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Malik und Aufsichtsorgane: Eine kritische Diskussion

©2006 Diplomarbeit 90 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Josef-Hermann Abs, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG, der zeitweise 43 Aufsichtsratsmandate gleichzeitig ausübte, hat seine Meinung über den Aufsichtsrat in einem Satz auf den Punkt gebracht:
„Die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat ist für die Katz.“
In Zeiten, in denen Unternehmensaufsichtsorgane vermehrt durch Krisen und Insolvenzen in den Fokus der öffentlichen Kritik geraten sind, ist diese Aussage aktueller denn je. Die Skandale bei Metallgesellschaft, Mannesmann, Eon-Ruhrgas und VW sind bezeichnend für die Empörung, die mit den Aufsichtsorganen der Unternehmen in Verbindung gebracht werden. Die Auswahl der vorgeworfenen Verfehlungen ist vielfältig. Bei der Metallgesellschaft kam der Verdacht auf, dass der Aufsichtsrat tatenlos zusah, als der Vorstand mit Fehlspekulationen in Ölderivaten eine Milliarde Euro Verlust machte und damit unmittelbar die Insolvenz des Unternehmens verursachte. Der Aufsichtsratsvorsitzende verwies lediglich darauf, dass dieser Vorfall zwischen zwei Bilanzstichtagen stattfand und deshalb nicht vom Aufsichtsrat bemängelt, beziehungsweise unterbunden werden konnte.
Bei Mannesmann wurden im Zuge vor der bestehenden Übernahme durch Vodafone Untreuevorwürfe gegenüber dem Aufsichtsrat erhoben, Abfindungen für den Vorstand in Gesamthöhe von 111,5 Millionen DM trotz auffälliger Merkwürdigkeiten zugestimmt zu haben. Der damalige Vorstandsvorsitzende Klaus Esser erhielt dabei einen Anteil von ca. 60 Millionen DM als „goldenen Fallschirm“. Das Gerichtsurteil gegen Vorstand und Aufsichtsrat wegen unverhältnismäßig hoher Abfindungen steht noch aus. Anders geartete Fälle finden sich bei Volkswagen und Eon Ruhrgas, in denen Aufsichtsräte mit so genannten „Lustreisen“ und Bestechungsgeldern beeinflusst werden sollten. Kritik an den Aufsichtsorganen wird aber nicht nur in Deutschland geübt, sondern auch andere Länder wie z. B. die USA haben Unternehmen, die durch das Versagen der Aufsicht zugrunde gegangen sind. Es seien an dieser Stelle beispielhaft die Unternehmen Enron, Worldcom und Arthur Anderson genannt.
Der Ursprung des Versagens der Aufsichtsorgane wird u. a. auf die von ihnen angewandten Überwachungssysteme zurückgeführt. Die Diskrepanz zwischen den zu erfüllenden Aufgaben und den damit verbundenen, weitreichenden Rechten einerseits und der mangelnden Organisations- und Personalstruktur des Aufsichtsrates andererseits wird als realitätsfremd oder als „Lebenslüge“ […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Bernd Blaue
Malik und Aufsichtsorgane: Eine kritische Diskussion
ISBN: 978-3-8366-0100-9
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2007
Zugl. Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2007
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... IV
Tabellenverzeichnis...V
Paragraphenverzeichnis...VI
Abkürzungsverzeichnis... VII
1. Einleitung...1
1.1. Motivation... 1
1.2. Ziel und Gang der Arbeit...3
2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen...4
2.1. Gestaltung der Spitzeninstanzen Aufsicht und Exekutive... 4
2.1.1. Unternehmensverfassung, Corporate Governance und Deutscher Corporate
Governance Kodex...4
2.1.2. Die Spitzenverfassung und ihre Teilbereiche...6
2.2. Vorstellung von Aufsichtsorganen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen... 9
2.2.1. Der deutsche Aufsichtsrat, Mitbestimmung und die vier Aufsichtsrattypen... 9
2.2.2. Das amerikanische Boardmodell...11
2.2.3. Der schweizerische Verwaltungsrat... 13
2.3. Malik als Wissenschaftler und Praktiker...14
3. Diskussion von Maliks Vorschlägen zur Verbesserung der Unternehmensaufsicht... 15
3.1. Auswahl der Themenbereiche und Vorgehensweise...15
3.2. Diskussion der Aufgaben der Aufsichtsorgane... 18
3.2.1. Information als Basis für die Aufgabenerfüllung der Aufsichtsorgane... 18
3.2.2. Einflussnahme auf die Unternehmensstrategie durch die Aufsicht... 23
3.2.3. Die Personalhoheit der Aufsicht über das exekutive Spitzenorgan... 28
3.2.4. Organisatorische Gestaltung der Spitzeninstanz Exekutive durch die Aufsicht... 34
3.3. Diskussion der optimalen Ausgestaltung von Aufsichtsorganen... 38
3.3.1. Anforderungen an die Mitglieder der Unternehmensaufsicht...38
3.3.2. Die Organisation der Arbeit von Aufsichtsorganen...44
3.3.3. Sicherstellung der Arbeitsqualität der Aufsichtsorgane durch Evaluation, Haftung
und Entlohnung... 50
3.4. Übergeordnete Betrachtung von Maliks Vorschlägen... 55
4. Ergründung von Maliks Motiven in Bezug auf seine Vorschläge... 57
II

5. Fazit... 62
Literaturverzeichnis...64
Internetquellenverzeichnis... 78
III

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typen von Aufsichtsorganen [Quelle: Gerum, 1995, S. 360]... 10
IV

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammenfassung von Maliks Vorschlägen... 56
V

Paragraphenverzeichnis
§ 30 Aktiengesetz:
Bestellung des Aufsichtsrates, des Vorstands und des Abschlussprüfers.
§ 110 Aktiengesetz:
Einberufung des Aufsichtsrates.
§ 111 Aktiengesetz:
Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrates.
§ 5 Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG):
Stammkapital; Stammeinlage.
VI

Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
BPR
Business-Process-Reengineering
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CEO
Chief Executive Officer
CHF
Schweizer Franken
DAX
Deutscher Aktienindex
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
D&O
Directors and Officers
DM
Deutsche Mark
EBIT
Earnings before interest and taxes
EBITDA
Earnings before interest, tax, depreciation and amortization
f.
(und) folgende (Seite)
ff.
fortfolgende (Seiten)
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Deutsches Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung
hrsg.
herausgegeben
insb.
insbesondere
Jg.
Jahrgang
NOPAT
Net operating profits after taxes
p.a.
per anno
S.
Seite
VII

SE
Societas Europaea
Sp.
Spalte
u. a.
unter anderem
US
United States
v.
von
Vgl.
Vergleiche
z. B.
zum Beispiel
VIII

1. Einleitung
1
1. Einleitung
1.1. Motivation
Josef-Hermann Abs, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG, der
zeitweise 43 Aufsichtsratsmandate gleichzeitig ausübte, hat seine Meinung über den
Aufsichtsrat in einem Satz auf den Punkt gebracht:
1
,,Die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat ist für die Katz."
2
In Zeiten, in denen Unternehmensaufsichtsorgane vermehrt durch Krisen und Insolvenzen in
den Fokus der öffentlichen Kritik geraten sind, ist diese Aussage aktueller denn je. Die Skan-
dale bei Metallgesellschaft, Mannesmann, Eon-Ruhrgas und VW sind bezeichnend für die
Empörung, die mit den Aufsichtsorganen der Unternehmen in Verbindung gebracht werden.
Die Auswahl der vorgeworfenen Verfehlungen ist vielfältig. Bei der Metallgesellschaft kam
der Verdacht auf, dass der Aufsichtsrat tatenlos zusah, als der Vorstand mit Fehlspekulationen
in Ölderivaten eine Milliarde Euro Verlust machte und damit unmittelbar die Insolvenz des
Unternehmens verursachte.
3
Der Aufsichtsratsvorsitzende verwies lediglich darauf, dass
dieser Vorfall zwischen zwei Bilanzstichtagen stattfand und deshalb nicht vom Aufsichtsrat
bemängelt, beziehungsweise unterbunden werden konnte.
4
Bei Mannesmann wurden im Zuge
vor der bestehenden Übernahme durch Vodafone Untreuevorwürfe gegenüber dem
Aufsichtsrat erhoben, Abfindungen für den Vorstand in Gesamthöhe von 111,5 Millionen DM
trotz auffälliger Merkwürdigkeiten zugestimmt zu haben.
5
Der damalige
Vorstandsvorsitzende Klaus Esser erhielt dabei einen Anteil von ca. 60 Millionen DM als
,,goldenen Fallschirm".
6
Das Gerichtsurteil gegen Vorstand und Aufsichtsrat wegen
unverhältnismäßig hoher Abfindungen steht noch aus.
7
Anders geartete Fälle finden sich bei
Volkswagen und Eon Ruhrgas, in denen Aufsichtsräte mit so genannten ,,Lustreisen" und
Bestechungsgeldern beeinflusst werden sollten.
8
Kritik an den Aufsichtsorganen wird aber
nicht nur in Deutschland geübt, sondern auch andere Länder wie z. B. die USA haben
1 Vgl. Ortmann, 2004, S. 110.
2 Ortmann, 2004, S. 110.
3 Vgl. Lutter, 2003, S. 738.
4 Vgl. Wenger, 1996, S. 176 f.
5 Vgl. Steltzner, 2005, Online im Internet.
6 Vgl. Jahn, 2004, Online im Internet. ,,Goldener Fallschirm" meint eine unverhältnismäßig hohe Abfindung.
7 Vgl. Jahn, 2005, Online im Internet.
8 Vgl. FAZ.NET, 2006 (a), Online im Internet; vgl. FAZ.NET, 2006 (b), Online im Internet.

1. Einleitung
2
Unternehmen, die durch das Versagen der Aufsicht zugrunde gegangen sind. Es seien an
dieser Stelle beispielhaft die Unternehmen Enron, Worldcom und Arthur Anderson genannt.
9
Der Ursprung des Versagens der Aufsichtsorgane wird u. a. auf die von ihnen angewandten
Überwachungssysteme zurückgeführt. Die Diskrepanz zwischen den zu erfüllenden Aufgaben
und den damit verbundenen, weitreichenden Rechten einerseits und der mangelnden
Organisations- und Personalstruktur des Aufsichtsrates andererseits wird als realitätsfremd
oder als ,,Lebenslüge" bezeichnet.
10
Aufgrund dessen hat sich in Deutschland auf den Ebenen
von Wissenschaft und Praxis eine Debatte ergeben, die unter dem Stichwort ,,Corporate
Governance" geführt wird.
11
Das bisherige Ergebnis mündete in der Entstehung des
Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), der u. a. die Aufgabe zur Minimierung der
Lücke zwischen den Gesetzesvorgaben und den von den Führungsorganen selbst zu
gestaltenden Handlungsfreiräumen in den Unternehmen durch eigene, freiwillig auferlegte
Verhaltensregeln zum Ziel hat.
12
Darüber hinaus findet eine kontroverse Auseinandersetzung
um eine zukunftsgerichtete Beratung bzw. Einmischung in das Management durch
Aufsichtsorgane statt, die es diesen ermöglichen soll schon präventiv tätig zu werden, bevor
eine negative Entwicklung eintreten kann.
13
Malik vertritt die Auffassung, dass die bisher in Deutschland praktizierte
Unternehmensaufsicht unzureichend ist. Aufsichtsorgane haben seiner Auffassung nach
bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die nur mit einer entsprechend gestalteten Organisation
umgesetzt werden können.
14
Malik ist aufgrund seiner Stellung in Wirtschaft und Medien zu
Themen wie z. B. der richtigen Gestaltung von Aufsichtsorganen eine gefragte Person.
Manche bezeichnen ihn sogar anerkennend als ,,Management Guru"
15
. Er ist Mitbegründer
und Verwaltungsratspräsident des Malik Managementzentrums St. Gallen zu dessen Kunden
Großkonzerne wie Sony, Siemens, BMW, RWE, DaimlerChrysler und inhabergeführte
Unternehmen wie Bertelsmann, Bahlsen und Hilti zählen.
16
Die Vorstandsvorsitzenden von
BMW und Siemens und die Inhaber von Hilti und Bahlsen haben sich an einer Festschrift zu
seinem 60. Geburtstag mit je einem Beitrag beteiligt und ihn darin lobend erwähnt. Dies
9 Vgl. Fischermann / Kleine-Brockhoff, 2002, Online im Internet; vgl. Sturman, 2005, Online im Internet.
10 Vgl. Mertens, 1976, S. 143; vgl. Lutter, 1995 (a), S. 296. Lutter bescheinigt der These nach wie vor
Aktualität. Vgl. Theisen, 1999 (a), S. 206 f.; vgl. Kallfass, 1996, S. 168; vgl. Potthoff, 1996, S. 256.
11 Vgl. Theisen, 2003 (a), S. 441.
12 Vgl. Lutter, 2003, S. 740 f.
13 Vgl. Lutter, 2001 (a) S. 227 f.; vgl. Lutter / Krieger, 2002, S. 37.
14 Vgl. Malik, 2002 (a), S. 55.
15 Vgl. Hilti, 2005, S. 271; vgl. Rickens, 2005, S. 98.
16 Vgl. Malik, 2004 (a), S. 35; vgl. Rickens, 2005, S. 102.

1. Einleitung
3
unterstreicht seine enge Beziehung zur Wirtschaft.
17
Zu der Thematik Unternehmensaufsicht
hat er ein Buch geschrieben, dass mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage erschienen
ist. Zusätzlich vertritt er seine Meinungen u. a. zur Unternehmensaufsicht in diversen
Zeitungen und Zeitschriften als Kolumnist, Gastkommentator oder Interviewpartner.
18
Die
genannten Beispiele zeigen die wichtige Bedeutung Maliks zur Thematik Aufsichtsorgane.
1.2. Ziel und Gang der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist eine kritische Diskussion von Malik und Aufsichtsorganen. Es
wurde bereits dargelegt, dass Malik zum einen wegen seiner Beschäftigung mit der
Verbesserung von Aufsichtsorganen und zum anderen wegen seiner Person, mit der eine
gewisse Reputation verbunden ist, für dieses Thema ausgesucht wurde. Deshalb werden
sowohl seine Vorschläge zur Verbesserung der Aufsichtsorgane als auch seine Person im
Fokus der Erörterung stehen. Bei der Betrachtung der Person Maliks werden seine Motive, die
ihn dazu veranlasst haben sich mit dem Thema Aufsichtsorgane auseinanderzusetzen, in einer
kritischen Erörterung ergründet.
Die Arbeit ist in fünf Kapitel aufgeteilt. Im Anschluss an die Einleitung folgt im zweiten
Kapitel ein theoretischer Grundlagenteil, der Basiswissen für das Verständnis der Diskussion
für die Vorschläge Maliks vermittelt. Die Begriffe Unternehmensverfassung, Corporate
Governance und Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) werden erklärt, da sie für
das weitere Verständnis grundlegend sind. Zudem werden die Merkmale der
Spitzenverfassung erläutert, die für das Verständnis der Funktionsweise von Aufsichtsorganen
wichtig sind. Im weiteren Verlauf werden im Grundlagenteil Aufsichtsorgane vorgestellt, an
denen die Diskussion von Maliks Vorschlägen geführt wird. Durch die Vielzahl
unterschiedlicher Typen von Aufsichtsorganen ist es nicht möglich alle mit ihren jeweiligen
Nuancen in Bezug auf Maliks Vorschlägen zu erörtern. Daher werden der deutsche Aufsichts-
rat, das amerikanische Board und der schweizerische Verwaltungsrat beispielhaft ausgewählt.
Der Grund für diese Auswahl liegt in den sehr großen Kontrasten zwischen dem Aufsichtsrat
der AG in Deutschland und dem Board in den USA.
19
Der schweizerische Verwaltungsrat
wurde aufgrund seiner Mittelstellung zwischen den beiden vorgenannten Systemen als drittes
Beispiel aufgenommen.
20
Auf diese Weise soll eine Basis für eine breitangelegte Diskussion
17 Vgl. Pischetsrieder, 2005, S. 261-269; vgl. Pierer, 2005, S. 253-259; vgl. Bahlsen 2005, S. 287-295; vgl.
Hilti, 2005, S. 271-286.
18 Vgl. Werkverzeichnis Malik, 2006, Online im Internet.
19 Vgl. Krüger, 1994, S. 250.
20 Vgl. Brönnimann, 2003, S. 42; vgl. Wunderer, 1995, S. 49 f.

1. Einleitung
4
geschaffen werden. Beiräte, der österreichische Aufsichtsrat und weitere Aufsichtsorgane
werden nicht explizit erwähnt, da sie zwischen den Extrempolen von Aufsichtsrat und Board
eingeordnet werden können. Prinzipiell gelten die Vorschläge nach Maliks Auffassung eben-
falls für diese, da seine Verbesserungsmaßnahmen in allen Rechtsordnungen anwendbar
seien.
21
Abschließend wird Maliks Person vorgestellt, um einen Eindruck von seinen Arbeits-
gebieten zu erlangen. Im dritten Kapitel findet die Diskussion um Maliks Vorschläge statt.
Zuerst erfolgt eine Analyse der zu behandelnden Problembereiche und Erstellung einer
Vorgehensweise für die anschließende Erörterung. In den zwei darauffolgenden Abschnitten
werden die Verbesserungsvorschläge Maliks anhand der Aufgaben und Organisation der Auf-
sichtsorgane erörtert. Diese beiden Bereiche enthalten mehrere Unterkapitel, um die Themen-
gebiete genauer differenzieren zu können. In einem weiteren Teil werden die Vorschläge
Maliks in einer übergeordneten Untersuchung nach Auffälligkeiten untersucht. Im vierten
Kapitel wird Maliks Person Gegenstand der Erörterung sein, um Maliks mögliche Motive zu
seinen Vorschlägen zu Aufsichtsorganen zu ergründen. Ein Fazit wird die Arbeit beenden.
2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
2.1. Gestaltung der Spitzeninstanzen Aufsicht und Exekutive
2.1.1. Unternehmensverfassung, Corporate Governance und Deutscher
Corporate Governance Kodex
Die Unternehmensverfassung hat ihren Ursprung in der Staatsverfassung und wird auch als
das ,,Grundgesetz des Unternehmens"
22
bezeichnet. Sie wurde historisch notwendig, als eine
vermehrte Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt in den Unternehmen einsetzte
23
und ist analog zur Staatsverfassung als grundsätzliche Entscheidung über Art und Form einer
gestalteten Ordnung zu verstehen.
24
Die Unternehmensverfassung kann in formeller und
materieller Hinsicht unterschieden werden. Der formelle Bereich bezieht sich auf rechtliche
Rahmennormen wie z. B. Handels-, Gesellschafts- und Mitbestimmungsrechte, die rechtlich
festgelegt sind. Im gesetzlich eingeschränktem Autonomiebereich kann das Unternehmen
eigene konstitutive Rahmenregelungen in Form von Statuten, Geschäftsordnung,
Geschäftsverteilungsplänen etc. für das Machtgefüge bestimmen und verteilt auf diese Weise
21 Vgl. Malik, 2002 (a), S. 55.
22 Hamel, 2004, S. 463.
23 Vgl. Krüger, 1994, S. 252.
24 Vgl. Bleicher, 1991, S. 15.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
5
Kompetenzen, Verantwortung und Legitimationen an Organe und Personen. Diese faktische,
gesetzlich nicht vorgeschriebene Ausgestaltung wird unter materieller Hinsicht subsumiert.
25
Der Begriff Corporate Governance findet seit Anfang der 90er Jahre Verbreitung und ist
daher noch relativ jung. Dies kann ein Erklärungsgrund dafür sein, warum noch keine
einheitliche Definition existiert.
26
Ein weiterer Grund kann darin bestehen, dass Corporate
Governance Schnittfläche mehrer wissenschaftlicher Disziplinen ist. Es wird u. a. als
,,theoretisches Notstandsgebiet" bezeichnet.
27
Dies wird auch daran ersichtlich, dass es keine
eindeutige Translation in die deutsche Sprache gibt. So wird dieser Begriff mit
,,Unternehmensverfassung", ,,Strukturregelungen des Unternehmens", ,,Unternehmens-
überwachung", ,,Spitzenorganisation", ,,Spitzenverfassung", ,,Unternehmensführung und
-kontrolle" usw. übersetzt.
28
Keiner der deutschen Begriffe wird dem englischen Ausdruck
vollends gerecht. In Deutschland hat die Auseinandersetzung rund um Führung und Kontrolle
in der Binnenorganisation eine lange Tradition und die oben genannten Begriffe sind nicht
erst mit der Corporate Governance Debatte enstanden.
29
Die Ansätze sind historisch und
kulturell teilweise völlig verschieden und entstammen der jeweiligen Landessituation.
30
In den
USA dient die Corporate Governance allein den Aktionären zur Sicherung ihres
Kapitalerhaltes und der Erwirtschaftung von Rendite. "Corporate Governance deals with the
way in which suppliers of finance to corporations assure themselves of getting a return on
their investments."
31
Corporate Governance ist demnach ein zu lösender Prinzipal-
Agentenkonflikt.
32
Die Kernaufgaben der Corporate Governance sind die Sicherstellung der
Effizienz der Unternehmensführung und die Verteilung von Ressourcen nach Stärke der
Anspruchsgruppen.
33
In Deutschland werden auch Arbeitnehmer gesetzlich miteingebunden.
34
Im Verlauf der Debatte um gute Unternehmensführung wurden in einigen Ländern Kodizes
verabschiedet. An dieser Stelle soll nur der Deutsche Corporate Governance Kodex erläutert
werden.
35
Der Zweck des 2002 eingeführten Kodex in Deutschland zielt zum einen auf die
Aufklärung von internationalen Investoren über die deutsche Corporate Governance ab, denen
25 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 20.
26 Vgl. Witt, 2003, S. 1.
27 Vgl. Malik, 2002 (a), S. 65.
28 Vgl. Oesch, 2002, S. 30; vgl. Witt, 2003, S. 1.
29 Vgl. Werder, 2003, S. 4 f.; vgl. Lutter, 2003, S. 738.
30 Vgl. Berrar, 2001 (a), S. 27.
31 Shleifer / Vishny, 1997, S. 737.
32 Vgl. Shleifer / Vishny, 1997, S. 773.
33 Vgl. Witt, 2003, S. 2.
34 Vgl. Streeck, 2004, Sp. 880.
35 Vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex, 2006, Online im Internet.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
6
das deutsche Aktiengesetz zu intransparent ist, und zum anderen auf ein generelles Umdenken
in den Gesellschaften selbst, in Bezug auf gute Unternehmensführung und -kontrolle.
36
Im
Kodex werden Empfehlungen und Anregungen aufgeführt, die nur Teile der
Unternehmensverfassung und der Corporate Governance tangieren, die als kritisch gelten.
Somit kann der Deutsche Corporate Governance Kodex nicht mit diesen Begriffen
gleichgesetzt werden, sondern gibt nur einen Ausschnitt davon wieder. Der Kodex bezieht
sich auf Aktionäre und Hauptversammlung, den Vorstand, den Aufsichtsrat, das
Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat, auf Transparenz, Rechnungslegung und
Abschlussprüfung.
37
Die Aktiengesellschaften, für die der Kodex gestaltet wurde, sind nicht
verpflichtet den Empfehlungen Folge zu leisten. Daher wird der Kodex auch als soft law
interpretiert. Allerdings müssen die Unternehmen einmal jährlich in einer
Entsprechenserklärung angeben, ob sie die Sollvorschriften des Kodex befolgen oder nicht.
38
Dies ist hard law und gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch die Mischung von hard und
soft law kann der Kodex flexibel und schnell neuen Situationen angepasst werden.
39
Die
Mitglieder des Kodex-Komittees stammen überwiegend aus den Vorständen und
Aufsichtsräten der Wirtschaft. Vertreter von Wissenschaft und Verbänden sind ebenfalls
dabei. Politiker sind in der Regierungskommission nicht vertreten.
40
2.1.2. Die Spitzenverfassung und ihre Teilbereiche
Die Spitzenverfassung ist ein Teilbereich der Organisationsverfassung, die wiederum Teil der
Unternehmensverfassung ist. Zum einen bestimmt sie den strukturalen Aufbau der
Spitzenorgane und regelt zum anderen die Arbeitsabläufe und prozessuale Regeln innerhalb
des Spitzenorgans und außerhalb mit anderen Spitzenorganen. Unter Spitzenorgane, auch
Spitzeninstanzen genannt, werden die hierarchischen, obersten Organe der Leitung und
Kontrolle eines Unternehmens verstanden. Die Gestaltung, Rechte und Pflichten der
Spitzeninstanzorgane sind zum Teil gesetzlich vorgeschrieben. Aber auch hier existiert wieder
ein Autonomiebereich, in dem das Unternehmen frei wirken kann.
41
36 Vgl. Lutter, 2003, S. 739; vgl. Seibert, 2002, S. 581.
37 Vgl. Deutscher Corporate Governance Kodex, 2006, Online im Internet.
38 Vgl. Lutter, 2003, S. 742 f.
39 Vgl. Werder / Grundei, 2003, S. 685.
40 Vgl. Mitglieder der Deutschen Corporate Governance Kodexkommission, 2006, Online im Internet.
41 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 23 f.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
7
Bei der Regelung der Spitzenverfassung bestehen Bereiche, wie die Regelungsdichte,
Monismus oder Pluralismus, Einstufigkeit oder Mehrstufigkeit, Kollegial- oder
Direktorialprinzip, die zu Problemen führen können.
42
Bei Betrachtung der Regelungsdichte stellt sich die Frage, wie hoch der interne, selbst
bestimmte Regelungsbedarf ist, der durch Gesetze mehr oder weniger eingeschränkt sein
kann. Dabei gilt es in zwingend zu erfüllende und subsidiäre Gesetze zu unterscheiden. Die
subsidiären Gesetze greifen, wenn das Unternehmen keine eigenen Entscheidungen in Teilen
ihres zugestandenen Autonomiebereichs der Spitzenorganisation trifft. In den USA besitzen
die Unternehmen weitgehende Freiräume, die auf kulturelle und historische Unterschiede
zurückzuführen sind. Das amerikanische Rechtssystem ermöglicht eine flexible Anpassung an
verschiedene wirtschaftliche Situationen und zielt damit auf die Sicherung eines
funktionierenden Systems ab. In Deutschland ist die gesetzliche Regelungsdichte dagegen
stärker ausgeprägt, da das Unternehmen mehr als juristischer Rahmen begriffen wird.
43
Die Interessen der Anspruchsgruppen am Unternehmen können sowohl monistisch wie auch
pluralistisch ausgeprägt sein. Bei monistischen Interessenslagen verfolgt das Unternehmen
nur das Ziel einer bestimmten Gruppe, z. B. ist dies bei Unternehmen der Fall, bei denen sich
Eigentum und Unternehmensleitung im selben Personenkreis befinden. Sie tragen das Risiko
des Verlustes ihres eingebrachten Kapitals, beanspruchen daher alle Verfügungsrechte und
setzen so ihre alleinigen Interessen durch.
44
Das Shareholdervalueprinzip ist ebenfalls
monistisch geprägt und hat das Ziel den Unternehmenswert für die Anteilseigner zu steigern.
Werden mehrere Interessensgruppen berücksichtigt, wird das pluralistische
Stakeholderprinzip verfolgt.
45
Die Spitzenverfassung kann einstufig ­ aus einem ­ oder mehrstufig ­ aus mehreren
Spitzenorganen ­ bestehen. Dies hängt von den rechtlichen Rahmenregelungen der jeweiligen
Länder ab, in denen das Unternehmen ansässig ist und von dem, was als Spitzenorgan
bezeichnet wird. Die Gesellschafterversammlung kann in allen Rechtsordnungen als dritte
Spitzeninstanz gewertet werden.
46
Von dieser abgesehen gibt es üblicherweise höchstens zwei
Spitzenorgane. Sowohl im einstufigen als auch im zweistufigen System bestehen Freiräume
42 Vgl. Becker, 2004 (a), S. 225 ff.; vgl. Krüger, 1994, S. 251.
43 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 24 f.
44 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 25; vgl. Chmielewicz, 1993, Sp. 4408.
45 Vgl. Speckbacher, 2004, Sp. 1319-1324.
46 Vgl. Marchazina / Wolf, 2005, S. 172.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
8
zur situationsspezifischen Gestaltung.
47
Gemeinsame Überlegung bei dem ein- und
zweistufigen System ist, dass auf Fremdmanager zurückgegriffen wird, falls die Eigentümer
die Geschäftsführung aus diversen Gründen nicht selber ausüben. Daraus ergeben sich für die
Fremdmanager besondere Pflichten. Sie müssen Informationen geben und Rechenschaft
ablegen. Die delegierenden Eigentümer müssen das Recht auf Personalhoheit und Über-
wachung haben. Bei der Umsetzung gibt es Unterschiede zwischen den beiden Systemen.
Unternehmensführung und Kontrolle sind im einstufigen Modell in einem Organ vereint,
wohingegen sie beim zweistufigen Modell auf zwei verschiedene Organe verteilt sind.
48
In jedem Spitzenorgan kann zwischen Kollegial- und Direktorialprinzip unterschieden
werden.
49
Beim Direktorialprinzip kann der Vorsitzende des Gremiums auch bei Widerspruch
der anderen Mitglieder die letztendliche Entscheidung treffen. Das Kollegialprinzip hingegen
hat mehrere ordinale Abstufungen. In der Reinform der Kassationskollegialität ist ein
Beschluss nur möglich, wenn vom Organ einstimmig entschieden wird. Üblich ist allerdings
die Abstimmungskollegialität, die einfache oder qualifizierte Mehrheiten vorsieht. Kommt
wegen einer Pattsituation keine Entscheidung zustande, kann dem Vorsitzenden ein
Doppelstimmrecht eingeräumt werden. Dies wird bei der Primatkollegialität umgesetzt.
Sowohl das Direktorial- als auch das Kollegialprinzip haben beide Vor- und Nachteile, wobei
die Vorteile des einen die Nachteile des anderen sind und vice versa.
50
Das Direktorialprinzip
vereinheitlicht die Willensbildung und ist immer beschlussfähig. Das Unternehmen wird nach
innen straff geführt, es entstehen keine faulen Kompromisse, es gibt klare
Verantwortungsregeln und es erleichtert die Beziehung von Führung und Kontrolle. Das
Kollegialprinzip vermeidet Überlastungen durch Arbeitsteilung. Es werden die Breite der
Informationen und Qualifikationen der Mitglieder genutzt. Auf diese Weise können Ent-
scheidungen objektiver getroffen, Machtkonzentrationen verringert und damit Stellvertretung
und Nachfolge erleichtert werden. Falls die einzelnen Mitglieder des Führungsorgans
Ressortleitungen innehaben, wird dort die Akzeptanz der Entscheidungen erhöht.
51
47 Vgl. Becker, 2004 (a), S. 226.
48 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 29 f.
49 Vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 30 f.
50 Vgl. Krüger, 1994, S. 254 f.
51 Vgl. Krüger, 1994, S. 255; vgl. Bleicher, 1991, S. 29.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
9
2.2. Vorstellung von Aufsichtsorganen für die Diskussion von
Maliks Vorschlägen
2.2.1. Der deutsche Aufsichtsrat, Mitbestimmung und die vier
Aufsichtsrattypen
Der Aufsichtsrat wird von der Gesetzgebung in bestimmten Kapitalgesellschaften vor-
geschrieben. In diesem Kontext soll nur die Aktiengesellschaft betrachtet werden, da dort die
Existenz eines Aufsichtsrates obligatorisch ist.
52
In der deutschen Aktiengesellschaft gibt es
drei Organe: Die Hauptversammlung, den Aufsichtsrat und den Vorstand.
53
Dabei bildet der
Aufsichtsrat als unabhängiges und eigenständiges Organ mit einer eigenen Organisation
54
das
Bindeglied.
55
Die Hauptversammlung, als Zusammenkunft der Aktionäre, ist rein juristisch
gesehen das oberste Kontrollorgan der Gesellschaft. Da es normalerweise nur einmal jährlich
zusammentrifft, kann es die Kontrolle nur unzureichend ausüben.
56
Deshalb kann lediglich
vom zweitstufigen oder dualistischen und nicht vom mehrstufigen Trennungssystem ge-
sprochen werden. Dem Vorstand wird die Führung und dem Aufsichtsrat die Überwachung
überantwortet.
57
Aufsichtsrat und Vorstand sind nicht nur gesetzlich institutionell voneinander
separiert, sondern auch personell und funktionell. So darf es keine personellen Überschnei-
dungen in den Gremien geben und auch die Aufgaben und Kompetenzen dürfen nicht konter-
karieren.
58
Der rechtliche Hintergrund dafür ist, dass keine Person bzw. kein Organ
gleichzeitig Veranlassungen treffen, diese verantworten und zudem kontrollieren darf. Die
,,checks and balances" sollen so gewahrt bleiben.
59
Alle Mitglieder des Aufsichtsrates haben
gleiche Rechte und Pflichten. Es ist rechtlich gesehen ein kollegial geführtes Gremium.
60
Es lassen sich vier Typen von Aufsichtsräten unterschieden, die in Abbildung 1
wiedergegeben sind. Sie ergeben sich zum einen aus der Kombination von hoher und
niedriger unternehmenspolitischer Kompetenz der Mitglieder und zum anderen daraus, ob bei
der Besetzung des Aufsichtsrates Aktionäre oder Dritte, nicht unmittelbar am Eigentum des
Unternehmens Beteiligte, in diesem Gremium dominieren.
52 Vgl. § 30 Aktiengesetz, Absatz 1.
53 Vgl. Bea / Göbel, 1999, S. 251 f.; vgl. Bühner, 2003, S. 376.
54 Vgl. Theisen, 2003 (b), S. 290.
55 Vgl. Bühner, 1999, S. 377.
56 Vgl. Macharzina / Wolf, 2005, S. 157.
57 Vgl. Krüger, 1994, S. 250; vgl. Theisen, 2004 (a), Sp. 62.
58 Vgl. Potthoff / Trescher, 2003, S. 1 f.; vgl. Macharzina / Wolf, 2005, S. 157.
59 Vgl. Theisen, 2003 (b), S. 286; vgl. Bleicher / Wagner, 1993, S.6 f.
60 Vgl. Theisen, 2003 (b), S. 295.

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
10
Der erste Typ ist ein Leitungsaufsichtsrat, in dem Aktionäre dominieren und mit hoher
unternehmenspolitischer Kompetenz tätig sind. Der Aufsichtsrat bestimmt die
Unternehmenspolitik, so dass die rechtliche Geschäftsführungsautonomie des Vorstands in
diesem Fall nur Fiktion ist. Der zweite Typ ist ein unternehmenspolitischer Aufsichtsrat,
dessen Mitglieder eine hohe Kompetenz aufweisen. Dritte besitzen in solch einem Gremium
eine dominierende Stellung.
61
Hier nimmt der Aufsichtsrat seine Aufgaben aktiv wahr, greift
aber nicht direkt lenkend ein wie beim ersten Typ. Er fungiert mehr als Gesprächspartner des
Vorstands.
62
Der dritte Typ ist der Kontrollaufsichtsrat, in dem die Aktionärsdominanz hoch
ist und die unternehmenspolitische Kompetenz niedrig ausfällt. Ein solch gearteter
Aufsichtsrat beschränkt sich auf eine ex-post Kontrolle. Beim vierten Typ, dem
Repräsentationsaufsichtsrat, dominieren die Nichtbeteiligten, die eine niedrige
unternehmenspolitische Kompetenz aufweisen. Der Vorstand kann im Unternehmen völlig
autonom ­ quasi nach ,,Gutsherrenart"­ ohne große Kontrolle und Einschränkungen agieren.
63
Eine Besonderheit gegenüber Rechtssystemen anderer Länder stellt die
Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat dar. Dabei ist in mitbestimmungsfreie und
mitbestimmte Aktiengesellschaften zu unterscheiden. Bei der ersteren Form sind nur Vertreter
der Anteilseigner im Aufsichtsrat zugegen. Im zweiten Fall existieren verschiedene
Mitbestimmungsgesetze. Im Folgenden sollen das Drittelbeteiligungsgesetz und das
Mitbestimmungsgesetz von 1976 vorgestellt werden, da diese die größte Relevanz bzw.
Verbreitung haben.
64
Beim Drittelbeteiligungsgesetz müssen ein Drittel der
61 Vgl. Gerum, 1995, S. 360 f.; vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S. 119 f.
62 Vgl. Breuer, 2003, S. 44; vgl. Lutter / Krieger, 2002, S. 36.
63 Vgl. Gerum, 1995, S. 360 f.
64 Vgl. Streeck, 2004, Sp. 881.
Abbildung 1: Typen von Aufsichtsorganen [Quelle: Gerum, 1995, S. 360]

2. Grundlagen für die Diskussion von Maliks Vorschlägen
11
Aufsichtsratsmitglieder von der Arbeitnehmerseite stammen, wenn Voraussetzungen erfüllt
sind, wie z. B. Gründung der AG vor 1994 und Nichtvorliegen einer Familiengesellschaft.
Die Arbeitnehmervertreter, denen auch Gewerkschaftsvertreter angehören, werden von der
Belegschaft entweder direkt oder durch Wahlmänner gewählt. Nach dem Grundkapital richtet
sich die Anzahl der Mitglieder des Gesamtaufsichtsrates und kann in dreier Schritten von 3-21
Personen reichen. Gewerkschaftsvertreter, die dem Unternehmen nicht angehören, dürfen bis
zu einer feststehenden Anzahl im Aufsichtsrat vertreten sein.
65
Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 grenzt sich durch andere gesetzlich festgelegte
Kriterien ab, die hier nicht weiter erläutert werden.
66
Es sieht eine paritätische Besetzung von
Arbeitnehmern und Kapitalgebern im Aufsichtsrat vor. Die Anzahl der Personen im
Gesamtgremium kann von 12-20 Mitgliedern in zweier Schritten variieren. Abhängig von der
Größe des Organs muss eine bestimmte Anzahl von Gewerkschaftsvertretern vertreten sein.
Zudem muss mindestens ein leitender Angestellter für die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat
sitzen. In Pattsituationen hat der Aufsichtsratsvorsitzende, der faktisch immer von der
Kapitalseite bestellt wird, ein Doppelstimmrecht. Der Stellvertreter wird zumeist von den
Arbeitnehmern gestellt.
67
Auch durch Einführung der europäischen Aktiengesellschaft (SE) wird die zweistufige
Organstruktur und die Mitarbeiterbestimmung weiterhin bei deutschen Unternehmen bestehen
bleiben, da nationales Aktienrecht beachtet werden muß.
68
2.2.2. Das amerikanische Boardmodell
Das Boardmodell findet sowohl in den USA als auch in England Anwendung. Es gibt keine
einheitliche Gestaltung dieses Systems. In den USA ist das Gesellschaftsrecht den
Bundesstaaten vorbehalten.
69
Die amerikanischen Unternehmen können ihren
Gesellschaftssitz frei auswählen. Viele an den Börsen gelisteten Unternehmen haben sich für
den Staat Delaware entschieden, da dieser sehr geringe gesetzliche Vorgaben in seinen
corporation laws hat und so ein hohes Maß an Gestaltungsfreiraum lässt.
70
Um eine
Incorporation zu gründen, muss das Unternehmen eine Charter verfassen, die seinen
65 Vgl. Marachzina / Wolf, 2005, S.159 f.
66 Bei Interesse vgl. Neubürger, 2003, S. 179 ff.
67 Vgl. Marachzina, 2005, S.159 ff.; vgl. Schewe, 2005, S. 280 ff.
68 Vgl. Schewe, 2005, S. 112.
69 Ausnahme ist der Sarbanes Oxley Act, der in allen Bundesstaaten gleichermaßen zur Anwendung kommt und
somit nationalem Recht entspricht. Vgl. Salzberger, 2004, Sp. 101.
70 Vgl. Peltzer, 2003, S. 235 f.; vgl. Bleicher / Leberl / Paul, 1989, S.124 ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783836601009
DOI
10.3239/9783836601009
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld – Wirtschaftswissenschaften, Organisation, Personal und Unternehmensführung
Erscheinungsdatum
2007 (Januar)
Note
2,0
Schlagworte
malik fredmund aufsichtsrat corporate governance unternehmensaufsicht spitzenorganisation
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Titel: Malik und Aufsichtsorgane: Eine kritische Diskussion
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