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Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels

©2006 Diplomarbeit 133 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Aufgrund steigender Internationalisierung, verstärkter Kundenorientierung und Konzentration auf Kernkompetenzen wird Reiß zufolge immer öfter eine Veränderung in der strategischen Ausrichtung nötig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Um die Wettbewerbsfähigkeit unter veränderten Rahmenbedingungen aufrecht zu erhalten, initiieren die Unternehmen Wandelprogramme. Die Fehlerquote solcher Wandelprogramme liegt laut Balogun/Hailey allerdings bei erschreckenden 70%.
Doch worin liegt der Umstand begründet, dass mehr als drei von vier Wandelprogrammen scheitern? Stiefel sieht vor allem in erzwungenen Veränderungen, mangelnder Partizipation, mangelndem Commitment der Betroffenen, mangelnder Unterstützung der Führungskräfte und in unklarer Zieldefinition die schwerwiegendsten negativen Einflussgrößen auf den Erfolg von Wandelprogrammen. Aufgrund dieser hohen Fehlerquote sehen Balogun/Hailey die Managementdisziplin „Change Management“ im Hinblick auf sich ändernde Umweltbedingungen als äußerst wichtige Managementkompetenz an. Todnem By bestätigt dies, da er in der Kompetenz des Change Managements einen Karrierefaktor, Wettbewerbsfaktor und Standortfaktor sieht.
Welche Maßnahmen können vom Management ergriffen werden, um die Fehlerquote von Wandelprogrammen zu senken? Bei Durchsicht der zentralen Literatur zum Thema „Change Management“ wird seitens der Autoren immer wieder auf die von Balogun/Hailey genannte Fehlerquote von 70% verwiesen – ohne aber direkt Handlungsanweisungen zu geben, wie der negative Ausgang eines Wandelprogramms zu verhindern ist. Mehrere Autoren geben hilfreiche „Best Practice“-Ansätze, die zwar dabei helfen die gröbsten Fehler zu vermeiden, aufgrund der Kontextspezifität von Wandelinitiativen aber meist nicht die erwünschten Erfolge bringen. Wie bereits aus den von Stiefel genannten Gründen für diese Fehlerquote hervorgeht, sind Wandelprogramme in hohem Maße vom Commitment aller Betroffenen für den Wandel abhängig.
Das Management ist also angehalten das Commitment aller Betroffenen sicherzustellen – mit anderen Worten ihre Unterstützung für den Wandel zu sichern und gleichzeitig ihre Interessen zu wahren, um das Commitment nicht zu gefährden. Mit der Wahrung von Interessen beschäftigt sich im weitesten Sinne auch die Disziplin „Stakeholdermanagement“. Laut Freeman/McVea steht dabei die Formulierung und Implementierung von Prozessen im Mittelpunkt, die die Interessen der betroffenen Stakeholder optimal […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Patrick Moser
Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
ISBN: 978-3-8366-0218-1
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Johannes Kepler Universität Linz, Linz, Österreich, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- I -
Executive Summary
Um im turbulenten Wirtschaftsumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben, ist einer Reihe von Auto-
ren (Pettigrew, 1988; Kanter et al., 1992; Krebsbach-Gnath, 1992a; Van de Ven/Poole, 1995;
Reiß, 1997b; Whipp, 2003 und CapGemini, 2005) zufolge oftmals eine Veränderung in der
strategischen Ausrichtung von Nöten. Innerhalb dieser strategischen Ausrichtung werden
zwei Formen unterschieden ­ der anpassende Wandel, der innerhalb der organisationalen
Logik und parallel zu den täglichen Routinen abläuft und der fundamentale Wandel, der einen
Paradigmenwechsel nach sich zieht. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf fundamenta-
len Wandel, der wiederum in die beiden Unterformen der Evolution und Revolution unterteilt
werden kann.
Nun berichtet allerdings das Autorenduo Balogun/Hailey (2004, S. 1), dass ungefähr 70%
aller Wandelprogramme scheitern. Doch worin liegt diese eklatante Fehlerquote begründet?
Stiefel (2006, S. 10ff) weist darauf hin, dass vor allem erzwungene Veränderungen, mangeln-
de Partizipation, mangelndes Commitment der Betroffenen, mangelnde Unterstützung der
Führungskräfte und unklare Zieldefinitionen die schwerwiegendsten Fehler darstellen, die den
Erfolg von Wandelprogrammen gefährden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt nun darin aufzuzeigen, welchen Beitrag Stakeholder-
management zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels leisten kann ­ ob ein Unter-
nehmen durch den Einsatz von Stakeholdermanagement somit in der Lage ist, die Fehlerquote
von 70% zu minimieren. Um dies beantworten zu können, werden die beiden Management-
disziplinen ,,Stakeholdermanagement" und ,,Change Management" integrativ verbunden.
Stakeholdermanagement umfasst eine Reihe wichtiger Aufgaben: Laut Reed (1999, S. 466)
besteht die erste zentrale Aufgabe in der Bestimmung jener Faktoren, die einen Anspruch an
das Unternehmen legitimieren. Des Weiteren ist die Aufgabe der Stakeholderanalyse von
zentraler Bedeutung (vgl. Reed, 1999, S. 467 und Carroll/Buchholtz, 2003, S. 78f), aus der
anschließend Strategien, Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für das Management der
Stakeholder abgeleitet werden können. Jones (1995, S. 432) hebt vor allen Dingen auch den
Aufbau von Vertrauen und Kooperation als Hauptaufgabe des Stakeholdermanagements
hervor.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- II -
Für die Gestaltung strategischen Wandels schlagen Balogun/Hailey (2004) das ,,change kalei-
doscope" und Müller-Stewens/Lechner (2005) das ,,Wandeldesignmodell" vor. Aufgrund des
geringeren konzeptionellen Umfangs des Wandeldesignmodells wird in der vorliegenden
Arbeit dem ,,change kaleidoscope" der Vorzug gegeben. Dieses Kaleidoskop umfasst sechs
Gestaltungsdimensionen, die wiederum von acht Komponenten des Modells beeinflusst wer-
den.
Für die Gestaltung fundamentalen strategischen Wandels wird ein ,,change path" von Revolu-
tion hin zu Evolution in Anlehnung an Dunphy/Stace (1988, S. 320f) und Klimecki (1995, Sp.
1662) empfohlen. Dieser ,,change path" bestimmt in weiterer Folge zu einem Großteil die
Gestaltung der übrigen Gestaltungsdimensionen ,,change start-point", ,,change style", ,,change
target", ,,change levers" und ,,change roles". Innerhalb einer jeden Dimension kann überprüft
werden, welchen Beitrag Stakeholdermanagement dabei zur optimalen Gestaltung beitragen
kann.
Eine Verknüpfung dieser Ergebnisse führt zu dem Ergebnis, dass Stakeholdermanagement in
erster Linie einen Beitrag zur Steigerung des Commitments der vom Wandel betroffenen
Stakeholder leisten kann. Da Commitment der Betroffenen laut Carroll/Buchholtz (2003, S.
77) von allergrößter Bedeutung für den Erfolg eines Wandelprogramms ist, kann also der
Schluss gezogen werden, dass der Einsatz von Stakeholdermanagement die optimale Gestal-
tung strategischen Wandels in starkem Maße fördert.
Allerdings muss auch festgehalten werden, dass der Erfolg eines Wandelprogramms nicht
ausschließlich durch den Einsatz von Stakeholdermanagement herbeigeführt werden kann.
Abgesehen vom Commitment der Stakeholder sind auch noch weitere Faktoren für den Erfolg
eines Wandelprogramms verantwortlich, welche allerdings nicht über Stakeholdermanage-
ment beeinflusst werden können.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass Stakeholdermanagement zwar einen
großen Beitrag zur Gestaltung strategischen Wandels leisten kann ­ der Erfolg eines Wandel-
programms allerdings nicht ausschließlich über Stakeholdermanagement herbeigeführt wer-
den kann.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- III -
Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit wird allerdings die Empfehlung abgegeben, dass
aktives Stakeholdermanagement von jedem Unternehmen praktiziert werden sollte, da dies
nachweislich positive Effekte auf die finanzielle Performance nach sich zieht (vgl. McGuire et
al., 1988, S. 869; Savage et al., 1991, S. 62; Agle et al., 1999, S. 518ff und Post et al., 2002a,
S. 28) und jedes Unternehmen sich seiner sozialen Verantwortung bewusst sein sollte (vgl.
Goodpaster, 1991, S. 70; Nippa, 2002, S. 16; Witt, 2002, S. 56 und Rüegg-Stürm, 2003, S.
29f).
Sieht sich nun ein Unternehmen, welches erfolgreich Stakeholdermanagement praktiziert,
einem fundamentalen strategischen Wandel gegenüber, so sind dadurch bereits die Weichen
für die erfolgreiches Change Management gestellt. Todnem By (2005, S. 369) konstatiert in
diesem Zusammenhang, dass Change Management heute einen entscheidenden Faktor für das
Überleben eines Unternehmens darstellt, weshalb die Kompetenz des Change Managements
für Manager einen Karriere-, für Unternehmen einen Wettbewerbs- und für Volkswirtschaften
einen Standortfaktor bildet.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- V -
Inhaltsverzeichnis
1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit... 1
1.1. Problemstellung... 1
1.2. Zielsetzung ... 2
1.3.
Aufbau der Arbeit... 3
2. Einführende
Begriffsbestimmungen... 5
2.1. Stakeholder... 5
2.2. Stakeholdertheorie... 8
2.3. Stakeholdermanagement ... 10
2.4. Strategischer
Wandel... 11
2.5. Change
Management... 13
3. Stakeholdermanagement ... 14
3.1.
Das Unternehmen ­ ein System von Stakeholdern ... 15
3.2.
Gründe für Stakeholdermanagement... 16
3.2.1.
Gründe aus deskriptiver Perspektive... 17
3.2.2.
Gründe aus instrumenteller Perspektive... 17
3.2.3.
Gründe aus normativer Perspektive ... 19
3.3.
Zentrale Aufgaben des Stakeholdermanagements ... 20
3.4.
Einteilungsformen von Stakeholdern ... 22
3.4.1.
Interne und externe Stakeholder... 22
3.4.2.
Primäre und sekundäre Stakeholder... 23
3.4.3. Key-Stakeholder... 24
3.5.
Attribute und Klassifikationen von Stakeholdern ... 24
3.5.1.
Die drei Attribute von Stakeholdern ... 25
3.5.2.
Die acht Klassifikationen von Stakeholdern ... 27
3.6. Stakeholderanalyse... 30
3.6.1.
Auflistung möglicher Stakeholder ... 30
3.6.2.
Charakterisierung der Stakeholder ... 31
3.6.3.
Abschätzung der Relevanz der Stakeholder für das Unternehmen ... 31
3.6.4.
Anwendung weiterer Analyseschemata ... 33
3.6.4.1.
Das Analyseschema von Savage et al. (1991) ... 34

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- VI -
3.6.4.2.
Das Analyseschema von Müller-Stewens/Lechner (2005)... 36
3.7.
Formulierung von Handlungsempfehlungen... 38
4. Change
Management ... 42
4.1. Ursachen
des
Wandels ... 44
4.2.
Wandel aus Sicht verschiedener Prozesstheorien ... 47
4.2.1. Teleologische
Prozesstheorien ... 49
4.2.2. Dialektische
Prozesstheorien... 49
4.2.3.
Lebenszyklus- und Wachstumstheorien... 50
4.2.4. Evolutionäre
Prozesstheorien... 51
4.3.
Formen strategischen Wandels... 53
4.4.
Ausgewählte Ansätze des Change Managements ... 60
4.4.1. Feldherrenansatz... 60
4.4.2.
Wandel als Umgang mit Widerständen... 61
4.4.2.1. Ursachen
von
Widerstand ... 62
4.4.2.2.
Strategien zur Bewältigung von Widerständen... 64
4.4.2.3.
Das 3-Phasen-Modell von Lewin ... 67
4.4.3. Organisationsentwicklung... 71
4.4.4.
Business Process Reengineering ... 74
4.5.
Zentrale Rollen im Change Management... 77
4.6.
,,Best Practice" im Change Management ... 78
4.7. Gestaltungsmodelle ... 82
5. Stakeholdermanagement
zur
optimalen
Gestaltung strategischen Wandels ... 86
5.1.
Die Gestaltung des ,,change path"... 87
5.2.
Die Gestaltung des ,,change start-point" ... 92
5.3.
Die Gestaltung des ,,change style" ... 94
5.4.
Die Gestaltung des ,,change target" ... 98
5.5.
Die Gestaltung der ,,change levers" ... 99
5.6.
Die Gestaltung der ,,change roles" ... 104
6. Abschließende Betrachtungen und Resümee... 109
7. Literaturverzeichnis... 113

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- VII -
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das Unternehmen als System von Stakeholdern ... 16
Abbildung 2: Die drei Attribute von Stakeholdern ... 26
Abbildung 3: Die acht Klassifikationen von Stakeholdern... 27
Abbildung 4: Erweiterte Stakeholder Map... 32
Abbildung 5: Das Analyseschema von Savage et al. (1991) ... 35
Abbildung 6: Das Analyseschema von Müller-Stewens/Lechner (2005) ... 36
Abbildung 7: Handlungsempfehlungen nach Savage et al. (1991)... 38
Abbildung 8: Die häufigsten Ursachen für Veränderungen in Unternehmen... 46
Abbildung 9: Die vier Archetypen von Prozesstheorien... 48
Abbildung 10: Formen strategischen Wandels nach Balogun/Hailey (2004)... 53
Abbildung 11: Formen fundamentalen Wandels ... 58
Abbildung 12: Hypothese über die Wirkung der Partizipation... 65
Abbildung 13: Typischer Leistungsverlauf während eines Veränderungsprozesses ... 69
Abbildung 14: Phasen-Modell aus Sicht der Organisationsentwicklung nach
Greiner (1967)... 72
Abbildung 15: Das Wandeldesignmodell von Müller-Stewens/Lechner (2005) ... 82
Abbildung 16: Das Kaleidoskop von Balogun/Hailey (2004) ... 83
Abbildung 17: Der ,,change path" von Revolution zu Evolution... 88
Abbildung 18: Das ,,change style"-Kontinuum ... 94
Abbildung 19: Das Cultural Web nach Johnson et al. (2005) ... 100
Abbildung 20: ,,Strategic Rope" nach Tichy (1983) ... 102

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- IX -
Abkürzungsverzeichnis
Anm. Anmerkung
bspw. beispielsweise
bzw. beziehungsweise
d. h.
das heißt
etc. et
cetera
HRM
Human Resources Management
OECD
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
vgl. vergleiche
z.B. zum
Beispiel
zit. n.
zitiert nach

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 1 -
1. Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Im folgenden ersten Kapitel wird nun zuerst die Problemstellung der Arbeit aufgezeigt und
daraus eine Forschungsfrage abgeleitet. Um zu zeigen, welche Ziele mit der vorliegenden
Arbeit erreicht werden sollen, wird eine Zieleingrenzung vorgenommen. Abschließend wird
der Aufbau der Arbeit kurz umrissen, um sodann in Kapitel 2 auf einführende Begriffsbe-
stimmungen einzugehen.
1.1. Problemstellung
Aufgrund steigender Internationalisierung, verstärkter Kundenorientierung und Konzentration
auf Kernkompetenzen wird Reiß (1997b, S. 7) zufolge immer öfter eine Veränderung in der
strategischen Ausrichtung nötig, um wettbewerbsfähig zu bleiben (vgl. auch Whipp, 2003, S.
237). Um die Wettbewerbsfähigkeit unter veränderten Rahmenbedingungen aufrecht zu erhal-
ten, initiieren die Unternehmen Wandelprogramme. Die Fehlerquote solcher Wandelpro-
gramme liegt laut Balogun/Hailey (2004, S. 1) allerdings bei erschreckenden 70%.
Doch worin liegt der Umstand begründet, dass mehr als drei von vier Wandelprogrammen
scheitern? Stiefel (2006, S. 10ff) sieht vor allem in erzwungenen Veränderungen, mangelnder
Partizipation, mangelndem Commitment der Betroffenen, mangelnder Unterstützung der
Führungskräfte und in unklarer Zieldefinition die schwerwiegendsten negativen Einflussgrö-
ßen auf den Erfolg von Wandelprogrammen. Aufgrund dieser hohen Fehlerquote sehen Balo-
gun/Hailey (2004, S. 1) die Managementdisziplin ,,Change Management" im Hinblick auf
sich ändernde Umweltbedingungen als äußerst wichtige Managementkompetenz an. Todnem
By (2005, S. 369) bestätigt dies, da er in der Kompetenz des Change Managements einen
Karrierefaktor, Wettbewerbsfaktor und Standortfaktor sieht.
Welche Maßnahmen können vom Management ergriffen werden, um die Fehlerquote von
Wandelprogrammen zu senken? Bei Durchsicht der zentralen Literatur zum Thema ,,Change
Management" wird seitens der Autoren immer wieder auf die von Balogun/Hailey (2004)
genannte Fehlerquote von 70% verwiesen ­ ohne aber direkt Handlungsanweisungen zu
geben, wie der negative Ausgang eines Wandelprogramms zu verhindern ist. Mehrere Auto-

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 2 -
ren (Greiner, 1967; Kanter et al., 1992; Carr, 1995; Doppler/Lauterburg, 2002 und Stiefel,
2006) geben hilfreiche ,,Best Practice"-Ansätze, die zwar dabei helfen die gröbsten Fehler zu
vermeiden, aufgrund der Kontextspezifität von Wandelinitiativen aber meist nicht die er-
wünschten Erfolge bringen (vgl. Balogun/Hailey, 2004, S. 7). Wie bereits aus den von Stiefel
(2006) genannten Gründen für diese Fehlerquote hervorgeht, sind Wandelprogramme in
hohem Maße vom Commitment aller Betroffenen für den Wandel abhängig.
Das Management ist also angehalten das Commitment aller Betroffenen sicherzustellen ­ mit
anderen Worten ihre Unterstützung für den Wandel zu sichern und gleichzeitig ihre Interessen
zu wahren, um das Commitment nicht zu gefährden. Mit der Wahrung von Interessen be-
schäftigt sich im weitesten Sinne auch die Disziplin ,,Stakeholdermanagement". Laut Free-
man/McVea (2001, S. 192) steht dabei die Formulierung und Implementierung von Prozessen
im Mittelpunkt, die die Interessen der betroffenen Stakeholder optimal erfüllen (vgl. auch
Carroll/Buchholtz, 2003, S. 76).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll nun versucht werden, die beiden Disziplinen aus-
führlich zu verknüpfen, um den Beitrag von Stakeholdermanagement zur Minimierung der
Fehlerquote von Wandelprogrammen zu prüfen. Die zentrale Forschungsfrage, die im Zuge
der vorliegenden Arbeit beantwortet werden soll, lautet daher:
Welchen Beitrag kann Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen
Wandels leisten?
Welches Ziel mit der Beantwortung der Forschungsfrage bzw. der vorliegenden Arbeit ver-
folgt wird, soll das folgende Kapitel zeigen. Danach wird der Aufbau der Arbeit vorgestellt.
1.2. Zielsetzung
Das Hauptziel dieser Arbeit liegt darin einen ersten Versuch zu starten, die beiden Disziplinen
,,Stakeholdermanagement" und ,,Change Management" integrativ zu verknüpfen. Aufgrund
einer ausgiebigen Literaturrecherche muss festgestellt werden, dass die Verknüpfung der
beiden Teilbereiche in der Literatur nur äußerst rudimentär abgehandelt wurde. Vereinzelt

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 3 -
finden sich zwar Ansatzpunkte einer Integration, doch kratzen die Abhandlungen wohl nur an
der Oberfläche dieses Themas.
Die einzige Arbeit zu dem Thema liegt von Esther Solomon vor, die im Jahre 2001 den Arti-
kel ,,The dynamics of corporate change: management's evaluation of stakeholder characte-
ristics" veröffentlichte. Dieser beschäftigt sich aber hauptsächlich damit, welche Stakeholder-
gruppen von Managern als auslösende Triebkräfte von Wandelprogrammen angesehen wer-
den. Somit kann festgehalten werden, dass das primäre Ziel der Arbeit darin besteht erste
Ergebnisse zu liefern, welchen Beitrag Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung
strategischen Wandels liefern kann.
Des Weiteren sehen Ringlstetter/Schuster (2001, S. 349ff) im Wandel von Organisationen ein
zerklüftetes Forschungsfeld, das erst langsam an Konturen gewinnt. Dies mag vor allem daran
liegen, dass die verschiedenen Autoren oftmals eine äußerst unterschiedliche Terminologie
verwenden. Aus diesem Grund soll die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Schärfung der
Konturen leisten, indem die Ausführungen verschiedener Autoren zu einem Gesamtbild kom-
biniert werden.
Die Ausführungen zu den beiden Teildisziplinen ,,Stakeholdermanagement" und ,,Change
Management" stellen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden nur jene Teilberei-
che näher behandelt, die im Zusammenhang der Integration der beiden Teile besonders von
Bedeutung sind. Aufgrund exakter Quellenangaben kann sich der interessierte Leser aller-
dings auch durch die Beiträge der zentralen Autoren weiter in die beiden Teildisziplinen
vertiefen.
Abschließend soll nun noch der Aufbau der Arbeit vorgestellt werden, bevor dann unmittelbar
mit einführenden Begriffsbestimmungen in medias res gegangen wird.
1.3. Aufbau der Arbeit
Die untenstehende Grafik soll den dreiteiligen Aufbau der Arbeit verdeutlichen. So beginnt
die Abhandlung mit einführenden Begriffsbestimmungen, um ein gemeinsames Verständnis
für die zentralen Begrifflichkeiten zu schaffen. Sodann wird zuerst auf die Teildisziplin Sta-

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 4 -
keholdermanagement eingegangen, um die zur Beantwortung der zentralen Forschungsfrage
relevanten Teilbereiche zu diskutieren (Teil 1). Analog dazu wird auch die Teildisziplin
,,Change Management" abgehandelt (Teil 2). Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden
die beiden Teildisziplinen integriert, um zu prüfen welchen Beitrag Stakeholdermanagement
zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels leisten kann (Teil 3). Die Ergebnisse werden
sodann zusammengefasst, um im letzten Kapitel ein Resümee ziehen zu können.
Einführende Begriffsbestimmungen
Stakeholdermanagement
Change Management
Das Unternehmen ­ ein System von
Stakeholdern
Gründe für Stakeholdermanagement
Einteilungsformen von Stakeholdern
Zentrale Aufgaben des
Stakeholdermanagements
Stakeholderanalyse
Attribute und Klassifikationen von
Stakeholdern
Formulierung von Handlungs-
empfehlungen
Zentrale Rollen im Change
Management
Ausgewählte Ansätze des Change
Managements
Formen strategischen Wandels
Wandel aus Sicht verschiedener
Prozesstheorien
Ursachen des Wandels
Gestaltungsmodelle
,,Best Practice" im Change
Management
Stakeholdermanagement
zur optimalen Gestaltung
strategischen Wandels
Gestaltung des ,,change path"
Gestaltung des ,,change start-point"
Gestaltung des ,,change style"
Gestaltung des ,,change roles"
Gestaltung des ,,change target"
Gestaltung des ,,change levers"
Abschließende Betrachtungen und Resümee

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 5 -
2. Einführende
Begriffsbestimmungen
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ­ wie im vorigen Kapitel dargestellt ­ zuerst mit den
beiden Teilen ,,Stakeholdermanagement" und ,,Change Management" und versucht anschlie-
ßend die beiden Teile zu integrieren, um den Beitrag von Stakeholdermanagement zur opti-
malen Gestaltung von strategischem Wandel zu beleuchten.
Um vorab eine einheitliche Verwendung zentraler Begrifflichkeiten gewährleisten zu können,
wird nun definiert, mit welcher Bedeutung diese Begriffe im Kontext dieser Arbeit verwendet
werden. Dazu wird zunächst festgelegt, welches Verständnis des Begriffes ,,Stakeholder"
dieser Arbeit zugrunde liegt, daran schließen die Darstellung der Stakeholdertheorie und die
Definition von Stakeholdermanagement.
Für den Teil des ,,Change Managements" wird zunächst dargestellt, was unter ,,strategischem
Wandel" verstanden wird, gefolgt von der Definition des Begriffes ,,Change Management"
und dem Konzept, das sich hinter dem Begriff verbirgt.
2.1. Stakeholder
Donaldson/Preston (1995, S. 65) und Friedman/Miles (2002, S. 1) zeigen, dass in den beiden
letzten Jahrzehnten ein gutes Dutzend Bücher und mehr als 100 Zeitschriftenartikel erschie-
nen sind, die sich mit dem Thema ,,Stakeholder" befassen, wobei bei näherer Betrachtung
dieser Abhandlungen große Divergenzen zwischen den Definitionen von ,,Stakeholdern"
festzustellen sind (vgl. Donaldson/Preston, 1995, S. 66). Im Folgenden wird daher die histori-
sche Entwicklung des Stakeholderkonzeptes kurz umrissen.
Der Ursprung des Stakeholder Konzeptes kann bis ins Jahr 1918 zurückverfolgt werden, in
dem Mary Parker Follett das Buch ,,The New State" veröffentlichte, allerdings ohne darin je
den Begriff ,,Stakeholder" zu verwenden. In ,,The New State" überdenkt Follett die Grundan-
nahme von Adam Smith, wonach ein Unternehmen ein Input-Output-System ist, welches
durch Kombination von unterschiedlichen Ressourcen Produkte und Dienstleistungen zum
Nutzen der Kunden erzeugt. Sie ist der Auffassung, ,,that the purpose, structure, and mana-

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 6 -
gement of business organizations could be redefined in terms of ,interconnectedness'" (zit. n.
Post et al., 2002a, S. 18), sodass die Rolle der Manager darin besteht, die verschiedenen
Anstrengungen und Interessen derart zu integrieren, dass dadurch ein Nutzen für alle Beteilig-
ten entsteht, nicht nur für die Kunden ­ wie dies von Adam Smith gefordert wurde (vgl. Post
et al., 2002a, S. 18 und Post et al., 2002b, S. 6).
Der Begriff ,,Stakeholder" wird dann erstmalig 1963 in einem internationalen Memorandum
am Stanford Research Institute verwendet. Dabei wurden Stakeholder als ,,those groups with-
out whose support the organization would cease to exist" definiert (zit. n. Donaldson/Preston,
1995, S. 72 und Elias et al., 2002, S. 303). Hinter dieser Definition steht also die Grundan-
nahme, dass Organisationen ohne diese Schlüsselgruppen ­ die Stakeholder ­ nicht überleben
können. Donaldson/Preston (1995, S. 72) schließen daraus weiters, dass es für Manager
unabdingbar ist konstruktive Beiträge seitens der Stakeholder einzufordern, um dadurch die
selbst angestrebten Ziele erreichen zu können.
Der Begriff ,,Stakeholder" wurde also schon 1963 eingeführt, erlangte aber erst nach der
Veröffentlichung von Edward Freemans ,,Strategic Management: A Stakeholder Approach"
im Jahre 1984 Popularität in der Managementliteratur. Dabei fordert Freeman (1984) eine
Neudefinition der Unternehmung selbst, da er den Sinn eines Unternehmens darin sieht, als
ein Vehikel für die Koordination der Stakeholderinteressen zu fungieren (vgl. Post et al.,
2002a, S. 18). Da dieses Werk von Freeman (1984) ein Meilenstein in der Stakeholderlitera-
tur ist, erfreut sich seine Definition von Stakeholdern auch in neueren Veröffentlichungen
noch großer Popularität. So definiert Freeman (1984) Stakeholder als ,,any group or individ-
ual who can affect or is affected by the achievement of the activities of an organization" (zit.
n. Elias et al., 2002, S. 303).
Bei näherer Betrachtung der Definition von Freeman (1984) ist laut Post et al. (2002a, S. 19)
allerdings eine zu große Verallgemeinerung zu erkennen. Beispielsweise würde diese Defini-
tion Wettbewerber als Stakeholder klassifizieren, da sie ohne jeden Zweifel das Unternehmen
beeinflussen und durch das Unternehmen beeinflusst werden, doch Post et al. (2002a, S. 17)
akzeptieren diese Einteilung aufgrund der 1999 erstmals erschienenen ,,OECD-Grundsätze
der Corporate Governance" nicht. Laut diesen Grundsätzen sollen ein Unternehmen und seine
Stakeholder in der Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen kooperieren (vgl. OECD,
2004, S. 55).

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 7 -
Wettbewerber verfolgen aber Ziele, die im krassen Gegensatz zu den Zielen des Unterneh-
mens stehen, wodurch der Forderung der OECD nach Kooperation des Unternehmens und
seiner Stakeholder nicht Rechnung getragen werden kann. So merken beispielsweise Harri-
son/St. John (1996, S. 54) an: ,, (...) it is often in the best interests of one competitor to cause
another competitor to falter." Diese Einstellung konkurrierender Unternehmen ist also diamet-
ral entgegengesetzt zur Forderung der OECD nach Kooperation, weshalb Wettbewerber nicht
zu den Stakeholdern gezählt werden können.
Die Definition in einem bedeutenden Werk von Carroll/Buchholtz (2003, S. 23) sieht Stake-
holder als jene Individuen und Gruppen, ,,who have a stake, or vested interest, in the firm",
wobei diese Ansprüche sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein können (vgl.
Müller-Stewens/Lechner, 2005, S. 171). Auch bei dieser Definition werden Wettbewerber als
Stakeholder betrachtet, da sie ein begründetes Interesse am Unternehmen zeigen. Verfolgt
man nun die Argumentation von Post et al. (2002a, S. 19) analog zur Definition von Freeman
(1984) ist auch an dieser Stelle die Vereinbarkeit mit der Forderung der OECD (2004, S. 55)
nicht gegeben.
Aus diesem Grund schlagen Post et al. (2002a, S. 19) eine Definition mit engerem Fokus vor:
,,The stakeholders in a corporation are the individuals and constituencies that contribute,
either voluntarily or involuntarily, to its wealth-creating capacity and activities, and that are
therefore its potential beneficiaries and/or risk bearers."
Aufgrund der Forderung der OECD (2004, S. 55) nach Kooperation des Unternehmens und
seiner Stakeholder zur Schaffung von Wohlstand, wird auch in dieser Arbeit von Definitio-
nen, die Wettbewerber inkludieren, Abstand genommen und die Definition von Post et al.
(2002a, S. 19) zugrunde gelegt. Im Kontext dieser Arbeit zählen also jene Individuen und
Gruppen zu den Stakeholdern eines Unternehmens, die zur Schaffung von Wohlstand und
Arbeitsplätzen freiwillig oder unfreiwillig beitragen.
Bei genauer Durchsicht der restlichen Literatur zum Thema ,,Stakeholder" werden die Wett-
bewerber bis auf Ausnahme von Janisch (1993) und Witt (2002) durchwegs in den Rahmen
der Stakeholder hineingenommen. Aufgrund der oben genannten Argumente werden Wettbe-
werber im Kontext dieser Arbeit jedoch ausdrücklich nicht als Stakeholder gesehen, wodurch
auch der Forderung der OECD (2004, S. 55) Folge geleistet wird.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
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Welche Gruppen sind nun zu den Stakeholdern eines Unternehmens zu zählen? Das ,,Davoser
Manifest" von 1973 verlangt zumindest die Berücksichtigung von Kunden, Mitarbeitern,
Geldgebern und der Gesellschaft (vgl. Steinmann/Gerum, 1982, S. 228). Im Gegensatz dazu
unterscheidet die allgemeine betriebswirtschaftliche Literatur umfassender zwischen Mitar-
beitern, Öffentlichkeit, natürlicher Umwelt, Kunden, Verbrauchern, Lieferanten, Kapitalge-
bern und dem Staat (vgl. Janisch, 1993, S. 130), wobei in dieser Aufzählung die Wettbewer-
ber nicht berücksichtigt wurden. Aus diesem Grund können die eben genannten Gruppen auch
im Hinblick auf die hier zugrunde gelegte Definition als Stakeholder eines Unternehmens
gesehen werden. Kapitel 3.4. gibt Aufschluss darüber, wie die einzelnen Stakeholdergruppen
einer genaueren Einteilung unterzogen werden können.
2.2. Stakeholdertheorie
Zuallererst sei angemerkt, dass innerhalb der Literatur keine terminologische Einheitlichkeit
besteht, wenn über ,,Stakeholdertheorie" gesprochen wird. Während Goodpaster (1991),
Donaldson/Preston (1995), Jones (1995) und Jones/Wicks (1999) beispielsweise von ,,Stake-
holder Theory" sprechen, verwenden Post et al. (2002a und 2002b) und Carroll/Buchholtz
(2003) den Begriff ,,Stakeholder Model". Freeman/McVea (2001) wiederum sprechen vom
,,Stakeholder Approach", Berman et al. (1999) von der ,,Stakeholder Orientation". An dieser
Stelle sei daher angemerkt, dass in der vorliegenden Arbeit der Begriff ,,Stakeholdertheorie"
verwendet wird.
Die Grundfrage der Stakeholdertheorie liegt nun darin, ob sie ,,as a way to manage better
those groups known as stakeholders or as a way to treat more ethically those groups known as
stakeholders" begriffen wird (Carroll/Buchholtz, 2003, S. 76). So unterscheidet etwa Rüegg-
Stürm (2003, S. 29f) zwei fundamentale Leitideen. Zum einen das ,,strategische Anspruchs-
gruppenkonzept", bei dem sich die Auswahl der relevanten Stakeholder vor allem an der
,,Wirkmächtigkeit der Ansprüche" im Hinblick auf die Zukunftssicherung des Unternehmens
orientiert. Zum anderen das ,,normativ-kritische (ethische) Anspruchsgruppenkonzept", bei
dem grundsätzlich alle Menschen, die von den Unternehmenstätigkeiten positiv oder negativ
tangiert werden als relevante Stakeholder berücksichtigt werden (vgl. auch Post et al., 1999,
S. 58). Allerdings merkt Rüegg-Stürm (2003, S. 30) an, dass diese beiden Leitideen in der
Praxis meist nur in Mischformen auftreten.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 9 -
Auch Kenneth E. Goodpaster (1991) beschäftigte sich mit der Grundfrage der strategischen
und ethischen Stakeholdertheorie, wobei er in seiner Arbeit ,,Business Ethics and Stakeholder
Analysis" den ,,strategic approach", den ,,multi-fiduciary approach" und den ,,stakeholder
synthesis approach" unterscheidet.
Dabei sieht der ,,strategic approach" laut Carroll/Buchholtz (2003, S. 76) die Stakeholder
primär als Faktoren, die bei der Verfolgung des Unternehmensziels ­ der Maximierung des
Shareholder Values ­ berücksichtigt werden müssen. Der ,,strategic approach" entspricht dem
strategischen Anspruchsgruppenkonzept von Rüegg-Stürm (2003, S. 29f). Beim ,,multi-
fiduciary approach" werden die Interessen der Shareholder und übrigen Stakeholder seitens
der Unternehmensführung gleich behandelt (vgl. Goodpaster, 1991, S. 61).
Von Goodpaster (1991, S. 69f) wird allerdings keiner dieser beiden extremen Ansätze emp-
fohlen. Vielmehr liegt im ,,stakeholder synthesis approach" seiner Meinung nach der richtige
Mittelweg, da die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Shareholdern von den
Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den übrigen Stakeholdern verschieden sind,
was beim ,,multi-fiduciary approach" nicht berücksichtigt wird. Auf der anderen Seite bedeu-
tet dies aber nicht, dass zwischen dem Unternehmen und den übrigen Stakeholdern keine
wichtigen Beziehungen bestehen ­ wie es der ,,strategic approach" impliziert. Der einzige
Unterschied zwischen Shareholdern und den übrigen Stakeholdern liegt darin, dass ,,mana-
gement may never have promised customers, employees, suppliers etc. a ,return on invest-
ment'" (Goodpaster, 1991, S. 69).
Deshalb spricht sich Goodpaster (1991, S. 70) für den ,,stakeholder synthesis approach" aus
und hält fest, dass Unternehmen vorrangig eine ,,economic mission" haben und daher der
Befriedigung der Interessen der Investoren verpflichtet sind. Andererseits sind Unternehmen
nicht nur ,,financial institutions", da ihre Verantwortung über die kurzfristige Gewinnmaxi-
mierung hinausgeht und auch die Interessen der übrigen Stakeholder befriedigt werden sollen
(vgl. auch Nippa, 2002, S. 16 und Witt, 2002, S. 56). Die Empfehlung von Goodpaster (1991,
S. 70) einen ,,stakeholder synthesis approach" zu verfolgen, wird auch in diese Arbeit aufge-
nommen.
Donaldson/Preston (1995) identifizieren in ihrer Arbeit ,,The stakeholder theory of the corpo-
ration: concepts, evidence, and implications" drei verschiedene Aspekte der Stakeholdertheo-
rie. Sie halten fest, dass deskriptive, instrumentelle und normative Aspekte innerhalb der

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 10 -
Stakeholdertheorie integriert werden. An dieser Stelle wird allerdings auf das Kapitel 3.2.
verwiesen, welches die Behandlung dieser drei Aspekte zum Inhalt hat und daraus Implikati-
onen für das Stakeholdermanagement ableitet.
2.3. Stakeholdermanagement
In Anlehnung an Goodpasters (1991) "stakeholder synthesis approach", bei dem vom Mana-
gement neben den Shareholdern auch die Interessen der übrigen Stakeholder des Unterneh-
mens berücksichtigt werden sollen, ist aktives Stakeholdermanagement aus folgendem Grund
notwendig: Das Top-Management ist dafür verantwortlich Strategien und Ziele festzulegen
und hat dafür zu sorgen, dass diese Pläne auch ausgeführt werden. Die Ausführung dieser
Pläne bedarf allerdings der aktiven Unterstützung der verschiedenen Stakeholder, die deren
Durchführung auch zum Scheitern bringen können (vgl. Carroll/Buchholtz, 2003, S. 77).
Aus diesem Grund ist das Management angehalten, die Interessen aller Stakeholder möglichst
optimal zu erfüllen, wobei anzumerken ist, dass das Unternehmen gleichzeitig auch profitabel
sein muss. Dadurch kann eine klassische ,,win-win" Situation erzeugt werden. Mit anderen
Worten liegt die Herausforderung der Führungsebene eben darin das Unternehmen ,,strategi-
cally and morally at the same time" zu führen (Carroll/Buchholtz, 2003, S. 76f).
Neben der Stakeholderanalyse stehen im Stakeholdermanagement auch Aufgaben wie die
Beziehungspflege zwischen dem Unternehmen und den Stakeholdern oder zwischen den
einzelnen Stakeholdern im Vordergrund. Müller-Stewens/Lechner (2005, S. 368) fassen die
Definition von Stakeholdermanagement sehr breit und sehen es als ein Konzept, durch das
,,die Aktivitäten umschrieben werden, mittels derer die Beziehung zum jeweiligen Stakehol-
der ausgestaltet werden sollen." Freeman/McVea (2001, S. 192) sehen darin die Aufgabe der
Manager ,,[to] formulate and implement processes which satisfy all and only those groups
who have a stake in the business." In dieser Arbeit wird diese breite Definition von Müller-
Stewens/Lechner (2005) aufgegriffen, da vielfältige Möglichkeiten zur Beziehungsgestaltung
zu Stakeholdern existieren, welche im konkreten Fall von äußerst unterschiedlicher Natur sein
können.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 11 -
Da sich der zweite Teil der Arbeit mit Change Management beschäftigt, um durch die Integra-
tion mit Stakeholdermanagement dessen Beitrag zur optimalen Gestaltung strategischen
Wandels abschätzen zu können, werden an dieser Stelle die Begriffsbestimmungen von ,,stra-
tegischem Wandel" und ,,Change Management" eingeführt.
2.4. Strategischer
Wandel
Wandelprozesse finden laut Reiß (1997b, S. 7) auf allen Ebenen des Wirtschaftslebens statt,
wobei die Bandbreite von der Ebene des gesellschaftlichen bis zur Ebene des persönlichen
Wandels reicht. Eine Zwischenform stellt der Wandel im Unternehmen dar, welcher aller-
dings von den benachbarten Ebenen beeinflusst wird. So befinden sich Organisationen im
Spannungsfeld sich ständig ändernder interner und externer Einflusskräfte, weshalb laut
Ringlstetter/Schuster (2001, S. 349) eine Veränderungsnotwendigkeit der Organisation selbst
ableitbar ist.
Im Mittelpunkt der Betrachtungen der vorliegenden Arbeit liegt also der Wandel auf Unter-
nehmensebene. Grundsätzlich kann Wandel ­ so Ringlstetter/Schuster (2001, S. 350) ­ als
,,alteration from one state to another" charakterisiert werden. Entgegen dieser Verallgemeine-
rung stellt Reiß (1997b, S. 7ff) vier Archetypen des Wandels vor, welche auf Unternehmens-
ebene ablaufen können.
Der erste Archetyp ist der Strategiewandel, der durch Internationalisierung, verstärkte Kun-
denorientierung und Konzentration auf Kernkompetenzen ausgelöst wird. Diese Ursachen
machen also eine strategische Neuausrichtung notwendig. Als zweiten Archetypen sieht Reiß
(1997b, S. 7) den Ressourcenwandel, dessen Ausgangspunkt eine Veränderung bei den Hu-
manressourcen, den technologischen und/oder ökologischen Ressourcen ist. Ein weiterer
Archetyp ­ der Strukturwandel ­ liegt in Veränderungen der Aufbau- und Ablaufstruktur
begründet. Eine klassische Divisionalisierung einer funktional gegliederten Unternehmung
kann als Beispiel für einen solchen Strukturwandel gelten. Reiß (1997b, S. 7) hält fest, dass
Strukturwandel durch Schnittstellenmechanismen wie ,,structure follows strategy" aus einem
Strategiewandel hervorgehen kann. Als vierten Archetypen identifiziert er den Unterneh-
mungswandel, wobei es sich dabei um Veränderungen handelt, die an mehreren Sektoren

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 12 -
gleichzeitig ansetzen. Beispielhaft können dafür Kulturwandel oder Downsizing genannt
werden. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich ausdrücklich auf Strategiewandel.
Dazu konstatieren Müller-Stewens/Lechner (2005, S. 547), dass es bei einem strategischen
Wandel zu grundlegenden Veränderungen kommt, die ,,jenseits der normalen Routinen in der
Organisation und jenseits der ohnehin laufenden, eher kleineren Veränderungen" stattfinden.
Diese eher kleinen Veränderungen werden in der Literatur auch als ,,inkrementale Änderun-
gen" bezeichnet und finden in ,,locally responding to individual crises" Anwendung
(Miller/Friesen, 1982, S. 868).
Wie Orgland (1998, S. 12) festhält, stehen inkrementale Änderungen im Gegensatz zu radika-
lem strategischen Wandel. Während das Unternehmen durch inkrementale Anpassungen
kontinuierlich an die sich ändernde Umwelt angepasst wird, stellt radikaler Wandel eine
Intervention der Unternehmensleitung dar, um strategische Richtungsänderungen und/oder
organisatorische Änderungen innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne einzuführen. Der
radikale strategische Wandel wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit in den Mittelpunkt der
Betrachtung gestellt, kann aber nicht völlig losgelöst vom inkrementalen Wandel behandelt
werden.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ­ wie bereits dargestellt ­ eine strategische Neuaus-
richtung des Unternehmens in den Mittelpunkt des Interesses gestellt. Dabei wird das Szena-
rio zugrunde gelegt, dass sich ein Unternehmen mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit konfron-
tiert sieht. Deshalb beschließt das Management des Unternehmens ein Wandelprogramm zu
initiieren ­ mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit durch eine strategische Neuausrichtung
zurückzugewinnen.
Da solche strategische Neuausrichtungen keine Ausnahmen mehr sind, sondern vielmehr die
häufig auftretende Regelerscheinung darstellen ­ so argumentiert Reiß (1997, S. 6) ­ wird ein
aktives Management des Wandels notwendig. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstand eine
eigenständige Managementdisziplin, die unter der englischen Bezeichnung ,,Change Mana-
gement" Verbreitung erlangte.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 13 -
2.5. Change
Management
Rosenstiel/Comelli (2003, S. 135) definieren Change Management wie folgt: ,,Ganz allgemein
sind unter Change Management sämtliche systematischen und gezielten Aktionen zu verste-
hen, die einen gegenwärtigen Zustand möglichst optimal (d.h. mit einem Minimum an Prob-
lemen und Reibungsverlusten) in einen angestrebten zukünftigen Zustand überführen." Tod-
nem By (2005, S. 369) gibt eine etwas engere Definition und sieht Change Management als
einen Prozess ,,of continually renewing an organization's direction, structure and capabili-
ties."
Um nun effektives Change Management durchführen zu können, bedarf es der Einsicht, dass
Veränderung für das Unternehmen unabdingbar ist. Diese Einsicht muss auf sämtlichen Ebe-
nen und Bereichen des Unternehmens vorherrschen, da je nach Umfang der Veränderung
große Teile der Organisation in den Veränderungsprozess involviert sind (vgl. Rosen-
stiel/Comelli, 2003, S. 135).
,,Change is about people" ­ so Balogun/Hailey (2004, S. 2) ­ dies verdeutlicht, dass erfolgrei-
cher Wandel nicht nur genau ausgearbeitete Pläne und die Veränderung von Organisations-
strukturen erfordert, sondern wie Rosenstiel/Comelli (2003, S. 135) konstatieren auch das
Commitment aller Beteiligten erforderlich ist.
In den letzten Jahren attestiert Reiß (1997, S. 6) dieser Managementdisziplin eine beträchtli-
che Aufwertung. Dies resultiert eben vor allem daraus, dass Wandel zur Regelerscheinung
geworden ist. Einerseits hat Change Management gegenüber dem Tagesgeschäft in der Priori-
tätenskala des Managements eine Aufwertung erfahren, andererseits ist Change Management
zu einem zentralen Erfolgsfaktor im Wirtschaftsleben avanciert.
Tushman/Nadler (1986, S. 74) behaupten beispielsweise dass im heutigen Wirtschaftsumfeld
keine Managementaufgabe ,,more vital and demanding than the sustained management of
innovation and change" ist. Dies erlaubt die Schlussfolgerung, dass die Kompetenz des Chan-
ge Managements für Manager einen Karrierefaktor, für Unternehmen einen Wettbewerbsfak-
tor und für Volkswirtschaften einen Standortfaktor bildet. Erfolgreiches Change Management
stellt heute also einen entscheidenden Faktor für das Überleben eines Unternehmens im sich
ständig ändernden Wirtschaftsumfeld dar (vgl. Todnem By, 2005, S. 369).

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 14 -
3. Stakeholdermanagement
Wie in Kapitel 1 bereits ausführlich dargestellt wurde, ist die vorliegende Arbeit in drei große
Abschnitte unterteilt, um den Beitrag von Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung
von strategischem Wandel beurteilen zu können. Anfänglich werden die beiden Manage-
mentdisziplinen (1) ,,Stakeholdermanagement" und (2) ,,Change Management" behandelt, um
durch (3) die Integration der beiden Teile die Forschungsfrage beantworten zu können. In
diesem Kapitel 3 steht nun das Stakeholdermanagement im Mittelpunkt, Kapitel 4 wird sich
anschließend mit dem Change Management befassen.
Anfänglich soll nun aufgezeigt werden, dass es sich bei einem Unternehmen um ein System
von Stakeholdern handelt (Kapitel 3.1.). Diese Einsicht lässt bereits erste Gründe für den
Einsatz von aktivem Stakeholdermanagement erkennen, weitere Gründe liefert das Kapitel
3.2. Aus den verschiedenen Perspektiven der Stakeholdertheorie werden Gründe abgeleitet,
die die Notwendigkeit der Implementierung von aktivem Stakeholdermanagement für eine
Unternehmung belegen sollen.
Im Anschluss daran wird sich Kapitel 3.3. mit den zentralen Aufgaben des Stakeholdermana-
gements befassen. Da die Aufgaben ,,Stakeholderanalyse" und ,,Formulierung von Hand-
lungsempfehlungen" auch im Hinblick auf ihren Beitrag für das Change Management ent-
scheidend sind, wird ihnen jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet. Um aber diese beiden Teil-
aufgaben des Stakeholdermanagements darstellen zu können, bedarf es einiger Grundlagen,
welche zuvor abgehandelt werden müssen.
So besteht in der Klassifikation der Stakeholder anhand diverser Einteilungsformen ein
grundlegender Bestandteil der Stakeholderanalyse. Deshalb werden in Kapitel 3.4. die Eintei-
lung der Stakeholder an den Schemata ,,interne und externe", ,,primäre und sekundäre" und
,,Key-Stakeholder" vorgestellt. Kapitel 3.5. beschäftigt sich mit den Attributen und Klassifi-
kationen von Stakeholdern nach Mitchell et al. (1997), welche für die Charakterisierung und
Abschätzung ihrer Relevanz für das Unternehmen essentiell sind.
Nachdem die Grundlagen für eine Stakeholderanalyse dargestellt wurden, wird es Kern des
Kapitels 3.6. sein, die Schritte einer solchen Analyse aufzuzeigen. Dabei werden vorgegebene

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 15 -
Einteilungen von verschiedenen Autoren aufgenommen und zu einer eigenen Einteilung
zusammengefügt. Durch eine Stakeholderanalyse können Klassifikationstypen ermittelt wer-
den, die die Grundlage für die Formulierung von Handlungsempfehlungen für das Stakehol-
dermanagement bilden.
Die Formulierung dieser Handlungsempfehlungen steht im Mittelpunkt des Kapitels 3.7.,
welches auf die Erkenntnisse der Stakeholderanalyse und der darin integrierten Analysesche-
mata von Savage et al. (1991) und Müller-Stewens/Lechner (2005) baut. Diese Handlungs-
empfehlungen für das Stakeholdermanagement stellen später auch die Grundlage für Empfeh-
lungen zur optimalen Gestaltung von strategischem Wandel in Kapitel 5 dar.
Vorläufig gilt das Interesse aber noch den Grundlagen des Stakeholdermanagements und so
wird im folgenden Kapitel festzustellen versucht, ob man bei einem Unternehmen von einem
System von Stakeholdern sprechen kann und welche Implikationen sich dadurch für Stake-
holdermanagement ableiten lassen.
3.1. Das Unternehmen ­ ein System von Stakeholdern
Bereits bei den einführenden Begriffsbestimmungen wurde die Forderungen der OECD
(2004, S. 55) und des ,,Davoser Manifestes" (vgl. Steinmann/Gerum, 1982, S. 228ff) darge-
stellt, die Ansprüche verschiedener Stakeholder beim Management eines Unternehmens ins
Kalkül zu ziehen. Abbildung 1 zeigt exemplarisch mögliche Stakeholder eines Unternehmens.
Wegen den Verflechtungen sehen Müller-Stewens/Lechner (2005, S. 171) ein Unternehmen
als ein ,,System von Stakeholdern" an.
Schneck (2000, S. 906) definiert den Begriff ,,System" als ein aus Elementen und Interaktio-
nen zwischen diesen Elementen bestehendes Ganzes. Wendet man diese Definition an einem
Unternehmen an, so bestärkt dies die Ansicht von Müller-Stewens/Lechner (2005). Stakehol-
der stellen die Elemente eines Unternehmens dar, die Interaktionen zwischen den Elementen
bilden ein System. Dabei werden nicht nur Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den
Stakeholdern ­ wie es Abbildung 1 suggeriert ­ unterhalten, sondern es bestehen auch Bezie-
hungen zwischen den Stakeholdergruppen selbst.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 16 -
Abbildung 1: Das Unternehmen als System von Stakeholdern
(Post et al., 2002b, S. 10)
Aus diesem Grund ist es zulässig ein Unternehmen als ein System von Stakeholdern anzuse-
hen. Diese Sichtweise lässt bereits vorab die Notwendigkeit von Stakeholdermanagement
erkennen, da die Beziehungen zu und zwischen den Stakeholdern seitens der Unternehmens-
führung aktiv gestaltet werden müssen, um die Interessen aller involvierten Parteien befriedi-
gen zu können. Das nächste Kapitel stellt verschiedene Gründe für den Einsatz von Stakehol-
dermanagement vor, welche aus den drei Perspektiven der Stakeholdertheorie abgeleitet
werden.
3.2. Gründe für Stakeholdermanagement
Wie bereits in der einführenden Begriffsbestimmung der ,,Stakeholdertheorie" angerissen
wurde, identifizieren Donaldson/Preston (1995) drei Perspektiven der Stakeholdertheorie, die
im Folgenden behandelt werden und aus welchen Gründe für aktives Stakeholdermanagement
in Anlehnung an Harrison/St. John (1996) abgeleitet werden. Freeman/McVea (2001, S. 196)
zufolge kann die Stakeholdertheorie aus deskriptiver, instrumenteller und normativer Sicht-
weise gesehen werden, wobei Harrison/St. John (1996, S. 48) vor allem in den instrumentel-
len und normativen Perspektiven stichhaltige Argumente für Stakeholdermanagement sehen.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 17 -
3.2.1.
Gründe aus deskriptiver Perspektive
Zuallererst ist die Stakeholdertheorie laut Carroll/Buchholtz (2003, S. 76) in Anlehnung an
Donaldson/Preston (1995, S. 70f) deskriptiv, weil sie die Sprache und Konzepte bereitstellt,
die das Management benötigt, um das Unternehmen zu beschreiben. Freeman/McVea (2001,
S. 196) trivialisieren diese Definition dahingehend, dass der deskriptive Teil der Theorie ihrer
Ansicht nach ganz einfach nur die Feststellung der Existenz von Stakeholdern darstellt.
Wheeler/Sillanpää (1997) berichten von Unternehmen, wie ,,Shell" und ,,The Body Shop",
die durch verschiedene Publikationen oder Unternehmensleitbilder ihre Verpflichtung zur
Stakeholderorientierung explizit bekunden. Post et al. (2002a, S. 24) bringen den Pharmazeu-
tikakonzern ,,Novartis" als Beispiel, der 1999 folgendes Statement auf seiner Homepage
veröffentlichte: ,,(...) Our long-term success is founded on meeting the expectations of all our
stakeholders ­ our customers, our people, our shareholders and the communities in which we
live." Im aktuellen Mission-Statement von ,,Novartis" ist zu lesen: ,,(...) We want to contrib-
ute to society through our economic contribution, through the positive environmental and
social benefits of our products, and through open dialogue with our stakeholders" (Novartis,
2006).
3.2.2.
Gründe aus instrumenteller Perspektive
Harrison/St. John (1996, S. 48) sehen vor allem in der instrumentellen Perspektive der Stake-
holdertheorie einen gewichtigen Grund für den aktiven Einsatz von Stakeholdermanagement.
Die grundlegende Prämisse ist dabei, dass der Einsatz von Stakeholdermanagement zu höhe-
rer Profitabilität, Stabilität und Wachstum führen kann (vgl. Donaldson/Preston, 1995, S. 71;
Harrison/St. John, 1996, S. 48; Berman et al., 1999, S. 491; Post et al., 2002a, S. 26 und
Carroll/Buchholtz, 2003, S. 77). Auch zum instrumentellen Teil der Theorie geben Free-
man/McVea (2001, S. 196) eine Einschätzung: So würde die instrumentelle Perspektive der
Theorie zeigen, dass Unternehmen, die die Interessen ihrer Stakeholder berücksichtigen er-
folgreiche Strategien formulieren.
Um diese Prämisse ­ es besteht Kausalität zwischen dem Einsatz von Stakeholdermanage-
ment und der ökonomischen Performance eines Unternehmens ­ zu überprüfen, wurde im

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 18 -
Laufe der Jahre eine große Zahl von Studien veröffentlicht (vgl. Post et al., 2002a, S. 27).
Margolis/Walsh erstellten 2001 eine Metaanalyse von 83 Studien, die im Zeitraum von 1972
bis 2000 durchgeführt wurden. Dabei stellten sie fest, dass 48 von 83 Studien einen positiven
Zusammenhang zwischen aktivem Stakeholdermanagement und gesteigerter ökonomischer
Performance bescheinigen konnten. 17 Studien brachten gemischte Ergebnisse und bei 19
Studien konnte kein Zusammenhang zwischen den Variablen nachgewiesen werden (siehe
auch Agle et al., 1999, S. 518ff). Knapp 60% der Studien ergaben also, dass gesteigerte finan-
zielle Performance eines Unternehmens mit dem Einsatz von Stakeholdermanagement korre-
liert, weshalb der Prämisse an dieser Stelle Validität bescheinigt werden kann.
Zur Untermauerung dessen zeigt beispielsweise auch eine neuere Studie von Berman et al.
(1999), dass die Berücksichtigung der Interessen von Mitarbeitern und Konsumenten seitens
des Managements eindeutig zu einer begünstigten finanziellen Performance des Unterneh-
mens führt (vgl. Post et al., 2002a, S. 28). Eine frühere Studie von McGuire et al. (1988, S.
869) zeigt ferner, dass sich durch den Einsatz von Stakeholdermanagement nicht nur die
finanzielle Performance verbessert, sondern dass auch die ,,reduction of firm risk as an impor-
tant benefit of social responsibility" gesehen werden kann. Savage et al. (1991, S. 62) stellen
außerdem fest, dass das finanzielle Risiko für Unternehmen größer ist, wenn sie keine soziale
Verantwortung übernehmen. Die Studien attestieren dem Einsatz von Stakeholdermanage-
ment also positive Effekte auf die ökonomische Leistungsfähigkeit eines Unternehmens.
Jones (1995, S. 432) erkennt in der instrumentellen Perspektive der Stakeholdertheorie einen
weiteren Grund für den Einsatz von Stakeholdermanagement. So legt er zugrunde, dass durch
effektives Stakeholdermanagement Vertrauen und Kooperation zwischen den einzelnen An-
spruchsgruppen geschaffen wird (siehe Kapitel 3.3.). Da die Kosten ­ so argumentiert Jones
(1995, S. 432) ­ für die Reduzierung opportunistischen Verhaltens signifikant sind, haben
Unternehmen ,,that contract on the basis of trust and cooperation (...) a competitive advantage
over those that do not use such criteria."
Die Erkenntnisse aus den empirischen Studien von McGuire et al. (1988), Jones (1995) und
Berman et al. (1999) sowie der Metastudie von Margolis/Walsh (2001) bekräftigen die in
Kapitel 2.2. dargestellte Empfehlung von Goodpaster (1991, S. 70) einen ,,stakeholder syn-
thesis approach" zu verfolgen. Dieser argumentiert ja bekanntermaßen, dass Unternehmen
zwar primär ein ökonomisches Ziel verfolgen, aber auch Verantwortung gegenüber den übri-

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 19 -
gen Stakeholdern übernehmen müssen. Wird der Empfehlung Goodpasters (1991) Folge
geleistet und die Interessen der Stakeholder seitens des Managements berücksichtigt, so folgt
daraus ­ laut den Ergebnissen der Studien ­ eine Steigerung der finanziellen Performance,
was wiederum dem primären, ökonomischen Unternehmenszweck dient.
Harrison/St. John (1996, S. 49) leiten aus der instrumentellen Perspektive aber auch noch
einen weiteren Grund für aktives Stakeholdermanagement ab, der darin begründet liegt, dass
Stakeholdermanagement organisationale Flexibilität schafft. Diese Flexibilität in der Reaktion
auf Umweltveränderungen hilft ,,to reduce the impact of environmental change and the costs
of responding to it" (Harrison/St. John, 1995, S. 49). Dieses Argument lässt also bereits vorab
erkennen, dass Stakeholdermanagement ein gewisses Potential für die Gestaltung strategi-
schen Wandels birgt, worauf besonders in Kapitel 5 Bezug genommen wird.
3.2.3. Gründe
aus
normativer Perspektive
Als letzte Perspektive führen Donaldson/Preston (1995, S. 71) die normative an, welche laut
Post et al. (2002a, S. 28) Richtlinien für das Verhalten aller involvierten Parteien bereitstellt,
vor allem aber für die Manager. Diese Ansicht wird auch durch Jones/Wicks (1999, S. 206)
und Friedman/Miles (2002, S. 3) unterstützt, wonach die normative Stakeholdertheorie auf
,,managerial decision-making" fokussiert ist. Berman et al. (1999, S. 488) konstatieren, dass
die normative Perspektive den wichtigsten Beitrag zum Stakeholdermanagement leistet, weil
darin Empfehlungen abgeben werden, wie Manager mit den Stakeholdern eines Unterneh-
mens umgehen sollen (siehe Kapitel 3.7.).
In der normativen Perspektive identifizieren Harrison/St. John (1996, S. 48f) ferner auch eine
moralische Basis des Stakeholdermanagements und weisen auf das Bestehen eines ,,social
contract" zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt hin. Meznar/Nigh (1993, S. 35)
halten dazu fest, dass ,,the issue we face today is not whether business has a responsibility to
society, but what is the scope of such responsibility?" Aufgrund des steigenden öffentlichen
Interesses an Unternehmen unterliegt die Berücksichtigung der Verantwortung genauerer
Beobachtung durch die Gesellschaft, was das Unternehmen bei Nichtbeachtung verwundbar
macht (vgl. Harrison/St. John, 1996, S. 49). Auch Post et al. (2002a, S. 29) legen der norma-
tiven Perspektive die Prämisse zugrunde, dass ,,stakeholdermanagement (...) ethically ,good'
management" ist.

Stakeholdermanagement zur optimalen Gestaltung strategischen Wandels
- 20 -
Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass die Gründe für Stakeholdermanagement
vor allem in der instrumentellen und normativen Perspektive zu finden sind. Allerdings argu-
mentieren Jones/Wicks (1999, S. 206), dass keine der beiden Perspektiven für sich allein
vollständig ist, weshalb sie integriert werden sollen. Diesem Vorschlag folgend legt die vor-
liegende Arbeit deshalb dem Stakeholdermanagement sowohl das instrumentelle als auch das
normative Verständnis der Stakeholdertheorie zugrunde ­ sieht das Stakeholdermanagement
also als Instrument zur Steigerung der finanziellen Performance und als Handlungsanleitung
für werteorientiertes und ethisch korrektes Management.
Die eben aus der deskriptiven, instrumentellen und normativen Perspektive abgeleiteten
Gründe für Stakeholdermanagement belegen eindeutig den besonderen Wert dieser Manage-
mentdisziplin für ein Unternehmen. Doch welche Teilgebiete umfasst Stakeholdermanage-
ment? Das folgende Kapitel geht auf die zentralen Aufgaben des Stakeholdermanagements
ein und stellt dar, welchem Zweck diese dienen.
3.3. Zentrale
Aufgaben
des Stakeholdermanagements
Aus der instrumentellen und normativen Perspektive abgeleitet, werden nun die zentralen
Aufgaben des Stakeholdermanagements vorgestellt, welche vom Management in der hier
dargestellten Reihenfolge chronologisch befolgt werden sollten.
Die erste und wichtigste Aufgabe des Stakeholdermanagements, so Reed (1999, S. 466), liegt
darin ,,to establish what constitutes a stake", also die Bestimmung jener Faktoren, die einen
Anspruch an das Unternehmen legitimieren (vgl. auch Pajunen et al., 2005, S. 1). Im Kontext
dieser Arbeit gilt der Anspruch von Individuen und Gruppen dann als legitimiert, wenn sie
zur Schaffung von Wohlstand und Arbeitsplätzen freiwillig oder unfreiwillig beitragen.
In der Auflistung aller relevanten Stakeholder und ihrer Ansprüche liegen weitere Aufgaben
des Stakeholdermanagements, die unter dem Begriff Stakeholderanalyse subsumiert werden
(vgl. Reed, 1999, S. 467; Carroll/Buchholtz, 2003, S. 78f und Pajunen et al., 2005, S. 1). Eine
solche Analyse umfasst auch noch andere Teilaufgaben, wie die Charakterisierung der Mög-
lichkeiten und Risiken, die Stakeholder für ein Unternehmen darstellen und die Abschätzung

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836602181
DOI
10.3239/9783836602181
Dateigröße
954 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Strategisches Management
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
1,0
Schlagworte
stakeholder unternehmen innovationsmanagement change management strategischer wandel commitment wandeldesignmodell
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