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Standortentscheidungen von Logistikunternehmen an deutschen Flughäfen

©2011 Diplomarbeit 152 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Logistikbranche ist hinter der Automobilindustrie zweitstärkster Wirtschaftszweig nach Marktvolumen in Deutschland. Mit einem Umsatz von 210 Milliarden Euro ist die Logistik weiterhin auf Wachstumskurs und zählt damit zusammen mit der Automobilindustrie (ca. 266 Milliarden Euro) und Maschinenbau (ca. 170 Milliarden Euro) zu den führenden Wirtschaftsbereichen. Deutschland profitiert hierbei insbesondere von der zentralen Lage in Europa und von seiner Stellung als Exportnation. Mit 210 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2010 bleibt Deutschland damit das größte Logistikland in Europa, mit großem Vorsprung vor Frankreich und Großbritannien.
Das Luftfrachtaufkommen weist bereits seit Jahren enorme Wachstumsraten auf. Dabei wächst die Nachfrage nach Transportleistungen in der Luftfracht signifikant schneller als die allgemeine Entwicklung des globalen Bruttoinlandsproduktes. Zahlreiche Prognosen von Boeing, Airbus und IATA attestieren dem Luftverkehr in den kommenden 20 Jahren daher eine Verdopplung der Beförderungsleistung weltweit. Traditionell handelt es sich bei der Luft- wie auch Seefracht um exportabhängige Märkte. Mit der fortschreitenden Globalisierung, zunehmenden Arbeitsteilung und aufstrebenden Märkten, insbesondere in Asien, gewinnt die Beförderung von Waren mittels Verkehrsträger Flugzeug immer mehr an Bedeutung. Der Welthandel ist daher ohne den Luftfrachtverkehr nicht länger denkbar.
In der dezentralen deutschen Flughafenlandschaft dominieren die Flughäfen Frankfurt am Main und München, wo die führende Fluggesellschaft Deutsche Lufthansa AG ihre Drehkreuze nach dem Hub-and-Spoke-System unterhält. Dessen ungeachtet haben sich in Deutschland im Bereich der Luftfracht auch weitere Flughafenstandorte etabliert. Nennenswert in diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Flughäfen Köln/Bonn mit den Drehkreuzen von Federal Express und UPS, der Flughafen Frankfurt-Hahn in Rheinland-Pfalz, sowie der aufstrebende Flughafen Leipzig/Halle, welcher durch die Ansiedlung von DHL in Zukunft eine beachtenswerte Rolle spielen wird. Das an allen deutschen Flughäfen umgeschlagene Luftfrachtaufkommen belief sich dabei im Jahr 2010 auf 4,2 Millionen Tonnen.
Die Anbieterstruktur im deutschen Luftfrachtmarkt ist ungleich diversifizierter. Neben dem traditionellen Geschäft bestehend aus der Kooperation zwischen Luftfrachtspediteuren und Fluggesellschaften, konnten sich aufgrund vielfältiger Deregulierungsmaßnahmen im Luftverkehr […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Michael Rzepka
Standortentscheidungen von Logistikunternehmen an deutschen Flughäfen
ISBN: 978-3-8428-2019-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn, Deutschland, Diplomarbeit,
2011
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

III
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...III
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... VI
Abkürzungsverzeichnis ... VII
1
Einleitung ...1
1.1
Abgrenzung und aktueller Forschungsstand...2
1.2
Zielsetzung und Gang der Untersuchung ...2
2
Die Logistikwirtschaft in Deutschland ...4
2.1
Definition ...4
2.2
Zur Bedeutung der Logistik in Deutschland ...5
2.3
Entwicklung der Logistikwirtschaft ...7
2.4
Die Logistik bestimmende Rahmenbedingungen ...11
2.4.1
Globalisierung von Produktionsnetzen und Lieferverflechtungen...11
2.4.2
Deregulierung und Liberalisierung der Märkte ...13
2.4.3 Zunehmende
Dynamik
der
Weltwirtschaft
...15
2.4.4 Technologischer
Fortschritt
...17
2.4.5
Konzentration auf Kernkompetenzen und Outsourcing ...18
3
Die Luftfrachtbranche in Deutschland ...19
3.1
Definition Luftfrachtmarkt ...20
3.2
Markt- und Wettbewerbsumfeld ...21
3.3
Klassische Luftfracht ...22
3.4
Schnittstellenproblematik in der klassischen Luftfracht ...27
3.4.1 Der
Speditionsverkehr
ohne
Selbsteintritt
...28
3.4.2 Der
Speditionsverkehr
im
Selbsteintritt
...29
3.4.3 Die
Rolle
der
Integratoren
...31
3.5
Netzkonfigurationen ...35
3.5.1 Vollständiges
Netz
(Point-to-Point) ...36
3.5.2 Nabe-Speiche-System
(Hub-and-Spoke) ...37
3.6
Zentren der deutschen Luftfracht ...39
3.6.1 Luftfrachtaufkommen
der
deutschen
Flughäfen
...40

IV
Inhaltsverzeichnis
4
Standorttheorien und Ansätze der Standortanalyse ...54
4.1
Der Standort ...56
4.1.1
Standort: Definition und Bedeutung ...56
4.1.2 Standortfaktoren:
Definition
und
Bedeutung
...57
4.2
Standorttheorien ...62
4.2.1 Reine
Standortbestimmungstheorie
...63
4.2.2 Empirisch-realistische
Standortbestimmungslehre
...64
4.2.3 Geometrische
Standortbestimmungslehre
...67
4.3
Ansätze der Standortanalyse...68
4.3.1 Der
neoklassische
Ansatz
...68
4.3.2
Der behavioristische Ansatz ...69
4.3.3 Der
strukturelle
bzw.
institutionelle
Ansatz
...70
4.4
Ebenen der Standortwahl ...72
4.5
Anlässe für neue Standortentscheidungen ...73
4.6
Arten von Standortentscheidungen ...74
4.7
Arten des Markteintritts...75
4.8
Phasen des Standortentscheidungsprozesses ...77
4.9
Methoden zur Standortbestimmung ...79
4.9.1 Qualitative
Verfahren
...80
4.9.2 Quantitative
Verfahren
...80
5
Standortentscheidungen von Logistikunternehmen ...83
5.1
Methodische Vorgehensweise ...83
5.1.1 Gegenstand
der
Untersuchung
...83
5.1.2 Ansatz
der
Unternehmensbefragung
...83
5.1.3 Aufbau
des
Fragebogens
und
der
Onlineumfrage
...85
5.1.4 Anschreiben
und
Durchführung
der
Befragung...86
5.1.5 Datenauswertung
...86
5.2
Ergebnisse der empirischen Erhebung ...87
5.2.1 Angaben
zum
Unternehmen
...87
5.2.2 Standortanforderungen
...95
5.2.3 Kooperationen
...
105
6
Schlussbetrachtung ... 107
Literaturverzeichnis ... VIII
Anlagen ... XVIII

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Integrationsgrad im Luftfrachtmarkt. ...29
Abbildung 2: Marktführer für KEP-Dienste in Deutschland. ...33
Abbildung 3: Netzkonfigurationen. ...35
Abbildung 4: Luftfrachtentwicklung Flughafen Frankfurt 2001 ­ 2010. ...42
Abbildung 5: Anzahl der Unternehmen am Flughafen Frankfurt a. M. ...44
Abbildung 6: Luftfrachtentwicklung Flughafen Köln/Bonn 2001 ­ 2010. ...45
Abbildung 7: Anzahl der Unternehmen am Flughafen Köln/Bonn. ...46
Abbildung 8: Luftfrachtentwicklung Flughafen Leipzig/Halle 2001 ­ 2010. ...47
Abbildung 9: Anzahl der Unternehmen am Flughafen Leipzig/Halle. ...48
Abbildung 10: Luftfrachtentwicklung Flughafen München 2001 ­ 2010...49
Abbildung 11: Anzahl der Unternehmen am Flughafen München. ...49
Abbildung 12: Luftfrachtentwicklung Flughafen Hahn 2001 ­ 2010. ...50
Abbildung 13: Anzahl der Unternehmen am Flughafen Hahn. ...51
Abbildung 14: Luftfrachtverteilung in Deutschland im Jahr 2001. ...52
Abbildung 15: Luftfrachtverteilung in Deutschland im Jahr 2010. ...53
Abbildung 16: Kontinuum der harten und weichen Standortfaktoren...58
Abbildung 17: Standortfaktorenschema nach Behrens. ...66
Abbildung 18: Standortbewertungsverfahren im Vergleich...82
Abbildung 19: Standort der Niederlassung. ...87
Abbildung 20: Konzernzentrale der befragten Unternehmen. ...88
Abbildung 21: Standortzahl in Deutschland. ...88
Abbildung 22: Ansiedlungszeitraum. ...89
Abbildung 23: Form der Niederlassung...89
Abbildung 24: Mitarbeiterzahl in der Niederlassung. ...90
Abbildung 25: Mitarbeiterzahl in Deutschland. ...90
Abbildung 26: Verkehrsträger. ...91
Abbildung 27: Kombinierter Verkehr. ...92
Abbildung 28: Dienstleistungssegment. ...92
Abbildung 29: Operative Tageszeit. ...93
Abbildung 30: Art der umgeschlagenen Fracht. ...93
Abbildung 31: Angebotene Dienstleistungen am Ort der Niederlassung. ...94
Abbildung 32: Standortanforderungen luftfrachtbezogener Dienstleister...96
Abbildung 33: Kumulierte Standortzufriedenheit befragter Unternehmen...97
Abbildung 34: Gegenüberstellung beider Untersuchungsgegenstände. ...98
Abbildung 35: Standortzufriedenheit. ...99
Abbildung 36: Empfehlung des Standortes. ...99
Abbildung 37: Standortalternativen. ... 100
Abbildung 38: Bedeutung der öfftl. Verwaltung. ... 100
Abbildung 39: Ausschlaggebende Faktoren der Verwaltung. ... 101
Abbildung 40: Einschätzung der Entwicklung. ... 101
Abbildung 41: Risiken am Standort der Niederlassung. ... 102
Abbildung 42: Geplante Veränderungen am Ort der Niederlassung. ... 103
Abbildung 43: Attraktivität deutscher Flughäfen im Bereich Luftfracht. ... 104
Abbildung 44: Kooperationsverhalten vor Ort. ... 105
Abbildung 45: Konkretisierung der Zusammenarbeit. ... 106
Abbildung 46: Vorteile der Zusammenarbeit. ... 106

VI
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Luftfrachtaufkommen und Wachstumsrate im Jahr 2010. ...40
Tabelle 2: Luftfrachtanteile der ,,Top 5" Luftfrachtstandorte...41
Tabelle 3: Standortbewertungsverfahren im Überblick. ...79

VII
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abb. ...Abbildung
Aufl. ...Auflage
ebd.
...ebenda,
an
derselben
Stelle
f./ff.
...folgende
Seite/n
Hrsg. ...Herausgeber
S. ...Seite
ca. ...circa
usw.
...und
so
weiter
z.B.
...zum
Beispiel
vgl.
...vergleiche
d.h.
...das
heißt
u.U.
...unter
Umständen
bzw. ...beziehungsweise
sog. ...sogenannte
p.a.
...pro
anno
(jährlich)
KV
...Kombinierter
Verkehr
...Euro
t.
...Tonnen
IATA
...International
Air
Transport
Association
FedEx
...Federal
Express
UPS
...United
Parcel
Service
DHL
...Dalsey,
Hilblom
und
Lynn
TNT
...Thomas
Nationwide
Transport
EU
...Europäische
Union
Mio.
...Millionen
Mrd.
...Milliarden
TUL
...Transport,
Umschlag,
Lagerung
3PL
...Third
Party
Logistics
Provider
4PL
...Fourth
Party
Logistics
Provider
LLP
...Lead
Logistics
Provider
B2C
...Business
to
Consumer
HUB ...Hauptumschlagbasis
KMU
...kleine
und
mittlere
Unternehmen
GATT
...General Agreement on Tariffs and Trade
WTO
...World
Trade
Organization
NAFTA
...North American Free Trade Agreement
ASEAN
...Association of Southeast Asian Nations
MERCOSUR ...Mercado Común del Sur
IuK/IKT ... Informations- und Kommunikationstechnologien
RFID ... Radio
Frequency Identification
RKT ... Revenue
Ton-Kilometers
M&A ... Mergers
&
Acquisitions
ADV ... Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen
ACMI ... Aircraft, Crew, Maintenance and Insurance
KEP ... Kurier-, Express- und Paketdienste
Destatis
...Statistisches
Bundesamt
Deutschland

1
Einleitung
1 Einleitung
Die Logistikbranche ist hinter der Automobilindustrie zweitstärkster Wirtschaftszweig nach
Marktvolumen in Deutschland. Mit einem Umsatz von 210 Milliarden Euro ist die Logistik
weiterhin auf Wachstumskurs und zählt damit zusammen mit der Automobilindustrie
(ca. 266 Milliarden Euro) und Maschinenbau (ca. 170 Milliarden Euro) zu den führenden
Wirtschaftsbereichen. Deutschland profitiert hierbei insbesondere von der zentralen Lage in
Europa und von seiner Stellung als Exportnation. Mit 210 Milliarden Euro Umsatz im Jahr
2010 bleibt Deutschland damit das größte Logistikland in Europa, mit großem Vorsprung vor
Frankreich und Großbritannien.
Das Luftfrachtaufkommen weist bereits seit Jahren enorme Wachstumsraten auf.
Dabei wächst die Nachfrage nach Transportleistungen in der Luftfracht signifikant schneller
als die allgemeine Entwicklung des globalen Bruttoinlandsproduktes. Zahlreiche Prognosen
von Boeing, Airbus und IATA attestieren dem Luftverkehr in den kommenden 20 Jahren
daher eine Verdopplung der Beförderungsleistung weltweit. Traditionell handelt es sich bei
der Luft- wie auch Seefracht um exportabhängige Märkte. Mit der fortschreitenden
Globalisierung, zunehmenden Arbeitsteilung und aufstrebenden Märkten, insbesondere in
Asien, gewinnt die Beförderung von Waren mittels Verkehrsträger Flugzeug immer mehr an
Bedeutung. Der Welthandel ist daher ohne den Luftfrachtverkehr nicht länger denkbar.
In der dezentralen deutschen Flughafenlandschaft dominieren die Flughäfen Frankfurt am
Main und München, wo die führende Fluggesellschaft Deutsche Lufthansa AG ihre
Drehkreuze nach dem Hub-and-Spoke-System unterhält. Dessen ungeachtet haben sich in
Deutschland im Bereich der Luftfracht auch weitere Flughafenstandorte etabliert.
Nennenswert in diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Flughäfen Köln/Bonn
mit den Drehkreuzen von Federal Express und UPS, der Flughafen Frankfurt-Hahn in
Rheinland-Pfalz, sowie der aufstrebende Flughafen Leipzig/Halle, welcher durch die
Ansiedlung von DHL in Zukunft eine beachtenswerte Rolle spielen wird. Das an allen
deutschen Flughäfen umgeschlagene Luftfrachtaufkommen belief sich dabei im Jahr 2010
auf 4,2 Millionen Tonnen.
Die Anbieterstruktur im deutschen Luftfrachtmarkt ist ungleich diversifizierter. Neben dem
traditionellen Geschäft bestehend aus der Kooperation zwischen Luftfrachtspediteuren und
Fluggesellschaften, konnten sich aufgrund vielfältiger Deregulierungsmaßnahmen im
Luftverkehr neue Wettbewerber im deutschen Luftfrachtmarkt erfolgreich positionieren.
Hierzu gehören vornehmlich die Integratoren UPS, Federal Express, DHL und TNT.
Diese Akteure bestimmen die deutsche Flughafenlandschaft hinsichtlich der regionalen
Verteilung des Luftfrachtaufkommens entscheidend mit.

2
Einleitung
1.1 Abgrenzung und aktueller Forschungsstand
Das Thema der vorliegenden Arbeit hat das Standortwahlverhalten von Logistikunternehmen
an deutschen Flughäfen zum Gegenstand. Grundsätzlich lassen sich Themen der
Standortwahl von Unternehmen in das Forschungsfeld der Wirtschaftsgeographie einordnen.
Die Wirtschaftsgeographie, als Teil der Humangeographie, setzt sich dabei mit
ökonomischen Raumsystemen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen auseinander.
Diese können weitergehend in eine einzelwirtschaftliche Ebene (Standorte und
Standortsysteme) und eine gesamtwirtschaftliche Ebene (Räume und Raumsysteme) nach
Kulke
1
untergliedert werden, oder aber unter dem Gesichtspunkt der Verteilung
ökonomischer Aktivitäten (Standort- und Regionalstruktur), der Bewegung von mobilen
Produktionsfaktoren, Gütern und Dienstleistungen zwischen den Standorten bzw. Regionen,
und deren Dynamik infolge von standort- bzw. regionsinternen Wachstumsdeterminanten
nach Schätzl
2
betrachtet werden. Die Hauptaufgabe der Wirtschaftsgeographie liegt somit in
der Erklärung, Beschreibung und Gestaltung von ökonomischen Raumsystemen.
Die Standortwahl von Logistikunternehmen erfuhr seitens der Wirtschaftsgeographie in der
Vergangenheit nur eine unzureichende Berücksichtigung, und das obwohl die allgemeine
Entwicklung der Logistik in den vergangenen Jahren deutliche Implikationen auf die
räumliche Ordnung der Wirtschaft in Deutschland und weltweit hatte.
3
Nennenswerte Erkenntnisse zu diesem Themenfeld entstammen unter anderem den
wissenschaftlichen Arbeiten von Hesse und Nuhn, sowie der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für
Technologien der Logistik-Dienstleistungswirtschaft und dem Beratungsunternehmen Jones
Lang LaSalle. Letztere Studien haben die Analyse der wichtigsten und attraktivsten
Logistikstandorte in Deutschland und zukünftige Trends und Anforderungen auf den
Logistikimmobilienmarkt zum Inhalt. Abhandlungen zur räumlichen Organisation und
Standortmustern von Logistikunternehmen mit entsprechendem Fokus bei der Beförderung
von Luftfracht sind gleichsam seltener. In diesem Zusammenhang sind vordergründig die
Arbeiten von Neiberger zu nennen, welche sich schwerpunktmäßig mit Forschungsfragen die
Logistik betreffend, insbesondere im Luftfrachtsegment, auseinandersetzt.
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine möglichst umfassende Darstellung der
Luftfrachtbranche, deren Bedeutung und Organisation, sowie Standortmustern von
Luftfrachtzentren in Deutschland. Der Fokus der eigenen empirischen Untersuchung liegt auf
der Bestimmung von relevanten Standortfaktoren bei der Standortwahl von in der Luftfracht
1
Kulke, E. (2008): Wirtschaftsgeographie, 3. Aufl., S. 16.
2
Schätzl, L. (2003): Wirtschaftsgeographie 1: Theorie, S. 24 f.
3
Vgl. Hesse, M. (2007): Gütertransport und Logistik im räumlichen Kontext. In: Zeitschrift für
Wirtschaftsgeographie 51, Heft 2, S. 73.

3
Einleitung
tätigen Logistikdienstleistern. Diese Untersuchung impliziert eine nähergehende Betrachtung
branchenspezifischer Anforderungen an Logistikimmobilien, in erster Linie an deutschen
Flughafenstandorten. Folgende zentrale Fragestellungen sollen dabei näher betrachtet
werden:
¾ Welche Bedeutung hat die Logistikwirtschaft in Deutschland inne und was sind die
treibenden Rahmenbedingungen dahinter?
¾ Welche Rolle nimmt dabei die Luftfrachtbranche ein und wie ist diese strukturiert?
¾ Wie äußert sich das Luftfrachtaufkommen an deutschen Flughäfen und kann von
einem zunehmenden Konzentrationsprozess gesprochen werden?
¾ Welche Standortfaktoren begünstigen die Standortwahl von in der Luftfracht tätigen
Logistikunternehmen?
¾ Sind die vorgefundenen operativen Rahmenbedingungen zufriedenstellend, und wie
wirken sich diese auf die Attraktivität diverser Luftfrachtstandorte in Deutschland aus?
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit unterteilt sich in zwei Themenblöcke. Im ersten Abschnitt
wird ausführlicher auf die Logistikwirtschaft, die Luftfrachtbranche, und auf die deutschen
Luftfrachtzentren eingegangen. Der darauf folgende Abschnitt setzt sich mit der
Standortwahl von Unternehmen auseinander.
In K a p i t e l 2 wird zum näheren Verständnis der Grundlagen der Diplomarbeit eine
Definition des Begriffs
,,Logistik" vorgenommen. Gleichzeitig soll die Bedeutung und
allgemeine Entwicklung der Logistikwirtschaft in Deutschland, sowie die bestimmenden
Rahmenbedingungen herausgestellt werden. K a p i t e l 3 behandelt die Luftfrachtbranche in
Deutschland. Als Teil der Logistikwirtschaft wird zuallererst eine Definition des
Luftfrachtmarktes gegeben, bevor eine Darstellung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes
erfolgt. Zu diesem Zweck soll die Anbieterstruktur im deutschen Luftfrachtmarkt
veranschaulicht werden. Das Kapitel schließt mit einer Darstellung der deutschen
Luftfrachtzentren mit Hilfe einer sekundärstatistischen Analyse. K a p i t e l 4 befasst sich mit
Standorttheorien und mit Ansätzen der Standortanalyse. Diesbezüglich werden zuallererst
die Begriffe
,,Standort" und ,,Standortfaktoren" einer eingehenden Definition unterzogen.
Daran anschließend folgt eine Erläuterung unterschiedlicher Standorttheorien und der
betrieblichen Standortwahl, einschließlich einer Darstellung des
Standortentscheidungsprozesses. Das Kapitel endet mit Ausführungen zu
Standortbestimmungsmethoden. Die in Kapitel 4 gemachten Erörterungen zur Standortwahl
von Unternehmen bilden gleichsam das Fundament für das darauf folgende Kapitel, welches
die Dokumentierung der eigenen Ergebnisse im Rahmen der empirischen Erhebung zum
Ziel hat. Zu Beginn des fünften Kapitels erfolgt die Vorstellung der methodischen
Vorgehensweise. In aller Kürze soll aufgezeigt werden, welche Werkzeuge für die Umfrage

4
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
und für die letztendliche Auswertung eingegangener Daten angewendet wurden.
Hierauf folgt in K a p i t e l 5 die Darstellung der Ergebnisse und daraus gewonnener
Erkenntnisse, unterteilt in drei Abschnitte, welche sich mit Fragen zu den beteiligten
Unternehmen, den Standortanforderungen und mit dem Kooperationsverhalten
auseinandersetzen. Die vorliegende Arbeit schließt in K a p i t e l 6 mit einer
Schlussbetrachtung, in welcher die gemachten Erkenntnisse nochmals kurz
zusammengefasst und einem kritischen Blick unterzogen werden.
2 Die Logistikwirtschaft in Deutschland
2.1 Definition
Nach Göpfert kann die Logistik als
,,eine moderne Führungskonzeption zur Entwicklung,
Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Flüsse von Objekten (Güter-,
Informations-, Geld- und Finanzflüsse) in unternehmensweiten und unternehmens-
übergreifenden Wertschöpfungssystemen.
"
4
verstanden werden. Die Grundaufgabe der
Logistik ist die
,,wirtschaftliche und termingerechte Produktion, Bereitstellung und Lieferung
von Kunden bestellter Waren, Materialien, Produkten und Dienstleistungen."
5
Nach Ihde soll
die Logistik der Sicherstellung einer
,,bedarfsgerechten, nach Art, Menge, Beschaffenheit,
Ort und Zeitpunkt optimierte(n) Bereitstellung von Realgütern."
6
dienen.
Diese kann weitergehend einerseits nach der Organisation von Wertschöpfungsprozessen
auf inner- und zwischenbetrieblicher Ebene
7
, und zum anderen nach der traditionellen
physischen Distribution von Gütern, deren Umschlag und Lagerung, unterschieden werden.
8
Im Allgemeinen dient der Logistikbegriff zur Kennzeichnung der betrieblichen und
überbetrieblichen Materialwirtschaft.
Diese kurze Gegenüberstellung möglicher Begriffsbestimmungen zeigt jedoch bereits die
Problematik einer einheitlichen Definition der Logistik auf. Je nach Fachgebiet existieren
unterschiedliche Auslegungen des Begriffs
,,Logistik". Der Logistik kommt nach dem
bisherigen Verständnis aller Wirtschaftszweige eine Querschnittsfunktion zu, welche durch
die Nachfrage nach physischen Gütern entsteht.
9
Hieraus ergibt sich, dass Logistikleistungen
als Dienstleistungen und nicht als eigenständige Leistungen oder Produkte verstanden
werden müssen. Erschwerend wirkt sich dabei der Umstand aus, wonach die Logistik in der
4
Göpfert, I. (2008): Logistik der Zukunft - Logistics for the Future, 5. Aufl., S. 58.
5
Straube, F. (2004): e-Logistik. Ganzheitliches Logistikmanagement, S. 27.
6
Ihde, G.B (1991): Transport, Verkehr, Logistik, 2. Aufl., S. 30.
7
Siehe
hierzu
Supply Chain Management.
8
Vgl. Hesse, M.; Neiberger, C. (2009): Verkehr und Logistik. In: Kulke, E. (Hrsg.):
Wirtschaftsgeographie Deutschlands, S. 234.
9
Vgl.
ebd.,
S.
2
ff.

5
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
amtlichen Statistik nicht als eigenständiger Sektor abgebildet wird.
10
Hierdurch wird die
Wahrnehmung und Messung von Logistikleistungen deutlich erschwert. Die Werkslogistik
innerhalb von Industrie- und Handelsunternehmen ist bis dato auf einen überschaubaren
Anteil gesunken. Logistikleistungen werden heute bevorzugt an Speditionsunternehmen
ausgelagert, die alle anfallenden Warenströme in Eigenregie erbringen. Diese sind jedoch in
vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen organisiert und zudem nicht
publizitätspflichtig, wodurch in der Regel kein direkter Zugang zu Datenmaterial besteht.
2.2 Zur Bedeutung der Logistik in Deutschland
Deutschland ist im Zuge der EU-Osterweiterung auf 27 Länder, inklusive Norwegen und
Schweiz, in den Mittelpunkt Europas gerückt, wodurch es zur führenden Logistikdrehscheibe
derselben geworden ist.
11
Die zentrale geographische Lage und die Wirtschaftskraft der
Bunderepublik, die weltweit in dieser Form einzigartig ausgebaute Telekommunikations- und
Verkehrsinfrastruktur, insbesondere im Bereich des intermodalen Verkehrs, haben
unverkennbare Effekte auf die Logistikwirtschaft als bedeutende Wirtschaftsbranche in
Deutschland mit hoher Innovationsdynamik.
12
Diese Entwicklung zeigt sich nicht zuletzt
durch die im Mai 2004 vollzogene EU-Osterweiterung und die damit einhergehende
Verlagerung der Ansiedlung von europäischen Distributionszentren aus den benachbarten
Standorten Niederlande und Belgien in Richtung Osten nach Deutschland.
13
Als Logistikzentrum Europas profitiert Deutschland hierbei von sieben wesentlichen Stärken:
x einer gesteigerten bzw. neugewonnen Zentralität im erweiterten Europa,
x einer hervorragenden Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur
14
,
x seiner verhältnismäßig hohen Bevölkerungszahl und Binnennachfrage aus 82
Millionen Konsumenten sowie Exportstärke der deutschen Industrie,
x als
Hauptsitz
zahlreicher
weltweit
agierender
,,Global Player" der Logistikbranche
und eines diversifizierten Marktes mit vielen gut bis sehr gut qualifizierten kleinen und
mittleren Logistik-Dienstleistungsanbietern,
10
Vgl. Wrobel, M. (2004): Die Logistik als Motor regionaler Strukturentwicklung. Sektorale
Clusterstrukturen und Netzwerkpotentiale am Beispiel Bremen und Hamburg, S. 64 ff.
11
Vgl. Nehm, A.; Veres-Homm, U.; Kille, C. (2009): Logistikimmobilien in Deutschland. Markt und
Standorte, S. 12.
12
Vgl. Aengevelt Immobilien GmbH & Co.KG.: Asset-Klasse ,,Logistik". Aktuelle Angebote und
Logistik-Report Deutschland 2009/2010, S. 3. Abgerufen am 23.12.2010 unter:
http://www.leipzig.ihk.de/Portaldata/1/Resources/dokumente/01_sop/rsop/standortberatung/AENG
EVELT-RESEARCH_-_Logistik-Report_Deutschland_2009-2010.pdf.
13
Vgl. Cap Gemini, Ernst & Young (2003): EU Enlargement: European Distributions Centers on the
move? Implications for European distribution structures resulting from the 2004 EU Enlargement.
Abgerufen am 23.12.2010 unter: http://www.pl.capgemini.com/resources/thought_leadership
/eu_enlargement_european_distribution_centres_on_the_move/?d=1.
14
Die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur ist das wohl am besten und dichtesten
ausgebaute Netz weltweit.

6
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
x eines sich aus der großen Konkurrenz ergebenden überlegenen Preis-Leistungs-
Verhältnisses,
x mit
weltweit
führenden
Aus-
und
Weiterbildungs-,
Forschungs-
und
Innovations-
kompetenzen,
x sowie
ausgewiesener
Sicherheit
und
Zuverlässigkeit
der
deutschen
Logistik.
15
Der Umsatz im europäischen Logistikmarkt belief sich im Jahr 2010 auf rund 910 Milliarden
Euro. Fast ein Viertel dessen wurde mit schätzungsweise 200 Milliarden Euro Umsatz in
Deutschland erwirtschaftet.
16
Mit der
,,Deutsche Bahn Group", der ,,Deutsche Post DHL" und
,,DB Schenker Logistics" haben die ,,Top 3" der europäischen Logistikunternehmen ihre
Konzernzentrale in Deutschland. Die
,,Deutsche Post DHL" ist zudem weltweiter Marktführer
in der Logistikbranche.
Die jährlich erscheinende Studie
,,Die Top 100 der Logistik" der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für
Supply Chain Services SCS befasst sich seit nunmehr annähernd 20 Jahren mit der
Entwicklung des Logistikmarktes in Deutschland und Europa. Demzufolge wächst die
Logistikbranche jedes Jahr stärker als das globale Bruttoinlandsprodukt, gleichwohl das Jahr
2008/2009 aufgrund der weltweiten Rezession auch ein Krisenjahr für die Logistik war,
zum Teil mit erheblichen Wachstumseinbrüchen.
17
Darüber hinaus wächst das weltweite
Transportaufkommen jährlich etwa doppelt so schnell wie die weltweite Produktion von
Gütern. Das globale Bruttoinlandsprodukt ist somit auch ein geeigneter Indikator für die
Entwicklung der weltweiten Logistikwirtschaft, dies wird besonders am Luftfrachtverkehr
deutlich.
18
Im direkten Vergleich mit den europäischen Nachbarstaaten wird die
herausragende Bedeutung der Logistikwirtschaft in Deutschland deutlich.
Die Ergebnisse der Studie zeigen auch hier, dass Deutschland in Europa eine gewichtige
Rolle spielt.
In Deutschland rangiert die Logistikwirtschaft nach Umsätzen an zweiter Stelle der größten
Wirtschaftsbranchen hinter der Automobilindustrie (ca. 266 Mrd. in 2009), und vor dem
Maschinenbau (ca. 171 Mrd. ), der Ernährungswirtschaft (ca. 128 Mrd. ) und der
Chemieindustrie (ca. 107 Mrd. ).
19
Nach Arbeitsplätzen beschäftigt der Logistiksektor
schätzungsweise 2.65 Mio. Arbeitnehmer und zählt damit zu den größten industriellen
Arbeitgebern in Deutschland. Hiervon sind in Deutschland weniger als ein Drittel im reinen
15
Vgl. Nehm, A.; Veres-Homm, U.; Kille, C. (2009), S. 22.
16
Vgl. Kille, C.; Hartmann, E.; Klaus, P. (2010): Die Top 100 der Logistik 2010/2011. Marktgrößen,
Marktsegmente und Marktführer in der Logistikdienstleistungswirtschaft, S. 76.
17
Vgl. Executive Summary der Studie ,,Die Top 100 der Logistik, Ausgabe 2010/2011".
Abgerufen am 23.12.2010 unter: http://www.scs.fraunhofer.de/Images/Fraunhofer%20SCS%20-
%20Top%20100%20Executive%20Summary%2010-2010_tcm128-67680.pdf.
18
Vgl. Boeing: World Air Cargo Forecast 2010/2011, S. 14. Abgerufen am 23.12.2010
unter: http://www.boeing.com/commercial/cargo/wacf.pdf.
19
Vgl. Kille, C.; Hartmann, E.; Klaus, P. (2010), S. 74.

7
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
Transport tätig. Die größten Anteile entfallen hierbei auf Lager- und Umschlagberufe.
Lediglich unter Hinzunahme der Dienstleistungsbranche wird der Logistiksektor durch das
Gesundheitswesen mit ungefähr 4 Mio. Beschäftigten in Deutschland übertroffen.
Die Logistikwirtschaft ist noch eine vergleichsweise junge und sich formierende Branche.
Aufgrund ihrer Querschnittsfunktion wird oftmals die Bedeutung der Logistikwirtschaft für den
Standort Deutschland verkannt. Durch die voranschreitende Globalisierung und zunehmende
Arbeitsteilung hat die Logistikwirtschaft jedoch gleichzeitig das Potenzial die
Automobilindustrie als führende Wirtschaftsbranche abzulösen.
2.3 Entwicklung der Logistikwirtschaft
Die Logistikbranche erfuhr in den vorangegangenen Jahren weitreichende strukturelle
Veränderungen. Das traditionelle Modell des Drei-Stufen-Systems aus Beschaffung,
Produktion und Distribution ist längst einer komplementären Betrachtungsweise der
Prozessabläufe gewichen. Die Logistik ist nicht mehr nur eine reine Unternehmensfunktion,
vielmehr hat sie sich zu einem umfassenden Managementkonzept weiterentwickelt.
Nach Ehrmann kann die Logistik in sechs logistische Aufgabenbereiche
20
unterteilt und
folgenderweise umschrieben werden, danach sind
,,die Materialien und Produkte als die
richtigen Güter, am richtigen Ort, in richtiger Menge, zum richtigen Zeitpunkt, zu den
richtigen Kosten und in der richtigen Qualität."
21
zu erbringen. Eine vom Marburger Lehrstuhl
durchgeführte Studie in Industrie, Handel und Dienstleistung ergab, dass sich mehr als die
Hälfte der befragten Unternehmen mit der modernen Logistikauffassung identifizieren.
22
Demnach beschreibt die Logistik
,,einen ganzheitlichen Ansatz zur fluss-/prozessorientierten
Entwicklung, Gestaltung und Lenkung von Unternehmen und Netzwerken."
23
Das traditionelle Geschäft der Logistik aus Transport-, Umschlags- und Lageraktivitäten als
eigentlichen Logistik-Bestandteil macht heute letztendlich nur noch einen geringen Teil des
Kerngeschäftes aus.
Die Entwicklung der Logistik kann in die drei Phasen nach Göpfert
24
untergliedert werden.
Die e r s t e E n t w i c k l u n g s p h a s e wird bestimmt von material- und warenflussbezogenen
Dienstleistungen. Darunter fallen elementare Transferleistungen aus Transport, Lagerung,
Palettierung, Verpackung und Kommissionierung, sowie die Verbindung aller Leistungen
20
Hierunter fallen das Lagerhaus, der Transport, sowie die Beschaffung, Verpackung, Distribution
und Lagerhaltung.
21
Ehrmann, H. (2001): Logistik, S. 25.
22
Vgl. Göpfert, I. (2003): Zukunftsperspektiven des Supply Chain Controllings. Erkenntnisse aus
einer aktuellen Praxisstudie. In: Jahrbuch Logistik 17, S. 22-26.
23
Ebd., S. 23.
24
Vgl. Göpfert, I. (2008), S. 59-60.

8
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
untereinander. Nach Ihde
25
handelt es sich dabei um Raumüberwindungsleistungen,
Zeitausgleichsleistungen und Ordnungsleistungen der Logistik. Innerhalb der elementaren
,,TUL"-Funktionen existierte jedoch nur eine unzureichende Materialfluss- und
Informationstechnik, was zu deutlichen Effizienz- und Effektivitätsproblemen führte,
insbesondere zwischen den Schnittstellen aus Beschaffung, Produktion und Distribution.
Hieraus ergab sich die Notwendigkeit einer
,,Erweiterung um dispositive Planungs- und
Steuerungsaktivitäten."
26
zur Koordination von Material- und Warenflüssen im Sinne einer
Effizienzsteigerung. Nach Klaus findet diese Phase Anfang der 1980er Jahre statt und ist als
ein Übergang aus der ersten Phase, mit ihrer deutlichen Fokussierung auf die
Kernkompetenzen der
,,TUL"-Funktionen, hinzu einer Erweiterung des Logistikbegriffs auf
eine ganzheitliche und integrative Sichtweise zu verstehen.
27
Pfohl definiert den
Logistikbegriff der z w e i t e n E n t w i c k l u n g s p h a s e wie folgt:
,,Zur Logistik gehören alle
Tätigkeiten, durch die die raum-zeitliche Gütertransformation und die damit
zusammenhängenden Transformationen hinsichtlich der Gütermenge und -sorten, der
Güterhandhabungseigenschaften sowie der logistischen Determinanten der Güter geplant,
gesteuert, realisiert und kontrolliert werden. Durch das Zusammenwirken dieser Tätigkeiten
soll ein Güterfluss in Gang gesetzt werden, der einen Lieferpunkt mit einem Empfangspunkt
möglichst effizient verbindet.[...] Logistik hat dafür zu sorgen, dass ein Empfangspunkt
gemäß seines Bedarfs von einem Lieferpunkt mit dem richtigen Produkt, im richtigen
Zustand, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, zu den dafür minimalen Kosten versorgt wird."
28
Das Management von Fließsystemen zu Beginn der 1990er Jahre, in der die Logistik als
Führungslehre verstanden wird, bildet die d r i t t e E n t w i c k l u n g s p h a s e .
Ein Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist der des
,,Supply Chain Management",
d.h. eines übergreifenden Managements von Wertschöpfungsketten
29
, bei dem es um die
Zusammenführung aller Teile der Wertschöpfungskette aus Anlieferung, Fertigung, Verkauf,
Entsorgung bzw. Recycling und der begleitenden Geldflüsse, zu einem
unternehmensübergreifenden Logistikmanagement geht.
30
Laut Weber kann das
,,Supply
Chain Management" als die
,,flussortientierte Gestaltung und Koordination der relevanten
Teile der Wertschöpfungskette von mindestens zwei rechtlich selbstständigen
Unternehmen."
31
verstanden werden. Diese weltweit stattfindenden
25
Vgl. Ihde, G.B. (1991), S. 2.
26
Göpfert, I. (2008), S. 60.
27
Vgl. Klaus, P. (1993): Die dritte Bedeutung der Logistik, S. 9 f.
28
Pfohl,
H.-C.
(2000):
Logistiksysteme, 6. Aufl., S. 12.
29
Vgl. Hesse, M.; Neiberger, C. (2009), S. 235.
30
Vgl. Werner, H. (2010): Supply Chain Management - Grundlagen, Strategien, Instrumente und
Controlling, S. 5 f.
31
Weber, J.; Bacher, A.; Groll, M. (2003): Steuerung der Supply Chain. Aber mit welchen
Instrumenten? S. 10.

9
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
Restrukturierungsmaßnahmen in der Logistikbranche sind das Resultat auf veränderte
Kundenanforderungen und Globale Märkte wie auch Produktionsnetze, welche der
weltweiten Organisation des Güteraustauschs bedürfen, zunehmend auch aus einer Hand,
so dass aus heutiger Sicht nicht mehr nur von Speditionen sondern genauer gesagt von
logistischen Dienstleistern gesprochen werden muss.
32
Aufgrund der steigenden Relevanz der Logistik in globalen Wertschöpfungsnetzen kommt es
zu einer Ausweitung entsprechender Angebotspaletten und bei der Preisgestaltung.
Logistikdienstleister beschränken sich nicht mehr nur auf die reine Ausführung von
klassischen Transferleistungen, vielmehr bieten sie verstärkt ganzheitliche logistische
Systemdienstleistungen an, dies kann beispielsweise das komplette logistische Management
der Beschaffung oder der Distribution umfassen.
33
Die operativen Aufgabenfelder
Gütertransport-, Umschlags-, Kommissionier- und Lageraktivitäten der klassischen
,,TUL"-Logistik
34
, werden um die dazugehörigen administrativen Auftragsabwicklungs-,
Dispositions-, Supply-Chain-Planungs- und die Beständehaltungskosten erweitert.
Je nach Umfang und Grad der Komplexität der logistischen Leistungspakete bzw.
Aufgabenfelder die ein Logistikunternehmen wahrnimmt, spricht man von
,,Third Party
Logistics Providern" (3PL),
,,Fourth Party Logistics Providern" (4PL), ,,Lead Logistics
Providern" (LLP) oder auch von Kontraktlogistik.
Unter Kontraktlogistik
35
versteht man die Integration unterschiedlicher logistischer
Funktionen zu einem Leistungspaket erhöhter Komplexität
36
, welche speziell auf die
individuellen Bedürfnisse des Verladers angepasst sind.
37
Üblicherweise liegt der
Geschäftsbeziehung zwischen Auftraggeber und Dienstleister ein mindestens einjähriger,
meistens jedoch mehrjähriger Vertrag zu Grunde, welcher die gegenseitigen
Geschäftsbeziehungen langfristig absichert. Das dotierte Geschäftsvolumen hat in aller
Regel einen jährlichen Mindestumsatz von 0,5 bis 1 Mio. zu überschreiten.
Im angelsächsischen Sprachgebrauch werden Unternehmen im Bereich der Kontraktlogistik
auch als Third Party Logistics Provider, kurz 3PL bezeichnet. Logistikunternehmen fungieren
32
Vgl. Neiberger, C. (2008b): Air freight trends and issues. In: Gössling, S.; Upham, P. (Hrsg.):
Climate change and aviation. Issues, Challenges and Solutions, S. 225.
33
Vgl. Neher, A. (2005): Internationale Logistikstrategien von Industrieunternehmen im Wandel.
In: Neiberger, C.; Bertram, H. (Hrsg.): Waren um die Welt bewegen. Strategien und Standorte im
Management globaler Warenketten. Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 11, S. 34.
34
Transport - Umschlag - Lagerung.
35
Häufig
auch
mit ,,Solutions" bezeichnet.
36
Dies beinhaltet mehr als nur die standardisierten Dienstleistungen, wie z.B. Massengut-,
Ladungsverkehr- oder Stückgutgeschäfte.
37
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008). Die Top 100 der Logistik 2008/2009. Marktgrößen, Marktsegmente
und Marktführer in der Logistikdienstleistungswirtschaft, S. 115.

10
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
in diesem Marktsegment als
,,Dritte Partei" zwischen Lieferanten und Kunden.
38
In der Regel werden für bestimmte Branchen und Gütergruppen angepasste Leistungen
angeboten, z.B. Automotive für die Automobilindustrie oder Chemical Products, wie die
Handhabung und Beförderung von Flüssigprodukten, Gefahr- und Kühlgut.
In der Automobilindustrie werden besondere Anforderungen seitens der Kunden an
Lieferzeiten, Qualität und Service gestellt. Prägend ist das hierfür in der Automobilindustrie
praktizierte
,,Lean Management"
39
und die Anwendung von
,,Just-in-Time" und ,,Kanban"-
Konzepten
40
zur
,,bedarfsgerechten Versorgung der Montage mit den benötigten
Materialien."
41
, d.h. eine zielgerichtete Steuerung und Organisation von Materialflüssen am
tatsächlichen Verbrauch in einem Produktionssystem.
Weiterhin kann zwischen asset based und non-asset based Dienstleistern unterschieden
werden. Erstere sind logistische Dienstleistungsunternehmen, die über einen eigenen
Fuhrpark oder Lagerhäuser verfügen und häufig einfache Leistungen wie Punkt-zu-Punkt-
Verkehre anbieten. Zu den letzteren zählen sich zunehmend führende Logistikunternehmen,
die sich in erster Linie auf die Organisation, Koordination, IT-Abwicklung,
zentrale Abrechnung und Sub-Vergabe logistischer Leistungen spezialisiert haben.
42
Diese Unternehmen werden in aller Regel unter die Fourth Party Logistics Provider,
kurz 4PL, zusammengefasst. Sie bilden die
,,Vierte Partei" zwischen Lieferanten, Kunden
und den koordinierenden ausführenden Dienstleistern. Ganz oben in der Hierarchie der
logistischen Dienstleister stehen die Lead Logistics Provider, kurz LLP.
Zu dieser Gruppe gehören alle Kontraktlogistiker, welche die Fähigkeit besitzen alle
logistischen Leistungen für den Auftraggeber wahrzunehmen. Dies beinhaltet sowohl asset
based-Leistungen der traditionellen
,,TUL"-Logistik, als auch die Organisation und Kontrolle
des Gesamtlogistiksystems.
Das Geschäftsfeld der Kontraktlogistik weist seit mehreren Jahren hohe Wachstumsraten
auf. Dies ist nicht zuletzt veränderten Kundenanforderungen angesichts einer weiterhin
fortschreitenden Globalisierung geschuldet. Das theoretische Marktpotenzial belief sich 2010
auf ca. 81 Mrd. , was einem Anteil von 40 Prozent am Gesamtumsatz der Logistikbranche
von 200 Mrd. entspricht. Nach dem krisenbedingten Umsatzrückgang von fünf bis acht
Prozent in 2009 ist davon auszugehen, dass die Kontraktlogistik in den kommenden Jahren
wieder von der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung profitieren wird. Bedingt durch die
38
Vgl. Neiberger, C. (2007a): Logistikunternehmen im Globalisierungsprozess. In: Geographische
Rundschau 59, Heft 5, S. 24.
39
Bündelung von Maßnahmen zur effektiven und effizienten Planung, Kontrolle und Gestaltung der
gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter.
40
Flexibilisierung und Reduzierung der Fertigungstiefe bei gleichzeitiger Beschränkung auf die sog.
Kernkompetenzen des Unternehmens.
41
Distel, S. (2005): Vermessung der Logistik in Deutschland, S. 2.
42
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008), S. 116.

11
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
hohe Nachfrage bei Verbrauchsgütern des alltäglichen Bedarfs ist mit einer positiven
Entwicklung bei der Konsumgüter-Kontraktlogistik zu rechnen. Die industrielle
Kontraktlogistik hingegen wird aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund von signifikanten
Umsatzeinbrüchen in den wichtigen Industriebranchen, z.B. in der Automobilindustrie,
weiterhin einen schweren Stand haben. Insgesamt jedoch betrachtet wird die Kontraktlogistik
zukünftig ein wichtiger Wachstumstreiber für die gesamte Logistikbranche sein.
Die prognostizierten Wachstumserwartungen liegen nach wie vor bei durchschnittlich fünf bis
sieben Prozent p.a.
43
2.4 Die Logistik bestimmende Rahmenbedingungen
In den vergangenen Jahrzehnten ist eine deutliche Zunahme weltwirtschaftlicher
Beziehungen und eine Veränderung sozial-ökonomischer Rahmenbedingungen
wahrzunehmen. Diverse Faktoren, wie z.B. die Intensivierung weltwirtschaftlicher
Arbeitsteilung, Schaffung globaler Märkte, die Herausbildung transnationaler Unternehmen,
oder technologische Neuerungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik,
haben dazu geführt, dass ein erkennbarer Wandel in den Raum-Zeit-Strukturen,
Verflechtungszusammenhängen und Standortmustern eingetreten ist. Diese und weitere
Veränderungen in der Weltwirtschaft werden heute gemeinhin als
,,Globalisierung"
bezeichnet. Im nachfolgenden Abschnitt soll die allgemeine Entwicklung der Weltwirtschaft,
sowie Eingriffe in die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik näher beleuchtet, und ihre
Bedeutung für die Logistik herausgestellt werden. Die Globalisierung ist nur einer dieser
weltwirtschaftlichen
,,Megatrends".
2.4.1
Globalisierung von Produktionsnetzen und Lieferverflechtungen
Globalisierung ist ein nur schwer fassbarer Begriff, der je nach Profession und Sichtweise
in einer zum Teil völlig unterschiedlichen, ja sogar sich gegenseitig revidierenden Art und
Weise ausgelegt werden kann. Obgleich der schier unerschöpflichen Anzahl möglicher
Interpretationen was den Begriff der Globalisierung an und für sich kennzeichnet, gibt es
dennoch wesentliche Merkmale die die Globalisierung im Kern beschreiben können.
Die wohl einfachste Definition von Globalisierung beschreibt die Ausweitung, Verdichtung
und Beschleunigung weltweiter Beziehungen.
44
Ausgangspunkt des ökonomischen Globalisierungsprozesses waren Veränderungen
innerhalb der institutionellen Rahmenbedingungen, d.h. mit der Begründung des weltweiten
43
Vgl. Industrie und Handelsbank: Transport und Logistik Dezember 2009. Abgerufen am
21.12.2010 unter: http://www.ikb.de/content/de/branchen_und_maerkte/branchenanalysen/
Transport_und_Logistik_Dezember_2009.pdf.
44
Vgl. Neiberger, C. (2010): Globalisierung - Definition, Ablauf, Messung. In: Praxis Geographie 40,
Heft 2, S. 4.

12
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
Zoll- und Handelsabkommens GATT (später WTO), der Weltbank und der Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich, gelang es nachhaltig globale Märkte für den freien
Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Kapital zu öffnen.
45
Aber auch der Zusammenbruch der sozialistischen Wirtschaftsordnung und Fortschritte in
der Integration Europas, wie auch Südamerikas (MERCOSUR), Nordamerikas (NAFTA) und
des pazifischen Raumes (ASEAN), haben zum Fall politischer und wirtschaftlicher
Handelsbarrieren und damit zum Aufbau von Freihandelszonen beigetragen. An dieser Stelle
sind insbesondere die Wachstumsmärkte in den ehemaligen kommunistisch-sozialistischen
Ländern wie China, Südamerika und Ost-Europa zu nennen, welchen aufgrund ihrer
marktwirtschaftlichen Neuorientierung ein hohes Wachstumspotenzial vorhergesagt wird.
Weitere wichtige Schritte neben dem Abbau von Handelshemmnissen waren weitreichende
Deregulierungsmaßnahmen rund um die Finanzmärkte und die Schaffung internationaler
Liquidität, was in der Folge zur Herausbildung globaler Finanzmärkte geführt hat.
46
Getragen wird diese Entwicklung von multinationalen Unternehmen, die als Reaktion auf
gestiegene Kundenanforderungen (zunehmende Individualisierung der Nachfrage) und der
Globalisierung von Güter- und Dienstleistungsmärkten, weltweite Produktionsnetze
aufgebaut haben und sich dadurch komparative Vorteile bei Lohnkosten und sonstigen
finanziellen Aufwendungen (z.B. Steuern), aufgrund von weltweiten
Faktorkostenunterschieden, erhoffen
47
.
Die Zunahme weltweiter Verflechtungen und Veränderungen in Produktion und Handel
bedürfen moderner Formen der Organisation und Koordination, sind gar deren
unausweichliche Voraussetzung in einer globalisierten Welt. Das Aufkommen moderner
Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) ermöglichte es global agierenden
Unternehmen, mit ihren weltumspannenden Produktionsnetzen, sich untereinander zu
vernetzen. Erst die Fortschritte bei IuK-Technologien seit den 1990er Jahren, und die damit
einhergehende Vernetzung der Welt mit Hilfe des Internets, machte die Koordination und
Organisation von Informations- und Warenströmen entlang der komplexen
Wertschöpfungskette möglich.
48
Damit wurden technologische Neuerungen bei Informations-
und Kommunikationstechnologien, auch Telematik genannt, gleichsam zum Motor der
Globalisierung, und Globalisierung bedeutet zugleich auch Mobilisierung.
Die Telematik hat Transportzeiten und Transportkosten von Informationen drastisch reduziert
45
Vgl. Nuhn, H. (2007): Globalisierung und Verkehr - weltweit vernetzte Transportsysteme.
In: Geographische Rundschau 59, Heft 5, S. 4 ff.
46
Vgl. Schamp, E. (1996): Globalisierung von Produktionsnetzen und Standortsystemen.
In: Geographische Zeitschrift 84, Heft 3/4, S. 207.
47
Verlagerung von Produktionsstätten in sog. Entwicklungsländer.
48
Vgl. Lenz, B.; Menge, J. (2007): Organisation von Transportketten unter dem Einfluss von
Informations- und Kommunikationstechnologien. In: Geographische Rundschau 59, Heft 5, S. 14.

13
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
und somit zur kontinuierlichen Senkung von Transaktionskosten in der globalen Wirtschaft
beigetragen. Dicken spricht in diesem Zusammenhang von
,,time-space-shrinking
technologies"
49
. Informations- und Kommunikationssysteme sind damit zum integralen
Bestandteil jeder erfolgreichen Unternehmensstrategie geworden, durch sie sind Effizienz-
und Effektivitätssteigerungen in unternehmensübergreifenden Informations- und
Materialflüssen realisierbar. Insbesondere in der Logistik können hierdurch signifikante Zeit-
und Kosteneinsparungen eintreten, was den Transport schneller, sicherer und günstiger
macht. Logistikdienstleister haben durch ihre Transformation in transnationale
Logistikunternehmen erst die Globalisierung ermöglicht, und sind somit zu
,,Vernetzungsunternehmen" der Weltwirtschaft geworden.
50
Durch die zunehmende Trennung von Produktions- und Konsumtionsorten bei Waren und
Informationen, und des damit einhergehenden Wandels von Verflechtungszusammenhängen
und Standortmustern, ergeben sich zwangsläufig neue Anforderungen an logistische
Systeme, dies wird insbesondere im weltweiten Gütertransport von Einzelteilen und
Komponenten deutlich. Giddens begreift dabei die Globalisierung als
,,die Intensivierung
weltweiter sozialer Beziehungen, durch die entfernte Orte in solcher Weise miteinander
verbunden werden, dass Ereignisse an einem Ort durch Vorgänge geprägt werden, die sich
an einem viele Kilometer entfernten Ort abspielen und umgekehrt."
51
Schamp weist
gleichzeitig darauf hin, dass Globalisierung das
,,Ergebnis des strategischen Handelns
mächtiger Akteure (ist), die in der Lage sind, ihre ökonomische, politische und soziale
Umwelt in ihrem Sinne zu beeinflussen. Diese Akteure sind im traditionellen Verständnis der
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften einerseits, der Staat` und andererseits, das
Transnationale Unternehmen`. Nicht jeder Staat, sondern nur die politisch, militärisch und
ökonomisch mächtigen; nicht jedes Transnationale Unternehmen, sondern nur die mächtigen
in sog. ,globalen Sektoren`"
52
sind Treiber der Globalisierung.
2.4.2
Deregulierung und Liberalisierung der Märkte
Regulatorische Eingriffe im Rahmen der Ordnungspolitik
53
seit den 1970er Jahren hatten
entscheidende Einflüsse für die weitere Entwicklung der öffentlichen Dienste, wie z.B.
Kommunikations- und Verkehrsdienste. Diese Prozesse, auch als
,,Deregulierung" zu
bezeichnen, haben wichtige Rahmenbedingungen für die heutige Logistikbranche im
49
Vgl. Dicken, P. (2005): Tangled webs: Transnational production networks and regional integration,
S. 7. Abgerufen am 26.12.1010 unter: http://www.spaces-online.uni-hd.de/include/SPACES%
202005-04%20Dicken.pdf.
50
Vgl. Neiberger, C. (2007b): Vernetzungsunternehmen der Weltwirtschaft. Zur Bedeutung
räumlicher Nähe bei der Internationalisierung von Luftfrachtspeditionen. In: Zeitschrift für
Wirtschaftsgeographie 51, Heft 2, S. 124.
51
Giddens, A. (1995): Konsequenzen der Moderne, S.85
52
Schamp, E. (1996), S. 210.
53
Teil der
Wirtschaftspolitik.

14
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
Speziellen, und die Globalisierung im Allgemeinen gesetzt. Sinn und Zweck dieser
Maßnahmen war die Liberalisierung der Märkte und ein Abbau von staatlichen
Regulierungen, mit dem Ziel, mehr Entscheidungs- und Wahlfreiheit zu ermöglichen.
54
Die Mehrheit der Deregulierungsmaßnahmen zielte auf die Wiederherstellung des freien
Wettbewerbs ab und damit der Besinnung auf die drei zentralen Aufgaben der
Marktwirtschaft, d.h. Förderung von Innovationen durch Wettbewerb, Sicherung der
Selektion von nur leistungsfähigen Unternehmen am Markt, und Allokation zum effizienteren
Güter- und Faktoreinsatz.
55
Von besonderer Bedeutung waren diese Maßnahmen im Bereich der Postdienst-,
Eisenbahn- und Flugverkehrssysteme.
56
Erste Deregulierungsprozesse fanden im Laufe der
1970er Jahre in den USA statt.
57
Hierzu gehört der
,,Air Cargo Deregulation Act" im
Luftfrachtverkehr aus dem Jahre 1977 und der
,,Airline Deregulation Act" vom 28. Oktober
1978, welcher die Deregulierung des kommerziellen Personenflugverkehrs in den USA
vorsah.
58
Durch die Steigerung des Wettbewerbs sollte eine Verbesserung hinsichtlich
Marktzugang und Tarifgestaltung erreicht werden. In der Folge kam es im
US-Personenluftverkehr zu einer deutlichen Konzentration und regionalen Monopolisierung
durch die führenden Luftverkehrsgesellschaften, während es im Luftfrachtverkehr zur
Ausbildung einer neuen Form von Transportdienstleistern kam.
59
Hierzu gehören in erster
Linie die sog.
,,Integratoren"
60
als Anbieter von Logistik- und Transportdienstleistungen aus
einer Hand. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist der Aufstieg von sog. Hub-and-
Spoke-Systemen als Konsequenz für die erfolgten Deregulierungsmaßnahmen in den
USA.
61
Die europäischen Länder zogen gegen Mitte der 1980er Jahre mit diversen Maßnahmen
nach, nachdem bereits in den 1958er Jahren hierzu erste Anstrengungen im Rahmen der
Römischen Verträge unternommen wurden, jedoch durch die Blockadepolitik Deutschlands,
Italiens und Frankreichs nicht realisiert werden konnten.
62
Mit dem Untätigkeitsurteil zur
Dienstleistungsfreiheit in der Transportwirtschaft des Europäischen Gerichtshofs vom Mai
54
Vgl.
Schubert, K.; Klein, M. (2006): Das Politiklexikon, 4. Aufl., S. 43.
55
Vgl. Bachmeier, S. (1999): Integrators - Die Schnellen Dienste des Weltverkehrs, S. 25.
56
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008), S. 30.
57
Vgl. Campbell, J.I. (2001): The rise of global delivery services: a case study in international
regulatory
reform,
S.
25
ff.
58
Vgl. Deregulation and Its Consequences. Abgerufen am 21.12.2010 unter:
http://www.centennialofflight.gov/essay/Commercial_Aviation/Dereg/Tran8.htm.
59
Vgl. Bachmeier, S. (1999), S. 27.
60
Integratoren sind spezialisiert auf sog. ,,Door-to-Door"-Services, welche eine vollständige
Integration aller Segmente einer Dienstleistungskette vorsehen.
61
Vgl. Consequences of Deregulation. Abgerufen am 21.12.2010 unter: http://nexus.umn.edu/
Courses/ce5212/Case6/CE_5212_Group_ Project_Final_Paper.htm.
62
Vgl. Neiberger, C. (2008a): The effects of deregulation, changed customer requirements and new
technology on the organisation and spatial patterns of the air freight sector in Europe.
In: Journal of Transport Geography 16, S. 249.

15
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
1985 begann eine erste Phase diverser Maßnahmen zur Deregulierung des
Verkehrssektors.
63
Im Zeitraum von 1987 bis 1998 traten verschiedene
Liberalisierungspakete in Kraft, die sowohl den Luftverkehr, als auch die Binnenschifffahrt
(Kabotagefreigabe ab 1995), den Eisenbahnverkehr (Eisenbahnrichtlinien ab 1991) und
Landverkehr (Kabotagefreiheit ab 1998 etc.) betrafen.
64
Die wichtigsten Änderungen stellen
die Aufhebung des Kabotageverbotes, die Freigabe von Tarifen und Aufhebung der
Unterscheidung zwischen Nah- und Fernverkehr dar.
65
Unter Kabotagerecht wird im Luftverkehr die Befähigung einer Fluggesellschaft zur
Durchführung eines Fluges innerhalb eines Staates verstanden, wobei keine Unterscheidung
zwischen dem beförderten Gut erfolgt. Dieses Recht ist nur innerhalb der EU rechtskräftig
und insbesondere für Fluggesellschaften von Interesse, die außerhalb ihres eigenen
nationalen Territoriums in einem bzw. innerhalb eines anderen
EU-Mitgliedsstaates Personen, Fracht oder Post befördern wollen.
66
Für deutsche
Unternehmen bedeutet die Aufhebung des Kabotageverbotes sowohl die Möglichkeit des
unbegrenzten Binnenverkehrs im europäischen Ausland, als auch einer gesteigerten
Konkurrenz und Wettbewerbsdrucks im Inland durch ausländische Firmen. In Folge dessen
ist bis heute eine eindeutige Veränderung in der Branchenstruktur wahrzunehmen.
Bedingt durch die neue Wettbewerbssituation haben sich neue Geschäftsmodelle und
Anbieterstrukturen entwickelt, welche eine klare Trennung zwischen traditionellen
Speditionen (
,,TUL"-Geschäft) und den neuartigen multifunktionalen Logistikdienstleistern
aufweisen. Es handelt sich hierbei um die bereits weiter oben behandelte Kontraktlogistik,
die weitergehend nach Third Party Logistics Providern, Fourth Party Logistics Providern und
Lead Logistics Providern unterschieden werden kann, d.h. Unternehmen mit einer deutlichen
Spezialisierung auf wertschöpfungsintensive Geschäftsbereiche.
2.4.3
Zunehmende Dynamik der Weltwirtschaft
Tiefgreifende Veränderungen in der Bevölkerungs- und Sozialstruktur
67
, welche im Zuge
eines Übergangs zur postindustriellen Gesellschaft seit Mitte der 1950er Jahre eingetreten
waren, hatten entsprechende Wirkungen auf die Weltwirtschaft, und somit auch auf die
Logistikbranche, entfaltet. Mit dem Ende des Wachstums industrieller Güterproduktion und
63
Vgl. Erdmenger, J.: Verkehrspolitik. In: Jahrbuch der Europäischen Integration 1986/87, S. 200.
Abgerufen am: 21.12.2010 unter: http://www.wissen-europa.de/fileadmin/user_upload/website/
Artikel/Artikel_1986-87/Verkehrspolitik.pdf.
64
Vgl. Hesse, M.; Neiberger, C. (2009), S. 253.
65
Vgl. Bertram, H. (2005): Neue Anforderungen an die Güterverkehrsbranche im Management
globaler Warenketten. In: Neiberger, C.; Bertram, H. (Hrsg.): Waren um die Welt bewegen.
Strategien und Standorte im Management globaler Warenketten. Studien zur Mobilitäts- und
Verkehrsforschung 11, S. 19.
66
Vgl. Klaus, P.; Krieger, W. (Hrsg.): Gabler Lexikon Logistik, 3. Aufl., 2004, S. 223.
67
Demografie.

16
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
des damit Zusammenhängenden standardisierten Massengüterkonsums erfolgte laut Stalk
ein Übergang vom kosten- und preisbasierten Wettbewerb zum zeitbasierten Wettbewerb,
in dessen Folge immer weniger Umsatz mit massenhaft hergestellten Produkten erzielt
werden konnte.
68
Neue Konsumentenanforderungen hinsichtlich der
Produktindividualisierung machten neue Strategien bei Beschaffung, Produktion und Vertrieb
zwingend erforderlich. Differenzierte Kundenwünsche und die zunehmend kursorische
Konsumtion von Gütern und Dienstleistungen haben seither, insbesondere bei digitalen
Produkten, zu deutlich kürzeren Produktlebenszyklen geführt. Als Beispiele seien hierbei die
Automobil-, Computer- und Modeindustrie angemerkt, in der
,,Just-in-Time"-Konzepte zur
erfolgreichen Unternehmensstrategie gehören. Hieraus ergeben sich jedoch zwangsläufig
neue Erwartungen an die Distribution, da sie im zunehmenden Maße über den Erfolg oder
Misserfolg eines Unternehmens entscheidet. Eine Welt, in der Dienstleistungen und Waren
im besten Fall immer
,,auf Abruf" verfügbar sind, bedarf in der Konsequenz entsprechend
flexibler Logistiklösungen, ohne die die moderne Ökonomie nicht mehr funktionsfähig wäre.
Die stetig steigende Bedeutung moderner Logistikdienstleister als
,,Vernetzungsunternehmen
der Weltwirtschaft" wird in diesem Kontext besonders deutlich.
Mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung, welche einhergeht mit einer Zunahme
der Geschwindigkeit bei Produktion und Konsumtion, erfolgt gleichermaßen eine rasche
preisliche Produktabwertung. Digitale Produkte besitzen erfahrungsgemäß eine
Lebensdauer von nur drei bis sechs Monaten, bevor sie von neuen innovativen Produkten
ersetzt werden. Im Umkehrschluss ergeben sich hieraus besondere Anforderungen an die
Logistik, denn eine rasche Warenverfügbarkeit ist für den Erfolg eines Unternehmens von
großem Interesse.
69
Nach Neiberger können die auftretenden Effekte veränderter
Kundenanforderungen und technologischer Innovationen, und die sich daraus ergebenden
Ansprüche an Logistikdienstleister, wie folgt umschrieben werden:
,,This means new
requirements as to the speed of product development and the processing of commissions, as
well as the optimisation of the entire logistical information and goods flows ­ not just within
individual companies but within entire Global Production Networks.
These concepts have to be developed by modern logistics, which thus have an extremely
important task, namely the organisational and technical integration and networking of the
global economy."
70
68
Vgl. Stalk, G. (1988): Time - the next source of competitive advantage. Abgerufen am 27.12.2010
unter: http://www.rotman.utoronto.ca/~baum/workshop/Stalk%20--%20Time%20HBR%201988.
pdf.
69
Vgl. Lammers, S.; Neubauer, M. (2005): Integrale Logistik-Konzepte in Europa - am Beispiel der
Firma Philips Consumer Electronics GmbH. In: Neiberger, C.; Bertram, H. (Hrsg.): Waren um die
Welt bewegen. Strategien und Standorte im Management globaler Warenketten. Studien zur
Mobilitäts- und Verkehrsforschung 11, S. 50.
70
Neiberger, C. (2008a), S. 248.

17
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
2.4.4
Technologischer Fortschritt
Technologische Fortschritte im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien
seit den 1990er Jahren haben einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der
Transportdienstleistungen gehabt. Die Datenübertragung per Internet zur Koordination und
zum Management von Güterflüssen zwischen unterschiedlichen Unternehmen (-steilen)
ermöglichte in der Quintessenz die Hervorbringung innovativer Logistikkonzepte zur
Steuerung von Material- und Informationsflüssen in unternehmensübergreifenden
Produktionsketten.
71
Erste zweckmäßige Einsatzbereiche waren eCommerce-Lösungen in
Form von Frachtraumbörsen oder Beschaffungsplattformen, zu denen heute z.B.
,,Teleroute"
und
,,Timocom" gehören.
72
Mit der Zunahme von Güterströmen wurden Verfahren zur
besseren Koordination und Abstimmung untereinander und somit der Gebrauch von IKT
unerlässlich. Informationssysteme und Softwarewerkzeuge, z.B. an Bord von LKWs und
Flugzeugen haben sich für diesen Zweck bewährt, indem sie in
,,Echtzeit" die
Kommunikation zwischen dem Fahrer und der Zentrale ermöglichten. Die Möglichkeit der
Standortbestimmung mittels Sendungsverfolgungssystemen auf Grundlage der GPS- und
GSM-Technik ist heute nicht mehr wegzudenken und damit fester Bestandteil bei der
Steuerung und Identifizierung von Warenströmen. Das auch als
,,Tracking & Tracing"
bezeichnete System aus Standortbestimmung und Sendungsverfolgung dient damit der
drahtlosen Datenfernübertragung zur Ortbestimmung eines bestimmten Produktes zu einer
genau definierten Zeit. Durch den immer einfacher werdenden Zugang zum
Breitbandinternet sind somit auch kleine und mittelständische Unternehmen in der Lage sich
dieser Technologie zu bedienen, ohne dabei auf teure und komplexe Systeme zurückgreifen
zu müssen.
Neben der Datenübermittlung spielt auch die Datenerfassung in gleicher Weise eine
gewichtige Rolle und hat sich den letzten Jahren immer weiter entwickelt. Innovationen wie
der
,,Barcode" und zuletzt die ,,Radio Frequency Identification", kurz RFID, haben zu
Effizienzsteigerungen in Logistikprozessen beigetragen. Die Leistungsfähigkeit von RFID-
Speicherchips ist der von Barcodes deutlich überlegen und könnte damit die nächste Stufe
zur Verbesserung der Organisation von Materialflüssen einläuten. Zum Einsatz kommt diese
Technik heute vorzugsweise in der Automobilindustrie und im Groß- und Einzelhandel.
Aufgrund ihrer Erweiterungsfähigkeit, z.B. um weitere Sensorik zur Temperatur- und
Lichtmessung, ist das Einsatzspektrum vielfältig und wird daher in den kommenden Jahren
voraussichtlich einen breitere Anwendung erfahren.
71
Vgl. Lenz, B.; Menge, J. (2007), S. 15.
72
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008), S. 29.

18
Die Logistikwirtschaft in Deutschland
2.4.5
Konzentration auf Kernkompetenzen und Outsourcing
Die neuen Herausforderungen einer zunehmend globalisierten Welt, mit ihren weiträumigen
Verflechtungszusammenhängen voneinander getrennter Produktions- und Konsumtionsorte,
haben unverkennbare Auswirkungen auf die Ausrichtung global operierender transnationaler
Unternehmen auf dem Markt. In gleichem Maße wie es zu einer Zunahme der Komplexität in
einer nahezu vollkommen vernetzten Wirtschaft kommt, steigen die damit
zusammenhängenden Kosten für deren Steuerung und Kontrolle an. Dies hat unweigerlich
größere, und damit kostenintensivere sowie komplexere Organisationseinheiten zur Folge.
73
Aufgrund des gestiegenen Konkurrenz- und Kostendrucks besinnen sich die Unternehmen
auf ihre internen Stärken und Know-how, ein Trend zur Konzentration auf Kernkompetenzen
ist hierdurch zunehmend spürbar.
74
Dieser Trend artikuliert sich nicht zuletzt durch die
Zunahme des Outsourcing-Anteils bei Lager- und Transporttätigkeiten, der in Europa nahezu
94 Prozent aller Unternehmen betrifft.
75
Das Outsourcing des für die produzierenden
Unternehmen unrentablen Logistikanteils an Dritte zieht in gleicher Weise jedoch eine
Zunahme vielfältiger Zulieferbeziehungen nach sich. Hieraus ergibt sich die steigende
Bedeutung eines übergreifenden Managements von Wertschöpfungsketten zu einem
unternehmensübergreifenden Logistikmanagements. Insbesondere der stark wachsende
Stellenwert der Kontraktlogistik ist hierbei unverkennbar.
76
In demselben Maße jedoch, wie es zu einer verstärkten Fragmentierung innerhalb der
Organisationsstrukturen der Unternehmen kommt, werden zunehmend Tendenzen in der
Logistik hinsichtlich einer Hierarchisierung der Branche in unterschiedliche Teilsegmente
deutlich. Eine Segmentierung der Branche erfolgt hierbei erstrangig zwischen einem
qualitätsbestimmten Segment der Planung und Koordination entlang der
Wertschöpfungskette, und einem preisbestimmten Segment elementarer Transferleistungen
der
,,TUL"-Logistik.
77
Die Top-Akteure der Logistikbranche verfügen zunehmend über eigene
weltweite Niederlassungen mit einer hohen geographischen Abdeckung innerhalb der
wichtigsten Räume der Triade und darüber hinaus. Ihr breitgefächertes Leistungsangebot
ermöglicht signifikante Wettbewerbsvorteile auf dem Markt. Zu diesem distinguierten
Kollektiv gehören Unternehmen wie die Global Player
,,Kühne + Nagel", ,,Panalpina
Welttransport",
,,Deutsche Post World Net", aber auch namhafte Integratoren wie ,,UPS" oder
73
Vgl. ebd., S. 31.
74
Vgl. Wallenburg, C.-M. (2004): Kundenbindung in der Logistik. Eine empirische Untersuchung zu
ihren Einflussfaktoren, S. 46.
75
Vgl. Cap Gemini, Ernst & Young (2003).
76
Siehe hierzu den Abschnitt ,,Entwicklung der Logistikwirtschaft".
77
Vgl. Neiberger, C. (2007a), S. 24.

19
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
,,Federal Express".
78
Es sind diese Unternehmen, die einen Großteil des weltweit
erwirtschafteten Umsatzes auf sich vereinen.
3
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
Das Luftfrachtgeschäft ist seit Jahren eine boomende Branche mit beachtlichen
Wachstumsraten. Der weltweite Luftfrachtverkehr erbrachte 2009 eine Beförderungsleistung
von 166,8 Mrd. bezahlten Tonnenkilometern (RKT)
79
, was einer Verdopplung der beförderten
Frachtmenge seit 1993 gleichkommt.
80
Mit dem erneuten Konjunkturaufschwung nach der
weltweiten Rezession von 2008/2009 wächst die Luftfrachtbranche wieder durchschnittlich
um 5,9 Prozent p.a.
81
Gleichzeitig wird jedoch die augenscheinliche Verwundbarkeit der
Branche hinsichtlich konjunktureller Schwankungen deutlich. In der unmittelbaren
Vergangenheit hatten Ereignisse wie die Anschläge vom 11.September 2001,
die SARS-Pandemie oder die Rezession von 2008 offenkundige Impulse auf die Entwicklung
des Luftfrachtverkehrs. Nichtsdestotrotz profitiert die Luftfrachtbranche von einer
zunehmenden Globalisierung der Weltwirtschaft und der damit zusammenhängenden
Zunahme weltweiter Produktions- und Lieferverflechtungen.
82
Zeitgleich ergeben sich neue
Anforderungen an die Leistungsfähigkeit logistischer Dienstleister, welche im Zuge
veränderter Produkteigenschaften, hin zu immer kleinvolumigeren und höherwertigen
Produkten, neue Strategien bezüglich Flexibilität und Service entwickeln müssen.
83
Mit dem Aufkommen globaler Märkte und Produktionsnetze erhöht sich gleichsam der Bedarf
nach einer globalen Organisation des Transportes. Um auf diesem umkämpften Markt ihre
Handlungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu wahren, müssen die Logistikunternehmen selber
global organisiert sein. Die Unternehmen reagieren auf die veränderten Bedingungen des
Luftfrachtmarktes, was in tiefgreifenden Restrukturierungsmaßnahmen in der gesamten
Branche kumuliert. Einer dieser Prozesse kann als der Versuch einer ganzheitlichen
Integration der Wertschöpfungskette in einem Unternehmen verstanden werden.
Im Folgenden soll die Struktur und Organisation des Luftfrachtmarktes näher beleuchtet,
sowie vermeintliche Implikationen, bedingt durch veränderte Strategien seitens der
Unternehmen, auf den Raum untersucht werden. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht
78
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008), S. 237.
79
RKT
ist
ein
Akronym
für
den
Begriff
,,Revenue ton-kilometers", einer in der Luftfrachtbranche
geläufigen Maßeinheit. Ein Tonnenkilometer bedeutet umgangssprachlich die Beförderung einer
Tonne Fracht über eine Distanz von einem Kilometer.
80
Vgl. Boeing: World Air Cargo Forecast 2010-2011, S. 6. Abgerufen am 15.01.2011 unter:
http://www.lb.boeing.com/commercial/cargo/wacf.pdf.
81
Vgl. IATA: World Air Transport Statistics (2009), Heft 53, S. 48.
82
Vgl. Neiberger, C. (2003): Über den Wolken...Zur Umstrukturierung in der Luftfrachtbranche und
deren räumlichen Auswirkungen. In: Europa Regional 11, Heft 4, S. 199.
83
Vgl. Lammers, S.; Neubauer, M. (2005), S. 51.

20
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
hierbei die deutsche Flughafenlandschaft und die dort ansässigen Logistikdienstleister zu
deren Portfolio die Beförderung von Luftfracht gehört.
3.1 Definition Luftfrachtmarkt
Der Luftfrachtmarkt ist gekennzeichnet durch die Beförderung von nationalen und
internationalen Warentransporten unter Zuhilfenahme der Verkehrsträger Flugzeug,
Luftschiff und Hubschrauber.
84
Fernerhin gelten alle Transporte des bodengebundenen
Verkehrs, welche unter Anrechnung von IATA
85
-Tarifen durchgeführt werden, als Teil des
Luftfrachtmarktes. Im direkten Vergleich aller Verkehrsmärkte
86
treten die besonderen
Eigenschaften des Lufttransportes zu Tage. Demnach können die spezifischen Vorteile der
Luftfrachtbeförderung wie folgt charakterisiert werden
87
:
x kurze
Transportzeiten
(2-3
Werktage),
x niedrige Kosten für die Transportverpackung
(aufgrund geringer Transportbeanspruchung durch eine schonende Beförderungsart),
x hohe Pünktlichkeit von Luftfrachtsendungen,
x Minimierung von Lagerkosten durch Reduzierung oder Wegfall der Bestände,
x geringe Kapitalbindungskosten durch kurze Transportzeiten,
x Flexibilität in der Disposition und die Möglichkeit der kurzfristigen Beschaffung von
Gütern aufgrund zügiger Transportrealisierung,
x geringe Versicherungsprämien angesichts niedriger Transportrisiken und,
x problemlose Dokumentation (Luftfrachtbrief
88
).
Im heutigen Luftfrachtverkehr wird annähernd die komplette Bandbreite der Waren im
modernen Welthandel transportiert. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften der Luftfracht
ist dennoch eine eindeutige Fokussierung auf den Transport von primär wertvollen und/oder
zeitkritischen Gütern bzw. unvorhersehbaren Luftfrachtsendungen feststellbar.
Hierbei handelt es sich vorzugsweise um Güter aus dem Bereich Textilien
(z.B. Modeindustrie), Maschinenbauteile (z. B. Automobilindustrie), Mikroelektronik
(z.B. High-Tech Industrie), Gefahrgut, verderbliche bzw. exotische Lebensmittel,
transportempfindliche Tiere (z.B. Pferde, exotische Fische), Zeitungen und Zeitschriften oder
besonders hochwertige und damit diebstahlgefährdete Waren. Insbesondere in der
Elektroindustrie (hier vordergründig die Unterhaltungselektronik) ist davon auszugehen,
84
Vgl. Vahrenkamp, R. (2007a): Geschäftsmodelle und Entwicklungsstrategien von Airlines und
Airports in der Luftfracht. Arbeitspapier zur Logistik 66, S. 7.
85
International Air Transport Association.
86
Unterscheidung nach der durchgeführten Beförderungsart aus Bahn-, LKW-, Schiff- oder
Lufttransport.
87
Vgl. Mensen, H. (2003): Handbuch der Luftfahrt, S. 643 f.
88
Im internationalen Luftfrachtverkehr verwendetes Beförderungspapier.

21
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
dass die Wertigkeit eines Produktes pro Gewichtseinheit weiterhin zunehmen wird.
Im gleichen Maße also, wie die Wertigkeit von Produkten aufgrund technologischer
Fortschritte steigen wird, nimmt auch die Bedeutung der Luftfracht zu. Weitere Faktoren,
wie die Verkürzung des Produktlebenszyklus (schnellere Wertminderung der Waren),
Zunahme weltweiter Arbeitsteilung, Kostendruck durch hohe Lagerkosten (bedingt
Ausweitung von globalen Lieferverflechtungen), begünstigen die Entwicklung der Luftfracht.
89
Zahlreiche Studien, z.B. von Boeing, Airbus oder IATA, attestieren der Luftfracht daher eine
blühende Zukunft.
3.2 Markt- und Wettbewerbsumfeld
Der Logistikmarkt im Luftfrachtsegment weist eine hohe Zersplitterung bzw. Fragmentierung
auf.
90
Nach Neiberger ergibt sich eine signifikante Dreiteilung der Branche in sog.
,,Global Player", mittelständische Speditionen, und zuletzt kleine und mittlere Unternehmen
mit weniger als 1 Mio. Euro Export-Umsatz.
91
Die sog.
,,Global Player" des Luftfrachtverkehrs, namentlich DHL (Deutsche Post)
92
,
DB Schenker Logistics (Deutsche Bahn), Kühne + Nagel und Panalpina, sind gemessen am
beförderten Volumen 2009 die führenden Luftfrachtspeditionen weltweit.
93
Diese weltweit operierenden Unternehmen disponieren bezeichnenderweise über ein global
ausgebautes Netz an Niederlassungen und ein breites Leistungsspektrum aus Luft- und
Seefracht, Landverkehren, Distributions- und Kontraktlogistik, sowie logistischen
Beratungsdienstleistungen, den sog. Third Party Logistics
94
. Aufgrund differierender
Abwicklungskonzepte ergibt sich eine eindeutige Segmentierung des Teilmarktes in
Expressfracht (Integratoren) und klassische Luftfracht. Die Integratoren, abgeleitet von der
amerikanischen Bezeichnung für
,,integrated service carrier"
95
, hierzu gehören DHL, UPS,
FedEX und TNT, verfolgen eine Strategie zur vertikalen Integration entlang der
Wertschöpfungskette mit durchweg standardisierten
,,Haus-zu-Haus"-Dienstleistungen aus
einer Hand und kurzen Laufzeiten. Die zweite Fraktion wird von den bereits weiter oben
geschilderten klassischen Luftfrachtspediteuren wie Kühne + Nagel und Panalpina
beherrscht.
89
Vgl. Grandjot, H.-H. (2007): Air Cargo Guide. An introduction to the air cargo industry, S. 16.
90
Vgl. Logistics Management & Distribution Report (1999): Forwarders on the Rebound, S.87.
91
Vgl. Neiberger, C. (2003), S. 202.
92
Weltmarktführer
im
Luftfrachtsegment.
93
Vgl. BEKB/BCBE: Logistik: Bereits wieder auf Rekordkurs. Abgerufen am 10.1.2011 unter:
https://www.trade-net.ch/de/tn-news-aktuell-anlagen-aktuell-1310-.pdf.
94
Siehe hierzu Abschnitt ,,Entwicklung der Logistikwirtschaft".
95
Vgl. Bachmeier, S. (1999), S. 78.

22
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
Die mittelständischen Unternehmen weisen einen Luftfrachtumsatz von über 1 Mio. Euro auf.
Diese Gruppe steht unter einem außergewöhnlich großen Wettbewerbsdruck, welcher durch
die Vielzahl an Fusion und Übernahmen in diesem Marktsegment deutlich wird.
Zur Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit im globalen Verdrängungskampf forciert
sich zunehmend eine ausgeprägte Übernahmepolitik. Dies wird insbesondere an der
außerordentlichen Akquisitionswelle der letzten Jahre in der Branche erkennbar.
96
Aufgrund des hohen Kapital- und Managementbedarfs im
,,M&A"-Geschäft
97
existiert
gleichermaßen ein hohes Risiko für die Unternehmen. Infolgedessen wird sich der Markt auf
absehbare Zeit nicht beruhigen, vielmehr werden Übernahmen und Insolvenzen unrentabler
bzw. kapitalschwacher Unternehmen zunehmen, was einen fortschreitenden
Konsolidierungsprozess zur Folge hat.
98
Gemessen am Geschäftsvolumen und nach Anzahl der Unternehmen bilden die kleinen und
mittleren Unternehmen die größte Gruppe im Luftfrachtsegment. Nach wie vor erwirtschaften
diese Unternehmen den Großteil des gesamten Teilmarktumsatzes (ca. 70-80 Prozent),
ein Sinnbild für die deutliche Fragmentierung der Branche.
99
In diesem segmentierten
Teilmarkt wird eine Vielzahl unterschiedlicher Dienstleistungen erbracht, in der Mehrzahl
jedoch im Bereich der General Cargo
100
. Dennoch hat sich eine große Zahl spezialisierter
und diversifizierter Spediteure als Nischenanbieter etabliert. Um auch zukünftig
wettbewerbsfähig bleiben zu können sind besondere Anstrengungen hinsichtlich
Spezialisierung erforderlich. Größere Investitionen in die IT-Infrastruktur oder ein globales
Netzwerk verwehren sich aufgrund geringer Kapitalressourcen.
101
3.3 Klassische Luftfracht
In der klassischen Luftfracht besteht eine intensive Zusammenarbeit zwischen
Luftfrachtspediteuren und Luftverkehrsunternehmen.
102
Erstere übernehmen die komplette
Planung, Steuerung und Kontrolle des Güterflusses, wobei sie in dieser Angelegenheit im
Auftrag der Luftfrachtversender tätig werden.
103
Das extensive Leistungsspektrum der
Spediteure impliziert sowohl administrative als auch operative Tätigkeiten, letztere werden
96
Vgl. Commerzbank: Branchenbericht - Group Risk Research: Transport/Logistik 2010, S. 10.
97
Mergers & Acquisitions.
98
Vgl. Bowen, J.; Leinbach, T. (2004): Market concentration in the air freight forwarding industry.
In: Tijdschrift voor Economische en Sociale Geografie 95, Heft 2, S. 180.
99
Vgl. Kille, C.; Klaus, P. (2008), S. 147.
100
Stückgut, das einzeln am Stück transportiert werden kann.
101
Vgl. Globalisierung bringt Schwung in Logistikaktien. Abgerufen am 12.1.2011 unter:
http://www.fuw.ch/de/zeitung_archiv/aktuelle_ausgabe.html?SID=982b1b2d86ab2015b4588d7d44
bc3949&objects.artikel=56.
102
Vgl. Vahrenkamp, R. (2004): Die Rolle der Luftfracht in der internationalen Logistik II.
Arbeitspapier zur Logistik 55, S. 17.
103
Vgl. Neiberger, C. (2003), S. 201.

23
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
bevorzugt an Dritte ausgelagert, vornehmlich an Transporteure oder Paketdienstleister,
welche die elementaren Transferleistungen erbringen.
104
Nach Lorenz hat der
Aufgabenbereich der Spediteure
,,alle kaufmännischen und technischen Leistungen und
Verrichtungen vor, während und nach einer Güterbeförderung."
105
zum Inhalt. Innerhalb der
Luftfrachttransportkette unterscheidet man danach zwischen dem Vor-, Haupt- und Nachlauf.
Die Vor- und Nachläufe erfolgen als Bodentransporte, der Hauptlauf mittels Flugzeug.
106
Der Carrier bzw. Fluggesellschaft ist zuständig für den Lufttransport von Flughafen A zu
Flughafen B, während die Luftfrachtspedition den Vor- und Nachlauf, d.h. die vom Versender
erwünschte Haus-zu-Haus-Lieferung, garantiert.
107
Zu den wesentlichen Bestandteilen des
Vor- und Nachlaufs gehören Tätigkeiten wie die Abholung der Ware, Bestimmung der
Sendungsart, des Sendungsvolumens und des Sendungsgewichts, bis hin zur
Frachtbuchung und Übergabe der Sendung, als auch der Dokumente beim Carrier, und
letztendlich die Kontaktaufnahme mit der Empfangsspedition, welche die Zustellung der
Sendung beim Empfänger am jeweiligen Bestimmungsort gewährleistet.
108
Der Luftfrachtspediteur garantiert in diesem Fall
,,that goods move from point of origin to
point of destination within the customers´ time frame, in good condition and at the most
advantageous costs."
109
Im Unterschied hierzu operieren die Airlines ausschließlich an den Flughäfen und zwischen
diesen, wo diverse vor Ort anfallende Dienstleistungen, z.B. Bodendienste für Fracht und
Flugzeuge, sowie das Kernstück der Luftfrachtkette, der Lufttransport, wahrgenommen
werden.
110
Bei den am Flughafen zu erbringenden Leistungen handelt es sich vornehmlich
um die Ein- und Auslagerung von Sendungen, Ladeplanung und Erstellung des Manifests,
Zusammenfassen der Sendungen zu Paletten und Containern, Verladung und Entladung des
Flugzeugs, Eingangskontrolle, Avisieren der Sendung an den Empfangsspediteur, und die
Übergabe der Dokumente und der Sendung an den Empfangsspediteur.
111
Der Hauptlauf umfasst demnach nicht nur den physischen Transport von Gütern, sondern
dahingehend auch die komplette Koordination und Kontrolle dieses Transportabschnitts.
104
Vgl. Bachmeier, S. (1999), S. 70.
105
Lorenz, W. (2005): Leitfaden für Spediteure und Logistiker in Ausbildung und Beruf, 20 Aufl. S. 61.
106
Vgl. Arnold, D.; Isermann, H.; Kuhn. A.; Tempelmeier, H.; Furmans, K. (Hrsg.): Handbuch Logistik,
2008, S. 761.
107
Vgl. Grandjot, H.-H. (2007), S. 125.
108
Neiberger, C. (2003), S. 201.
109
Grandjot, H.-H. (2007), S. 138.
110
Vgl. Klaus, P.; Krieger, W. (2004), S. 543.
111
Neiberger, C. (2003), S. 201.

24
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
In jüngster Vergangenheit ist eine zunehmende Auslagerung dieser Bodendienste an Dritte,
die sog.
,,Ground Handling Agents", erkennbar.
112
Der intensiven Zusammenarbeit zwischen Luftfrachtspediteuren und Fluggesellschaften
liegen standardisierte Luftfrachtbriefe zur Abfertigung, Transporthaftung und spezifischen
Verrechnungspreisen zu Grunde.
113
Der sog.
,,Air Waybill" hat die Funktion einer
Empfangsbestätigung seitens des Carriers bzw. Luftfrachtführers, als Warenbegleit- und
Speerpapier, sowie als Auslieferungsquittung für den Empfänger inne, bildet gleichsam die
Voraussetzung für die Verzollung und Erstellung von Versicherungspolicen.
114
Aufgrund des hohen Standardisierungsgrades wird weitaus häufiger Normalfracht (General
Cargo) in Kartons oder auf Paletten befördert, und weniger Spezialfracht (Special Cargo),
welche spezieller Sicherheitsvorkehrungen bedarf. Grundsätzlich besteht eine empfindliche
Abhängigkeit der Fluggesellschaften von den Luftfrachtspediteuren, welche am Markt als
Verkäufer von Luftfrachtkapazitäten für den Carrier agieren. Hieraus erwächst letztendlich
ein offensichtliches Konfliktpotenzial zwischen beiden Parteien, da letztere aufgrund eines
größeren Investitionsanteils einem weitaus höheren Risiko in der Luftfrachtkette ausgesetzt
sind, während die Speditionen und IT-Dienstleister deutlich höhere Renditen erwirtschaften.
Diverse Versuche einer vertikalen Integration und einer direkten Kundenbindung an die
Fluggesellschaften sind auf wenige Ausnahmen gescheitert.
115
Nach Bjelicic
116
und Doganis
117
können alle in der Luftfrachtbeförderung tätigen
Fluggesellschaften in sechs fest umrissene Untergruppen rubriziert werden.
Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist hierbei der Stellenwert von Luftfracht im Kontext
verbleibender Geschäftsbereiche, wobei erstrangig die Passagierbeförderung zu nennen
wäre. Demzufolge ergibt sich die nachstehende Unterteilung:
x Nicht Luftfracht fokussierte Passagierfluggesellschaft.
x Luftfracht fokussierte Passagierfluggesellschaft.
x Kombinations-Fluggesellschaft.
x Integrator bzw. Speditionseigene Fluggesellschaft.
x Kontrakt-Fluggesellschaft.
x Frachtfluggesellschaft.
112
Vgl. Schüller, M. (2003): Strategieentwicklung airlinegeführter Supply Chains. Spezifische
Erfolgsfaktoren des Supply Chain Managements in der Luftfracht und Handlungsempfehlungen für
Luftfracht-Carrier, S. 27.
113
Vgl. Mensen, H. (2003), S. 643.
114
Vgl. Klaus, P.; Krieger, W. (2004), S. 4.
115
Vgl. Vahrenkamp, R. (2005): Logistik. Management und Strategien, 5. Aufl., S. 289.
116
Vgl. Bjelicic, B. (2001): The Global Air Cargo Industry. In: Industrial Research, Heft 3, S. 11 ff.
117
Vgl. Doganis, R. (2002): Flying off course: the economics of international airlines, S. 304 ff.

25
Die Luftfrachtbranche in Deutschland
Grundsätzlich gilt es zwischen zwei unterschiedlichen Geschäftsmodellen zu unterscheiden.
Auf der einen Seite diejenigen Unternehmen, welche Luftfracht als eigenständiges Geschäft
forcieren und unter Verwendung von Nur-Frachter-Maschinen befördern, und den so
genannten
,,Belly-Carriern", welche neben der Passagierbeförderung auch Luftfracht als ein
interessantes Zusatzgeschäft transportieren.
118
Bei den B e l l y - C a r r i e r n handelt es sich in erster Linie um Fluggesellschaften,
die Luftfracht als Kuppelprodukt zum Passagiertransport mitbefördern.
119
In diesem Zusammenhang wird die Fracht gemeinsam mit dem Gepäck der mitreisenden
Passagiere im sog.
,,Lower Deck", dem Unterflurfrachtraum transportiert. Grundsätzlich sind
solche Belly-Carrier nicht vom weiteren Frachttransport abhängig, da ein Großteil der
anfallenden Kosten im Betrieb durch den Passagiertransport bereits abgedeckt wird.
Entsprechend günstig können überschüssige Frachtkapazitäten auf dem Markt angeboten
werden. Das Angebot an Frachtraum ist jedoch stark hinsichtlich Menge und Verfügbarkeit
limitiert, und angesichts unterschiedlicher Beförderungsbeschränkungen (z.B. Gefahrgut)
spürbar reglementiert. Dennoch profitiert das Cargo-Geschäft in diesem Marktsegment von
der Vielzahl möglicher Passagierverbindungen im Linienverkehr. Mit dem Aufbau weltweiter
Netzwerke durch die Airlines werden hierdurch auch Destinationen mit einem
vergleichsweise geringen Verkehrsaufkommen für Luftfracht erschlossen, ohne die
anderenfalls teure Charterflüge notwendig wären. Die Gruppe der Belly-Carrier kann
abschließend in Passagierfluggesellschaften mit oder ohne deutlicher Fokussierung auf den
Luftfrachttransport differenziert werden. Erstere haben zweckmäßige Hub-and-Spoke-
Systeme aufgebaut, indes werden kleinere Mengen weiterhin im Point-to-Point-Verkehr
befördert.
120
Die Gruppe der K o m b i n a t i o n s - F l u g g e s e l l s c h a f t e n ist sowohl im Passagier- als auch
im Luftfrachtgeschäft tätig. Zum Einsatz kommen neben Passagiermaschinen auch schnell
umrüstbare Verkehrsflugzeuge (QC-Flugzeuge)
121
, Kombiflugzeuge
122
und reine
Frachtmaschinen. In vielen Fällen haben die in diesem Marktsegment tätigen Airlines ihre
Luftfrachtaktivitäten durch die Gründung von Tochtergesellschaften ausgelagert.
Dort operieren sie bisweilen unter einem eigenen Markennamen wie beispielsweise KLM
Cargo, British Airways World Cargo oder Lufthansa Cargo
123
. Die 1995 aus dem
Mutterunternehmen ausgelagerte Lufthansa Cargo ist ein rechtlich eigenständiges
118
Vgl. Littek, F. (2006): Luftfracht, S. 10.
119
Vgl. Vahrenkamp, R. (2004), S. 4.
120
Vgl. Neiberger, C. (2008b), S.227.
121
Aus dem Englischen für ,,quick change". Durch schnelles Umrüsten kann das Verkehrsflugzeug je
nach Bedarf für die Passagier-, Fracht- und Postbeförderung angepasst werden.
122
Kombiflugzeuge haben nur einen geringen Anteil an den weltweit angebotenen Frachtkapazitäten.
123
Die Lufthansa Cargo verfügt derzeit über 18 MD-11F Frachter, mit jeweils rund 90 Tonnen
Frachtvolumen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842820197
DOI
10.3239/9783842820197
Dateigröße
13.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – Geographie, Geographie
Erscheinungsdatum
2011 (September)
Note
1,7
Schlagworte
luftfracht wirtschaftsgeographie flughafen logistik luftverkehr
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Titel: Standortentscheidungen von Logistikunternehmen an deutschen Flughäfen
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