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Home Bias bei privaten und institutionellen Investoren

Eine empirische Studie

©2005 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Aufgrund der zunehmenden Verflechtung der internationalen Volkswirtschaften ergeben sich für Investoren vermehrt Investmentalternativen. So ist es für Investoren einfacher geworden ihr Risiko bei der Anlage zu diversifizieren.
Wie allerdings Menschen beispielsweise häufig Fan ihres lokalen Sportvereins sind, so belegen viele Studien, dass Investoren trotz zunehmender Investmentalternativen ebenso auf die internationale Streuung ihrer Investmentrisiken verzichten und einheimische Wertpapiere präferieren. Diese überproportionale Gewichtung einheimischer Anlagen wird allgemein als Home Bias bezeichnet und bedeutet einen zu hohen Anteil an einheimischen Wertpapieren im Portfolio. Hieraus resultieren eine suboptimale Diversifikation des Vermögens und das Akzeptieren von zusätzlichem Risiko.
In der empirischen Analyse wurden 100 institutionelle Investoren und 397 Privatanleger befragt. Für die Identifikation von Home Bias wurde zum Vergleich das Weltmarktportfolio, angenähert durch den der MSCI World Index, herangezogen. Bei der Untersuchung wurde insbesondere zwischen dem Verhalten der Privatanleger und der institutionellen Investoren unterschieden. Die beiden Anlegergruppen wurden dabei nochmals nach ihrem beruflichen Umfeld und die institutionellen Investoren ergänzend noch nach ihrer beruflichen Hierarchiestufe unterteilt.
Die Kernfrage der ausgewerteten empirischen Untersuchung war, wie die tatsächliche internationale Asset Allocation der befragten Investoren aussieht. Existiert ein Home Bias und welche Faktoren könnten für dieses Verhalten verantwortlich sein? Als Ergebnis kam heraus, dass knapp 97 Prozent der befragten Investoren Home Bias aufwiesen. Dieser war bei den beiden Investorengruppen allerdings unterschiedlich ausgeprägt.
In der wissenschaftlichen Literatur ist der Home Bias relativ gut untersucht. Es gibt eine Reihe von potentiellen Erklärungen, wobei sich zwei Erklärungen als deren Hauptbestandteil herauskristallisiert haben.
Sowohl in den vielfältigen Aufsätzen der wissenschaftlichen Literatur als auch in der durchgeführten empirischen Untersuchung zeigt sich, dass Investoren zwar angeben an einen Informationsvorteil zu glauben, ihr Verhalten aber insgesamt dagegen spricht. Auf der anderen Seite ist ein relativer Renditeoptimismus von Bedeutung. Bestätigt werden konnte in der Analyse aber nur ein absoluter Optimismus der deutschen Investoren, welcher maximal als Indiz für relativen Optimismus […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Dennis Huchzermeier
Home Bias bei privaten und institutionellen Investoren
Eine empirische Studie
ISBN: 978-3-8366-0166-5
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Hannover, Hannover, Deutschland, Diplomarbeit, 2005
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http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI
Abk¨
urzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
1
Einleitung
1
2
Grundlegende Erkenntnisse ¨
uber Home Bias
3
2.1
Beschreibung und Auswirkung von Home Bias . . . . . . . . . . . . .
3
2.2
Erkl¨
arungsversuche f¨
ur das Auftreten von Home Bias . . . . . . . . .
8
2.2.1
Informationsvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.2.2
Relativer Optimismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.2.3
Verhaltensorientierte Erkl¨
arungsversuche . . . . . . . . . . . .
15
2.2.4
Institutionelle Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.2.5
Sonstige Erkl¨
arungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
3
Empirische Untersuchung
21
3.1
Datenbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3.2
Existenz von Home Bias bei den Investoren . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.3
Test der alternativen Erkl¨
arungsans¨
atze . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.3.1
Test auf einen Informationsvorteil . . . . . . . . . . . . . . . .
27
3.3.2
Test auf relativen Optimismus . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
3.3.3
Test der verhaltensorientierten Erkl¨
arungsans¨
atze . . . . . . .
42
3.3.4
Test auf Einfluss institutioneller Charakteristika . . . . . . . .
50
3.4
Erg¨
anzende Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
4
Zusammenfassung
61
III

5
Anhang
VIII
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXVIII
IV

Abbildungsverzeichnis
2.1
Rendite/Risiko Trade Off bei Home Bias . . . . . . . . . . . . . . . .
5
3.1
Die Investoren zeigen Home Bias
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
3.2
Histogramm der Deutschlandgewichtung aller Investoren . . . . . . .
27
5.1
Fragebogen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
5.2
Prozentuale durchschnittliche Portfolioaufteilung aller Investoren . . .
XI
5.3
Prozentuale durchschnittliche Portfolioaufteilung der Privatanleger . . XII
5.4
Prozentuale durchschnittliche Portfolioaufteilung der institutionellen
Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII
5.5
Histogramm der Deutschlandgewichtung der Privatanleger . . . . . . XIII
5.6
Histogramm der Deutschlandgewichtung der institutionellen InvestorenXIV
V

Tabellenverzeichnis
3.1
Gewichtung des MSCI World Index nach Regionen
. . . . . . . . . .
22
3.2
Soziodemographie der Investorengruppen . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.3
Portfoliostruktur der Investorengruppen
. . . . . . . . . . . . . . . .
25
3.4
Sichtweise auf andere Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
3.5
Informationsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
3.6
Intervallsch¨
atzung von DAX und Dow Jones . . . . . . . . . . . . . .
31
3.7
Kompetenzeinsch¨
atzung der Anleger
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
3.8
Bedeutung von Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
3.9
Home Bias und Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.10 Herdenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.11 Realisierte Indexst¨
ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.12 Sch¨
atzung des DAX und Dow Jones . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
3.13 Overconfidence
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
3.14 Risikoeinstellung der Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
3.15 M¨
unzwurfwette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.16 Dispositionseffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
3.17 Ausbildungsniveau und Analyseaufwand . . . . . . . . . . . . . . . .
51
3.18 Depoteigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
3.19 Korrelationen der Depotstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
3.20 Institutionelle Charakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
3.21 Prognosehorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
3.22 Zusammenhang von Prognosehorizont und Informationsquellen . . . .
58
5.1
Quantitative Anlagerestriktionen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII
5.2
Gewichtung des MSCI World Index nach L¨
andern . . . . . . . . . . .
XI
5.3
Sichtweise auf andere Investoren ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . XV
5.4
Informationsvorteile ­ Differenzierte Betrachtung
. . . . . . . . . . . XVI
VII

5.5
Intervallsch¨
atzung des DAX und Dow Jones ­ Differenzierte BetrachtungXVII
5.6
Kompetenzeinsch¨
atzung der Anleger ­ Differenzierte Betrachtung . . XVIII
5.7
Home Bias und Informationsquellen ­ Differenzierte Betrachtung . . . XIX
5.8
Sch¨
atzung des DAX und Dow Jones ­ Differenzierte Betrachtung . . . XXIII
5.9
Overconfidence ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . XXIV
5.10 Risikoeinstellung der Investoren ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . XXV
5.11 M¨
unzwurfwette ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . XXVI
5.12 M¨
unzwurfwette ­ Angabe minimaler Gewinn kleiner als 1000 Euro . . XXVI
5.13 Dispositionseffekt ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . XXVII
5.14 Korrelationen der Depotstruktur ­ Differenzierte Betrachtung
. . . . XXVIII
5.15 Institutionelle Charakteristika ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . . XXX
5.16 Prognosehorizont ­ Differenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . XXXIII
5.17 Zusammenhang von Prognosehorizont und Informationsquellen ­ Dif-
ferenzierte Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXIV
VIII

Abk¨
urzungsverzeichnis
ADR
American Depositary Reciept
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CHF
Schweizer Franken (ISO-Code)
DAX
Deutscher Aktienindex
DJIA
Dow Jones Industrial Average Index
EEA
European Economic Area
EWU
Europ¨
aische W¨
ahrungsunion
ICAPM
International Capital Asset Pricing Model
MSCI
Morgan Stanley Capital International
n
Anzahl betrachteter Antworten
NYSE
New York Stock Exchange
OECD
Organisation of Economic Co-operation and Development
RBOC
Regional Bell Operating Company
S&P 500
Standard & Poor´s 500 Index
IX

Kapitel 1
Einleitung
Die internationalen Finanzm¨
arkte standen in den vergangenen Jahren im Wandel
von Deregulierung und Liberalisierung. Dies hat zusammen mit dem Fortschritt in
den Kommunikationssystemen zu einer zunehmenden Verflechtung der Volkswirt-
schaften dieser Welt gef¨
uhrt. Damit einher ging f¨
ur Investoren eine Zunahme an
Investitionsalternativen. Durch diese vermehrten Alternativen ist es f¨
ur Investoren
einfacher geworden ihr Risiko bei der Anlage zu diversifizieren. Wie allerdings Men-
schen beispielsweise h¨
aufig Fan ihres lokalen Sportvereins sind, belegen viele Studien
(u.a. Coval und Moskowitz (1999 und 2001), Huberman (2001) sowie Morse und Shi-
ve (2004)), dass Investoren trotz zunehmender Investmentalternativen ebenso auf die
internationale Streuung ihrer Investmentrisiken verzichten und einheimische Wert-
papiere pr¨
aferieren. Dieses Verhalten wurde in der Vergangenheit unter anderem
durch hohe historische Renditen, wie sie viele Jahre bei deutschen Rentenpapieren
vorherrschten, gef¨
ordert. Diese ¨
uberproportionale Gewichtung einheimischer Anla-
gen wird allgemein als Home Bias bezeichnet und bedeutet einen zu hohen Anteil
an einheimischen Wertpapieren im Portfolio. Hieraus resultieren eine suboptimale
Diversifikation des Verm¨
ogens und das Akzeptieren von zus¨
atzlichem Risiko.
1
Die
Kernfrage ist, wie die tats¨
achliche internationale Asset Allocation der befragten In-
1
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 2 und 11
1

vestoren aussieht. Existiert ein Home Bias und welche Faktoren k¨
onnten f¨
ur dieses
Verhalten verantwortlich sein?
In der Literatur dominieren als Erkl¨
arungsans¨
atze ein bisher wenig best¨
a-
tigter Informationsvorteil (u.a. Suh (2005) sowie Portes und Rey (2005)), ein relativer
Renditeoptimismus (u.a. French und Poterba (1991) sowie Kilka und Weber (2003)),
verhaltensorientierte Erkl¨
arungen (L¨
utje und Menkhoff (2004a)) und verschiedene,
immer unbedeutender werdende, institutionelle Charakteristika wie Transaktionskos-
ten und Steuern (u.a. Ahearne, Griever und Warnock (2004)) und ebenfalls Attribute
wie beispielsweise Alter, Ausbildungsniveau und Portfoliogr¨
oße (L¨
utje und Menkhoff
(2004a)). Kein Effekt ist allerdings groß genug, als dass er den Home Bias in seiner
Auspr¨
agung erkl¨
aren kann.
Diese potentiellen Erkl¨
arungsversuche f¨
ur Home Bias sowie dessen Auswirkungen
werden im ersten Teil dieser Arbeit n¨
aher erl¨
autert. Gegenstand des zweiten Teils ist
die empirische Analyse der suboptimalen Diversifikation. Diesbez¨
uglich wird insbe-
sondere zwischen dem Verhalten der Privatanleger und der institutionellen Investoren
unterschieden. Die beiden Anlegergruppen werden dabei nochmals nach ihrem beruf-
lichen Umfeld und die institutionellen Investoren erg¨
anzend noch nach ihrer Hierar-
chiestufe unterteilt. Da institutionelle Investoren vermutlich professioneller agieren
onnen und sie auf dem Gebiet der Investments besser ausgebildet sind, stellt sich
die Frage, ob sie einem geringeren Home Bias als die Privatanleger unterliegen. Des
weiteren ist zu ¨
uberlegen, ob die verschiedenen Erkl¨
arungsans¨
atze f¨
ur die betrach-
teten Anlegergruppen von unterschiedlicher Relevanz sind. Die Arbeit schließt im
letzten Abschnitt mit einer Zusammenfassung.
2

Kapitel 2
Grundlegende Erkenntnisse ¨
uber
Home Bias
2.1
Beschreibung und Auswirkung von Home Bi-
as
Der Kerngedanke der Diversifikation besteht darin, durch Streuung des Gesamt-
verm¨
ogens das Risiko des Portfolios zu reduzieren. Positive Diversifikationseffekte
sind vom Gleichlauf beziehungsweise von den Korrelationen der einzelnen M¨
arkte
und Wertpapiere abh¨
angig. Betr¨
agt die Korrelation 1, dann laufen die Wertpapie-
re absolut gleichgerichtet und es liegt kein Diversifikationspotential vor. Betr¨
agt die
Korrelation -1, dann laufen die Wertpapiere absolut in die entgegengesetzte Rich-
tung und bei 0 ist die Entwicklung v¨
ollig unabh¨
angig voneinander. Das Ausmaß der
Risikoreduktion eines Portfolios ist umso gr¨
oßer, je geringer die Korrelation zwischen
den Renditen der einzelnen Verm¨
ogensgegenst¨
ande ist.
Das Capital Asset Pricing Model (CAPM), welches von Sharpe (1964), Lintner
(1965) und Mossin (1966) unabh¨
angig voneinander entwickelt wurde, besagt, dass In-
vestoren das Marktportfolio der risikobehafteten Wertpapiere halten sollten und die
Gewichtung von risikolosen und risikobehafteten Wertpapieren durch ihre individuel-
3

len Pr¨
aferenzen bestimmt werden. So kann durch Diversifikation das unsystematische
Risiko, welches durch Investments in einzelne Wertpapiere und Branchen entsteht,
komplett eliminiert werden. Das systematische Risiko, welches durch das Verhalten
der Wirtschaftszyklen entsteht, l¨
asst sich durch Streuung nicht eliminieren. Solnik
(1974b) zeigt aber mit seiner Weiterentwicklung zum internationalen Capital Asset
Pricing Model (ICAPM), dass durch Kauf des Weltmarktportfolios anstatt des natio-
nalen Marktportfolios dieses Risiko durch eine Streuung ¨
uber die Konjunkturzyklen
minimiert werden kann, denn mit einer gr¨
oßeren Entfernung zwischen Volkswirt-
schaften nehmen die Korrelationen der Konjunkturzyklen ab und die Vorteile der
Diversifikation zu.
1
Wenn also die Renditen der Wertpapiere nicht korreliert sind, kann das unsyste-
matische Risiko eliminiert werden. Lewis (1999) zeigt, dass die Korrelationen inter-
national f¨
uhrender Finanzm¨
arkte nicht sehr hoch sind. Solnik (1974a) stellt heraus,
dass 44% des individuellen Wertpapierrisikos am deutschen Finanzmarkt rein natio-
nal betrachtet nicht wegdiversifiziert werden kann. In den USA sind dies aufgrund
des breiteren Marktes noch 27 Prozent. Ein international gut diversifiziertes Portfolio
weist dagegen nur noch etwa ein zehntel des Risikos eines national gut diversifizier-
ten Portfolios auf.
2
Folglich bleibt durch eine mangelnde internationale Ausrichtung
Diversifikationspotential ungenutzt. Dies zeigt den Vorteil der internationalen Diver-
sifikation. W¨
urden die Investoren ihre Asset Allocation streng an der Theorie des
CAPM ausrichten, w¨
urde es keinen Home Bias geben.
Abbildung 2.1 zeigt eine vereinfachte Version des CAPM. Interpretiert man dies
unter dem Aspekt Home Bias, so stellt Punkt A ein Portfolio dar, welches zu 100%
aus einheimischen Wertpapieren besteht. E stellt dagegen ein Portfolio aus 100%
ausl¨
andischen Wertpapieren dar. Entlang der Kurve nimmt also der Anteil ausl¨
andi-
scher Wertpapiere zu. F¨
ur Investoren, die eine h¨
ohere gegen¨
uber einer geringeren
Rendite pr¨
aferieren, ist das Portfolio F dem Portfolio A vorzuziehen, da mit gleich
1
Vgl. Portes, R., Y. Oh und H. Rey (2001), S. 784
2
Vgl. Solnik, B. (1974a), S. 89­91
4

Abbildung 2.1: Rendite/Risiko Trade Off bei Home Bias
Quelle: Lewis, K. (1999), S. 573
bleibendem Risiko eine h¨
ohere Rendite erzielt werden kann. Deshalb ist das Portfolio
A aus 100% inl¨
andischen Aktien ineffizient. F¨
ur Investoren, die ein geringes Risiko
einem h¨
oheren vorziehen, ist das Portfolio C auf der Effizienzgeraden anstrebenswert,
da hier eine h¨
ohere Rendite mit einer Reduktion des Risikos einhergeht. Ein nutzen-
maximierender Investor w¨
ahlt demnach nur Portfolios gr¨
oßer/gleich von Punkt C.
Besitzt der Investor die Indifferenzkurve U w¨
ahlt er optimalerweise das Portfolio D
mit einem hohen Anteil ausl¨
andischer Wertpapiere.
3
French und Poterba (1991) zeigten im Gegensatz dazu, dass in den USA 93,8%,
in Japan 98,1% und in Großbritannien 82%, der gehaltenen Aktien aus dem In-
land stammten.
4
Dies w¨
urde in etwa dem ineffizienten Punkt B auf der Kurve in
Abbildung 2.1 entsprechen. Ebenso haben Copper und Kaplanis (1994) f¨
ur eine Rei-
he von L¨
andern den Anteil am Weltmarktportfolio mit dem Anteil an Inlandsin-
vestments verglichen. Der Anteil an Inlandsinvestments war im Minimum 43% und
3
Vgl. Lewis, K. (1999), S. 572f
4
Vgl. French, K. und J. Poterba (1991), S. 222
5

im Maximum 99% h¨
oher, als er h¨
atte sein sollen.
5
Der Home Bias f¨
uhrt somit zu
einer st¨
arkeren Ber¨
ucksichtigung von lokalen Einfl¨
ussen in den Wertpapierpreisen.
Allerdings wird nicht einmal innerhalb des Heimatlandes das Diversifikationspoten-
tial voll ausgesch¨
opft, denn die Titelselektion wird nicht mit dem Ziel der Risikost-
reuung durchgef¨
uhrt, sondern Investoren geht es eher um die Auswahl von beson-
ders renditetr¨
achtigen Aktien. Bei De Bondt (1998) zeigt sich, dass Privatanleger
¨
uberdurchschnittlich stark in Titel aus ihrer regionalen Umgebung investieren,
6
wo-
bei Wertpapiere des eigenen Arbeitgebers eine besondere Bedeutung haben.
7
Davis
(2005) hat f¨
ur Pensionsfonds gezeigt, dass die Quote ausl¨
andischer Wertpapiere in
den Fonds zwischen 42 Prozent f¨
ur die Niederlande, einer kleinen Wirtschaft, und nur
11 Prozent f¨
ur die Vereinigten Staaten, einer großen, offenen Wirtschaft, schwankt.
Dies bedeutet eine sehr geringe Streuung relativ zum jeweiligen Weltmarktanteil.
8
Hieraus resultiert eine schlechte Risiko/Rendite Situation, welche durch weitere in-
ternationale Diversifikation verbessert werden kann.
9
In einer Studie von L¨
utje und Menkhoff (2004b) ¨
außern 62 Prozent der befragten
deutschen Fondsmanager, sie w¨
urden bevorzugt in r¨
aumlich nahe gelegenen M¨
arkten
investieren. Dies deutet ebenfalls auf einen Home Bias und damit tendenziell inef-
fiziente Finanzanlagen hin. Dazu passt, dass der von den Fondsmanagern gew¨
ahlte
Anteil deutscher Anlagen etwa zwei- bis dreimal so hoch ist, wie der deutsche Anteil
an der Weltmarktkapitalisierung. Bailey und Stulz (1990) konnten darlegen, dass f¨
ur
einen US-Investor eine Reduzierung von Investments in den S&P 500 und eine paral-
lele Aufstockung der Investments in Indizes des Pazifikraums
10
aufgrund der negati-
ven Korrelationen zu einer Verringerung des Portfoliorisikos von etwa einem Drittel
uhren w¨
urde und zwar bei gleich bleibender durchschnittlicher Rendite.
11
Ebenfalls
5
Vgl. Copper, I. und E. Kaplanis (1994), S. 46 (Tabelle 1)
6
Vgl. De Bondt, W. (1998), S. 835
7
Vgl. Shiller und Pound (1989), S. 55
8
Vgl. Davis, E. P. (2005), S. 9
9
Vgl. Davis, E. P. (2005), S. 11­13
10
Gemeint sind Australien, Hong Kong, Japan, Malaysia, Philippinen, Singapur, S¨
ud Korea,
Taiwan und Thailand.
11
Vgl. Bailey, W. und R. Stulz (1990), S. 60f
6

konnten Bugar und Maurer (1999) f¨
ur deutsche und ungarische Anleger aufzeigen,
dass eine internationale Diversifikation der Investments das Risiko gegen¨
uber einer
nationalen Diversifikation substanziell verringerte. Errunza, Hogan und Hung (1999)
kommen zu dem Ergebnis, dass es m¨
oglich ist, die Vorteile internationaler Diversi-
fikation f¨
ur den amerikanischen Markt durch kopieren ausl¨
andischer Indizes mit an
einheimischen M¨
arkten gehandelten Wertpapieren zu erreichen. Dabei kann sowohl
in L¨
anderfonds als auch in American Depositary Reciepts (ADRs) investiert werden.
Amerikanische Investoren k¨
onnen mit ADRs indirekt in ausl¨
andische Unternehmen
¨
uber lokal gehandelte Wertpapiere, die ADRs, investieren, welche dem Besitzer einen
Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Originalaktien des ausl¨
andischen Unter-
nehmens garantieren. Somit brauchen sie durch Auslandshandel keine potentiellen
zus¨
atzlichen Risiken eingehen.
12
Insgesamt verstehen Investoren heutzutage zwar die Vorteile der internationa-
len Diversifikation, so dass keine Unsicherheit mehr ¨
uber die Diversifikationsvorteile
besteht. Manchmal sind aber insbesondere institutionelle Investoren durch Anlagere-
striktionen
13
oder Kundenvorgaben gebunden und k¨
onnen deshalb ihre Investments
nicht so diversifizieren, wie sie es unter dem Gesichtspunkt von Rendite und Risiko
gerne tun w¨
urden.
14
Home Bias tritt allerdings auch ohne diese potenzielle Restrik-
tionen bei institutionellen Investoren auf. Wenn die von L¨
utje und Menkhoff (2004a)
untersuchten deutschen Asset Manager keine Restriktionen h¨
atten, w¨
urden trotzdem
71 Prozent Deutschland gegen¨
uber dem Weltportfolio ¨
ubergewichten. Also auch un-
ter Nicht-Ber¨
ucksichtigung von m¨
oglichen Restriktionen zeigt sich ein klarer Home
Bias. Das Ergebnis gilt nicht nur f¨
ur Deutschland, sondern kann auf die wesentlichen
12
Vgl. Errunza, V., K. Hogan und M.-W. Hung (1999), S. 2087
13
Vgl. als Beispiel die Verordnung ¨
uber die Anlage des gebundenen Verm¨
ogens von Versiche-
rungsunternehmen, wo nach
§ 2 Abs. 2f der Anlagenverordnung direkt und indirekt gehaltene
Aktien und Genussrechte von Unternehmen, mit Sitz in einem Staat außerhalb des Europ¨
aischen
Wirtschaftsraumes, jeweils 10% des Sicherungsverm¨
ogens und des sonstigen gebundenen Verm¨
ogens
nicht ¨
ubersteigen d¨
urfen (Anlageverordnung vom 20. Dezember 2001, zuletzt ge¨
andert am 22. Mai
2005). Solche oder ¨
ahnliche Arten von Investmentrestriktionen sind, wie Tabelle 5.1 auf Seite VIII
im Anhang zeigt, in vielen L¨
andern dieser Welt vorzufinden.
14
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 3
7

Weltm¨
arkte wie USA und Großbritannien ¨
ubertragen werden.
15
Die Autoren sehen
den Home Bias unter anderem in Beziehung stehen mit einem intensiven Vertrauen
in die nicht-fundamentale Analyse und Verzerrungen in der Entscheidungsfindung.
16
All diese Studien belegen, dass Investoren durch ihr Verhalten zum Home Bias nei-
gen. Dabei existieren in Literatur vor allem zwei sich gegen¨
uberstehende Positionen.
Auf der einen Seite billigt beispielsweise Gehrig (1993) dem Home Bias eine rationale
Grundlage zu, weil er auf lokale Informationsvorteile abstellt, und auf der anderen
Seite wird der Home Bias als Ausdruck eines nicht vollkommenen rationalen Verhal-
tens gesehen, weil durch ihn Diversifikationsm¨
oglichkeiten ungenutzt bleiben.
17
Trotz
der dargestellten Vorteile der internationalen Diversifikation, unterliegen Investoren
einem Home Bias. In den nun folgenden Abschnitten werden m¨
ogliche Erkl¨
arungen
der wissenschaftlichen Literatur f¨
ur dieses Ph¨
anomen pr¨
asentiert.
2.2
Erkl¨
arungsversuche f¨
ur das Auftreten von Ho-
me Bias
2.2.1
Informationsvorteil
Ein Grund f¨
ur Home Bias k¨
onnte ein potentieller Informationsvorteil der heimischen
Investoren sein. So k¨
onnten h¨
ohere Renditen erzielt werden, was den Home Bias
werthaltig erscheinen ließe. Suh (2005) hat in der Studie die empfohlene Asset Allo-
cation von zehn Finanzinstituten aus Amerika, Europa und Japan untersucht. Das
Ergebnis zeigte, dass alle Institute, je nach betrachtetem Zeitraum, kollektiv einem
Home Bias in Bezug auf ihre Heimatregion bei der Portfolioerstellung unterlagen.
18
Bei weiteren Portfolioanpassungen war dies ebenfalls zu beobachten. Die Institute
haben die Gewichtung ihres Heimatmarktes ¨
ofter angepasst, als die Gewichte der
15
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 5f
16
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 4
17
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004b), S. 14
18
Vgl. Suh, J. (2005), S. 82f
8

anderen weiter entfernten M¨
arkte und ebenfalls relativ h¨
aufiger zu den Anpassungen
der Teilnehmer aus den anderen Regionen.
19
Dies k¨
onnte durch einem Informati-
onsvorteil der Investoren in ihrem Heimatmarkt begr¨
undet sein.
20
Betrachtet man
allerdings die Performance der empfohlenen Portfolios, so zeigt sich, dass tats¨
achlich
wohl kein wirklicher Informationsvorteil vorhanden ist, da die ¨
uberwiegende Mehr-
heit schlechter abschneidet als der Vergleichsindex.
21
ur die jeweilige Gewichtung
der Regionen sind haupts¨
achlich makro¨
okonomische Faktoren von Bedeutung. Diese
Daten sind relativ leicht f¨
ur jede Region der Welt zu bekommen, so dass die In-
formationsasymmetrie nicht die alleinige Erkl¨
arung f¨
ur den Home Bias sein kann.
Unterst¨
utzt wird dies von L¨
utje und Menkhoff (2004a). Sie zeigten, dass Aktien-
fondsmanager keine h¨
ohere Rendite erzielten. Außerdem stellten sie heraus, dass bei
deutschen Aktienfondsmanagern eine starke Pr¨
aferenz f¨
ur eine Anlage in Deutsch-
land mit einer gr¨
oßeren Bedeutung von nicht-fundamentalen Informationen als f¨
ur
fundamentale Informationen einhergeht. W¨
urde man sich aber auf einen Home Bi-
as wegen des Informationsvorteils berufen, so m¨
usste die fundamentale Analyse im
Vordergrund stehen. Technische Analyse kann man von ¨
uberall auf der Welt gleich
gut betreiben. Auch wird sie oft trendfolgend angewandt, womit sich ein gewisses
Herdenverhalten andeutet.
22
Coval und Moskowitz (1999) sehen den Home Bias unter anderem als ein psycho-
logisches Problem der Investoren. Der Informationsvorteil entsteht bei ihnen haupt-
achlich durch die geographische N¨
ahe zu den Entscheidungstr¨
agern ihres Invest-
ments.
23
Sie fanden heraus, dass US-Fondsmanager jedes zehnte Wertpapier nur
hielten, weil das Unternehmen seinen Sitz in derselben Stadt wie der entsprechen-
de Fondsmanager hatte, obwohl die W¨
ahrung, Sprache, Kultur, politische Risiken
und gesetzliche Regelungen in den Vereinigten Staaten nahezu identisch sind. Die
19
Vgl. Suh, J. (2005), S. 84f
20
Vgl. Suh, J. (2005), S. 86
21
Vgl. Suh, J. (2005), S. 87f
22
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 10
23
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (1999), S. 2046
9

Manager investierten in Wertpapiere, welche im Durchschnitt etwa 9 bis 11 Prozent
aher an ihrem Firmensitz lagen, als es das CAPM-Benchmarkportfolio erforderte.
24
Die Autoren fanden durch ihre Untersuchung Unterst¨
utzung in der Vermutung, dass
der Informationsvorteil eine wesentliche Rolle f¨
ur den Home Bias spielt. Ihre Studie
aus dem Jahr 2001 unterst¨
utzt dies. Sie konnten zeigen, dass die gehaltenen lokalen
Wertpapiere im Umkreis von 100 Kilometer die restlichen, weiter als 100 Kilometer
entfernten, Wertpapiere um etwa 2,7 Prozent outperformt haben. Jedoch waren die-
se Engagements viel risikoreicher.
25
Risikobereinigt erzielten sie immerhin noch eine
um 1,18 Prozent h¨
ohere Rendite, als die weiter entfernten Wertpapiere.
26
Tesar und
Werner (1995) kommen zu einem ¨
ahnlichen Ergebnis. 25 Prozent der amerikanischen
Investments im Ausland wurden in kanadische Aktien get¨
atigt und andersherum wa-
ren es sogar 71 Prozent, obwohl der amerikanische und der kanadische Markt stark
miteinander korreliert sind.
27
Amadi (2004a) sowie Buch, Driscoll und Ostergaard (2004) k¨
onnen den Einfluss
von Entfernung auf die Diversifikation nicht best¨
atigen,
28
wohingegen Portes, Oh
und Rey (2001), sowie Portes und Rey (2005) die Entfernung als Grund f¨
ur die
Informationsasymetrie ansehen,
29
denn Menschen, deren L¨
ander nahe beieinander
liegen, wissen aufgrund ihrer gr¨
oßeren Interaktionsm¨
oglichkeit besser ¨
ubereinander
Bescheid, vor allem da die Berichterstattung in den Medien oft gr¨
oßer ist.
Sollte es also einen wirklichen Informationsvorteil geben, m¨
ussten konsequen-
terweise die lokalen Wertpapiere, welche nicht in den Portfolios der Fondsmanager
vertreten sind, erheblich schlechter abschneiden, als diejenigen, die der Manager ge-
halten hat. Tats¨
achlich konnten Coval und Moskowitz (2001) zeigen, dass die Ren-
dite der nicht vertretenen Papiere drei Prozent unter den gehaltenen Papieren lag.
30
24
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (1999), S. 2056f
25
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (2001), S. 817 (Tabelle 1) und S. 819
26
Dies gilt aber nur f¨
ur die Dauer eines Quartals, vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (2001), S. 819
27
Die Korrelation lag bei etwa 0.79, vgl. Tesar, L. und I. Werner (1995), S. 476f.
28
Vgl. Amadi, A. (2004a), S. 15f, Buch, C., J. Driscoll und C. Ostergaard (2004), S. 17
29
Vgl. Portes, R. und H. Rey (2005), S. 280­286 sowie Portes, R., Y. Oh und H. Rey (2001), S.
791­793
30
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (2001), S. 820
10

Auch aufgrund dieses vermeintlichen Informationsvorteils hielten die einheimischen
Investoren h¨
aufig Aktien von Unternehmen, die kleiner und h¨
oher verschuldet waren.
Somit gingen sie ein noch gr¨
oßeres Risiko ein.
31
Untermauert wird dies von Kang und
Stulz (1997), die anhand japanischer Aktien darlegen konnten, dass im Gegensatz
dazu ausl¨
andische Investoren aufgrund ihres Informationsnachteils eher Aktien von
großen Firmen mit geringer Verschuldung halten.
32
Diese Wertpapiere sind gemessen
an ihrem Umschlag liquider, k¨
onnen so leichter ver¨
außert werden und sind deshalb
ur Ausl¨
ander attraktiver.
33
Die Autoren zeigten aber auch, dass die ausl¨
andischen
Investoren zwar in etwa dieselbe Rendite wie das japanische Marktportfolio erzielten,
dies aber nur mit einer gr¨
oßeren Standardabweichung gelang.
34
Sie gingen also f¨
ur
dieselbe Rendite ein h¨
oheres Risiko ein.
Grinblatt und Keloharju (2001) konnten die Pr¨
aferenz f¨
ur nahe gelegene Invest-
ments ebenfalls best¨
atigen und erg¨
anzten, dass der Entfernungseffekt bei individu-
ellen Investoren gr¨
oßer war als bei den institutionellen Investoren. Das dieser Effekt
bei den institutionellen Anlegern weniger Einfluss hatte, f¨
uhrten sie auf deren gr¨
oße-
ren Wissensstand zur¨
uck.
35
Des weiteren konnten sie noch f¨
ur finnische Wertpapiere
zeigen, dass sowohl private als auch institutionelle Investoren Wertpapiere von Un-
ternehmen pr¨
aferierten, welche ihrer eigenen Sprache und Kultur
36
entsprachen.
37
In Kombination mit einer weiteren Studie der Autoren (Grinblatt und Keloharju
(2000)) ¨
außern sie sich aber skeptisch, dass ein m¨
oglicher Informationsvorteil der
Grund f¨
ur das Investieren in nahe gelegene, vertraute Unternehmen ist, da die Per-
formance der betrachteten Portfolios dies nicht wiederspiegelt. Außerdem vermuten
sie, dass ihre Ergebnisse nicht auf gr¨
oßere M¨
arkte ¨
ubertragbar sind, da in ande-
ren L¨
andern wie beispielsweise den Vereinigten Staaten die Diversifikation vor allem
31
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (1999), S. 2066f
32
Vgl. Kang, J.-K. und R. Stulz (1997), S. 16­18
33
Vgl. Kang, J.-K. und R. Stulz (1997), S. 21
34
Vgl. Kang, J.-K. und R. Stulz (1997), S. 24f
35
Vgl. Grinblatt, M. und M. Keloharju (2001), S. 1066
36
In Finnland wird neben finnisch noch schwedisch und englisch sowie Kombinationen aus diesen
Sprachen gesprochen. Hieraus resultiert eine gewisse kulturelle Vielfalt.
37
Vgl. Grinblatt, M. und M. Keloharju (2001), S. 1061f und 1070f
11

durch Fondsinvestments gr¨
oßer ist.
38
Huberman (2001) kann best¨
atigen, dass die Neigung zu Investments in vertraute
Unternehmen keine Ausnutzung des Informationsvorteils darstellt.
39
Das Fondsma-
nager bei entfernteren Wertpapieren zum Herdenverhalten neigen, spricht nach Hu-
berman, allerdings f¨
ur einen Informationsvorteil. Damit k¨
onnten die ausl¨
andischen
Investoren versuchen den Informationsvorteil der einheimischen Investoren bei die-
sen Wertpapieren auszunutzen, w¨
ahrend sie lokal ihren eigenen Informationsvorteil
ausnutzen.
40
Ahearne, Griever und Warnock (2004) konnten zeigen, dass amerikanische Inves-
toren in ihren Portfolios beispielsweise Wertpapiere st¨
arker ber¨
ucksichtigen, welche
an einer amerikanischen B¨
orse gelistet sind, da sie mit den Rechnungslegungsvor-
schriften, deren Interpretation und sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen besser
vertraut sind. Dadurch k¨
onnen die Informationsasymmetrie und die damit einherge-
henden Informationskosten verringert werden. Als Folge w¨
urde sich der Home Bias
ebenfalls verringern, obgleich er nicht verschwindet.
41
Amadi (2004b) konnte noch
aufzeigen, dass die Nutzung des Internets die internationale Diversifikation beg¨
uns-
tigt. Eine Zunahme der Internetnutzer um ein Prozent f¨
uhrte zu einer verbesserten
Diversifikation um 0,4 Prozent. Durch die Internetnutzung hat der Investor eine
gr¨
oßere Menge an Daten zur Verf¨
ugung, welche noch schneller, einfacher und kos-
teng¨
unstiger zu beschaffen sind und so den Informationsnachteil verringern.
42
2.2.2
Relativer Optimismus
Ein weiterer Grund f¨
ur Home Bias k¨
onnte relativer Renditeoptimismus sein. Ein-
heimische Investoren sind dabei gegen¨
uber ihrem Heimatmarkt optimistischer als
ausl¨
andische Investoren. Absoluter Renditeoptimismus tritt im Gegensatz dazu auf,
38
Vgl. Grinblatt, M. und M. Keloharju (2001), S. 1072
39
Vgl. Huberman, G. (2001), S. 676
40
Vgl. Coval, J. und T. Moskowitz (2001), S. 837f
41
Vgl. Ahearne, A., W. Griever und F. Warnock (2004), S. 325­329
42
Vgl. Amadi, A. (2004b), S. 17f
12

wenn die einheimischen Investoren gegen¨
uber ihrem Heimatmarkt optimistischer
sind, als gegen¨
uber ausl¨
andischen M¨
arkten.
43
Shiller, Kon-Ya und Tsutsui (1996)
konnten bei ihrer Untersuchung von amerikanischen und japanischen Investoren her-
ausstellen, dass bei beiden Investorengruppen ein relativer Optimismus in Bezug auf
ihren Heimatmarkt herrschte. Da alle Investoren Zugang zu denselben Informationen
hatten, f¨
uhrten sie dies unter anderem auf Irrationalit¨
aten wie einen vorherrschen-
den Patriotismus und auf Wunschdenken zur¨
uck.
44
Morse und Shive (2004) konnten
ebenfalls darlegen, dass Patriotismus bei ausl¨
andischen Investments eine Rolle spielt.
Je gr¨
oßer der Patriotismus, desto geringer die ausl¨
andischen Anlagen.
45
Ein zehnpro-
zentiger R¨
uckgang des Patriotismus in den Vereinigten Staaten w¨
urde eine Zunahme
von 260 bis 440 Mrd. US-Dollar in ausl¨
andischen Investments bedeuten, so die Auto-
ren.
46
Beispielsweise hat die US-Regierung nach den Anschl¨
agen vom 11. September
2001 Teile ihrer Staatsanleihen in "Patriot Bonds" umbenannt. Das Verkaufsvolumen
stieg daraufhin um 43% gegen¨
uber dem Vorjahr auf 6,6 Mrd. US-Dollar an.
47
Strong
und Xu (2003) konnten ebenfalls anhand des Merrill Lynch monthly Fund Mana-
ger Survey darlegen, dass im Durchschnitt die jeweiligen Investoren in Bezug auf
ihren Heimatmarkt relativ optimistischer waren.
48
Untersucht wurden die Regionen
Kontinentaleuropa, Großbritannien, Japan und die Vereinigten Staaten. Die Autoren
gestanden aber ein, dass relativer Optimismus den extrem hohen beobachteten Home
Bias allein nicht erkl¨
aren kann.
49
Des weiteren werfen sie die Frage auf, ob relativer
Optimismus ¨
uberhaupt eine Triebfeder f¨
ur den Home Bias ist, oder ob dieser nur eine
ex post Rechtfertigung f¨
ur die Investments in einheimische Wertpapiere darstellt.
50
Huberman (2001) hat die Bedeutung der jeweiligen lokalen amerikanischen Regio-
nal Bell Operating Company´s (RBOC) f¨
ur Investoren der entsprechenden Region in
43
Vgl. Strong, N. und X. Xu (2003), S. 308f
44
Vgl. Shiller, R., F. Kon-Ya und Y. Tsutsui (1996), S. 158f
45
Vgl. Morse, A. und S. Shive (2004), S. 10
46
Vgl. Morse, A. und S. Shive (2004), S. 14f
47
Vgl. Morse, A. und S. Shive (2004), S. 3
48
Vgl. Strong, N. und X. Xu (2003), S. 310
49
Vgl. Strong, N. und X. Xu (2003), S. 309
50
Vgl. Strong, N. und X. Xu (2003), S. 312
13

den USA untersucht. Die RBOCs sind Anfang der achtziger Jahre durch die Zerschla-
gung der damaligen American Telephone & Telegraph Company (heutige AT&T als
Nachfolgerin) entstanden. Er stellt als Ergebnis fest, dass es in fast jedem Bundes-
staat mehr Aktienbesitzer der dort operierenden lokalen RBOC gab, als von jeder
anderen RBOC.
51
Der Anteil der Aktien im Portfolio der lokalen RBOC war durch-
schnittlich 2,76-fach h¨
oher, als der Anteil der restlichen RBOC und deren Geldwert
war durchschnittlich 3,15-fach h¨
oher.
52
Huberman argumentiert, dass die Investoren
bez¨
uglich der Entwicklung ihrer vertrauten, lokalen Wertpapiere relativ zu optimis-
tisch sind, da sie das Risiko der ausl¨
andischen Wertpapiere falsch wahrnehmen und
ihre Kompetenz ¨
ubersch¨
atzen.
53
French und Poterba (1991) konnten unabh¨
angig
von der Nationalit¨
at der Investoren einen starken relativen Optimismus gegen¨
uber
dem jeweiligen Heimatmarkt der Investoren ausmachen.
54
Kilka und Weber (2000)
untermauerten dies ebenfalls. Bei Befragungen unter deutschen und amerikanischen
Teilnehmern von Investmentkursen an der Universit¨
at Ohio und Mannheim stell-
te sich heraus, dass deutsche Teilnehmer sich kompetenter bei der Einsch¨
atzung
von deutschen Aktien f¨
uhlten, als bei der Einsch¨
atzung amerikanischer Aktien. Die
amerikanischen Teilnehmer f¨
uhlten sich dagegen bei amerikanischen Aktien kompe-
tenter, als bei deutschen Aktien.
55
Hieraus resultiert, dass die deutschen Teilnehmer
gegen¨
uber deutschen Aktien signifikant optimistischer waren, als f¨
ur amerikanische
Aktien. Die amerikanischen Teilnehmer waren umgekehrt signifikant optimistischer
ur amerikanische Aktien als f¨
ur deutsche Aktien.
56
Diese dargestellten optimistische-
ren Einsch¨
atzungen gegen¨
uber einheimischen Wertpapieren sind aber nur ein Resul-
tat verzerrter Wahrnehmung der eigenen Kompetenz. Die Investoren ¨
ubersch¨
atzen
ihre eigenen F¨
ahigkeiten.
57
In der verhaltensorientierten Finance-Literatur wird dies
51
Vgl. Huberman, G. (2001), S. 669
52
Vgl. Huberman, G. (2001), S. 671­673
53
Vgl. Huberman, G. (2001), S. 676
54
Vgl. French, K. und J. Poterba (1991), S. 224f
55
Vgl. Kilka, M. und M. Weber (2000), S. 180
56
Vgl. Kilka, M. und M. Weber (2000), S. 184
57
Vgl. Kilka, M. und M. Weber (2000), S. 187
14

als Overconfidence
58
bezeichnet.
2.2.3
Verhaltensorientierte Erkl¨
arungsversuche
Ein j¨
ungerer Versuch Home Bias zu erkl¨
aren, ist auf das typische psychologische
Verhalten von Anlegern einzugehen. Hierzu ist vor allem die Studie von L¨
utje und
Menkhoff (2004a) relevant. Die Autoren sehen in der unzureichenden internationa-
len Diversifikation eine besondere Einstellung der Investoren gegen¨
uber Risiko. Home
Bias, so die Autoren, k¨
onnte mit einer gr¨
oßeren Toleranz der betroffenen Anleger ge-
gen¨
uber Risiko einhergehen. In der Untersuchung wiesen die befragten Fondsmanager
allerdings keine gr¨
oßere Risikotoleranz auf, und sie hatten sich auch selbst als eher
risikoavers beschrieben. Da also eine h¨
ohere Risikotoleranz per se keine Erkl¨
arung f¨
ur
Home Bias ist, k¨
onnte hier eine Betrachtung des Dispositionseffektes
59
weiterhelfen.
Der Dispositionseffekt besagt, dass Investoren Wertpapiere, welche relative Gewinne
aufweisen, eher verkaufen, als Wertpapiere, welche relative Verluste aufweisen. Bei
der Befragung der Fondsmanager kam heraus, dass sie bei einer Underperformance
gegen¨
uber ihrem Vergleichsmaßstab (Benchmark) durch den Dispositionseffekt ihr
relatives Risikoniveau verringern, desto n¨
aher das zur Performancemessung relevante
Periodenende kommt. Sie wollen also nicht zu weit hinter ihre Benchmark zur¨
uckfal-
len. Somit k¨
onnte das Herdenverhalten und das Vertrauen in die nicht-fundamentale
Information erkl¨
art werden, welches sie ihrer Meinung nach vor weiterer Underperfor-
mance sch¨
utzt.
60
Durch diese Risikoeinstellung schließen die Fondsmanager f¨
alsch-
licherweise, dass lokale Wertpapiere mit einem geringeren Risiko behaftet sind als
ausl¨
andische.
61
Auf der anderer Seite k¨
onnte, wie auch Shiller, Kon-Ya und Tsutsui
(1996) argumentieren,
62
Wunschdenken helfen, den f¨
alschlicherweise wahrgenomme-
nen Informationsvorteil und den relativen Optimismus zu erkl¨
aren. Demnach deutet
58
Zum Overconfidence Bias vgl. u.a. Odean (1999), Russo und Schoemaker (1992) sowie Gervais
und Odean (2001).
59
Zum Dispositionseffekt vgl. u.a. Shefrin und Statman (1985) sowie Odean (1998).
60
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 11f
61
Vgl. L¨
utje, T. und L. Menkhoff (2004a), S. 14
62
Vgl. Shiller, R., F. Kon-Ya und Y. Tsutsui (1996), S. 158f
15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783836601665
DOI
10.3239/9783836601665
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2007 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
deutschland aktienportefeuille portfolio selection inland regionale präferenz behavioral finance asset allocation finanzwissenschaft investor dispositionseffekt
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