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Probleme bei der Transformation von Entwicklungsländern

Eine institutionenökonomische Analyse

©2007 Diplomarbeit 87 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Entwicklungsländer stehen weiterhin vor massiven Problemen bei der Schaffung von Wachstum und Wohlstand. Einige haben wirtschaftlich Fortschritte erzielen können, der Anschluss an die entwickelten Demokratien bleibt ihnen aber noch verwehrt (z. B. Brasilien, China). In anderen Staaten verharrt der Großteil der Bevölkerung in Armut und kämpft täglich ums Überleben (z. B. Äthiopien, Mali).
Die Abgrenzung der Entwicklungsländer von anderen Ländern gestaltet sich in der Praxis schwierig, da es keinen eindeutigen Indikator gibt, sondern eine große Vielfalt, von denen einige eher zur Abgrenzung geeignet scheinen als andere. Der Begriff „Entwicklungsland“ ist eher unscharf, ein Entwicklungsland ist ja gerade ein Land, das sich nicht entwickelt bzw. nicht in die gewünschte Richtung entwickelt. Dahinter steht also ein Werturteil, wie sich ein Land entwickeln soll. Da haben Gebernationen der entwickelten Staaten sicher andere Vorstellungen als die Eliten im Entwicklungsland. Dennoch wird der Begriff Entwicklungsland in dieser Arbeit verwendet, weil er sich im allg. Sprachgebrauch durchgesetzt hat.
Das Spektrum der Entwicklungsländer ist also sehr breit. Einige Länder, die man vor 30 Jahren noch zu den Entwicklungsländern zählte, gehören heute nicht mehr dazu, wie bspw. Südkorea. In anderen Ländern scheint es keine Fortschritte zu geben. Die über die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte bestehenden unterschiedlichen Wirtschaftsformen auf der Welt, konnten von den Entwicklungsökonomen bisher nur unzureichend erklärt werden. Die Versuche des letzten Jahrhunderts die Armut in den Entwicklungsländern dadurch zu verringern, dass man ihnen Geld gibt, um auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene Wachstum zu schaffen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Man erkannte schließlich, dass gesamtwirtschaftliches Wachstum nicht automatisch allen Bevölkerungsschichten zu Gute kommt, und dass Armut ein zu komplexes Problem darstellt, um es allein durch wirtschaftliche Maßnahmen zu lösen.
Als Transformation soll hier der grundlegende Wechsel der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung bezeichnet werden. Mit der Transformation soll der Übergang von einem Gesellschaftstyp in einen anderen erfolgen. Die gesellschaftlichen Teilbereiche, sei es Politik, Kultur oder Wirtschaft, sollten dabei ein halbwegs kompatibles System bilden. Apolte versteht unter einer Transformation den „Wechsel der in der Ordnungstheorie als systemkonstituierend angesehenen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Hendrik Hähner
Probleme bei der Transformation von Entwicklungsländern
Eine institutionenökonomische Analyse
ISBN: 978-3-8366-0220-4
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Bayreuth, Bayreuth, Deutschland, Diplomarbeit, 2007
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

I
Gliederung:
1. Einleitung
1
1.1.
Begriffsklärung
1
1.2. Vorgehen und Ziel dieser Arbeit
3
1.3. Die Lage in den Entwicklungsländern anhand
diverser Indikatoren
4
1.3.1. Wirtschaft, Wohlstand und Verteilung
4
1.3.2.
Gesundheit
und
Bildung
6
2. Institutionenökonomische Grundlagen
11
2.1. Was sind Institutionen?
11
2.2. Die Transaktionskosten
12
2.3. Das Verhalten der Akteure
14
2.3.1. Methodologischer Individualismus
14
2.3.2. Begrenzte Rationalität
15
2.3.3. Opportunismus
15
2.4. Die Pfadabhängigkeit
16
3. Die Bedeutung von Institutionen bei der Transformation
19
3.1. Informelle Institutionen
19
3.1.1. Werte, Normen und Vertrauen
20
3.1.2. Ideologien, Religion und Kultur
23
3.2. Formelle Institutionen
26
3.2.1. Das Eigentum in der Eigentumsökonomik
26
3.2.2. Verfassungsregeln und unabhängiges
Gerichtssystem
30
3.2.3. Sozialpolitik
32
4. Spezielle Probleme in den Entwicklungsländern
35
4.1. Der informelle Sektor
35
4.2. Die Korruption
40

II
4.3. Das Diktatorproblem
45
4.4. Zusammenfassung: Die Verhaltensoptionen des Volkes 49
5. Mögliche Lösungsansätze
53
5.1. Anreize durch das Eigentum
53
5.2. Bildung von Humankapital
56
5.3. Der Grass-Roots-Ansatz von Mohammad Yunus ­
Mikrokredite
60
6. Fazit und Ausblick
65
Literaturverzeichnis
71
Anhang

III
Abkürzungsverzeichnis:
BNE
Bruttonationaleinkommen
ILD
Institute for Liberty and Democracy
NIÖ
Neue
Institutionenökonomik
Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: BNE ausgewählter Länder 2004
4
Abb. 2: Lorenzkurven ausgewählter Länder 2002
6
Abb. 3: Gesundheitsindikatoren ausgewählter Länder 2003, 2004
7
Abb. 4: Effizienz im Bildungssektor in ausgewählten Ländern 2004
8
Abb. 5: Kostenverlauf im informellen und formellen Sektor
37
Abb. 6: Die Korruptionstriade (in der öffentlichen Verwaltung) 41
Abb. 7: Das Diktatorproblem (mit möglichen Auszahlungen)
46
Abb. 8: Die Verhaltensoptionen des Volkes gegenüber Institutionen 50
Abb. 9: Zusammenhang zwischen Humankapital der Mutter und
Gesundheit der Kinder
58
Abb. 10: Kostenentwicklung in der Gesellschaft während und nach
der Transformation
68
Abb. A1: Liste der Entwicklungsländer (DAC-Länderliste),
Stand: 2005-2007
A1
Abb. A2: Unterschiedliche Länder ­ unterschiedliche Entwicklungs-
erfolge
A2
Abb. A3: Transparency International Corruption Perceptions Index
2006
A3

1. Einleitung
1
1. Einleitung
1.1.
Begriffsklärung
Die Entwicklungsländer stehen weiterhin vor massiven Problemen bei der
Schaffung von Wachstum und Wohlstand. Einige haben wirtschaftlich
Fortschritte erzielen können, der Anschluss an die entwickelten Demokra-
tien bleibt ihnen aber noch verwehrt (z. B. Brasilien, China). In anderen
Staaten verharrt der Großteil der Bevölkerung in Armut und kämpft täg-
lich ums Überleben (z. B. Äthiopien, Mali).
1
Die Abgrenzung der Entwicklungsländer von anderen Ländern gestaltet
sich in der Praxis schwierig, da es keinen eindeutigen Indikator gibt, son-
dern eine große Vielfalt, von denen einige eher zur Abgrenzung geeignet
scheinen als andere. Der Begriff ,,Entwicklungsland" ist eher unscharf, ein
Entwicklungsland ist ja gerade ein Land, das sich nicht entwickelt bzw.
nicht in die gewünschte Richtung entwickelt.
2
Dahinter steht also ein
Werturteil, wie sich ein Land entwickeln soll. Da haben Gebernationen der
entwickelten Staaten sicher andere Vorstellungen als die Eliten im Ent-
wicklungsland.
3
Dennoch wird der Begriff Entwicklungsland in dieser
Arbeit verwendet, weil er sich im allg. Sprachgebrauch durchgesetzt hat.
4
Das Spektrum der Entwicklungsländer ist also sehr breit. Einige Länder,
die man vor 30 Jahren noch zu den Entwicklungsländern zählte, gehören
heute nicht mehr dazu, wie bspw. Südkorea.
5
In anderen Ländern scheint
es keine Fortschritte zu geben. Die über die letzten Jahrzehnte und Jahr-
hunderte bestehenden unterschiedlichen Wirtschaftsformen auf der Welt,
1
Eine verbindliche Liste der Entwicklungsländer existiert nicht. Für einen Überblick über die
Entwicklungsländer der Welt, vgl. Abb. A1 im Anhang. Dieser Überblick verwendet das Ver-
zeichnis der Länder des Entwicklungsausschusses der OECD, die sog. DAC-Liste.
2
Vgl. Leschke (2007), Kap. 1.1. Was sind Entwicklungsländer.
3
Vgl. Lachmann (1994), S. 14.
4
Vgl.
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, S.
405. Auch international gibt es für den Begriff keine eindeutige Definition. Vgl. Leschke (2007),
Kap. 1.1. Was sind Entwicklungsländer. Zum Problem der Begriffsabgrenzung, vgl. auch Pa-
raskewopoulos (1997), S. 4 ff.
5
Vgl. Abb. A2 im Anhang.

1. Einleitung
2
konnten von den Entwicklungsökonomen bisher nur unzureichend erklärt
werden.
6
Die Versuche des letzten Jahrhunderts die Armut in den Ent-
wicklungsländern dadurch zu verringern, dass man ihnen Geld gibt, um
auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene Wachstum zu schaffen, waren nicht
von Erfolg gekrönt. Man erkannte schließlich, dass gesamtwirtschaftliches
Wachstum nicht automatisch allen Bevölkerungsschichten zu Gute
kommt, und dass Armut ein zu komplexes Problem darstellt, um es allein
durch wirtschaftliche Maßnahmen zu lösen.
7
Als Transformation soll hier der grundlegende Wechsel der wirtschaftli-
chen und gesellschaftlichen Ordnung bezeichnet werden.
8
Mit der Trans-
formation soll der Übergang von einem Gesellschaftstyp in einen anderen
erfolgen. Die gesellschaftlichen Teilbereiche, sei es Politik, Kultur oder
Wirtschaft, sollten dabei ein halbwegs kompatibles System bilden.
9
Apolte
versteht unter einer Transformation den ,,Wechsel der in der Ordnungs-
theorie als systemkonstituierend angesehenen Elemente einer Wirtschafts-
ordnung"
10
. Er macht dabei zwei Elemente aus. Erstens die Planungs-
kompetenz, die entweder zentral durch den Staat oder dezentral durch die
Wirtschaftsakteure erfolgen kann. Und Zweitens die Eigentumsordnung,
also die Unterscheidung zwischen Kollektiv- bzw. Staatseigentum auf der
einen Seite und Privateigentum auf der anderen Seite. Dementsprechend
unterscheidet er zwischen vier Typen von Wirtschaftssystemen.
11
Die meisten Ökonomen stimmen mittlerweile überein, dass der Transfor-
mationsprozess nicht nur von wirtschaftlichen Einflussgrößen abhängt.
Soziokulturelle Faktoren beeinflussen den Transformationsprozess maß-
geblich mit, können ihn hemmen oder auch beschleunigen.
12
6
Vgl. North (1992), S. 13.
7
Vgl. Durth/Körner/Michaelowa (2002), S. 7 f.
8
Vgl. Streit/Mummert (2001), S. 231.
9
Vgl. Schulz-Nieswandt (1997), S. 73.
10
Apolte (1992), S. 9.
11
Vgl. ebenda, S. 9 f.
12
Vgl. Pham-Puong (2000), S. 4.

1. Einleitung
3
Mithin kann es keine allgemein gültige Transformationsstrategie geben,
da die Ausgangssituationen sowie die vorherrschenden Umwelten in den
diversen Ländern dafür zu verschieden sind.
13
Eine Transformationsstra-
tegie sollte daher immer an den Gegebenheiten vor Ort ansetzen.
1.2. Vorgehen und Ziel dieser Arbeit
Zur Erklärung der Probleme in den Entwicklungsländern bedient sich die-
se Arbeit der Institutionenökonomik. Die Grundlagen dieser ökonomi-
schen Fachrichtung werden im zweiten Kapitel dargestellt. Es wird sich
zeigen, dass gerade die Institutionenökonomik geeignet ist, die Probleme
bei der Transformation von Entwicklungsländern zu analysieren, da sie
nicht nur ökonomische, sondern auch politische, soziale und andere As-
pekte berücksichtigt.
Im dritten Kapitel sollen wichtige Faktoren bei der Transformation näher
analysiert werden. Dabei wird zwischen informellen Institutionen und
formellen Institutionen unterschieden. Anschließend wird in Kapitel 4 auf
spezielle Probleme der Entwicklungsländer ­ wie den informellen Sektor
oder Korruption ­ eingegangen.
Schließlich wird im fünften Kapitel versucht, verschiedene Lösungsansät-
ze aufzuzeigen, die bei der Überwindung der Transformationsprobleme
behilflich sein können. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und
einem Ausblick im sechsten Kapitel.
Bei dieser Arbeit werden vielen längst bekannte Erkenntnisse verwendet,
die hier aber speziell auf die Probleme der Entwicklungsländer angewen-
det werden sollen. So aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, kann es
manchmal zu interessanten neuen Einblicken und Lösungsmöglichkeiten
kommen. Zunächst soll jedoch kurz auf die Lage in den Entwicklungslän-
dern eingegangen werden.
13
Vgl. Oberender/Fleischmann/Reiß (2003), S. 2 f.

1. Einleitung
4
1.3. Die Lage in den Entwicklungsländern anhand
diverser Indikatoren
Woran misst man eigentlich ob ein Land ,,reich" oder ,,arm" ist, ob es zu
den entwickelten Staaten zählt oder zu den Entwicklungsländern?
Nun i. d. R. werden dazu Merkmale und Faktoren betrachtet, die relativ
leicht messbar und operationalisierbar sind. Ein häufig verwendeter Indi-
kator für Wohlstand ist das Bruttonationaleinkommen pro Kopf.
1.3.1. Wirtschaft, Wohlstand und Verteilung
Das Bruttonationaleinkommen (engl. Gross national income) umfasst die
in einer Periode neu zur Verfügung stehenden Waren und Dienstleistun-
gen ­ bewertet zu Marktpreisen ­ die von Inländern hergestellt werden.
Einen Überblick über das Bruttonationaleinkommen sowohl in absoluten
Zahlen als auch pro Kopf von verschiedenen Ländern, gibt Abbildung 1.
Land
BNE (Mrd. $)
2004
Rang BNE/Kopf
($)
2004
Rang
Norwegen 237,8
24
51.810
2
Schweiz 366,5
17
49.600
3
USA 12.168,5
1
41.440
5
Deutschland 2.532,3
3
30.690
18
Argentinien 137,3
35
3.580
93
Peru 65,0
50
2.360
108
China 1.938,0
5
1.500
129
Indonesien 248,0
22
1.140
137
Tadschikistan 1,8
162
280
190
Liberia 0,4
195
120
205
Äthiopien 7,6
107
110
206
Burundi 0,7
189
90
208
Abb. 1: BNE ausgewählter Länder 2004.
Quelle: World Bank (2006), http://devdata.worldbank.org/wdi2006/contents/Table1_1.
htm, (20.09.06).

1. Einleitung
5
In der zweiten und vierten Spalte erkennt man jeweils den Rangplatz des
Landes beim BNE und beim BNE/Kopf. Der Unterschied bei China ist
besonders groß. Das Land war zwar im Jahr 2004 die fünftgrößte Volks-
wirtschaft der Welt, was jedoch ursächlich an der Bevölkerung von über
1,3 Mrd. liegt. Im BNE/Kopf Ranking, das hier als Maßstab für Wohlstand
gelten soll, liegt China lediglich auf Rang 129, noch hinter Ländern wie
Argentinien und Peru. Die Unterschiede sind jedoch noch erheblicher,
wenn man das BNE/Kopf zwischen den einzelnen Ländern vergleicht. So
erreicht China nicht einmal 5 % des Wertes von Deutschland.
Innerhalb der Entwicklungsländer klafft die ,,Wohlstandslücke" auch er-
heblich auseinander. Äthiopien erreicht nur 9,6 % des BNE/Kopf von In-
donesien und gerade 3,1 % im Vgl. zu Argentinien.
Ein weiterer ökonomischer Faktor sind die Verteilungsindikatoren. Gera-
de in den Entwicklungsländern ist die extreme Ungleichverteilung ein
großes Problem. Möglichkeiten der Darstellung bieten z. B. die Lorenz-
kurve oder der Gini-Koeffizient. Die Lorenzkurve erhält man, indem die
Anteile der diversen Einkommensbezieher am Volkseinkommen ermittelt
werden und schließlich auf der Abszisse die Einkommensbezieher, begin-
nend bei den Ärmsten abgetragen werden. Auf der Ordinate wird der je-
weilige Anteil am Einkommen abgetragen. Also z. B. die Ärmsten 10 %
eines Landes bekommen 2 % vom Volkseinkommen.
In Abb. 2 sind die Lorenzkurven von Bolivien, der Elfenbeinküste und
Ungarn einmal dargestellt. Man erkennt dabei, dass die Lorenzkurve Boli-
viens am stärksten von der Gleichverteilung abweicht. So besitzen die
Ärmsten 20 % gerade einmal 1,5 % des Einkommens der Gesamtbevölke-
rung.
14
Die Ungleichverteilung der Elfenbeinküste ist nicht so stark wie in
Bolivien, aber immer noch relativ stark im Vergleich zu Ungarn.
14
Vgl.
World Bank (2006), http://devdata.worldbank.org/wdi2006/contents/Table2_8.
htm, (20.09.06).

1. Einleitung
6
0
20
40
60
80
100
0
20
40
60
80
100
Einkommensbezieher in %
E
ink
om
m
e
n
i
n
%
Bolivien
Elfenbeinküste
Ungarn
Gleichverteilung
Abb. 2: Lorenzkurven ausgewählter Länder 2002.
Quelle: Eigene Darstellung, Daten von World Bank (2006),
http://devdata.worldbank.org/wdi2006/contents/Table2_8.htm, (20.09.06).
Ein weiterer Verteilungsindikator, der Gini-Koeffizient, ist der Quotient
aus der Fläche zwischen der Gleichverteilungsgeraden und der Lorenz-
kurve (= Zähler des Quotienten) und der Fläche unterhalb der Gleichver-
teilungsgeraden (= Nenner des Quotienten). Wenn die Lorenzkurve z. B.
annähernd an den Achsen verläuft, liegt eine extreme Ungleichverteilung
vor und der Gini-Koeffizient liegt nahe beim Wert von eins.
15
Der Gini-Koeffizient für Bolivien beträgt 0,60 für die Elfenbeinküste 0,45
und für Ungarn 0,27. Zum Vergleich in den USA beträgt er 0,41.
16
Man
kann also nicht pauschal behaupten, je Gleichverteilter das Einkommen
eines Landes ist, desto größer ist das Wachstum eines Landes.
1.3.2. Gesundheit und Bildung
Wie groß die Unterschiede zwischen den Entwicklungsländern und den
entwickelten Staaten sind, zeigt sich dramatisch bei den Indikatoren Ge-
sundheit und Bildung.
15
Vgl. z. B. Leschke (2007), Kap. 2.1.1.2. Verteilungsindikatoren.
16
Vgl. World Bank (2006),
http://devdata.worldbank.org/wdi2006/contents/Table2_8.
htm, (20.09.06).

1. Einleitung
7
In Abb. 3 sind für ausgewählte Länder verschiedene Merkmale aufge-
führt, die mit dem Gesundheitssektor in Verbindung gebracht werden
können.
Land Lebenserwartung
in Jahren (2004)
Männer Frauen
Säuglings-
sterblich-
keit/1000
Geburten
(2004)
HIV-
Verbreitung
im Alter 15 ­
49 Jahre in
Prozent (2003)
Anzahl
Ärzte/1000
Einwohner
(2004)
Botswana 40 40
75
37,3 0,40
Benin 52
53
90
1,9
0,04
Tschad 45
48
117
4,8
0,04
Kenia 51
50
78
6,7
0,14
Malawi 41
41
109
14,2
0,02
Iran 68
72
32
0,1
0,45
Jordanien 69 73
23
<
0,1 2,03
Oman 71
77
10
0,1
1,32
Italien 78
84
4
0,5
4,20
Irland 75
81
5
0,1
2,79
Island 79
83
2
0,2
3,62
Frankreich 76 83
4
0,4 3,37
Abb. 3: Gesundheitsindikatoren ausgewählter Länder 2003, 2004.
Quelle: World Health Organization (2006), World Health Statistics 2006, S. 22 ff.
Wie man sieht, beträgt die Lebenserwartung in einigen Entwicklungslän-
dern gerade einmal 40 ­ 45 Jahre. In diesem Alter gilt die Bevölkerung in
den entwickelten Staaten als höchst produktiv. Allein dieser Unterschied
ist für die Entwicklungsländer ein großer Nachteil und hemmt ihre Ent-
wicklungsmöglichkeiten.
Zwei Ursachen für die geringe Lebenserwartung sind in den Spalten 4
und 5 zu erkennen. So sind in Botswana 37,3 % der 15 ­ 49 Jährigen an
HIV erkrankt, in Kenia immerhin noch 6,7 %. In den entwickelten Staaten
liegt der Prozentsatz der HIV-Infizierten in der betreffenden Altersgruppe
weit unter eins (z. B. Frankreich 0,4 %). Aber auch die Anzahl der Ärzte

1. Einleitung
8
pro 1000 Einwohner ist in den Entwicklungsländern sehr niedrig. Im
Tschad und Benin kommen gerade einmal 0,04 Ärzte auf 1000 Einwohner
oder anders ausgedrückt, ein Arzt ist für 25000 Einwohner zuständig. Der
erschreckende Zustand des Gesundheitssektors zeigt sich auch in der
Säuglingssterblichkeitsrate, die in Ländern wie dem Tschad oder Malawi
bei über 10 % liegt. Zum Vergleich in Ländern wie Italien oder Island liegt
diese Rate bei nicht einmal 0,5 %.
Der Bildungssektor ist ein anderes großes Problem in den Entwicklungs-
ländern. Abbildung 4 soll für ausgewählte Länder die Effizienz des Schul-
systems und den Status quo beim Übergang von der Primar- in die Se-
kundarstufe darstellen.
Länder
Wiederholer in der Primar-
stufe in % aller Einge-
schriebenen (2004)
männlich weiblich
Wechsler von der Primar-
in die Sekundarstufe in %
(2004)
männlich weiblich
Algerien 14
9
76
83
Burundi 28
31
35
33
Kamerun 26
25
47
49
Lesotho 21
16
64
62
Ägypten 6
3
83
86
Ekuador 2
2
76
71
Kolumbien 5
4
100
100
Indien 4
4
85
89
Israel 2
1
72
73
Estland 3
1
93
98
Schweiz 2
2
100
100
Ungarn 3
2
99
99
Anmerkungen: Die Spalten 4 und 5 geben den Prozentsatz derjenigen an, die im vorheri-
gen Jahr in der höchsten Klasse der Primarstufe waren und jetzt in der untersten Klasse
der Sekundarstufe sind. Die Zahlen für 2004 sind vorläufig.
Abb. 4: Effizienz im Bildungssektor in ausgewählten Ländern 2004.
Quelle: World Bank (2006), http://devdata.worldbank.org/wdi2006/contents/Table2_
12.htm, (20.09.06).

1. Einleitung
9
Die Zahlen sind sehr interessant. So wiederholen in Burundi 28 % der
Jungen (31 % der Mädchen) eine Klasse in der Primarstufe. Die Zahlen für
Kamerun und Lesotho sind nicht viel besser (zwischen 16 % bei Mädchen
in Lesotho und 26 % bei Jungen in Kamerun). Diese hohen Zahlen lassen
sich nicht damit erklären, dass diese Kinder ,,Sitzen bleiben" aufgrund
ihrer individuellen schulischen Leistungen (wie z. B. die 2 % bzw. 3 % in
der Schweiz und Ungarn). Es darf eher angenommen werden, dass es
Ländern wie Burundi nicht gelingt einen ordentlichen Schulbetrieb aufzu-
bauen (also z. B. vier Klassen in der Primarstufe). Es fehlt also am Not-
wendigsten, sei es, dass es nicht genug Räume gibt um zu unterrichten
oder aber es fehlt einfach eine ausreichende Anzahl von Lehrern.
Auch die Unterschiede beim Übergang in die Sekundarstufe sind zwi-
schen den Ländern sehr groß. In Ländern wie Estland, Ungarn oder der
Schweiz besuchen weit über 90 % der Schüler nach der Primar- auch die
Sekundarstufe. Dagegen ist für viele Kinder in Entwicklungsländern die
schulische Ausbildung bereits nach der Primarstufe beendet. So besuchen
in Burundi lediglich 33 % der Mädchen auch noch die Sekundarstufe, in
Kamerun sind es 49 % und in Lesotho 62 %. Die Zahlen für die Jungen
sind ähnlich niedrig (Burundi 35 %, Kamerun 47 %, Lesotho 64 %). Ein
Grund dafür kann darin gesehen werden, dass in diesen Ländern die Kin-
der bereits im Alter von 10 ­ 12 Jahren arbeiten müssen, um die Familie zu
ernähren. Erstaunlich ist, dass in Israel nur 72 % bzw. 73 % der Schüler in
die Sekundarstufe wechseln. Eine Erklärung dafür kann der immer wäh-
rende Bürgerkrieg im Nahen Osten sein.
Damit soll der Überblick über die Lage in den Entwicklungsländern abge-
schlossen werden.
Im nächsten Kapitel wird auf die Grundlagen der Institutionenökonomik
eingegangen, auf denen diese Arbeit aufbaut.

2. Institutionenökonomische Grundlagen
11
2. Institutionenökonomische Grundlagen
2.1. Was sind Institutionen?
Eine eindeutige Definition des Begriffs ,,Institutionen" ist schwierig, da
sich verschiedene Teilgebiete, nicht nur der Ökonomik, sondern auch an-
derer Sozialwissenschaften mit ihnen beschäftigt.
17
Nach Dietl sind Insti-
tutionen: ,,sozial sanktionierbare Erwartungen, die sich auf die Hand-
lungs- und Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen beziehen"
18
.
Das können formelle Regeln sein, wie z. B. Gesetze oder Verfassungsre-
geln, aber auch informelle Regeln, wie Sitten oder Normen. Weiterhin gel-
ten Organisationen sowie Langfristverträge als Institutionen. Sie sind qua-
si die Regeln nach denen die handelnden Akteure ihre Spielzüge festlegen.
North drückt es so aus:
,,Institutionen sind die Spielregeln einer Gesellschaft oder,
förmlicher ausgedrückt, die von Menschen erdachten Beschrän-
kungen menschlicher Interaktion. Dementsprechend gestalten
sie die Anreize im zwischenmenschlichen Tausch, sei dieser
politischer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art."
19
Durch Institutionen vermindert sich die Unsicherheit und eine Ordnung
wird in unser Gesellschaftssystem integriert. Institutionen bestimmen die
Chancen der Gesellschaft und damit die Leistungskraft einer Wirtschaft.
20
Wie kommen Institutionen eigentlich zustande? In der Literatur finden
sich dazu hauptsächlich zwei Erklärungsansätze. Entweder Institutionen
entstehen spontan oder aber als Ergebnis von Zielgerichteten Handlungen
von Instanzen oder Interessengruppen.
21
Durch Institutionen verändern
sich die relativen Preise von Handlungen, d. h. es erfolgt i. d. R. eine Ver-
änderung des Verhaltens der Akteure, quasi eine Steuerung. Die Knapp-
heit an Ressourcen und die begrenzte Rationalität
22
von Individuen ma-
chen Institutionen erforderlich.
17
Vgl. Schönig (2001), S. 30 oder auch Dietl (1993), S. 35.
18
Dietl (1993), S. 37.
19
North (1992), S. 3.
20
Vgl. ebenda, S. 6 ff.
21
Vgl. Richter/Furubotn (1999), S. 7 f.
22
Näheres zur ,,Begrenzten Rationalität", vgl. unten Kap. 2.3.2.

2. Institutionenökonomische Grundlagen
12
Institutionen dienen auch der Senkung von Transaktionskosten.
23
Selbst
wenn Institutionen auf den ersten Blick die Handlungsmöglichkeiten der
Akteure beschränken, so können doch die Interaktionsmöglichkeiten er-
höht werden und so beim genaueren betrachten auch mehr Handlungen
ermöglicht werden.
24
Durch Institutionen kann sich die Anzahl der Hand-
lungsoptionen erhöhen, was letztendlich mehr Freiheit bedeutet.
25
So fehlt
es bspw. in vielen Entwicklungsländern an rechtsstaatlichen Institutionen,
die Regelbrecher sanktionieren.
26
Somit können vorteilhafte Verträge ­
wie in den entwickelten Staaten ­ nicht realisiert werden, da ein Anreiz
für Regelbruch besteht bzw. das Verhalten des Vertragspartners zu unsi-
cher ist. Institutionen dienen daher auch der Erwartungsstabilisierung. Sie
reduzieren die Unsicherheit und nehmen damit Einfluss auf die Ergebnis-
se des Marktprozesses.
27
2.2. Die Transaktionskosten
Im Gegensatz zur Neoklassik, die von jeglichen Transaktionskosten abs-
trahiert spielen sie in der Neuen Institutionenökonomik eine sehr bedeu-
tende Rolle. Durch die Einbeziehung von Transaktionskosten ist die NIÖ
ein ganzes Stück näher an der Realität bei Entscheidungssituationen. Nach
Williamson findet eine Transaktion dann statt ,,wenn ein Gut oder eine
Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg übertragen
wird"
28
.
Den Einfluss der Messbarkeit eines Gutes auf die Transaktionskosten er-
läutert North näher.
29
Je schwieriger sich ein Gut spezifizieren und messen
lässt, desto höher fallen die Transaktionskosten aus. Zum Beispiel wäre es
für einen Unternehmer mit geringeren Transaktionskosten verbunden,
23
Vgl. Schirm (2004), S. 55 f.
24
Vgl. Homann/Suchanek (2000), S. 41.
25
Vgl. Pies (1994), S. 13.
26
Die Notwendigkeit eines Rechtsschutzstaates ergibt sich, weil die Kosten für jedes einzelne
Individuum einen Regelbrecher zu sanktionieren viel zu hoch sind. Vgl. Buchanan (1984), S.
186 ff.
27
Vgl. Kiwit/Voigt (1995), S. 117.
28
Williamson (1990), S. 3.
29
Vgl. North (1988), S. 41.

2. Institutionenökonomische Grundlagen
13
seine Mitarbeiter nach Stücklohn statt nach Stundenlohn zu bezahlen. Dies
ist aber in der heutigen Zeit nur schwer möglich, da die Arbeit zu kom-
plex und somit nur schwer messbar geworden ist.
Man kann zwischen fixen Transaktionskosten und laufenden Transakti-
onskosten unterscheiden. Nach Arrow sind ,,Transaktionskosten die Be-
triebskosten eines Wirtschaftssystems"
30
. Neben diesen gibt es aber noch
fixe Transaktionskosten, die bei der Errichtung und Veränderung eines
Wirtschaftssystems anfallen. So z. B. bei der Veränderung der Eigentums-
ordnung (oder allgemein von Regeln) infolge einer Transformation.
Die laufenden Transaktionskosten (Betriebskosten des Wirtschaftssys-
tems) fallen z. B. bei der Benutzung des Marktes an. Dazu zählen:
1. Such- und Informationskosten, diese entstehen z. B. bei der Suche eines
passenden Vertragspartners oder bei der Beschaffung von Informationen
über den Vertragsgegenstand; diese Kosten entstehen somit vor Vertrags-
abschluss.
2. Verhandlungs- und Entscheidungskosten, darunter fallen z. B. Kosten für
einen schriftlichen Vertrag, aber auch Kosten einer Einigung (Abstim-
mungskosten, Zeitkosten); die Kosten entstehen somit während des Ver-
tragsabschlusses.
3. Überwachungs- und Durchsetzungskosten, z. B. Kosten der Überwachung
von Lieferfristen oder die Beobachtung des Vertragspartners, ob dieser
sich auch an den Vertrag hält; diese Kosten entstehen also nach Vertrags-
abschluss.
31
Aus den Transaktionskosten, die bei der Benutzung des Marktes entste-
hen, leitet sich die Existenz von Unternehmen bzw. korporativen Akteu-
ren
32
nach der NIÖ ab. Das heißt, dass diese ökonomischen Institutionen
des Kapitalismus, der Verringerung von Transaktionskosten dienen.
33
30
Arrow (1969), S. 48, zitiert nach Richter/Furubotn (1999), S. 47.
31
Vgl. Richter/Furubotn (1999), S. 51 ff.
32
Als korporativer Akteur wird i. d. R. eine juristische Person bezeichnet. Näheres zum korporati-
ven Akteur und seine Rolle in der Gesellschaft, vgl. Coleman (1979).
33
Vgl. Williamson (1990), S. 19.

2. Institutionenökonomische Grundlagen
14
Weiterhin entstehen laufende Transaktionskosten um das Gesellschafts-
system aufrechtzuerhalten, seien es Kosten der Bereitstellung eines
Rechtssystems (z. B. Richter) oder für die Aufrechterhaltung der öffentli-
chen Ordnung (z. B. Polizei). Aber auch der politische Entscheidungspro-
zess und die Implementierung der formellen Regeln (,,Bürokratiekosten")
verursachen enorme Transaktionskosten.
Mit der Schätzung der Höhe von Transaktionskosten, die aufgewendet
werden müssen um eine Interaktion (z. B. eine Unternehmensgründung)
in einem bestimmten Land durchzuführen, lässt sich die Qualität von In-
stitutionen in den Ländern vergleichen.
34
In modernen Demokratien ma-
chen Transaktionskosten mittlerweile 50 bis 60 % des Nettosozialprodukts
aus.
35
2.3. Das Verhalten der Akteure
2.3.1.
Methodologischer
Individualismus
Der Methodologische Individualismus besagt, dass alle Entscheidungen in
einem sozialen System (z. B. Gesellschaften, Unternehmen, Familien)
letztendlich immer auf die Präferenzen von Individuen zurückgehen. Das
heißt, dass es keinen Holismus gibt, der sozialen Systemen Eigenschaften
zuspricht, die nicht im Interesse der Individuen liegen.
36
So ist der Staat
eben kein selbstständig handelndes Subjekt. Dies steht jedoch nicht im
Konflikt mit der Annahme, dass sich Unternehmen Gewinn maximierend
verhalten, da bei letzteren die Eigenschaften des Individuums i. d. R. mit
denen der Organisation kompatibel sind. Gleichwohl kann man anneh-
men, dass sich Individuen innerhalb einer Gruppe anders verhalten, als
wenn sie einzeln sind. Es ist dies nämlich trotzdem noch das Handeln der
Individuen. Man sollte hier darauf hinweisen, dass individuelles Verhalten
nicht gleichzusetzen ist, mit dem Verhalten vereinzelter Individuen.
37
34
Vgl. Voigt (2002), S. 86.
35
Vgl. Richter/Furubotn (1999), S. 45.
36
Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 6.
37
Vgl. Kirchgässner (2000), S. 23 f.

2. Institutionenökonomische Grundlagen
15
2.3.2. Begrenzte Rationalität
Aufgrund seiner beschränkten Wahrnehmungskapazität kann ein Indivi-
duum nicht vollständig rational sein. Das heißt das Individuum ist nicht
in der Lage alle Informationen einzuholen und dann auch noch zu verar-
beiten, die theoretisch für sein Verhalten relevant sein können. So dürfte
es z. B. ziemlich schwierig werden, bei einer Kaufentscheidung für ein
neues Auto, die Preise aller Anbieter in Deutschland abzufragen. Einmal
sind da die Zeitkosten, zum anderen die Schwierigkeit bei der Berechnung
ob ein Auto, das in Leipzig 200 billiger ist als in Köln, wenn man selbst
in Dortmund wohnt, am Ende wirklich günstiger ist als ein nur 100 billi-
geres Angebot in Hamburg (Transportkosten!). Die vielen anderen Ange-
bote aus Deutschland noch gar nicht mit einbezogen. Man versucht also
nicht ,,um jeden Preis" den billigsten Anbieter zu finden, sondern wenn
man sich eine gewisse Zeit damit beschäftigt hat und die Preise noch für
zu hoch hält, senkt man sein Anspruchsniveau (erhöht die Zahlungsbe-
reitschaft). Man ist also kein Optimierer mehr, sondern ein ,,Satisficer".
38
Das Individuum schränkt also seine Alternativen ein, um die Unsicherheit
zu reduzieren. Dies gelingt ihm beispielsweise, indem er sich an Regeln
und Routinen aus der Vergangenheit oder seiner Umwelt orientiert.
39
2.3.3. Opportunismus
Opportunismus tritt dann auf, wenn ein Vertragspartner bei Berücksichti-
gung des Eigeninteresses, mindestens List zu Hilfe nimmt. Dies schließt
also auch Diebstahl, Betrug und ähnliche Aktionen ein.
40
So kann der Vertragspartner z. B. wichtige Informationen zurückhalten
oder ein Versprechen nicht einhalten. Es werden quasi die Vertragslücken
ausgenutzt, die aufgrund des unvollständigen Vertrages
41
existieren und
38
Vgl. Kirchgässner (2000), S. 31.
39
Um beim Beispiel zu bleiben: Das Individuum würde dann z. B. nur Angebote von Händlern
vergleichen, die im näheren Umkreis von seinem Wohnort liegen.
40
Vgl. Williamson (1990), S. 54.
41
Dieser Vertrag weicht vom (hypothetischen) vollständigen Vertrag ab, weil die Vertragspartner
sich aufgrund von Transaktionskosten nicht jedes erdenkliche Risiko zurechnen können. Der
unvollständige Vertrag wird daher auch Realer Vertrag genannt.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2007
ISBN (eBook)
9783836602204
DOI
10.3239/9783836602204
Dateigröße
677 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bayreuth – Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Volkswirtschaftslehre 5
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
2,0
Schlagworte
entwicklungsländer sozioökonomischer wandel institutionenökonomie mikrokredit humankapital diktatur
Produktsicherheit
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Titel: Probleme bei der Transformation von Entwicklungsländern
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