Seniorenmarketing im Tourismus
Handlungsempfehlungen für ein integratives Marketingkonzept für den Städtetourismus im Freistaat Sachsen
©2006
Diplomarbeit
108 Seiten
Zusammenfassung
Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Reise- und Tourismusmarkt unterliegt spürbar zahlreichen Veränderungen. Der Jugendmarkt schrumpft stetig und der Altenmarkt wächst rasant, weil sich die deutsche Alterspyramide immer mehr zum Pilz entwickelt. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte wird die Zahl der älteren Menschen größer sein, als die der Kinder. Aber nicht nur die quantitative Volumenzunahme der älteren Reisenden, sondern auch die Tatsache, dass sie über ein enormes Einkommen verfügen und dadurch eine hohe Kaufkraft für touristischen Konsum entsteht, verändern die Bedingungen im Reisesektor.
Die künftigen älteren Menschen sollen über Einkünfte aus Pensions- und Rentenansprüchen, angesparten Privatvermögen verfügen und in den nächsten 20 bis 30 Jahren Kapital in einer Höhe vererbt bekommen, wie dies in Deutschland zuvor noch nie der Fall war. Darüber hinaus kann gegenwärtig ein Wandel des gesellschaftlichen Wertessystems konstatiert werden. Die Wirtschaftswundergeneration wird von der 68er Generation abgelöst. Dieser Generationenwechsel ist die Erklärung für den Wertewandel der mit Veränderungen im Lebensstil und im Freizeit- und Reiseverhalten verbunden ist. Die künftigen Älteren werden andere touristische Gewohnheiten aufweisen.
Es wird geschätzt, dass der Reisemarkt der über 50-jährigen bis 2010 um 16 Millionen anwachsen wird; mit steigender Tendenz. Gegenwärtig verreisen über 65 Prozent der älteren Menschen regelmäßig. Ihre Reisefreudigkeit soll ununterbrochen bleiben, bereits jetzt schon haben sie außerhalb der Schul- und Semesterferien in bestimmten Tourismus-Segmenten das absolute Sagen. Die Reiseintensität der zukünftigen älteren Menschen wird sogar noch zunehmen.
Denn sie sollen Leute sein, die gebildeter, wohlhabender, lebenslustiger, reisefreudiger, mobiler und fortschrittlicher sind und sich dadurch von ihrer Vorgängergeneration deutlich unterscheiden. Grund dafür ist einerseits die verbesserte gesundheitliche Versorgung und andererseits die damit verbundene Mobilität. Ein Großteil der älteren Menschen ist aktiver und vitaler geblieben. Folglich fühlen sie sich nicht nur jünger als sie tatsächlich sind, sondern auch selbstbewusster. Sie stehen mitten im Leben und wollen weder als Senioren behandelt noch als solche bezeichnet werden.
Auch ihr Anspruchsdenken bezogen auf Qualität und Service unterscheidet sich deutlich von dem der Vorgängergenerationen. Ferner führen die Trends der verstärkten Nutzung von Billigflug-Angeboten […]
Der Reise- und Tourismusmarkt unterliegt spürbar zahlreichen Veränderungen. Der Jugendmarkt schrumpft stetig und der Altenmarkt wächst rasant, weil sich die deutsche Alterspyramide immer mehr zum Pilz entwickelt. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte wird die Zahl der älteren Menschen größer sein, als die der Kinder. Aber nicht nur die quantitative Volumenzunahme der älteren Reisenden, sondern auch die Tatsache, dass sie über ein enormes Einkommen verfügen und dadurch eine hohe Kaufkraft für touristischen Konsum entsteht, verändern die Bedingungen im Reisesektor.
Die künftigen älteren Menschen sollen über Einkünfte aus Pensions- und Rentenansprüchen, angesparten Privatvermögen verfügen und in den nächsten 20 bis 30 Jahren Kapital in einer Höhe vererbt bekommen, wie dies in Deutschland zuvor noch nie der Fall war. Darüber hinaus kann gegenwärtig ein Wandel des gesellschaftlichen Wertessystems konstatiert werden. Die Wirtschaftswundergeneration wird von der 68er Generation abgelöst. Dieser Generationenwechsel ist die Erklärung für den Wertewandel der mit Veränderungen im Lebensstil und im Freizeit- und Reiseverhalten verbunden ist. Die künftigen Älteren werden andere touristische Gewohnheiten aufweisen.
Es wird geschätzt, dass der Reisemarkt der über 50-jährigen bis 2010 um 16 Millionen anwachsen wird; mit steigender Tendenz. Gegenwärtig verreisen über 65 Prozent der älteren Menschen regelmäßig. Ihre Reisefreudigkeit soll ununterbrochen bleiben, bereits jetzt schon haben sie außerhalb der Schul- und Semesterferien in bestimmten Tourismus-Segmenten das absolute Sagen. Die Reiseintensität der zukünftigen älteren Menschen wird sogar noch zunehmen.
Denn sie sollen Leute sein, die gebildeter, wohlhabender, lebenslustiger, reisefreudiger, mobiler und fortschrittlicher sind und sich dadurch von ihrer Vorgängergeneration deutlich unterscheiden. Grund dafür ist einerseits die verbesserte gesundheitliche Versorgung und andererseits die damit verbundene Mobilität. Ein Großteil der älteren Menschen ist aktiver und vitaler geblieben. Folglich fühlen sie sich nicht nur jünger als sie tatsächlich sind, sondern auch selbstbewusster. Sie stehen mitten im Leben und wollen weder als Senioren behandelt noch als solche bezeichnet werden.
Auch ihr Anspruchsdenken bezogen auf Qualität und Service unterscheidet sich deutlich von dem der Vorgängergenerationen. Ferner führen die Trends der verstärkten Nutzung von Billigflug-Angeboten […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Janine Trobisch
Seniorenmarketing im Tourismus
Handlungsempfehlungen für ein integratives Marketingkonzept für den Städtetourismus
im Freistaat Sachsen
ISBN: 978-3-8366-0111-5
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Hochschule Bremen (FH), Bremen, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany
Vorwort
I
Vorwort
Das Zustandekommen dieser Arbeit, die im Studiengang international angewandte Frei-
zeitwissenschaft, im Jahr 2006, an der Hochschule Bremen als Diplomarbeit eingereicht
und angenommen wurde, erfuhr von vielen Seiten auf verschiedenste Art und Weise Un-
terstützung.
Maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieser Arbeit haben die Tourismus-Marketing-
Gesellschaft Sachsen GmbH, vertreten durch Frau Ramona Meyn, Produktmanagerin im
Städte- und Kulturtourismus Sachsen sowie das Umweltbundesamt, vertreten durch Frau
Christa Morawa, Fachgebietsleiterin Freizeit, Sport und Tourismus. Insbesondere durch
persönliche Bemühungen und den Möglichkeiten zum fachlichen Informationsaustausch
trugen sie wesentlich zum aktuellen Bezug der Arbeit bei.
Wertvolle Unterstützung erfuhr ich durch Frau Monika Clemens vom Heye Verlag und
Personen aus meinem Freundeskreis. Besonders möchte ich Frau Kirsten Koschig, Frau
Alyna Leinweber und Herrn Matthias Voelzke danken, die mir mit viel Unterstützung und
Anregungen während der letzten Monate der Fertigstellung zur Seite standen.
Besonderen Dank schulde ich meinem Vater, der mich mit außerordentlicher Geduld über
die gesamten Jahre des Studiums und vor allem während der letzten Monate der Erstel-
lung dieser Diplomarbeit unterstützte und ermutigt hat.
Dresden, November 2006
Janine Trobisch
Inhaltsverzeichnis
III
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
I
Inhaltsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis V
Abkürzungsverzeichnis VI
Tabellenverzeichnis VII
1
Einführung und Problemstellung...1
2
Zielsetzung und Abgrenzung des Themas... 4
3
Aufbau der Arbeit... 6
Teil I: Theoretischer Teil...7
4 Abgrenzung und Segmentierung des Seniorenmarktes... 7
4.1
Definitionen und Begriffsabgrenzung... 7
4.2
Ansätze zur Segmentierung des Seniorenmarktes... 8
4.2.1
Altersdimension... 9
4.2.2
Lebensphasen...
9
4.2.3
Lebensstiltypologien... 11
4.3
Zusammenfassung... 14
5
Aspekte des Seniorenmarketings... 15
5.1
Strategische Ansätze zur Erschließung des Seniorenmarktes im Tourismus.. 15
5.1.2
Reines Marketing... 15
5.1.3 Integrationsmarketing...
16
5.1.4 Kommuniziertes
Marketing...
16
5.1.5 Verdecktes
Marketing...
16
5.2
Integratives versus explizites Seniorenmarketing im Tourismus... 17
5.3 Zusammenfassung...
18
6
Charakterisierung eines integrativen Tourismus für ältere Menschen... 19
6.1
Begriffsdefinition Integration für das Marketing im Tourismus... 19
7
Gestaltungsempfehlungen für ein integratives Marketingkonzept
im Tourismus... 21
7.1 Produktpolitik...
21
7.1.1
Aspekte für die touristische Angebotsentwicklung... 21
7.1.2
Allgemeine Handlungsempfehlungen und Beispiele für die integrative
Produktentwicklung...
28
7.2
Marketingkommunikation... 30
7.2.1
Kriterien für die Gestaltung von Printmedien... 30
7.2.2
Kriterien für die Gestaltung von Internetseiten... 33
Inhaltsverzeichnis
IV
8
Allgemeine Trends im Seniorentourismus... 36
8.1 Reiseverhalten...
36
8.2 Reiseintensität...
38
8.3 Reiseart...
38
8.4 Reiseverkehrsmittel...
38
8.5 Urlaubsreiseziel...
39
8.6 Urlaubsunterkunft...
39
Teil II: Empirischer Teil... 39
9
Empirische Untersuchung... 39
9.1
Ziel der Untersuchung... 39
9.2 Untersuchungsregion...
40
9.3
Allgemeine Daten zum Tourismus in der Untersuchungsregion... 40
9.3.1
Marktsegmente und Positionierung... 40
9.3.2
Marktpositionierung des Seniorentourismus in Sachsen... 41
9.3.3
Soziodemographische Merkmale des Sachsenurlaubers... 41
9.4
Untersuchungssubjekte... 43
9.5
Untersuchungsthemen... 43
9.6
Methode der Untersuchung... 43
9.7
Methode der Auswertung...44
10 Auswertung der Experteninterviews... 44
10.1
Themenblock 1: Definition, Einsatz, Bedeutung des Seniorenmarketings... 44
10.2
Themenblock 2: Definition und Abgrenzung der Zielgruppe der Senioren... 52
10.3
Themenblock 3: Aspekte und Umsetzung des Seniorenmarketings... 54
10.4
Themenblock 4: Ergebniskontrolle, Auswirkungen des Seniorenmarketings... 58
10.5
Themenblock 5: Zukunftsperspektiven des Seniorenmarketings... 59
10.6
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen... 59
Teil III: Praxisteil... 62
11 Handlungsempfehlungen für ein integratives Marketingkonzept am
Beispiel der Stadt Torgau... 62
11.1 Allgemeine
Handlungsempfehlungen...
63
11.2
Handlungsempfehlungen für das Onlinemarketing... 66
11.3
Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Printmedien... 69
11.4
Beispiele für ein integratives Stadtangebot für ältere Menschen...71
12 Schlussbetrachtungen und Ausblick... 75
Literaturverzeichnis... 80
Anhang... 88
Abbildungsverzeichnis
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Life-Style-Dimensionen... 11
Abbildung 2: Neue Mitte und neue Zielgruppenansprache... 13
Abbildung 3: Die Angebots-Ansprache Matrix... 15
Abbildung 4: Marktanteile einzelner Reisesegmente 2005... 41
Abbildung 5: Altersstruktur der Sachsenurlauber 2005... 42
Abbildung 6: Änderung der Altersstruktur der Sachsenurlauber 1999-2005... 42
Abbildung 7: Aufteilung der Anzeigen nach werbenden Branchen... 88
Abbildung 8: Beispiele für textliche Variationen für unterschiedlich
alte
Zielgruppen...
92
Abbildung 9: Tourismus-Internetseite der Stadt Torgau... 98
Abbildung 10: Internetseite der Stadt Torgau... 98
Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CD Corporate
Design
DTV
Deutscher Tourismusverband, Frankfurt
Dwif
Deutsches wirtschaftswissenschaftliche Institut für
Fremdenverkehr, Berlin
E-Mail Electronic
Mail
e.V. eingetragener
Verein
F.U.R.
Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V., Hamburg
Hrsg. Herausgeber
i.d.S.
in diesem Sinne
i.d.R.
in der Regel
ITB
Internationale Tourismusbörse Berlin
Mio. Millionen
N
Anzahl der Befragten
Nr. Nummer
o.J. ohne
Jahresangabe
o.V. ohne
Verfasserangabe
ÖPNV Öffentlicher
Personennahverkehr
RA Reiseanalyse
S. Seite(n)
TAB
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim deutschen
Bundestag, Berlin
TMGS
Tourismus-Marketing-Gesellschaft Sachsen, Dresden
USP
Unique Selling Point Proposition
WTO
World Tourism Organisation
z.B.
zum Beispiel
Tabellenverzeichnis
VII
Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1: Phasen des Familienlebenszyklus-Konzeptes...9
Tabelle 2: Angebote für die Integration älterer Menschen im Tourismus...28
Tabelle 3: Kriterien für die Gestaltung von Printmedien für ältere Menschen... 31
Tabelle 4: Kriterien für die Gestaltung von Internetseiten für ältere Menschen... 34
Tabelle 5: Urlaubsverhalten nach dem 60. Geburtstag...37
Tabelle 6: Begriffsdefinition Seniorenmarketing...44
Tabelle 7: Einsatz von Seniorenmarketing...45
Tabelle 8: Mit dem Einsatz von Seniorenmarketing verfolgte Ziele... 45
Tabelle 9: Geplanter Einsatz von Seniorenmarketing... 46
Tabelle 10: Hinweis auf das Segment des Seniorentourismus
durch
Marketinginstitutionen...
47
Tabelle 11: Hinweis auf das Segment des Seniorentourismus
durch touristische Anbieter... 48
Tabelle 12: Gründe für den Einsatz von Seniorenmarketing... 48
Tabelle 13: Gründe für den Nicht-Einsatz von Seniorenmarketing... 49
Tabelle 14: Chancen des Einsatzes von Seniorenmarketing...49
Tabelle 15: Risiken, die mit dem Einsatz von Seniorenmarketing verbunden sind...50
Tabelle 16: Gegenwärtige Bedeutung des Seniorenmarketings im Tourismus... 51
Tabelle 17: Definition und Abgrenzung der Zielgruppe der Senioren... 52
Tabelle 18: Kriterien zur Abgrenzung der Zielgruppe Senioren... 52
Tabelle 19: Marktsegmente im Seniorenreisemarkt... 53
Tabelle 20: Zentrale Aspekte für die Umsetzung von Seniorenmarketing... 54
Tabelle 21: Voraussetzungen für die Produktgestaltung... 55
Tabelle 22: Voraussetzungen für die Kommunikation im Onlinemarketing...56
Tabelle 23: Voraussetzungen für die Kommunikation mit Printmedien...57
Tabelle 24: Durchführung einer Ergebniskontrolle... 58
Tabelle 25: Bedeutung der Zielgruppe Senioren für das zukünftige Stadtmarketing... 59
Tabelle 26: Segmentierungsmodelle...89
Tabelle 27: Rangfolge bedeutender Werte für die jeweilige Generation...101
Einführung und Problemstellung
1
1 Einführung und Problemstellung
,,Markets have changed; it's time for marketing to change!"
Der Reise- und Tourismusmarkt unterliegt spürbar zahlreichen Veränderungen. Der Ju-
gendmarkt schrumpft stetig und der Altenmarkt wächst rasant, weil sich die deutsche Al-
terspyramide immer mehr zum Pilz entwickelt. Zum ersten Mal in der Menschheits-
geschichte wird die Zahl der älteren Menschen größer sein, als die der Kinder.
1
Aber nicht
nur die quantitative Volumenzunahme der älteren Reisenden, sondern auch die Tatsache,
dass sie über ein enormes Einkommen verfügen und dadurch eine hohe Kaufkraft für tou-
ristischen Konsum entsteht, verändern die Bedingungen im Reisesektor. Die künftigen
älteren Menschen sollen über Einkünfte aus Pensions- und Rentenansprüchen, angespar-
ten Privatvermögen verfügen und in den nächsten 20 bis 30 Jahren Kapital in einer Höhe
vererbt bekommen, wie dies in Deutschland zuvor noch nie der Fall war.
2
Darüber hinaus
kann gegenwärtig ein Wandel des gesellschaftlichen Wertessystems konstatiert werden.
Die Wirtschaftswundergeneration wird von der 68er Generation abgelöst.
3
Dieser Genera-
tionenwechsel ist die Erklärung für den Wertewandel der mit Veränderungen im Lebensstil
und im Freizeit- und Reiseverhalten verbunden ist. Die künftigen Älteren werden andere
touristische Gewohnheiten aufweisen. Es wird geschätzt, dass der Reisemarkt der über
50-jährigen bis 2010 um 16 Millionen anwachsen wird; mit steigender Tendenz. Gegen-
wärtig verreisen über 65 Prozent
4
der älteren Menschen regelmäßig. Ihre Reisefreudigkeit
soll ununterbrochen bleiben, bereits jetzt schon haben sie außerhalb der Schul- und Se-
mesterferien in bestimmten Tourismus-Segmenten das absolute Sagen.
5
Die Reiseinten-
sität der zukünftigen älteren Menschen wird sogar noch zunehmen.
6
Denn sie sollen Leu-
te sein, die gebildeter, wohlhabender, lebenslustiger, reisefreudiger, mobiler und fort-
schrittlicher sind und sich dadurch von ihrer Vorgängergeneration deutlich unterscheiden.
Grund dafür ist einerseits die verbesserte gesundheitliche Versorgung und andererseits
die damit verbundene Mobilität. Ein Großteil der älteren Menschen ist aktiver und vitaler
geblieben. Folglich fühlen sie sich nicht nur jünger als sie tatsächlich sind, sondern auch
selbstbewusster. Sie stehen mitten im Leben und wollen weder als Senioren behandelt
noch als solche bezeichnet werden. Auch ihr Anspruchsdenken bezogen auf Qualität und
Service unterscheidet sich deutlich von dem der Vorgängergenerationen. Ferner führen
1
vgl. Schirrmacher, F. (2004), S. 11.
2
vgl. Petermann, T.; Revermann, C.; Scherz, C. (2005), S. 53 f.
3
vgl. Neunzig,W. (2000), S. 711.
4
vgl. o.V. (2006), S. 66.
5
vgl. Löffler, H. (2006), S. 128.
6
vgl. Paschinger, H. (2004), S. 60.
Einführung und Problemstellung
2
die Trends der verstärkten Nutzung von Billigflug-Angeboten
7
und die steigende Internet-
nutzung für Reisebuchungen
8
zu drastischen Veränderungen im Tourismussektor. Für die
heutigen älteren Menschen steht bereits jetzt schon die Internetnutzung zur Erlangung
von Informationen über Reise und Urlaub an erster Stelle.
9
Dieses bequeme Informations-
und Buchungsverhalten wird bei der zukünftigen Generation der älteren Menschen zur
Normalität werden.
All die unverkennbaren Veränderungen offenbaren uns: Die älteren Menschen werden die
Zukunft des Tourismus
10
bestimmen! Das dies ein Umdenken im touristischen Marketing
erfordert, zeigt die Aktualität des Themas Seniorenmarketing. Zwar befasste sich die Wis-
senschaft bereits Anfang der 70er Jahre mit dem Seniorenmarkt, aber es dauerte ca. 15
bis 20 Jahre bis endlich auch die Unternehmen begannen, sich damit auseinander zu
setzen.
11
Der dritte Sektor, die sozialen und kirchlichen Einrichtungen, widmeten sich zu-
erst der älteren Zielgruppe.
12
In der Wirtschaft gehört die Beiersdorf AG zu den Pionieren,
weil sie die demographischen Veränderungen und den eingetretenen Wertewandel früh-
zeitig erkannte und ein erfolgreiches Marketingkonzept für die Zielgruppe der Senioren
entwickelte.
13
In der Tourismusbranche gelten die TUI AG und Studiosus Reisen als
Trendsetter, die mit integrativen Produkt- und cleveren Kommunikationskonzepten den
Reisemarkt älterer Menschen bewerben.
14
Auf der Internationalen Tourismusbörse 2006
in Berlin stellte als einziges Bundesland, die schleswig-holsteinische Marketinggesell-
schaft erstmals eine innovative Produktkonzeption für den älteren Touristen vor. Dennoch
herrscht Zurückhaltung im Seniorenmarketing für den Tourismus. Die bisherigen Anstren-
gungen um den Seniorenmarkt zu bewerben, werden momentan nur mit verminderter
Energie vorangetrieben.
15
Eine Statistik, aufgeteilt in Branchen bzw. Produktgruppen ver-
deutlicht, dass der Tourismussektor neben der Medienbranche und dem Sozialbereich
gegenwärtig lediglich mit insgesamt vier Prozent den vierten Platz einnimmt.
16
Das mag
einerseits in der schwierigen Einschätzung dieser neuen Zielgruppe liegen. Keine andere
Verbrauchergruppe ist in sich so heterogen, wie die der älteren Menschen. Im Laufe ihres
7
vgl. http://<www.s-tourismusbarometer.de>
8
vgl. FVW International (2006b), S. 26.
9
Mit 73% liegt das Thema ,,Reise und Urlaub" auf Rang eins bei der Internetnutzung älterer
Menschen. vgl. <http:// www.50plus-ans-Netz.de>
10
Laut WTO umfasst der Tourismus, ,,...die Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer
gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu Freizeit-, Geschäfts- oder bestimmten anderen
Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbrechung aufhalten." Freyer, W. (2004), S. 5.
11
vgl. Rutishauser, F. (2004), S. 45.
12
vgl. Härtl-Kasulke, C. (1998), S.100.
13
vgl. Härtl-Kasulke, C. (1998), S. 6.
14
vgl. Michael, B. M. (2006), S.114.; Meyer-Hentschel, G.(2004), S. 32.
15
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S. 18.
16
vgl. Löffler, H. (2006), S. 128. Siehe Statistik im Anhang 1
Einführung und Problemstellung
3
Lebens haben sie alle unterschiedliche Lebenserfahrungen gesammelt, die im Wesentli-
chen ihr Konsumverhalten prägen und somit individuelle Verhaltensweisen aufzeigen.
17
Andererseits stellt mangelndes Wissen über die Wünsche und Nutzenerwartungen der
älteren Menschen für meist junge Marketingverantwortliche eine beachtliche Hürde für die
Produktkonzeption dar.
18
Aber um diese Zielgruppe präzise erreichen zu können, ist es
unabdingbar, differenzierte Marketingkonzepte zu entwickeln, die Lebenssituation und
-ziele sowie die Bedürfnisse der älteren Menschen adäquat berücksichtigen. Dabei ist so-
wohl eine sensible Ansprache in der Marketingkommunikation als auch eine zielgruppen-
gerechte Gestaltung der touristischen Angebote zwingend erforderlich. Deshalb wurden in
den vergangenen Jahren die älteren Menschen hinsichtlich ihres Lebensstiles, ihrer Ver-
haltensweisen sowie ihrer Bedürfnisse intensiv untersucht, um strategische Ansätze für
die Segmentierung des Marktes entwickeln zu können. Der Segmentierungsansatz nach
Lebensstilen ist für die Marktbearbeitung im Tourismus am besten geeignet. Auf dessen
Grundlage lassen sich zielgruppengerechte touristische Angebote entwickeln. Die Grey-
Studie liefert wichtige Ergebnisse zur Alterseinschätzung älterer Menschen. Demnach ist
das gefühlte Alter dem tatsächlichen Alter nicht gleichzusetzen. Diese Tatsache forciert
ein Umdenken in der touristischen Marketingkommunikation und deutet somit auf die An-
wendung eines integrativen Seniorenmarketings im Tourismus hin.
Problemstellung
Der Städte- und Kulturtourismus
19
ist ein besonders umsatzstarkes Segment im Deutsch-
landtourismus und erlebt derzeit einen überproportionalen Aufschwung. Gründe dafür sind
die steigende Anzahl von Kurzurlauben, die starke Expansion der Low-Cost-Carrier sowie
die Attraktivität von Städte-, Kultur- und Eventreisen insgesamt.
20
Städte- und Kulturreisen
sind die wichtigsten Reisearten, nicht nur für ausländische Gäste, sondern zunehmend
auch im hohen Maße für die älteren Touristen.
21
Mit einem Zuwachs von +4,1 Prozent ist
das Land Sachsen Marktführer im Städtetourismus.
22
Der Anteil an internationalen Gästen stieg vom Januar bis Mai 2006 um 8,8 Prozent ge-
genüber dem Vorjahreszeitraum.
17
vgl. Härtl-Kasulke, C. (1998), S. 6 f.
18
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S. 18.
19
Der DTV definiert Tourismus in Städten nach den Schwerpunkten Kulturorientierter
Städtetourismus (Hauptmotive: Stadterlebnis und -besichtigung, Kunst-/Kultureinrichtungen
sowie Städtetourismus mit anderen Motiven (berufliche Gründe, Shopping, Verw.-, Bekannten-
Besuche, Essen und Trinken, Veranstaltungen). Allerdings wird es nie eine präzise Abgrenzung
geben. vgl. Dwif-Consulting GmbH, (2006b), S. 2.
20
vgl. http://<www.s-tourismusbarometer.de>; Braune, T. (2006), S. 2.
21
vgl. Mayr, D. (2006), S. 26.
22
vgl. http://<www.s-tourismusbarometer.de>
Zielsetzung und Abgrenzung des Themas
4
Damit erhöhte sich der Anteil ausländischer Städtereisender von 100.000 vom Vorjahr auf
1,1 Millionen.
23
Ebenso im Segment der älteren Reisenden wird für den Freistaat Sachsen
ein außerordentliches Wachstum konstatiert.
Vor den eingangs erwähnten Veränderungen im Tourismussektor und Sachsens günsti-
ger Ausgangsposition ist es eindeutig, dass die sächsische Tourismuswirtschaft und das
damit verbundene Tourismusmarketing sowohl auf die mengenmäßige Zunahme des
Marktsegments der älteren Menschen als auch auf die wachsende Bedeutung des Städte-
und Kulturtourismus reagieren muss. In der landes- und regionalen Tourismusindustrie
kann eine dauerhafte wettbewerbs- und konkurrenzfähige Position nur erreicht werden,
wenn sich diese auf eine zielgruppengerechte Marktbearbeitung mit bedürfnisgerechter
Produktentwicklung und adäquater Marketingkommunikation einstellt.
Im Freistaat Sachsen sowie auf regionaler Ebene des Stadtmarketings ist es unklar, ob
und inwieweit die neuesten Erkenntnisse im Seniorenmarketing bereits eingesetzt wer-
den. Offener Forschungsbedarf besteht in der konkreten Ausgestaltung des Seniorenmar-
ketings für die touristische Produktkonzeption und die damit verbundene Werbemittelkom-
munikation für ältere Menschen. Aus diesem Grunde ist zu klären, inwiefern in der Ver-
marktung ausgewählter Tourismusstädte des Freistaates Sachsen bereits spezifische
Maßnahmen für die Bearbeitung des Seniorenmarktes ergriffen werden und was bei der
Gestaltung des Marketing-Mix zu beachten ist.
2 Zielsetzung und Abgrenzung des Themas
Die Diplomarbeit soll den Entwicklungsstand des Seniorenmarketings im Freistaat Sach-
sen aufzeigen, das heißt, inwieweit und in welcher Form Seniorenmarketing von den
sächsischen Marketinggesellschaften beachtet und betrieben wird.
Dabei sollen folgende Nebenziele erfüllt werden:
-
Erläuterung der zentralen Aspekte des Seniorenmarketings im Tourismus
-
Aufzeigen von Gestaltungsempfehlungen für die Produktentwicklung und Marke-
tingkommunikation touristischer Angebote
-
Darstellung der allgemeinen Trends im Seniorentourismus
23
vgl. Schanzmann, S. (2006), S. 6.
Zielsetzung und Abgrenzung des Themas
5
-
Empirische Überprüfung des Einsatzes von Seniorenmarketing in den sächsischen
Marketinggesellschaften
-
Entwicklung praktischer Empfehlungen für die Ausgestaltung eines an den Be-
dürfnissen der Senioren orientierten Marketing-Mix am Beispiel der Stadt Torgau
Abgrenzung der Arbeit
Obwohl im Titel der Diplomarbeit der Begriff ,,Senioren" gebraucht wird, wird dieser Aus-
druck bis auf wenige Ausnahmen, kaum verwendet werden. Wie bereits einige Autoren,
vertritt die Verfasserin dieser Arbeit den Standpunkt, dass das Image des Begriffs ,,Senior"
momentan negativ behaftet ist und auch so bleiben wird. Dies gilt sogar im verstärkten
Maße für die zukünftigen älteren Menschen. Die Bezeichnung ,,Senior" wurde vor einigen
Jahren anstelle des Ausdrucks ,,alt" eingeführt, um dieses Wort ,,alt" zu beschönigen.
24
Denn Seniorenmarketing hört sich schöner an, als Altenmarketing.
Die gängigen Modewörter wie Best Ager oder Baby Boomer finden in dieser Arbeit keine
Anwendung, weil sie in unterschiedlichen Untersuchungen individuell charakterisiert und
festgelegt werden. Ebenso eine Begriffsbezeichnung die auf das chronologische Alter
50plus hindeutet, erachtet die Verfasserin als nicht sinnvoll, weil damit eine Ausgrenzung
für jene Menschen erfolgt, die sich subjektiv als ältere Person empfinden, aber chronolo-
gisch betrachtet, dieser Personengruppe noch nicht zugehörig sind. In dieser Arbeit wird
deshalb der allgemeine Begriff ,,ältere Menschen" verwendet.
Im Bezug auf den Marketing-Mix, bezieht sich die Verfasserin nur auf die Produkt- und
Kommunikationspolitik. Nach Auffassung der Autorin sind diese Aspekte für ein integrati-
ves Seniorenmarketing am bedeutungsvollsten. Aufgrund des begrenzten Zeitumfangs
einer Diplomarbeit werden die Preis- und Distributionspolitik daher außer Acht gelassen.
Die empirische Untersuchung erstreckt sich nur auf den Einsatz und die Verbreitung von
Seniorenmarketing bei den städtischen Marketinggesellschaften. Aufgrund des begrenz-
ten Zeitumfangs und der begrenzten Ressourcen wurde keine repräsentative Erhebung
bei allen am Städtetourismus beteiligten Dienstleistern durchgeführt. Um eine konkretere
Situationsanalyse zu erhalten, ist es aber sinnvoll weitere touristische Unternehmen zu
befragen. Es besteht also offener Forschungsbedarf bei weiteren sächsischen Tourismus-
Anbietern wie beispielsweise Museen, Theater, Galerien, Hotels, Kirchen, Freizeiteinrich-
tungen, der sächsischen Dampfschifffahrt sowie den Schmalspur- und Bergbahnen. Im
24
vgl. Gaube, G. (1995), S.6. ; Krieb, C.; Reidl, A. (2001) S. 83. ; Hunke, G. (2006), S. 166.
Aufbau der Arbeit
6
Praxisteil werden nur einige Handlungsempfehlungen für die Kommunikationspolitik und
Beispiele für zielgruppengerechte touristische Angebote am Beispiel der Stadt Torgau
aufgezeigt. Eine umfassende Entwicklung einer Marketing-Konzeption, inklusive strategi-
scher Grundsatzentwurf und detaillierter operativer Marketingmaßnahmen würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen.
3 Aufbau der Arbeit
Die Diplomarbeit ist in einen theoretischen, einen empirischen und einen praktischen Teil
gegliedert. Nach der Einführung in die Thematik, beginnt mit dem vierten Kapitel der theo-
retische Teil der Arbeit. Dort wird zunächst eine Definition und Begriffsabgrenzung der
Zielgruppe der älteren Menschen vorgenommen. Des Weiteren werden verschiedene
Ansätze zur Segmentierung des Seniorenmarktes vorgestellt. Im fünften Kapitel werden
strategische Ansätze zur Erschließung des Seniorenmarktes im Tourismus aufgezeigt.
Das integrative Seniorenmarketing nimmt für die künftige Generation der älteren Men-
schen einen besonders hohen Stellenwert ein, worauf ausführlich im Kapitel sechs einge-
gangen wird. Auf der Basis der Informationen aus den vorangegangenen Kapiteln werden
im siebten Kapitel wichtige Gestaltungsempfehlungen für ein integratives Marketingkon-
zept in Bezug auf die Produkt- und die Kommunikationspolitik gegeben. Im achten Kapitel
werden die aktuellen Trends im Seniorentourismus dargestellt. Das neunte und zehnte
Kapitel bildet den empirischen Teil der Arbeit, in dem der Einsatz von Seniorenmarketing
in sächsischen Marketinggesellschaften empirisch untersucht und ausgewertet wird. Der
praktische Teil beginnt mit dem 11 Kapitel und enthält konkrete Umsetzungsvorschläge
und Handlungsempfehlungen für ein integratives Marketing im Städtetourismus am Bei-
spiel der Stadt Torgau. Den Abschluss der Arbeit bildet das zwölfte Kapitel mit einer Zu-
sammenfassung und einem Ausblick.
Theoretischer Teil
7
Teil I: Theoretischer Teil
4 Abgrenzung und Segmentierung des Seniorenmarktes
Um die Senioren gezielt erreichen zu können, wird zuerst eine Identifikation und Abgren-
zung dieser Konsumentengruppe vorgenommen, weil mit steigendem Alter eine zuneh-
mende individuelle Differenzierung der Konsumbedürfnisse eintritt. Gaube sagt: ,,Die Un-
terschiede zwischen den Menschen werden umso größer, je älter sie werden. Eine Grup-
pe von 18jährigen ist sich ähnlicher als eine Gruppe 60jähriger."
25
4.1 Definition und Begriffsabgrenzung
Wenn wir vom Seniorenmarkt sprechen, denken wir an ältere Menschen. Über die Ver-
wendung des Begriffs ,,Senior" gibt es in der Literatur zwei wesentliche Meinungen. In
unserer Gesellschaft in Europa ist dieses Wort teils negativ belastet, da die damit ange-
sprochenen älteren Menschen meist sehr sensibel darauf reagieren. In Amerika, China
oder Japan hat sich dieses Wort sehr positiv etabliert, weil darunter Menschen verstanden
werden, die sich durch eine immense Lebenserfahrung auszeichnen.
26
Die aktuellen Beg-
riffsbezeichnungen in der Welt der Forschung und des Marketing sind die Best Ager, Baby
Boomer oder die 50plus Generation.
Eine präzise Definition der Zielgruppe Senioren gibt es nicht. Die Literatur ist sich nicht
einig, wie die Altersgrenzen zu ziehen sind. Die ,,Trierer Seniorenstudie" kam zu dem Er-
gebnis, dass sich die Mehrheit älterer Menschen ab der Altersgrenze 70 Jahre als Senior
bezeichnet.
27
Andere Studien zeigen, dass das minimale Alter je nach Autor und For-
schungsinteresse zwischen 45 und 65 Jahren liegt.
28
Der derzeit geläufigste und am häu-
figsten verwendete Begriff für die Abgrenzung der Zielgruppe der Senioren nennt sich
50plus.
29
Man hört ihn auch im Rahmen der Beschäftigungspolitik.
Die meisten Autoren definieren Senioren ab einem Alter von 50 Jahren, egal ob sie be-
rufstätig sind oder nicht. Das liegt darin begründet, dass, wenn die Kinder das Elternhaus
verlassen haben, der Berufsausstieg in greifbare Nähe rückt oder man in den Vorruhe-
stand eintritt, die nun zur Verfügung stehende Zeit neu strukturiert und gestaltet werden
25
Gaube, G.(1995), S. 25.
26
vgl. Haimann, R. (2005), S. 127.; Krieb, C.; Reidl, A. (1999), S. 86.
27
vgl. Die Ergebnisse der ,,Trierer Seniorenstudie" wurden im Rahmen der Dissertation von Brigitte
Kölzer aufgearbeitet. vgl. Kölzer (1995), S. 35 f.
28
vgl. Moschis, G. P (1992), S. 13. ; Sauermann, C. zitiert in: Disch, K. A. (2000), S. 24.
29
vgl. Neunzig, W. (2000), S. 711.; vgl. Meyer-Hentschel, G. (2004), S. 10. Die Bezeichnung
,,50plus" geht auf die Begründer des Seniorenmarketings Meyer-Hentschel zurück, die so
ihren gesamten Geschäftsbereich benennen.
Theoretischer Teil
8
muss.
30
Ein neuer Tagesablauf beginnt. In der Literatur wird dieser Lebensabschnitt als
Phase der Neuorientierung bezeichnet. Trotz der Aktualität dieser Begriffsabgrenzung und
-bezeichnung 50plus, benutzt die Verfasserin in der vorliegenden Arbeit, wie eingangs
erwähnt, den Begriff des ,,älteren Menschen".
Sie möchte damit dem Umstand Rechnung tragen, das sich jeder ohne die chronologi-
sche Maßgabe ,,50plus" frei entscheiden kann, ob sie oder er sich als alt oder älterer
Mensch sieht. Andererseits betrachtet sie konzeptionelle Marketingaktivitäten, die als
,,50plus" deklariert werden, in Wahrheit aber auf ältere Konsumentengruppen abzielen, als
Etikettenschwindel.
4.2 Ansätze zur Segmentierung des Seniorenmarktes im Tourismus
Der Seniorenmarkt wird als heterogen bzw. uneinheitlich charakterisiert, weil die älteren
Menschen eine enorme Bandbreite verschiedener Merkmale aufweisen und sich dadurch
unterscheiden.
31
Das genaue Alter, einzelne Lebensphasen sowie der bisherige Lebens-
stil sind Kriterien, anhand derer man versucht, den Seniorenmarkt abzugrenzen und zu
segmentieren.
Unter Marktsegmentierung wird die Teilung eines heterogenen Gesamtmarktes in deutlich
abgegrenzte, möglichst homogene Teilmärkte oder Marktsegmente verstanden.
32
Markt-
segmente sind Konsumentengruppen, welche sich bezüglich ihrer Bedürfnisse, Typ und
Verhalten ähneln und dadurch potenzielle Nachfrager für bestimmte Angebote sind.
33
Die
Marktsegmentierung ist Grundlage für das Marketing.
Kotler versteht Marketing als ,,...eine Unternehmensform, die unerfüllte Wünsche ermittelt,
ihr Ausmaß und ihre mögliche Rentabilität definiert, die geeigneten Zielmärkte festlegt,
geeignete Produkte, Dienstleistungen und Programme kreiert, um diese Märkte zu bedie-
nen, und an jeden Einzelnen im Unternehmen appelliert, an den Kunden zu denken und
ihn zu bedienen."
34
Im Marketing werden dazu die Instrumente der Produkt-, Preis-, Kommunikations- und
Distributionspolitik eingesetzt.
Segmentierungen nach Alter und Lebensphase sind für die touristische Marketingkonzep-
tion kaum relevant, sie werden daher im folgenden nur kurz erläutert. Entscheidend ist die
Segmentierung nach dem Lebensstil. Diese wird in Bezug auf ihre Bedeutung für das tou-
ristische Marketing ausführlicher erklärt.
30
vgl. Härtl-Kasulke, C. (1998), S. 14. ; Fösken, S. (2006), S. 32.
31
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S. 13.
32
vgl. Kotler,P., Bliemel, F. (2001), S. 425.
33
vgl. Ritschard, M. (2005), S. 1.
34
Kotler, P. (2004) S. 12.
Theoretischer Teil
9
4.2.1 Abgrenzungskriterium Alter
Krieb und Reidl differenzieren die jungen Senioren (bis 75 Jahre) von den alten Senioren
(über 75 Jahre).
35
Die Segmentierung des Seniorenmarktes nach Altersdimensionen hat
sich nicht durchgesetzt. Nach Ansicht der meisten Autoren bietet die Einteilung nach dem
chronologischen Gesichtspunkt keine aussagefähige Grundlage. Peskes vertritt den
Standpunkt: ,,Auf das Marketing bezogen, schlägt sich die chronologische Segmentie-
rungsschwierigkeit in einer ebenfalls nicht vorhandenen klar definierten Abgrenzung des
Alters nieder."
36
Alt sein und Altern ist sowohl Einstellungssache als auch ein sehr indivi-
dueller Prozess und wird es immer bleiben. Jemand der 60 Jahre alt ist, kann sich jünger
fühlen als ein 55-jähriger. Eine rein chronologische Einteilung unterschlägt das tatsächli-
che Altersgefühl maßgeblich und kann deshalb nicht die Grundlage eines geeigneten
Segmentierungskriteriums sein.
4.2.2 Abgrenzungskriterium Lebensphase
Im Laufe seines Lebens tritt der Mensch in verschiedene Lebensabschnitte ein.
Diese Phasen umfassen die Kindheit, die Jugend, das Erwachsenendasein und das Alt-
werden bis zum Tod. Das Familienlebenszykluskonzept nach Federsel-Lieb bezieht die
soziodemographischen Kriterien des Alters, der Haushaltsgröße, das Einkommen sowie
die Pensionierung mit ein. Die nachfolgende Tabelle visualisiert die Phaseneinteilung des
Familienlebenszykluskonzeptes:
Tabelle 1: Phasen des Familienlebenszyklus - Konzeptes
37
Familienlebenszyklusphase
Merkmale der Person in dieser Phase
1. Junggesellin/ Junggeselle
Jung, Single, eigenes Heim
2. Jung Verheiratete
Junge Paare ohne Kinder
3. Volles Nest I
Paare mit sehr kleinen Kindern
4. Volles Nest II
Paare mit älteren Kindern
5. Leeres Nest I
Ältere arbeitende Paare ohne zu Hause lebende Kinder
6. Leeres Nest II
Ältere pensionierte Paare ohne zu Hause lebende Kinder
7. Witwe/ Witwer
Alt, pensioniert, Verlust des Ehegatten
35
vgl. Krieb, C., Reidl, A. (2001). S. 28 f.
36
Peskes, M. (2001), S. 17.
37
vgl. Cooper, P. D., Miaoulis, G. (1988), S.90., zitiert in: Federsel-Lieb, C. (1992), S. 13.
Theoretischer Teil
10
Zentrale Aussage dieses Konzeptes ist, dass Menschen in der gleichen Lebensphase ein
ähnliches Konsumentenverhalten
38
aufweisen, das sich mit dem Übergang in eine neue
Phase verändert. Dem Seniorensegment lassen sich die Konsumenten zuordnen, die im
Familienlebenszyklus unter Punkt 5, 6 und 7 aufgezeigt werden. Deshalb ist es zweck-
mäßig, die Menschen dieser drei Lebenszyklusphasen zu einem einheitlichen Segment
zusammenzufassen.
39
Entsprechend der heutigen Situation ist eine Segmentierung des Seniorenmarktes nach
dem Lebensphasenkonzept hierfür nicht mehr geeignet. Die in der Tabelle angeführten
Familienlebenszyklusphasen werden nach Ansicht der Verfasserin in dieser starren Kate-
gorisierung nicht mehr existieren. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Die Lebenszyklusphase unter Punkt 7 wird sich weiter vergrößern und die der Verheirate-
ten mit und ohne Kinder schrumpfen. Heutzutage spricht man bereits von Patchworkfami-
lien, die sich herausbilden und somit eine neue Lebensphase und -form signalisieren.
Die zunehmende Individualisierung der jungen Menschen wächst; allerdings könnten die
Singlehaushalte durch Wohngemeinschaften kompensiert werden, wodurch neue, andere
Lebensphasen entstehen.
Die steigende Anzahl alleinstehender älterer Menschen, insbesondere die Anzahl älterer
weiblicher Personen verursachen eine neue Gewichtung im Lebenszykluskonzept. Be-
sonderes Augenmerk gilt den alleinstehenden Frauen, denn diese werden die größte
Konsumentengruppe in der Zukunft bilden.
40
Die steigende Lebenserwartung lässt auch eine weitere Gruppe anwachsen die der
Groß- und Urgroßeltern. Für Reiseveranstalter könnten diese Konsumentengruppen zu
einer lohnenswerten Marktnische werden.
41
Durch die Globalisierung und die damit verbundene Zuwanderung von Menschen ver-
schiedenster Nationalitäten könnten zukünftig Mehrgenerationenhaushalte entstehen. Das
Zusammenleben solcher Großfamilien vereinigt die unterschiedlichsten Lebensphasen.
Die dadurch entstandenen Mischformen und Überlagerungen weichen die starre Katego-
risierung des Lebensphasenkonzeptes allmählich auf.
38
Konsumentenverhalten ist das Verhalten der Menschen beim Kauf und Konsum von
wirtschaftlichen Gütern. vgl. Kroeber-Riel, W., Weinberg, P.(2003), S. 3.
39
vgl. Federsel-Lieb, C. (1992), S.13 f.
40
vgl. Ligges, M. (2005), S. 54 f.
41
vgl. Lewis, H. (1997), S.102.
Theoretischer Teil
11
4.2.3 Abgrenzungskriterium
Lebensstiltypologien
Den Segmentierungsansatz nach Lebensstilen bzw. Lifestyle-Dimensionen entwickelte
das Institut für Gesellschaft und Konsumforschung in Zusammenarbeit mit der Agentur für
Generationenmarketing. Nach Kotler/ Bliemel wird unter dem Lifestyle bzw. Lebensstil:
,,...das sich in den Aktivitäten, Interessen und Einstellungen manifestierende Muster der
Lebensführung einer Person" verstanden.
42
Die Einstufung in ein Segment erfolgt entlang
der drei Achsen bzw. Lebensstil-Dimensionen lebensbejahend-positiv versus negativ-
kritisch, (welt)offen-liberal versus zurückgezogen-konservativ und aktiv-progressiv versus
passiv-resignativ.
Abbildung 1: Life-Style-Dimensionen
43
,,lebensbejahend-positive" versus ,,negativ-kritische" Einstellung
In dieser Dimension wird die grundlegende Aussage zur Lebenseinstellung, der Offenheit
für die alltäglichen Dinge des Lebens und die geistige Flexibilität dargestellt.
,,(welt)offen-liberales" versus ,,zurückgezogen-konservatives" Verhalten
Diese Dimension bildet das durch die Einstellung konditionierte Verhalten der Zielgruppe
gegenüber anderen Menschen der Gesellschaft ab. Sie umfasst die Art der Denkweise,
Wertvorstellung, Toleranz und das Bedürfnis nach Sicherheit. [Siehe Seite 26]
42
Kotler, P., Bliemel, F. (2001). S. 319.
43
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S. 16.
Theoretischer Teil
12
,,aktiv-progressive" versus ,,passiv-resignative" Lebensweise
Diese Dimension ist für die Tourismusbranche von besonderer Bedeutung, weil sie wich-
tige Aspekte bezogen auf Freizeitgestaltung, Gesundheits- und Erlebnisorientierung lie-
fert. Sie macht deutlich, wie die älteren Menschen durch ihren Lebensstil geprägt worden
sind und wie sie mit ihrem eigenen Altersprozess umgehen.
Der Segmentierungsansatz nach Lebensstildimensionen bietet die besten Voraussetzun-
gen für das zielgruppengerechte Marketing. Er berücksichtigt die Werte, Einstellungsmus-
ter und die Lebenssituation und ist somit ganzheitlicher und aussagekräftiger als die vo-
rangegangenen Segmentierungsansätze. Nach Opaschowski übt der Lebensstil einen
erheblichen Einfluss auf das Reiseverhalten aus.
44
Auch der Geschäftsführer der TUI
Touristik Sören Hartmann vertrat im Pressegespräch auf der ITB 2006 den Standpunkt
dass: ,,...Zielgruppen werden [...] nicht mehr nur nach Alter und Familienstand definiert,
vielmehr werden auch die Lebensphase des Kunden und [...] der bevorzugte Lifestyle
einbezogen."
45
Deshalb sollte sich die touristische Marketingkonzeption bei der Entwick-
lung von Touristikangeboten auf die in der Abbildung 1 dargestellten Lebensstil-Dimensio-
nen konzentrieren. Die Marketingmaßnahmen sollten den Altersprozess, die Einstellung,
das Verhalten und den Lebensstil der älteren Menschen berücksichtigen. Allerdings soll-
ten die Lebensstildimensionen nicht vollständig losgelöst von demographischen Kriterien,
wie dem Haushaltseinkommen, der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen und der
Berufstätigkeit betrachtet werden. Diese beeinflussen im Wesentlichen nachhaltig die Le-
bensweise und die Einstellung des Konsumverhaltens der älteren Menschen.
46
Wertvolle Aspekte für die Abbildung der Lebensstile in der Werbung liefert die Grey-
Studie.
47
Diese fand heraus, dass sich ältere Menschen im Durchschnitt 10 bis 15 Jahre
unterhalb ihres tatsächlichen Alters fühlen. Das Alter wurde in drei Komponenten aufge-
teilt:
Feel-Age (wie alt man sich fühlt)
Look-Age (wie alt man aussieht)
Real-Age
(wie alt man tatsächlich ist)
44
Opaschowski, H. W. (1993) S. 177., zitiert in Herren, A. (2004), S. 36.
Aufgrund kontinuierlicher Freizeitzunahme innerhalb der letzten 30 Jahre, werden sich
Lebensstil und Freizeitstil immer ähnlicher, sogar fast deckungsgleich.
45
Zwermann, B. (2006), S.15.
46
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S.16 f.
47
vgl. Grey Stratec Planning (1998) S. 170.
Theoretischer Teil
13
Das subjektiv empfundene Alter wird beeinflusst durch das individuelle Wohlbefinden, die
sozialen Veränderungen in den neuen Lebensabschnitten und die steigende Lebenser-
wartung. Die Schere zwischen dem tatsächlichen und dem subjektiv empfundenen Alter
öffnet sich weiter. Die Gruppe der älteren Menschen repräsentiert bald die ,,neue Mitte"
des Marktes.
48
Dass dieser Umstand Konsequenzen für das Marketing in sich birgt, visua-
lisiert folgende Darstellung:
Abbildung 2: ,,Neue Mitte" und neue Zielgruppenansprache
49
Für die Marketingkonzeption sind das Feel-Age (subjektiv erlebtes Alter) und das Real-
Age (tatsächliches biologisches Alter) von primärer Bedeutung,
50
weil diese das Konsu-
mentenverhalten am nachhaltigsten beeinflussen.
51
Das Look-Age (äußerliches Ausse-
hen) bezieht sich auf die Marketingkommunikation. Die Glaubwürdigkeit des abgebildeten
Lebensstils ist genauso wichtig wie eine informative, klar verpackte authentische Wer-
bung.
52
Ältere Menschen sollten nicht als Senior angesprochen werden und sind auch
nicht an explizit gekennzeichneten Seniorenprodukten interessiert. Im Tourismusmarke-
ting gilt es, ein Feingefühl für spezifische Bedürfnisse der älteren Menschen zu entwi-
ckeln, ohne diese aber bei der Vermarktung als seniorenspezifisch zu kennzeichnen.
Touristiker jedoch, die den Seniorenmarkt im höheren Alterssegment bearbeiten, können
mit konkreten Bezeichnungen und Angeboten wie Seniorenreisen oder Seniorenzeitung
werben. Der eingangs erwähnten Studie zufolge, bezeichnet sich die Mehrheit der über
48
vgl. Bovensiepen, G. (2006), S. 18.
49
vgl. ebenda
50
vgl. Michael, B. M. (2006), S. 96 f.
51
vgl. Grey Stratec Planning (1998), S. 170.
52
vgl. Michael, B. M. (2006), S. 97 f.
Theoretischer Teil
14
70-jährigen als Senior und fühlt sich dieser Gruppe zugehörig.
53
Darunter gehörende Al-
tersgruppen tun dies aber nicht.
4.3 Zusammenfassung
Eine präzise Definition und Abgrenzung für die Gruppe der älteren Menschen gibt es
nicht. So unterschiedlich wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Namen für die älteren
Menschen sind, so heterogen stellt sich auch der Seniorenmarkt dar. In der Vergangen-
heit wurden zahlreiche Versuche
54
unternommen, den Seniorenmarkt von anderen Kon-
sumentengruppen abzugrenzen. In der Literatur häufig verwendete Segmentierungskrite-
rien sind das chronologische Alter, das subjektiv erlebte Alter, die Lebensphasen und die
Lebensstil-Typologien.
Eine Segmentierung nach dem chronologischen Alter ist für die Zwecke der Markt-
segmentierung ungeeignet, da die Zielgruppe der älteren Menschen sehr inhomogen ist.
Mit Hilfe des chronologischen Alters ist nur eine Differenzierung zwischen Jung und Alt zu
erreichen. Das subjektiv erlebte Alter wird im Durchschnitt 10 bis 15 Jahre unterhalb des
tatsächlichen Alters eingeschätzt. Für die Marketingkonzeption ist das subjektiv gefühlte
Alter zu beachten. Bei der touristischen Katalog- und Produktgestaltung muss diese Tat-
sache zu einem realistischen Bild vom älteren Kunden führen.
Eine Segmentierung nach dem Lebensphasenkonzept ist entsprechend der heutigen
Situation nicht mehr zeitgemäß. Veränderungen, Verschiebungen in den einzelnen Le-
bensphasen sowie die Entwicklung neuer Lebensformen lösen zunehmend die starre Ka-
tegorisierung auf.
Eine Segmentierung nach Lebensstilen ist die am besten geeignete für das Touris-
musmarketing, denn der Lebensstil wirkt sich immer deutlicher auf das Reiseverhalten
aus. Die Untersuchungskriterien, Einstellungen, Wertehaltungen, Demographie, finanziel-
le Situation, Erwerbsleben und der wahrgenommene Altersprozess bieten eine ganzheitli-
che Erfassung und liefern bedeutende Informationen über die Freizeitgestaltung, Ge-
sundheits- und Erlebnisorientierung des Konsumenten. Die Tourismusindustrie ist damit in
der Lage, für die aufgezeigten Lebensstil-Dimensionen zielgruppengerechte Touristikan-
gebote zu entwickeln.
53
vgl. Kölzer, B. (1995), S. 35.
54
Eine Übersicht der Modelle und Konzepte, die im deutschsprachigen Raum
als Segmentierungsansätze verwendet werden, befindet sich im Anhang 2
Theoretischer Teil
15
5 Aspekte des Seniorenmarketings
5.1 Strategische Ansätze zur Erschließung des Seniorenmarktes im Tourismus
Die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen für ältere Menschen setzt ein ziel-
gruppengerechtes Marketing für dieses Kundensegment voraus. Marketing für ältere
Menschen wird als Seniorenmarketing bezeichnet. In der Literatur differenziert man zwi-
schen dem integrativen bzw. integrierten und dem expliziten bzw. reinen Seniorenmarke-
ting. Beide Varianten betrachten die Art und Weise der werblichen Ansprache im Zusam-
menhang mit ihren Angeboten. Die folgende Darstellung veranschaulicht die Ansprache-
und Angebotsmöglichkeiten, die in eine Vier-Felder-Matrix unterteilt werden können. Je-
des Feld entspricht je einer Herangehensweise an den Seniorenmarkt.
gezielt
Kommuniziertes Senio-
renmarketing
Reines
Seniorenmarketing
Ansprache
integriert
Integrations-
marketing
Verdecktes
Seniorenmarketing
uniform
modifiziert oder
speziell
Angebot
Abbildung 3: Die Angebots-Ansprache Matrix
55
5.1.2 Reines
Marketing
Das reine oder explizite Seniorenmarketing richtet sich in einer direkten Ansprache mit
einem speziell positionierten Angebot bzw. Dienstleistung an ältere Menschen.
56
Ein Bei-
spiel dafür ist der Reisekatalog mit dem Titel ,,Seniorenreisen 2005/2006" vom Skan-Club
60plus.
57
Das herausragendste Merkmal dieser Seniorenreisen ist die Skan-Club 60plus
Rundumbetreuung und der Hinweis auf seniorengerechte Angebote, wie z.B. Unterhal-
tungsabend, geführte Gruppenwanderung oder Bingospiel.
55
vgl. Grosskopf, A.K.(1998), S. 23.
56
vgl. Grosskopf, A.K.(1998), S. 24.
57
vgl. www.skan-club-60plus.de
Theoretischer Teil
16
5.1.3 Integrationsmarketing
Das integrative oder auch intergenerative Seniorenmarketing spricht die älteren Men-
schen nicht gezielt an. Die Werbung wird unter Einsatz von Testimonials verschiedener
Altersklassen und Generationen dargestellt.
58
Bei den Produkten handelt es sich um un-
differenzierte Angebote, die nicht explizit auf ältere Menschen abzielen.
59
Als Beispiel können die Produktkataloge mit den Titeln ,,Happy Ender", ,,Ausbalancierte"
oder ,,Eroberer" vom Reiseveranstalter TUI genannt werden.
Das integrative oder auch intergenerative Seniorenmarketing kann noch in zwei weitere
Strategien differenziert werden: das kommunizierte und das verdeckte Seniorenmarke-
ting.
5.1.4 Kommuniziertes Marketing
Das kommunizierte Seniorenmarketing verfolgt eine gezielte Ansprache über uniforme,
nicht alterspezifische Angebote. Die Angebote schließen alle Altersklassen und somit
auch die Bedürfnisse von Senioren mit ein.
60
Kennzeichnend für das kommunizierte Seni-
orenmarketing ist die Ansprache auf den Altersbezug, weil das Alter ausschlaggebend für
den Preisvorteil ist. In der Praxis wird das kommunizierte Seniorenmarketing beispiels-
weise bei Ermäßigungen in Freizeitparks, Museen oder öffentlichen Verkehrsmitteln ein-
gesetzt. Der Reiseveranstalter Alltours bietet in Form eines Senior Rabatts, Frühbuchern
ab 60 Jahren eine Ermäßigung des Reisepreises an.
61
5.1.5 Verdecktes Marketing
Das verdeckte Seniorenmarketing vermarktet modifizierte Angebote, also Produkte o-
der Dienstleistungen die nicht als gesonderte Seniorenangebote gekennzeichnet sind,
aber ihren speziellen Nutzen für ältere Menschen besonders herausstellen. Die Modifika-
tion der Angebote ergibt sich aus den altersbedingten Beeinträchtigungen, die verringert
werden sollen.
62
Hinweise auf das Alter werden aufgrund der Sensibilität, der älteren
Menschen auf ihr Alter, vermieden. Die Kommunikation erstreckt sich auf Produkteigen-
schaften, von denen sich die älteren Menschen besonders angesprochen fühlen, wie bei-
spielsweise: Qualität, Service, Komfort, Selbstständigkeit. Ein Beispiel dafür ist der Reise-
katalog mit dem Titel: ,,Urlaubsmagazin ein Plus für erfahrene Reisende", von der öster-
reichischen Hotelkette 50plus. Dieser Katalog setzt mit seinen Qualitätsversprechen auf
58
vgl. Krieb,C., Reidl, A. (2001), S. 80.
59
vgl. Grosskopf, A.K. (1998) S. 23.
60
vgl. Kaupp, P. (1997), S. 124.
61
vgl. Alltours Reisekatalog 06/07 (2006), S. 5.
62
vgl. Baumann, E. J. (1990), S. 470.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783836601115
- DOI
- 10.3239/9783836601115
- Dateigröße
- 906 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Bremen – Sozialpädagogik / Sozialarbeit
- Erscheinungsdatum
- 2007 (Januar)
- Note
- 1,5
- Schlagworte
- sachsen stadt tourismus alter zielgruppe marketing städtereise generation onlinemarketing
- Produktsicherheit
- Diplom.de