenden Forderungen zum
Zerschlagungswert ... 15
4.1.2.2 Freie Sanierung im Rahmen des außergerichtlichen Vergleichs ... 16
4.1.3
Zusammenfassende Betrachtung: Asset Deal vs. Share Deal ... 16
4.2
Wahl des geeigneten Erwerbszeitpunktes... 17
4.2.1
Erwerb außerhalb des Insolvenzverfahrens... 17
4.2.1.1 Haftungsfragen beim Erwerb außerhalb des Insolvenzverfahrens... 17
4.2.1.1.1 Share
Deal ... 17
4.2.1.1.2 Asset
Deal ... 18
4.2.1.1.2.1 Haftung des Erwerbers nach § 75 AO ... 18
4.2.1.1.2.2 Haftung des Erwerbers nach § 25 HGB... 20
4.2.1.1.2.3 Haftung des Erwerbers nach § 613a BGB ... 21
4.2.1.1.2.3.1 Betriebsbegriff i.S.d. § 613a BGB ... 21
4.2.1.1.2.3.2 Betriebsübergang... 21
4.2.1.1.2.3.3 Rechtsfolge... 22
4.2.1.1.2.4 Praxisrelevanz des Asset Deals bei der Übernahme außerhalb
des Insolvenzverfahrens ... 23
4.2.1.2 Vertragliche
Haftungsrisiken ... 24
4.2.1.3 Sanierungsrisiken ... 25
4.2.1.3.1 Haftung wegen Beihilfe/ Anstiftung zur Insolvenzverschleppung ... 25
4.2.1.3.2 Anfechtungsrisiken... 26
4.2.1.3.2.1 Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO ... 26
4.2.1.3.2.2 Anfechtung nach § 131 InsO ... 27
4.2.1.3.2.3 Anfechtung nach § 132 Abs. 1 Nr.1 InsO... 27
4.2.1.3.2.4 Anfechtung nach § 133 InsO ... 28
4.2.1.4 Haftung bei ,,faktischer Geschäftsführung" des Erwerbers ... 28
4.2.1.5 Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs ... 30
4.2.1.6 Zusammenfassende Betrachtung der Chancen und Risken der Übernahme
von Unternehmen außerhalb des geregelten Insolvenzverfahrens... 31
4.2.2
Erwerb im Insolvenzeröffnungsverfahren ... 32
4.2.2.1 Erwerb vom ,,starken" vorläufigen Insolvenzverwalter... 32
4.2.2.1.1 Herrschende Meinung: Keine Verwertungsbefugnis des vorläufigen
Insolvenzverwalters... 32
V
4.2.2.1.2 Mindermeinung: Verwertungsbefugnis des vorläufigen
Insolvenzverwalters... 33
4.2.2.1.3 Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens... 33
4.2.2.1.4 Stellungnahme... 34
4.2.2.2 Erwerb vom ,,schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter... 34
4.2.2.3 Haftungsfragen ... 35
4.2.2.3.1 Haftung des Erwerbers nach § 75 AO... 35
4.2.2.3.2 Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung gemäß § 25 HGB ... 36
4.2.2.3.2.1 Ansicht des BGH ... 36
4.2.2.3.2.2 Ansicht der Literatur ... 36
4.2.2.3.3 Haftung des Erwerbers nach § 613a BGB ... 37
4.2.2.3.4 Anfechtungsrisiken... 38
4.2.2.3.4.1 Anfechtung des Kaufs gemäß § 132 Abs. 1 Nr.1 InsO ... 38
4.2.2.3.4.2 Anfechtung des Kaufs gemäß § 133 InsO... 39
4.2.2.3.4.3 Anfechtung bei einer Veräußerung des Unternehmens durch
den ,,starken" vorläufigen Insolvenzverwalter ... 39
4.2.2.4 Erfüllungswahlrecht
des
Insolvenzverwalters in Bezug auf
Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 2 InsO ... 40
4.2.2.5 Abschließende Bewertung der Chancen und Risiken des
Unternehmenserwerbs vom vorläufigen Insolvenzverwalter... 40
4.2.3
Erwerb im eröffneten Insolvenzverfahren ... 41
4.2.3.1 Haftungsfragen ... 41
4.2.3.1.1 Anfechtungsrisiken... 41
4.2.3.1.2 Haftung des Erwerbers nach § 75 AO... 42
4.2.3.1.3 Haftung des Erwerbers bei Fortführung der Firma nach § 25 HGB ... 42
4.2.3.1.4 Haftung des Erwerbers nach § 613a BGB ... 43
4.2.3.1.4.1 Haftung für vor Verfahrenseröffnung entstandene
Forderungen und Anwartschaften... 43
4.2.3.1.4.2 Haftung für zwischen Verfahrenseröffnung und
Betriebsübergang entstandene Lohn- und Gehaltsforderungen
sowie Anwartschaften... 44
4.2.3.1.4.3 Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers ... 45
4.2.3.1.4.3.1 Inhalt der Aufklärungspflicht ... 46
4.2.3.1.4.3.2 Folgen fehlender oder nicht ausreichender Unterrichtung... 47
4.2.3.1.4.4 Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers... 48
4.2.3.1.4.4.1 Voraussetzungen des Widerspruchs... 48
4.2.3.1.4.4.2 Wirkungen
des
Widerspruchs ... 48
4.2.3.1.4.4.3 Verzicht des Arbeitnehmers auf das Widerspruchsrecht ... 49
VI
4.2.3.1.4.5 Kündigungserleichterungen und Haftungsbegrenzungen in der
Insolvenz... 49
4.2.3.1.4.5.1 §113 Inso im Zusammenhang mit betriebsbedingten
Kündigungen ... 49
4.2.3.1.4.5.2 Kündigungserleichterungen im Rahmen des
Interessenausgleichs nach §§ 125 bis 128 InsO ... 50
4.2.3.1.4.5.2.1 Pflicht zur Durchführung eines Interessenausgleichs ... 51
4.2.3.1.4.5.2.2 Verfahren beim Interessenausgleich in der Insolvenz... 51
4.2.3.1.4.5.2.3 Folgen des Interessenausgleichs nach §§ 125 bis
128 InsO ... 52
4.2.3.1.4.5.2.4 Sozialauswahl... 52
4.2.3.1.4.5.2.5 Beweislast... 53
4.2.3.1.4.5.2.6 Anhörung des Betriebsrats ... 54
4.2.3.1.4.5.3 Erleichterungen im Rahmen des Sozialplans ... 54
4.2.3.1.4.5.3.1 Inhalt und Zweck des Sozialplans... 54
4.2.3.1.4.5.3.2 Aufstellung des Sozialplans nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ... 54
4.2.3.1.4.5.3.2.1 Anwendbarkeit der §§ 112, 112a BetrVG in der
Insolvenz ... 54
4.2.3.1.4.5.3.2.2 Aufstellungsverfahren des Sozialplans ... 55
4.2.3.1.4.5.3.2.3 Folgen des Sozialplans für den Erwerber... 55
4.2.3.1.4.5.3.2.4 Sonderregeln der Insolvenzordnung... 56
4.2.3.1.4.5.3.2.5 Unwirksamkeit ... 57
4.2.3.1.4.5.3.3 Erleichterungen
bei
vor Insolvenzeröffnung
aufgestellten Sozialplänen... 57
4.2.3.1.4.5.4 Abweichende vertragliche Vereinbarungen ... 58
4.2.3.1.4.5.5 Aufhebungs- und Änderungsverträge ... 59
4.2.3.1.4.5.6 Sonderkündigungsrecht
des
Insolvenzverwalters für
Betriebsvereinbarungen... 59
4.2.3.2 Abschließende Bewertung der Chancen und Risiken des Erwerbs im
eröffneten Insolvenzverfahren... 59
5
Zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse... 61
Literaturverzeichnis... 63
Abbildungsverzeichnis ... 67
1
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Marktwirtschaft setzt auf die selbstständige Regulierung des Marktes durch Angebot und
Nachfrage. Ein Unternehmen, dessen Produkte und/oder Dienstleistungen nicht oder nicht
mehr nachgefragt werden, wird durch den Markt sanktioniert und wird auf Dauer nicht
fortexistieren können. Die langfristige Konsequenz ist ein Ausscheiden des Unternehmens aus
dem Markt.
Aber nicht jede Unternehmenskrise, die in der vorläufigen oder dauerhaften Zahlungsunfä-
higkeit oder Überschuldung des Unternehmens mündet, muss in der Liquidation bzw. Zer-
schlagung des Unternehmens enden.
In vielen Fällen bestehen bei Krisenunternehmen erhebliche wirtschaftliche Potentiale auf
Grund von Kundenbeziehungen, qualifizierter Belegschaft, Grundstücken, Gebäuden etc., die
eine Übernahme für Dritte interessant machen könnten.
Letztlich ist aber für die Investitions- oder Kaufentscheidung von Investoren von erheblicher
Bedeutung, welche Chancen und Risiken mit dem Erwerb verbunden sind.
Mit der Einführung der Insolvenzordnung hat der Gesetzgeber Rahmenbedingungen geschaf-
fen, welche die Übernahme bzw. Fortführung insolventer Unternehmen erleichtern. Neben
standortpolitischen Erwägungen standen dabei vor allem auch volkswirtschaftliche Überle-
gungen im Vordergrund.
Die Anzahl von 37.900
1
für 2006 erwarteten Unternehmensinsolvenzen zeigt, dass Insolven-
zen in Deutschland kein seltenes Phänomen sind. Unternehmensinsolvenzen verursachten
2006 einen Schaden in Höhe von 37.500.000.000,-
2
. In der Folge fielen 563.000
3
Arbeits-
plätze Unternehmensinsolvenzen zum Opfer.
Bezogen auf die Gesamtzahl aller Insolvenzen in Deutschland ergibt sich demnach auch aus
volkswirtschaftlicher Sicht ein greifbarer Vorteil bei der sinnvollen Anwendung und Weiter-
führung von Unternehmen im Sinne der insolvenzrechtlichen Vorschriften.
Ein höchst aktuelles Beispiel ist die Insolvenz der ehemaligen Siemens Handysparte BenQ
Mobile. Auch hier wird versucht im Rahmen des Insolvenzverfahrens das Unternehmen
1
Siehe Abbildung 1 und 2
2
Siehe Abbildung 3
3
Siehe Abbildung 4
2
(zumindest in Teilen) zu retten und Arbeitsplätze zu sichern, nachdem auch mit der zuvor
erfolgte außergerichtliche Veräußerung an BenQ nicht die erhoffte Sanierung betrieben
werden konnte. Dieses Beispiel zeigt deutlich, mit welchen Chancen und Risiken der Kauf
eines Krisenunternehmens verbunden sein kann, wenn die Sanierungsbemühungen des
Käufers nicht greifen.
Es ist zu vermuten, dass sich die Anzahl erfolgreich durchgeführter Übernahmen aus dem
Insolvenzverfahren weiter deutlich erhöhen wird, sobald sich bei den Gläubigern die Über-
zeugung durchgesetzt hat, dass die Fortführung des Unternehmens häufig die werthaltigere
Verwertungsalternative gegenüber der Liquidation ist.
1.2
Gang der Untersuchung
In diesem Zusammenhang beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit den Chancen und
Risiken für den Erwerber bei der Übernahme insolventer Unternehmen.
Im ersten Teil der Arbeit werden verschiedenen Krisenarten und Insolvenzgründe (zumindest
kurz) dargestellt. Die Unterscheidung nach Art der Krise und Gründen der Insolvenz kann
dem Käufer bereits wesentliche Anhaltspunkte über Möglichkeiten, Aufwand und Kosten der
Sanierung geben. Sie können damit von direktem Einfluss auf die Kauf- bzw. Übernahmeent-
scheidung des Käufers sein.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Due Diligence und deren Funktionen,
Zielen und Problemen bei Krisenunternehmen; insbesondere deren Auswirkungen auf die
Kaufpreisbildung bei Krisenunternehmen.
Der dritte Teil schließlich bildet den Schwerpunkt der Arbeit. Hier stehen die rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten auf Seiten des Erwerbers sowie die mit dem Erwerb verbundenen
Chancen und Risiken im Vordergrund. Dabei wird maßgeblich auf den Erwerbszeitpunkt
abgestellt, da sich wesentliche Gestaltungs- und Wahlmöglichkeiten und entscheidende
Haftungsfragen aus dem Zeitpunkt des Erwerbs ergeben.
Von besonderer Bedeutung für den Erwerber sind die Haftungstatbestände der §§ 613a BGB,
25 HGB und des 75 AO und deren Einschränkungen in der Insolvenz, auf die ausführlich
eingegangen wird.
3
2
Entwicklung der Krise zur Insolvenz
2.1
Der Krisenfall
Unter einer Unternehmenskrise sind im Allgemeinen ungeplante und ungewollte, zeit-
lich begrenzte Prozesse zu verstehen, die in der Lage sind, den Fortbestand des Unter-
nehmens oder eines wesentlichen Unternehmensbereiches substanziell zu gefährden o-
der sogar unmöglich zu machen
4
.
Eine Unternehmenskrise ereignet sich in der Regel nicht plötzlich und ohne Vorankün-
digung. Sie ist meist Resultat des Zusammentreffens vieler kleiner Krisen und das Er-
gebnis alter, nicht vollständig bewältigter Probleme. Bei der Entstehung einer Krise sind
meist mehrere Ursachen miteinander verknüpft. Intern führen häufig Fehlentscheidun-
gen der Unternehmensführung in eine Krisensituation
5
.
2.1.1
Krisenentwicklung
6
Um eine vernünftige Investitions- bzw. Kaufentscheidung treffen zu können, ist es für
den potentiellen Erwerber eines Krisenunternehmens von erheblicher Bedeutung, sich
Klarheit darüber zu verschaffen, welchen Verlauf die Krise genommen hat und auf
welchen Ursachen die Krise beruht.
Davon hängen ganz wesentlich die Möglichkeiten einer Restrukturierung bzw. Sanie-
rung des Unternehmens und damit auch der Preis des Unternehmens ab. Je ,,tiefer" das
Unternehmen in der Krise steckt, desto aufwendiger und kostenintensiver wird die Sa-
nierung bzw. Restrukturierung. Entsprechend wird sich bei tief greifenden Krisen der
Preis reduzieren.
Innerhalb einer Krisenentwicklung gibt es verschiedene Phasen, die ein insolventes
Unternehmen in der Regel bereits durchschritten hat.
Nachdem es im Rahmen dieser Arbeit aber gerade um die mit dem Erwerb eines in-
solventen Unternehmens verbundenen Chancen und Risiken geht, soll eine verkürzte
Darstellung der verschiedenen Krisenarten und der Krisenentwicklung ausreichen.
4
Vgl. Hadeler, Thorsten; Arentzen, Ute: Gabler Wirtschaftslexikon, Band S-Z, 15. Aufl., Wiesbaden 2000 ,
S. 3186 f..; Kemner - Unternehmensfinanzierungen bei Krise, Sanierung und Insolvenz S. 17
5
Abbildung 5
6
Abbildung 6
4
·
Strategiekrise
Eine falsch gewählte Unternehmensstrategie oder die fehlende Anpassung der
Strategie auf veränderte Markt- und Unternehmensgegebenheiten kann zur Verfeh-
lung der mittel- bis langfristig avisierten (wirtschaftlichen) Ziele des Unterneh-
mens führen.
·
Ertragskrise
7
Die Strategiekrise kann, sollten Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen zur
Erhaltung der Ertragskraft unterbleiben, zu einer Gefährdung der Erfolgsziele (z.B.
Gewinn- und Umsatzziele) des Unternehmens und damit zu einer Ertragskrise füh-
ren
8
.
·
Liquiditätskrise
Reagiert die Unternehmensführung nicht in ausreichendem Maße auf die Ertrags-
krise oder zeigen die Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nicht den ge-
wünschten Erfolg, wird das Unternehmen langfristig Verluste machen. Die Liqui-
ditätsreserven des Unternehmens werden angegriffen und auf Dauer aufgezehrt.
Die logische Konsequenz ist die Zahlungsunfähigkeit bzw. die Überschuldung des
Unternehmens
9
. Liquiditätskrisen und sich daraus ergebende Insolvenzen sind also
Resultat vorangegangener Strategie- und Ertragskrisen.
2.1.2
Folgen der Krise
In letzter Konsequenz manifestiert sich die Krisenentwicklung in der Insolvenz
10
. Die
Folgen der Krise richten sich also nach den Möglichkeiten der Verwertung des Unter-
nehmens in der Insolvenz.
7
In der Literatur wird auch der Begriff Erfolgskrise verwendet. Vgl. Bergauer, Anja: Erfolgreiches Krisen-
management in der Unternehmung - Eine empirische Analyse 2001, S. 5
8
Vgl. Bergauer, Anja: Erfolgreiches Krisenmanagement in der Unternehmung - Eine empirische Analyse
2001, S. 5; Meyer, C. / Schill, Ph. / Spreiter, S.: Umgang mit Unternehmenskrisen - Eine Standortbestim-
mung aus theoretischer und empirischer Sicht, S. 56
9
Vgl. Müller, John M.: Turnaround Investing in One Easy Lesson, The Secured Lender, S. 5
10
Vgl. Hauschildt, Jürgen: Krise, Krisendiagnostik und Krisenmanagement, S. 1.
5
2.2
Die Insolvenz
2.2.1
Verwertungsmöglichkeiten in der Insolvenz
Die Verwertung kann grundsätzlich durch die Liquidation, die Veräußerung des Un-
ternehmens oder die modifizierte Fortführung des Unternehmens im Wege eines In-
solvenzplanverfahrens nach §§ 217 ff. InsO
11
erfolgen.
Maßgeblich für die Verwertungsentscheidung der Gläubiger ist der Vergleich zwi-
schen Liquidations- und Fortführungswert des Unternehmens
12
.
2.2.2
Insolvenzgründe
Wie oben bereits dargestellt, hängen die Möglichkeiten einer Restrukturierung bzw.
Sanierung des Unternehmens und damit auch der Preis des Unternehmens nicht unwe-
sentlich davon ab, welcher Grund zur Insolvenz des Unternehmens geführt hat.
Insolvenzgründe sind die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), die drohende Zahlungsun-
fähigkeit (§ 18 InsO) als auch die Überschuldung (§ 19 InsO).
2.2.2.1
Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO
Bedeutendster Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Zahlungsun-
fähigkeit.
Nach der Rechtssprechung des BGH
13
zur Konkursordnung wird die Zahlungsunfä-
higkeit definiert als das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussicht-
liche dauernde Unvermögen, die fälligen Geldschulden wenigstens zu einem wesent-
lichen Teil zu erfüllen.
Im Sinne der Rechtsklarheit hat der Gesetzgeber den Begriff der Zahlungsunfähig-
keit in § 17 Abs. 2 S.1 InsO umschrieben.
11
Vgl. Spielberger, Karl: Kauf von Krisenunternehmen Bewertung und Übernahmetechnik, S. 147.
12
Vgl. Drukarczyk, Jochen: Unternehmensbewertung, , S. 128.
13
BGH NJW 1991, 980 (981)
6
Nach § 17 Abs. 1 InsO liegt die Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner nicht
in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen
14
.
Die gesetzliche Definition ist weitgehend deckungsgleich mit der Definition des
BGH. Im Gegensatz zur Rechtssprechung des BGH
15
hat der Gesetzgeber allerdings
die Merkmale der Dauer und Wesentlichkeit nicht in der Gesetzesdefinition berück-
sichtigt.
Ziel des Gesetzgebers war es vielmehr, eine rechtzeitige Eröffnung des Insolvenzver-
fahrens nicht durch eine Festschreibung dieser Merkmale zu gefährden
16
und die ein-
zelfallbezogenen Auslegungsmöglichkeiten zu stärken.
Demgegenüber stellen geringfügige Liquiditätslücken unterhalb der genannten Gren-
zen in der Regel nur eine vorübergehende Zahlungsstockung dar, da ein Schuldner,
der nur geringfügige Liquiditätslücken aufweist, diese in einem angemessenen Zeit-
raum aus eigenen Mitteln schließen oder durch die Aufnahme von Fremdkapital aus-
gleichen kann. Die Beweislast, dass es sich nur um eine geringfügige Liquiditätslü-
cke handelt, obliegt dem Schuldner.
Abzugrenzen von der Zahlungsunfähigkeit ist der Begriff der Zahlungsunwilligkeit.
Zahlungsunwilligkeit liegt vor, wenn ein zahlungsfähiger Schuldner sich böswillig
weigert, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen
17
. Allerdings hat der Schuldner
den Nachweis zu führen, dass er über die erforderlichen Geldmittel zur Begleichung
der fälligen Verbindlichkeiten verfügt
18
. Die Zahlungsunwilligkeit stellt also regel-
mäßig, soweit der Nachweis der notwendigen Liquidität gelingt, keinen Insolvenz-
grund nach § 17 InsO dar.
2.2.2.2
Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß §18 InsO
Von drohender Zahlungsunfähigkeit spricht man, wenn ein Unternehmen voraus-
sichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im
Zeitpunkt der Fälligkeit zu bedienen
19
. Insoweit deckt sich der Begriff der Zahlungs-
14
Vgl. FK-InsO / Schmerbach, § 17 Rz. 1
15
BGH NJW 1991, 980 (981)
16 Vgl. FK-InsO / Schmerbach, § 17 Rz. 14
17
Vgl. Kilger / Schmidt KO, § 30 Rz. 5
18
Vgl. Kübler / Prüting-Pape InsO, § 17 Rz. 14ff.
19
Vgl. Münchner Kommentar Drukarczyk InsO, § 18 Rz. 2
7
unfähigkeit mit der Definition in § 17 InsO. Ebenso wie dort bleiben bloß vorüber-
gehende Zahlungsstockungen und geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht
20
.
2.2.2.3
Überschuldung gemäß § 19 InsO
Entsprechend der Legaldefinition in § 19 InsO ist Überschuldung gegeben, wenn das
Vermögen des Schuldners die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Überschul-
dung kann, muss aber nicht mit der Zahlungsunfähigkeit einhergehen.
Zur Feststellung, ob eine Überschuldung vorliegt, bedarf es nach § 19 Abs. 2 Satz 1
InsO der so genannten einfachen zweistufigen Überschuldungsprüfung. Danach ist
zunächst eine Überschuldung des Vermögens nach Liquidationswerten festzustellen
(Stufe 1). Ist Überschuldung gegeben, fällt aber die Fortführungsprognose positiv
aus gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 (Stufe 2), schlägt die Prognose auf die Bewertung der
ersten Stufe zurück
21
. In der aufzustellenden Überschuldungsbilanz sind dann nicht
mehr die niedrigeren Liquidationswerte, sondern die höheren Fortführungswerte an-
zusetzen. Eine Überschuldung wäre dann nur gegeben, wenn auch die Fortführungs-
werte die Verbindlichkeiten nicht decken.
2.2.3
Folgen für den Erwerber
Die Übernahme eines insolventen Unternehmens wird sich für den Erwerber bei dro-
hender Zahlungsunfähigkeit am einfachsten gestalten, da er ein grundsätzlich funkti-
onstüchtiges Unternehmen erwirbt, bei dem mit geringerem Restrukturierungs- und
Investitionsaufwand die Insolvenzsituation behoben werden kann.
Allerdings wird sich dies auf den Kaufpreis niederschlagen. Dieser dürfte auf Grund
der geringeren übernommenen Risiken in der Regel höher liegen, als bei Übernahmen
von zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmen.
20
BT-Drucksache 12/2443 S. 114
21
Vgl. Münchner Kommentar Drukarczyk / Schüler InsO, § 19 Rz. 44 ff.
9
3
Ermittlung des Unternehmenswertes und Kaufpreisbildung
3.1
Prüfungsphase - Due Diligence
3.1.1
Bestimmung des Begriffs Due Diligence
Der Begriff Due Diligence bedeutet direkt übersetzt ,,sorgfältige Prüfung". In der Pra-
xis wird unter einer Due Diligence die umfassende Prüfung sämtlicher rechtlicher und
wirtschaftlicher Verhältnisse eines Unternehmens verstanden. Sie wird vom Käufer
des Unternehmens in der Regel mit Unterstützung einer Gruppe von Experten aus dem
Unternehmen des Käufers und mit Hilfe externer Berater durchgeführt, um sich der
Werthaltigkeit des zu erwerbenden Unternehmens zu vergewissern und um zu über-
prüfen, ob die Annahmen, auf denen das Kaufangebot beruht, zutreffen
22
.
3.1.2
Funktionen der Due Diligence
Neben der umfassenden Analyse der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
dient die Due Diligence, vor allem als Entscheidungsgrundlage für die Kaufentschei-
dung sowie der Festlegung des Kaufpreises
23
.
3.1.2.1
Funktionen und Ziele der Due Diligence bei Krisenunternehmen
Auch bei Krisenunternehmen dient die Due Diligence in erster Linie, insbesondere
auch auf Grund der Krise der Beschaffung und Analyse möglichst umfassender Un-
ternehmensinformationen, zur Bestimmung des Unternehmenswertes und eines dar-
auf basierenden Kaufpreises.
Auf Grund der im Rahmen der Due Diligence gewonnenen Erkenntnisse ist es für
den potentiellen Erwerber eines Krisenunternehmens aber von essentieller Bedeu-
22
Vgl. Hadeler, Thorsten; Arentzen, Ute.: Gabler Wirtschaftslexikon, Band A-D, 15. Aufl., Wiesbaden 2000,
S. 786.
23
Vgl. Strauch, Joachim(Hrsg.), Due Diligence im Rahmen von Unternehmensaquisationen, 3. Aufl., Stuttgart
2002, S. 69 ff..
10
tung, ob das Unternehmen nach einer Restrukturierung bzw. Sanierung voraussicht-
lich wieder profitabel betrieben werden kann
24
.
3.1.2.2
Probleme der Due Diligence bei Krisenunternehmen
Die Due Diligence und damit die Bewertung des Krisenunternehmens wird dadurch
erschwert, dass die bei der ,,normalen" Due Diligence standardisiert eingesetzten
Checklisten nur sehr eingeschränkt Anwendung finden können
25
, da
·
durch sie Informationen abgefragt werden, die bei insolventen Unternehmen
nicht, nicht vollständig oder nur wenig geordnet vorhanden sind.
·
die Informationsbeschaffung bei Krisenunternehmen meistens mit einem erhöh-
ten Zeitaufwand verbunden ist, der die Krisensituation noch verschärfen kann, da
die Zeit für die Aufbereitung der Daten bereits für die Bewältigung der Krise hät-
te genutzt werden können.
·
sie eine Fülle von Informationen abfragen, die für die endgültige Kaufentschei-
dung und die Festlegung des Kaufpreises von nur untergeordneter Bedeutung
sind.
Die Due Diligence muss vielmehr die dem Kaufinteresse erkennbar nützliche und
nachvollziehbare Informationsbeschaffung liefern
26
.
Da die Due Diligence eines in der Krise befindlichen Unternehmens also gerade über
die Sammlung und Bewertung von Informationen hinausgehen muss, ist es für den
Kaufinteressenten ratsam, gerade bei der Prüfung auf versierte und erfahrene Bera-
ter zurückzugreifen, die auch unter diesen besonderen Umständen eine realistische
Einschätzung abgeben sowie ein auf die Situation angepasstes Sanierungskonzept er-
arbeiten können
27
.
24
Vgl. Kraft, Volker: Erfolgreiches Management von Private Equity-Investitionen in Turnarounds und
Restrukturierungen, http://www.turnaroundinvest.com/Dissertation/Turnaroundinvest.pdf (Diss., Zugriff am
22.09.2006, 17:00), S. 16.
25
Vgl. Wolfgang Ott/ Burkard Göpfert Unternehmenskauf aus der Insolvenz, S. 110
26
Vgl. Wolfgang Ott/ Burkard Göpfert Unternehmenskauf aus der Insolvenz, S. 110
27
Vgl. Lubos (1999), S. 953.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783836602389
- DOI
- 10.3239/9783836602389
- Dateigröße
- 455 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale – Wirtschaftsrecht
- Erscheinungsdatum
- 2007 (März)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- deutschland unternehmenskauf insolvenz share deal haftungsbeschränkung asset verfahrenseröffnung
- Produktsicherheit
- Diplom.de