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Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko

Unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen

©2006 Masterarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko haben eine Jahrhundert lange alte Tradition. Bereits Alexander von Humbolt berichtete über seine Mexikoreise von 1803/1804 und weckte damit das Interesse an Mexiko. Kaufleute, vornehmlich aus Hamburg, aber auch aus Bremen und Preußen, gehörten zu den ersten Deutschen, die nach den napoleonischen Kriegen und der Kontinentalsperre aus eigener Initiative oder als Vertreter etablierter Handelshäuser nach Mexiko gingen und Kontakte mit dem entstehenden lateinamerikanischen Staat knüpften.
Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten deutsche Auswanderer Mexiko als neue Heimat. Seit dem hat das Verhältnis beider Länder zueinander verschiedene Phasen durchlaufen. Der Handel und andere Geschäftsmöglichkeiten, wie beispielsweise Investitionen, waren und sind die wichtigsten Faktoren der deutsch-mexikanischen Beziehungen. Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind stärker als die politischen und historischen Beziehungen. Deutschland war 2005 der viertgrößte Handelspartner Mexikos. Gegenüber den USA ist der deutsche Anteil jedoch gering. In Mexiko sind außerdem über 950 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung ansässig.
Mexiko ist der laut der UNCTAD der drittwichtigste Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen unter den Entwicklungsländern.. Bei den deutschen Direktinvestitionen in Lateinamerika stellte Mexiko 2003 mit einem Anteil von 23% nach Brasilien den zweitgrößten Nettoempfänger deutscher Direktinvestitionen.
Auf die ebenfalls bedeutende Entwicklungszusammenarbeit und die kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern kann in dieser Arbeit nicht eingegangen werden, da sich die Untersuchung ausschließlich auf die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen fokussiert. Hiermit wird jedoch auf die intensiven Kontakte zwischen Deutschland und Mexiko in diesen Bereichen hingewiesen.
Problemstellung:
Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Fragestellung, welche Bedeutung Mexiko für Deutschland hat und wie sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern im Laufe der Zeit gestaltete. Schwerpunkt der Untersuchung sind ist die mexikanische Wirtschaftspolitik und die wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Die Arbeit setzt sich aus einem historischen und einem wirtschaftlichen Teil zusammen. Dabei soll dem Leser ein umfangreicher Überblick über die Wirtschaftsgeschichte Mexikos […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Rocio Torregrosa
Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
ISBN: 978-3-8366-0173-3
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
III
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis VII
Abbildungsverzeichnis IX
1.
Einleitung ... 1
1.1
Gegenstand und Gang der Untersuchung ... 1
1.2
Methodik... 3
1.3
Forschungsstand ... 4
2.
Die historischen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko bis 1945... 7
2.1
Die Geschichte Mexikos und die Anfänge der deutsch-mexikanischen
Beziehungen ... 7
2.1.1
Entdeckung und Kolonisation Mexikos ... 7
2.1.2
Die deutsche Emigration nach Lateinamerika im 19.Jahrhundert... 8
2.2
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko vom
19. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 ... 9
2.2.1
Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen
Deutschland und Mexiko... 9
2.2.2
Die Rivalität mit den USA im Umfeld des Ersten Weltkriegs ... 12
2.3
Mexiko und das Dritte Reich... 16
2.3.1
Die Stellung Lateinamerikas in der NS-Ideologie... 16
2.3.2
Die Haltung Mexikos gegenüber dem nationalsozialistischen
Deutschland ... 17
2.4
Resümee... 18
3.
Die Außenwirtschaftspolitik Mexikos seit 1950 unter Berücksichtigung
der deutsch-mexikanischen Beziehungen... 21
3.1
Von der Nachkriegszeit bis Ende der sechziger Jahre... 21
3.1.1 Importsubstitution
als
mexikanische
Wirtschaftsstrategie ... 21
3.1.2
Mexiko in der deutschen Außenpolitik der fünfziger und
sechziger Jahre... 26
3.1.3
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik und Mexiko ... 28
3.2
Die siebziger Jahre... 30
3.2.1
,,Mexikanisierung" und die ersten Krisenerscheinungen der
mexikanischen Wirtschaftsstrategie ... 30
3.2.2
Mexiko in der deutschen Außenpolitik der siebziger Jahre... 35

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
IV
3.2.3
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik und Mexiko ... 36
3.3
Die achtziger Jahre ... 38
3.3.1
Die Verschuldungskrise 1982 und der wirtschaftspolitische
Paradigmenwechsel ... 38
3.3.2
Mexiko in der deutschen Außenpolitik der achtziger Jahre ... 44
3.3.3
Die wirtschaftlichen Beziehungen der Bundesrepublik zu
Mexiko... 46
3.4
Von den neunziger Jahren bis in die Gegenwart ... 49
3.4.1 ,,Tequila-Krise",
NAFTA-Beitritt und ökonomische Erholung... 49
3.4.2
Mexiko in der deutschen Außenpolitik von den neunziger
Jahren bis in die Gegenwart ... 55
3.4.3
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland
und Mexiko... 56
3.5
Resümee... 59
4.
Mexiko als Investitionsstandort ... 63
4.1
Theorie der Direktinvestitionen ... 63
4.1.1 Begriffliche
Grundlagen... 63
4.1.2
Theoretische Erklärungsansätze für Direktinvestitionen... 65
4.1.3
Formen und Motive von Direktinvestitionen ... 74
4.2
Investitionsklima in Mexiko ... 75
4.2.1 Wirtschaftliche
Rahmenbedingungen... 76
4.2.2 Politische
Rahmenbedingungen ... 81
4.3
Deutsche Direktinvestitionen in Mexiko... 84
4.3.1
Struktur und Entwicklung der deutschen Direktinvestitionen in
Mexiko... 84
4.3.2
Bestimmungsgründe der deutschen Direktinvestitionen
nach dem OLI-Paradigma... 88
4.3.3 Resümee ... 92
5.
Zusammenfassung ... 95
Literaturverzeichnis
XI
Anhang
XXI

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
V
I. Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
BFAI
Bundesagentur für Außenwirtschaft
BIP
Bruttoinlandsprodukt
CDU
Christlich-demokratische
Union
DDR
Deutsche Demokratische Republik
DI Direct
Investment
DM
Deutsche
Mark
e erwartet
ECLAC
Comisión Económica para America Latina y el Caribe
EG
Europäische Gemeinschaft
EU
Europäische
Union
EZLN
Ejército Zapatista de Liberación Nacional
Euro
FDI
Foreign Direct Investment
FDP
Freie Demokratische Partei
GATT
General Trade Agreement on Tariffs and Trade
IWF
Internationaler
Währungsfond
Kfz
Kraftfahrzeug
KPD
Kommunistische Partei Deutschland
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
NAFTA
North American Free Trade Agreement
NATO
North Atlantic Treaty Organisation
NSDAP
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
PEMEX Petróleos
Mexicanos
SECOFI
Secretaría de Comercio y Fomento Industrial
UNCTAD
United Nations Conference on Trade and Development
UNO
United Nations Organization
USA
United States of America

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
VI
US$
US-Dollar
VR
Volksrepublik

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
VII
II. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einfluss von Unternehmens- ,Branchen- und Ländercharakteristika auf
OLI-Vorteile ...71
Tabelle 2: Einfluss von Vorteilsarten auf die Internationalisierungsform...72
Tabelle 3: Index of Economic Freedom Mexico 1998-2006 ...83
Tabelle 4: Weltbank ,,Doing Business" Ranking 2005 ...84
Tabelle 5: Die größten deutschen Investoren in Mexiko [Stand 2005]...86
Tabelle 6: Firmenspezifische, Standort- und Internationalisierungsvorteile
nach dem OLI-Paradigma ...89
Tabelle 7: Größte Investorländer in Mexiko 1999-2005 [in Mrd. US$]...92
Tabelle 8: Investitionsentscheidende Faktoren in Mexiko...98
Tabelle 9: Chancen und Risiken einer Direktinvestition in Mexiko...99

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
IX
III. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko 1950-1959 [in Mio. US$]...25
Abbildung 2: Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko 1960-1969 [in Mio. US$]...25
Abbildung 3: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 1950-1959 [in Mio. ]...29
Abbildung 4: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 1960-1969 [in Mio. ]...29
Abbildung 5: Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko 1970-1979 [in Mio. US$]...34
Abbildung 6: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 1970-1979 [in Mio. ]...37
Abbildung 7: Deutsche Direktinvestitionen in Mexiko 1976-1979 [in Mio. ] ...38
Abbildung 8: Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko 1980-1989 in [Mio. US$]...43
Abbildung 9: Externe Verschuldung Mexikos als Prozentsatz des BIP 1982-1990 ...44
Abbildung 10: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 1980 bis 1989 [in Mio. ] ...47
Abbildung 11: Deutsche Direktinvestitionen in Mexiko 1980-1989 [ in Mio. ] ...48
Abbildung 12:Ausländische Direktinvestitionen in Mexiko 1990-1999 [in Mio. US$] ...50
Abbildung 14: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 1990-1999 [in Mio. ]...56
Abbildung 15: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko 2000-2005e [in Mio. ]...57
Abbildung 16: Deutsche Direktinvestitionen in Mexiko 1990-1999 [in Mio. ] ...58
Abbildung 17: Entwicklung der ausländischen Direktinvestitionen in Mexiko
1950-2005 [in Mrd. US$]...60
Abbildung 18: Die Entwicklung des deutschen Außenhandels mit Mexiko
1950-2005 [in Mio. ]...61
Abbildung 19: Deutsche Direktinvestitionen 2000-2004 [in Mio. ]...61
Abbildung 20: Kostenunterschiede in Export, Lizenzvergabe und Direktinvestitionen ...74
Abbildung 21: Bruttoinlandsprodukt real in Mexiko 1997-2006e
[Veränderungen in %] ...77
Abbildung 22: Inflationsrate in Mexiko 2002-2006e [ in % ] ...79
Abbildung 23: Befürchtungen von Unternehmen im Bezug auf das Investitionsklima
[ in % ]...82
Abbildung 24: Entwicklung der deutschen Direktinvestitionen 1976-2004 [in Mio. ] ...85
Abbildung 25: Weltweite Direktinvestitionen in Mexiko 1994-2005 [in Mio. US$]...85
Abbildung 26: Standorte der deutschen Unternehmen in Mexiko 2005 [ in % ]...87
Abbildung 27: Deutsche Direktinvestitionen in Mexiko nach Sektoren 2005 [ in % ] ...87

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
1
1 Einleitung
1.1 Gegenstand und Gang der Untersuchung
Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
haben eine Jahrhundert lange alte Tradition. Bereits Alexander von Humbolt berichtete
über seine Mexikoreise von 1803/1804 und weckte damit das Interesse an Mexiko. Kauf-
leute, vornehmlich aus Hamburg, aber auch aus Bremen und Preußen, gehörten zu den
ersten Deutschen, die nach den napoleonischen Kriegen und der Kontinentalsperre aus
eigener Initiative oder als Vertreter etablierter Handelshäuser nach Mexiko gingen und
Kontakte mit dem entstehenden lateinamerikanischen Staat knüpften. Ende des 19. Jahr-
hunderts entdeckten deutsche Auswanderer Mexiko als neue Heimat. Seit dem hat das
Verhältnis beider Länder zueinander verschiedene Phasen durchlaufen.
Der Handel und andere Geschäftsmöglichkeiten, wie beispielsweise Investitionen, waren
und sind die wichtigsten Faktoren der deutsch-mexikanischen Beziehungen. Die wirt-
schaftlichen Verflechtungen sind stärker als die politischen und historischen Beziehungen.
Deutschland war 2005 der viertgrößte Handelspartner Mexikos. Gegenüber den USA ist
der deutsche Anteil jedoch gering. In Mexiko sind außerdem über 950 Unternehmen mit
deutscher Kapitalbeteiligung ansässig.
Mexiko ist der laut der UNCTAD der drittwichtigste Empfänger von ausländischen Direkt-
investitionen unter den Entwicklungsländern. Bei den deutschen Direktinvestitionen in
Lateinamerika stellte Mexiko 2003 mit einem Anteil von 23% nach Brasilien den zweit-
größten Nettoempfänger deutscher Direktinvestitionen.
1
Auf die ebenfalls bedeutende Entwicklungszusammenarbeit und die kulturellen und wis-
senschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern kann in dieser Arbeit nicht einge-
gangen werden, da sich die Untersuchung ausschließlich auf die wirtschaftlichen und poli-
tischen Beziehungen fokussiert. Hiermit wird jedoch auf die intensiven Kontakte zwischen
Deutschland und Mexiko in diesen Bereichen hingewiesen.
2
1
Peter Rösler. Ausländische Direktinvestitionen in Lateinamerika, in: Brennpunkt Lateinamerika. Politik-
Wirtschaft-Gesellschaft, Institut für Iberoamerikakunde Hamburg, Hamburg 2003, S.159.
2
vgl. hierzu Manfred Mols / Christoph Wagner (Hrsg.): Deutschland-Lateinamerika. Geschichte, Gegenwart
und Perspektiven, Vervuert, Frankfurt am Main 1994.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
2
Die vorliegende Masterarbeit widmet sich der Fragestellung, welche Bedeutung Mexiko
für Deutschland hat und wie sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern im Laufe der
Zeit gestaltete. Schwerpunkt der Untersuchung sind ist die mexikanische Wirtschaftspolitik
und die wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland seit dem Ende des Zweiten Welt-
kriegs.
Die Arbeit setzt sich aus einem historischen und einem wirtschaftlichen Teil zusammen.
Dabei soll dem Leser ein umfangreicher Überblick über die Wirtschaftsgeschichte Mexi-
kos und die Rolle Deutschlands seit der Nachkriegszeit geboten werden. Eine besondere
Stellung nehmen die deutschen Direktinvestitionen in Mexiko ein, die insbesondere im
letzten Teil der Arbeit betrachtet werden.
Die Mehrheit der vorhandenen Arbeiten und Dissertationen widmen sich einem bestimm-
ten, kürzeren Zeitraum oder einem konkreten Aspekt dieses Themas. Diese Arbeit ermög-
licht durch die Darstellung mehrerer Dekaden den qualitativen und quantitativen Vergleich
verschiedener Faktoren, wie zum Beispiel die Auswirkung von Freihandelsverträgen auf
die Intensität der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland, die
Rolle Mexikos in der deutschen Geschichte und die Entwicklung der politischen Kontakte.
Im Kapitel 2 werden zunächst die Geschichte Mexikos von der Entdeckung durch den spa-
nischen Konquistador Hernán Cortés bis zum Zweiten Weltkrieg und die Rolle Deutsch-
lands dargestellt. Dabei werden die ersten Kontakte zwischen beiden Bevölkerungen ge-
schildert und die wichtigsten Aspekte dieser Beziehung seit der Entdeckung und Koloni-
sierung Mexikos erläutert. Insbesondere ist die Position Mexikos in der deutschen politi-
schen Strategie Anfang des 20. Jahrhunderts von Bedeutung.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der mexikanischen Wirtschaftsgeschichte und ihrer wirt-
schaftlichen und politischen Beziehungen zu Deutschland. Dabei werden zum einen die
wirtschaftliche Entwicklung und die Wirtschaftspolitik des lateinamerikanischen Staates,
zum anderen die verschiedenen Phasen des deutsch-mexikanischen Verhältnisses darge-
stellt. Besondere Bedeutung kommt auch hier den wirtschaftlichen Beziehungen zu.
Kapitel 4 ist der wirtschaftliche Teil der Arbeit, der sich mit den deutschen Direktinvestiti-
onen in Mexiko beschäftigt. Nach einer begrifflichen Definition von Direktinvestitionen
werden einige der wesentlichen Theorien dazu vorgestellt. Anschließend folgt eine Unter-
suchung des Investitionsklimas in Mexiko und eine Darstellung der deutschen Direktinves-

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
3
titionen. Dabei ist insbesondere das eklektische Paradigma für die Erklärung von Bedeu-
tung, auf das ausführlicher eingegangen wird.
Im Kapitel 5 erfolgen die Ergebnisse der Darstellung. Dabei werden die wichtigsten As-
pekte der Untersuchung bewertet und eine persönliche Schlussfolgerung darüber getroffen,
die als Grundlage für weitere Untersuchungen herangezogen werden kann.
1.2 Methodik
Aufgrund unterschiedlicher Erfassungs- und Bewertungskriterien ist ein direkter Vergleich
der Zahlen der Deutschen Bundesbank mit denen der Banco de Mexiko ­die offizielle Di-
rektinvestitionserfassungsstelle- nur eingeschränkt möglich. Die von der Bundesbank er-
fassten Investitionsbestände unterliegen bei Tätigkeiten in anderen Kontinenten zum Teil
erheblichen Wechselkursschwankungen, das sie auf den Währungen der Tochtergesell-
schaften vor Ort basieren. Investitionen über Drittländer und ein Teil der Reinvestitionen
werden von der Bundesbank nicht erfasst. Die Bestandsstatistik erscheint jährlich als Bei-
lage zur Zahlungsbilanzstatistik der Bundesrepublik in der Sonderveröffentlichung "Kapi-
talverflechtung mit dem Ausland". Es handelt sich hierbei um die umfassendste Statistik zu
deutschen Direktinvestitionen im Ausland, die neben einer Aufschlüsselung nach Anlage-
ländern und Wirtschaftszweigen, auch Angaben zu Anzahl der Firmen, Beschäftigten und
Umsatz enthält. Die Daten der Deutschen Bundesbank basieren auf Bestandsmeldungen
von Firmen mit Sitz in Deutschland über ihr Vermögen im Ausland bzw. das ,,Vermögen
Gebietsansässiger in fremden Wirtschaftsgebieten", zu denen diese gesetzlich verpflichtet
sind. Meldepflichtig sind Unternehmen und Privatpersonen, soweit sie am Meldestichtag
mehr als 10% der Kapitalanteile oder Stimmrechte an einem Unternehmen im Ausland
direkt oder indirekt beispielsweise über eine Holding-Gesellschaft besitzen und das aus-
ländische Unternehmen eine Bilanzsumme von umgerechnet mehr als 3 Mio. aufweist,
oder ein Unternehmen Zweigniederlassungen im Ausland mit einem Bruttobetriebsvermö-
gen von mehr als 3 Mio. . im Ausland unterhält.
3
Statistisch verlässliche Zahlen über Be-
stände von deutschen Direktinvestitionen sind erst ab dem Jahr 1976 von Zuverlässigkeit.
Davor wurde eine andere Erfassungsmethode benutzt, die ein Vergleich der Zeitreihen
nicht erlaubt.
3
Deutsche Bundesbank (Hrsg.): Kapitalverflechtung mit dem Ausland. Statistische Sonderveröffentlichung
10, o.O. 2006, S. 65f.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
4
Die mexikanische Statistik verwendet wiederum andere Erfassungsmethoden als die Deut-
sche Bundesbank. Reinvestitionen werden im weitaus geringeren Umfang erfasst, interna-
tionale Firmenzusammenschlüsse bleiben in der offiziellen Statistik unberücksichtigt. So
wurden beispielsweise Neuinvestitionen von DaimlerChrysler in Mexiko als US-Investitio-
nen erfasst.
4
. 1994 wurde die mexikanische Statistikmethode geändert, weshalb Vergleiche
nur unter diesem Vorbehalt gezogen werden können.
5
Die neue Methode ­ gültig seit dem
Inkrafttreten der NAFTA und im Einklang mit dem OECD-Normen für Direktinvestitionen
- erfasst nur die Projekte, die tatsächlich im jeweils angegebenen Jahr realisiert werden.
Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Daten für Direktinvestitionen basieren auf den
Zahlen der Deutschen Bundesbank, die für die Darstellungen von DM in umgerechnet
wurden, und auf die Angaben der Banco de Mexiko. Beide Zeitreihen werden jedoch auf-
grund unterschiedlicher Erfassungsmethoden nicht miteinander verglichen. Lediglich Ab-
bildung 18 verwendet auch Zahlen für Deutschland der mexikanischen Statistik, da nur so
die deutschen Investitionen in einem Gesamtzusammenhang dargestellt werden können.
Dabei basieren die Daten der Secretaría de Economía auf der offiziellen Statistik der Ban-
co de México.
Aufgrund der Wahrung von Einheitlichkeit wird im Textteil der Arbeit durchgehend der
Begriff ,,Direktinvestition" ausgeschrieben, anstatt die in den Wirtschaftswissenschaften
übliche Abkürzung DI oder FDI zu verwenden.
1.3 Forschungsstand
Im Forschungsfeld der deutsch-mexikanischen Beziehungen nimmt die Zeit bis zur
Reichsgründung 1871 bislang nur eine nachgeordnete Rolle ein. Die Wissenschaft hat sich
insbesondere auf die Jahre zwischen 1870 und 1914 konzentriert, in denen Mexiko eine
wichtigere Rolle in der deutschen Weltpolitik spielte. Auch die Zeit zwischen 1933 und
1945 ist mittlerweile gut erforscht. Die Gründe hierfür könnten in den Gerüchten um deut-
4
Rössler 2003, S.163.
5
Vor 1994 wurden Direktinvestitionen von der mexikanischen Zentralbank folgendermaßen ausgerechnet:
zur jährlichen Summe an ausländischen Direktinvestitionen, die im Nationalregister erfasst wurden, wurden
die von der Nationalkommission für ausländische Direktinvestitionen erfassten Summen einfach hinzu ad-
diert. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass bereits viele der Investitionen schon im Vorjahr getätigt, aber
erst später registriert wurden. Manche Projekte wurden sogar genehmigt, später aber nie realisiert. In der
Statistik tauchte es trotzdem auf. In der Statistik werden die der mexikanischen Behörde gemeldeten Investi-
tionen und die von der Nationalkommission genehmigten Projekte kombiniert, d.h. die gleichzeitige Erfas-
sung von bereits getätigte Investitionen mit potentiellen, zu realisierenden Investitionen.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
5
sche Eroberungsansichten ­ unter dem Schlagwort ,,Fünfte Kolonne" - in Lateinamerika
liegen. Publikationen, die sich mit der jüngsten Phase mexikanischer Geschichte beschäfti-
gen, haben vorwiegend das Verhältnis zu den USA als Schwerpunkt. Die Forschung des
deutsch-mexikanischen Verhältnisses seit der Nachkriegszeit beschäftigt sich hauptsäch-
lich mit den ökonomischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die politischen Bezie-
hungen werden vorwiegend im Kontext der deutschen Lateinamerikapolitik dargestellt.
Der Investitionsstandort Mexiko ist generell gut erforscht. Forschungsbedarf besteht hier
bezüglich der Frage, welche Formen arbeitsrechtlicher, sozialer und ökologischer Regulie-
rung genau einen hemmenden oder fördernden Einfluss auf Direktinvestitionen in Mexiko
ausüben könnten.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
7
2 Die historischen Beziehungen zwischen Deutschland und
Mexiko bis 1945
2.1 Die Geschichte Mexikos und die Anfänge der deutsch-
mexikanischen Beziehungen
2.1.1 Entdeckung und Kolonisation Mexikos
Bis zur Ankunft der Spanier waren über viele Jahrhunderte hoch entwickelte Völkergrup-
pen in Mexiko zu Hause. Sie entwickelten eine Hochkultur der ,,Mutter Natur". Die be-
kanntesten Kulturen sind die Mayas und die Azteken.
6
Die Spanier erreichten Mexiko im Jahre 1519 und begannen mit dessen Eroberung, ange-
führt durch den Konquistador Hernán Cortés. Es dauerte fast zwei Jahre bis das aztekische
Reich unterworfen wurde. Die Spanier degradierten die Ureinwohner Mexikos zu einer
Gesellschaft zweiter Klasse. Die ehemalige Hauptstadt Tenochtitlan wurde völlig zerstört.
1530 errichteten die Spanier an der gleichen Stelle ihre Hauptstadt Mexiko Stadt. Die
rechtliche Organisation entsprach kastilischem Vorbild.
7
Von dort aus kontrollierte das
spanische Reich seine Kolonien in Zentralamerika und den Karibischen Inseln.
Die Indianer des Landes wurden den Konquistadoren in ,,encomienda"
8
übergeben. Mit
dieser Institution erhielt der Konquistador Anspruch auf Tributleistungen der spanischen
Krone in Form von Naturalabgaben und Arbeitsleistung. Als Gegenleistung war er ver-
pflichtet, die Indianer zu christianisieren und zu schützen sowie militärisch einsatzbereit zu
sein.
9
Diese an feudale Traditionen des Mittelalters anknüpfende Institution war zunächst eine
wirtschaftliche Absicherung der ersten Siedler, erwies sich aber bald als politischer Fehl-
griff, da der mit ihr verbundene Auftrag der Profitgier zum Opfer fiel. Hieraus entstand die
6
vgl. Friedrich Katz: Deutschland, Diaz und die mexikanische Revolution, Deutscher Verlag der Wissen-
schaft, Berlin 1964, S.21f.
7
Felix Becker: Die Entdeckung, Eroberung und Kolonisation Spanisch- Amerikas: Historische Last und
historische Leistung, in: Karl Kohut / Dietrich Briesemeister / Gustav Siebemann (Hrsg.): Deutsche in La-
teinamerika-Lateinamerika in Deutschland, Vervuert, Frankfurt am Main 1996. S.19.
8
Encomienda bezeichnete ursprünglich die Zwangszuteilung von Indios an die Siedler zur Arbeitsleistung
und zur seelsorglichen Betreuung.
9
ebd., S.19.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
8
Grundlage für die Schrift ,,Kurzgefasster Bericht von der Verwüstung der Westindischen
Länder"
10
, des spanischen Dominikaners Bartolomé de Las Casas (1474-1566), die den
Anstoß zur Verbreitung der ,,leyenda negra"
11
in ganz Europa gab.
Zu Beginn des Jahres 1810, nach einer Abschwächung des spanischen Engagements, ka-
men die Franzosen ins Land. Mit ihrer Ankunft begann der Unabhängigkeitskrieg unter
Anführung des Priesters Miguel Hidalgo, der erst im Jahre 1821 zur Ausrufung der Unab-
hängigkeit führte. Auf Veranlassung des französischen Kaisers Napoleon III., der in Mexi-
ko ein an Frankreich gekoppeltes Reich zu begründen suchte, wurde der österreichische
Erzherzog Maximilian von Habsburg am 1864 gegen den Widerstand des mexikanischen
Volkes zum Kaiser von Mexiko ausgerufen. 1867 wurde er entmachtet und hingerichtet.
2.1.2 Die deutsche Emigration nach Lateinamerika im 19. Jahrhundert
Von der gesamten deutschen transatlantischen Auswanderung des 19. Jahrhunderts hatten
nur 10% Lateinamerika zum Ziel.
12
Die Auswanderung begann 1816 und erfolgte in meh-
reren Etappen, ausgelöst durch die Hungersnot in Europa.
13
Davor war es aufgrund der
Struktur des kolonialen Handels und dessen Verzahnung mit der kolonialen Verwaltung
für Außenstehende außerordentlich schwer, in den Kolonien Fuß zu fassen. Obwohl es
selten deutsche Expeditionen gab, wurde der Kontinent im 18.Jahrhundert dennoch oft -
unter anderem von ehemaligen Soldaten und Matrosen, Bergbauspezialisten, Großgrund-
besitzer sowie Dienstboten der Angehörigen der Kolonialmacht- bereist. Der prominentes-
te unter den deutschen Reisenden dürfte der Forscher Alexander von Humbolt gewesen
sein. Die Mehrheit der deutschen Auswanderer ­hauptsächlich Kaufleute- ließ sich in Bra-
silien, Argentinien und Chile nieder. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der lateiname-
rikanischen Länder ab Mitte des 19. Jahrhunderts
14
nahm die Emigration in die Städte zu:
Es emigrierten vermehrt Handwerker und Gewerbetreibende.
Die zahlenmäßige Erfassung der Emigrationsentwicklung gestaltete sich aufgrund man-
gelnder statistischer Erhebungen als äußerst schwierig. Erste offizielle Angaben der latein-
amerikanischen Länder sind erst ab dem Zeitpunkt Ende des 19. Jahrhunderts von hinrei-
10
"Brevísima relación de la destrucción de las Indias occidentales" von 1552.
11
Die "Schwarze Legende" prangerte das grausame Vorgehen der Spanier in ihren Kolonien an, vgl. Christi-
ane Diehl: Die historischen Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika, in: Mols / Wagner 1994,
S.17f.
12
ebd., S.25.
13
vgl. hierzu Walther L. Bernecker / Thomas Fischer: Deutsche in Lateinamerika, in: Klaus J. Bade (Hrsg.):
Deutsche im Ausland- Fremde in Deutschland, Beck, München 1992, S.197-214.
14
In Mexiko setzte im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts die Industrialisierung ein.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
9
chender Zuverlässigkeit, so wanderten Schätzungen zufolge ,,zwischen 1820 und 1920
227.000 Deutsche nach Lateinamerika ­hauptsächlich nach Brasilien- aus".
15
Bei einer
geschätzten Gesamteinwanderung nach Lateinamerika zwischen 1820 und 1920 von circa
sechs bis sieben Millionen Menschen erscheint die deutsche Auswanderung als unbedeu-
tend. Dem gegenüber steht das große wirtschaftliche, soziale und politische Gewicht der
deutschsprachigen Immigration.
In Mittelamerika waren die deutschen Einwanderer, die sich dort niederließen, hauptsäch-
lich Kaufleute, Plantagenbesitzer und hochqualifizierte Techniker. Es handelte sich um
wenige Tausend, die dort auch zur herrschenden Klasse gehörten. Sie assimilierten sich
kaum und zeigten häufig eine große Verachtung gegenüber ihren neuen Heimatländer.
16
2.2 Die Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko vom
19. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918
2.2.1 Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
Die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Lateinamerika haben eine Jahrhundert
lange Tradition. Bereits im 18. Jahrhundert hatten hanseatische Kaufleute ­ teils als
Schmuggel, teils in legaler Form- Handel mit den spanischen Kolonien in Amerika betrie-
ben.
Anfangs konnten sich die Deutschen dank ihrer beherrschenden Position im internationalen
Handel und in der Hochfinanz und dank ihres Einflusses am kastilischen und portugiesi-
schen Hof den Zugang zum Handel mit den amerikanischen Kolonien sichern. Mit der zu-
nehmenden Bedeutung des Welthandels im Atlantik nutzte insbesondere die Stadt Ham-
burg die Chance, in den Lateinamerikahandel einzudringen. Diese Kontakte verstärkten
sich mit der Unabhängigkeit der Kolonien, da diese auf neue Handelspartner angewiesen
waren. Sie hatten insbesondere Bedarf an Kriegsmaterial, um die Kämpfe weiterzuführen,
und suchten Abnehmer für ihre meist tropischen Produkte.
15
In den historischen Quellen ist die Definition von ,,Deutschen" nicht eindeutig, so wurde meist ,,deutsch-
sprachig" mit ,,Deutsch" gleichgesetzt. Dadurch wurden schweizerische und österreichische Einwanderer zu
den ,,Deutschen" mitgezählt, was eine gewisse Verzerrung der Daten impliziert, vgl. hierzu Béatrice Ziegler:
Auf der Suche nach Brot und Freiheit: Die Auswanderung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, in:
Kohut / Briesemeister / Siebenmann 1996, S.53.
16
vgl. Walther L. Bernecker: Industrie und Außenhandel. Zur politischen Ökonomie Mexikos im 19. Jahr-
hundert, Breitenbach, Saarbrücken 1987, S.104.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
10
Eine Schwäche der Verfassung des Deutschen Bundes, der das Erbe des zerfallenen Heili-
gen Römischen Reiches Deutscher Nation übernahm, war das Fehlen einer einheitlichen
Außenpolitik. Jeder Bundesstaat war auf sich selbst angewiesen. 1827 schlossen Öster-
reich, Preußen und die Hansestädte Lübeck, Hamburg und Bremen Verträge mit Brasilien
ab. Dies stellte die Handelsbeziehungen mit Lateinamerika auf eine neue Basis. Die konsu-
larischen Vertretungen konnten im Schutz dieser diplomatischen Vereinbarungen ausge-
baut werden. Allerdings blieben anschließend weitere Vertragsabschlüsse aus. Mit dem
unabhängig gewordenen Mexiko schlossen die Hansestädte als erste einen vollständigen
Freundschafts- und Handelsvertrag ab, der allerdings von Mexiko nicht ratifiziert wurde.
17
Zudem brach 1830 die mexikanische Föderation auseinander. Erst im November 1841
konnten die Ratifikationsurkunden in London ausgetauscht werden.
18
Die Rheinisch-Westindische Kompanie zeigte als erste Interesse am Handel mit Mexiko.
Doch es waren einige Hamburger Schiffe, die zwischen 1830 und 1850 alljährlich nach
Vera Cruz segelten, dem wichtigsten mexikanischen Hafen. Dabei kombinierten sie die
Fahrt mit anderen Stationen in der Karibik, z.B. mit Havanna, wo Zucker und Kaffee gela-
den wurden.
In Mexiko lag der Großhandel in den 1850er Jahren zwar zu zwei Drittel in deutschen
Händen, die deutschen Händler vertrieben jedoch in erster Linie englische und französi-
sche Waren. Im Jahr 1857 nahmen sechzehn Hamburger Schiffe Kurs auf die mexikani-
sche Küste, bei der Rückfahrt transportierten sie hauptsächlich Mahagoni und Farbholz.
Der deutsche Imperialismus konnte im Handel mit Lateinamerika auf zwei wichtige Fakto-
ren zurückgreifen:
-
die Tätigkeit hanseatischer Kaufleute
-
die deutsche Einwanderung.
19
,
weshalb das erste Eindringen deutschen Kapitals nach Mexiko durch den Handel erfolgte.
So schrieb der deutsche Ministerresident Waecker-Gotter 1885: ,,Fast der ganze Großhan-
del, der zumeist in der Stadt Mexiko konzentriert ist, liegt in deutschen Händen".
20
Die
Stellung deutscher Kaufleute wurde durch das Eindringen deutscher Banken in Mexiko
verstärkt. In einem wirtschaftlich so zurückgebliebenen Land konnte die Verleihung relativ
geringen Kapitals ­angesichts des großen Kapitalmangels- einen hohen Gewinn einbringen
17
Kohut / Briesemeister / Siebenmann 1996, S.360.
18
ebd., S.361.
19
Katz 1964, S.88.
20
ebd., S.95.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
11
und den Bankhäusern einen politischen und wirtschaftlichen Einfluss sichern.
21
So war
1899 der größte Teil mexikanischer Schulden in deutschen Händen, was die Vorherrschaft
deutscher Finanzgruppen untermauerte.
Zu den wichtigsten Waren, die Deutschland nach Lateinamerika exportierte, gehörten Waf-
fen, Elektrowaren, Chemikalien, Maschinen, Kohle und Textilien. Der Import setzte sich
hauptsächlich aus Lebensmitteln (Weizen, Kaffee), Rohstoffen und Edelmetallen zusam-
men.
Im Hinblick auf das Wachstum des deutschen Außenhandels bis zur Gründung der Deut-
schen Reichs 1871, nahm Lateinamerika einen bescheidenen Platz ein. Deutschlands An-
teil am gesamten Welthandel lag zwischen 1800 und 1870 bei 10% und zum Teil. darunter.
Davon entfiel nur ein kleiner Prozentsatz auf den Handel mit Lateinamerika.
22
Im Jahr
1876 fand in Mexiko ein Staatsstreich durch den rechten Flügel der liberalen Partei statt.
Porfirio Díaz übte fortan von 1876 bis 1910 die Herrschaft in Mexiko aus. Es kam im Land
zu tief greifenden Veränderungen, die sich insbesondere auf die Wirtschaft auswirkten.
Grundlage des deutsch-mexikanischen Handels in der Diaz-Ära bildete der deutsch-
mexikanische Handels- und Schifffahrtsvertrag von 1882.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Exporte der deutschen Industrie nach
Mexiko eine große Zersplitterung aufwiesen. Es gab keinen dominanten Industriezweig,
der einen wirklich bedeutenden Anteil an den deutschen Exporten darstellte. Die Importe
aus Mexiko war nicht von strategischer Bedeutung im Vergleich zu anderen lateinamerika-
nischen Ländern. Diese Handelstruktur führte dazu, dass in der Gestaltung der Mexikopoli-
tik die Handelsinteressen für die deutsche Regierungen eine untergeordnete Rolle spielten.
Die Auslandsinvestitionen, die zuvor nur rudimentär eine Rolle gespielt hatten, stiegen im
Zeitraum vom 1876 bis 1910 sprunghaft an. Im Jahre 1900 betrugen sie die Summe von
1.162.226.674 Pesos, 1911 hatte sich diese Summe verdreifacht, wobei 38,6% davon ame-
rikanisches, 29,2 französisches und 2-5% deutsches Kapital waren.
23
Es drang vermehrt
amerikanisches Kapital in den mexikanischen Markt ein. Eine ähnliche Tendenz zeigte
21
Insbesondere zu beachten sind hier die von der Deutschen Bank 1886 gegründete Deutsche Überseebank
und die von der Dresdner Bank 1906 gegründete Deutsch-Südamerikanische Bank, in: Brígida von Mentz /
Ricardo Pérez Montfort / Verena Radkau u.a.: Los empresarios alemanes, el Tercer Reich y la oposición de
derecha a Cárdenas, Bd. 1, Universidad Nacional Autónoma de México, Mexiko Stadt 1988, S.23.
22
Kohut / Briesemeister / Siebenmann 1996, S.366.
23
Cosío Villegas: Historia moderna de México, Bd.6: Historia económica del Porfiriato. Professor Rosen-
zweig Hernández vom Colegium de México stellte liebenswürdigerweise dem Verfasser diesen Band, der
bisher nur im Manuskript vorliegt, zur Einsicht zur Verfügung, zit. nach Katz 1964, S.35.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
12
sich im Handel. Von 1870 bis 1901 stieg der amerikanische Anteil an den mexikanischen
Importen von 9 auf 54,1%, 1900/01 betrug er bei den mexikanischen Exporten 78,9%.
24
.
Zu dieser wirtschaftlichen Dominanz der USA kam der politische Einfluss hinzu. Mexiko
wurde das erste ­und bis zum Jahre 1898 das einzige- lateinamerikanische Land, bei dem
die ,,Monroe-Doktrin" in die Praxis umgesetzt wurde.
25
1845 wurde Texas von den USA
annektiert, nachdem sie im Jahr 1836 ihre Unabhängigkeit von Mexiko erklärt hatte. Der
darauf folgende Krieg endete mit einer verheerenden Niederlage Mexikos, das fast die
Hälfte seines Territoriums an die USA verlor.
Die Vorherrschaft US-amerikanischer Investitionen und Außenhandels konnte nicht mehr
rückgängig gemacht werden. Zunächst gab es bei näherer Betrachtung trotz der steigenden
deutsch-amerikanischen Rivalität geringe Reibungsflächen zwischen deutschen und ameri-
kanischen Unternehmern. Die Mehrheit der deutschen Investitionen in Mexiko lag im Be-
reich der Export- und Importgeschäfte sowie der Staatsanleihen, worin das amerikanische
Interesse geringfügig war. Zudem verbanden gemeinsame Interessen die Wirtschaftspolitik
beider Länder. Auf dem amerikanischen Interessensgebiet ­ der Rohstoffproduktion- war
die deutsche Beteiligung sehr gering. Da die britischen Investitionen eine ähnliche Struktur
wie die amerikanischen aufzeigten, kam es auch mit Großbritannien zu keinen größeren
Spannungen. Der Hauptkonkurrent deutscher Unternehmen waren die Franzosen, weil sie
sich auf die gleichen Bereichen konzentrierten wie die Deutschen.
Dennoch entwickelte sich im Laufe der Zeit die USA zum größten politischen und wirt-
schaftlichen Konkurrenten Deutschlands. Das Eindringen deutschen Kapitals in das mexi-
kanische Eisenbahnwesen führte zu den ersten Konflikten mit amerikanischen Unterneh-
men.
26
2.2.2 Die Rivalität mit den USA im Umfeld des Ersten Weltkriegs
Mexiko stellte bis 1914 das wichtigste Expansionsobjekt der USA dar. Fast 40% der ame-
rikanischen Investitionen waren in Mexiko angelegt.
27
Andererseits hatte auch Deutschland
ein erhöhtes Interesse an Mexiko, denn dort sah man die Möglichkeit, gemeinsam mit an-
24
O.V.:Estadísticas económicas del Porfiriato: Comercio exterior de México 1876-1910, México 1960,
S.543.
25
Die Monroe- Doktrin besagte, dass der amerikanische Kontinent nicht länger Ziel künftiger Expansionsbe-
strebungen der europäischen Mächte betrachtet werden dürfte und dass die USA jeden Versuch Europas, ihre
Macht in diesem Kontinent auszudehnen, als eine Gefährdung für ihren Frieden und ihre Sicherheit betrach-
ten würden.
26
vgl hierzu Katz 1964, S.111.
27
ebd., S.490.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
13
deren europäischen Ländern gegen die USA vorzugehen. Die amerikanische Rivalität um
Ölquellen - insbesondere mit Grobritannien - machte ein solches Vorgehen durchaus
denkbar. Dies wurde auch durch das Streben aller mexikanischen Regierungen bis 1914
verstärkt, die in Europa Unterstützung gegen die Dominanz der USA suchten.
Dennoch kann man die deutsche Mexikopolitik bis 1914 als sehr schwankend bezeichnen,
besonders seit der mexikanischen Revolution von 1910. Die Politik wurde den aktuellen
Gegebenheiten und Rahmenbedingungen angepasst. Zu dieser Zeit zeichnete sich ab, dass
es kein gemeinsames Vorgehen Deutschlands und der USA in der Weltpolitik geben wür-
de. Deutschland hoffte dennoch, durch die anwachsende japanisch-amerikanische Rivali-
tät, die sich seit 1906 verstärkt hatte, in Mexiko Fuß zu fassen. Von 1911-1913 wurde einer
sehr zwiespältige Mexiko-Politik verfolgt: Einerseits zeigte Deutschland sich mit der Au-
ßenpolitik des Machtinhabers Francisco Madero zufrieden
28
und war gegen eine amerika-
nische Intervention in Mexiko. Andererseits propagierte man die Notwendigkeit einer sol-
chen Intervention in amerikanischen Medien, um eine antijapanische Stimmung zu fördern.
Ein japanisch-amerikanischer Krieg hätte zwei Rivalen des deutschen Imperialismus neut-
ralisiert. Um weitere Spannungen zwischen diesen beiden Mächten zu fördern wurde in
Berlin das Gerücht zerstreut, es gäbe einen geheimen japanisch-mexikanischen Vertrag,
welches auch von der deutschen Presse propagiert wurde. Dadurch erhoffte sich Deutsch-
land, die Ereignisse in Mexiko auszunutzen und die amerikanisch-japanische Rivalität zu-
gunsten ihrer eigenen Expansionsbestrebungen zu schüren.
Die Widersprüche der deutschen Haltung wurden in den Aktionen der deutschen Regie-
rung deutlich, die auf der einen Seite den Sieg Maderos begrüßte, auf der anderen Seite an
dessen Sturz beteiligt war. Ab 1913, mit Beginn der Diktatur von Victoriano Huerta, wurde
von Deutschland die Durchbrechung der ,,Monroe-Doktrin" verstärkt angestrebt. Die deut-
sche Politik der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Mexikos scheiterte, nicht
zuletzt weil zum einen die amerikanischen Interessen in Mexiko, zum anderen die Auswir-
kungen der mexikanischen Revolution von der deutschen Regierung unterschätzt wurden.
Der amerikanische Präsident Wilson formulierte einen unbeschränkten amerikanischen
Führungsanspruch in der Mexikopolitik und lehnte jegliche Gemeinschaftsaktion mit den
Europäern ab.
29
28
Madero versuchte sich an Deutschland anzulehnen und gewährte den deutschen Banken und Waffenliefe-
rungen erhebliche Vorzüge.
29
Thomas Baecker: Die deutsche Mexikopolitik 1913/1914, Colloquium Verlag, Berlin 1971, S.147.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
14
In der folgenden Periode, die bis zum Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 an-
dauerte, wurde eine deutsche Mexikopolitik mit dem Ziel verfolgt, die amerikanische Poli-
tik zu beeinflussen und die USA an den amerikanischen Kontinent zu binden. Die Einmi-
schung Deutschlands in die inneren Angelegenheiten Mexikos war im Zeitraum 1914-1917
am intensivsten, zum Beispiel:
-
Verschwörung mit Huerta
-
Sabotage in einem kriegsneutralen Land
30
-
Versuch einer Verschwörung mit dem mexikanischen Revolutionär Pancho Villa, um
eine amerikanische Intervention zu provozieren
-
mehrere kleine Grenzputsche
-
Militärkomplotte gegen Venustiano Carranza.
Deutschland versuchte mit allen Mitteln, Mexiko in einen Krieg gegen die USA zu stürzen.
So scheuten die Deutschen auch nicht davor zurück, in aller Selbstüberschätzung, Carranza
für einen Angriff gegen die USA als Preis drei amerikanische Provinzen anzubieten.
Besonders bezeichnend für die zwiespältige Mexikopolitik Deutschland ist das so genannte
,,Zimmermann-Telegramm" von 1917. Ziel dieser Depesche war es, Carranza in einen
Krieg mit den USA zu verwickeln.
Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg ließ die Wahrscheinlichkeit eines Kriegseintritts der
USA an der Seite der Entente steigen. Um die USA daran zu hindern, unternahmen Staats-
sekretär Zimmermann und der frühere Mexiko-Referent im Auswärtigen Amt, von Kem-
nitz einen weiteren Versuch, einen Krieg zwischen Mexiko und den USA zu entfesseln.
Um Carranza zu einem Angriff zu überzeugen, bot Deutschland die Rückeroberung Texas,
New Mexico und Arizona mit ihrer Unterstützung an. Gleichzeitig wollte man Japan mit
einbeziehen, da man sich sicher war, Japan würde nun einen amerikanisch-mexikanischen
Krieg ausnutzen, um amerikanische Positionen im Fernen Osten zu schwächen.
31
Die deut-
sche Regierung strebte ein Dreierbündnis mit Japan und Mexiko an, allerdings würde man
nach Aussage von Kemnitzs ein solches Bündnis nur unterzeichen, wenn Japan auch wirk-
30
Mexiko erklärte zu Beginn des Ersten Weltkriegs seine Neutralität.
31
Japan hatte den Ersten Weltkrieg ausgenutzt, um in China wichtige Positionen zu erobern und dadurch in
den USA starken Unmut hervorgerufen.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
15
lich dazu bereit gewesen wäre.
32
Dieser Vorbehalt sollte der mexikanischen Regierung
aber geheim bleiben.
Nach Zimmermanns und von Kemnitzs Plan sollte Mexiko im Vertrauen auf das deutsche
Bündnisangebot die USA angreifen, und falls die Einbeziehung Japans bis dahin nicht ge-
lungen wäre, so würde man Mexiko ihrem Schicksal überlassen.
Am 15.Januar 1917 stand das ,,Zimmermann-Telegramm" mit dem verhängnisvollen An-
gebot an Mexiko bereit im Auswärtigen Amt.
33
Sie wurde als chiffrierte Nachricht mittels
des amerikanischen Botschafters in Berlin zu dem deutschen Vertreter Bernstorff in den
USA befördert. Am 18.Januar wurde das Telegramm an Bernstorff übergeben und nach
Mexiko weitergeleitet. Was die deutsche Diplomatie aber nicht wusste: Der britische Ge-
heimdienst besaß die deutschen Chiffren. So erfuhren sowohl Großbritannien als auch die
USA von den deutschen Absichten.
Dem amerikanischen Präsidenten Wilson kam die Angelegenheit sehr gelegen, denn er
plante vor dem Kongress neue Maßnahmen gegen den deutschen uneingeschränkten
U-Boot-Krieg zu verlangen. Es gab nun Diskussionen über die Authentizität der Depesche,
die aber mit der Bestätigung der Echtheit durch Zimmermann selbst beendet wurden.
34
Die mexikanische Regierung reagierte zögerlich auf das deutsche Angebot. Carranza war
nicht bereit, aufgrund der deutschen Unterstützung bei einer potentiellen Eroberung ameri-
kanischer Gebiete, einen Krieg mit den USA zu beginnen. Dennoch wollte er ein gutes
Verhältnis zu Deutschland wahren, für den Fall eines möglichen amerikanischen Angriffs
auf mexikanische Ölfelder. Er lehnte das Bündnisangebot nicht sofort ab, sondern debat-
tierte mit dem deutschen Gesandten mögliche Hilfeleistungen, die Deutschland im Kriegs-
falle Mexiko anbieten könnte.
Japan zeigte sich für das deutsche Bündnisangebot kein Verständnis und deutete an, in
keinem Fall für ein solches Vorgehen zur Verfügung zu stehen.
Zimmermann versuchte, die Wirkung der Depesche zu bagatellisieren. Er versuchte, die
Schuld für die Bekanntgabe auf Bernstorff abzuwälzen und unternahm alles, damit ein
Bündnis doch noch zustande kam.
35
Dies gelang ihm jedoch nicht.
32
Katz 1964, S.358.
33
Für den genauen Wortlaut des Zimmermann-Telegramms vgl. Anhang V.I. S.105f.
34
Barbara W. Tuchman: The Zimmermann Telegramm, Ballantine Books, 2.Aufl., London 1959, S.183.
35
ebd. S.187.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
16
Bis Ende 1917 war die deutsche Mexikopolitik dem Ziel untergeordnet, die USA durch
eine bewaffnete Auseinandersetzung an den amerikanischen Kontinent zu binden. 1918
trat diese Strategie in den Hintergrund. Nach dem erfolgslosen U-Boot-Krieg und Bünd-
nisangebot hoffte Deutschland nun, aus Mexiko eine Art deutsches Protektorat zu machen,
wobei bei ihrer Planung weiterhin die USA und die Dynamik der mexikanischen Revoluti-
on unterschätzt wurden. Das Projekt brach aufgrund der deutschen Niederlage im Ersten
Weltkrieg zusammen.
2.3 Mexiko und das Dritte Reich
2.3.1 Die Stellung Lateinamerikas in der NS-Ideologie
Mittel- und Südamerika bildeten in der nationalsozialistischen Außenpolitik einen Neben-
schauplatz. Das einzige außenpolitische Interesse an Lateinamerika war die Rolle als Roh-
stofflieferant und Abnehmer deutscher Produkte
36
. Basis dafür sollte das neue Außenhan-
delsprogramm ,,Neuer Plan" werden. Abgesehen von diesen handelspolitischen Beziehun-
gen gab es in der Außenpolitik des Dritten Reichs nie eine deutliche Linie in der Latein-
amerikapolitik. Selbst die deutsche Diplomatie vor Ort war sich nicht sicher, welche au-
ßenpolitische Rolle die Länder nun spielen sollten, woran sich auch nach Kriegsausbruch
1939 nichts änderte.
37
Dieses Desinteresse des nationalsozialistischen Deutschlands an Lateinamerika ist auf den
geringen Stellenwert Mittel- und Südamerikas in Hitlers außenpolitischem ,,Programm"
zurückzuführen. Adolf Hitler interessierte sich kaum für Lateinamerika. In seinem ,,Pro-
gramm" tauchte Lateinamerika nicht auf. Und wenn er sich doch dafür interessierte, dann
nur für die Rolle als Rohstofflieferant, wie er sich einmal äußerte: ,,Dieses Mexiko ist ein
Land, das nach einem tüchtigen Wirt schreit. Es verkommt unter seinem Herrn. Deutsch-
land könnte groß und reich sein mit den Bodenschätzen...Mit ein paar hundert Millionen
36
Die deutschen Exporte nach Mexiko verdoppelten sich beinahe zwischen 1935 und 1937 von 34 auf 65,7
Mio. Reichsmark, in: von Mentz / Pérez Montfort / Radkau u.a. 1988, S. 170.
37
vgl. hierzu Reiner Pommerin: Das Dritte Reich und Lateinamerika. Die deutsche Politik gegenüber Süd-
und Mittelamerika 1939-1942, Droste, Düsseldorf 1977, S. 44f.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
17
könnte man dieses ganze Mexiko haben. Warum soll man nicht mit Mexiko ein Bündnis
machen, eine Währungsfreundschaft, eine Zollgemeinschaft?"
38
Dieser Bereich der Außenpolitik wurde ­entgegen der üblichen Praxis Hitlers- vollständig
in die Hände des Auswärtigen Amts übertragen. Dort wurde sie auf Ebene der Abteilungs-
leiter und Referenten geführt- ohne Hitlers Eingriffe.
39
Einzige Kompetenzüberschneidun-
gen ­ein wichtiges Merkmal nationalsozialistischer Außenpolitik- gab es nur mit der Aus-
landorganisation der NSDAP.
Hitler erwartete zwar mit den USA einen Kampf um die Weltherrschaft, dieser Kampf je-
doch würde ­davon war er überzeugt- nicht mehr zu seinen Lebzeiten geschehen. Dies
sollte eine Aufgabe für die nächste Generation werden. Welche Rolle dabei Lateinamerika
spielen sollte, ließ Hitler offen. Eine stärkere Einbindung und Einmischung Deutschlands
in innenpolitische Angelegenheiten Lateinamerikas ist denkbar.
40
2.3.2 Die Haltung Mexikos gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland
Mexiko protestierte als einziger Staat- neben der Sowjetunion- gegen die Annexion Öster-
reichs 1938. Sie unterstützten zudem das republikanische Spanien. Die deutsche Politik
reagierte darauf verhalten, da sie den Außenhandel mit Mexiko nicht gefährden wollte. Mit
Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die politischen Beziehungen zwischen Deutsch-
land und Mexiko zwar beeinträchtigt, Mexiko bewahrte jedoch zunächst eine neutrale Hal-
tung zum europäischen Konflikt, nicht zuletzt weil Deutschland einer der wichtigsten Han-
delspartner war.
Durch das massive Auftreten der nationalsozialistischen Partei, insbesondere der Aus-
landsorganisationen in Lateinamerika empfand die lateinamerikanische Öffentlichkeit ihre
Präsenz als bedrohlich. Die Vorstellung einer militärischen Bedrohung in Gestalt der
,,Fünften Kolonne" war weit verbreitet, wenn auch ­wie man heute weiß- auf unberechtig-
ter Weise.
41
Auch die USA fühlten sich durch die Handelserfolge der Deutsche in Mittel-
und Südamerika bedroht, da sie um ihre ökonomische Position in Lateinamerika fürchteten
38
Manfred Kossok: Sonderauftrag Südamerika. Zur deutschen Politik gegenüber Lateinamerika 1938 bis
1942, in: Walter Markov (Hrsg.): Lateinamerika zwischen Emanzipation und Imperialismus 1810-1960,
Akademie-Verlag, Berlin 1961, S.235.
39
Pommerin 1977, S.340f.
40
Zu dem "Programm" Hitlers vgl. Andreas Hillgruber: England in Hitlers außenpolitischer Konzeption, in:
Historische Zeitschrift 218, Oldenbourg, München 1974, S. 65-84.
41
vgl. Pommerin 1977, S. 341.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
18
und nicht bereit waren, handelspolitische Einbrüche in ihr ,,open door empire" hinzuneh-
men.
42
Von Kriegsausbruch 1939 bis 1941 waren die Wirtschafsbeziehungen zwischen Deutsch-
land und Lateinamerika zwar erschwert, es wurden aber weiterhin gute diplomatische Be-
ziehungen gepflegt. Mexiko bewahrte weiterhin seine Neutralität, um die Außenhandelspo-
litik mit Deutschland nicht zu gefährden, zumal von mexikanischer Seite aufgrund der mi-
litärischen Erfolge Hitlers eine künftige Dominanz Deutschlands im europäischen Konti-
nent erwartet wurde. Durch die britische Seeblockade und den Kriegseintritt der USA 1941
kamen die Handelsbeziehungen jedoch komplett zum Erliegen. Unmittelbar danach, 1942,
erklärte Mexiko Deutschland den Krieg. Das gesamte deutsche Vermögen wurde konfis-
ziert, was in den Nachkriegsjahren zu langwierigen Verhandlungen mit der Bundesrepu-
blik führte.
Während der Kriegsjahre gelangten - insbesondere durch die von humanitären Motiven
bestimmte Aufnahmepolitik des Landes- viele Deutsche als Flüchtlinge nach Mexiko. Die
wichtigsten politischen Zentren der geflohenen Deutschen waren Mexiko Stadt im Mexiko
und Buenos Aires in Argentinien.
43
2.4 Resümee
Als Konquistadoren und Landknechte, aber auch als Kaufleute, Handwerker und Bergleute
gelangten im 16. Jahrhundert viele Deutsche nach Lateinamerika. Die meisten kehrten je-
doch nach einiger Zeit wieder nach Europa zurück.
Bis in die 1870er Jahre gestalteten sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Mexi-
ko primär nach den Handels- und Schifffahrtsinteressen der Hansestädte Hamburg und
Bremen sowie nach den Exportbedürfnissen der preußischen Industrie. Seit der Gründung
des Deutschen Reiches 1871 wurde der merkantile Verkehr zusätzlich mit Kapitalunter-
stützung verknüpft. Dadurch traten in den mexikanischen Hafenstädten nicht nur Kaufleute
in Erscheinung, sondern auch zunehmend Reeder, Bankiers und Unternehmer, die nun an
den Außenhandelsbeziehungen beteiligt waren. Lateinamerika wurde zwischen 1890 und
1914 zu einem volkswirtschaftlich bedeutenden Abnehmer deutscher Produkte. Das be-
42
ebd., S.332.
43
Anne Saint Sauveur-Henn: Lateinamerika als Zuflucht: 1933 bis 1945, in: Kohut / Briesemeister / Sieben-
mann 1996, S.72ff.

Die historischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko
unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Direktinvestitionen
19
sondere Interesse Deutschlands an Lateinamerika musste im Zeitalter des Imperialismus
unvermeidlich zur Konfrontation mit den USA führen, die Lateinamerika als Expansions-
feld nordamerikanischer Interessen betrachteten. Die Monroe-Doktrin und wirtschaftliche
Expansion waren die Leitmotive Washingtoner Lateinamerikapolitik.
Zwischen 1871 und 1914 veränderten sich die politischen Beziehungen Deutschlands zu
Mexiko mehrmals. Nach und nach wurde die wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen
Großmächten von einer machtpolitischen Rivalität überlagert. Während sich Großbritan-
nien mit den Herrschaftsansprüchen der USA zunehmend abfand, war das deutsche Kaiser-
reich nicht bereit, die Monroe-Doktrin zu akzeptieren. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs
kam es immer wieder zu Konfrontationen zwischen beiden Großmächten. Kooperationsan-
gebote wie das ,,Zimmermann-Telegramm" zeigten den doppelseitigen Charakter deut-
scher Mexikopolitik und die Unvereinbarkeit der deutschen und amerikanischen Zielvor-
stellungen in Mexiko.
Während des Zweiten Weltkriegs spielte Mexiko aufgrund seiner liberalen Asylpolitik eine
wichtige Rolle bei der Aufnahme von Emigranten. In Mexiko Stadt ­ wo sich zahlreiche
politisch motivierte Emigranten niedergelassen hatten - bildete sich 1942 eine der wich-
tigsten deutschen politischen Gruppierungen in Lateinamerika. Unter Leitung der KPD
wurde die antifaschistische Organisation Freies Deutschland gegründet.
44
In der NS-Außenpolitik spielte Mexiko eine untergeordnete Rolle. Lateinamerika bildete
lediglich einen Nebenschauplatz und kam nur als Rohstofflieferant und Absatzmarkt für
deutsche Produkte in Frage. Eine einheitliche Zielsetzung in Bezug auf Lateinamerika gab
es in der Außenpolitik des Dritten Reiches nicht.
44
vgl. ebd., S. 75f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2006
ISBN (eBook)
9783836601733
DOI
10.3239/9783836601733
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dresden – Zentrum für Internationale Studien, Studiengang Internationale Beziehungen
Erscheinungsdatum
2007 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
deutschland wirtschaftsbeziehungen direktinvestition mexiko wirtschaftspolitik außenhandel investitionsklima handel
Produktsicherheit
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