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Stadtumbau Ost

Großwohnsiedlungen als stadtentwicklungspolitische Herausforderung für die Hansestadt Rostock

©2006 Diplomarbeit 144 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Stadtentwicklung wird von politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen wesentlich beeinflusst. Mit der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten setzte in den neuen Bundesländern in all diesen Bereichen ein Prozess des Umbruchs und Wandels ein, der sich in unterschiedlicher Intensität auf das unmittelbare Lebensumfeld in den Städten und Regionen auswirkte. Besonders die wirtschaftsstrukturellen Veränderungen führten zu massiven Abwanderungsbewegungen in der Bevölkerung in wirtschaftlich stärkere Regionen, die bis heute aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage anhalten. Die damit verbundenen hohen Bevölkerungsverluste spiegeln sich seit Ende der 90er Jahre in steigenden Wohnungsleerständen wider, die zusätzlich durch eine erhöhte Eigenheimbildung im Umland der Städte und eine dynamische Ausweitung des Wohnungsangebotes (Neubau und Instandsetzung von Altbauten) verstärkt wurden.
Der strukturelle Leerstand ist nicht nur ein optisches Problem, der sich negativ auf die Wahrnehmung des Wohnumfeldes auswirkt, sondern stellt für die Wohnungsunternehmen aufgrund von Mietausfällen zunehmend eine Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz dar und bringt zudem die städtische Infrastruktur aus dem Gleichgewicht. So werden einerseits öffentliche Infrastruktureinrichtungen nicht mehr ausreichend genutzt, andererseits ist eine effiziente Auslastung von Netzen und Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur nicht mehr gegeben. Da sich der Trend der Wohnungsleerstände infolge der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren weiter verstärken wird, ist eine Neuorientierung in der Stadtentwicklungspolitik – vom Wachstum zur Schrumpfung – erforderlich. Aufgabe der kommenden Jahre wird es daher sein, angemessene Strategien und Maßnahmen für eine Stadtentwicklung unter Schrumpfungsbedingungen zu entwickeln.
Der Stadtumbau ist als Antwort auf die Frage der Lösung der komplexen Problematik zu verstehen. Er soll dazu beitragen, „die Auswirkungen des sich weiter vollziehenden Strukturwandels aufzufangen und auszugleichen“ und somit die Lebens- und Funktionsfähigkeit der Städte bewahren. Neben der Aufwertung ganzer Stadtteile und der Anpassung der technischen und sozialen Infrastruktur, sind auch Eingriffe in die Bausubstanz in Form von Abriss- und Rückbaumaßnahmen notwendig, um den Wohnungsmarkt den veränderten Bedingungen anzupassen.
Insbesondere die Großwohnsiedlungen sind seit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Ulrike Neubauer
Stadtumbau Ost
Großwohnsiedlungen als stadtentwicklungspolitische Herausforderung für die Hansestadt
Rostock
ISBN: 978-3-8366-0201-3
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Wien, Wien, Österreich, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

- 3 -
Vorwort
Der Stadtumbau ist die städtebauliche Antwort auf eine weitgreifende strukturelle Krise in den neuen
Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Quartiere, Stadtteile und teilweise sogar ganze Innenstädte
beginnen zu veröden und verlieren aufgrund starker Bevölkerungsverluste zunehmend an Lebendig-
keit und Urbanität. Der Leerstand, v.a. von Wohnungen, wird zum alltäglichen Erscheinungsbild vieler
ostdeutscher Städte, schrumpfende Stadtstrukturen zum vorherrschenden Thema in der Stadtentwick-
lungspolitik. Die Abwärtsspirale ist mittlerweile nicht nur kleinräumig begrenzt, sondern betrifft ganze
strukturschwache Regionen. Insbesondere junge und gut ausgebildete Menschen verlassen auf der
Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz Mecklenburg-Vorpommern und wandern in die
urbanen Großräume, vorwiegend Hamburg, Frankfurt und München, ab, während überwiegend die
Älteren und sozial Schwachen zurückbleiben. So verliert das Land Mecklenburg-Vorpommern jährlich
rd. 14.000 Personen. Ganze Jahrgänge verschwinden auf diese Weise und werden vermutlich trotz
einiger ,,Rückkehrwilliger" auf lange Sicht nicht mehr zu ersetzen sein. Das Anfang der 90er Jahre
kinderreichste Bundesland Deutschlands altert dadurch nicht nur zusehends, sondern verliert auch an
Know-how.
Doch was sind die Gründe für diese negative Entwicklung und was bedeutet die Abwanderung von
Jugendlichen für das Land? Wie versuchen die Städte den Schrumpfungsprozess gezielt zu steuern?
Wie sieht es speziell in den industriell errichteten Großwohnsiedlungen aus? Welche Perspektiven hat
der Wohnungsbestand in den Großwohnsiedlungen zukünftig am Wohnungsmarkt? Diese aufgewor-
fenen Fragestellungen werden in der vorliegenden Arbeit am Beispiel zweier Großwohnsiedlungen der
Hansestadt Rostock genauer untersucht.
Da ich selbst zu jener Generation gehöre, die dem Land Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der
schlechten Situation am Arbeitsmarkt den Rücken kehren musste, habe ich dieses Thema bewusst
ausgewählt. Seit Beginn meines Studiums hat mich diese Thematik nicht mehr losgelassen. Die
Diplomarbeit findet ihren Abschluss zu einem Zeitpunkt, zu dem sich in der Hansestadt Rostock erst
zeigen wird, inwiefern durch Stadtumbaumaßnahmen benachteiligte Stadtgebiete langfristig stabilisiert
werden können. Es bleibt zu hoffen, dass dies gelingen wird und die Landespolitik endlich wirksame
wirtschaftsfördernde und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen schafft, damit wenigstens der jetzigen
Generation von Schulabgängern die Möglichkeit gegeben wird, nicht abwandern zu müssen und unse-
re Städte lebenswert bleiben.
An dieser Stelle möchte ich mich bei jenen bedanken, die mir bei der Erstellung dieser Arbeit unter-
stützend zur Seite standen.
Mein Dank gilt:
allen Interviewpartnern im Rahmen meiner Diplomarbeit, die mit ihrer Gesprächsbereitschaft
erheblich zur Qualität dieser Arbeit beigetragen haben. Insbesondere danke ich der WG War-
now für die zur Verfügung gestellten Materialien und die Offenheit, sowie dem WIMES für die
statistischen Daten.
meinem Betreuer Prof. Mag. Dr. Rudolf Giffinger für die konstruktive Kritik und die große Frei-
heit bei der Bearbeitung des Themas.
Vorw ort

meinen Studienkollegen in Kaiserslautern, mit denen ich mich fachlich austauschen konnte
und die trotz der räumlichen Distanz immer ein offenes Ohr für mich hatten.
meinen Freunden, insbesondere jenen, die mich nach meiner schweren Erkrankung motiviert
haben, wieder zielstrebig an dieser Arbeit weiter zu schreiben und mich mental unterstützt ha-
ben.
DI Eveline Schuchmann, DI Sigrid Neubauer und Helmut Oizinger für die kritische Durchsicht
der Rohfassung meiner Arbeit.
besonders meiner Mutter, die mir ein Studium an zwei Universitäten fernab von der Heimat er-
möglicht hat und mit deren Unterstützung ich diesen Lebensweg gehen konnte! Aber auch für
die zahlreichen Fachgespräche, die mir viele wertvolle Anregungen für diese Arbeit geliefert
haben, sowie die unzähligen gemeinsamen Bestandsaufnahmen in den von mir untersuchten
Stadtteilen.
Wien, im Oktober 2006
Vorw ort

- 5 -
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1
Einleitung ... - 7 -
1.1
Zielsetzung der Arbeit... - 8 -
1.2
Aufbau der Arbeit... - 8 -
TEIL A ­ RAHMENBEDINGUNGEN DER STADTENTWICKLUNG BIS 1989
2
Städtebauliche und wohnungspolitische Ausgangsbedingungen... - 13 -
2.1
Der Städtebau in der DDR... - 13 -
2.2
Die Territorialplanung der DDR ... - 17 -
2.3
Die Wohnungspolitik der DDR ... - 18 -
3
Die Stadtentwicklung Rostocks in der DDR ... - 21 -
3.1
Entstehung der Rostocker Großwohnsiedlungen... - 21 -
3.2
Rostocker Neubaugebiete zur Wende... - 29 -
TEIL B ­ DER TRANSFORMATIONSPROZESS: THEORETISCHE GRUNDLAGE UND FOLGEN
4
Die Wiedervereinigung ­ Auslöser des Strukturwandels in den neuen Ländern ... - 33 -
4.1
Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen ... - 33 -
4.1.1
Das alte System: Die sozialistische Wirtschaftsordnung der DDR ...- 33 -
4.1.2
Die Wende: Ungeahnte Dimensionen des Strukturwandels in den neuen Ländern...- 34 -
4.2
Auswirkungen des Strukturwandels in Mecklenburg-Vorpommern auf die Entwicklung von
Großwohnsiedlungen... - 37 -
4.2.1
Demografische Auswirkungen ...- 37 -
4.2.2
Wohnungswirtschaftliche Folgen ...- 40 -
4.2.3
Sozialräumliche Veränderungen...- 42 -
5
Großwohnsiedlungen als Lift nach unten? ... - 45 -
5.1
Der Wohnungsmarkt in filtertheoretischer Konzeption als Basis benachteiligter Stadtgebiete. - 45
-
5.2
Theoretische Überlegungen zur Entstehung benachteiligter Stadtgebiete auf der Grundlage
regionalspezifischer Effekte aus dem Wohnungsmarkt ... - 47 -
Fazit zur Entwicklungsperspektive von Großwohnsiedlungen ... - 50 -
6
Rostocker Großwohnsiedlungen ­ Entwicklungsverlauf und Veränderungen seit 1990... - 51 -
6.1
Die Stadtentwicklungspolitik von Rostock ... - 51 -
6.2
Auswirkungen des Strukturwandels auf die Rostocker Großwohnsiedlungen... - 55 -
6.2.1
Groß Klein ...- 55 -
6.2.2
Toitenwinkel ...- 60 -
6.3
Zusammenfassende Bewertung der Entwicklungsverläufe beider Großwohnsiedlungen ... - 65 -
7
Entwicklungsprognosen für die Hansestadt Rostock... - 69 -
7.1
Entwicklung der Einwohnerzahlen Rostocks bis 2018 ... - 69 -
7.2
Entwicklung des Rostocker Wohnungsmarktes bis 2018... - 72 -
7.2.1
Haushaltsprognose ...- 72 -
7.2.2
Wohnraumnachfrageprognose...- 73 -
7.2.3
Prognose der Leerstandsentwicklung in den Stadtumbaugebieten Groß Klein und Toitenwinkel- 75
-
Inhalts ver zeichnis

- 6 -
TEIL C ­ UMGANG MIT SCHRUMPFENDEN STRUKTUREN
8
Schrumpfende Stadtstrukturen ­ Folgen einer Stadtentwicklung ohne
Wirtschaftswachstum ... - 79 -
8.1
Leitbilder der Stadtentwicklung unter Schrumpfungsbedingungen ... - 79 -
8.2
Strategien im Umgang mit Großwohnsiedlungen... - 80 -
8.3
Instrumente zur Steuerung gesamtstädtischer Schrumpfungsprozesse... - 86 -
8.3.1
Finanzielle Instrumente (Förderprogramme)...- 86 -
8.3.2
Rechtliche Instrumente ...- 88 -
8.3.3
Akteursorientierte Instrumente ...- 91 -
8.3.4
ISEK ­ Integriertes Stadtentwicklungskonzept ...- 93 -
9
Stadtumbau Rostock ... - 95 -
9.1
Planungen zur Steuerung des Stadtumbauprozesses ... - 95 -
9.1.1
Leitbilder, Strategien und Steuerungsinstrumente...- 95 -
9.1.2
ISEK der Hansestadt Rostock ...- 96 -
9.1.3
Planungen bis 2009 für die Umstrukturierungsgebiete Groß Klein und Toitenwinkel...- 98 -
9.1.4
Rolle der Wohnungsunternehmen im Stadtumbauprozess ...- 100 -
9.2
Der Stadtumbau in der Umsetzung ...- 105 -
9.2.1
Kosten im Stadtumbau und Lastenausgleich ...- 105 -
9.2.2
Anpassung der technischen und sozialen Infrastruktur an veränderte Gegebenheiten ...- 107 -
9.2.3
Umsetzungsprobleme...- 110 -
9.3
Praxisbeispiele aus den Stadtumbaugebieten ...- 110 -
9.3.1
Groß Klein ...- 110 -
9.3.2
Toitenwinkel ...- 115 -
9.4
Kritische Bewertung des bisherigen Stadtumbauprozesses der Hansestadt Rostock...- 118 -
TEIL D ­ SCHLUSSBETRACHTUNG
10
Perspektiven für Großwohnsiedlungen ...- 123 -
10.1
Chance Stadtumbau: Vom schlechten Ruf zum attraktiven Wohnstandort? ...- 123 -
10.2
Empfehlungen aus stadtentwicklungspolitischer/-planerischer Sicht...- 126 -
11
Zusammenfassung...- 131 -
Glossar ...- 135 -
Abkürzungsverzeichnis...- 137 -
Abbildungsverzeichnis...- 138 -
Tabellenverzeichnis...- 140 -
Verzeichnis der Gesprächspartner...- 140 -
Literaturverzeichnis ...- 141 -
ANHANG ...- 147 -
I. Plandokumente...- 149 -
Quartierseinteilung Groß Klein und Toitenwinkel
...- 149 -
II. Musterverträge...- 150 -
Mustervertrag 1 ­ Grundvereinbarung
...- 150 -
Mustervertrag 2 - Förderungsvertrag
...- 151 -
Inhalts ver zeichnis

- 7 -
1 Einleitung
Die Stadtentwicklung wird von politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Rahmen-
bedingungen wesentlich beeinflusst. Mit der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten setzte in
den neuen Bundesländern in all diesen Bereichen ein Prozess des Umbruchs und Wandels ein, der
sich in unterschiedlicher Intensität auf das unmittelbare Lebensumfeld in den Städten und Regionen
auswirkte. Besonders die wirtschaftsstrukturellen Veränderungen führten zu massiven Abwande-
rungsbewegungen in der Bevölkerung in wirtschaftlich stärkere Regionen, die bis heute aufgrund der
schlechten wirtschaftlichen Lage anhalten. Die damit verbundenen hohen Bevölkerungsverluste spie-
geln sich seit Ende der 90er Jahre in steigenden Wohnungsleerständen wider, die zusätzlich durch
eine erhöhte Eigenheimbildung im Umland der Städte und eine dynamische Ausweitung des Woh-
nungsangebotes (Neubau und Instandsetzung von Altbauten) verstärkt wurden. Der strukturelle Leer-
stand ist nicht nur ein optisches Problem, der sich negativ auf die Wahrnehmung des Wohnumfeldes
auswirkt, sondern stellt für die Wohnungsunternehmen aufgrund von Mietausfällen zunehmend eine
Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz dar und bringt zudem die städtische Infrastruktur aus dem
Gleichgewicht. So werden einerseits öffentliche Infrastruktureinrichtungen nicht mehr ausreichend
genutzt, andererseits ist eine effiziente Auslastung von Netzen und Anlagen der stadttechnischen
Infrastruktur nicht mehr gegeben. Da sich der Trend der Wohnungsleerstände infolge der prognosti-
zierten Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren weiter verstärken wird, ist eine Neuorientie-
rung in der Stadtentwicklungspolitik ­ vom Wachstum zur Schrumpfung ­ erforderlich. Aufgabe der
kommenden Jahre wird es daher sein, angemessene Strategien und Maßnahmen für eine Stadtent-
wicklung unter Schrumpfungsbedingungen zu entwickeln.
Der Stadtumbau ist als Antwort auf die Frage der Lösung der komplexen Problematik zu verstehen. Er
soll dazu beitragen, ,,die Auswirkungen des sich weiter vollziehenden Strukturwandels aufzufangen
und auszugleichen"
1
und somit die Lebens- und Funktionsfähigkeit der Städte bewahren. Neben der
Aufwertung ganzer Stadtteile und der Anpassung der technischen und sozialen Infrastruktur, sind
auch Eingriffe in die Bausubstanz in Form von Abriss- und Rückbaumaßnahmen notwendig, um den
Wohnungsmarkt den veränderten Bedingungen anzupassen.
Insbesondere die Großwohnsiedlungen sind seit der Wende einem enormen Veränderungsdruck aus-
gesetzt. So haben einzelne Stadtgebiete infolge hoher Einwohnerverluste ihre ausgewogene Bevölke-
rungsstruktur verloren und werden sich in den nächsten Jahren auch weiterhin durch Stadtumbau-
maßnahmen räumlich verändern. Die Entwicklungsperspektive der Großwohnsiedlungen, die ein we-
sentlicher Bestandteil der Siedlungsstruktur in ostdeutschen Städten sind, bleibt somit ungewiss. Es
wird daher eine stadtentwicklungspolitische Herausforderung für die Kommunen sein, neue Strategien
zu entwickeln und anzuwenden, um die Großwohnsiedlungen langfristig stabilisieren zu können.
Die Hansestadt Rostock verfügt über einen hohen Anteil an Wohnungen in industriell erbauten Wohn-
gebieten. Etwa zwei Drittel des gesamten Wohnungsbestandes sind in Plattenbauweise errichtet,
wobei sich dieser Bestand auf neun Großwohnsiedlungen aufteilt. Er ist auf lange Sicht ein unver-
zichtbarer Bestandteil des Rostocker Wohnungsmarktes und sichert die Versorgung mit Wohnraum.
Allerdings verlief in den vergangenen Jahren die Entwicklung in diesen Gebieten sehr unterschiedlich.
1
http://www.am.mv-regierung.de/stbfr/pages/richtlinie.htm, Stand 23.08.2005
Einleit ung

- 8 -
Insbesondere in den fünf Großwohnsiedlungen Evershagen, Schmarl, Groß Klein, Dierkow und Toi-
tenwinkel zeigen sich die Folgen der Stadtschrumpfung in besonderem Maße, indem die sozioökono-
mischen und wohnungswirtschaftlichen Entwicklungen von der Gesamtstadt abweichen. Die Hanse-
stadt Rostock ist daher bemüht, gezielt durch stadtumbaubezogene Maßnahmen obgenannte Stadt-
gebiete zu konsolidieren.
1.1 Zielsetzung der Arbeit
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Veränderung von Großwohnsiedlungen
unter Schrumpfungsbedingungen am Beispiel der Hansestadt Rostock. Anhand der Ergebnisse sollen
die zukünftigen Perspektiven der Rostocker Großwohnsiedlungen am Wohnungsmarkt eingeschätzt
werden, um daraus Handlungsempfehlungen formulieren zu können. Entsprechend der Zielsetzung
gliedert sich die Arbeit in zwei Schwerpunkte, die auf Basis zweier Fragenkomplexen genauer er-
forscht werden.
Fragenkomplex 1: Analyse der bisherigen Entwicklung in den Rostocker Großwohnsiedlungen:
Welche städtebaulichen und wohnungspolitischen Ausgangsbedingungen liegen den Groß-
wohnsiedlungen zugrunde? Welche Besonderheiten ergeben sich daraus für diese?
Wie stellten sich die Rostocker Großwohnsiedlungen zur Wendezeit dar?
Welche Auswirkungen hatte der durch die Wende ausgelöste Strukturwandel auf die Groß-
wohnsiedlungen?
Fragenkomplex 2: Umgang mit den Rostocker Großwohnsiedlungen sowie deren Perspektiven in Be-
zug auf den Stadtumbau:
Welche Leitbilder, Strategien und Instrumente zur Steuerung gesamtstädtischer Schrump-
fungsprozesse finden auf kommunaler Ebene Anwendung?
Welche Ansätze verfolgt die Hansestadt Rostock im Umgang mit den Großwohnsiedlungen
unter den veränderten Rahmenbedingungen und wie gestaltet sich der Stadtumbau?
Inwieweit können mit Fördermitteln Entwicklungsprozesse in Bezug auf eine langfristige Stabi-
lisierung der Großwohnsiedlungen gesteuert werden? Welche Strategien lassen sich daraus
für den künftigen Umgang mit den Rostocker Großwohnsiedlungen ableiten?
Aufbauend auf den aus der allgemeinen Betrachtung gewonnenen Erkenntnissen, beschränken sich
die praxisorientierten Untersuchungen, aufgrund ähnlicher Entwicklungsverläufe, auf die Großwohn-
siedlungen Groß Klein und Toitenwinkel, die sich v.a. im Zeitversatz ihrer Entwicklung unterscheiden.
Dabei können die Veränderungen in Groß Klein mit jenen im Stadtteil Schmarl verglichen werden und
jene in Toitenwinkel mit denen in Dierkow.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist in vier Teile untergliedert, in denen die aufgeworfenen Fragestellungen (vgl.
Kapitel 1.1) behandelt werden. Teil A gibt einen Überblick über die Rahmenbedingungen der Stadt-
entwicklung bis 1989 und beinhaltet die Hintergründe, warum die ostdeutschen Großwohnsiedlungen
Einleit ung

- 9 -
im Gegensatz zu den westdeutschen keine sozialen Problemgebiete waren. Im Teil B werden die
Ursachen des Transformationsprozesses und dessen Auswirkungen auf die Großwohnsiedlungen
aufgezeigt. Der Schwerpunkt im Teil C liegt auf dem Stadtumbau. Anhand des Stadtumbauprozesses
der Hansestadt Rostock werden die Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit schrumpfenden Struktu-
ren detailliert dargestellt. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen werden im Teil D die Per-
spektiven der Rostocker Großwohnsiedlungen zusammenfassend beurteilt und Handlungsempfehlun-
gen abgeleitet (vgl. Abb. 1).
Abb. 1:
Aufbau der Arbeit
Quelle: eigene Darstellung
Die genauere Gliederung der vorliegenden Arbeit soll nachfolgend kurz dargestellt werden:
Um die künftigen Perspektiven von Großwohnsiedlungen am Wohnungsmarkt einschätzen zu können,
wird eine umfassende Analyse der Auswirkungen der städtebaulichen und wohnungspolitischen Rah-
menbedingungen in der DDR (Kapitel 2) und des Strukturwandels in Mecklenburg-Vorpommern (Kapi-
tel 4) auf die Entwicklung der Großwohnsiedlungen durchgeführt. Dabei werden insbesondere die
durch den Transformationsprozess hervorgerufenen demografischen Auswirkungen, wohnungswirt-
schaftlichen Folgen und sozialräumlichen Veränderungen veranschaulicht. Auf dieser Grundlage er-
folgt eine theoretische Betrachtung zur Entstehung benachteiligter Stadtgebiete (Kapitel 5), die mit
einem allgemeingültigen Fazit zur Entwicklungsperspektive von Großwohnsiedlungen abschließt. Pa-
rallel zu der allgemeinen Betrachtung werden die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung Ros-
tocks in der DDR beleuchtet (Kapitel 3), um den Entwicklungsverlauf und die Veränderungen in Ros-
tocker Großwohnsiedlungen seit 1990 umfassend bewerten zu können (Kapitel 6). Hierzu werden
nicht nur die Auswirkungen des Strukturwandels auf die beiden Großwohnsiedlungen Groß Klein und
Toitenwinkel im Zeitraum von 1992 bis 2003/04
2
mittels der Auswertung von empirischen Daten unter-
2
Neuere Daten stehen derzeit noch nicht zur Verfügung.
Einleit ung

- 10 -
sucht, sondern auch die Neupositionierung in der Stadtentwicklungspolitik Rostocks hinsichtlich des
Umgangs mit den Großwohnsiedlungen. Grundlage für die Festlegung eines Handlungsrahmens in
Form von Stadtumbaukonzepten bilden verlässliche Prognosen für die Entwicklung der Einwohner-
zahlen sowie des Rostocker Wohnungsmarktes bis zum Jahr 2018 (Kapitel 7). Ausgehend von einer
allgemeinen Betrachtung des Stadtumbaus, bei der Leitbilder, Strategien und Instrumente zur Steue-
rung von Schrumpfungsprozessen aufgezeigt werden (Kapitel 8), wird der aktuelle Stadtumbaupro-
zess der Hansestadt Rostock vertiefend betrachtet und einer genauen Analyse unterzogen (Kapitel 9).
Im Einzelnen werden, insbesondere auf Basis geführter Expertengespräche
3
, die Planungen zum
Stadtumbau und die Umsetzung behandelt, mit Praxisbeispielen aus den Stadtumbaugebieten Groß
Klein und Toitenwinkel untermauert und eine kritische Bewertung des bisherigen Stadtumbauprozes-
ses in der Hansestadt Rostock vorgenommen. Auf der Grundlage der praxisbezogenen Betrachtung
des Stadtumbaus erfolgt eine Einschätzung zur Entwicklungsperspektive der Rostocker Großwohn-
siedlungen (Kapitel 10). Abschließend werden Handlungsempfehlungen aus stadtentwicklungspoliti-
scher/-planerischer Sicht für den weiteren Stadtumbau in Form von Thesen erarbeitet.
Im Anhang der Arbeit befinden sich Musterverträge. Insbesondere sei an dieser Stelle auf die Quar-
tierseinteilungen zu den untersuchten Stadtumbaugebieten verwiesen, die v.a. zum besseren Ver-
ständnis der Kapitel 6 und 9 beitragen.
Immer wiederkehrende wichtige Fachbegriffe sind im Text in grauer und kursiver Schrift dargestellt
und können im Glossar, das sich im hinteren Teil der Arbeit befindet, nachgeschlagen werden.
3
vgl. Verzeichnis der Gesprächspartner, S. 131
Einleit ung

TEIL
A
RAHMENBEDINGUNGEN
DER STADTENTWICKLUNG BIS 1989

- 13 -
2
Städtebauliche und wohnungspolitische Ausgangsbe-
dingungen
2.1 Der Städtebau in der DDR
Die Nachkriegsjahre bis zur Gründung der DDR (1945-1949)
Mit dem Ende des 2. Weltkrieges 1945 waren viele Innenstädte auf dem Gebiet der späteren DDR
teilweise stark zerstört. Für die Instandsetzungs- und Wiederaufbauarbeiten fehlte es jedoch nicht nur
an schwerem Gerät, sondern auch an Fachkräften und Baumaterialien, wodurch in den Nachkriegs-
jahren die Kapazitäten des Bauwesens stark beschränkt blieben. Obwohl zunächst keine gesetzlichen
Grundlagen für einen geordneten Wiederaufbau vorlagen, wurden bereits kurz nach Kriegsende (ne-
ben Bestandsaufnahmen) städtebauliche Wettbewerbe durchgeführt, die weniger reine Wiederauf-
baukonzepte zum Ziel hatten, als vielmehr Lösungsansätze zur Neuordnung der Städte lieferten. So
gab es schon 1947 einen Städtebauwettbewerb für die Hansestadt Rostock, bei dem Heinrich Tesse-
now basierend auf dem Konzept der Gartenstadt eine siedlungsartig aufgelockerte und stark begrünte
Bebauung für das Zentrum konzipierte.
4
Allerdings konnten erst nach Gründung der Deutschen De-
mokratischen Republik im Oktober 1949 erste Städtebauvorhaben umgesetzt werden.
Phase der traditionellen handwerklichen Bauweise (1949-1955/56)
Im Frühjahr 1950 reiste eine Delegation in die Sowjetunion, um Erfahrungen für den Wiederaufbau zu
sammeln und Erkenntnisse aus der sowjetischen Stadtplanung und Architektur für den Städtebau der
DDR zu gewinnen. Auf Grundlage dieser Reise entstanden die ,,Sechzehn Grundsätze des Städte-
baus" (1950), die zusammen mit dem ,,Gesetz über den Aufbau der Städte in der DDR und der Haupt-
stadt Deutschlands, Berlin" (Aufbaugesetz, 1950) eine wesentliche Voraussetzung für den planmäßi-
gen Wiederaufbau sowie die Neuerrichtung von Städten bildeten. Das Aufbaugesetz regelte insbe-
sondere das Verfügungsrecht der Gesellschaft über Grund und Boden, sodass eine Koordination zwi-
schen Städtebau und volkswirtschaftlicher Planung möglich wurde. Demnach konnten von der Regie-
rung Städte, Gemeinden und Kreise zu Aufbaugebieten erklärt werden, wodurch ,,in diesem Gebiet
eine Inanspruchnahme von bebauten oder unbebauten Grundstücken für den Aufbau und eine damit
verbundene dauernde oder zeitweilige Beschränkung oder Entziehung des Eigentums und anderer
Rechte erfolgen" konnte.
5
Gemäß den ,,Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus" wurde bei den Auf-
bauplanungen die Gesamtstadt als ein ,,vom peripheren Wohngebiet zur Stadtmitte hin baulich-
räumlich zu steigerndes Ensemble" angesehen, wobei die Innenstadt ,,zum Höhepunkt der Stadtkom-
position entwickelt werden sollte".
6
Im sozialistischen Städtebau galt es, den Zentrumsbereich zum
Mittelpunkt des politischen und kulturellen Lebens auszugestalten, indem neue Strukturelemente wie
weiträumige Plätze und Magistralen (z.B. Lange Straße in Rostock, 1953) als Rahmen für politische
Veranstaltungen in die Planungen integriert wurden. Allerdings konnten sich in der Praxis die großen
Platzerweiterungen und Straßenverbreiterungen kaum behaupten und wichen mit dem Aufkommen
der
industriellen Bauweise
dem ,,fließenden" Raum.
4
vgl. Bauakademie der DDR, 1989, S. 11
5
§14 Abs.2 Aufbaugesetz, in GBl 1950, S. 967
6
Bauakademie der DDR, 1989, S. 12
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 14 -
Phase des Beginns der industriellen Bauweise (ab 1955/56)
Auf der ersten Baukonferenz in Berlin im Frühjahr 1955, die unter dem Leitspruch ,,Besser, schneller
und billiger bauen"
7
stattfand, wurde aufgrund der zu geringen Effizienz im Bauwesen, die Umstellung
der Bauproduktion auf industrielle Bauweise gefordert und kurze Zeit später vom Ministerrat beschlos-
sen. Mit Einsetzen dieser neuen Phase im Bauwesen bestimmten zunehmend materiell-technisch
umsetzbare Konzepte den Städtebau. So war zu Beginn des industriellen Wohnungsbaus (ab
1955/56) die offene Zeilenbauweise entsprechend des vorhandenen Typenangebots ohne jegliche
bauliche Sonderlösungen vorherrschend, da die starre Technologie vorerst keine flexiblere städtebau-
liche Gestalt ermöglichte. Um das Wohnungsbauvolumen zu steigern, wurden neue Wohnkomplexe
hauptsächlich in Stadtrandlage gebaut und der Aufbau der Innenstädte vorläufig eingedämmt. In eini-
gen wenigen Städten, wie z.B. Frankfurt/Oder und Halberstadt, fand die Grundstruktur des Wohnkom-
plexes ab 1956 auch Anwendung auf das historische Stadtzentrum. Zwar konnten so in kurzer Zeit
brachliegende Flächen im Kernstadtbereich bebaut werden, allerdings aufgrund der wenig entwickel-
ten architektonischen Gestaltungselemente im industriellen Wohnungsbau mit einem sehr monotonen
Erscheinungsbild.
Der bereits erwähnte und in den Sechzehn Grundsätzen festgeschriebene
sozialistische Wohnkom-
plex
wurde bald zum städtebaulichen Leitbild für die gesamte Stadtplanung der DDR. Die Anfang der
50er Jahre noch nach traditioneller handwerklicher Bauweise errichteten Wohnkomplexe (z.B. Ros-
tock-Reutershagen), die als geschlossene Blockrandbebauung mit großzügig begrünten Wohnhöfen,
zentralen Freiflächen und einer Trennung zwischen Verkehrs- und Wohnstraßen konzipiert wurden,
hatten durchaus urbane Qualitäten. Diese städtischen Qualitäten sind jedoch in den ersten, Mitte der
50er Jahre, nach industrieller Bauweise erstellten Wohnkomplexen angesichts der extrem offenen
Bauweise kaum mehr vorzufinden.
Entscheidenden Einfluss auf den Bau neuer Wohngebiete hatte die Richtlinie zum ,,Sozialistischen
Wohnkomplex" (1959). Unter Berücksichtigung der industriellen Bauweise lag mit dieser theoretischen
Arbeit erstmals ein nahezu vollständiges Konzept für die Planung und Umsetzung großer
Neubauge-
biete
vor, das sowohl Lösungsansätze für Bebauungs- und Raumstrukturen als auch für Gebäudety-
pologien, Bautechnologien und Vorgaben für den Tiefbau beinhaltete. Wie bereits Anfang der 50er
Jahre realisiert, enthielt der Wohnkomplex mit vorwiegend 5-geschossiger Bebauung prinzipiell wie-
derkehrende Ausstattungselemente wie gesellschaftliche Einrichtungen (z.B. Kaufhalle, Gaststätte,
Altersheim, Ambulatorium, Schule, Kindergärten, Kinderkrippen, Sportflächen, kulturelle Einrichtungen
etc.), wodurch ein hoher sozialer Komfort gegeben war. Die städtebauliche Gestalt hingegen wurde
durch rationelle Bauweisen stark beeinflusst, sodass eine offene Bebauungsstruktur mit kurzen Block-
längen (50 m-70 m) und eine auf die Trassen der Krahnbahnen abgestimmte Anordnung der Baublö-
cke stadtbildprägend für diese Zeit war (z.B. Rostock-Südstadt, 1961-1965).
In den nachfolgenden Jahren nahm der Wohnkomplex Größenordnungen von bis zu 20.000 Einwoh-
nern an. Dies wurde hauptsächlich durch höhere Einwohnerdichten erreicht, indem die Baublocklän-
gen auf über 100 m verlängert, die Frontlänge einer Wohnung bei Vergrößerung der Haustiefe ver-
kürzt und die Gebäudeabstände reduziert wurden (z.B. in Rostock-Lütten Klein, 1965-1975).
8
7
LIEBMANN, 2004, S. 36
8
vgl. Bauakademie der DDR, 1989, S. 17
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 15 -
Phase des Komplexen Wohnungsbaus (ab 1967/68)
Schon Ende der 60er Jahre erkannte man städtebauliche Defizite des Sozialistischen Wohnkomple-
xes und versuchte mittels neuer Leitbilder, unter dem Planungsbegriff des ,,Komplexen Wohnungs-
baus", die ,,Wohngebiete harmonischer in den jeweils vorhandenen städtebaulichen und landschaftli-
chen Kontext einzuordnen und auch bereits bestehende Wohnbereiche, Versorgungseinrichtungen,
Erholungsanlagen usw. stärker im Umfeld zu berücksichtigen".
9
Mit dem Übergang zum Komplexen
Wohnungsbau setzte außerdem eine Änderung der räumlichen Dimension ein. So nahm der vielge-
schossige Wohnbau ab Mitte der 60er Jahre zu.
Zeitgleich strebte die DDR eine weitere Optimierung der Wirtschaftsführung an. So kam dem Gene-
ralbebauungsplan als Instrument zur Koordinierung der Entwicklungsanforderungen in den einzelnen
Bereichen der Volkswirtschaft und jenen in der territorialen Planung besondere Bedeutung zu. Die
Generalbebauungspläne wurden für einen Planungszeitraum von 15 Jahren als wesentliche Grundla-
ge für den Aufbau der Innenstädte und den Bau neuer Wohngebiete erstellt (z.B. Generalbebauungs-
plan für Rostock, 1967). Schon in den 70er Jahren stellten sich der Generalbebauungs- sowie der
Generalverkehrsplan bei der Umsetzung des Wohnungsbauprogramms als wichtigste strategische
Instrumente der Stadtentwicklung heraus.
Mit dem Vorantreiben des Wiederaufbaus der Stadtzentren ab 1967, rückte die Diskussion um städte-
bauliche Dominanten an zentral gelegenen Plätzen wieder in den Vordergrund, um dem in den Sech-
zehn Grundsätzen festgeschriebenen Leitbild der ,,Stadtzentren als Höhepunkt der städtebaulichen
Komposition"
10
entsprechen zu können. Vorschläge aus den 50er Jahren (z.B. Verwaltungshochhaus
in Rostock) wurden nicht verwirklicht, ebenso wenig originelle Architekturformen Ende der 60er Jahre
(z.B. das Haus der Wissenschaft und Kultur Rostock als ,,Schiffsbug").
11
Dennoch wurden ab Mitte der 60er Jahre zunehmend vielgeschossige Wohnbauten errichtet, da tech-
nologische Weiterentwicklungen im industriellen Bauwesen dies ermöglichten. Hierdurch konnten,
insbesondere in den Stadtzentren, hohe Einwohnerdichten erreicht werden. Obwohl sowohl in den
,,Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus" als auch in den ,,Grundsätzen der Planung und Gestaltung
sozialistischer Stadtzentren" (1960) eine harmonische Einbeziehung der historischen Bausubstanz in
die neuen Gebäudegruppen gefordert wurde, vertraten viele Stadtplaner und Architekten lange die
Meinung, dass nur ein großflächiger Abriss von Altbauten und deren Ersatz durch Neubauten zu einer
Umgestaltung der Städte im sozialistischen Sinne führe.
12
Viele Stadtzentren wurden demzufolge mit
einer extrem offenen Bebauungsstruktur, die kaum urbane Qualitäten hatte, wieder aufgebaut ohne
eine Verbindung von altem und neuem Baubestand zu schaffen.
Erst Ende der 60er Jahre maß man der historischen Bausubstanz im Altstadtbereich mehr Bedeutung
bei. So begann man diese durch umfassende Rekonstruktionsmaßnahmen aufzuwerten, noch sicht-
bare Kriegsschäden zu beseitigen und erste Fußgängerbereiche anzulegen (z.B. Kröpeliner Straße in
Rostock, 1968). Mit der Verkehrsberuhigung von Innenstadtbereichen durch Verlagerung der Ver-
kehrsströme auf andere Straßen, gewannen die Stadtzentren zunehmend an Attraktivität und wurden
zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Die zuerst nur linear angelegten Fußgängerbereiche
wurden mit der Zeit verstärkt netzartig bzw. flächig ausgebildet. Selbst in größeren Wohngebieten
wurden im Zentrumsbereich Fußgängerboulevards ausgewiesen (z.B. Rostock-Lütten Klein).
9
LIEBMANN, 2004, S. 38
10
vgl. Bauakademie der DDR, 1989, S. 12
11
vgl. ebd., S. 19
12
vgl. ebd.
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

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Phase der extensiven Stadterweiterungen (1971-1989)
Der verstärkte Aufbau der Innenstädte führte Ende der 60er Jahre zu einem Rückgang des Woh-
nungsbauvolumens. Daher wurde auf dem VIII. Parteitag der SED (1971) ein ,,Sozialpolitisches Pro-
gramm" festgelegt, das erste Maßnahmen für das 1976 beschlossene langfristige ,,Wohnungsbaupro-
gramm zur Lösung der Wohnungsnachfrage als soziales Problem bis zum Jahre 1990" beinhaltete.
Ziel dieses Programms war es u.a. die Wohnverhältnisse zu verbessern und für jede Familie bis 1990
eine Wohnung in einem guten baulichen Zustand bereitzustellen, sodass zwischen 1976 und 1990 rd.
2,8 bis 3 Mio. Wohnungen
13
neu gebaut oder modernisiert werden sollten.
Diese Investitionspolitik nahm entscheidenden Einfluss auf den Städtebau und die Architektur der
DDR. So wurden Anfangs die Kernstadtbereiche durch intensive Modernisierungs- und Neubaumaß-
nahmen aufgewertet, sowie Industriegebiete ausgebaut. Allerdings konzentrierte sich der Neubau
großer Wohngebiete, aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen, fast ausschließlich auf die Bezirksstäd-
te (u.a. Rostock). Die Neubaugebiete entstanden wegen des hohen Flächenbedarfs in Stadtrandlage
auf zuvor land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, wobei möglichst der gesamte Wohnungs-
bau auf einem Standort verwirklicht werden sollte, um die Investitionskosten für die technische Infra-
struktur verringern zu können. So wurde in der Hansestadt Rostock in den 70er Jahren hauptsächlich
der Nordwesten bebaut, wo Wohnungen für etwa 130.000 Einwohner
14
entstanden. Allerdings hatte
der Bau großer Wohngebiete in Stadtrandlage zur Folge, dass sich die räumliche und zeitliche Di-
mension zum Stadtzentrum vergrößerte und die Verkehrsströme zunahmen. In vielen größeren Städ-
ten baute man infolgedessen leistungsfähige Verkehrsnetze in Form von Ring-, Radialstraßen oder
Tangenten (z.B. Stadtautobahn zwischen Rostock und Warnemünde). Parallel dazu wurde der ÖPNV
ausgebaut (z.B. S-Bahnlinie zwischen Rostock und Warnemünde).
Die ab den 70er Jahren verstärkt durchgeführten städtebaulichen Ideenwettbewerbe (z.B. für Rostock-
Toitenwinkel, 1975) sollten Lösungsansätze für die Bebauungsstruktur, Dichte, Bauhöhe, Architektur,
Freiflächengestaltung, Verkehrserschließung uvm. liefern, wodurch die Qualität des Städtebaus zu-
nahm und örtliche Gegebenheiten stärker in den Entwürfen Berücksichtigung fanden. Eine Funkti-
onsmischung von Arbeiten und Wohnen wurde zwar auch angestrebt, fand aber nur selten Realisie-
rung. Ebenso bestand ein Defizit in der Ausstattung der neuen Wohnzentren, da oft ein Teil der vor-
gesehenen Einrichtungen (wie z.B. Kultureinrichtungen, Sportstätten, Geschäfte etc.) aus Kosten-
gründen nicht verwirklicht werden konnte. Ein positives Beispiel für den Städtebau dieser Zeit ist der
Stadtteil Rostock-Lichtenhagen, der als richtungweisend und Musterbeispiel in der DDR galt.
Phase des innerstädtischen Bauens (1980-1989)
Im Gegensatz zu den großen Stadterweiterungen der 70er Jahre in Randlage, kam in den 80er Jah-
ren dem innerstädtischen Bauen mehr Bedeutung zu, wobei dennoch in der Peripherie weitergebaut
wurde. Dabei galt es die Nutzungsintensität bei gleichzeitiger Begrenzung der Flächeninanspruch-
nahme zu erhöhen und vorhandene Altbausubstanzen zu erhalten. Während in den 60er und 70er
Jahren noch überdimensionierte städtebauliche Dominanten im Innenstadtbereich gebaut wurden, war
dies ab 1981 durch eine massive Einschränkung der vielgeschossigen Bauweise nicht mehr möglich.
Durch die Verringerung der Bebauungshöhe sollten die hohen Bau- und Wartungskosten reduziert
13
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 39
14
vgl. Bauakademie der DDR, 1989, S. 47
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 17 -
werden. Allerdings wirkte sich diese Maßnahme nicht nur vorteilhaft auf die Kosten aus, sondern auch
auf die städtebauliche Gestalt, da mit der gleichzeitigen Vorgabe der Nutzungsintensivierung zu einer
überwiegend geschlossenen Bebauung übergegangen wurde.
Trotz umfangreicher Modernisierungsmaßnahmen im Altstadtbereich war die historische Bausubstanz
dem Verfall preisgegeben, weshalb sich das Wohnen meist in die Neubaugebiete am Stadtrand verla-
gerte. Rostock war eine der wenigen Städte, in der Ende der 80er Jahre ein ,,weitgehend intakter und
dem normalen Reproduktionszyklus angeglichener Zentrumsbereich bestand".
15
Das innerstädtische Bauen dieser Phase erfolgte hauptsächlich in industrieller Bauweise. Dennoch
gab es durchaus positive Beispiele innerstädtischer Bebauungen, bei denen es durch angepasste
Architektursprache gelang, Plattenbauten neben historischen Gebäuden harmonisch in das Stadtbild
zu integrieren (z.B. Nördliche Altstadt in Rostock, 1983). Man erkannte, trotz massiver Sparmaßnah-
men der DDR, dass beim Einsatz differenzierter Gestaltungselemente, Farben, Fassadengliederun-
gen sowie unter Berücksichtigung vorhandener Gebäudefluchten und Trauflinien die industrielle Bau-
weise für innerstädtische Bebauungen geeignet war (z.B. 5-Giebelhaus in Rostock). So kamen bei-
spielsweise Klinker, Keramik, Wintergärten, Erker etc. zur Gliederung der Fassade zum Einsatz, aber
auch spezielle Dachformen wurden entwickelt, um die ,,Oberkante der Gebäude für die visuelle Wahr-
nehmung zurückzudrängen".
16
Die 70er und 80er Jahre sind durch ein hohes Wohnungsbauvolumen gekennzeichnet, das aus den
Vorgaben des Wohnungsbauprogramms resultierte. In den 80er Jahren wurde verstärkt zu einer in-
tensiven Stadtentwicklung übergegangen, mit dem Versuch durch zunehmende Regionsspezifik und
differenzierte Gestaltungselemente das monotone Erscheinungsbild der Plattenbauweise zu überwin-
den. Das Ziel die ,,Wohnungsnachfrage als soziales Problem bis 1990 zu lösen", wurde aufgrund der
volkswirtschaftlichen Lage bis zur
Wende
jedoch nicht erreicht. So fehlten 1989 noch knapp 780.000
Wohnungen.
17
2.2 Die Territorialplanung der DDR
,,Die Territorialplanung ist [...] der umfassende Begriff für die raumbezogene Planung auf allen drei
Verwaltungsebenen (Staat, Bezirk, Kreis) [...] und Teil des Systems der Volkswirtschaftsplanung."
18
Auf der Grundlage eines zentral gesteuerten Wirtschaftssystems musste in den Nachkriegsjahren,
infolge des Fehlens ganzer Industriezweige aufgrund der Spaltung Deutschlands, die Industrie den
neuen Gegebenheiten angeglichen und fehlende Zweige neu aufgebaut werden. Somit galt es, insbe-
sondere in den 50er und 60er Jahren, mittels der Territorialplanung Standorte für die Industrie festzu-
legen und lokal gebundene Ressourcen (z.B. Arbeitskräfte) zu verteilen. Hierdurch sollten die histo-
risch entstandenen regionalen Disparitäten zwischen den landwirtschaftlich geprägten Nordbezirken
und den industriellen Südbezirken abgebaut werden. Die Industrialisierung der Agrarbezirke (z.B.
Ausbau der Küstenstädte) erfolgte durch die Umverteilung von Investitionsmitteln bei gleichzeitiger
Reduktion der Industrieproduktion in den altindustriellen Bezirken. Ebenso sollte das Ungleichgewicht
zwischen Stadt und Land überwunden werden, indem gezielt im ländlichen Raum Industrie angesie-
delt wurde.
15
Bauakademie der DDR, 1989, S. 27
16
ebd., S. 49
17
vgl. BUCK, 2004, S. 383
18
BRÄUNIGER, Heft 4/1989, S. 191
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 18 -
Gemäß der zwei Leitlinien für die Territorialplanung der DDR, sollten zum einen die Wohnbedingun-
gen und das Versorgungsniveau zwischen den Bezirken angeglichen und zum anderen durch die
Nutzung regionalspezifischer Ressourcen die Erwirtschaftung des Nationaleinkommens unterstützt
werden.
19
Somit lässt sich auch begründen, warum die Verteilung des Wohnungsbaus, die der Territo-
rialplanung unterlag, eng mit der Zielsetzung die wirtschaftliche Entwicklung zu verbessern und die
Produktionsentwicklung zu sichern, verbunden war. Während in den Anfangsjahren der DDR durch
den Wohnungsneubau gezielt Arbeitskräfte angesiedelt wurden, da das Arbeitsplatzangebot die An-
zahl der verfügbaren Arbeitskräfte oft überstieg, versuchte man in späteren Jahren durch weiteren
Wohnungsneubau den Wegzug von Arbeitskräften von bedeutenden Industriestandorten zu verhin-
dern. Die Folge dieser Wohnungspolitik war eine Binnenwanderung von Gemeinden unter 20.000
Einwohnern in größere Städte, da sich aufgrund der Förderung der Industrie in großen Mittelstädten
und Großstädten der Wohnungsbau auf diese konzentrierte.
20
Die Gemeinden hatten auf diese städtebauliche Entwicklung jedoch kaum Einfluss, da bereits in den
50er Jahren die Planungshoheit zentralisiert und wohnungspolitische Grundsatzentscheidungen auf
Bezirksebene getroffen wurden. So oblag die überörtliche Planung der Staatlichen Plankommission
(bei Planungen die mehrere Bezirke betrafen) bzw. den Räten der Bezirke (bei Planungen die mehre-
re Kreise betrafen), die für die Erstellung von Programmen und Konzepten zuständig waren. Die dar-
aus resultierenden Maßnahmen wurden in die Planungen der Bezirks- oder Kreisbauämter integriert
und konzeptionelle Lösungsvorschläge nach den Vorgaben und Planungen der Territorialplanung vom
,,Büro für Stadtplanung der Bezirke" ausgearbeitet.
2.3 Die Wohnungspolitik der DDR
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der damit verbundenen Teilung Deutschlands, nahm die
Wohnungspolitik in beiden deutschen Staaten eine unterschiedliche Entwicklung, wenngleich die
Wohnungsfrage aufgrund der Kriegszerstörungen, Flüchtlingen aus den Ostgebieten und Unterbrin-
gung der Besatzungsmächte zur wichtigsten Aufgabe des Staates wurde.
Der Schwerpunkt der sozialistischen Wohnungspolitik lag auf dem Wohnungsneubau, der mit der
Standortpolitik der Volkswirtschaft eng verbunden war (siehe Kapitel 2.2). Das hohe Maß an staatli-
chen Eingriffen auf dem Boden- und Wohnungsmarkt führte zu einer Aufhebung des Marktmechanis-
mus. So wurde per Gesetz (Aufbaugesetz, 1950) das Verfügungsrecht der Gesellschaft über Grund
und Boden verordnet und der Privatbesitz mittels Enteignungen bzw. Einschränkungen bei Verkauf,
Vermietung oder Erwerb von Immobilien zurückgedrängt.
21
Trotz des hohen staatlichen Anteils an der Bauwirtschaft (1961: 97 % der Bauleistungen von staatli-
chen und halbstaatlichen Unternehmen erbracht)
22
, konnten die Planziele des ersten Fünfjahrplanes
(1951-1955) für den Wohnungsneubau nicht erreicht werden. Die Regierung forderte aufgrund dessen
im Rahmen des zweiten Fünfjahrplanes (1956-1960) sowie des Siebenjahrplanes (1959-1965) eine
Umverlagerung der Bauaktivitäten vom staatlichen auf den genossenschaftlichen Wohnbau. Dazu
wurden 1954 die sogenannten Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) als Konkurrenz zu den
bestehenden Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften (GWG) ins Leben gerufen. Im Ge-
19
vgl. BRÄUNIGER, Heft 4/1989, S. 194
20
vgl. ebd., S. 193
21
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 27 f.
22
vgl. BUCK, 2004, S. 181
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 19 -
gensatz zu den vor 1945 entstandenen GWG, ,,erfolgte die Gründung der AWG in direkter Anbindung
an einen Träger- oder Treuhandbetrieb"
23
, der sowohl organisatorisch als auch finanziell der Genos-
senschaft zur Seite stehen sollte. Somit konnten nur Betriebsangehörige Mitglied der jeweiligen AWG
werden. Mit Hilfe der AWG, die sich Anfang der 60er Jahre zum Hauptträger des Wohnungsbaus ent-
wickelte, sollte das Wohnungsdefizit schneller behoben werden. Die Regierung versprach sich von
den Genossenschaften, dass durch betriebliche Unterstützungen Engpässe bezüglich Materialien und
Kapazitäten im Bauwesen bewältigt werden könnten, durch Eigenleistungen der Mangel an Bauarbei-
tern gemildert würde sowie mehr Baukapital durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen der
AWG-Mitglieder zur Verfügung stünde.
24
Im Gegenzug dessen überließ der Staat den Wohnungsbau-
genossenschaften unbefristet und kostenfrei Nutzungsrechte an volkseigenem Grund und Boden.
Die Finanzierung des genossenschaftlichen Wohnbaus erfolgte bis zu 85 % aus zinslosen Baukredi-
ten, die restlichen 15 % aus Eigenmitteln der Wohnungsbaugenossenschaften, die allerdings Voraus-
setzung für die Gewährung eines Kredites waren. Der Eigenmittelanteil musste von den Genossen-
schaftsmitgliedern durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen (Bareinzahlungen oder persönli-
che Arbeitsleistungen) erbracht werden, wobei die Anzahl von der Wohnungsgröße abhängig war.
Durch die geringen Mieten konnten die Baukredite nicht getilgt werden, sodass indirekt der Woh-
nungsbau aus dem Staatshaushalt finanziert wurde.
25
Ebenso wie die gesamte Wohnungspolitik, wurde auch der Wohnungsbau der AWG durch staatliche
Organe (Beiräte für die sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften) festgelegt, indem die Beiräte
gemäß den volkswirtschaftlichen Planungen Wohnungsbaukontingente und Baukredite an die Bauträ-
ger vergaben. Die Neubauten wurden von staatlichen Baubetrieben errichtet und nach Fertigstellung
an die Bauträger (Wohnungsbaugenossenschaften oder Kommunale Wohnungsverwaltungen) über-
geben. Allerdings oblag diesen nur die Verwaltung der Gebäude. Für die Vergabe der Wohnungen
war die sogenannte kommunale Wohnraumlenkung zuständig, um ,,eine gerechte Verteilung des vor-
handenen und neu entstehenden Wohnraumes zu erreichen".
26
Die Aufgaben und Zuständigkeiten
der Wohnungsbehörden wurden in der mehrfach novellierten ,,Verordnung über die Lenkung des
Wohnraumes" (WLVO, 1955) geregelt, die in Verbindung mit anderen Gesetzen galt. Demnach hatten
die Behörden eine Auflistung über den gesamten Wohnungsbestand vorliegen und waren für die Zu-
weisung von Wohnraum verantwortlich, die nach bestimmten Kriterien (soziale Dringlichkeit, volkswirt-
schaftliche Priorität, gesellschaftliche Verdienste)
27
und nur an antragsberechtigte Wohnungssuchen-
de erfolgte. Weder die Vermieter hatten aufgrund der staatlichen Wohnraumlenkung Einfluss auf die
Mieterstruktur, noch die Mieter auf die Lage, Größe und Ausstattung der Wohnung. Wurde einem
Haushalt eine Wohnung zugewiesen, konnte ein Umzug in eine andere Wohnung zwar beantragt
werden, wurde aber wenn überhaupt nur registriert, sodass ein Wohnungstausch die einzige Alternati-
ve war. Aber selbst dieser bedurfte einer Genehmigung durch die zuständige staatliche Behörde.
Auch die Rechte und Pflichten der Hauseigentümer wurden durch die WLVO stark beschränkt. So
hatten diese laut §17 WLVO ,,die Pflicht [...] freien, frei werdenden und neu geschaffenen Wohnraum,
sowie die unberechtigte Nutzung unverzüglich zu melden und auf Verlangen Auskunft über Umfang
und Nutzung der Wohnräume zu geben und deren Besichtigung [...] zu gestatten", sodass ggf. unter-
23
BUCK, 2004, S. 164
24
vgl. ebd., S. 165
25
vgl. ebd., S. 167
26
Art.26 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (1949)
27
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 31
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

- 20 -
belegter Wohnraum durch eine Räumungsanordnung und Neuzuweisung an Wohnungssuchende
besser ausgelastet werden konnte.
Die Wohnungsversorgung blieb trotz aller Bemühungen des Staates bis zum Niedergang der DDR
ungenügend. Maßnahmen wie das in der WLVO (1955) geregelte temporäre Zuzugsverbot in indus-
trielle Aufbauzentren mit hohem Wohnungsmangel (z.B. Rostock), das unter bestimmten Vorausset-
zungen jederzeit durch die Räte der Bezirke verhängt werden konnte, führten ­ neben anderen Grün-
den ­ bis zum Mauerbau 1961 zur Abwanderung von ca. 2,7 Mio. Menschen in die BRD.
28
Um dennoch eine Entlastung am Wohnungsmarkt herbeizuführen, wurden ab den 60er Jahren die
durchschnittlichen Wohnungsgrößen herabgesetzt, um das jährliche Bauvolumen steigern zu können.
Ab den 70er Jahren wurde zunehmend an der qualitativen Ausstattung der Neubauwohnungen ge-
spart, um die Zielvorgabe des Wohnungsbauprogramms ,,die Wohnungsnachfrage als soziales Prob-
lem bis 1990 zu lösen" erfüllen zu können. Die aufgrund hoher Staatsschulden verursachte wirtschaft-
liche Krise der DDR in den 80er Jahren, führte verstärkt zu Investitionskürzungen in der Bauwirtschaft,
da die vorhandenen Kapazitäten, insbesondere auf die Exportwirtschaft, umverteilt wurden. Die feh-
lenden Baumaschinen und der Mangel an Baumaterial ließ die Produktivität im Bauwesen immer mehr
absinken, wodurch einerseits die Planvorgabe an zu errichtenden Wohnungen nicht mehr eingehalten,
andererseits Instandsetzungsarbeiten an Gebäuden nur mehr zu 30 % bis 40 % gedeckt werden
konnten.
29
Dem Leitbild der sozialistischen Wohnungspolitik entsprechend galt es, durch möglichst geringe Un-
terschiede in Ausstattung und Zustand der Wohnungen (Wohn-Gleichheit), die Unterschiede zwischen
den einzelnen Klassen und Schichten aufzuheben und somit der sozialräumlichen
Segregation
entge-
genzuwirken. Ebenso sollten die Lebensverhältnisse zwischen Stadt- und Landbevölkerung angegli-
chen werden. Neben der bereits beschriebenen staatlichen Zuteilung von Wohnraum, wurde das Ziel
der sozialen Homogenität durch einheitliche geringe und stabile Wohnungsmieten (Preisstoppverord-
nung, 1936) nahezu erreicht. So betrug die durchschnittliche monatliche Belastung eines Mieterhaus-
haltes für Wohnen ca. 3 % des Einkommens. Die Wohnungswirtschaft wurde im Gegenzug dessen
staatlich subventioniert. Wegen des niedrigen Mietniveaus konnten allerdings private Hauseigentümer
von mehrgeschossigen Wohnungsbauten kaum notwendige Instandsetzungsmaßnahmen refinanzie-
ren. Die Schaffung von privatem Wohneigentum war somit wenig erstrebenswert und beschränkte
sich ab den 70er Jahren auf den Einfamilienhausbau. Daher lag der Anteil an Wohneigentum 1989 bei
lediglich 28 %.
30
28
vgl. BUCK, 2004, S. 170/ S. 183
29
vgl. ebd., S. 377 ff.
30
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 30
Städt ebaulic he und wohnungspolit is c he A us gangs bedingungen

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3 Die Stadtentwicklung Rostocks in der DDR
3.1 Entstehung der Rostocker Großwohnsiedlungen
In den 50er Jahren nahm die wirtschaftliche Entwicklung der Hansestadt Rostock, insbesondere durch
den Schiffbau, die Hochseefischerei und den Seeverkehr, einen stetigen Aufwärtstrend. Infolge des
daraus resultierenden erhöhten Wohnungsbedarfs, wurden zunächst auf innenstadtnahen Flächen die
Wohngebiete Reutershagen (1953-1961) und Südstadt (1961-1965) erbaut. Während in Reutersha-
gen II die Neubauten teilweise in Ziegelbauweise und ab 1959 in industrieller Bauweise errichtet wur-
den, ist die Südstadt nur mehr in Plattenbauweise gebaut. Hierdurch konnte die Bauzeit in der Süd-
stadt im Vergleich zu Reutershagen um drei Jahre verkürzt werden, obwohl in der Südstadt 1.300
Wohneinheiten mehr entstanden. Beide Stadtteile sind gekennzeichnet durch eine weitläufige offene
Zeilenbebauung mit geringen Einwohnerdichten.
Da die Wohnungsnachfrage durch den zunehmenden Arbeitskräftebedarf immer weiter anstieg, verla-
gerte sich der Schwerpunkt des Wohnungsbaus in den 60er und 70er Jahren auf den bis dahin vor-
wiegend landwirtschaftlich genutzten Großraum Lütten Klein im Nordwesten der Stadt. Im Generalbe-
bauungsplan (1967) wurde die Auswahl dieses Standortes in einer Weiterführung der Bandstadtstruk-
tur, die sich durch die u-förmige Entwicklung der maritimen Industriezweige um die Unterwarnow be-
reits andeutete, begründet. Planung und Bauausführung für die Hansestadt oblagen dem ,,Büro für
Stadtplanung Rostock des Rates der Stadt Rostock" sowie dem ,,Wohnungsbaukombinat Rostock".
Erste Planungen für die Stadtentwicklung im Großraum Lütten Klein wurden 1959/60 im Rahmen ei-
nes städtebaulichen Wettbewerbes erstellt und stufenweise präzisiert, sodass die anfängliche Woh-
nungsanzahl für 80.000 Einwohner auf 130.000 Einwohner erhöht wurde, mit der Forderung die Be-
bauungsdichte zu steigern, um Urbanität zu erzeugen,.
31
Unter Beachtung der Standortbedingungen
(gehölzarmes flaches Niederungsland, teils nicht bebaubare Areale mit hohem Grundwasserstand,
windreiches Gebiet, Lagebeziehungen zu Betriebsgebieten usw.) wurde nach dem Leitbild der ,,ge-
gliederten und aufgelockerten Stadt" für den Planungsraum eine fünfblättrige Gesamtstruktur (vgl.
Abb. 2) mit den Neubaugebieten Evershagen, Lütten Klein, Lichtenhagen, Schmarl und Groß Klein
ausgearbeitet, die sich beiderseits der Stadtautobahn, später auch der S-Bahntrasse, erstrecken und
durch nicht bebaubare Senken voneinander gegliedert sind.
32
Diese Niederungen wurden zwischen
Schutow und Evershagen, Evershagen und Lütten Klein, Lütten Klein und Lichtenhagen sowie zwi-
schen Schmarl und Groß Klein am Ufer der Warnow als Naherholungsparks mit landschaftsbezoge-
nem Charakter ausgestaltet, wodurch sich die Wohngebiete mit der Landschaft verzahnen. Auf der
windzugewandten Westseite werden die Stadtteile durch Obstplantagen und Kleingärten begrenzt, die
als Windschutz fungieren und die Erholungsgebiete ergänzen.
31
vgl. Bauakademie Rostock, 1982, S. 12
32
vgl. ebd., S. 14
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 22 -
Abb. 2:
Schematischer Plan
der Flächengliederung
im Raum Lütten Klein
Quelle: Büro für Stadtplanung Rostock, Stand 26.06.1971, in: Dokumentensammlung Stadtarchiv Rostock
Die Verwirklichung der Wohngebiete in Plattenbauweise erfolgte ab Mitte der 60er Jahre schrittweise,
wobei jedes Baugebiet eine eigene architektonische und räumliche Gestalt aufweist, die mit dem je-
weiligen Entwicklungsstand der industriellen Bauweise eng zusammenhängt. Stadtplaner und Archi-
tekten versuchten durch ansprechende Gestaltungslösungen, die für jeden Stadtteil neu- und weiter-
entwickelt wurden, technologische Einschränkungen auszugleichen.
Gemeinsam ist allen Wohngebieten aber der Einsatz von Klinkern, um typische landschaftsbezogene
Elemente in die Großplattenbauweise zu integrieren und einen Bezug zur historischen Altstadt herzu-
stellen. So entwarfen Rostocks Stadtarchitekten nicht nur Raumkonzepte für die einzelnen Stadtteile,
sondern auch detaillierte Materialkonzepte, die durch bildkünstlerische Konzepte mit Themenbezug
ergänzt wurden.
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 23 -
Lütten Klein (1965-1969)
Lütten Klein wurde als erstes Neubaugebiet im Rostocker Nordwesten errichtet und ist als größter
Stadtteil mit 10.270 Wohneinheiten
33
zugleich das urbane Zentrum dieses Stadtentwicklungsgebietes.
Das Bebauungskonzept weist eine Zeilenbebauung mit paralleler Anordnung der Baukörper zueinan-
der auf. Die Neubauten wurden in industrieller Bauweise mit bis zu sechs Geschossen errichtet, wobei
an der Mittelachse (Warnowallee) sowie in der Helsinkier und Ahlbecker Straße Hochhäuser zur Ak-
zentuierung des Stadtbildes integriert wurden. Die Verwendung historischer Architekturelemente im
Plattenbau wie Klinker war ein Novum in Lütten Klein. Diese kamen aber im Gegensatz zu den Hoch-
häusern nur an den Giebeln und Treppenhäusern zum Einsatz.
Geplant wurde der Bau eines Stadtbezirkszentrums im Bereich des Dorfes Lütten Klein, das gastro-
nomische als auch kulturelle Einrichtungen und Einzelhandel beherbergen sollte. Durch vielgeschos-
sige Wohnbauten und Sportmöglichkeiten sollte eine Ergänzung zum bestehenden Angebot geschaf-
fen werden. Allerdings wurde aus Kostengründen dieses Projekt zu DDR-Zeiten nicht realisiert.
Abb. 3:
Bebauungsstruktur von Lütten Klein
Quelle: Bauakademie Rostock, 1982, S. 36.
Evershagen (1969-1974)
In Evershagen wurde versucht, eine stärkere hofbildende mäanderförmige Bebauung zu konzipieren,
um einerseits durch raumbildende Strukturen der Monotonie des Zeilenbaus entgegenzuwirken, ande-
rerseits den klimatischen Bedingungen entsprechend Windkanäle wie in Lütten Klein zu vermeiden.
Auffallend sind die 11-geschossigen Doppelbalkongiebel, die in Form eines Terrassenhauses mit zu-
rückspringenden Balkonen gebaut wurden. In diesem Stadtteil wurden die Klinker schon differenzier-
ter eingesetzt als in Lütten Klein, um das Stadtbild mit künstlerischen Motiven an den Giebelseiten
interessanter zu gestalten (z.B. Sonnengiebel). Zusätzlich zum Wohngebietszentrum wurden für die
8.224 Wohneinheiten
34
Einrichtungen des Handels und der Gastronomie in 1-geschossigen Eckvor-
bauten integriert.
33
vgl. Büro für Stadtplanung Rostock, 1974
34
vgl. Bauakademie Rostock, 1982, S. 54
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 24 -
Abb. 4:
Bebauungsstruktur von
Evershagen
Quelle: Bauakademie Rostock, 1982, S. 54.
Lichtenhagen (1974-1976)
Lichtenhagen ist durch eine großräumig geschlossene, mäandrierende Bebauungsstruktur gekenn-
zeichnet, die aus den Erfordernissen resultierte, eine dem Wind und Verkehrslärm angepasste Raum-
struktur zu entwerfen. Es überwiegen Neubauten mit bis zu sechs Etagen, die von drei Hochhäusern,
den sogenannten ,,Wohnscheiben" (z.B. das Sonnenblumenhaus), unterbrochen werden. Die Straßen
sind rechtwinklig angelegt, wobei der ruhende Verkehr verstärkt in den Randzonen entlang der Haupt-
verkehrsstraßen organisiert ist. Hierdurch wurden ruhige Wohninnenbereiche geschaffen. Den Mittel-
punkt dieses Stadtteils mit 6.324 Wohneinheiten
35
bildet ein kleiner Boulevard in Form einer durch-
grünten Ruhezone ­ der ,,Lichtenhäger Brink" ­ der, ebenso wie in Evershagen, durch gesellschaftli-
che Einrichtungen in 1-geschossigen Eckvorbauten ergänzt wird. Der Grünraum wurde mit vielen
Stauden ausgestaltet, die durch große Rasenflächen ergänzt sind. Im Bereich von interessant gestal-
teten Fassaden wurde hingegen eine schlichtere Grünraumgestaltung vorgesehen, um die Wirkung
der Fassade zu erhöhen. Lichtenhagen galt in der DDR als richtungweisend und Musterbeispiel für
einen gelungenen, in industrieller Bauweise errichteten Stadtteil.
Abb. 5:
Bebauungs-
struktur von
Lichtenhagen
35
vgl. Bauakademie Rostock, 1982, S. 72
Quelle: Bauakademie Rostock, 1982, S. 72.
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 25 -
Schmarl (1977-1979)
Schmarl ist mit 4.356 Wohneinheiten
36
die kleinste
Großwohnsiedlung
Rostocks. Der Stadtteil ist
durch großförmig gerundete Wohnblocks charakterisiert, die als harte Bebauungskante gezielt eine
Abgrenzung zur Landschaft erzeugen. Die Innenräume der Quartiere sind durch Zeilenbauten struktu-
riert. Die fast ausschließlich 5-geschossige Bebauung wird durch wenige Hochhäuser, lediglich zwei
als treppenförmig gestufte Terrassenbauten konzipierte Blöcke mit elf Geschossen, aufgelockert.
Durch die Anordnung der Bebauung wurde wie in Lichtenhagen ein Schutz gegen Wind und Verkehrs-
lärm geschaffen. Die Straßenzüge verlaufen den ,,Wohnrundungen" entsprechend als Schleifen sowie
als Stichstraßen, allerdings ist das fußläufige Netz durch eine Vielzahl von Durchgängen an die Au-
ßenbereiche angebunden. Auch in diesem Wohngebiet sind die Parkplätze in Randlage angeordnet,
wodurch ruhige Wohnhöfe entstanden, in die Kindereinrichtungen integriert wurden. Bei der Grün-
raumgestaltung wurde in Schmarl versucht die Gebäude mit dem Freiraum zu verbinden, dies entwe-
der durch Ausgestaltung der Eingangsbereiche oder durch Vorlagerung von Mietergärten der im Erd-
geschoss liegenden Wohnungen. Die Fassadengestaltung ist in Anlehnung an die norddeutsche
Backsteingotik differenziert und vielfältig. So wurden weißer Putz und Klinkerverblendungen als pfle-
geleichte Grundmaterialien verwendet, die in Verbindung mit Ornamenten der Monotonie des Platten-
baus entgegenwirken.
Abb. 6:
Bebauungsstruktur von Schmarl
Quelle: Bauakademie Rostock, 1982, S. 90.
Groß Klein (1979-1983)
Der Stadtteil Groß Klein mit 7.030 geplanten Wohneinheiten
37
ist die letzte im Nordwesten der Hanse-
stadt verwirklichte Großwohnsiedlung, bevor sich die Neubauaktivitäten auf den Rostocker Nordosten
verlagerten. Die Bebauung ist gekennzeichnet durch abgewinkelte Baublocks mit bis zu 6 Etagen.
Ebenso wie in Schmarl wurde zunehmend auf Hochhäuser verzichtet, sodass nur im Blockmacher-
ring, Gerüstbauerring und Taklerring durch 11-geschossige Hochhäuser die übrige Bebauungshöhe
durchbrochen wird. Die ringförmig angelegten Straßenzüge zweigen von einer äußeren Ringstraße
nach innen ab, treffen sich allerdings nicht im Zentrumsbereich, wodurch ein zusammenhängendes
Fußgängersystem im Innenbereich gebildet wird. Auch in diesem Stadtteil ist der ruhende Verkehr
überwiegend in den Randlagen organisiert.
36
vgl. Bauakademie Rostock, 1982, S. 90
37
vgl. ebd.
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 26 -
Abb. 7:
Bebauungsstruktur von
Groß Klein
Quelle: Bauakademie Rostock, 1982.
Mit Fertigstellung der neuen Wohngebiete am Westufer der Warnow im Planungszeitraum von 1981
bis 1985, rückte das Stadtzentrum Rostocks zunehmend in eine Randlage. Dem sollte durch Verlage-
rung des Wohnungsneubaus auf den Nordosten der Stadt gemäß des Generalbebauungsplanes
(1978), der einen Anstieg der Einwohnerzahl Rostocks bis zum Jahr 2000 auf ca. 320.000 Einwoh-
ner
38
prognostizierte, entgegengewirkt werden. Die geplante Stadterweiterung stand im engen Zu-
sammenhang mit der Schaffung neuer sowie dem Ausbau vorhandener Arbeitsstätten (z.B. Übersee-
hafen) in diesem Raum.
Allerdings verzögerte sich aufgrund von Problemen bei der Erschließung der Baustart im Nordosten.
Infolge dessen wurden zwischenzeitlich im Rahmen des ,,Lückenbauprogramms" bereits erschlossene
Stadtteile mit Neubauten aufgefüllt (z.B. einige 5-Geschosser an der Stadtautobahn in Evershagen
und die Hochhäuser in der Südstadt, vis-à-vis des Hauptbahnhofs), um das entstandene Baudefizit
auszugleichen. Erst mit Fertigstellung der neuen Petri-Brücke über die Warnow 1982, konnte mit der
Erschließung Dierkows begonnen werden.
39
Ab 1983 lag der Schwerpunkt der Stadtentwicklung Rostocks auf dem Raum Dierkow am Nordostufer
der Unterwarnow, für den vorerst die zwei Wohngebiete Dierkow und Toitenwinkel vorgesehen wur-
den. Die Planungen begannen allerdings schon 1976 im Rahmen der Rostocker Werkstattwochen, bei
denen die städtebauliche Struktur sowie die Baumassenverteilung erarbeitet und das Konzept für das
Neubaugebiet
Dierkow konkretisiert wurden. Neben unterschiedlichen Aspekten stand im Vordergrund
,,eine bauliche Schale um den Flusslauf der Warnow zu entwickeln mit [...] Blickbeziehungen zum
Stadtzentrum und [...] Wohngebiete mit eigenen Zentren auszubilden".
40
Ebenso wie im Nordwesten
Rostocks befinden sich zwischen den Wohngebieten unbebaubare Niederungen, die in der Planung
als Erholungsflächen mit Wohngebietspark und Kleingärten vorgesehen wurden.
38
vgl. Büro für Stadtplanung, Aktualisierung 1978
39
vgl. WG Schiffahrt-Hafen, 2004, S. 19
40
LASCH, Heft 10/1980, S. 22
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 27 -
Dierkow (1983-1987)
Die ursprünglichen Planungen für Dierkow weichen von der realisierten Bebauung ab. So wurden
weder der Hang Alt Bartelsdorf bebaut, für den eine höhengestaffelte Bebauung vorgesehen war,
noch wurden die vielgeschossigen Wohnbauten mit bis zu 17 Geschossen verwirklicht.
Dierkow ist das erste in sogenannter ,,Komplexbauweise" errichtete Wohngebiet der Hansestadt. Es
besteht aus drei Wohngruppen, denen je ein Schulkomplex sowie Kindereinrichtungen zugeordnet
sind. Diese aus 3- bis 6-geschossiger Bebauung bestehenden Wohngruppen, sind nach außen zu den
Hauptverkehrsstraßen hin geschlossen und öffnen sich zum Innenbereich durch fingerartige Bebau-
ungsstrukturen. Durch die beschriebene Anordnung der Gebäude werden kleine Innenhöfe ausgebil-
det, während in der Mitte der Wohngruppen Fußgängerbereiche verlaufen. Unterstrichen werden die-
se beruhigten Innenbereiche durch das Verkehrskonzept. So zweigen, abgesehen vom Kurt-Schuma-
cher-Ring, der durch den Stadtteil verläuft, alle Straßen stichförmig vom Außenring ab.
Abb. 8:
Luftaufnahme von Dierkow
Quelle: WG UNION Rostock e.G., 2004, S. 38.
Toitenwinkel (ab 1986)
Toitenwinkel ist die jüngste Großwohnsiedlung der Hansestadt Rostock. 1980 wurde für diesen Stadt-
teil ein städtebaulicher Ideenwettbewerb ausgelobt, durch den eine harmonische Wohnbebauung bei
hoher ökonomischer und architektonischer Qualität erreicht werden sollte. Von den ursprünglich ge-
planten 8.986 Wohneinheiten
41
wurden bis zur Wende 5.037 Wohneinheiten errichtet, zwischen 1990
und 1995 weitere 2.474 Wohneinheiten und nach 1995 nochmals 964 Wohnungen.
42
Durch das Ende
der DDR wurde Toitenwinkel nicht mehr vollständig nach den vorhandenen Planungen realisiert, son-
dern vorerst zum Teil Zwischenlösungen aus Plattenrohlingen gebaut. Nach einem Baustopp wurde in
den 90er Jahren zwar der Neubau in Toitenwinkel fortgesetzt, dieser entsprach jedoch dem ur-
sprünglich vorgesehenen Bebauungskonzept nicht mehr.
41
vgl. WG UNION Rostock e.G., 2004, S. 40
42
vgl. WIMES, 2005c, S. 57
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 28 -
Abb. 9:
Luftaufnahme von Toitenwinkel
Quelle: http://www.stadtumbau-ost.info, Stand 03.03.2006
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 29 -
3.2 Rostocker Neubaugebiete zur Wende
Wie bereits in Kapitel 3.1 ausführlich beschrieben, entstanden bis zur Wende im Jahre 1989 neun
neue Stadtteile in der Hansestadt Rostock, die sich perlenartig jenseits des Flusslaufes der Unterwar-
now im Nordwesten wie auch Nordosten der Stadt aufreihen (vgl. Abb. 10). Während Lütten Klein,
Evershagen, Lichtenhagen, Schmarl, Groß Klein und Dierkow zur Wende bereits fertig gestellt und
bezogen waren, befand sich Toitenwinkel noch im Bau. Erst einzelne Bauabschnitte waren in diesem
Stadtteil bezugsfertig.
Da die beiden älteren Großwohnsiedlungen Reutershagen und Südstadt keine Rolle im Stadtumbau-
prozess spielen, weil sie kaum vom Wohnungsleerstand betroffen sind, wurden diese zwar der Voll-
ständigkeit halber in Abb. 10 andersfarbig hervorgehoben, finden in der weiteren Arbeit jedoch keine
Betrachtung.
Abb. 10:
Übersicht über die Siedlungsstruktur
der Hansestadt Rostock
Quelle: Falk (Hrsg.), 2003/2004, S. 340.
Statistiken zufolge lebte rund ein Drittel der Bevölkerung in Ostdeutschland zur Wendezeit in Groß-
wohnsiedlungen, wenngleich dieser Durchschnittswert je nach Region und Stadt stark schwankte.
43
So hat die Hansestadt Rostock mit einem Wohnungsanteil von 65 %
44
am Gesamtwohnungsbestand,
einen relativ hohen Anteil an industriell errichteten Wohnungen vorzuweisen. Demnach wohnten zur
Wende (Referenzjahr 1992) ca. 137.000 Rostocker in den Neubaugebieten im Nordwesten und Nord-
osten der Stadt, was ca. 57 % der Gesamtbevölkerung Rostocks entspricht (vgl. Abb. 11).
43
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 46 f.
44
vgl. HANNEMANN, 2000, S. 24
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

- 30 -
Abb. 11:
Einwohnerzahlen in Rostocker
Neubaugebieten zur Wende (Refe-
renzjahr 1992)
45
Quelle: Statistisches Landesamt Mecklenburg-Vorpommern, eigene Darstellung
Zieht man bezüglich der entstandenen Neubaugebiete eine Bilanz zur Wende, so lassen sich bereits
Stärken und Schwächen der Gebiete erkennen, die durch bestimmte Einflussfaktoren zu einer positi-
ven (Chancen) bzw. negativen Entwicklung (Risiken) im Laufe der Zeit führen können. Häufig zeigen
sich Unterschiede zwischen Planung und Realisierung, da aufgrund finanzieller Engpässe Einsparun-
gen hinsichtlich der Architektur, Gestaltung und Verwirklichung von gesellschaftlichen Einrichtungen
erfolgten.
So wurde u.a. nicht wie vorgesehen das große Stadtteilzentrum in Lütten Klein gebaut, welches erst
nach der Wiedervereinigung in den 90er Jahren entstand. Ebenso wurden Kultureinrichtungen und
Freizeitstätten (z.B. Schwimmhalle, Kegelbahn, Kino usw.) nicht realisiert, obwohl Flächen in Form
von Brachland gemäß den Stadtteilkonzepten immer vorgehalten wurden. Wesentlich stärker ausge-
prägt war das Angebot an Einrichtungen sozialer Infrastruktur, das auf staatlich festgelegten Norm-
vorgaben beruhte, sodass jeder Stadtteil eine ausreichende Grundversorgung aufwies. Bezüglich der
Freiräume wird in der Literatur oft kritisiert, dass diese nicht in private, öffentliche und halböffentliche
Bereiche untergliedert wurden, wodurch eine Raumbildung fehlte. Allerdings wurde das von den Be-
wohnern nicht nachteilig empfunden. Viel problematischer ist in den Neubaugebieten jüngeren Da-
tums (Groß Klein, Dierkow, Toitenwinkel) die fehlende Grünraumgestaltung zu bewerten. So wurden
diese Stadtteile erst Jahre nach der Gebäudefertigstellung begrünt bzw. teilbegrünt. Ebenso sind in
den jüngeren Großwohnsiedlungen aufgrund von Einsparungsmaßnahmen kleinere Wohnungsgrößen
mit winzigen Kinderzimmern, Bädern und Küchen sowie schlechten Wohnungszuschnitten vorzufin-
den. Ein generelles Problem ist im Hinblick auf die älterwerdende Bewohnerstruktur, dass die zumeist
5- bis 6-geschossigen Gebäude ohne Aufzug ausgestattet wurden, was allerdings der Planung ent-
sprach.
Trotz gewisser Mängel konnte im Gegensatz zu Westdeutschland bis zur Wende eine sehr hohe Ge-
bietsbindung der Bewohner und eine geringe Fluktuationsrate verzeichnet werden (es gab keine
Wohnalternativen), ebenso wie eine heterogene Mischung verschiedener Einkommensklassen und
Bildungsniveaus sowie eine homogene demografische Bevölkerungsstruktur (Baualter bestimmt Be-
wohneralter aufgrund bestimmter Vergabekriterien).
46
All das verdeutlicht, dass die industriell errichte-
ten Wohngebiete bis zur Wiedervereinigung keine Problemgebiete waren, sondern erst durch die Be-
richterstattung in den Medien zunehmend in Misskredit gerieten.
45
Aufgrund von Änderungen in der Statistik stehen erst ab 1992 Daten zur Verfügung, die den einzelnen Neubaugebieten exakt
zugeordnet werden können. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Zahl der EW von 1989-1992 in den einzelnen Gebie-
ten nicht wesentlich verändert hat, sondern nur geringe Abweichungen vorliegen ­ ausgenommen Toitenwinkel, da dieser
Stadtteil 1989 noch nicht fertig gestellt war.
46
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 54
Schm arl
13.531 EW
Dierkow Neu
19.531 EW
Toitenw inkel
18.892 EW
Evershagen
21.215 EW
Lütten Klein
23.581 EW
Lichtenhagen
18.034 EW
Groß Klein
22.278 EW
Die St adt ent wick lung Rostoc ks in der DDR

TEIL
B
DER TRANSFORMATIONSPROZESS:
THEORETISCHE GRUNDLAGE UND FOLGEN

- 33 -
4 Die Wiedervereinigung ­ Auslöser des Strukturwandels in
den neuen Ländern
Die Stadtentwicklung als ein Spiegelbild der Gesellschaft steht in einem engen Zusammenhang mit
politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen. Der sich Anfang der 90er Jahre in der ehe-
maligen DDR vollzogene
Transformationsprozess
(von der Planwirtschaft zur sozialen Marktwirt-
schaft) hatte somit auch Auswirkungen auf die ostdeutschen Städte und Regionen, in denen sowohl
ein wirtschaftlicher als auch demografischer, sozialer und baulich-räumlicher Strukturwandel statt-
fand.
47
Die genauere Betrachtung, insbesondere der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen des
Transformationsprozesses sowie dessen Folgen, bleibt somit unerlässlich, um die Entwicklung der
Großwohnsiedlungen nach der Wende beurteilen zu können.
4.1 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen
4.1.1 Das alte System: Die sozialistische Wirtschaftsordnung der DDR
Die sozialistische Planwirtschaft der DDR beschreibt FISCHER in seiner Arbeit folgendermaßen: ,,[Sie]
zeichnet sich durch drei Grundelemente aus: a) die zentrale Planung und Lenkung der Wirtschaft un-
ter Führung der SED, b) die Verstaatlichung und Kollektivierung der entscheidenden Produktionsmit-
tel, c) die Ausrichtung des Wirtschaftswachstums auf politische Schwerpunkte zu Lasten der Versor-
gung der Bevölkerung."
48
Insbesondere letztgenannter Punkt führte, aufgrund einer auf Autarkie ausgerichteten Wirtschaftspoli-
tik, d.h. alle Güter (unabhängig von der Höhe der Kosten) selbst zu produzieren und somit nicht von
der Weltwirtschaft abhängig zu sein, zur Bevorzugung der Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie.
Die Konsumgütererzeugung hingegen blieb vernachlässigt und trug zu einer mangelhaften Grundver-
sorgung der Bevölkerung bei. Das autarke Streben der DDR gegenüber den westlichen Staaten kam
auch in den zunehmenden Exporten in RGW-Staaten (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe) sowie
der Vermeidung von Westimporten zum Ausdruck. Hierdurch nahm die Zahl der Arbeitnehmer in fast
allen Industriebereichen bis zur Wende zu.
49
Die Industrieproduktion war zuletzt fast ausschließlich im Staatseigentum in Kombinaten organisiert.
Diese Kombinate waren ein Zusammenschluss mehrerer volkseigener Betriebe einer Branche, die
aufgrund horizontaler und vertikaler Verflechtungen in Produktion, Forschung und Entwicklung sowie
Absatz eine hohe Fertigungstiefe vorwiesen. Zudem gehörten den Kombinaten oft soziale Einrichtun-
gen, wie bspw. Kindertageseinrichtungen, Ferienheime, Betriebskantinen, an. In den 80er Jahren
mussten die Kombinate sogar 5 % ihrer Gesamtproduktion für die Konsumgütererzeugung aufwen-
den, wodurch die Produktivität zunehmend absank.
50
Private Unternehmen (z.B. Handwerksbetriebe,
Gaststätten, Einzelhandel) hingegen wurden gemäß Verfassung nur geduldet, wenn sie auf ,,überwie-
gend persönlicher Arbeit beruhten".
51
47
vgl. LIEBMANN, 2004, S. 59
48
FISCHER, 1994, S. 4
49
vgl. ebd., 1994, S. 19
50
vgl. ebd., 1994, S. 18 f.
51
ebd., 1994, S. 11
Die W ieder v er einigung ­ Aus lös er des Str ukt urw andels in den neuen Länder n

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836602013
DOI
10.3239/9783836602013
Dateigröße
6.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Wien – Architektur und Raumplanung, Department für Raumentwicklung, Infrastruktur und Umweltplanung
Erscheinungsdatum
2007 (März)
Note
1,0
Schlagworte
rostock schrumpfen stadtumbau trabantenstadt großtafelbau wohnungswirtschaft raumplanung städteplanung stadtbau wohnungsbau strukturwandel
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