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Der außerschulische Lernort im Politikunterricht zum Themenfeld Umweltpolitik

©2010 Masterarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Umweltpolitische Bildung zielt darauf ab, Schüler zu umweltverantwortlichem Handeln zu motivieren und zu befähigen. Fachkompetenz, Bewusstseinsausprägung, Urteilsfähigkeit und Handlungsorientierung werden in diesem Zusammenhang durch Kommunikations- und Bildungsprozesse entwickelt. Der damit verbundene Lernprozess vollzieht sich jedoch nur als freiwilliger Vorgang beim Lernenden, indem eigene Sinnstrukturen erzeugt werden. Daher spielt die dem Lerngegenstand beigemessene Relevanz eine außerordentlich wichtige Rolle. Sie resultiert aus dem Interesse am Lerngegenstand und der Verwertbarkeit des Gelernten im eigenen Alltag. Die gesellschaftliche Bedeutung umweltpolitischer Lernprozesse ist für die kommenden Generationen kaum zu unterschätzen, da die natürliche Umwelt zu den Existenzvoraussetzungen der Menschheit zählt. Entsprechend stellt sich die Frage, wie umweltpolitische Bildung möglichst effektiv gestaltet werden kann. Umfassende Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Umweltschutzes bedingen singulär nicht zwangsläufig eine umweltbewusste Einstellung. Zwischen der Wertehaltung und dem Verhalten eines Individuums besteht ebenfalls kein zwingend kausaler Zusammenhang, da das Verhalten von vielen unterschiedlichen Faktoren bestimmt wird. So stellt sich die Frage, ob und wie Umweltbildung überhaupt Umweltverhalten beeinflussen kann. Hier bedarf es der Bestimmung der notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zu einem umweltverantwortlichen Verhalten führen. Dem bewussten Verhalten ist der willentliche Entschluss vorgeschaltet, der wiederum eine Beurteilung der Situation voraussetzt. Erst die Urteilskompetenz ermöglicht die notwendige, vorgelagerte Abwägung der verschiedenen Argumente. In Bezug auf das umweltverantwortliche Verhalten entspricht dies der umweltpolitischen Urteilskompetenz, die zu umweltpolitscher Mündigkeit führt.
Im Rahmen dieser Arbeit soll anhand einer qualitativen, empirischen Erhebung am Beispiel eines Workshops innerhalb der halbjährlich stattfindenden Schüleruni schools@university – Klima + Energie an der Freien Universität Berlin (Schüleruni) untersucht werden, welche kompetenzorientierten Effekte umweltbildende Maßnahmen am außerschulischen Lernort auf die umweltpolitische Mündigkeit teilnehmender Schulkinder haben.
Zur Beantwortung dieser Frage soll zunächst eine theoretische Abhandlung Überblick über den Nachhaltigkeitsgedanken und umweltpolitische Aspekte des Klimaschutzes geben, da dies die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Bianca Adami
Der außerschulische Lernort im Politikunterricht zum Themenfeld Umweltpolitik
ISBN: 978-3-8428-2125-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Freie Universität Berlin, Berlin, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

2
Inhalt
1 Einleitung... 4
2 Theoretischer
Hintergrund
...
6
2.1 Nachhaltigkeit
in
der Umweltpolitik ... 7
2.1.1 Schwerpunkt:
Klimawandel und Klimaschutz ... 8
2.1.2 Der
Treibhauseffekt... 10
2.1.3 Politische
Reaktionen ... 11
2.2 Umweltbildung
...
15
2.2.1 Maxime
der
Umweltbildung
...
16
2.2.2 Empirische
Erhebungen
zur Umweltbildung ... 18
2.2.3 Didaktische
Ansätze
...
21
2.2.4
Bildung für Nachhaltige Entwicklung ... 22
2.3 Politikdidaktische
Perspektive ... 26
2.3.1 Kontroversitätsgebot
und
Überwältigungsverbot ... 27
2.3.2
Verortung im Rahmenlehrplan... 28
2.4
Außerschulisches Lernen im Bereich der Umweltbildung ... 29
2.4.1 Effekte
außerschulischen Lernens ... 30
2.4.2 Selbstbestimmtes Lernen ... 30
2.4.3 Qualitätsaspekte
außerschulischen Lernens ... 32
2.4.4 Ausblick
...
33
3
Außerschulischer Lernort am Beispiel der Schüleruni ... 34
3.1
Schüleruni an der Freien Universität Berlin ... 35
3.2
Workshop: Das Klimafrühstück ... 36
4
Qualitative Erhebung am Beispiel der Schüleruni ... 38
4.1 Vorannahmen
...
38
4.2 Untersuchungsdesign
...
40
4.3
Konzeption des Leitfadeninterviews ... 41
4.4 Organisation
...
44
4.4.1 Datengrundlage ... 44
4.4.2 Probeleitfadeninterview ... 44
4.4.3
Durchführung der Leitfadeninterviews ... 45
4.5 Auswertung
der
Leitfadeninterviews ... 46
4.5.1 Auswertungskriterien
...
47
4.5.2 Auswertung
Lehrerinterview...
50
4.5.3 Auswertung
Schülerinterview 1 ... 52
4.5.4 Auswertung
Schülerinterview 2 ... 54
4.5.5 Zusammenfassung
...
57
5 Fazit
... 58

3
6 Anhang
... 64
6.1 Leitfadeninterview
­ Lehrer ... 65
6.2 Leitfadeninterview
­ Kinder ... 66
6.3 Verwendete
Transkriptionszeichen
...
68
6.4 Interview
mit
einem
Grundschullehrer zur Schüleruni ... 69
6.5 Interview
mit
S1
...
86
6.6 Interview
mit
S2
...
93
7 Literatur
... 102

4
1 Einleitung
Umweltpolitische Bildung zielt darauf ab, Schüler
1
zu umweltverantwortlichem
Handeln zu motivieren und zu befähigen. Fachkompetenz, Bewusstseins-
ausprägung, Urteilsfähigkeit und Handlungsorientierung werden in diesem
Zusammenhang durch Kommunikations- und Bildungsprozesse entwickelt. Der
damit verbundene Lernprozess vollzieht sich jedoch nur als freiwilliger Vorgang
beim Lernenden, indem eigene Sinnstrukturen erzeugt werden.
2
Daher spielt die
dem Lerngegenstand beigemessene Relevanz eine außerordentlich wichtige
Rolle. Sie resultiert aus dem Interesse am Lerngegenstand und der
Verwertbarkeit des Gelernten im eigenen Alltag. Die gesellschaftliche Bedeutung
umweltpoltischer Lernprozesse ist für die kommenden Generationen kaum zu
unterschätzen, da die natürliche Umwelt zu den Existenzvoraussetzungen der
Menschheit zählt.
3
Entsprechend stellt sich die Frage, wie umweltpolitische
Bildung möglichst effektiv gestaltet werden kann. Umfassende Fachkenntnisse
auf dem Gebiet des Umweltschutzes bedingen singulär nicht zwangsläufig eine
umweltbewusste Einstellung. Zwischen der Wertehaltung und dem Verhalten
eines Individuums besteht ebenfalls kein zwingend kausaler Zusammenhang, da
das Verhalten von vielen unterschiedlichen Faktoren bestimmt wird.
4
So stellt
sich die Frage, ob und wie Umweltbildung überhaupt Umweltverhalten
beeinflussen kann. Hier bedarf es der Bestimmung der notwendigen Fähigkeiten
und Fertigkeiten, die zu einem umweltverantwortlichen Verhalten führen. Dem
bewussten Verhalten ist der willentliche Entschluss vorgeschaltet, der wiederum
eine Beurteilung der Situation voraussetzt. Erst die Urteilskompetenz ermöglicht
die notwendige, vorgelagerte Abwägung der verschiedenen Argumente. In Bezug
auf das umweltverantwortliche Verhalten entspricht dies der umweltpolitischen
Urteilskompetenz, die zu umweltpolitscher Mündigkeit führt.
1
Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit auf die grammatikalisch weibliche
Form bzw. die Kombination von männlicher und weiblicher Form verzichtet. Ich lege aber auf die
Feststellung wert, dass in der gesamten Arbeit mit der männlichen Form Männer und Frauen
gleichberechtigt gemeint sind.
2
Prote, Ingrid: Politische Bildung und Erziehung in der Grundschule, in: Sander, Wolfgang:
Handbuch politische Bildung, Schwalbach/Ts. 1997, S. 157-162, hier S. 161.
3
Bundeszentrale für politische Bildung: Umweltpolitik, Stand 2008, http://www.bpb.de/
publikationen/JNSCIW,0,0,Umweltpolitik.html, [eingesehen am 28.08.2010].
4
Haan, Gerhard de; Dieter Jungk; Konrad Kutt u.a.: Umweltbildung als Innovation ­
Bilanzierungen und Empfehlungen zu Modellversuchen und Forschungsvorhaben, Berlin,
Heidelberg 1997, S. 9ff.

5
Im Rahmen dieser Arbeit soll anhand einer qualitativen, empirischen Erhebung
am Beispiel eines Workshops innerhalb der halbjährlich stattfindenden
Schüleruni schools@university ­ Klima + Energie an der Freien Universität Berlin
(Schüleruni) untersucht werden, welche kompetenzorientierten Effekte
umweltbildende Maßnahmen am außerschulischen Lernort auf die
umweltpolitische Mündigkeit teilnehmender Schulkinder haben.
Zur Beantwortung dieser Frage soll zunächst eine theoretische Abhandlung
Überblick über den Nachhaltigkeitsgedanken und umweltpolitische Aspekte des
Klimaschutzes geben, da dies die inhaltlichen Schwerpunkte des untersuchten
Workshops im Rahmen der Schüleruni sind. Anschließend folgen Ausführungen
zur Umweltbildung, zur politikdidaktischen Perspektive und zu Aspekten
außerschulischen Lernens, um theoretische Faktoren umweltpolitischer
Bildungsmaßnahmen am außerschulischen Lernort zu erläutern und geeignete
Analysedimensionen zur Einschätzung und Beurteilung umweltpolitischer
Bildungsmaßnahmen im außerschulischen Bereich zu bestimmen. Die
Erkenntnis, dass angehäuftes Wissen zu Umweltthemen nicht automatisch
Umweltbewusstsein und umweltfreundliches Verhalten hervorruft, führte zu dem
kompetenzorientierten Ansatz der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).
Dieser Ansatz ist auch in der Politikdidaktik bekannt und bietet geeignete
Anknüpfungsmöglichkeiten der politischen Bildung mit Perspektive auf
umweltpolitische Mündigkeit, vorausschauendes Denken und die Fähigkeit,
zukunftsrelevante Entscheidungen im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu fällen.
Zukunftsorientierte Gestaltungskompetenzen im Sinne der BNE sind auch
Gegenstand außerschulischen Lernens im Bereich der Umweltbildung.
Empirische Untersuchungen auf diesem Gebiet zeigen Effekte außerschulischen
Lernens, erlauben allerdings mangels Repräsentativität keine Vergleichbarkeit.
Die Ausführungen im theoretischen Teil bilden die Grundlage des Konzepts und
des Auswertungsleitfadens zu den qualitativen Leitfadeninterviews, die im
Anschluss an die im dritten Kapitel vorgestellte Schüleruni und den exemplarisch
untersuchten Workshop interpretiert und ausgelegt werden. Resultierend aus den
Ergebnissen dieser Untersuchung folgt im letzten Kapitel eine Auswertung

6
festgestellter Effekte auf die umweltpolitische Mündigkeit der interviewten Schüler
und didaktischer Konsequenzen zu umweltpolitischen Bildungsmaßnahmen am
außerschulischen Lernort.
2 Theoretischer Hintergrund
,,Verteilungskonflikte um knapper werdende Ressourcen bergen in sich ein
wachsendes Gewaltpotential" äußerte Frau Dr. Merkel in ihrer Rede anlässlich
der Tagung Impulse21 ­ Berliner Forum Sicherheitspolitik am 10.11.2006.
5
Auch
UN-Generalsekretär Kofi Annan bezeichnete den Klimawandel als Bedrohung für
Sicherheit und Frieden. Die Frage, ob und wie Umweltveränderungen die
internationale Stabilität bedrohen, steht somit auf der internationalen politischen
Agenda.
6
Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen bildet
im 21. Jahrhundert neben der Bekämpfung von Armut und Hunger eine der
größten politischen Herausforderungen, wobei eine Vielzahl von
Umweltproblemen Hunger, Armut und Elend verschärfen. Umgekehrt nötigen
Hunger, Armut und Verelendung viele Menschen zu ökologisch nachteiligen
Verhaltensweisen (z.B.: Rodung der Urwälder) und tragen zur Verschärfung der
weltweiten Umweltprobleme bei. Um diesen Problemen konstruktiv zu begegnen,
haben sich die Regierungen der Welt auf das Leitbild der sogenannten
nachhaltigen Entwicklung verständigt.
7
Der von der Weltkommission für Umwelt
und Entwicklung vorgelegte Abschlussbericht ,,Unsere gemeinsame Zukunft" von
1987
8
bildete den Ausgangspunkt um die Debatte zur Nachhaltigkeit als
politischer Idee. Der Nachhaltigkeitsgedanke wurde darin als Entwicklung
definiert, die die gegenwärtigen Bedürfnisse befriedigt, ohne zu riskieren, dass
5
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel auf der Tagung ,,Impulse 21 ­ Berliner Forum Sicherheitspolitik" des Bundesministeriums
der Verteidigung und des Tagesspiegel am 10. November 2006 in Berlin, Bulletin Nr. 114-3 vom
10.11.2006, http://www.bundesregierung.de/nn_1514/Content/DE/Bulletin/2006/11/114-3-bk-
impulse.html, [eingesehen am: 18.08.2010].
6
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen: Welt im
Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel, Berlin 2007, S. 15ff.
7
Bauer, Steffen: Umweltpolitische Herausforderungen, Bundeszentrale für politische Bildung,
August 2010, http://www.bpb.de/publikationen/2DBPTU,0,0,Umweltpolitische_
Herausforderungen.html, [eingesehen am 24.08.2010].
8
Hauff, Volker (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission
für Umwelt und Entwicklung, Greven 1987.

7
künftige Generationen ihre eignen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Die
ökologische Dimension von Nachhaltigkeit umfasst die Endlichkeit natürlicher
Ressourcen und den schwer fassbaren Wert der Natur. Die soziale Dimension
stellt hingegen die Verteilungsgerechtigkeit in den Mittelpunkt und die
ökonomische Dimension beinhaltet die Frage nach Kapitalerhaltung und
Kapitalerträgen. Die Gleichberechtigung, Über- oder Unterordnung der
Nachhaltigkeitsdimensionen ist in Fachkreisen umstritten.
Entsprechend stellt
sich auch die Frage nach der Vereinbarkeit oder Gegensätzlichkeit von
Umweltschutz und wirtschaftlicher Entwicklung. Auf dem Weltgipfel für
nachhaltige Entwicklung in Johannesburg konnte sich der Standunkt
durchsetzen, dass großzügige Investitionen in Forschung und Entwicklung mit
den garantierten Elementen Marktwirtschaft, Freihandel und technischer
Fortschritt die relevanten Voraussetzungen sind, um dem
Nachhaltigkeitsgedanken gerecht zu werden.
9
Die Komplexität der Thematik
fordert zur sinnvollen Auseinandersetzung mit ihr eine Vielzahl von
Kompetenzen, die über einen kontinuierlichen Lernprozess zu umweltpolitischer
Mündigkeit führen. Angefangen beim eigenen Konsumverhalten über die
Kenntnis der Langfristigkeit vieler Effekte bis hin zu der Entscheidung, komplexen
Zusammenhängen konsequent Rechnung zu tragen, bedarf es eines
hochentwickelten Bewusstseins, das in der Lage ist, die aktuelle Situation immer
wieder zu umweltbewussten Entscheidungen in Bezug zu setzen, darüber zu
reflektieren und zukünftig zu berücksichtigen. Um die Schüleruni am Beispiel
eines Workshops aus dieser Perspektive betrachten zu können, sollen zunächst
umweltpolitische Aspekte vorgestellt werden, da sie das Thema der Schüleruni
sind, um daran anknüpfend unterschiedliche didaktische Ansätze zur
Auseinandersetzung mit diesem Thema vorzustellen.
2.1 Nachhaltigkeit in der Umweltpolitik
Die Umweltpolitik befasst sich mit zahlreichen Themengebieten, wie dem
Klimaschutz, der nachhaltigen Energiepolitik, dem Schutz der Ozonschicht, dem
Erhalt der biologischen Vielfalt, dem Schutz von Wäldern, Gewässern und
9
Steffen Bauer: Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit als politische Idee,
Bundeszentrale für politische Bildung, http://www.bpb.de/publikationen/QL78CU,1,0,Leitbild_
der_Nachhaltigen_Entwicklung.html#art1, [eingesehen am 24.8.2010].

8
Böden, dem Kampf gegen Wüstenbildung, der nachhaltigen Abfallwirtschaft, dem
Schutz vor gefährlichen Stoffen. Alle diese Gebiete fordern übergreifende
Strategien, so dass sich auch andere Politikbereiche mit dem Umweltschutz
befassen.
10
Auf diesem Gebiet sind die Informationsprozesse überwiegend
dynamisch. Neue Erkenntnisse fordern eine kontinuierliche Aufmerksamkeit und
ständiges Abwägen. Eineindeutige Lösungen sind nicht der Regelfall und
oftmals höchst umstritten. Dies erfordert flexible Reaktionen auf komplexe
Probleme. Da ökologische Reaktionen der Umwelt häufig nur sehr langfristig und
nicht zeitnah erfolgen, ist für das einzelne Individuum der Effekt nur schwer in
Zusammenhang mit der Ursache zu bringen. Diese Aspekte können schnell
demotivierend wirken und Passivität aufgrund von Überforderung hervorrufen.
Eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema und die Erkenntnis der
Komplexität der Materie können einer Politikverdrossenheit entgegenwirken.
Menschen, politische Systeme und Unternehmen reagieren vorrangig auf
Ereignisse anstatt auf schleichende Gefährdungen. Notwendig ist jedoch ein
präventives und weitsichtiges Handeln, ohne dass bereits eine Betroffenheit von
den signifikanten Veränderungen einer globalen Erwärmung wahrnehmbar ist.
11
Folgend soll der Bereich Klimawandel und Klimaschutz exemplarisch die
Komplexität auf politischer, geographischer, meteorologischer und physikalischer
Ebene verdeutlichen.
2.1.1 Schwerpunkt: Klimawandel und Klimaschutz
In den vergangenen 100 Jahren ist es auf der Erde wärmer geworden. Seit dem
Beginn des 20. Jahrhunderts ist die globale Jahresmitteltemperatur um 0,74 Grad
Celsius (°C) gestiegen. Diese Erwärmung wird vom Weltklimarat mit einer
Wahrscheinlichkeit von über 90% auf menschliche Einflüsse zurückgeführt.
Besonders seit 1950 steigt die Kurve steil an. Seit 1901 ist die
Durchschnittstemperatur in Deutschland um 0,9°C gestiegen.
12
Dabei muss
zwischen Klima und Wetter unterschieden werden. Wetter ist als
10
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Umweltpolitik von A bis Z,
Berlin 2009, S. 54.
11
Messner, Dirk: Wie die Menschheit die Klimakrise meistern kann ­ ein optimistisches Essay, in:
Aus Politik und Zeitgeschichte, H. 32-33/2010, S. 28-34, hier S. 29.
12
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Dem Klimawandel
begegnen ­ Die Deutsche Anpassungsstrategie, Berlin 2009, S. 12ff.

9
meteorologischer Vorgang definiert, der sich täglich oder auch stündlich ändern
kann. Für die Bestimmung des Klimas werden hingegen alle meteorologischen
Vorgänge in der Atmosphäre über den Zeitraum von Jahren und Jahrzehnten in
einer Region oder global untersucht. Der Durchschnitt aller Wettererscheinungen
und die dazu gehörenden Extremwerte über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren
bilden das Klima. Es lässt sich weiter unterteilen in Großklima (Unterteilung der
Erde in Klimazonen und -regionen), lokales Klima (warme Innenstadt, kühleres
Umland) und Mikroklima (Tau am Morgen, erwärmter Boden am Abend). Das
Klima bildet somit ein hochkomplexes System, das von zahlreichen Faktoren
beeinflusst wird. Die Strahlungsintensität der Sonne lässt sich (bisher) noch nicht
beeinflussen, hat jedoch einen erheblichen Einfluss. Der Anteil an Kohlendioxid
oder Methan in unserer Atmosphäre unterliegt unserem Einfluss. Ohne
konsequentes Gegensteuern wird sich ein Klimawandel bis zum Jahr 2100 mit
einem Temperaturanstieg von 2-7°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau mit
hoher Wahrscheinlichkeit und von Wetterextremen (wie beispielsweise
Starkregen, Dürren, Hitzewellen und schweren Stürmen in zunehmendem Maße)
begleitet, bemerkbar machen. Die Kontinente erwärmen sich voraussichtlich
stärker als der globale Mittelwert, was mit der thermischen Trägheit der
Weltmeere zusammen hängt, die vor sprunghaften Klimaschwankungen schützt.
Außerdem sind zunehmende Hitzewellen wahrscheinlich. Die europäische
Hitzewelle im Jahr 2003 forderte 30.000 bis 50.000 Menschenleben und gilt als
Naturkatastrophe erheblichen Ausmaßes. Auch die Ertragseinbußen der
deutschen Landwirtschaft waren im Sommer 2003 die größten seit 1960. Eine
zuverlässige Vorhersage extremer Hitzewellen ist derzeit nicht möglich. Durch
diese Vorgänge wird eine Veränderung der Biosphäre bewirkt. Die Verbreitung
von Pflanzen und Tieren und ihr Konkurrenzgefüge in ihren bisherigen
Lebensräumen wird sich neu anpassen müssen. Schwindende Gletscher, im
Sommer eisfreie arktische Ozeane, ein eisfreies Grönland, ein steigender
Meeresspiegel und sich in außertropischen Gebieten ausbreitende tropische
Wirbelstürme gehören ebenfalls zum Klimawandel, der künftig weltweit
tiefgreifende Veränderungen der Gesellschaften nach sich ziehen wird. Ein
ungebremster Klimawandel sorgt für signifikante Ertragseinbußen in der
Landwirtschaft der Regionen Afrika und Südasien. Eine Zunahme der Armut und
weiter erschwerter Zugang zu sauberem Trinkwasser werden in bereits heute
fragilen Staaten wachsenden Umweltstress hervorrufen. Die Veränderung von

10
Naturräumen wird vielen Menschen die Existenzgrundlage nehmen und zu
Migration führen. Bereits heute befasst sich die umweltpolitische Forschung
intensiv mit der Frage, ob und in welchem Ausmaß diese Veränderungen eine
Destabilisierung von Gesellschaften, ganzen Regionen oder gar des
internationalen Systems bedeuten können.
2.1.2 Der Treibhauseffekt
Das Klima wird maßgeblich vom Treibhauseffekt beeinflusst. Die Erdatmosphäre
enthält Gase, wie Methan, Kohlendioxid, Wasserdampf oder Ozon, die die
kurzwellige Sonnenstrahlung größtenteils durchlassen, die (langwellige)
Wärmestrahlung jedoch absorbieren und so die Erde erwärmen. Analog zu
einem Treibhaus, das Sonnenstrahlung durchlässt und Wärmestrahlung zurück
hält, werden die Gase als Treibhausgase bezeichnet. Je nach Wellenlänge wird
die langwellige von der Erde abgehende Strahlung von den jeweiligen
Treibhausgasen abgefangen. Vor allem Wasserdampf und Kohlendioxid nehmen
einen bedeutenden Teil der von der Erdoberfläche abgegebenen
Wärmestrahlung auf, so dass weniger Wärme in den Weltraum entweicht. Dieser
natürliche Treibhauseffekt bewirkt, dass die weltweite Temperatur
durchschnittlich 15°C beträgt. Ohne Treibhausgase läge die Mitteltemperatur
bei -18°C und die Erde wäre vereist.
13
Nicht alle Treibhausgase wirken gleich
stark. Eine Tonne emittiertes Methan verstärkt den Treibhauseffekt 21-mal mehr
als dieselbe Menge Kohlendioxid, welches jedoch das Treibhausgas mit der
größten emittierten Menge ist.
14
In den vergangenen 150 Jahren erhöhte sich die
Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre erheblich. Das gilt vor allem
für Kohlendioxid (CO
2
). Dank der Industrialisierung haben sich Produktion,
Haushalte und Verkehr vor allem in den Industriestaaten massiv gewandelt.
Während ein Bewohner Indiens jährlich etwa eine Tonne CO
2
verursacht, ent-
13
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:: Umweltinformation,
Bildung, Stand 2009, http://www.bmu.de/publikationen/bildungsservice/zahl_der_woche /
doc/45406.php, [eingesehen am 22.07.2010].
14
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Abfallwirtschaft, Stand
2007, http://www.bmu.de/abfallwirtschaft/doc/38817.php, [eingesehen am 22.07.2010].

11
fallen auf einen Europäer neun Tonnen, auf einen US-Bürger sogar zwanzig
Tonnen CO
2
.
15
2.1.3 Politische Reaktionen
Anlass zur ersten Klimakonferenz unter der Schirmherrschaft der World
Meteorological Organization (WMO) bildeten Klimaanomalien in ganz
unterschiedlichen Regionen der Welt (Dürre- und Trockenperioden) während der
1970er Jahre. Erstmals wurde eine langfristige Klimaänderung im
Zusammenhang mit der CO
2
-Konzentration in der Erdatmosphäre diskutiert. Die
umfassenden Forschungsprogramme der folgenden Jahre erhärteten den
Verdacht der Klimaänderung in Verbindung mit dem Treibhauseffekt. Die
Klimakonferenz von Toronto 1988 formulierte erstmals die konkrete
klimapolitische Zielvorgabe der Reduktion von Treibhausgasemissionen um 50%
bis zum Jahr 2050. Im November 1988 wurde das Intergovernmental Panel on
Climate Change (IPCC) eingesetzt. Es dient der Erstellung und Bewertung
wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Klimaänderungen und konsensfähigen
Strategien zur Bewältigung des zusätzlichen Treibhauseffekts.
16
Eine Reihe von Konferenzen folgte. Die bedeutendste fand 1992 auf Einladung
der UNO in Rio de Janeiro statt und führte zum Beschluss der Klimakonvention,
die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre zu stabilisieren. Im April 1992
knüpfte die erste Vertragsstaatenkonferenz in Berlin an die Klimakonvention an.
Die "Ad Hoc Gruppe zum Berliner Mandat" wurde beauftragt, bis zur dritten
Vertragsstaaten-Konferenz im japanischen Kyoto einen Entwurf für verbindliche
Vorgaben zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu entwerfen.
17
Die
Verhandlungen in Kyoto führten 1997 zum sogenannten Kyoto-Protokoll. Die
OECD-Staaten sowie die ehemals sozialistischen Industriestaaten verpflichteten
sich, die Treibhausgasemissionen bis 2012 um ca. 5% im zu senken, wobei die
einzelnen Staaten unterschiedliche Beiträge leisten sollen. Deutschland stimmte
15
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Klimaschutz, Stand 2008,
http://www.bmu.de/klimaschutz/kurzinfo/doc/4021.php, [eingesehen am 22.07.2010].
16
Matthes, Felix Christian: Klimawandel und Klimaschutz, in: Informationen zur politischen
Bildung (Heft 287), http://www.bpb.de/publikationen/BF8XL3,5,0,Klimawandel_und_
Klimaschutz.html#art5, [eingesehen am 28.08.2010].
17
Ebd.

12
im Rahmen der EU-Lastenteilung zu, bis 2012 insgesamt 21% und bis 2020
insgesamt 40% weniger klimaschädliche Gase zu produzieren als 1990. Zur
Realisierung beschloss die Bundesregierung unter anderem im Jahr 2007 die
vom Bundesumweltministerium vorgelegten Eckpunkte für ein ,,Integriertes
Energie- und Klimaprogramm". Dadurch sollen Maßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz und zur Nutzung erneuerbarer Energien gefördert werden. Der
Emissionshandel wurde als marktwirtschaftliches Instrument der Klimapolitik
eingeführt, um einen zusätzlichen Anreiz für mehr Energieeffizienz und zur
Verminderung des Energieverbrauchs bei gleichzeitiger Kostenminimierung zu
bewirken.
18
Auf diese Weise sollen vorhandene Potenziale zur
Emissionsminderung kostengünstig erschlossen und innovative Modellprojekte
angeregt werden.
19
Zahlreiche Ansätze, Förderungsmaßnahmen und Programme
sollen dazu beitragen, die gesteckten Ziele zu erreichen. Das
Bundesumweltministerium betont immer wieder die hohe Relevanz für Wirtschaft
und Wachstumspolitik durch Klimapolitik.
20
Jedoch ist Klimaschutz kurzfristig
betrachtet nicht grundsätzlich rentabel oder gar profitabel. Umweltschutz
verursacht erhebliche Kosten und fordert hohe Investitionen. Der Übergang zu
umweltschonenden und ressourcensparenden Produktionsverfahren und
Produkten erfordert einen höheren Einsatz von Kapital und technischem
Fortschritt. Die Umstellung ganzer Industriezweige auf erneuerbare Energien
oder CO
2
-neutrale Transportmittel verlangt ebenfalls hohe Vorinvestitionskosten
bei risikobehaftetem Gewinn. Konflikte zwischen Ökonomie und Ökologie sind
entsprechend vorprogrammiert. Denn die verursachten Kosten binden finanzielle
Mittel, die der profitablen ökonomischen Verwendung entzogen werden. Daraus
resultiert auch die Forderung, dass zusätzliche Aufwendungen für den
Umweltschutz nicht zu Lasten der übrigen Produktion sondern in Zusammenhang
mit einem insgesamt wachsenden Sozialprodukt zu erbringen sind.
21
Ein weiterer
Ansatz sind staatliche Regulierungen in Form von Förderprogrammen und
Subventionen.
18
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Klimaschutzpolitik in
Deutschland, Stand 2009, http://www.bmu.de/emissionshandel/aktuell/aktuell/1201.php,
[eingesehen am 23.08.2010].
19
BMU: Umweltpolitik von A bis Z, S.60.
20
Ebd., S 54.
21
May, Dr. Hermann: Ökonomie für Pädagogen, München 2006, S. 316ff.

13
Die Agenda 21
22
weitet den rein ökonomischen Ansatz aus und berücksichtigt
soziale, ökonomische und ökologische Aspekte. Sie ist als Aufgabenprogramm
des 21. Jahrhunderts zu verstehen und beschreibt ihre Ziele als Verbesserung
der Lebenschancen und -qualitäten aller derzeit auf der Erde lebenden
Menschen als auch der zukünftig lebenden Generationen, ohne die natürlichen
Lebensgrundlagen zu schädigen oder die Ressourcen aufzuzehren. Der
Nachhaltigkeitsgedanke ist vorrangig auf soziale Aspekte der Weltentwicklung
und nicht primär auf ökonomische und ökologische Aspekte gerichtet. Letztere
sind jedoch zwingende Bestandteile einer gerechten und sozialen Welt. Nicht nur
der Naturschutz, sondern Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte tragen diese
politische Idee, der teilweise eine ähnliche Bedeutung wie der Freiheitsidee der
Französischen Revolution zugesprochen wird. Globale Gerechtigkeit, der
schonende Umgang mit der Natur und Gerechtigkeit zwischen den Generationen
bilden die wichtigsten Ziele.
23
Die Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio
de Janeiro 1992 prägte den Begriff ,,Nachhaltige Entwicklung" als politische
Zielprojektion zur ökologische Ressourcenschonung und Verteilungs-
gerechtigkeit. Die ökologischen Lebensgrundlagen der Menschheit sollen die
Lebenschancen zukünftiger Generationen berücksichtigen und mit
ökonomischer, sozialer und ökologischer Verteilungsgerechtigkeit global und in
zeitlicher und geografischer Dimension schonen. Dieses Entwicklungskonzept
soll nicht auf die Vermeidung ökologischer Bedrohungsszenarien und
Zerstörungen beschränkt bleiben, sondern die zentralen gesellschaftlichen
Bereiche Ökonomie, Wissenschaft, Technik, Politik und kulturelles
Selbstverständnis verbinden und als umfassendes Paradigma und offizielles Ziel
der Regierungspolitik in der internationalen Gemeinschaft verstanden werden.
Dieses Nachhaltigkeitskonzept beinhaltet in Anlehnung an die 21
Schlüsselindikatoren der Bundesregierung
24
vier Metaziele:
22
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Konferenz der Vereinten
Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro - Dokumente - Agenda 21,
Bonn 1992, http://www.umweltdaten.de/rup/agenda21.pdf [eingesehen am 7. August 2010].
23
Haan, Gerhard de: Von der Umweltbildung zur Bildung für Nachhaltigkeit, in: Baier, Hans;
Helmut Gärtner, Brunhilde Marquardt-Mau, Helmut Schreier (Hrsg.): Umwelt, Mitwelt,
Lebenswelt im Sachunterricht, Bad Heilbrunn 1999, S. 80ff.
24
Bundesregierung: Erfolgskontrolle: Die 21 Indikatoren, August 2009,
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/ThemenAZ/nachhaltigkeit-
2007-04-13-erfolgskontrolle_3A-die-21-indikatoren.html, [eingesehen am 24.08.2010].

14
x Vorsorge: Reduktion des Verbrauchs an Stoffen, Energie und Fläche im
globalen Maßstab;
x Verteilungsgerechtigkeit:
Verbesserung der Lebensbedingungen der
notleidenden Menschen vor allem in den Armutsregionen der Erde;
x Verhandlungsstrategien: Entwicklung politischer Diskurse, die
konsensfähige, politische Handlungskonzeptionen für eine nachhaltige
Entwicklung ermöglichen und
x Vermittlungsarbeit:
Bewusstseinsbildung
für eine ökologisch-nachhaltige
Orientierung.
Vermittlung und Bewusstseinsbildung verweisen auf umfassende
Bildungsaufgaben, da die Neuorientierung im Bewusstsein von der Mehrheit der
Menschen mitgetragen und realisiert werden muss. Der Leitwert der nachhaltigen
Entwicklung stellt folglich eine zentrale Bildungsaufgabe in Schule, Jugend- und
Erwachsenenbildung dar. Hier sind große Gestaltungspotenziale in den
Bereichen Wissensentwicklung und -management, Bildungsverständnis und -
organisation, Lernformen und -arrangements zu finden. Trotz zahlreicher
Versuche und Strategien, die Nachhaltigkeitsidee bürgernah und anschaulich
darzustellen, ist die Resonanz in der Öffentlichkeit bisher verhältnismäßig
gering.
25
Das Umweltverhalten der Menschen ist nicht homogen, sondern
konzentriert sich ganz unterschiedlich auf bestimmte Verhaltenssektoren, wie
Energieverbrauch, Nutzung von Transportmittel oder der Müllentsorgung. Von
den Massenmedien wurden diese Themen bereits aufgriffen. Werbekampagnen
integrieren den Umweltschutz in ihre Verkaufsstrategien. Artikel mit dem Titel
,,Bio
" sind in den Regalen fester Bestandteil des Angebots. Projekte mit dem
Themenschwerpunkt Umweltschutz erfreuen sich in Schulen und
Jugendeinrichtungen wachsender Beliebtheit. Ein Bewusstseinswandel in
Deutschland ist daran erkennbar, dass sich sozial erwarteten Aussagen etabliert
haben, die sich als öffentlicher Konsens zeigen. Von einem Verhaltenswandel
kann jedoch derzeit nur bedingt die Rede sein. Alle großen demoskopischen
Untersuchungen besagen, dass die Bevölkerung die Umweltproblematik und den
Umweltschutz als hochgradig relevante Themen begreift. Die
Handlungsbereitschaft ist in den letzen Jahren ebenfalls gewachsen, sofern sie
nicht mit empfindlichem Verzicht verbunden ist. Das Sammeln von Glas und
25
Beer, Wolfgang u.a. (Hrsg.): Bildung und Lernen im Zeichen der Nachhaltigkeit. Konzepte für
Zukunftsorientierung, Ökologie und soziale Gerechtigkeit, Schwalbach/Ts. 2002, S. 7-11.

15
Papier, das Trennen von Müll, die ordnungsgemäße Entsorgung von Batterien
und der Konsum von Bioprodukten sind im Gegensatz zum Verzicht auf
motorisierte Transportmittel allgemein anerkannt.
26
Allerdings bedarf es von der
Handlungsbereitschaft hin zu konsequent verändertem Verhalten weiterer
Impulse. Es lässt sich zusammenfassend ein hoher Bedarf an Umweltbildung
feststellen, die dazu geeignet ist, die umweltpolitische Mündigkeit weiter zu
fördern.
2.2 Umweltbildung
Mit der Umweltpolitik entwickelte sich auch die Umweltbildung und spiegelt an
vielen Stellen die umweltpoltische Entwicklung wieder. Ursprünglich sollte
Umweltbildung vor allem Umweltwissen vermitteln, darauf aufbauend
Umwelteinstellungen beeinflussen und schließlich Änderungen des
Umweltverhaltens bewirken. Es wurde davon ausgegangen, dass mehr Wissen
über die Umwelt auch zu einem ausgeprägten Umweltbewusstsein und in dessen
Folge zu einem besseren Umweltverhalten führen würde. Diese Annahme erwies
sich als Trugschluss.
27
Umfangreiches Wissen über Umweltthemen führt nicht
kausal zu einem veränderten Umweltverhalten. In der Erkenntnis um die
Notwendigkeit eines langfristigen Lernprozesses wandelte sich Mitte der
achtziger Jahre die Umweltbildung zu einem kontinuierlich stattfindenden
Bildungsprozess.
28
Zahlreiche Bezeichnungen wie Umweltpädagogik,
Ökologisches Lernen, Umwelterziehung, Naturbezogene Pädagogik,
Natursensibilisierung oder schließlich auch Bildung für nachhaltige Entwicklung
wurden populär. Allerdings mangelte es zunächst an konkreten didaktischen
Konzepten. Die Terminologie bereitete als heterogenes Gebilde ohne eindeutige
Definitionen ebenfalls Schwierigkeiten. Ein klar abgrenzbares Themen- und
Aufgabenfeld ließ sich nicht definieren. Der Versuch der Annäherung über den
Begriff der Umwelt führt ebenso zur ökologischen Nische, wie auch zur sozialen
26
Haan, Gerhard de: Umweltbildung als Innovation, S. 9ff.
27
Ernste Huib; Stefan Baumann: Soziales Dilemma und Umweltbildung, in: Roth, Kuno; Marianne
Ulmi: Neue Wege in der Umweltbildung ­ Beiträge zu einem handlungsorientierten und sozialen
Lernen, Hamburg 1995, S. 136f.
28
Zubke, Gundula: Umwelthandeln und jugendliche Lebensstile, Kröning 2006, S. 23f.

16
Umwelt bis hin zum Kosmos.
29
Zusätzlich zeigte sich bald, dass die
Umweltbildung methodisch und inhaltlich raschen Wandlungsprozessen
unterworfen ist. Dies gilt für die Ziele und die zu vermittelnden Kompetenzen
ebenso, wie auch für den Umstand, dass der Wissensstand zur Umwelt starken
Schwankungen, Entwicklung und überraschenden Erkenntnissen unterworfen ist.
Diese alles durchdringenden Dynamik ist zusätzlich nicht unabhängig von
politischen Konstellationen. Beispielsweise beeinflusst die
Regierungskonstellation die Frage der Energiegewinnung aus Atomkraft, was
sich in der Folge auch auf die Förderung spezieller Umweltbildungsmaßnahmen
auswirkt.
30
2.2.1 Maxime der Umweltbildung
Einige Konstanten lassen sich in diesem Zusammenhang jedoch bestimmen.
Umweltbildung darf nicht nur als passive Kenntnis verstanden werden, sondern
beinhaltet zusätzlich ein Können.
31
Der reine Wissenszuwachs reicht für
veränderte Wertehaltung oder neue Handlungsintentionen nicht aus.
Umweltbildung muss in ein Konzept von Maßnahmen und Angeboten eingebettet
sein, um tatsächlich zu umweltgerechtem Handeln zu bewegen. Ziel der
Umweltbildung ist folglich eine Veränderung menschlicher Verhaltensweisen über
die reine Information hinaus.
32
Umweltbildung enthält alle Initiativen und
Informationen, die direkt oder indirekt der Entwicklung von Einstellungen,
Werthaltungen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Handlungsorientierungen zur
Erhaltung einer vielfältigen, formenreichen Natur und einer unbelasteten
menschlichen Umwelt dienen. Umweltbildung wird beim Umgang mit
29
Giesel, Katharina D., Gerhard de Haan, Horst Rode: Umweltbildung in Deutschland ­ Stand und
Trends im außerschulischen Bereich, Berlin Heidelberg 2002, S. 2.
30
Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2006,
S. 485.
31
Hauenschild, Katrin; Dietmar Bolscho: Bildung für Nachhaltige Entwicklung in der Schule,
Frankfurt am Main 2009, S. 52.
32
Real, Willi: Nachhaltigkeit als Qualitätskriterium für die Förderung von Bildungsprojekten in der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt, In: Beer, Wolfgang u.a. (Hrsg.): Bildung und Lernen im
Zeichen der Nachhaltigkeit. Konzepte für Zukunftsorientierung, Ökologie und soziale
Gerechtigkeit, Schwalbach/Ts. 2002, S. 223f.

17
umweltbildenden Aktivitäten und Informationen erworben.
33
Zahlreiche Studien
haben sich mit dem Umweltbewusstsein als zentralem
Untersuchungsgegenstand befasst. Ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein wurde
häufig in Zusammenhang mit der Bereitschaft gesehen, sich
verantwortungsbewusst und schonend gegenüber der Umwelt zu verhalten.
Allerdings besteht kein wissenschaftlicher Konsens, Umweltbewusstsein
einheitlich zu definieren.
34
Gegenwärtig definiert sich Umweltbewusstsein über
Wissen, Einstellung und Handlungsbereitschaft. Teilweise wird auch Verhalten
und Handlungsintention dazu gezählt. Umweltverhalten beinhaltet im Gegensatz
zum Umweltbewusstsein stets noch eine konative Dimension. Aber auch
Umwelthandeln und Umweltverhalten sind derzeit nicht eindeutig definiert und
somit eher als Arbeitsbegriffe anzusehen.
35
Ein anderer Erklärungsansatz versteht das Umweltbewusstsein des Menschen
als selbstreferentielles System. Es wird zur Kenntnis genommen, was die eigene
Wirklichkeitskonstruktion bestätigt und als Verhaltensmuster beibehalten, da es
sich individuell bewährt hat, um eine Stabilisierung und psychohygienische
Entlastung zu erreichen. Das menschliche Bewusstsein reagiert primär
strukturkonservativ. Demnach ist nicht der Umfang des ökologischen Wissens
interessant, sondern die biographischen und lebensweltlichen Kontexte, in denen
Wissen angeeignet und Wirklichkeit konstruiert wird.
36
Ein dritter Erklärungsansatz unterscheidet das Umwelthandeln in drei Typen:
x Handeln ohne primär ökologische Absicht;
x Handeln zur mittelbaren Realisierung der ökologischen Absicht (z.B.:
Öffentlichkeitsarbeit, politisches Handeln, Unterschriftenaktionen) und
x Handeln
mit
unmittelbarer
ökologischer Absicht, setzt diese jedoch nicht
ins Verhältnis zu den Entstehungsvoraussetzungen.
37
33
Bittner, Alexander: Außerschulische Umweltbildung in der Evaluation. Wirkungen
kurzzeitpädagogischer Maßnahmen auf Umwelt- und Naturschutzinteressen von Schülerinnen
und Schülern der Sekundarstufe I, Göttingen 2002, S. 1.
34
Rode, Horst: Schuleffekte in der Umwelterziehung, Frankfurt am Main 1996, S. 22.
35
Zubke: Umwelthandeln, S. 18.
36
Siebert, Horst: Empirische Untersuchungen zum Wertewandel und Umweltbewusstsein, in:
Beyersdorf, Martin; Gerd Michelsen; Horst Siebert (Hrsg.): Umweltbildung: Theoretische
Konzepte, empirische Erkenntnisse, praktische Erfahrungen, Neuwied, Kriftel 1998, S. 83.
37
Zubke: Umwelthandeln, S. 20.

18
Alle drei Ansätze sind nicht zielführend, um einen möglichen Zusammenhang
zwischen einer konkreten umweltpolitischen Bildungsmaßnahme und dem
resultierenden Effekt beim Rezipienten näher zu analysieren. Daher werden
folgend vermehrt mögliche Zusammenhänge untersucht, die zu einer
umweltpolitischen Mündigkeit führen können.
2.2.2 Empirische Erhebungen zur Umweltbildung
Empirische Studien haben ergeben, dass das Umweltbewusstsein im Vergleich
zu Umweltwissen als Fachkompetenz stärker ausgeprägt ist. Zwischen
Umweltwissen als Fachkompetenz und Umwelteinstellung ließ sich kein
Zusammenhang nachweisen. Umfassende Kenntnisse bedingen nicht
zwangsläufig eine umweltbewusste Einstellung. Zwischen der Umwelteinstellung
und dem Umweltverhalten zeigte sich ebenfalls kein signifikanter
Zusammenhang. So stellte sich in logischer Konsequenz die Frage, ob
Umweltbildung überhaupt das Umweltverhalten beeinflusst? Kann Umweltbildung
eine umweltpolitische Mündigkeit zur Entfaltung bringen? Solange Umweltbildung
primär auf Wissensvermittlung abzielt, kann kein verändertes Umweltverhalten
erwartet werden. Es bedarf entsprechender Anreize und Visionen, die
Betroffenheit auszulösen vermögen.
38
Um dies zu erreichen, bieten sich
Empathie auslösende Inhalte an. Favorisierte Themengebiete der Umweltbildung
widmeten sich zunächst dem persönlichen Bezug zur Natur und ihrer Pflege, den
klassischen naturwissenschaftlichen Themen wie zum Beispiel die
Funktionsweise von Klärwerken und Mülldeponien. In den Grundschulen decken
die Themen ,,Wasser" und ,,Müll" etwa 50% der Themenbereiche ab. Hinzu
kommen globale Themen, wie das Artensterben und der Treibhauseffekt. Die
Themen Verkehr, Konflikte zwischen Ökonomie und Ökologie, Umweltprobleme
in unterschiedlichen Lebens- und Wirtschaftsbereichen, Konsummuster,
Freizeitverhalten oder städtische Wohnstruktur werden eher vernachlässigt. 1999
wurden je Klasse und Schuljahr durchschnittlich 1,3 Umweltthemen (Schulen
gesamt, bei Grundschulen je nach Studie 1,8 bis 3 Themen) in etwa 10 ­ 22,5
Stunden je Schuljahr unterrichtet. Das entspricht rund 1 bis 2,5% der gesamten
38
Haan: Umweltbildung als Innovation, S. 9ff.

19
Unterrichtszeit im Schuljahr.
39
Die Bereitschaft zur Teilnahme an umweltbildenden Maßnahmen untersuchte
eine Studie zur Umweltbildung in Bayern. Während unter den acht- bis
zwölfjährigen Teilnehmern der Befragung noch 52% angaben, dass sie an
Umweltbildungsmaßnahmen teilnehmen, waren es bei den dreizehn- bis
neunzehnjährigen Jugendlichen nur noch 19%.
40
Das Interesse scheint mit
steigendem Alter abzunehmen, obwohl anzunehmen ist, dass sich die
Zusammenhänge, die Dringlichkeit und die Relevanz des Themas vermehrt
offenbaren ­ eine scheinbar gegensätzliche Entwicklung. Meist erfolgt die
Anmeldung über die Schule. So könnte der hohe Anteil bei jüngeren Kindern
auch zu erklären sein.
Verändert haben sich umweltbildende Maßnahmen in den letzten Jahren auch
bezüglich der pädagogischen Methoden. Das Training sozialer Kompetenzen,
das Erleben mit allen Sinnen, eine aktive Einbindung (Handlungsorientierung),
Abenteuercharakter, Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit und individuelle Prozesse
erleben einen Aufwärtstrend, seit neue Konzepte wie die Bildung für nachhaltige
Entwicklung (BNE) Eingang in den Bildungssektor gefunden haben. Der
,,moralisch erhobene Zeigefinger", um persönliche Betroffenheit bei den
Jugendlichen zu forcieren, birgt eher die Gefahr des Meideverhaltens.
Erlebnispädagogisch orientierte Maßnahmen, die Schuldgefühle vermeiden,
wirken motivierend. Methodisch wird häufig ein erster Teil als Theorieblock
gestaltet und anschließend mit allen Sinnen gelernt, um eine positive
Naturerfahrung und Verbundenheit auszulösen. Kooperatives, vernetztes Lernen
in Gruppen mit anschließender Reflexion, handlungsorientierte Vermittlung von
Wissen und die wissenschaftliche Auseinandersetzung als praktizierte Methode,
wie etwa das Mikroskopieren oder das Arbeiten am PC mit anschließender
Naturerfahrungsphase bieten ein abwechslungsreiches Repertoire innerhalb der
Umweltbildung. In Verbindung mit dem Besuch außerschulischer Lernorte und
der Abwechslung vom Unterrichtsalltag ist eine höhere Motivation der
Schulkinder zu erwarten.
39
Haan: Von der Umweltbildung zur Bildung für Nachhaltigkeit, S. 77ff.
40
Ebd.

20
Im Verhältnis zu Natur und Umwelt herrscht unter Kindern und Jugendlichen
eine charakteristische Ambivalenz, die als ,,Bambi"-Effekt
41
bezeichnet wird, was
auf dem Naturverständnis in Deutschland basiert. Einerseits gilt die Natur als
pflege- und hilfebedürftig und andererseits wird der Mensch als Feind der Natur
angesehen. So kommt es zu einer kindlichen Verniedlichung der Natur und einer
moralischen Überhöhung des Schutz- und Pflegeanspruchs. Dies zeigte sich
auch in Untersuchungen bei Schulkindern der Klassenstufen 6, 9 und 12 in
Hessen und Bayern. Die Distanz zwischen der alltäglichen Lebenswelt und ihrem
natürlichen Fundament wird immer größer. Alle Jugendlichen essen Schokolade,
aber nur 40% der Befragten kannten die Frucht des Kakaobaums. Die Rose gilt
als beliebteste Blume unter Jugendlichen, nur 13% der Befragten kennen
Hagebutten. Unter 100 Jugendlichen, die gern Hamburger, Würstchen, Bouletten
und Hühnchen verspeisen, hält nur ein Drittel das Schlachten von Tieren für eine
Notwendigkeit.
42
Es bleibt ein widersprüchliches Patchwork aus Naturverklärung,
Naturkulisse und Naturverbrauch. Die Jugendlichen bekennen sich zwar noch
zum Naturschutz, kennen aber das Schutzobjekt nur noch dürftig. So bleibt die
Hochschätzung der Natur abstrakt und wird nicht auf die eigene Person bezogen.
Ein Entfremdungsprozess zwischen Jugendlichen und Umwelt hat eingesetzt.
Unter diesen Umständen ist Empathie oder Betroffenheit nicht leicht zu wecken.
Es gilt, die Perspektive und die Augenhöhe der Jugendlichen einzunehmen, um
sie zu erreichen. Umweltbildung spricht die Belange Jugendlicher häufig nicht
mehr direkt an. Dies führt zu der Frage, wann und wie Umweltbildung optimal
zum Einsatz kommen kann. Die persönliche Einstellung von Lehrern zu
Umweltproblemen, die Wahrnehmung des Schulumfeldes und die Qualifikation
beeinflussen die Bereitschaft, vermehrt auf Umweltbildung zu setzen, ganz
erheblich.
43
Erfahrungen mit naturnaher Umwelt, günstige schulische
Rahmenbedingungen, umweltbezogene Informationen durch Massenmedien und
die Einstellung der Lehrkraft wirken sich bei diesen Entscheidungen maßgeblich
aus. Fortbildungsmaßnahmen im Bereich der Umweltbildung und längerfristige
41
Häusler Richard: ParallelWelten. Jugendliche und Umweltbildung. Dokumentation der
Fachtagung vom 14. bis 16. Februar 2005 in der Jugendbildungsstätte Unterfranken (Würzburg),
http://www.umweltbildung.bayern.de/projekte/zielgruppe/jugend/doc/fachtagung.pdf,
[eingesehen am: 7. August 2010], S. 25.
42
Fink, Katharina: Umweltbildung und Jugendliche ­ aktuelle Ist-Aufnahme für Bayern; In: Lutz-
Simon, Stefan; Richard Häusler (Hrsg.): ParallelWelten ­ Jugendliche und Umweltbildung,
München 2006, S. 23ff.
43
Rode: Umwelterziehung, S. 22.

21
Projekte können ebenfalls eine Steigerung der Motivation initiieren.
44
Methodisch
bietet sich eine breite Palette an, wie Rollenspiele, Spurensuche, Interviews,
philosophische Gespräche, Zukunftswerkstatt, Umweltszenarien, Planspiele,
Umweltwahrnehmung, Naturerlebnisspiele, Experimente, Umweltinterpretationen
und vieles mehr.
2.2.3 Didaktische Ansätze
In der Umweltbildung zeigen sich kontinuierlich zwei Lernkonzepte: das
handlungsorientierte Lernen und die Verfahren der Natursensibilisierung. Von
beiden Konzepten erhofft man sich ein stärkeres Engagement für
umweltgerechtes Verhalten. Bisher liegen kaum Studien zum Effekt der beiden
Konzepte vor. Es gilt jedoch als gesichert, dass handlungsorientiertes,
problemorientiertes und situationsbezogenes Lernen in hohem Maße
erfolgversprechend sind. Denken, Entscheiden und Handeln in
Systemzusammenhängen gilt als Schlüsselqualifikation für die Bewältigung
aktueller und zukünftiger gesellschaftlicher Probleme. Je komplexer die Themen,
desto weniger reicht das reine alltagsnahe Lernen aus und verlangt nach
Abstraktion und multimedialer Vermittlung von Problemsichten und Simulationen.
Die Schulung systemischen Denkens, der Erwerb strategischen Wissens und die
Kenntnis effizienter Verfahren nachhaltiger Entwicklung, der flexible Umgang mit
kaum mehr vollständig überschaubaren Situationen in ganz unterschiedlichen
Lebensbereichen verlangen nach einer modernen Didaktik gemäß dem Prinzip
des vernetzten Lernens. Mit schlichten direkten Naturbegegnungen,
eindimensionalen Problemdarstellungen und singulärem Fachwissen ist das nicht
zu erreichen. Daher sind zukunftsweisende Lernkonzepte von einem
paradigmatischen Wandel gekennzeichnet. Problemlösungsparadigma stellen
nicht die Verarbeitung von Informationen in den Vordergrund, sondern die
selbstgesteuerte Erschließung mit dem Ziel, strategische
Handlungskompetenzen zu erwerben.
45
Bereits seit dem KMK-Beschluss von
44
Ebd., S. 226.
45
Giesel: Umweltbildung in Deutschland, S. 39.

22
1980
46
soll die Umweltbildung als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip
realisiert werden, wobei mehrperspektivische Reflexion, Perspektivenwechsel
und Perspektivenvernetzung als unverzichtbare Bestandteile gelten.
47
Mit der
Verabschiedung der Agenda 21 durch die Konferenz der Vereinten Nationen
1992 begann für die Umweltbildung eine neue Phase. Nun sollten Einsichten,
Wertehaltung und Einstellungen nachhaltig gefördert werden, die den Erhalt der
Umwelt durch eine nachhaltig umweltgerechte Entwicklung ermöglichen.
48
Dies
wurde im Rahmen des Ansatzes Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
aufgegriffen.
2.2.4 Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Der Erziehungswissenschaftler Professor Gerhard de Haan sieht in der
Entwicklung der vergangenen Jahre eine Wende von der klassischen
Umweltbildung zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. Diese stützt sich auf
erwerbbare Kompetenzen und soll dazu befähigen, gesellschaftliche Probleme
zu lösen und Solidarität in Hinblick auf eine globale nachhaltige Entwicklung zu
üben. Die Umweltbildung sieht sich der Kritik ausgesetzt, sie befasse sich mit
dem Dreieck aus der Wahrnehmung von Umweltzerstörung, der Verschwendung
endlicher Ressourcen und der globalen Bevölkerungsexplosion, die den Prozess
der Ressourcenübernutzung und der Schadstoffbelastungen nur noch
beschleunigt. Abwehrend und reaktiv entspricht dies der Reaktion auf Probleme.
Das beschriebene Dreieck der ökologischen Probleme bildet ein
Bedrohungsszenario mit abschreckendem Charakter. Grundgedanke der Bildung
für Nachhaltigkeit (BNE) ist hingegen ein Modernisierungsszenario. Ökonomie,
Ökologie und Soziales sind vernetzt zu betrachten und mit positiven
Entwicklungen zu koppeln. Zukunfts- und Gestaltungsgedanken sollen in diesem
Zusammenhang im Vordergrund stehen. Ein intensiviertes Bürgerengagement,
Verhaltens- und Mentalitätsveränderungen sind dabei unverzichtbar. Die
46
Kultusministerkonferenz: Allgemeine Bildung, http://www.kmk.org/dokumentation/
veroeffentlichungen-beschluesse/bildung-schule/allgemeine-bildung.html#c7800, [eingesehen
am 28.08.2010].
47
Gärtner Helmut, Gesine Hellberg-Rode: Schulische Umweltbildung im Kontext nachhaltiger
Entwicklung, S 103 -128, in: Haan, Gerhard de: Von der Umweltbildung zur Bildung für
Nachhaltigkeit, in: Baier Hans, Helmut Gärtner, Brunhilde Marquardt-Mau, Helmut Schreier
(Hrsg.): Umwelt, Mitwelt, Lebenswelt im Sachunterricht, Bad Heilbrunn 1999, S.103ff.
48
Zubke: Umwelthandeln, S. 23f.

23
wichtigsten Handlungsfelder beinhalten die Themengebiete: Energie, Verkehr,
Wohnen, Landwirtschaft, Ernährung.
49
BNE soll einen Beitrag zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips auf der Ebene
individueller Bewusstseins- und Verhaltensänderungen sowie innovativer
Strukturen des Bildungswesens leisten. Die Erkenntnis, dass Einstellungs- und
Verhaltensänderungen nicht geradlinig durch Bildungsmaßnahmen oder durch
systematische Lern- und Trainingsprogramme zu erreichen sind, zwingt
angesichts der gesellschaftlichen und sozialen Realität zur Suche nach neuen
Inhalten, neuen didaktisch-methodischen Prinzipien und ist vermehrt als Prozess
zu begreifen.
50
Die reine Kenntnis begründet noch kein verändertes Verhalten.
Angesichts der im Kapitel Umweltbildung bereits beschriebenen Dynamik gehen
die Vertreter von BNE davon aus, dass starre Lernziele und didaktische Korsetts
ungeeignet sind, um den Nachhaltigkeitsgedanken auf der Bewusstseins- und
Verhaltensebene zu aktivieren, denn Wissen veraltet. Eine kompetenzorientierte
Bildung ermöglicht die notwendige Flexibilität. BNE setzt auf Gestaltung. Neue
Formen des Wirtschaftens und Lebens, der Mobilität und der
Gemeinschaftlichkeit sollen als integrativer Ansatz zu vernetztem Denken
führen.
51
Zusammengefasst unter dem Oberbegriff der Gestaltungskompetenz
lassen sich die folgende Teilkompetenzen aufführen:
x Kompetenz der transkulturellen Verständigung, Kooperation und weltoffenen
Wahrnehmung: Die Kinder sollen lernen, die Perspektiven unterschiedlicher
Kulturen zu berücksichtigen, zu respektieren und zu würdigen.
x Die Kompetenz des vorausschauenden Denkens ermöglicht eine
Perspektive aus der Metaebene und eröffnet Spielraum für Visionen von der
Zukunft, in dem die Gegenwart beispielsweise aus der Zukunftsperspektive
gedacht oder die Zukunft aus der gegenwärtigen Perspektive betrachtet wird.
x Vernetzungs- und Planungskompetenzen ermöglichen den Kindern, die
Elemente des Nachhaltigkeitsdreiecks (Ökologie, Ökonomie, Soziales) in
Verbindung zu setzen und selbstbestimmtes Agieren auszulösen.
49
Giesel: Umweltbildung in Deutschland, S. 13.
50
Hauenschild: Bildung für Nachhaltige Entwicklung, S. 42-44.
51
Herz, Otto, Hansjorg Seybold, Gottfried Strobl (Hrsg.): Bildung für nachhaltige Entwicklung;
globale Perspektiven und neue Kommunikationsmedien, Opladen 2001, S. 80ff.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (eBook)
9783842821255
DOI
10.3239/9783842821255
Dateigröße
675 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Politik- und Sozialwissenschaften, Sozialkunde/Politikwissenschaften/Geschichte, Master of Education
Erscheinungsdatum
2011 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
schüleruni empirische untersuchung politikunterricht fachdidaktik sozialkunde
Produktsicherheit
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