Wert-orientierte Kennzahlen in der externen Berichterstattung börsennotierter Unternehmen
Zusammenfassung
Ausgangslage:
Generell sollen Kennzahlen Informationen über bestimmte Sachverhalte in verdichteter Form liefern. Bei wertorientierten Kennzahlen sollen diese Informationen, wie der Name schon andeutet, einen Rückschluss auf die Entwicklung des Wertes eines Unternehmens ermöglichen. Wertorientierte Kennzahlen stehen somit in engem Zusammenhang mit dem Konzept des Unternehmenswertes.
Die Steigerung des Unternehmenswertes wird mittlerweile von vielen Unternehmen als Unternehmensziel verfolgt. Die Unternehmensleitung orientiert sich dabei an den Zielen der Eigentümer. Die Eigentümer (oder Shareholder) wiederum verfolgen mit ihrem Investment das Ziel der Konsummaximierung. Um dieses Ziel erfüllen zu können, ist eine Langfristorientierung der Unternehmensleitung vonnöten. Die (alleinige) Orientierung der Unternehmensleitung an den Shareholdern stößt teils auf heftige Kritik. Kurioserweise ist einer der Hauptkritikpunkte, dass die Orientierung am Shareholder Value kurzfristig orientiertes Handeln zur Folge hätte.
Um den Unternehmenswert messbar zu machen, werden zahlreiche Methoden vorgeschlagen. Die heutzutage beliebtesten Verfahren stellen bei der Ermittlung des Unternehmenswertes auf die Fähigkeit des Unternehmens ab, künftige Zahlungsströme zu generieren.
Wird von Unternehmen das Ziel der Unternehmenswertsteigerung verfolgt, so spielen wertorientierte Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung eine wesentliche Rolle. Werden wertorientierte Kennzahlen als internes Steuerungsinstrument eingesetzt, sollen sie die Fähigkeit haben, optimale Entscheidungen im Sinne einer Unternehmenswertsteigerung herbeizuführen. Hierzu ist es wichtig, dass wertorientierte Kennzahlen sich vor allem an zwei Zielen orientieren. Erstens sollen sie in der Lage sein, die Wertsteigerung abzubilden. Zweitens sollen sie die Fähigkeit besitzen, Managemententscheidungen im Sinne der Eigentümer herbeizuführen. Charakteristisch für wertorientierte Kennzahlen ist, dass sie, im Unterschied zu ergebnisorientierten Kennzahlen etwa, auch die Kosten des Eigenkapitals berücksichtigen. Erst wenn das erwirtschaftete Ergebnis des Unternehmens über den Eigen- und Fremdkapitalkosten liegt, wird mittels wertorientierten Kennzahlen eine Wertschaffung angezeigt. Dabei ist die Idee, die hinter diesem Konzept wertorientierter Kennzahlen steht, nicht neu. Stelter veranschaulicht dies eindrucksvoll mit einem Beispiel aus dem Jahre 50 nach Christus. So wollten bereits die […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Ausgangslage
1.2. Problemstellung und Zielsetzung
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Wertorientierte Kennzahlen
2.1. Wertorientierte Kennzahlen im Rahmen wertorientierter Unternehmensführung
2.1.1. Definition von wertorientierter Unternehmensführung
2.1.2. Gründe für die Notwendigkeit wertorientierter Unternehmensführung
2.1.3. Elemente wertorientierter Unternehmensführung
2.2. Das Wesen wertorientierter Kennzahlen
2.2.1. Abgrenzung und Ziele wertorientierter Kennzahlen
2.2.2. Anforderungen an wertorientierte Kennzahlen
2.2.3. Kategorisierung wertorientierter Kennzahlen
2.3. Economic Value Added (EVA)
2.3.1. Das Konzept des EVA
2.3.2. Anpassung der Berechnungselemente (Konversion)
2.3.3. Beurteilung von EVA als wertorientierte Kennzahl
2.3.3.1. Erfüllung der Informationsfunktion
2.3.3.2. EVA als Beurteilungsgröße bei wertorientierter Entlohnung
2.4. Cash Flow Return on Investment (CFROI)
2.4.1. Das Konzept der ursprünglichen Variante des CFROI
2.4.2. Messung des Unternehmenswertes mithilfe des CFROI
2.4.3. Die Vorteile des CFROI gegenüber dem ROI (Return on Investment)
2.4.4. Schwächen des ursprünglichen CFROI
2.4.4.1. Schwächen des internen Zinsfußes
2.4.4.2. Schwächen bei der Abbildung des internen Zinsfußes
2.4.4.3. Konzeptionelle Schwächen des CFROI
2.4.5. Die algebraische Variante des CFROI
2.5. Cash Value Added (CVA)
2.5.1. Das Konzept des CVA
2.5.2. Beurteilung des CVA als wertorientiertes Performancemaß
2.5.2.1. Messung der Wertsteigerung mit dem CVA
2.5.2.2. Der CVA als Beurteilungsgröße bei wertorientierter Vergütung
2.6. Return on Capital Employed (ROCE)
2.6.1. Das Konzept des ROCE
2.6.2. Abbildung der Wertsteigerung mittels ROCE
2.6.3. Kritische Würdigung des ROCE
2.6.3.1. Vorteile des ROCE
2.6.3.2. Nachteile des ROCE
3. Konzeption der Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen
3.1. Abgrenzung, Merkmale und Elemente des Value Reporting
3.2. Notwendigkeit der Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen im Rahmen des Value Added Reporting
3.3. Anforderungen an die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen
4. Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen deutscher im DAX notierter Unternehmen
4.1. Vorgehensweise und Zielsetzung
4.2. Überblick über die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen in deutschen Unternehmen
4.2.1. Analyse der Berichterstattung nach Unternehmen
4.2.2. Analyse der Berichterstattung nach Kategorien
4.2.3. Analyse der Berichterstattung nach Kennzahlen
4.3. Berichterstattung über den EVA
4.3.1. Definition des EVA
4.3.2. Einsatzfelder des EVA
4.3.2.1. adidas AG
4.3.2.2. Deutsche Post AG
4.3.2.3. RWE AG
4.3.2.4. Siemens AG
4.3.2.5. ThyssenKrupp AG
4.3.2.6. Volkswagen AG
4.3.2.7. Sonstige Unternehmen
4.3.3. EVA als Beurteilungsgröße für variable Entlohnungskomponenten
4.3.4. Qualität der Berichterstattung über EVA
4.3.4.1. Nachvollziehbarkeit
4.3.4.2. Verständlichkeit
4.3.4.3. Vollständigkeit
4.3.4.4. Segmentbezogenheit
4.3.4.5. Prüfung
4.3.4.6. Angabe von vergangenheitsbezogenen Vergleichsdaten
4.4. Berichterstattung über den CFROI
4.4.1. Definition des CFROI
4.4.2. Einsatzfelder des CFROI
4.4.2.1. BAYER AG
4.4.2.2. Deutsche Lufthansa AG
4.4.3. CFROI als Beurteilungsgröße für variable Entlohnungskomponenten
4.4.4. Qualität der Berichterstattung über den CFROI
4.4.4.1. Nachvollziehbarkeit
4.4.4.2. Verständlichkeit
4.4.4.3. Vollständigkeit
4.4.4.4. Segmentbezogenheit
4.4.4.5. Prüfung
4.4.4.6. Angabe von vergangenheitsbezogenen Vergleichsdaten
4.5. Berichterstattung über den CVA
4.5.1. Definition des CVA
4.5.2. Einsatzfelder des CVA
4.5.2.1. BAYER AG
4.5.2.2. Deutsche Lufthansa AG
4.5.3. CVA als Beurteilungsgröße für variable Entlohnungskomponenten
4.5.4. Qualität der Berichterstattung über CVA
4.5.4.1. Nachvollziehbarkeit
4.5.4.2. Verständlichkeit
4.5.4.3. Vollständigkeit
4.5.4.4. Segmentbezogenheit
4.5.4.5. Prüfung
4.5.4.6. Angabe von vergangenheitsbezogenen Daten
4.6. Berichterstattung über den ROCE
4.6.1. Definition des ROCE
4.6.2. Einsatzfelder des ROCE
4.6.2.1. adidas AG
4.6.2.2. METRO AG
4.6.2.3. RWE AG
4.6.2.4. Siemens AG
4.6.2.5. ThyssenKrupp AG
4.6.3. ROCE als Beurteilungsgröße für variable Entlohnungskomponenten
4.6.4. Qualität der Berichterstattung
4.6.4.1. Nachvollziehbarkeit
4.6.4.2. Verständlichkeit
4.6.4.3. Vollständigkeit
4.6.4.4. Segmentbezogenheit
4.6.4.5. Prüfung
4.6.4.6. Angabe von vergangenheitsbezogenen Daten
5. Zusammenfassung
Anhang
Anhang 1 – Vergleich der Kennzahlen aus Abschnitt 2 anhand eines Beispiels
Anhang 2 – Zusammenhang von EVA und CVA bezüglich des Lücke Theorem
Anhang 3 – Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen im Überblick
Anhang 4 – Qualität der Berichterstattung im Überblick
Anhang 5 – Einsatz und Definition der verwendeten wertorientierten Kennzahl
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beispiel für die Aufspaltung der Kennzahl ROCE in Werttreiber
Abbildung 2: Häufigkeit berichteter Kennzahlen im Geschäftsjahr 2010
Abbildung 3: Häufigkeit insgesamt berichteter wertorientierter Kennzahlen
Abbildung 4: Anzahl quantitativ berichteter Kennzahlen der Unternehmen in 2010
Abbildung 5: Berichtete wertorientierte Kennzahlen nach Kategorie
Abbildung 6: Kombination verschiedener Kategorien
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kategorien wertorientierter Kennzahlen
Tabelle 2: Überblick der im DAX notierten Unternehmen
Tabelle 3: Häufigkeit berichteter wertorientierter Kennzahlen
Tabelle 4: Ein- und Auszahlungen der Perioden 0 bis 5
Tabelle 5: Entwicklung der Marktwerte der Maschinen und von Grund und Boden
Tabelle 6: Unternehmenswert der XY AG und YZ AG vom Zeitpunkt 0 bis
Tabelle 7: Entwicklung der EVA der XY AG
Tabelle 8: Entwicklung der EVA der YZ AG
Tabelle 9: Entwicklung der CFROI der XY AG
Tabelle 10: Entwicklung der CFROI der YZ AG
Tabelle 11: Entwicklung der CVA der XY AG
Tabelle 12: Entwicklung der CVA der YZ AG
Tabelle 13: Entwicklung der ROCE der XY AG
Tabelle 14: Entwicklung der ROCE der YZ AG
1. Einleitung
1.1. Ausgangslage
Generell sollen Kennzahlen Informationen über bestimmte Sachverhalte in verdichteter Form liefern. Bei wertorientierten Kennzahlen sollen diese Informationen, wie der Name schon andeutet, einen Rückschluss auf die Entwicklung des Wertes eines Unternehmens ermöglichen. Wertorientierte Kennzahlen stehen somit in engem Zusammenhang mit dem Konzept des Unternehmenswertes.
Die Steigerung des Unternehmenswertes wird mittlerweile von vielen Unternehmen als Unternehmensziel verfolgt. Die Unternehmensleitung orientiert sich dabei an den Zielen der Eigentümer. Die Eigentümer (oder Shareholder) wiederum verfolgen mit ihrem Investment das Ziel der Konsummaximierung.[1] Um dieses Ziel erfüllen zu können, ist eine Langfristorientierung der Unternehmensleitung vonnöten. Die (alleinige) Orientierung der Unternehmensleitung an den Shareholdern stößt teils auf heftige Kritik. Kurioserweise ist einer der Hauptkritikpunkte, dass die Orientierung am Shareholder Value kurzfristig orientiertes Handeln zur Folge hätte.[2]
Um den Unternehmenswert messbar zu machen, werden zahlreiche Methoden vorgeschlagen. Die heutzutage beliebtesten Verfahren stellen bei der Ermittlung des Unternehmenswertes auf die Fähigkeit des Unternehmens ab, künftige Zahlungsströme zu generieren.
Wird von Unternehmen das Ziel der Unternehmenswertsteigerung verfolgt, so spielen wertorientierte Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung eine wesentliche Rolle. Werden wertorientierte Kennzahlen als internes Steuerungsinstrument eingesetzt, sollen sie die Fähigkeit haben, optimale Entscheidungen im Sinne einer Unternehmenswertsteigerung herbeizuführen.[3] Hierzu ist es wichtig, dass wertorientierte Kennzahlen sich vor allem an zwei Zielen orientieren. Erstens sollen sie in der Lage sein, die Wertsteigerung abzubilden. Zweitens sollen sie die Fähigkeit besitzen, Managemententscheidungen im Sinne der Eigentümer herbeizuführen.[4] Charakteristisch für wertorientierte Kennzahlen ist, dass sie, im Unterschied zu ergebnisorientierten Kennzahlen etwa, auch die Kosten des Eigenkapitals berücksichtigen. Erst wenn das erwirtschaftete Ergebnis des Unternehmens über den Eigen- und Fremdkapitalkosten liegt, wird mittels wertorientierten Kennzahlen eine Wertschaffung angezeigt.[5] Dabei ist die Idee, die hinter diesem Konzept wertorientierter Kennzahlen steht, nicht neu. Stelter[6] veranschaulicht dies eindrucksvoll mit einem Beispiel aus dem Jahre 50 nach Christus. So wollten bereits die Weinbauer im antiken Rom zumindest einen Überschuss erwirtschaften, der über den Kosten für das Kapital, das sie einsetzten, lag.
Auch im Rahmen der Unternehmensberichterstattung spielen wertorientierte Kennzahlen eine wesentliche Rolle. Werden wertorientierte Kennzahlen an den Kapitalmarkt berichtet, kann die Wertsteigerung nach außen angezeigt werden und somit die Beurteilung von Unternehmen und Management durch tatsächliche und potentielle Eigentümer ermöglicht werden.[7] Dass wertorientierte Kennzahlen im deutschsprachigen Raum in der Unternehmenspraxis Einzug gefunden haben und Unternehmen wertorientierter Kennzahlen in der Unternehmensberichterstattung berücksichtigen, zeigen empirische Untersuchungen. Fischer/Rödl[8] analysieren die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen von deutschen Unternehmen. Es zeigte sich, dass 18 (60%) der 30 im DAX notierten Unternehmen genaue Angaben über wertorientierte Kennzahlen machen, die sie zur internen Steuerung verwenden. Die Ergebnisse, der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten, empirischen Untersuchung, lassen den Schluss zu, dass deutsche Unternehmen somit von der Möglichkeit Gebrauch machen, mithilfe wertorientierter Kennzahlen, die im Unternehmen stattgefundene Wertsteigerung an den Kapitalmarkt zu kommunizieren.
1.2. Problemstellung und Zielsetzung
Vorschläge für die Ausgestaltung konkreter wertorientierter Kennzahlen sind vor allem von verschiedenen Beratungsunternehmen gemacht worden. Zahlreiche Konzepte wertorientierter Kennzahlen wurden entwickelt und mehr oder weniger gut vermarktet. Es stellen sich somit folgende Fragen:
- Wie lassen sich solche Konzepte wertorientierter Kennzahlen systematisieren?
- Welche dieser Konzepte stoßen auf Resonanz in der Literatur?
- Wie sind diese Konzepte beschaffen?
- Sind diese Konzepte Teil der Unternehmensberichterstattungspraxis?
Ziel dieser Arbeit ist es, eine Systematisierung der Konzepte wertorientierter Kennzahlen herauszuarbeiten und auf Basis dieser Systematisierung Kennzahlen auszuwählen. Die ausgewählten Kennzahlen sollen erstens analysiert werden und zweitens soll die Berichterstattung über diese Kennzahlen untersucht werden.
Im Rahmen dieser Arbeit werden, auf Basis der vorgenommenen Systematisierung, jene Konzepte analysiert, die auf breite Resonanz in der Literatur stoßen. Dies ist als Voraussetzung zu verstehen. Um eine konkrete Auswahl treffen zu können, wird auf die Berichterstattungspraxis wertorientierter Kennzahlen zurückgegriffen. Es sollen jene Kennzahlen im Rahmen dieser Arbeit analysiert werden, die von deutschen Unternehmen am häufigsten berichtet werden. Die so ausgewählten Konzepte sollen zunächst umfassend dargestellt werden. Hierbei wird, soweit dies möglich ist, auf das Originalkonzept, so wie es vom jeweiligen Beratungsunternehmen entwickelt wurde, eingegangen. In einem weiteren Schritt soll erörtert werden, ob diese Kennzahl zur internen Steuerung bedenkenlos eingesetzt werden kann. Möglicherweise scheitert der Einsatz des Performancemaßes zur internen Steuerung allerdings bereits aufgrund schwerwiegender Mängel, bezüglich der Konzeption dieses Performancemaßes.
Den weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die empirische Untersuchung der Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen von deutschen Unternehmen. Hier soll eine ausgewählte Bestandsaufnahme über die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen von deutschen Unternehmen stattfinden. Es wird zunächst untersucht, welche wertorientierte Kennzahlen überhaupt berichtet werden. Im Folgenden werden die im theoretischen Teil vorangestellten wertorientierten Kennzahlen in die Analyse einbezogen. Analysiert werden soll, ob aus den Geschäftsberichten und anderen Mitteln der externen Kommunikation der Unternehmen ein Hinweis darauf gewonnen werden kann, wie die berichtete Kennzahl im Unternehmen eingesetzt wird. Schließlich soll analysiert werden, wie die Berichterstattung der Kennzahlen selbst beschaffen ist. Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, werden die Geschäftsberichte von 11 der 30 im DAX notierten Unternehmen[9] aus dem Geschäftsjahre 2010 analysiert.
1.3. Aufbau der Arbeit
Im Abschnitt 2 wird zunächst das Wesen wertorientierter Unternehmensführung erläutert. Es wird herausgearbeitet, dass bei wertorientierter Unternehmensführung jener bereits häufiger erwähnte Unternehmenswert im Mittelpunkt des Interesses steht. Anschließend wird auf das Wesen wertorientierter Kennzahlen genauer eingegangen. Aus den vorhandenen Konzepten werden vier Konzepte herausgegriffen. Die Kriterien für die Auswahl dieser Konzepte werden herausgearbeitet. Namentlich werden die Kennzahlen EVA, CFROI, CVA und ROCE analysiert. Für jedes dieser vier Konzepte erfolgt zunächst eine Darstellung der Definition dieser Kennzahl. Anschließend werden die Berechnungselemente der jeweiligen Kennzahl erläutert. Schließlich erfolgt eine kritische Würdigung des Konzeptes. Ein zahlenmäßiger Vergleich der vier Kennzahlen rundet diesen Abschnitt ab.
In Abschnitt 3 wird untersucht, wie die Berichterstattung über wertorientierte Kennzahlen stattfinden kann und sollte. Hierzu wird zunächst das Konzept des Value Reporting erläutert. Danach wird auf die Einbettung der Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen ins Value Reporting eingegangen. Schließlich werden Anforderungen für die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen herausgearbeitet.
Abschnitt 4 stellt den empirischen Teil der Arbeit dar. Es werden die Geschäfts- oder Jahresfinanzberichte deutscher, im DAX notierter Unternehmen analysiert. Zunächst wird ermittelt, welche Kennzahlen überhaupt berichtet werden. Des Weiteren soll eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob diese Kennzahlen quantitativ dargestellt werden, oder ob sich lediglich ein Hinweis im Geschäfts- oder Jahresfinanzbericht befindet, dass diese Kennzahl intern verwendet wird. Im Folgenden stehen die im theoretischen Teil erläuterten Kennzahlen im Mittelpunkt. Es soll die Frage beantwortet werden, ob darüber berichtet wird, wie die wertorientierte Kennzahl im Unternehmen eingesetzt wird. Es wird untersucht, ob sich im Geschäfts- oder Jahresfinanzbericht Hinweise darauf finden lassen, ob die berichtete wertorientierte Kennzahl im Rahmen der internen Steuerung eingesetzt wird. Anschließend wird dargelegt, ob sich dem Geschäfts- oder Jahresfinanzbericht entnehmen lässt, ob die wertorientierte Kennzahl als Beurteilungsgröße für variable Entlohnungskomponenten verwendet wird. Auch die Qualität der Berichterstattung selbst wird analysiert. Um diese beurteilen zu können, wird auf die im Abschnitt 3 herausgearbeiteten Kriterien bezüglich der Anforderungen an die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen zurückgegriffen.
Im Abschnitt 5 werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.
2. Wertorientierte Kennzahlen
2.1. Wertorientierte Kennzahlen im Rahmen wertorientierter Unternehmensführung
2.1.1. Definition von wertorientierter Unternehmensführung
Wenn sich die Unternehmenssteuerung an dem Ziel der Steigerung des Shareholder Value (Wert der Unternehmung für Anteilseigner) orientiert, spricht man von wertorientierter Unternehmensführung.[10] Charakteristisch für eine wertorientierte Unternehmensführung ist, eine Überprüfung aller Maßnahmen, die zu einer Steigerung des Shareholder Value beitragen.[11]
Dies impliziert, dass bei wertorientierter Unternehmensführung die Interessen der Anteilseigner im Vordergrund stehen, welche sich auf die zukünftigen Zahlungsströme aus dem Unternehmen beziehen. Diese künftigen Zahlungsströme werden vom Marktwert eines Unternehmens determiniert. Es wird davon ausgegangen, dass das Investment in ein Unternehmen mit einem Investment in ein einzelnes Investitionsprojekt vergleichbar ist. Ein solches wird nur dann getätigt, wenn der Barwert aller Rückflüsse den zu investierenden Betrag übersteigt. Der Barwert aller künftig erwarteten Rückflüsse ist, im Fall der Betrachtung eines Unternehmens, der Unternehmenswert. Nach Abzug des Marktwertes des Fremdkapitals vom Unternehmenswert, ergibt sich der Shareholder Value (oder Marktwert des Eigenkapitals).[12] Aufgrund seines Zukunftsbezugs ist er zur Beurteilung strategischer Entscheidungen geeignet und kann somit auch als zentrale Steuerungsgröße für die Unternehmensleitung genutzt werden.[13]
2.1.2. Gründe für die Notwendigkeit wertorientierter Unternehmensführung
Bezüglich der Eigenkapitalgeber lässt sich die Notwendigkeit wertorientierter Unternehmensführung aus deren Schutzbedürftigkeit herleiten. Anders als bei den anderen Anspruchsgruppen des Unternehmens sind die Ansprüche der Eigenkapitalgeber nicht vertraglich fixiert. Ihre Ansprüche sind vielmehr an den Unternehmenserfolg gekoppelt.[14] Besonders deutlich tritt die Schutzbedürftigkeit der Eigenkapitalgeber im Rahmen der Principal-Agent Theorie hervor. In einer freien Marktwirtschaft überlässt der Eigentümer des Unternehmens, als oberster Prinzipal, dem Agenten sein Kapital und ist in weiterer Folge darauf angewiesen, dass dieser es zweckentsprechend und zielgerichtet verwendet.[15] Die Ausrichtung der Unternehmensführung auf den Shareholder Value soll die Ziele des Agenten (des Managers) mit jenen des Prinzipals in Einklang bringen. Dies kann etwa mittels wertorientierter Entlohnung erreicht werden.[16]
Aus Sicht der Unternehmung lässt sich die Notwendigkeit wertorientierter Unternehmensführung aus dem verschärften Wettbewerb um Eigenkapital herleiten.[17] Eigenkapital wird als knappe Ressource für das Unternehmen gesehen. Ziel der Unternehmung muss es daher sein, verantwortungsvoll mit dieser knappen Ressource umzugehen. Die Eigenkapitalgeber, die diese Ressource zur Verfügung stellen, müssen durch einen Überschuss befriedigt werden, will das Unternehmen auch künftig diese Ressource zur Verfügung gestellt bekommen. Bei wertorientierter Unternehmenssteuerung wird dies explizit als Zielsetzung gefordert.
2.1.3. Elemente wertorientierter Unternehmensführung
Als wichtige Elemente wertorientierter Unternehmensführung werden ein integriertes Controllingkonzept[18], zentrale Steuerungsgrößen[19], ein leistungsbezogenes System der Entlohnung[20] und wertorientierte Berichterstattung (Value Reporting)[21] genannt. Das integrierte Controllingsystem soll Planung, Informationsversorgung und Kontrolle auf die Wertorientierung ausrichten.[22] Als zentrale Steuerungsgröße muss eine Spitzenkennzahl verwendet werden, die konsistent mit der Zielsetzung der Unternehmenswertmaximierung ist.[23] Als hierfür geeignete Kennzahlen werden wertorientierte Kennzahlen gesehen, die sich durch ihre prinzipielle Überleitbarkeit in den Unternehmenswert auszeichnen.[24] Ein leistungsbezogenes Entlohnungssystem soll Mitarbeiter dazu motivieren, im Interesse der Eigentümer zu handeln.[25]
2.2. Das Wesen wertorientierter Kennzahlen
2.2.1. Abgrenzung und Ziele wertorientierter Kennzahlen
Im Gegensatz zu ergebnisorientierten Kennzahlen liegt wertorientierten Kennzahlen der Gedanke zu Grunde, dass Unternehmen erst dann Wert schaffen, wenn sie ein Ergebnis erwirtschaften, das über den risikoadjustierten Kosten des Eigen- und Fremdkapitals liegt. Die Eigenkapitalkosten leiten sich dabei von den Renditeforderungen der Kapitalgeber ab, welche eine dem geschäftsspezifischen Risiko angepasste Verzinsung ihres bereitgestellten Kapitals fordern.[26]
Mit wertorientierten Kennzahlen werden vor allem zwei Ziele verfolgt. Die Erfüllung der Informationsfunktion und die Erfüllung der Verhaltenssteuerungsfunktion.[27] Im Rahmen der Informationsfunktion ist eine möglichst gute Abbildung der Wertsteigerung einer Periode das Ziel.[28] Werden wertorientierte Kennzahlen im Rahmen des Entlohnungssystems so verwendet, dass sie Manager dazu motivieren, optimale Entscheidungen hinsichtlich der Entwicklung des Unternehmenswertes zu treffen, so kann davon gesprochen werden, dass die Verhaltenssteuerungsfunktion erfüllt wird.[29]
2.2.2. Anforderungen an wertorientierte Kennzahlen
An wertorientierte Kennzahlen werden spezifische Anforderungen gestellt. So müssen sie als zentrale Steuerungsgröße imstande sein, die Leistungskraft einzelner Segmente nachvollziehbar abzubilden. Außerdem ist es wichtig, dass wertorientierte Kennzahlen durch Maßnahmen vom Management beinflussbar und nicht manipulierbar sind.[30] Wertorientierte Kennzahlen sollen bei der Planung und Kontrolle genutzt werden können und Auskunft darüber geben, welche Ziele für ein Unternehmen besonders erstrebenswert sind.[31] Dabei ist auf die konsistente Definition wertorientierter Kennzahlen zu achten. Weiterhin erscheint es sinnvoll, ein-periodische Größen auch um mehr-periodische Rechnungen zu ergänzen.[32]
2.2.3. Kategorisierung wertorientierter Kennzahlen
Wertorientierte Kennzahlen können nach Inhalt und Datenbasis unterschieden werden. Beim Inhalt wird zwischen absoluten und relativen Kennzahlen differenziert. Absolute Kennzahlen messen den Wertbeitrag einer Periode, wohingegen relative Kennzahlen den Erfolg in Relation zum Kapitaleinsatz setzen. Wird der absolute Wertbeitrag einer Periode gemessen, spricht man von Wertbeitragskennzahlen. Stellt man den Erfolg dem Kapitaleinsatz gegenüber, spricht man von Rentabilitätskennzahlen. Als Datenbasis werden entweder eine Ergebnisgröße oder eine Zahlungsgröße verwendet.[33] Somit können wertorientierte Kennzahlen in vier Kategorien eingeteilt werden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über Kennzahlen jener vier Kategorien und Vertretern der jeweiligen Kategorie:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Kategorien wertorientierter Kennzahlen[34]
Wertbeitragskennzahlen stellen eine Form des Residualgewinns dar. Dieser ist als Erfolgsgröße einer Periode abzüglich der Kapitalkosten definiert. Verschiedene Wertbeitragskennzahlen unterscheiden sich durch die Modifikationen, die sie bei den einzelnen Berechnungselementen vornehmen.[35] Rentabilitätskennzahlen gehen von den gleichen Berechnungselementen wie Wertbeitragskennzahlen aus. Es besteht prinzipiell folgender Zusammenhang zwischen Wertbeitrags- und Rentabilitätskennzahlen:[36]
Dabei bezeichnet RG den Residualgewinn, ROC eine Rentabilitätskennzahl, WACC den gewogenen Kapitalkostensatz und Kt-1 das Kapital der Vorperiode.[37]
2.3. Economic Value Added(EVA)
2.3.1. Das Konzept des EVA
Das Konzept des EVA wurde von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co entwickelt. Stern definiert den EVA als „residual income left over from operating profits after the cost of capital has been subtracted.“[38] Hierbei wird der Residualgewinncharakter des EVA deutlich. Bei der Berechnung des EVA werden als Ausgangsbasis buchhalterische Daten verwendet. Diese Daten werden mit dem Ziel, dem EVA eine ökonomische Sichtweise zu verleihen, nach gewissen Kriterien angepasst.
Bei der Berechnung des EVA wird eine Rendite ermittelt, von der der Kapitalkostensatz subtrahiert wird. Diese Differenz wird als Value Spread bezeichnet. Der Kapitalkostensatz hat Opportunitätskostencharakter. Er stellt jene Rendite dar, die der Investor anderweitig, bei gleichem Risiko hätte erwirtschaften können. Um den Wertbeitrag einer Periode zu erhalten, wird der Value Spread mit dem buchmäßigen Kapital multipliziert. Formal wird der EVA wie folgt definiert:[39]
Dabei wird als Kapitalkostensatz, als Kapitalgröße und
(Net Operating Profit after Tex) als Überschussgröße bestimmt. Nach Umformung ergibt sich folgende Definition, die den Residualgewinncharakter des EVA verdeutlicht:[40]
2.3.2. Anpassung der Berechnungselemente (Konversion)
Wie bereits weiter oben erwähnt, werden die Berechnungselemente des EVA nach gewissen Kriterien angepasst. Diese Konversionen sollen den Berechnungskomponenten des EVA eine ökonomische Sichtweise verleihen. Angepasst werden der NOPAT und das Capital. Wichtig ist die Wahrung der Konsistenz der Berechnungselemente. Als Ausgangslage für die Konversionen werden buchhalterische Daten (im accounting model) verwendet. Diese werden nach speziellen Kriterien angeglichen. Nach diesen Anpassungen sollen die Berechnungselemente einem economic model entsprechen.[41] Während beim accounting model primär das Interesse an der Darstellung eines Liquidationswertes des Unternehmens besteht, soll beim economic model der Berechnung der Daten eine going concern Perspektive zugrunde gelegt werden.[42] Stern Stewart & Co[43] erwähnen insgesamt 164 mögliche Konversionen. Welche der Konversionen tatsächlich sinnvoll ist, muss im Einzelfall geprüft werden.[44] Die Konversionen können in vier Kategorien eingeteilt werden: Operating conversions, Funding conversions, Tax conversions und Shareholder conversions.[45]
Im Rahmen der Operating conversions sollen die Berechnungselemente des NOPAT und des capital kritisch auf deren betriebliche Zugehörigkeit geprüft werden. Ein Beispiel hierfür sind Anlagen im Bau welche vom capital in Abzug gebracht werden. Dies wird damit begründet, dass sie noch nicht zur Erwirtschaftung des betrieblichen Gewinns zur Verfügung standen.
Ziel der Funding conversions ist die Erfassung aller, also auch nicht bilanzierungsfähiger, Finanzierungsquellen. Hier ist vor allem das Leasing zu nennen. Um Konsistenz zu wahren, müssen bei der Berechnung des NOPAT die Zinsanteile der Leasingraten berücksichtigt werden.[46]
Bei den Tax conversions werden die Steueraufwendungen in Steuerzahlungen, die aus der betrieblichen Tätigkeit, ohne Berücksichtigung von Fremdfinanzierung resultieren, transformiert. Es ergibt sich dadurch eine theoretische Steuerlast.
Im Zentrum der Shareholder conversions stehen die Equity equivalents.[47] Zu den Equity equivalents werden etwa Aufwendungen mit Investitionscharakter gezählt. Ein Beispiel hierfür sind Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Gemäß IFRS dürfen Forschungsaufwendungen etwa gar nicht aktiviert werden.
2.3.3. Beurteilung von EVA als wertorientiere Kennzahl
Wie in Abschnitt 2.2.1. erläutert, werden mit wertorientierten Kennzahlen im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Diese sind die Erfüllung der Informationsfunktion und die Erfüllung der Verhaltenssteuerungsfunktion. Um die Informationsfunktion zu erfüllen, müsste der EVA die Wertsteigerung des Unternehmens abbilden können. Im Rahmen der Verhaltenssteuerungsfunktion müsste es möglich sein, den EVA als Beurteilungsgröße für die wertorientierte Entlohnung so auszugestalten, dass Manager dann, und auch nur dann, Investitionsprojekte durchführen, wenn diese einen positiven Kapitalwert aufweisen. Ziel dieses Abschnitts ist es zu erörtern, ob der EVA die Informationsfunktion und die Verhaltenssteuerungsfunktion erfüllt.
2.3.3.1. Erfüllung der Informationsfunktion
Bereits 1937 wurde von Preinreich[48] die Barwertäquivalenz von Zahlungsüberschüssen und Residualgewinnen bewiesen. Im deutschsprachigen Raum ist dieser Beweis erstmalig von Lücke[49] erbracht und als Lücke Theorem bekannt geworden. Das Lücke Theorem besagt, dass unter gewissen Voraussetzungen der Barwert der Einzahlungsüberschüsse eines Investitionsprojekts dem Barwert der Residualgewinne dieses Investitionsprojekts entspricht. Damit das Lücke Theorem Geltung hat, muss über die Totalperiode der Unternehmung, die Summe der Gewinne der Summe der Einzahlungsüberschüsse entsprechen. Diese Voraussetzung wird als Summentheorem bezeichnet. Hinreichende, aber nicht notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Summentheorems ist die Erfüllung des Kongruenzprinzips. Erfüllt ist das Kongruenzprinzip dann, wenn alle Reinvermögensänderungen einer Periode erfolgswirksam erfasst werden.[50] Wird eine bilanzielle Eigenkapitalveränderung ergebnisneutral verbucht, erfolgt eine Durchbrechung des Kongruenzprinzips. In diesem Fall gilt das Lücke Theorem nicht.[51] Die Barwertäquivalenz von Einzahlungsüberschüssen und Residualgewinnen ist dann nicht mehr gegeben. Im Rahmen der IFRS wäre als Beispiel die Bilanzierung von Sachanlagevermögen gemäß IAS 16 zu nennen.[52]
Da der EVA als klassischer Residualgewinn so ausgestaltet werden kann, dass er die obigen Voraussetzungen erfüllt, kann prinzipiell die Barwertäquivalenz der EVA eines Investitionsprojekts mit den Einzahlungsüberschüssen dieses Investitionsobjekts erreicht werden.
Der EVA misst den operativen Erfolg des Unternehmens. An dieser Stelle kann die Frage unbeantwortet bleiben, ob die Eigentümer lediglich an dem Wertbeitrag aus der operativen Tätigkeit des Unternehmens interessiert sind.
2.3.3.2. EVA als Beurteilungsgröße bei wertorientierter Entlohnung
Erfolgt die Festsetzung der Höhe der Entlohnung eines Managers anhand des EVA, so werden nur solche Projekte realisiert, die einen positiven Kapitalwert besitzen. Für den Fall konstanter Rückflüsse eines Investitionsprojekts wird die Verwendung der Abschreibung nach dem Annuitätenverfahren vorgeschlagen. Hierbei bleibt die Summe aus Abschreibungen und Zinsen auf das verbleibende Kapital über die gesamte Nutzungsdauer konstant. Die Summe der Abschreibungsbeträge entspricht den Anschaffungskosten. Es ergeben sich im Zeitablauf konstante Residualgewinne, die nur dann positiv sind, wenn auch der Kapitalwert der Investition positiv ist.[53]
Im Falle nicht konstanter Rückflüsse wird die Verwendung der Abschreibung nach dem relativen Beitragsverfahren vorgeschlagen. Hier werden die Abschreibungsbeträge relativ zu den diskontierten Cashflows verteilt. Es ergibt sich bei Verwendung dieses Verfahrens ein Residualgewinn, der in jeder Periode proportional zum Kapitalwert ist. Somit ist der Residualgewinn jeder Periode positiv, wenn der Kapitalwert des Investitionsprojekts positiv ist.[54] Unabhängig vom verwendeten Zinssatz oder Planungshorizont hat der Manager dann den Anreiz Investitionsprojekte durchzuführen, falls sie einen positiven Kapitalwert haben, und solche mit negativem Kapitalwert zu unterlassen.
2.4. Cash Flow Return on Investment (CFROI)
2.4.1. Das Konzept der ursprünglichen Variante des CFROI
Das Konzept des CFROI wurde von der Boston Consulting Group entwickelt und ist in seiner ursprünglichen Variante dem Konzept des internen Zinsfußes nachempfunden. Um den CFROI zu berechnen, wird ein fiktives Cashflow-Profil ermittelt. Jener Zinssatz, bei dem der Kapitalwert dieses Cashflow-Profils Null ist, wird CFROI genannt.[55] Um das Cashflow-Profil zu ermitteln, wird ein Unternehmen fingiert, das zum Betrachtungszeitpunkt alle vorhandenen Investitionen, die heute noch zur Generierung von Cashflows beitragen, erneut durchführt. Diese fiktiv erneut verwirklichten Investitionen werden als Bruttoinvestitionsbasis (BIB) bezeichnet.[56] Über die Nutzungsdauer der abschreibbaren Vermögenswerte des Unternehmens, welche in der Bruttoinvestitionsbasis enthalten sind (Nutzungsdauer), wird die Erwirtschaftung konstanter Brutto Cashflows (BCF) fingiert. Als Basis für die Prognose der fiktiven, konstanten Brutto Cashflows dient der tatsächliche Brutto Cashflow der laufenden Periode des Unternehmens. Die nicht abschreibbaren Aktiva (NAA) des Unternehmens werden wie der Restwert am Ende des Betrachtungszeitraums in der Investitionsrechnung behandelt.[57] Formal dient der CFROI wie folgt:[58]
Die Bruttoinvestitionsbasis geht mit negativem Vorzeichen in die Berechnung ein. Die früher getätigten Investitionen sollen heute verzinst werden.[59] Dies geschieht mit jenen Berechnungselementen, die mit positivem Vorzeichen in die Berechnung eingehen. Dies sind die Brutto Cashflows und die nicht abschreibbaren Aktiva.
Anders als beim zukunftsorientierten internen Zinssatz findet beim CFROI eine nachträgliche Kalkulation der Investitionsprojekte statt. Es soll die Frage beantwortet werden, ob das dem Unternehmen zur Verfügung gestellte Kapital sinnvoll verwendet wurde.[60] Der Stichtagcharakter des CFROI wird von seinen Begründern hervorgehoben.
2.4.2. Messung des Unternehmenswertes mithilfe des CFROI
Zur Unternehmensbewertung schlägt Lewis[61] die Discounted Cashflow Methode vor. Dabei sollen künftige Free Cashflows mithilfe des CFROI und der Annahme von Wachstumsraten prognostiziert werden.
In einem ersten Schritt erfolgt die Disaggregation der Bruttoinvestitionsbasis in einzelne Investitionsobjekte. Zusätzlich müssen die künftigen Investitionen und die daraus resultierenden Brutto Cashflows prognostiziert werden. Dies geschieht durch die Annahme von künftigen Wachstumsraten und Rentabilitäten (gemessen mittels CFROI). Die prognostizierten Investitionen werden von den künftigen Brutto Cashflows abgezogen. So ergeben sich die mittels Kapitalkostensatz abzuzinsenden Free Cashflows.[62]
Um den Unternehmenswert zu berechnen, werden für die explizit geplanten Jahre, die Planwerte des Managements angesetzt, während für die Ermittlung des Endwertes die obige Vorgehensweise gewählt wird. Ein Vergleich mit dem Ist-Wert lässt dann einen Schluss über die Wertschaffung zu.[63]
2.4.3. Die Vorteile des CFROI gegenüber dem ROI (Return on Investment)
So wie der ROI ist auch der CFROI als Gesamtkapitalrendite konzipiert.[64] Ein Vorteil des CFROI gegenüber dem ROI ist seine Unabhängigkeit von der Altersstruktur des Anlagevermögens. Der ROI begünstigt Unternehmen mit stark abgeschriebenen Anlagen und benachteiligt Unternehmen mit neueren Anlagen.[65] Außerdem tritt der Effekt auf, dass sich mit voranschreitender Nutzungsdauer, der ROI quasi automatisch erhöht. Dies resultiert aus der Tatsache, dass mit voranschreitender Nutzungsdauer das Anlagevermögen, aufgrund steigender kumulierter Abschreibungen, sinkt. Ein Unternehmen könnte durch diesen Effekt bei sinkendem Überschuss einen steigenden ROI ausweisen.[66] Der CFROI neutralisiert hingegen solche Effekte, indem zur Kapitalbasis die kumulierten Abschreibungen addiert werden.[67]
2.4.4. Schwächen des ursprünglichen CFROI
2.4.4.1. Schwächen des internen Zinsfußes
In seiner ursprünglichen Variante ist der CFROI dem internen Zinsfuß nachempfunden. Sowohl Kapitalwertmethode als auch Interne-Zinsfuß-Methode gehen von der Wiederanlageprämisse der Zahlungsströme eines Projektes aus. Der interne Zinsfuß muss mit den Kapitalkosten verglichen werden, um eine Aussage über die Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten treffen zu können. Oft ist es besser, einen hohen Betrag (Alternative 1) zu einer niedrigen Rendite zu veranlagen, als einen niedrigen Betrag (Alternative 2) zu einer hohen Rendite. Dies ist dann der Fall, wenn Alternative 1 einen höheren Kapitalwert aufweist als Alternative 2. Da der interne Zinsfuß ein relatives Maß ist, wird er allerdings immer Alternative 2 als die bessere ausweisen.
2.4.4.2. Schwächen des CFROI bei der Abbildung des internen Zinsfußes
Der CFROI entspricht dann dem internen Zinssatz, wenn in Zukunft tatsächlich gleich bleibende Cashflows erwirtschaftet werden oder wenn die Wachstumsrate der Investitionen dem internen Zinsfuß entspricht. Bei tatsächlich steigenden Cashflows wird der CFROI im Vergleich zum internen Zinsfuß überschätzt, wenn die Wachstumsrate der Investitionen niedrig ist. Unterschätzt wird der CFROI bei tatsächlich steigenden Cashflows, wenn die Wachstumsrate der Investitionen über dem internen Zinsfuß liegt. Genau umgekehrt verhält es sich bei tatsächlich sinkenden Cashflows. Dies impliziert, dass in der BCG-Matrix der CFROI der Geschäftsfelder (welche nach Cashflow-Profil und Wachstumsrate systematisiert werden) systematisch im Vergleich zum internen Zinssatz über- oder unterschätzt wird.[68]
2.4.4.3. Konzeptionelle Schwächen des CFROI
Bei der Berechnung des internen Zinssatzes wird angenommen, dass während der Nutzungsdauer eines Projektes die Anschaffungsinvestition amortisiert wird. Für den CFROI bedeutet dies, dass er sich während der Laufzeit nicht durchgängig auf die Bruttoinvestitionsbasis, sondern auf das fiktive, durchschnittlich gebundene Kapital während der gesamten Projektdauer bezieht.[69] Weiterhin entfaltet allein die Verwendung des CFROI-Modells zur Berechnung der Rentabilität einen Rentabilitätseffekt. Dadurch, dass Projekte mit unterschiedlichen Nutzungsdauern aggregiert werden und für alle aggregierten Projekte eine einheitliche Nutzungsdauer unterstellt wird, wird deren reale Nutzungsdauer verändert. Bei der Berechnung des CFROI bezüglich der Inflationsanpassung wird unterstellt, dass Kapitalbeträge gedeckt werden müssen, die es nie gegeben hat. Im Rahmen der Kontrollfunktion wird zudem bezweifelt ob die Verwendung des CFROI sinnvoll ist. Es werden fiktive Entscheidungen bezüglich vergangener Projekte gefällt, die eigentlich schon getroffen sind.[70]
2.4.5. Die algebraische Variante des CFROI
Von der Boston Consulting Group wurde in der Folge eine neue Variante des CFROI vorgestellt. Der CFROI stellt dabei eine statische Rentabilität dar. Er ist wie folgt definiert:[71]
Eine vereinfachte Version, die als Brutto CFROI bezeichnet wird, lässt sich wie folgt formulieren:[72]
Die Berechnungselemente des CFROI dieser beiden Formeln entsprechen jenen, die im oberen Teil dieser Arbeit beschrieben wurden. Die ökonomische Abschreibung (öA) wird in der angegebenen Literatur ausführlich erläutert. Die Erörterung der Aussagekraft dieser neuen Variante des CFROI erfolgt im Zusammenhang mit dem CVA in Abschnitt 2.5.2.
2.5. Cash Value Added (CVA)
2.5.1. Das Konzept des CVA
Das Konzept des CVA stammt von der Boston Consulting Group. Sein hauptsächliches Anwendungsgebiet soll zunächst die Unternehmensbewertung sein. Von Lewis wird nur die indirekte Schreibweise verwendet:[73]
Bei dieser Variante des CVA übertragen sich sämtliche Schwächen, die der CFROI in seiner ursprünglichen Variante hat, auf den CVA. Von der Boston Consulting Group wird in neueren Publikationen die algebraische Variante des CFROI zur Berechnung des CVA verwendet. Eine Vielzahl neuerer Publikationen beschäftigt sich mit dieser neuen Variante des CVA.[74]
Im Folgenden soll auf jene neue Variante des CVA genauer eingegangen werden. Bei der neuen Variante des CVA gibt es, im Unterschied zur ursprünglichen Variante, eine direkte und eine indirekte Schreibweise. Bei indirekter Schreibweise lautet die Definition des CVA wie folgt:[75]
Es wird hierbei die algebraische Variante des CFROI mit ökonomischer Abschreibung verwendet. Somit ergibt sich nach Umformung dieser Formel die direkte Schreibweise wie folgt:[76]
bezeichnet hierbei den Bruttocashflow, die ökonomische Abschreibung, den Kapitalkostensatz und die Brutto Investitionsbasis.
2.5.2. Beurteilung des CVA als wertorientiertes Performancemaß
Wie bereits erläutert, verfolgen wertorientierte Kennzahlen zwei Ziele. Sie sollen die Wertsteigerung einer Periode möglichst gut abbilden und anreizkompatibel im Rahmen der Verhaltenssteuerungsfunktion sein. In diesem Abschnitt soll untersucht werden, ob diese beiden Ziele mit dem CVA erreicht werden können.
2.5.2.1. Messung der Wertsteigerung mit dem CVA
Der Unternehmenswert lässt sich mittels CVA berechnen. Der Zusammenhang von CVA und Unternehmenswert ergibt sich, genau wie beim EVA, gemäß dem Lücke Theorem. Der Barwert aller künftigen CVA entspricht dem Nettokapitalwert der Einzahlungsüberschüsse.[77] Demnach kann ein Unterschied zwischen den Barwerten künftiger CVA und den Barwerten künftiger EVA eines Projekts nur aus der unterschiedlichen Periodisierung der Investitionen (bei EVA erfolgt diese mittels linearer, bei CVA mittels ökonomischer Abschreibung) und der unterschiedlichen Verrechnung von Kapitalkosten (beim EVA wird das Capital verwendet, beim CVA hingegen die BIB) resultieren. Die ökonomische Abschreibung beim CVA ist niedriger als die lineare Abschreibung beim EVA. Die Kapitalkosten beim CVA sind, weil sie auf Basis der BIB berechnet werden, höher als beim EVA. Im Barwert entspricht die Summe der künftigen ökonomischen Abschreibungen und Kapitalkosten beim CVA exakt der Summe der künftigen linearen Abschreibungen und Kapitalkosten beim EVA. Die unterschiedlichen Effekte aus der Periodisierung der Anschaffungsauszahlung und der Verrechnung von Kapitalkosten gleichen sich somit im Barwert exakt aus. Daraus folgt, da dies, wie soeben erläutert, die einzigen Berechnungselemente sind, die zu einem Unterschied von CVA und EVA führen können und dass, wenn das Lücke Theorem prinzipiell für den EVA erfüllt ist, es so prinzipiell auch für den CVA erfüllt. Zahlenmäßige Darstellungen der soeben erläuterten Zusammenhänge befinden sich im Anhang (siehe Anhang 1 und 2).
Der CVA einer Periode gibt Auskunft darüber, ob in dieser Periode mehr als die Kapitalkosten verdient wurden. Ob der Unternehmenswert gesteigert wurde, lässt sich allerdings mittels einperiodigem CVA in der Regel nicht beurteilen. Nur wenn das betrachtete Unternehmen keinen Goodwill hat, oder dieser gleichförmig mit dem Kapitalkostensatz wächst, entspricht der CVA einer Periode der Wertsteigerung dieser Periode.[78]
Doch auch wenn diese restriktiven Annahmen erfüllt wären, so findet bei einem wertsteigernden Investitionsprojekt die Schaffung von Unternehmenswert in jener Periode statt, in der dieses Projekt realisiert wird. Der CVA der Folgeperioden verteilt dann diese Wertschaffung auf die einzelnen Perioden. In diesen Perioden wird allerdings keine neue Wertsteigerung generiert.[79]
Im Gegensatz zum EVA vermeidet der CVA eine Verschiebung des Erfolgs auf spätere Perioden. Dadurch, dass beim EVA die Kapitalbindung bei voranschreitender Nutzungsdauer eines Investitionsprojektes sinkt, steigt dieser im Zeitablauf automatisch. Beim CVA wird dies durch die Konstruktion der ökonomischen Abschreibung verhindert. Sinkende Kapitalkosten werden durch steigende Abschreibungsbeträge ausgeglichen. Eine schöne Eigenschaft weist der CVA bei konstanten Einzahlungsüberschüssen auf. Der CVA einer Periode entspricht bei konstanten Einzahlungsüberschüssen der Annuität des Kapitalwertes eines Investitionsprojekts.[80]
2.5.2.2. Der CVA als Beurteilungsgröße bei wertorientierter Vergütung
Zur Managementvergütung wird die Verwendung des CVA Zinsmodells vorgeschlagen. Hierbei wird das Management anhand der Veränderung des CVA beurteilt. Zunächst tätigt das Management eine Einlage in das eigene Geschäft. In den Folgejahren verzinst sich diese Einlage mit der Veränderung des CVA und wird zu einem vorher festgelegten künftigen Zeitpunkt ausbezahlt.[81]
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Ausgestaltung eines solchen Vergütungssystems. So könnte etwa dem Manager zunächst ein zinsloses Darlehen vom Unternehmen gewährt werden. Dieses investiert der Manager in das von ihm zu betreuende Geschäftsfeld. Zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt wird geprüft, ob eine positive Verzinsung (gemessen
am CVA) dieses Investments stattgefunden hat. Wenn dem so ist, so wird der investierte Betrag inklusive aufgelaufener Zinsen ausbezahlt. Ist die Veränderung negativ, so erfolgt keine Auszahlung. Der Manager soll dann auch künftig nicht mehr die Möglichkeit erhalten, solche Investments zu tätigen. Weitere Ausgestaltungsmöglichkeiten sind etwa die Kombination mit Aktienoptionsprogrammen oder die Bemessung fixer Gehaltsbestandteile am CVA und variabler Gehaltsbestandteile an der Veränderung des CVA.[82]
2.6. Return on Capital Employed (ROCE)
2.6.1. Das Konzept des ROCE
Die Ermittlung des ROCE basiert auf Daten des Jahresabschlusses. Der ROCE setzt eine Ergebnisgröße in Relation zu einer Kapitalgröße und kann somit als Kapitalrentabilitätskennzahl bezeichnet werden. Mittels Kapitalrentabilitäten soll die Wirtschaftlichkeit des Kapitaleinsatzes beurteilt werden.[83] Von den anderen Kapitalrentabilitätskennzahlen grenzt sich der ROCE dadurch ab, dass er auf die operative Ertragskraft eines Unternehmens oder eines Geschäftsbereichs abstellt. Die Rentabilität der Finanzveranlagung wird hingegen nicht berücksichtigt.[84] Der ROCE ist wie folgt definiert:
Die Berechnungselemente des ROCE sind in der Literatur nicht einheitlich definiert. Dadurch ergibt sich für das einzelne Unternehmen ein erheblicher Spielraum, worunter die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit leidet. Wie die sich ergebenden Spielräume von den im DAX notierten Unternehmen genutzt werden, wird in Abschnitt 4 analysiert.
2.6.2. Abbildung der Wertsteigerung mittels ROCE
Bei ausschließlicher Betrachtung des ROCE kann keine Aussage über die Wertentwicklung des Unternehmens getroffen werden. Ein im Zeitablauf sinkender ROCE bedeutet nicht, dass Wert vernichtet wird. Um Aussagen bezüglich der Wertentwicklung des Unternehmens treffen zu können, müssen die Kapitalkosten des Unternehmens in die Analyse miteinbezogen werden. Wird von einer Rendite der Kapitalkostensatz abgezogen, so ergibt sich eine Größe, die als wertorientierte Rentabilität bezeichnet werden kann.[85] Um die Wertgenerierung beurteilen zu können, ist es entscheidend, ob die wertorientierte Rentabilität positiv oder negativ ist.[86] Es kann dann die Wertwirkungsspanne abgelesen werden. Der absolute Wertbeitrag kann anhand der wertorientierten Rentabilität allerdings nicht erkannt werden. Mittels wertorientierter Rentabilität kann somit die Wertwirkung nicht vollständig erkannt werden.[87]
2.6.3. Kritische Würdigung des ROCE
2.6.3.1. Vorteile des ROCE
Das Abstellen auf den operativen Bereich erhöht die Aussagekraft einer Kennzahl insofern, als dadurch die Performance des Managements besser beurteilt werden kann.[88] Zudem wird die Ableitbarkeit der Berechnungselemente aus dem Jahresabschluss als vorteilhaft angesehen, da sich dadurch weniger Raum für Manipulation und Verschönerungstricks bietet. Bei Messung der Effektivität kann branchenspezifisch untersucht werden, welche Vermögenspositionen viel Kapital binden. Der ROCE kann gesteigert werden, wenn bei diesen Vermögenspositionen die Kapitalbindung reduziert wird.[89] Auch der Abzug unverzinslicher Verbindlichkeiten im Nenner erhöht die Aussagekraft einer Rentabilitätskennzahl insofern, als ein Unternehmen für solche unverzinslichen Verbindlichkeiten keine Gegenleistung erbringen muss. Daher sollten unverzinsliche Verbindlichkeiten auch bei der Kapitalbasis keine Berücksichtigung finden.[90] Im Unterschied zum ROI oder ROA sind Zähler und Nenner beim ROCE konsistent definiert. Dies bedeutet, dass im Zähler nur solche Ergebnisbestandteile enthalten sind, die dem im Nenner definierten Kapital zugeordnet werden können.[91]
2.6.3.2. Nachteile des ROCE
Die mangelnde Eignung des ROCE als Beurteilungsgröße für die Managemententlohnung führt dazu, dass bei alleiniger Verwendung des ROCE als Beurteilungsgröße für die variable Entlohnung die Kapitalkosten nicht berücksichtigt werden. Es könnten dann Investitionen mit positivem Kapitalwert nicht durchgeführt werden, weil sie die durchschnittliche Rentabilität, und somit die daran gekoppelte Managemententlohnung, senken.[92] In Abhängigkeit von den angewandten Bilanzierungsvorschriften kann die Höhe des ROCE mehr oder weniger stark variieren. Die Verwendung von Buchwerten wird insofern als problematisch gesehen, als diese nicht dem Opportunitätsgedanken Rechnung tragen. Ein weiterer Nachteil, der sich aufgrund der Verwendung von Buchwerten ergibt, ist, dass der ROCE im Zeitablauf quasi automatisch steigt. Dies resultiert aus dem im Zeitablauf abnehmenden Buchwert des Anlagevermögens, aufgrund von zunehmenden kumulierten Abschreibungen. Werden dann Ersatzinvestitionen getätigt, sinkt der ROCE erheblich.[93]
Für die Nachteile, die sich aus der Nichtberücksichtigung der Altersstruktur des Anlagevermögens ergeben, wird auf Abschnitt 2.4.3. verwiesen. Die dortigen Ausführungen für den ROI gelten für den ROCE analog.
Der nachhaltige Erfolg wird mittels ROCE unvollständig abgebildet. Es wird argumentiert, dass, um den nachhaltigen Erfolg beurteilen zu können, auch die finanziellen Aktivitäten des Unternehmens berücksichtigt werden müssen.[94] Die mangelnde zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit des ROCE resultiert aus dessen uneinheitlicher Definition, als auch der uneinheitlichen Definition der Berechnungselemente des ROCE.
3. Konzeption der Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen
3.1. Abgrenzung, Merkmale und Elemente des Value Reporting
Die Berichterstattung wertorientierter Kennzahlen wird nicht von der Publizitätspflicht erfasst und erfolgt somit freiwillig. Es bietet sich an, wertorientierte Kennzahlen im Rahmen des Value Reporting zu berichten. Als Value Reporting wird die Ergänzung der Pflichtberichterstattung um freiwillig angebotene Informationen verstanden. Value Reporting ist somit eine Form der Berichterstattung. Die Einschätzung des Marktwertes des Eigenkapitals eines Unternehmens soll für den Investor mithilfe des Value Reporting erleichtert werden.[95]
Die Berichterstattungspflicht umfasst gemäß IAS/IFRS (International Accounting Standards/ International Financial Reporting Standards) Rechnungslegungsvorschriften, die Gewinn und Verlust Rechnung, die Eigenkapitalveränderungsrechnung, die Kapitalflussrechnung und den Anhang.[96] Die Fundierung von Anlageentscheidungen kann mithilfe der Publizitätspflicht allerdings nur beschränkt erfolgen. Hier setzt das Value Reporting an. Eine wesentliche Zielsetzung des Value Reporting ist es, dem Investor mehr Informationen zu geben, um die Fundierung seiner Anlageentscheidung zu verbessern. Dabei sollen ihm die Informationen zur Verfügung gestellt werden, die ihm die Ermittlung des Unternehmenswertes erleichtern.[97] Ein weiteres wesentliches Ziel des Value Reporting ist es, Informationsasymmetrien zwischen Eigentümern und Management zu schließen. Im Idealfall sollen den Investoren die gleichen Informationen wie dem Management zur Verfügung gestellt werden. Diese sollten sich allerdings im Detaillierungsgrad unterscheiden. Durch das Schließen der Informationslücke zwischen Management und Anteilseignern ist es prinzipiell möglich, den Börsenwert des Unternehmens an dessen inneren Wert anzugleichen.[98]
Als Vorteile des Value Reporting für die Adressaten werden unter anderem die folgenden genannt: geringere Kosten der Informationsbeschaffung, Angleichung des Informationsstandes aller Investoren und bessere Datenbasis, um Unternehmen zu vergleichen. Als Vorteile für das Unternehmen werden die folgenden genannt: Möglichkeit der Verringerung der Kapitalkosten, und damit Erhöhung des Unternehmenswertes, Verringerung der Aktienkursschwankungen und erhöhte Glaubwürdigkeit des Managements.[99] Nicht außer Acht zu lassen sind allerdings mögliche Nachteile, die dem Unternehmen durch Value Reporting entstehen können. Diese Nachteile resultieren daraus, dass wertorientierte Informationen einem weiteren Adressatenkreis als den Investoren, also etwa auch den Konkurrenten eines Unternehmens, zur Verfügung stehen. Dies kann wiederum Einfluss auf die Kosten, die einem Unternehmen entstehen, haben.[100]
Darüber, welche Elemente das Value Reporting enthalten soll, herrscht in der Literatur keineswegs Einigkeit. Grundsätzlich besteht Übereinstimmung darüber, dass über die Wertentwicklung des Investments in der Vergangenheit sowie die künftig erwartete Entwicklung des Unternehmens Aufschluss gegeben werden soll. Einigkeit besteht auch darüber, dass über das wertorientierte Steuerungskonzept, die hierbei verwendete wertorientierte Spitzenkennzahl, die Kapitalkosten und das fürs Management verwendete Entlohnungssystem berichtet werden soll.
Dieser Teil des Value Reporting wird oft als Value Added Reporting bezeichnet.[101]
[...]
[1] Vgl. Steinhauer (2007), S.15.
[2] Vgl. Rappaport (2006), S.68.
[3] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.4.
[4] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.4.
[5] Vgl. Husmann (2003), S.80f.
[6] Vgl. Stelter (1999), S.208.
[7] Vgl. Hebertinger (2002), S.2f.
[8] Vgl. Fischer/Rödl (2005), S.24.
[9] Stand: Mai 2011
[10] Vgl. Gladen (2003), S.42; Velthuis (2004), S.9; Pfannenberg (2005), S.132.
[11] Vgl. Erdmann/Zülch (2007), S.407.
[12] Zu einer detaillierten Ermittlung des Shareholder Value vgl. etwa Mandl/Rabl (1998).
[13] Vgl. Copeland (2002), S.89.
[14] Vgl. Gladen (2003), S.36.
[15] Vgl. Coenenberg (2003), S.10.
[16] Vgl. Steinhauer (2007), S.46.
[17] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.1.
[18] Vgl. Middelmann (2004), S.106; Steinhauer (2007), S.55.
[19] Vgl. Middelmann (2004), S.106.
[20] Vgl. Middelmann (2004), S.106; Erdmann/Zülch (2007); Steinhauer (2007).
[21] Vgl. Middelmann (2004), S.106.
[22] Vgl. Steinhauer (2007), S.53.
[23] Vgl. Velthuis (2004), S.9.
[24] Vgl. Steinhauer (2007), S.97.
[25] Vgl. Riegler (2000), S.148.
[26] Vgl. Husmann (2003), S.80.
[27] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.4.
[28] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.22; Crasselt/Schmidt (2007), S.222.
[29] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.22.
[30] Vgl. Middelmann (2001), S.502.
[31] Vgl. Gladen (2003), S.22; Husmann (2003), S.83.
[32] Vgl. Husmann (2003), S.83.
[33] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.23; Schmid/Kuhnle/Sonnabend (2005), S.329; Steinhauer (2007), S.117.; Ewert/Wagenhofer (2000), S.7.
[34] Quelle: Gebhardt/Mansch (2005), S.24.
[35] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.9.
[36] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.26.
[37] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.26.
[38] Vgl. Stern (1994), S.49 in Hostettler (2000), S.19.
[39] Vgl. Stewart (2001), S.136.
[40] Vgl. Stewart (2001), S.137.
[41] Vgl. Hostettler (2000), S.79ff.
[42] Vgl. Stewart (2001), S.34.
[43] Vgl. Stern (1994), S.46ff.
[44] Vgl. Hostettler (2000), S.97f.
[45] Vgl. Hostettler (2000), S.98.
[46] Vgl. Hostettler (2000), S.126.
[47] Vgl. Hostettler (2000), S.103.
[48] Vgl. Preinreich (1937), S.220ff.
[49] Vgl. Lücke (1955), S.310ff.
[50] Vgl. Gaber (2005), S.279.
[51] Vgl. Krotter (2006), S.7.
[52] Vgl. Krotter (2006), S.9; Gaber (2005), S.289. Bei der Bilanzierung des Sachanlagevermögens gemäß IAS 16 werden Änderungen des Marktwertes des Sachanlagevermögens, die dessen fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellkosten übersteigen, ergebnisneutral gegen eine Neubewertungsrücklage verbucht. Bei Veräußerung des Vermögensgegenstandes wird, falls die Neubewertungsrücklage positiv ist, diese gegen eine Gewinnrücklage gebucht. Eine erfolgswirksame Erfassung solcher Wertänderungen findet somit zu keinem Zeitpunkt statt. Erfolgswirksam erfasst werden hingegen Abschreibungen und Zuschreibungen bis zu den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten. Die Bewertung des Anlagevermögens gemäß IAS 16 erfolgt in Anhang 1.
[53] Vgl. Baldenius/Fuhrmann/Reichelstein (1999), S.58.
[54] Vgl. Baldenius/Fuhrmann/Reichelstein (1999), S.58f.
[55] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.10f.
[56] Vgl. Hachmeister (1997), S.556.
[57] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.30.
[58] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.11.
[59] Vgl. Lewis (1994), S.40.
[60] Vgl. Lehmann (1994), S.97.
[61] Vgl. Lewis (1994), S.109ff.
[62] Vgl. Lewis (1994), S.110.
[63] Vgl. Lewis (1994), S.133.
[64] Vgl. Lewis (1994), S.44.
[65] Vgl. Lewis (1994), S.50.
[66] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.28.
[67] Vgl. Schröder (2002), S.211.
[68] Vgl. Hachmeister (1997), S.566ff.
[69] Vgl. Männel (2001), S.44.
[70] Vgl. Hachmeister (1997), S.574.
[71] Vgl. Stelter (1999), S.233.
[72] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.28.
[73] Vgl. Lewis (1994), S.125.
[74] Die neue Variante wird u.a. von folgenden Autoren beschrieben: Stelter (1999), S.237; Husmann (2003), S.88f; Hachmeister (2003), S.99f; Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.12; Franz/Winkler (2006), S.419.
[75] Vgl. Stelter (1999), S.238.
[76] Vgl. Stelter (1999), S.238.
[77] Vgl. Crasselt/Pellens/Schremper (2000), S.73.
[78] Vgl. Hachmeister (2003), S.103.
[79] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.16.
[80] Vgl. Hachmeister (2003), S.100ff.
[81] Vgl. Stelter (1999), S.229.
[82] Vgl. Stelter (1999), S.229f.
[83] Vgl. Berens/Schmitting/Wöhrmann (2005), S.2f.
[84] Vgl. Bertl/Fröhlich (2005), S.245.
[85] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.14.
[86] Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze (2003), S.15.
[87] Vgl. Lachnit/Müller (2002), S.2555.
[88] Vgl. Bertl/Fröhlich (2005), S.245.
[89] Vgl. Berens/Schmitting/Wöhrmann (2005), S.9.
[90] Vgl. Berens/Schmitting/Wöhrmann (2005), S.3.
[91] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.26f; Wagenhofer (2005), S.260.
[92] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2000), S.44.
[93] Vgl. Wagenhofer (2005), S.261; Berens/Schmitting/Wöhrmann (2005), S.6.
[94] Vgl. Lachnit/Müller (2002), S.2555.
[95] Vgl. Riegler (2004), S.54.
[96] Vgl. Meyer (2004), S.125ff.
[97] Vgl. Baetge/Solmecke (2006), S.17.
[98] Vgl. Steinhauer (2007), S.98ff.
[99] Vgl. Wagenhofer/Ewert (2007), S.382, S.13; Steinhauer (2007), S.98f; Riegler (2005), S.568.
[100] Vgl. Riegler (2005), S.568ff.
[101] Vgl. Gebhardt/Mansch (2005), S.163ff; Baetge/Kümmel (2003), S.53; Böcking/Dutzi (2003), S.225; Fischer/Klöpfer (2006), S.8ff; Riegler (2004), S.65; AKEU (2002), S.2338f; Middelmann (2004), S.110; Baetge/Solmecke (2006), S.24.