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Theorie und Ausgestaltung des Bankenaufsichtsrechts

©2006 Diplomarbeit 87 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Wirtschaftsordnung in Deutschland basiert auf dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. Die Koordination über Märkte führt dabei zu effizienten gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen und einem qualitativ hochwertigen Angebot an Gütern und Dienstleistungen. In einem solchen System sind staatliche Eingriffe in den Markt auf das notwendigste Maß zu beschränken und stets begründungsbedürftig, allerdings nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie sind dann geboten, wenn zum einen die Marktkräfte nur zu einer unzureichenden Lösung gelangen und zudem der Staat in der Lage ist, durch zentrale Allokation von Ressourcen ein vorteilhafteres Ergebnis herbeizuführen. Hierzu wiederum muss stets kritisch zwischen den Chancen und Gefahren jeder staatlichen Einmischung in die Wirtschaftstätigkeit abgewogen werden.
Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch für den Bankensektor. Das Zusammenspiel von Renditeinteressen der Kreditinstitute und dem unter den Instituten herrschenden Wettbewerb sollte im Grunde dazu führen, dass neue, an den Kundenbedürfnissen orientierte, Produkte und Vertriebswege geschaffen werden.
Die Banken sollten somit auch ohne branchenspezifische Regulierung ihren Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Effizienz leisten. Gleichwohl unterliegt die Bankenbranche derlei umfangreichen und intensiven staatlichen Eingriffen wie kaum ein anderer Sektor. Neben dem Eingriff des Staates in das Marktgeschehen durch eigene Unternehmen wird das Grundprinzip der Gewerbefreiheit bei Aufnahme von Bankgeschäften ebenso reglementiert wie die laufende Geschäftstätigkeit, selbst für das Ausscheiden aus dem Markt existieren bankspezifische Besonderheiten. Die Handlungsfreiheit von Banken wird somit vom Anfang bis zum Ende nahezu lückenlos durch Regulierungsnormen eingeschränkt.
Das Vorhandensein dieser Regulierungsdichte bedeutet jedoch nicht, dass ein Konsens diesbezüglich besteht - im Gegenteil: Die Begründungsansätze für die Notwendigkeit einer Regulierung sind ebenso umstritten wie die Darlegungen für das optimale Ausmaß und die sinnvollsten Instrumente sowie die Fragestellung, ob eine branchenspezifische Regulierung des Bankensektors überhaupt gerechtfertigt erscheint.
Problemstellung:
Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch nicht zu allen strittigen Punkten Stellung genommen werden. Kern dieser Arbeit wird somit die Problemstellung sein, ob sich die Bankenaufsicht aus theoretischer Sicht anhand der Theorie der Regulierung grundsätzlich […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Konstantin Kourkoulis
Theorie und Ausgestaltung des Bankenaufsichtsrechts
ISBN: 978-3-8366-0171-9
Druck Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

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K
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Zusammenfassung
· Im Rahmen dieser Arbeit wird die ,,Theorie der Regulierung" auf den
Bankenmarkt übertragen. Voraussetzung für einen staatlichen Eingriff
stellt nach diesem Ansatz ein Marktversagen dar.
· Auch Bankenmärkte können grundsätzlich versagen. Als mögliche Markt-
versagenstatbestände kommen Marktmacht, Informationsasymmetrien,
externe Effekte sowie Anpassungsmängel in Betracht.
· Eine Regulierung ist stets begründungsbedürftig. Zum einen stellt sie nicht
immer ein sinnvolles Mittel gegen Marktversagen dar, zum anderen verur-
sacht sie direkte und indirekte Kosten. Diese Kosten müssen stets mit
dem zu erwartenden Nutzen eines staatlichen Eingriffs abgewogen wer-
den. Die Kosten für Regulierung nehmen in Deutschland tendenziell zu.
· Hinreichende empirische Daten sind weder für den zu erwartenden
Nutzen noch für die zu erwartenden Kosten einer Regulierung verfügbar.
Eine Regulierung enthält daher stets subjektive und wertende Elemente.
· Als Alternative zur Regulierungstheorie werden die traditionellen Ansätze
vorgestellt. Diese orientieren sich am Gläubiger- sowie am Funktions-
schutz. Gläubiger- und Funktionsschutz stellen zwei Seiten derselben Me-
daille dar.
· Zwischen den traditionellen Ansätzen und der Theorie der Regulierung
bestehen weitgehende Interdependenzen. Daraus ergibt sich, dass nicht
hinreichend erkennbar ist, an welche Theorie das deutsche Bankenauf-
sichtsrecht anknüpft.
· In der neueren Gesetzgebung setzen die Gedanken der Regulierungsthe-
orie sich zunehmend durch, was nicht zwingend einen Widerspruch zu
den traditionellen Ansätzen bedeuten muss.

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I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis... I
Abbildungsverzeichnis ... III
Tabellenverzeichnis ...V
Abkürzungsverzeichnis ...VII
Symbolverzeichnis ...XI
A. Einleitender Teil... 1
B. Die Theorie der Regulierung als Begründung einer
Bankenaufsicht... 3
I. Der Markt als Koordinationsmechanismus ... 5
1. Das Modell der vollständigen Konkurrenz... 6
2. Beurteilungskriterien für ökonomische Effizienz ... 8
3. Zur Existenz von Finanzintermediären... 9
II. Marktversagen im Bankensektor ... 10
1. Marktmacht ... 11
2. Informationsasymmetrien... 16
3. Externe Effekte ... 22
4. Anpassungsmängel ... 25
III. Regulierungskosten und Staatsversagen ... 28
1. Direkte Kosten ... 29
2. Indirekte Kosten... 30
IV. Zusammenfassung und kritische Würdigung... 31
C. Das Aufsichtsrecht im Spiegel der Regulierungstheorie... 33
I. Methodische Überlegungen zur Überprüfung des Einflusses
des theoretischen Ansatzes auf das deutsche
Bankenaufsichtsrecht... 36
II. Analyse anhand ausgewählter Beispiele für erklärbares und
unerklärbares Bankenaufsichtsrecht unter Berücksichtigung
aktueller Entwicklungen ... 38
1. Zur Ausgestaltung des Einlagensicherungssystems... 38
2. Bankenstruktur und Effizienz ... 44

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II
3. Vom Grundsatz I zu Basel II ... 52
III. Zur Erklärungskraft allgemeiner und spezieller
Regulierungstheorie ... 58
D. Schlussbetrachtung... 60
Anhang...XIII
Literaturverzeichnis ... XVII

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III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gang der Untersuchung ... 2
Abbildung 2: Systematik der Informationsmängel ... 17
Abbildung 3: Verzerrte Reihenfolge des Marktaustritts bei
irreversiblen Kosten und einem Nachfragerückgang ... 26
Abbildung 4: Die Stellung des Bankenaufsichtsrechts im Rahmen
der Gläubigerschutzvorschriften ... 34
Abbildung 5: Überblick über die zur Rechtfertigung von
Gläubigerschutz und Funktionsschutz im Hinblick auf
eine Sonderstellung der Kreditinstitute angeführten
Argumente ... 35
Abbildung 6: Wirkung des Moral Hazard Problems bei
vollständiger Einlagenversicherung oder
Institutssicherung ... 38
Abbildung 7: Erwarteter Ertrag und Risiko einer Bank bei Existenz
einer Einlagenversicherung... 40
Abbildung 8: Auszug aus den Sicherungseinrichtungen der
deutschen Kreditwirtschaft ... 42
Abbildung 9: Anteil der öffentlich-rechtlichen Banken im
internationalen Vergleich... 45
Abbildung 10: Effizienzverluste durch staatliche Banken ... 47
Abbildung 11: Das 3-Säulen-System des Neuen Baseler
Konsultationspapiers ... 54
Abbildung 12: Einleger, Aufsicht und Banken im Rahmen eines
zweistufigen Prinzipal-Agenten-Verhältnisses...XIII
Abbildung 13: Wirkungsweise der Bankenrun-Mechanik ...XIII

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V
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Moralisches Risiko in Abhängigkeit von der
Ausgestaltung einer Einlagenversicherung ... 41
Tabelle 2: Die größten Banken Deutschlands und weltweit im
Jahre 2003 ... 50
Tabelle 3: Marktanteile der fünf größten Banken im internationalen
Vergleich unter Berücksichtigung einer hypothetischen
Zusammenfassung der staatlichen und
genossenschaftlichen Institute in Deutschland... 50
Tabelle 4: Grundzüge der Kreditrisikomessung in Abhängigkeit
von den regulatorischen Verfahren ... 55
Tabelle 5: Vergleich ausgewählter Zins-Konditionen für
Privatkunden im Januar 2006... XIV
Tabelle 6: Verhältnis Fremd- zu Eigenmitteln der Banken im
Vergleich zu anderen Branchen ... XIV
Tabelle 7: Passiva im deutschen Bankensektor in % der
Bilanzsumme... XV

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VII
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
a.M.
am Main
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
allg.
allgemein
Aufl.
Auflage
B Belgien
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BB
Der Betriebsberater (Zeitschrift)
Bd.
Band
BdB
Bundesverband Deutscher Banken
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BIS
Bank for International Settlements (Bank für internationa-
len Zahlungsausgleich)
bspw. beispielsweise
BVR
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffei-
senbanken
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CH
Schweiz
D Deutschland
d.h.
das heißt
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
Diss.
Dissertation
E Spanien
EAD
Exposure at default
EAG
Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
ebda. ebenda
ed.
edition
EK
Eigenkapital
erg.
ergänzt
erw.
erweitert
et. al.
et alii
etc.
et cetera
EU
Europäische
Union
F Frankreich
f. folgende
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. ferner
folgende

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VIII
FK
Fremdkapital
GB
Großbritannien
gem.
gemäß
ggf.
gegebenenfalls
GS I
Grundsatz I
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg. Herausgeber
i.A.
im
Allgemeinen
i.d.R.
in der Regel
i.e.S.
im engeren Sinne
i.V.m.
in Verbindung mit
i.w.S.
im weiteren Sinne
inkl.
inklusive
insb.
insbesondere
IRB
Internal-Rating based
Jg.
Jahrgang
JMCB
Journal of Money, Credit and Banking (Zeitschrift)
KWG Kreditwesengesetz
LGD
Loss given default
M Maturity
MaK
Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft
mind. mindestens
Mio.
Million
n.F.
neue Fassung
NENLE niedrigster
erwarteter
Nettoliquidationserlös
neubearb.
neubearbeitet
NL
Niederlande
No.
Number
Nr.
Nummer
o.g.
oben genannt
o.O.
ohne Ort
o.V.
ohne Verfasser
p.a.
per annum
rel.
relativ
S. Seite
sog.
sogenannt
u.a.
unter anderem
u.U.
unter Umständen

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IX
überarb.
überarbeitet
USA
vereinigte Staaten von Amerika
usw.
und so weiter
v. vom
v.a.
vor allem
VaR
Value at Risk
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
Vs.
Voraussetzung
wg.
wegen
z.B.
zum Beispiel
ZfB
Zeitschrift für Betriebswirtschaft
z.T.
zum Teil
ZfbF
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
ZfgK
Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen
Ziff.
Ziffer

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XI
Symbolverzeichnis
C(x)
Kostenfunktion
0
gegenwärtige
Marktgängigkeitsprämie für Titel dieser Güte
E
t
erwartete Einzahlungen am Ende der Periode t aus dem
Finanztitel
0
gegenwärtige Risikoprämie für Titel dieser Güte
i
0
gegenwärtiger
risikofreier
Zinssatz für Titel dieser Art
n
Anzahl der Kredite
N Nachfrage
P Preis
P
0
Barwert des Titels
P* Gleichgewichtspreis
r
p
Rendite für das Kreditportefeuille
Risikoniveau
2
Varianz
2
max
Varianz des riskantesten Einzelkredites
* volkswirtschaftlich optimales Risikoniveau
U
A
Nutzen- und Gewinnfunktion des Marktteilnehmers A
V
t
Auszahlungen für Verwahr- und Verwaltungskosten des
Finanztitels in der Periode t
X Menge
X* Gleichgewichtsmenge
X
i
A
Aktionsparameter des Marktteilnehmers A
X
i
Outputvektoren
Y
von Fremdakteur kontrollierte Variable

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1
A. Einleitender Teil
Die Wirtschaftsordnung in Deutschland basiert auf dem Prinzip der sozia-
len Marktwirtschaft. Die Koordination über Märkte führt dabei zu effizien-
ten gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen und einem qualitativ hochwertigen
Angebot an Gütern und Dienstleistungen. In einem solchen System sind
staatliche Eingriffe in den Markt auf das notwendigste Maß zu beschrän-
ken und stets begründungsbedürftig, allerdings nicht grundsätzlich ausge-
schlossen. Sie sind dann geboten, wenn zum einen die Marktkräfte nur zu
einer unzureichenden Lösung gelangen und zudem der Staat in der Lage
ist, durch zentrale Allokation von Ressourcen ein vorteilhafteres Ergebnis
herbeizuführen. Hierzu wiederum muss stets kritisch zwischen den Chan-
cen und Gefahren jeder staatlichen Einmischung in die Wirtschaftstätigkeit
abgewogen werden.
1
Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch für den Bankensektor. Das
Zusammenspiel von Renditeinteressen der Kreditinstitute und dem unter
den Instituten herrschenden Wettbewerb sollte im Grunde dazu führen,
dass neue, an den Kundenbedürfnissen orientierte, Produkte und Ver-
triebswege geschaffen werden. Die Banken
2
sollten somit auch ohne
branchenspezifische Regulierung ihren Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen
Effizienz leisten. Gleichwohl unterliegt die Bankenbranche derlei umfang-
reichen und intensiven staatlichen Eingriffen
3
wie kaum ein anderer Sek-
tor. Neben dem Eingriff des Staates in das Marktgeschehen durch eigene
Unternehmen
4
wird das Grundprinzip der Gewerbefreiheit bei Aufnahme
1
B
UNDESVERBAND
D
EUTSCHER
B
ANKEN
, o.V., Banken 2004, Berlin 2004, S. 32.
2
Die Begriffe Bank (wirtschaftlicher Begriff), Kreditinstitut und Institut (rechtliche Begriffe)
werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet und bezeichnen gem. § 1 KWG
alle Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben, wenn der Umfang dieser Geschäfte
einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
3
Auf die Geschichte der Bankenaufsicht und der Änderungen ihrer Ausgestaltung im
Zeitablauf wird ausführlich eingegangen in B. B
EHAM
, Bankenaufsicht, in: Knapp´s Enzy-
klopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens, Bd. 1, 4., neubearb. Aufl.,
Frankfurt a.M. 1999, S. 154-158.
4
Dazu sei verwiesen auf O
STDEUTSCHER
B
ANKENVERBAND
, o.V., Wettbewerb im Banken-
markt, Berlin 2004, S. 1. http://www.ostbv.de/pdf/Infoport/infoport_2004_03.pdf
Abruf: 05.01.2006 um 21:10 Uhr.
Zu der Frage nach der Zulässigkeit unternehmerischen Handelns der öffentlichen Hand
siehe zudem H. M
EYER ZU
S
ELHAUSEN
, Öffentlich-rechtliche Banken, in: Knapp´s Enzy-
klopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens, Bd. 2, 4., neubearb. Aufl.,
Frankfurt a.M. 1999, S. 1363 f. Auf den Anteil und die Auswirkungen staatlicher Banken

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von Bankgeschäften ebenso reglementiert wie die laufende Geschäftstä-
tigkeit, selbst für das Ausscheiden aus dem Markt existieren bankspezifi-
sche Besonderheiten. Die Handlungsfreiheit von Banken wird somit vom
Anfang bis zum Ende nahezu lückenlos durch Regulierungsnormen ein-
geschränkt.
1
Das Vorhandensein dieser Regulierungsdichte bedeutet je-
doch nicht, dass ein Konsens diesbezüglich besteht ­ im Gegenteil: Die
Begründungsansätze für die Notwendigkeit einer Regulierung sind ebenso
umstritten wie die Darlegungen für das optimale Ausmaß und die sinn-
vollsten Instrumente sowie die Fragestellung, ob eine branchenspezifische
Regulierung des Bankensektors überhaupt gerechtfertigt erscheint.
2
Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch nicht zu allen strittigen Punkten Stel-
lung genommen werden. Der grundsätzliche Aufbau sei anhand der Fra-
gen der folgenden Abbildung veranschaulicht:
Abbildung 1: Gang der Untersuchung
auf die gesamtwirtschaftliche Effizienz wird im Laufe dieser Arbeit noch detailliert einge-
gangen.
1
H.
B
ÜSCHGEN UND
C.J.
B
ÖRNER
, Bankbetriebslehre, 4., erw. Aufl., Stuttgart 2003, S. 301,
B
UNDESVERBAND
D
EUTSCHER
B
ANKEN
, a.a.O., S. 32 f. sowie T.
H
ARTMANN
-W
ENDELS
,
A. P
FINGSTEN UND
M.
W
EBER
, Bankbetriebslehre, 3., überarb. Aufl., Berlin 2004, S. 361.
2
M.
D
EWATRIPONT UND
J.
T
IROLE
, The Prudential Regulation of Banks, 2
nd
ed., Cambridge
1999, S. 29 sowie T. T
HEURL
, Ökonomische Theorie der Bankenregulierung, Aachen
2001, S. 10.
LÄSST SICH DIE THEORIE DER REGULIERUNG AUF DEN
BANKENSEKTOR ÜBERTRAGEN?
AGIEREN BANKEN AUF EINEM MARKT, DER DURCH
MARKTVERSAGEN GEKENNZEICHNET IST?
WELCHE ALTERNATIVEN RECHTFERTIGUNGSANSÄTZE KÖNNEN ALS
BEGRÜNDUNG EINER BANKENREGULIERUNG DIENEN?
KNÜPFT DAS DEUTSCHE BANKENAUFSICHTSRECHT AN DIE
THEORIE DER REGULIERUNG AN ?

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3
Kern dieser Arbeit wird somit die Problemstellung sein, ob sich die Ban-
kenaufsicht aus theoretischer Sicht anhand der Theorie der Regulierung
grundsätzlich herleiten lässt und inwiefern dieser Ansatz einen Einfluss
auf die Ausgestaltung des deutschen Bankenaufsichtsrechts
1
gehabt hat.
Zunächst werden dabei im zweiten Kapitel die Grundzüge der Theorie der
Regulierung aufgezeigt, wobei aufbauend auf eine kurze Darstellung des
Marktmechanismus insbesondere der Kern der Argumentation dieser Re-
gulierungstheorie ­ das Vorhandensein eines Marktversagens
2
­ umfas-
send für den Bankensektor untersucht wird. Anschließend erfolgt eine
Darstellung der mit einer Regulierung stets einher gehenden Kosten, um
den Erfolg regulatorischer Maßnahmen hinreichend beurteilen zu können.
Das Kapitel wird mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnis-
se sowie einer kritischen Würdigung beendet.
Einen weiteren Kern dieser Arbeit stellt das dritte Kapitel dar. Nachdem
hierbei zunächst die Grundzüge des ,,traditionellen" Ansatzes als Alternati-
ve zur Theorie der Bankenregulierung abgebildet werden, folgen Beispie-
le, anhand derer untersucht werden soll, inwieweit eine dieser beiden the-
oretischen Grundlagen die Ausgestaltung des deutschen Bankenauf-
sichtsrechts maßgeblich geprägt hat. Abgeschlossen wird diese Arbeit mit
einer Schlussbetrachtung.
B. Die Theorie der Regulierung als Begründung
einer Bankenaufsicht
Regulierung bezeichnet die Verhaltensbeeinflussung von Unternehmen
durch ordnungsspezifische, meist marktspezifische, Maßnahmen.
3
Sie
bedeutet für den Regulierten stets eine Einschränkung des Optionenrau-
mes, wodurch Verfügungsrechte verdünnt werden. Sofern dadurch gesell-
schaftlich wünschenswerte Transaktionen nicht zustande kommen, fallen
1
Der Begriff des Bankenaufsichtsrechts ist ebenso wie der Begriff des Bankrechts nicht
durch Gesetz, Rechtsprechung oder Kodifikation eindeutig bestimmt oder abgegrenzt,
sondern hat sich vielmehr aus der Praxis ergeben. Im Rahmen dieser Arbeit sei das Ban-
kenaufsichtsrecht definiert als Kreis der Normen, die sich auf die Aufsicht der Banken
und den für sie typischen Geschäftsbereich beziehen. Zur Abgrenzung des Begriffes sei
verwiesen auf C. H
UBER
, Bankrecht, Baden-Baden 2001, S. 1.
2
Eine Definition des Begriffes Marktversagen folgt im nächsten Abschnittspunkt.
3
Zur Definition des Begriffes Regulierung siehe W
IRTSCHAFTSLEXIKON
, o.V., Regulierung,
in: Gabler Wirtschaftslexikon, Bd. 7, 14. Aufl., Wiesbaden 1997, S. 3232 f.

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Opportunitätskosten in Form von Wohlfahrtsverlusten an. In einer Wirt-
schaftsordnung, die auf der Grundidee des freien Spiels der Marktkräfte
beruht, bedarf eine staatliche Regulierung daher grundsätzlich einer Be-
gründung.
1
Mit dieser Problematik beschäftigt sich traditionell die Regulierungstheorie.
Sie befasst sich mit den Sektoren der Volkswirtschaft, in die der Staat pla-
nend und steuernd interveniert oder sogar die Produktion anhand öffentli-
cher Unternehmen selbst übernimmt. Weiterhin befasst sie sich mit der
Erforschung von staatlichen Eingriffen. Davon betroffen sind alle Güter
und Dienstleistungen, deren Güte durch staatliche Normen reguliert wird.
Gegenstand dieser Theorie sind zudem die Betrachtung der Rahmenbe-
dingungen von Wettbewerbsprozessen ­ dabei insb. der Wettbewerbsge-
setzgebung ­ sowie die Frage nach alternativen Regulierungsinstitutionen
bzw. der optimalen Kombination von Regulierungsinstitutionen. Kern der
Regulierungstheorie ist somit die Betrachtung und Beurteilung rechtlicher
Regelungen, wobei das Beurteilungskriterium die Vermeidung einer Ver-
schwendung von Ressourcen bzw. die Erhöhung der Effizienz ist. Wenn
die Analyse sich dabei auf jene Einschränkungen in die Gewerbe- und
Vertragsfreiheit konzentriert, die über das für alle Sektoren geltende Maß
hinaus gehen, dann spricht man von der Theorie der Regulierung im en-
geren Sinne.
2
In der Theorie der Regulierung unterscheidet man zudem
die positive von der normativen Regulierungstheorie. Die positive Theorie
der Regulierung hat zum Ziel, Auswirkungen von Regulierungsmaßnah-
men und Gründe, weshalb diese ergriffen und überhaupt von Unterneh-
men und Konsumenten nachgefragt werden, zu erklären. Die normative
Theorie der Regulierung geht ­ obwohl eine strikte Abgrenzung zu der
positiven Theorie nicht möglich ist ­ einen Schritt weiter. Sie befasst sich
insb. mit der Frage, ob überhaupt und ggf. wie in einem solchen Fall eine
Regulierung gestaltet werden sollte. Dazu gehört insb. auch die Betrach-
tung von Rechtfertigungsgründen für staatliche Eingriffe.
3
Im Rahmen die-
ser Arbeit ist die normative Theorie der Regulierung im engeren Sinne Ba-
1
T. T
HEURL
, a.a.O., S. 12 sowie T.
H
ARTMANN
-W
ENDELS
,
A.
P
FINGSTEN UND
M.
W
EBER
,
a.a.O., S. 376.
2
J. B
ORRMANN UND
J.
F
INSINGER
, Markt und Regulierung, München 1999, S. 8 f. sowie H.-
B.
S
CHÄFER UND
C.
O
TT
, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl.,
Berlin 2005, S. 1.
3
J. B
ORRMANN UND
J.
F
INSINGER
, a.a.O., S. 9.

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5
sis der Untersuchung. Zentrale Rechtfertigung einer Regulierung stellt
nach diesem Ansatz die Existenz eines Marktversagens dar. Das Versa-
gen eines Marktes bedeutet, dass dieser seine Funktionen nicht hinrei-
chend erfüllen kann und somit der Marktprozess zu einem wohlfahrtsöko-
nomisch nicht erwünschten Ergebnis führt. In einem solchen Fall wird ein
staatliches Eingreifen in den Marktprozess als gerechtfertigt angesehen.
1
Der Abschnitt B.II
wird sich mit der Problematik
des Marktversagens
noch
detaillierter befassen. Zunächst sei nun vorab die zentrale Rolle des Mark-
tes vorgestellt, um dann darauf aufbauend eventuelle Marktversagenstat-
bestände aufzuzeigen.
I. Der Markt als Koordinationsmechanismus
Grundsätzlich versteht man unter einem Markt sämtliche dezentral geplan-
ten Austauschprozesse, die aus dem Zusammentreffen von Angebot und
Nachfrage entstehen. Eigennützig agierende Akteure nutzen dabei vor-
handene Freiheitsspielräume, um durch Spezialisierung und das Eingehen
von Austauschbeziehungen ihre Ziele zu erreichen. Durch dieses Verhal-
ten tragen die Marktteilnehmer dazu bei, die gesamtwirtschaftliche Wohl-
fahrt zu erhöhen. Wesentlich hierbei ist der dynamische Charakter des
Marktprozesses, der ein wettbewerbliches Umfeld ermöglicht und stets
Leistungsanreize setzt.
2
Getauscht werden jedoch nicht die Güter und Dienstleistungen an sich,
sondern die damit verbundenen Handlungs- bzw. Verfügungsrechte
3
. Das
Ausmaß dieser Tauschbeziehungen (und somit der Grad an Arbeitstei-
lung) wird durch Transaktionskosten
4
und somit durch die Kosten der In-
1
H.-P.
B
URGHOF UND
B.
R
UDOLPH
, Bankenaufsicht, Wiesbaden 1996, S. 29. Zum Begriff
Marktversagen vgl. exemplarisch R. C
OOTER
und T. U
LEN
, Law and Economics, 3
rd
ed.,
New York 2000, S. 71-113 sowie A.G. A
ULIBAUER
,
Marktversagen, in: Knapp´s Enzyklo-
pädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens, Bd. 2, 4., neubearb. Aufl.,
Frankfurt a.M. 1999, S. 1303.
2
Zur Definition des Begriffs Markt siehe im Detail M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
,
Marktversagen und Wirtschaftspolitik, 5., überarb. und erg. Aufl., München 2003, S. 6 f.
3
Die sog. Property Rights.
4
Der Begriff der Transaktionskosten sei dabei als Kosten wirtschaftlicher Transaktionen
definiert, die sich in Form von Reibungsverlusten bzw. Betriebskosten des ökonomischen
Systems äußern. Transaktionskosten lassen sich in ex-ante-Transaktionskosten (Anbah-
nungs- und Vereinbarungskosten) sowie ex-post-Transaktionskosten (Abwicklungs-, Kon-
troll- und Anpassungskosten) unterteilen. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass zuneh-
mende Transaktionskosten dazu führen, dass auf den Bezug einer Dienstleistung ver-

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anspruchnahme des Marktes beeinflusst. Diese wiederum werden maß-
geblich durch den rechtlichen Rahmen vorgegeben.
1
Ein funktionsfähiger Markt ist dabei durch die Eigenschaft gekennzeichnet,
bestimmte Aufgaben effizient zu erfüllen und dabei individuelle Freiheits-
spielräume zu gewährleisten.
2
1. Das Modell der vollständigen Konkurrenz
Im Modell der vollständigen Konkurrenz, dem Standardmodell der ökono-
mische Theorie, funktioniert dieses Zusammenspiel der einzelnen Markt-
teilnehmer perfekt: Das Ziel einer individuellen Gewinn- bzw. Nutzenma-
ximierung aller Marktakteure führt parallel auch zu einem Zustand, in dem
die Verschwendung gleich Null ist, somit eine gesamtgesellschaftliche Al-
lokationseffizienz erreicht wird. Für eine staatliche Regulierung ist im Mo-
dell der vollständigen Konkurrenz daher kein Platz, da das Marktgesche-
hen auch ohne staatliche Eingriffe einen hohen Grad an Bedürfnisbefrie-
digung gewährleistet.
3
Das Modell ist jedoch von einer Reihe extremer, in der Realität nicht ge-
gebener, Annahmen gekennzeichnet und reduziert dadurch die existie-
rende Vielfalt auf wenige Parameter.
4
So ist aus diesen Annahmen bspw.
ersichtlich, dass von Anpassungsprozessen weitgehend abstrahiert wird,
zichtet wird. Zum Begriff der Transaktionskosten und dem Forschungsgebiet der Trans-
aktionskostenökonomik vgl. u.a. H. B
ONUS
und A. M
ASELLI
, Transaktionskostenökonomik,
in: Gabler Wirtschaftslexikon, Bd. 9, 14. Aufl., Wiesbaden 1997, S. 3804-3807.
1
M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 10 f.
2
So verteilt er Markteinkommen entsprechend der Marktleistung, erstellt und verteilt Güter-
und Dienstleistungsangebote gemäß der Konsumentenpräferenzen, lenkt die Produkti-
onsfaktoren in ihre jeweils produktivste Verwendungsmöglichkeit, passt die Produktion an
sich änderbare Rahmenbedingungen an und fördert den technischen Fortschritt bei Pro-
dukten und Produktionsmethoden. Auf die Marktfunktionen wird im Detail eingegangen in
M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 15.
3
H.-B.
S
CHÄFER UND
C.
O
TT
, a.a.O., S. 5.
4
Die Annahmen beinhalten eine gegebene Ressourcenausstattung, eine konstante Pro-
duktionstechnik und Produktpalette, gegebene und konstante Präferenzen, formale Frei-
heit der Wahl zwischen Alternativen (Produktions- und Investitionsfreiheit, Freiheit der
Wahl des Berufs und des Konsums), Homogenität der Güter, eine atomistische Markt-
struktur, vollständige Markttransparenz, unbegrenzte Mobilität sämtlicher Produktionsfak-
toren und Güter (insb. freier Marktzutritt und Marktaustritt), unbegrenzte Teilbarkeit sämt-
licher Produktionsfaktoren und Güter, unendliche Reaktionsgeschwindigkeit sowie Abwe-
senheit technologischer externer Effekte. Für vertiefende Ausführungen zu den Annah-
men sei verwiesen auf J. S
CHUMANN
, Grundzüge der mikroökonomischen Theorie, 6.,
überarb. und erw. Aufl., Berlin 1992, S. 211-213 sowie M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 28.

T
HEORIE UND
A
USGESTALTUNG DES
B
ANKENAUFSICHTSRECHTS
K
ONSTANTIN
K
OURKOULIS
7
wogegen Marktprozesse i.A. dynamischer Natur sind. Es ist daher fraglich,
ob ein solcher Ansatz als Referenzsystem zur Beurteilung von Marktpro-
zessen geeignet ist. Dagegen sprechen Einwände wie bspw. der ,,Nirwa-
na-Vorwurf"
1
, die ,,Problematik des Zweitbesten"
2
sowie der eben ange-
deutete ,,statische Charakter"
3
des Ansatzes.
Es wird sichtbar, dass Märkte nicht vollkommen sind und ggf. auch gar
nicht vollkommen sein sollen. Somit sind die Voraussetzungen, die ein
solch perfektes Marktergebnis zur Folge haben, nicht gegeben. Diese Tat-
sache allein bedeutet jedoch nicht automatisch, dass eine Regulierung
erforderlich ist, denn nicht nur die Märkte, auch die Regulierungsinstanzen
können versagen, der Staat kann somit im Rahmen seiner wirtschaftspoli-
tischen Mittel ebenso wie der Markt zu unzureichenden Ergebnissen füh-
ren. Letztlich ist somit die Frage, ab wann eine Fehlfunktion eines Marktes
­ wie auch immer man diese Fehlfunktion definieren mag ­ einen Eingriff
erfordert, nicht ohne wertende und somit subjektive Entscheidungen zu
1
Der Nirwana-Vorwurf bemängelt die Realitätsferne und den restriktiven Charakter der
Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz. Zwar stellen Modelle stets nur
eine vereinfachte Abbildung der Realität dar, in diesem Fall stellt sich jedoch die Frage,
inwieweit diese Vereinfachungen zweckmäßig sind und ob eine Erfüllung dieser Annah-
men überhaupt wünschenswert ist. Zum Nirvana-Vorwurf siehe M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 64 f.
2
Das Problem des Zweitbesten (,,Second Best") bezieht sich auf den Nirwana-Ansatz und
besagt, dass es vielfach angebracht ist, von den Voraussetzungen des Modells und somit
von den sog. Erstbesten (,,First Best") Lösungen der vollständigen Konkurrenz abzuwei-
chen. So sind Anlagen i.A. nicht unendlich teilbar, fallende Durchschnittskosten somit
eine kaum zu verhindernde Folge. Auch eine vollkommene Markttransparenz ist nicht in
jedem Fall sinnvoll, da insb. bei einer oligopolistischen Angebotsstruktur ein koordiniertes
Verhalten ­ bspw. Preisabsprachen ­ zu befürchten ist. Beim Problem des Zweitbesten
ist jedoch zu bedenken, dass ein konsequentes Abweichen vom ursprünglichen Idealzu-
stand ein Aushöhlen der Theorie bewirken könnte, wodurch die Politik anhand solcher
Gestaltungsoptionen die Möglichkeit hätte, diese für ihre Zwecke auszunutzen. Zur Prob-
lematik des Second Best vgl. M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 65 f.
3
Der statische Charakter des Ansatzes (die Aussagen des Modells der vollständigen
Konkurrenz gelten nur unter den Bedingungen, dass die Ressourcenausstattung ebenso
gegeben ist wie bspw. das technische Wissen oder die Präferenzstruktur der Nachfrager)
könnte eine Ineffizienz im Hinblick auf die dynamischen Wettbewerbsfunktionen bewir-
ken. So haben bspw. Produzenten unter den Bedingungen der vollständigen Konkurrenz
keinen Anreiz, Innovationen durchzuführen, da die Reaktionsgeschwindigkeit unendlich
ist, was wiederum Vorsprungsgewinne unmöglich macht. Temporär zugelassene Mono-
polstellungen bzw. Exklusivrechte könnten demnach entgegen der Aussagen des Mo-
dells der vollständigen Konkurrenz durchaus effizienzsteigernd sein. Ein weiterer Grund
für die Ineffizienz besteht in der Annahme, dass im Gleichgewicht grundsätzlich keine
Gewinne realisiert werden können. Es kann somit insgesamt festgehalten werden, dass
dynamische Effizienz ein gewisses Ausmaß an statischer Ineffizienz benötigt, welches
jedoch nicht quantifiziert werden kann. Zur Eignung einer statischen Theorie für die Beur-
teilung dynamischer Wettbewerbsprozesse siehe M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
,
a.a.O., S. 63-67.

T
HEORIE UND
A
USGESTALTUNG DES
B
ANKENAUFSICHTSRECHTS
K
ONSTANTIN
K
OURKOULIS
8
beantworten. Unter anderem auch deswegen muss eine Regulierung im-
mer sorgfältig begründet werden.
1
2. Beurteilungskriterien für ökonomische Effizienz
Um eine solche Begründung herzuleiten, muss zunächst bestimmt wer-
den, inwieweit ein Ergebnis erwünscht ist. Dazu benötigt man ein Beurtei-
lungskriterium. Dieses wird in der Theorie der Regulierung i.d.R. durch
das aus der Wohlfahrtsökonomik bekannte Paretokriterium bzw. durch das
Erreichen einer paretoeffizienten Allokation dargestellt. Eine paretoeffi-
ziente Allokation sämtlicher Ressourcen
2
besteht dann, wenn Abweichun-
gen dieser Allokation nur unter Inkaufnahme von Nutzenminderungen bei
mindestens einem Wirtschaftssubjekt möglich sind, wenn demgemäß der
Punkt erreicht ist, ab dem der Nutzen eines Individuums durch Reallokati-
on der Ressourcen nur dann erhöht werden kann, wenn gleichzeitig der
Nutzen mindestens eines anderen Individuums gesenkt wird.
3
Vergleichbar mit dem Modell der vollständigen Konkurrenz ist auch das
Pareto-Optimum an zahlreiche Bedingungen geknüpft. So müssen die
sog. Totalbedingungen ebenso eingehalten werden wie die Stabilitäts- und
Marginalbedingungen.
4
Zudem geht die paretianische Wohlfahrtsökonomik
von der Unmöglichkeit kardinaler Nutzenmessung bzw. interindividueller
Nutzenvergleiche und somit von einem rein ordinalen Nutzenkonzept aus.
Es wird demnach unterstellt, dass sich bei bspw. sinkendem Nutzen eines
Individuums und gleichzeitig steigendem Nutzen eines anderen Indivi-
duums keine Aussagen über die Veränderung des aggregierten Nutzenni-
veaus beider Individuen machen lassen.
5
Trotz einiger Gründe, die gegen
das Paretokriterium sprechen, hat sich dieses als Wohlfahrtsmaß in der
Literatur weitgehend durchgesetzt.
6
1
Siehe hierzu T.
H
ARTMANN
-W
ENDELS
,
A.
P
FINGSTEN UND
M.
W
EBER
, a.a.O., S. 361 sowie
M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.a.O., S. 67 f.
2
Somit ein Erreichen des sog. Pareto-Optimums.
3
H.-P.
B
URGHOF UND
B.
R
UDOLPH
, a.a.O., S. 30.
4
Auf die Total-. Stabilitäts- sowie Marginalbedingungen wird dabei nicht näher eingegan-
gen. Dazu sei verwiesen auf W
IRTSCHAFTSLEXIKON
, o.V., Pareto-Optimum, in: Gabler
Wirtschaftslexikon, Bd. 7, 14. Aufl., Wiesbaden 1997, Sp. 2925.
5
M.
F
RITSCH
,
T.
W
EIN UND
H.-J.
E
WERS
, a.aO., S. 30 f.
6
So stellt bspw. das Wohlfahrtsmaß des sozialen Überschusses neben dem Pareto-
Kriterium ein weiteres wichtiges Beurteilungskriterium für volkswirtschaftliche Effizienz
dar. Das Kriterium des sozialen Überschusses kann dabei einen wesentlichen Nachteil
des Paretokriteriums ­ das häufige Nichtvorhandensein einer Pareto-Dominanz
6
­ insb.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836601719
DOI
10.3239/9783836601719
Dateigröße
781 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg – Wirtschaftswissenschaften, Geld- und Kapitalverkehr
Erscheinungsdatum
2007 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
deutschland bankenaufsicht bankenrecht aktie börse kapitalmarkt aufsichtsrecht
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Titel: Theorie und Ausgestaltung des Bankenaufsichtsrechts
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