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Geologisch-tektonischer und historischer Kontext des Erdbebens in Haiti vom 12.01.2010

©2010 Bachelorarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Dezember 1492 entdeckte Christopher Kolumbus eine Insel in der Karibik, die heute Hispaniola genannt wird. In der Hoffnung auf die Entdeckung einer neuen Welt mit reichen Goldvorkommen und ertragsreichen Landschaften besiedelten die Spanier die Insel, die ihren Namen den früheren Kolonialherren verdankt. ‘Die Perle der Antillen’ wie Haiti im 18. Jahrhundert unter der französischen Kolonialherrschaft genannt wurde, war eine der reichsten Kolonien. Doch dieser Reichtum hat sich mittlerweile in Armut umgekehrt. Die alljährlichen Hurrikans, die über die Insel hinwegfegen haben das Land schwer mitgenommen. Durch die Rodung von 98 Prozent des Waldes auf Haiti zur Holzkohle-Produktion hat der Boden der Erosion nichts mehr entgegenzusetzen. Die Folge sind weniger landwirtschaftlich nutzbare Flächen, weniger Lebensmittel und dadurch höhere Preise und noch größere Armut. Doch als würden die Wirbelstürme als Katastrophe nicht ausreichen, ist Haiti am 12. Januar 2010 von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden. Mit mehr als 200.000 Toten, 300.000 Verletzten und über einer Million Menschen, die jetzt obdachlos sind, liegt Haiti in Trümmern. Auch große und vermeintlich stabile Gebäude in der Hauptstadt Port-au-Prince, wie zum Beispiel der Präsidentenpalast, das Hauptquartier der Vereinten Nationen und die Kathedrale wurden zerstört. Wirtschaftlich instabile Länder werden durch solche Katastrophen zumeist viel schwerer getroffen als wirtschaftlich stabile. Einer der Gründe ist, dass erdbebensicheres Bauen keine Rolle spielt, da die Menschen froh sind, wenn sie überhaupt Geld für eine Behausung aufbringen können. Durch einfache Maßnahmen beim Bau von Gebäuden hätten aber viele Menschenleben gerettet werden können. Verschiedene Wissenschaftler empfehlen das Mauerwerk zum Beispiel mit Bambusstöcken zu stützen oder statt Häuser aus Mauerwerk zu bauen, Fachwerk in Verbindung mit Lehm zu nutzen. Der finanzielle Aufwand für derartige Maßnahmen liegt um ein Vielfaches geringer, als der des Wiederaufbaus. Gerade für ein so armes Land wäre das die günstigere Alternative gewesen. Laut dem ‘Human Development Report’ der Vereinten Nationen liegt Haiti mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1.155 US$ pro Kopf auf Platz 158 von 181. Ohne die nötigen finanziellen Mittel geht der Wiederaufbau nur sehr schleppend voran. Positiv ist, dass mittlerweile der Internationale Währungsfonds Haiti seine Schulden in Höhe von 268 Millionen US-$ erlassen hat. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Plattentektonische und Geologische Verhältnisse
2.1. Lage und Geologische Verhältnisse von Hispaniola
2.1.1. Geologie in Haiti
2.1.2. Plattentektonik auf Hispaniola und in Haiti

3. Das Erdbeben vom 12.01.2010
3.1. Lage und Bestimmung des Epi- und des Hypozentrums
3.1.1. Erdbebenwellen
3.1.2. Bestimmung des Hypozentrums
3.2. Stärke des Erdbebens
3.2.1. Magnitude
3.2.2. Intensität
3.3. Herdprozess und Bruchvorgang

4. Nachbeben

5. Historische Beben in Haiti
5.1. Zeitreihe der Beben auf Hispaniola

6. Ausblick

Literaturverzeichnis

www-Quellen

Anhang 1

Anhang 2

Abstract

On January 12th 2010, the State of Haiti was struck by a devastating earthquake. With the epicenter being very close to the high populated area of the capital Port-au-Prince, over three million people were affected. Where did this earthquake occur and what is the geologic, tectonic and historic background of seismic activities on the island of Hispaniola?

Haiti is characterized by a special tectonic situation. Sitting on the boundary of the Caribbean and the North American plate, with two faults crossing the island, seismic activity is not uncommon. Historic notations show, that there were significant earthquakes in the Port-au-Prince region, especially in the 18th century. To classify the earthquake it is important to know where exactly the epicenter and how strong the shaking was. This information requires the analysis of the seismic data, which was generated after the shock.

The reasons for the earthquake being so devastating are multifaceted. A series of strong aftershocks in the weeks after the main shock is one of them. But more important is that Haiti was unprepared for a catastrophe of that dimension. Although warned by geologists in 2008, no precautions were taken. Now Haiti together with the international community has to deal with the consequences and to make sure to be prepared for coming earthquakes.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: physische Karte der Karibik mit Lage der Insel Hispaniola

Abbildung 2: Karten-Ausschnitt mit lokaler Geologie

Abbildung 3: Legende zur Karte mit regionaler Geologie

Abbildung 4: Plattengrenze zwischen Nordamerikanischer und Karibischer Platte

Abbildung 5: Störungszonen auf Hispaniola

Abbildung 6: Lage von Hispaniola im Vertikalschnitt

Abbildung 7: Google Earth: Lage der Epizentren von USGS, GFZ und BGR

Abbildung 8: P-Wellen

Abbildung 9: S-Wellen

Abbildung 10: Love-Wellen

Abbildung 11: Rayleigh-Wellen

Abbildung 12: theoretische Laufzeiten der P-Wellen

Abbildung 13: Seismogramm des Bebens vom 12.01.2010

Abbildung 14: Intensitätskarte des Bebens vom 12.01.2010

Abbildung 15: Der vom Erdbeben zerstörte Präsidentenpalast

Abbildung 16: Die vom Erdbeben zerstörte Kathedrale

Abbildung 17: Oblique-slip-fault: links- bzw. rechtslaterale Auf-/Abschiebung

Abbildung 18: Karten-Ausschnitt zeigt Enriquillo-Störung an der Oberfläche

Abbildung 19: USGS finite-fault-model

Abbildung 20: Karte mit den Nachbeben (Mw>4)

Abbildung 21: Zeitreihe der Beben auf Hispaniola seit dem 16. Jahrhundert

1. Einleitung

Im Dezember 1492 entdeckte Christopher Kolumbus eine Insel in der Karibik, die heute Hispaniola genannt wird. In der Hoffnung auf die Entdeckung einer neuen Welt mit reichen Goldvorkommen und ertragsreichen Landschaften besiedelten die Spanier die Insel, die ihren Namen den früheren Kolonialherren verdankt. „Die Perle der Antillen“ wie Haiti im 18. Jahrhundert unter der französischen Kolonialherrschaft genannt wurde, war eine der reichsten Kolonien. (US Department of State) Doch dieser Reichtum hat sich mittlerweile in Armut umgekehrt. Die alljährlichen Hurrikans, die über die Insel hinwegfegen haben das Land schwer mitgenommen. Durch die Rodung von 98 Prozent des Waldes auf Haiti zur Holzkohle-Produktion hat der Boden der Erosion nichts mehr entgegenzusetzen(GRONEWOLD 2009). Die Folge sind weniger landwirtschaftlich nutzbare Flächen, weniger Lebensmittel und dadurch höhere Preise und noch größere Armut. Doch als würden die Wirbelstürme als Katastrophe nicht ausreichen, ist Haiti am 12. Januar 2010 von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden. Mit mehr als 200.000 Toten, 300.000 Verletzten und über einer Million Menschen, die jetzt obdachlos sind, liegt Haiti in Trümmern(Telegraph 2010). Auch große und vermeintlich stabile Gebäude in der Hauptstadt Port-au-Prince, wie zum Beispiel der Präsidentenpalast, das Hauptquartier der Vereinten Nationen und die Kathedrale wurden zerstört(Süddeutsche Zeitung 2010). Wirtschaftlich instabile Länder werden durch solche Katastrophen zumeist viel schwerer getroffen als wirtschaftlich stabile. Einer der Gründe ist, dass erdbebensicheres Bauen keine Rolle spielt, da die Menschen froh sind, wenn sie überhaupt Geld für eine Behausung aufbringen können. Durch einfache Maßnahmen beim Bau von Gebäuden hätten aber viele Menschenleben gerettet werden können. Verschiedene Wissenschaftler empfehlen das Mauerwerk zum Beispiel mit Bambusstöcken zu stützen oder statt Häuser aus Mauerwerk zu bauen, Fachwerk in Verbindung mit Lehm zu nutzen(BOJANOWSKI 2010). Der finanzielle Aufwand für derartige Maßnahmen liegt um ein Vielfaches geringer, als der des Wiederaufbaus. Gerade für ein so armes Land wäre das die günstigere Alternative gewesen. Laut dem „Human Development Report“ der Vereinten Nationen liegt Haiti mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1.155 US$ pro Kopf auf Platz 158 von 181(Vereinte Nationen UN 2009). Ohne die nötigen finanziellen Mittel geht der Wiederaufbau nur sehr schleppend voran. Positiv ist, dass mittlerweile der Internationale Währungsfonds Haiti seine Schulden in Höhe von 268 Millionen US-$ erlassen hat(Welt online 2010).

Welche geologischen und tektonischen Verhältnisse herrschen in der Karibik und speziell in Haiti und wie haben sie zu diesem schweren Erdbeben geführt? Gibt es in der Geschichte von Haiti Aufzeichnungen über frühere Erdbeben? War das Risiko bekannt? Um diese Fragen zu beantworten, werden in dieser Arbeit zunächst die plattentektonischen und geologischen Verhältnisse geklärt. Dabei wird besonders auf die Lage von Haiti an der Grenze zweier Platten eingegangen. Damit das Erdbeben eingeordnet werden kann, beschäftigten sich Seismologen kurz nach dem Erdbeben mit der Bestimmung des Bebenherdes und der Stärke. Diese wichtigen Daten lassen sich anhand von bei der Erschütterung freiwerdenden Wellen bestimmen, auf die deshalb auch in dieser Arbeit eingegangen wird. Der eigentliche Vorgang in der Erdkruste, das daraus resultierende Hauptbeben und die folgenden Nachbeben sollen die Erklärung für die zerstörende Wirkung liefern. Am Ende der Arbeit, gehe ich noch auf die Erdbebengeschichte des Landes Haiti und der Insel Hispaniola ein, um einen Überblick zu geben, wie häufig Erdbeben-Ereignisse waren und sind und wie groß deren Zerstörungskraft ist.

2. Plattentektonische und Geologische Verhältnisse

Um ein Erdbeben, die dabei ablaufenden Mechanismen und seine Entstehung nachvollziehen zu können, muss man sich vor allem mit der zugrunde liegenden Tektonik befassen. Die beteiligten Platten und deren Grenzen mit Verschiebungsrichtung und Geschwindigkeit sind ebenso wichtig wie die geologischen Verhältnisse. Denn oftmals entscheidet das zugrunde liegende Gestein über die Auswirkungen eines Erdbebens und die Intensität, mit der die Bodenbewegungen an die Erdoberfläche treten. Sehr feste Gesteine können die Auswirkungen abschwächen, da für die Bewegung mehr Arbeit verrichtet werden muss, wohingegen lockerer gelagerte Sedimente die Wirkung eines Bebens oft noch verstärken können. (THIERFELDER & HÖRFELDER 2003; LiveScience 2010)

2.1. Lage und Geologische Verhältnisse von Hispaniola

Die Insel Hispaniola gehört zu den großen Antillen und liegt zwischen Kuba und Jamaica im Westen und Puerto Rico im Osten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: physische Karte der Karibik mit Lage der Insel Hispaniola; rot markiert (www-01)

Aus geologischer Sicht existiert Haiti seit etwa 200 Millionen Jahren. Im Mesozoikum ist der Urkontinent Pangäa aufgebrochen und es hat sich langsam die Plattenkonstellation gebildet, die wir heute kennen. Die Karibik liegt seitdem auf einer verhältnismäßig kleinen Platte, die im Westen von der Cocos-, im Süden von der Nazca- und der südamerikanischen Platte begrenzt wird. Im Norden liegt vor der Küste Hispaniolas die nordamerikanische Platte (siehe Abbildung 4). Die Plattengrenze zwischen karibischer und nordamerikanischer Platte ist definiert durch eine linksseitige Blattverschiebung. Hierbei bewegt sich die karibische Platte relativ Richtung Nordosten, die amerikanische relativ nach Westen. Der Betrag der Bewegung liegt bei etwa 2 cm pro Jahr(LiveScience 2010). Diese Art von Bewegung führt zu einer Freisetzung von mechanischer Energie, die sich ruckartig in Form von Erdbeben entladen kann. (MORA 2010: S. 2)

2.1.1. Geologie in Haiti

Seit 1697 ist die Insel in zwei Hälften geteilt. Das westliche Drittel wurde von Frankreich beansprucht und heißt heute Haiti, die östlichen zwei Drittel blieben unter spanischer Herrschaft und werden heute Dominikanische Republik genannt(US Department of State). In dieser Arbeit wird kurz auf den geologischen Aufbau, in dem Bereich in dem das Beben stattgefunden, beziehungsweise die größte Zerstörung angerichtet hat, eingegangen. Auf der folgenden Karte ist ein Ausschnitt der südlichen Halbinsel abgebildet, in dem der Kernbereich des Bebens vom 12. Januar 2010 liegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Karten-Ausschnitt der südlichen haitianischen Halbinsel mit Epizentrum und lokaler Geologie; Legende auf der folgenden Seite (www-02)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Legende zur Karte mit regionaler Geologie (Abbildung 2) (www-03)

Die südliche Halbinsel ist charakterisiert durch eine relativ stark zerfurchte Landschaft. Steile Gebirgszüge wechseln sich mit tiefen Tälern ab. An der Küste befinden sich breite Schwemmdeltas. Der blau eingefärbte Bereich ist das basaltische Grundgebirge (Cb). Zusammen mit Kalkgesteinen und klastischen Sedimenten (Es/Ems) bilden sie das Zentrum der südlichen Halbinsel. Die grauen Bereiche an der Küste bestehen aus Alluvionen (Qa). Diese Ablagerungen der Flüsse in den Deltas bestehen hauptsächlich aus Sanden und Tonen. Die Bereiche die mit „P“ markiert sind, geben ebenfalls Sande und Tone an. (RATHJE et al. 2010: S. 9 f.) Das Wissen um die Bodenverhältnisse lässt die Zerstörungen in den Küstenstädten Port-au-Prince, Petit- und Grand-Goâve sowie Jacmel leichter verstehen. Denn wie oben erklärt, neigen Sedimente dazu die Wirkungen eines Erdbebens zu verstärken und eine noch größere Zerstörung herbeizuführen.

2.1.2. Plattentektonik auf Hispaniola und in Haiti

Der westliche Teil der Insel, Haiti, auf dem der Fokus dieser Arbeit liegt, wird von zwei Störungen in Ost-West-Richtung durchzogen. Diese bilden die Plattengrenze zur nordamerikanischen Platte. Die nördliche Störung wird „Septentrional Fault“ genannt und verbindet den Puerto Rico-Tiefseegraben im Osten - nördlich von Puerto Rico gelegen - mit der Oriente-Störung im Westen – südlich von Kuba gelegen. Im Süden durchzieht die „Enriquillo Fault“ genannte Störung die ganze Halbinsel und verbindet die Tiefseerinne südlich von Puerto Rico – die „Muertos Trough“ – mit Jamaica (Abbildung 4). Unweit dieser findet sich das Epizentrum des Bebens vom 12. Januar 2010. Diese beiden Störungen begrenzen die sogenannte Gonave Mikroplatte (MANAKER et al. 2008: S. 893)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Plattengrenze zwischen Nordamerikanischer (NOAM) und Karibischer Platte (CARI); System der Störungszonen; ungefähre Lage des Epizentrums(MANAKER et al. 2008: S. 892, Abb. 3)

Diese Mikroplatte war in der Vergangenheit mehrmals Schauplatz schwerer Erdbeben. (EBERHARD et al. 2010: S. 3) Ihre Entstehung geht zurück auf die Wechselwirkung zwischen nordamerikanischer und karibischer Platte. Nördlich von Puerto Rico und der Dominikanischen Republik taucht die nordamerikanische Platte unter die karibische, deshalb liegt hier der mehr als 8000 Meter tiefe Puerto Rico-Graben. Die Probleme entstehen durch die sogenannte Bahamas-Plattform. Diese gehört zur nordamerikanischen Platte, hat allerdings eine andere Zusammensetzung als die umgebende ozeanische Kruste. Die Bahamas-Plattform gehört geologisch gesehen zur Florida-Plattform und besteht aus Kalkgestein(Florida Department of Environmental Protection). Karbonatgestein hat eine durchschnittliche Dichte von 2,7 kg/m³, wohingegen die ozeanische Kruste, die weitestgehend aus Basalten besteht, eine Dichte von etwa 3 kg/m³ besitzt(KRUHL 2009: S. 27). Aufgrund dieses Dichte-Unterschiedes subduziert die Bahamas-Plattform nicht einfach unter die karibische Platte, so wie die ozeanische Kruste vor Puerto Rico. Sondern sie „schwimmt“ sozusagen auf der ozeanischen Kruste und erhöht so den Druck auf Hispaniola (Abbildung 6)(MANAKER et al. 2008: S. 899 f.). Die beiden fast-parallelen Störungen, die die Insel durchziehen bauen diesen Druck durch Bewegung ab. Dadurch entstehen in unregelmäßigen Abständen heftige Erdbeben, so wie am 12. Januar 2010 geschehen. (SPOTTS 2010) Dieses Beben hatte seinen Ursprung an der Enriquillo-Störung. In Haiti ist die Störung gut sichtbar: Über die südliche Halbinsel zieht sich ein 200 km langes, schmales Tal, das wie oben erwähnt den Osten Jamaikas mit der Muertos-Rinne verbindet. (MANAKER et al. 2008: S. 893) Die Vorgänge an dieser Störung werde ich im nächsten Kapitel erläutern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Plattentektonik - im Bild die Plattengrenze zwischen nordamerikanischer und karibischer Platte mit dem Puerto-Rico-Graben; außerdem die beiden Störungen auf Hispaniola: Septentrional Fault Zone (SFZ) und Enriquillo Fault Zone (EFZ) mit Verschiebungsrichtungen.(TEN BRINK et al. 2009: S. 1534, Abb. 10)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Schnitt B durch die obere Karte zeigt die besondere Lage von Hispaniola im Vertikalschnitt und die beschriebene Einspannung zwischen nordamerikanischer und karibischer Platte.(TEN BRINK et al. 2009: S. 1534, Abb. 10B)

3. Das Erdbeben vom 12.01.2010

Am 12. Januar 2010 um 16:53 Uhr Ortszeit bebte die Erde in Haiti. Die Zerstörung, die das Beben hervorrief, war immens. Wirtschaftswissenschaftler schätzen den Schaden auf eine Summe von 8,1 bis 13,9 Milliarden US$. Nach Auskunft der Weltbank hat Haiti im Jahr 2008 selbst nur Güter und Dienstleistungen im Wert von etwa 7 Milliarden US$ produziert. (CBC News 2010) Wie kann ein Erdbeben zu einer derartigen Zerstörung führen? Wie werden Erdbeben geophysikalisch beschrieben und welche Vorgänge in der Erdkruste führten zu dieser Zerstörung? Dazu soll zunächst erklärt werden, wo das Erdbeben stattfand und wie die Stärke eines Bebens definiert ist und bestimmt wird.

3.1. Lage und Bestimmung des Epi- und des Hypozentrums

Das Hypozentrum eines Erdbebens ist der Ort, von dem die Bodenbewegung ausgeht. Die Projektion auf die Erdoberfläche wird Epizentrum genannt(PRESS et al. 2008: S.334). Für das Beben vom 12.01.2010 gibt der United States Geological Survey (USGS) das Epizentrum bei 18,457° nördlicher Breite und 72,533° westlicher Länge an. Das Hypozentrum liegt in einer Tiefe von 13 km. Aufgrund von fehlenden seismischen Aufzeichnungen aus dem direkten Umfeld kann die Position aber nicht exakt bestimmt werden. Die horizontale Unschärfe liegt laut dem USGS bei +/- 3,4 km. (EBERHARD et al. 2010: S. 4) Die Tiefe wird von dem Computerprogramm, das die Berechnungen durchführt, festgesetzt. Gleiches gilt für die Tiefenangaben der beiden deutschen Institute. Das deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ) gibt das Epizentrum bei 18,37° N und 72,55° W an(Geoforschungszentrum Potsdam 2010). Die Tiefe wird mit 17 km angeführt. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) nennt in ihrem Bulletin vom 13. Januar 2010 für das Epizentrum folgende Koordinaten: 18,5 ° N, 72,4° W. Die Tiefe wird bei 10 km gesetzt. (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2010)

Wie man auf dem Ausschnitt aus Google Earth erkennen kann, liegen die von den verschiedenen Instituten ermittelten Epizentren relativ weit auseinander (Abbildung 7). So weichen die Angaben der beiden deutschen Institute um 7 – 9 km von der des USGS ab.

Wie wird nun das Epizentrum bestimmt und wie kommen die Unterschiede bei der Lage zustande? Zum besseren Verständnis dieses Zusammenhangs, werde ich im Folgenden zunächst die verschiedenen Wellenarten erklären, die bei einem Erdbeben entstehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Ausschnitt aus Google Earth mit der Lage der Epizentren von USGS, GFZ und BGR

3.1.1. Erdbebenwellen

Bei einem Erdbeben entstehen ausgehend vom Hypozentrum, das auch Erdbebenherd genannt wird, verschiedenartige Wellen, die sich durch die Erdkruste bewegen. Diese Wellen sind die wichtigsten Eingangsdaten für Seismologen, um ein Erdbeben einzuordnen und Magnitude und Epizentrum bestimmen zu können. Grundsätzlich werden vier Wellenarten unterschieden. Die ersten Wellen, die bei einer Messstation eintreffen und vom Seismographen registriert werden, sind die sogenannten P-Wellen (Primärwellen). Aufgrund ihrer Ausbreitungsart werden sie auch Kompressionswellen genannt. Die Fortbewegung der Wellen durch das Gestein erfolgt immer abwechselnd durch Kompression und Dilatation. Das Gestein wird also zusammengedrückt und auseinandergezogen (Abbildung 8). Damit entspricht die Fortbewegung der von Schallwellen. Der Betrag, um den das Gestein zusammengedrückt beziehungsweise gestreckt wird, ist die Amplitude. (BOLT 1995: S. 26 f.) Die Geschwindigkeit der P-Wellen liegt in der Erdkruste bei etwa 5-7 km/s, im Mantel und im Kern ist die Geschwindigkeit größer als 8 km/s. P-Wellen werden auch Körperwellen (engl. body waves) genannt, weil sie sich vom Hypozentrum aus in alle Richtungen ausbreiten, also auch durch das Erdinnere. Damit können Erdbeben auch an Stationen auf der anderen Seite der Erdkugel registriert werden. (BRAILE L. 2010)

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842823372
DOI
10.3239/9783842823372
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität München – Umweltingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2011 (Dezember)
Note
1,0
Schlagworte
haiti erdbeben plattentektonik geologie
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Titel: Geologisch-tektonischer und historischer Kontext des Erdbebens in Haiti vom 12.01.2010
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