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Kritische Betrachtung der Einführung des Profilfachs Wirtschaft an niedersächsischen Realschulen und die praktische Umsetzung des Kerncurriculums in Form eines schuleigenen Arbeitsplans

©2011 Masterarbeit 174 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im September 2010 beschloss die Kultusministerkonferenz endgültig die Einführung des Profilfachs Wirtschaft an Realschulen in Niedersachsen, als Vertiefung des schon bestehenden Wirtschaftsunterrichts. An Schulen soll nun verstärkt das umgesetzt werden, was schon in frühester Geschichte gefordert aber nie hinreichend durchgesetzt wurde – die verstärkte Vermittlung von Gebrauchswissen und Berufsorientierung im lebenspraktischen Unterricht für die direkte Vorbereitung auf das spätere Berufsleben.
Erste Versuche gab es längst, doch waren diese stets begleitet von Kontroversen. Ist die verstärkte Konzentration auf ökonomische Unterrichtsinhalte längst überfällig oder grundsätzlich abzulehnen? Ein Balanceakt in einer sich stetig ändernden Welt und die Frage, die am Ende steht: Was soll in Schulen nun gelehrt werden? Die derzeitig brisante Arbeitsmarktlage infolge des demografische Wandels ist nicht mehr zu übersehen und eine Reaktion hierauf unerlässlich. Der sich ausbreitende, massive Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt stieß dann letztendlich die Durchsetzung dieser Maßnahme an. Unternehmen als Fürsprecher erhoffen sich bessere Anwerbungs- und Ausbildungsmöglichkeiten durch den nun engeren Kontakt zu Schulen. Mittlerweile eine fast unerlässliche Rekrutierungsmöglichkeit? Kann hierdurch ein hinreichender und nachhaltiger Hebel gesetzt werden, um mehr Schulabsolventen schneller und qualifizierter in die richtigen weiteren Bildungsgänge zu entsenden und damit die Arbeitsmarktlage zu verbessern und zu stabilisieren?
Nicht jeder Beteiligte glaubt an die ‘Win-Win-Situation’ für alle, die diese Maßnahme bringen soll. Die Wirkungskette fängt im Kleinen bei der Beschulung der Schüler an, wirkt sich dann auf Unternehmerebene und letztendlich im gesamten Staat aus. Doch wie ist der Ablauf der neuen Beschulung genau und welche positiven und negativen Auswirkungen kann diese haben? Wurde das System gut durchdacht und wie verträgt es sich mit dem schon bestehenden Wirtschaftunterricht? Was hat sich gemessen am bisherigen Unterricht geändert und viel wichtiger: wie verträgt sich die angestrebte Verzahnung mit den Vermittlungsinhalten weiterführender Schulen? Können die gesetzten Ziele erreicht werden? In dieser Arbeit wird die Profileinführung kritisch betrachtet und im Weiteren die Frage angestoßen, wie ein konkreter Arbeitsplan nach dem neuen Modell aussehen könnte. Ist dies tatsächlich ein neues Modell oder lediglich die Umsetzung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Martina Günther
Kritische Betrachtung der Einführung des Profilfachs Wirtschaft an niedersächsischen
Realschulen und die praktische Umsetzung des Kerncurriculums in Form eines
schuleigenen Arbeitsplans
ISBN: 978-3-8428-1996-2
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Universität Hildesheim, Hildesheim, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2011
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... II
Tabellenverzeichnis ... III
Abkürzungsverzeichnis ... III
1 Einleitung ... 1
2 Die Einführung des Profilfachs Wirtschaft ... 2
2.1 Historische Entwicklung des Fachs Wirtschaft an Realschulen ... 2
2.2 Hintergrund der Einführung des Profilfachs Wirtschaft ... 6
2.3 Allgemeines und Ziele der Einführung des Profilfachs... 11
2.4 Vergleich der Curricula Fach Wirtschaft und Profil Wirtschaft ... 17
2.5 Vergleich der Curricula Profil Wirtschaft und der weiterführender Schulen ... 22
2.6 Vergleich verschiedener Schulformen bezüglich der Einführung des Profils.. 26
2.7 Kritische Betrachtung der Einführung des Profilfachs Wirtschaft ... 29
3 Schulpraktische Umsetzung des Arbeitsplanes Profil Wirtschaft ... 37
3.1 Hinführung zum Arbeitsplan des Profilfachs Wirtschaft... 37
3.2 Prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen ... 40
3.3 Einstiegsmöglichkeiten in den Wirtschaftsunterricht ... 42
3.4 Methoden zur Lehre von Wirtschaftsinhalten... 48
4 Fazit und Ausblick: Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Schüler ... 52
5 Literaturverzeichnis ... 54
6 Anhang ... 65

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Weiterführende Bildungswege... 14
Abbildung 2: Profile an niedersächsischen Realschulen ... 16
Abbildung 3: Vergleich Vorgaben Profil Wirtschaft und KC Wirtschaft ... 18
Abbildung 4: Spiralcurriculum... 20
Abbildung 5: Verzahnung der Themenfelder KC Wirtschaft und Profil Wirtschaft ... 21
Abbildung 6: Prozessbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen ... 40
Abbildung 7: Einstiegsmöglichkeiten... 42
Abkürzungsverzeichnis:
AA
Arbeitsauftrag
AB
Arbeitsblatt
Abb.
Abbildung
ABG
Allgemeine
Geschäftsbedingungen
AKW
Atomkraftwerk
AWT
Arbeit-Wirtschaft-Technik
BA
Bundesagentur
für
Arbeit
BDA
Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
BaFin
Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen
Bibb
Berufsausbildungsbericht
Bpb
Bundeszentrale für politische Bildung
BRC
Rahmenrichtlinien für die Unterrichtsfächer Betriebswirtschaft mit
Rechnungswesen
DDR
Deutsche Demokratische Republik
Destatis
Statistisches Bundesamt Deutschland
DIHK
Deutsche Industrie- und Handelskammer
GEW
Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft in Niedersachsen
IAB
Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung
IHK
Industrie- und Handelskammer
IFOK
Institut für Organisationskommunikation
IÖB
Institut für Ökonomische Bildung
KC
Kerncurriculum
KMK
Kultusministerkonferenz
NschG
Niedersächsisches Schulgesetz

IV
OHP
Overheadprojektor
RBG
Robert-Bosch-Gesamtschule,
Hildesheim
Schufa
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung
u.a.
und
andere
VBE
Verband Bildung und Erziehung
Vgl.
Vergleiche
z.B.
zum Beispiel

1
1 Einleitung
Im September 2010 beschloss die Kultusministerkonferenz endgültig die Einführung
des Profilfachs Wirtschaft an Realschulen in Niedersachsen, als Vertiefung des schon
bestehenden Wirtschaftsunterrichts
.
1
An Schulen soll nun verstärkt das umgesetzt
werden, was schon in frühester Geschichte gefordert aber nie hinreichend
durchgesetzt wurde - die verstärkte Vermittlung von Gebrauchswissen und
Berufsorientierung im lebenspraktischen Unterricht für die direkte Vorbereitung auf das
spätere Berufsleben.
2
Erste Versuche gab es längst, doch waren diese stets begleitet von Kontroversen. Ist
die verstärkte Konzentration auf ökonomische Unterrichtsinhalte längst überfällig oder
grundsätzlich abzulehnen? Ein Balanceakt in einer sich stetig ändernden Welt und die
Frage, die am Ende steht: Was soll in Schulen nun gelehrt werden? Die derzeitig
brisante Arbeitsmarktlage infolge des demografische Wandels
3
ist nicht mehr zu
übersehen und eine Reaktion hierauf unerlässlich. Der sich ausbreitende, massive
Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt
4
stieß dann letztendlich die Durchsetzung
dieser Maßnahme an. Unternehmen als Fürsprecher erhoffen sich bessere
Anwerbungs- und Ausbildungsmöglichkeiten durch den nun engeren Kontakt zu
Schulen. Mittlerweile eine fast unerlässliche Rekrutierungsmöglichkeit? Kann hierdurch
ein hinreichender und nachhaltiger Hebel gesetzt werden, um mehr Schulabsolventen
schneller und qualifizierter in die richtigen weiteren Bildungsgänge zu entsenden und
damit die Arbeitsmarktlage zu verbessern und zu stabilisieren?
Nicht jeder Beteiligte glaubt an die ,,Win-Win-Situation" für alle, die diese Maßnahme
bringen soll. Die Wirkungskette fängt im Kleinen bei der Beschulung der Schüler an,
wirkt sich dann auf Unternehmerebene und letztendlich im gesamten Staat aus. Doch
wie ist der Ablauf der neuen Beschulung genau und welche positiven und negativen
Auswirkungen kann diese haben? Wurde das System gut durchdacht und wie verträgt
es sich mit dem schon bestehenden Wirtschaftunterricht? Was hat sich gemessen am
bisherigen Unterricht geändert und viel wichtiger: wie verträgt sich die angestrebte
Verzahnung mit den Vermittlungsinhalten weiterführender Schulen? Können die
gesetzten Ziele erreicht werden? In dieser Arbeit wird die Profileinführung kritisch
betrachtet und im Weiteren die Frage angestoßen, wie ein konkreter Arbeitsplan nach
dem neuen Modell aussehen könnte. Ist dies tatsächlich ein neues Modell oder
lediglich die Umsetzung und Weiterführung bereits seit langem bestehender Ideen?
1
Vgl. Kultusministerkonferenz 2010, Presseerklärung Nr. 005 vom 22.01.2010.
2
Vgl. Kolb 1983, S. 7, 10, 12 und vgl. Schiller 2001, S.34.
3
Vgl.
Statistisches Bundesamt Deutschland 2007.
4
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S. 1,2,9.

2
2 Die Einführung des Profilfachs Wirtschaft
2.1 Historische Entwicklung des Fachs Wirtschaft an Realschulen
Die Bedeutung von Wirtschaftslehre in den Schulen hat mehr und mehr zugenommen.
Neben der allgemeinen Bildung wurde mit ihr ein Schwerpunkt geschaffen, der die
Schüler befähigen soll, besser auf die Arbeitswelt vorbereitet zu sein. Dabei hat die
Einführung der ökonomischen Bildung an Schulen bereits einen langen historischen
Weg hinter sich, der hier ­ besonders in Bezug auf einhergehende Kontroversen ­
betrachtet werden soll. Die Geschichte der Ökonomie an Realschulen, beginnend im
Altertum, ist geprägt von Meinungsverschiedenheiten, die sich bis heute standhaft
halten. Schon in den Anfängen erkannte man, dass Ökonomie zum Wesen des
Menschen gehört und für ein Überleben wichtig ist.
5
Platon (427-347 v. Chr.) und Aristoteles (384-322 v. Chr.) waren dabei der Ansicht,
dass sich Wissen angeeignet werden sollte, welches für die Geschäfte in der
Ökonomie benötigt wird. Im Mittelalter trug sich dies fort. Nach der Auffassung von
Luther (1483-1546) war nicht nur eine allgemeine Wissensvermittlung in der Schule
wichtig sondern auch die Vorbereitung auf weltliche Berufe.
6
Comenius (1592-1670)
sprach davon, dass Gebrauchswissen vermittelt werden sollte, indem in der Schule
mehr lebenspraktischer Unterricht gehalten wird.
7
Dabei sei die Berufsorientierung ein
wichtiges Lernziel.
8
Durchgesetzt wurde dies damals jedoch nur teilweise. Erst im
Neuhumanismus dachte man wieder verstärkt über ökonomische Inhalte nach und
erwog in diesem Zuge eine Aufnahme dieser in den Unterricht.
9
Semmler (1669-1740)
und Francke (1663-1727) regten dann später erste Versuche zum realienbezogenen
Unterricht an.
10
So gab es erste Unterrichtsversuche mit dem Besuch von Werkstätten,
was der Grundidee der heutigen Betriebserkundungen entsprach. Die daraufhin erste
ökonomische und mathematische Realschule, auch Mittelschule genannt, wurde
zunächst von Semmler gegründet und dann von Johann Julius Hecker im Jahre 1747
verändert ausgebaut.
11
Sie diente bereits der vertiefenden Berufsvorbereitung. Damit sollte dem vermehrten
internationalen Handel im Zusammenhang mit der Industrialisierung sollte damit
5
Vgl. Schiller 2001, S. 28.
6
Vgl. Kolb 1983, S. 7, 10.
7
Vgl. Schiller 2001, S. 34 und Kolb 1983, S. 12.
8
Vgl. Kolb 1983, S.12.
9
Vgl. Schiller 2001, S.34.
10
Vgl. Semmler und Francke in Kolb 1983, S.13.
11
Vgl. Wollenweber 1997, S. 9 und Rösner 1999, S. 61.

3
Rechnung getragen werden.
12
Dies bestätigte John Locke (1632-1704) und
beführwortete die Einbringung von Lehrgegenständen in den Unterricht sowie die
Entwicklung handwerklicher Fertigkeiten und Buchführung.
13
Im 18. Jahrhundert entstand dann die Industrieschulbewegung, die ihre Ursache im
Merkantilismus fand. Die Industrieschulen sollten Allgemeinbildung mit produktiven
Tätigkeiten im Handwerk, in der Landwirtschaft und im Gewerbe verbinden. Schiller
beschreibt, dass hier das ökonomische Motiv eine große Rolle spielte, indem die
Wirtschaftskraft gestärkt und das Arbeitskräftepotential erhöht werden sollte
14
.
Koneffke in dieser Bewegung den ,,Primaten des ökonomischen Motivs"
15
und meinte,
dass der Arbeitsmarkt systematisch erschlossen werden sollte, um effektiv zu
arbeiten.
16
Im Gegensatz hierzu sprach sich 1809 Wilhelm von Humboldt noch für eine klare
Trennung von Bildung und Fertigkeiten für eine spätere Berufsausübung aus. Eine
Vermischung ginge zu Lasten der allgemeinen Bildung. An Schulen sei zuerst eine
allgemeine Menschenbildung zu vermitteln und erst danach die Berufsbildung in
speziellen Einrichtungen. Die Verfolgung des reinen Nützlichkeitsgedanken sollte im
Neuhumanismus nicht stattfinden. Friedrich I. Niethammer (1766-1848) hingegen
vertrat im Neuhumanismus die Ansicht, Realgegenstände und Idealgegenstände im
Unterricht als gleichwertig anzusehen.
17
Der Unterricht solle dem entsprechen, was in
der bürgerlichen Gesellschaft gefordert wird. Es handelte sich dabei unter anderem um
moderne Fremdsprachen, kaufmännische Fächer, Werkunterricht und Exkursionen.
18
Schleiermacher (1768-1834) erkannte das Spannungsfeld in der sich schon damals die
Mittelschule befand. Sie wollte eine gute allgemeine Bildung vermitteln, dabei aber
auch intensiv auf spätere berufliche Funktionen vorbereiten.
19
Parallelen zu Heute sind
zu erkennen. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dann Realschulen und Realinstitute
gegründet, welche die realistische Bildung vorantrieben.
20
In der Industrialisierung zum
Ende des 19. Jahrhunderts ging man von der Agrargesellschaft zur
Industriegesellschaft über. Der Handel und die Industrie erhielten einen Aufschwung.
Gewerbeschulen wurden gebildet, um konkurrenzfähig zu bleiben und die Schüler auf
das Berufsleben vorzubereiten. Die Veränderung der Berufswelt aufgrund von neuen
12
Vgl. Rösner 1999, S. 61,62.
13
Vgl. Kolb 1983, S.13.
14
Vgl.
Schiller 2001, S. 36 und Kolb 1983, S.16.
15
Koneffke in Kolb 1983, S. 16.
16
Vgl. Koneffke in Kolb 1983, S. 16.
17
Vgl. Schiller 2001, S. 38, 29.
18
Vgl. Schiller 2001, S. 38, 29.
19
Vgl. Wollenweber 1997, S. 9.
20
Vgl. Kolb 1983, S. 29.

4
Technologien erforderte nun auch eine veränderte und dem angepasste Ausbildung.
21
Eine gehobene Bildung wurde für viele Bürger erforderlich und dies kam der
realistischen Mittelschule zugute. Diese ermöglichte nun auch einen Übergang ins
humanistische Gymnasium.
22
Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Ökonomie ein fester Bestandteil des
Lehrplans. Eingeführt wurden z.B. die Wirtschaftsformen, Kredit- und
Wechselwirtschaft, Staatswirtschaftssysteme und Wirtschaftspolitik. Bis zum ersten
Weltkrieg wurden diese Themen im Rahmen des Geschichtsunterrichts behandelt. Im
Dritten Reich fand die ökonomische Bildung nur noch in Berufsschulen statt, weil man
sich auf kriegsvorbereitende Maßnahmen konzentrierte und viele Bildungsinhalte zu
Gunsten dieser strich.
23
Nach 1945 waren viele Schulen zerstört und es fehlte an Lehrmaterialien und Lehrern.
Es herrschte Chaos.
24
Nach dem zweiten Weltkrieg, in der Zeit des Wiederaufbaus,
gab es dann eine große Nachfrage nach Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Wie die Zeit
der Industrialisierung war nun auch die Nachkriegsphase des zweiten Weltkriegs
erneut mit dem Problem der Veränderung der Arbeitsmarktlandschaft konfrontiert. Die
Jugend befand sich in einer problematischen Lage. Aufgrund der fehlenden Arbeit und
auch Qualifikationen für moderne Produktionsverfahren wurde eine bessere
Ausbildung gefordert. Die dringend benötigte Qualifizierung sollte demnach nicht erst in
der Berufsausbildung sondern auch schon vorgeschaltet an den allgemein bildenden
Schulen erfolgen.
25
Die Realschulen expandierten in den fünfziger Jahren, weil sie
ihren Schülern
26
den Einstieg in höher qualifizierte Bildungswege eröffneten.
27
Berufsschulen wiesen darauf hin, dass die Jugendlichen bei Eintritt in die betriebliche
Ausbildung über keinerlei vorbereitende Kenntnisse verfügen würden. Weiterhin sei
mangelhaft, dass es im Vorfeld keine Berufsaufklärung gäbe. Schelsky (1957, S. 297)
verwies sogar schon damals darauf, die Berufsreife herbeizuführen zu können, indem
die Schullaufbahn um ein bis zwei Jahre verlängert wird.
28
Nach Kriegsende kam es hinsichtlich der Durchsetzung zu großen Unterschieden in
einzelnen Bundesländern. Während man in Bayern verstärkt ökonomische Bildung in
Realschulen, Gewerbeschulen und ab 1960 sogar in Wirtschaftsgymnasien
21
Vgl. Schiller 2001, S. 42.
22
Vgl. Wollenweber 1997, S.10.
23
Vgl. Schiller 2001, S. 46.
24
Vgl. Wollenweber 1997, S. 11.
25
Vgl. Dedering, 2003.
26
Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die
maskuline Form benutzt. Es können dabei aber sowohl männliche als auch
weibliche Personen gemeint sein.
27
Vgl. Rösner 1999, S.66.
28
Vgl. Dedering 2003.

5
unterrichtete, gab es einige Bundesländer, in denen diese gar nicht oder versteckt in
anderen Fächern gelehrt wurde. Schon damals gab es einen großen Konflikt zwischen
der allgemeinen Bildung und der wertgebundenen ökonomischen Bildung. Dadurch
war es schwierig die ökonomische Bildung an allgemein bildenden Schulen
hinreichend durchzusetzen.
29
Im Jahre 1953 stellte die Konferenz der Kultusminister dar, dass die Mittelschule dem
,,dringenden Bedürfnis des deutschen Bildungslebens und Wirtschaftslebens"
entspreche.
30
Die Schüler erhielten dort Kenntnisse für die Aufgaben des praktischen
Lebens mit hoher wirtschaftlicher Verantwortung, sowie eine allgemeine Bildung.
31
Auch viele Jahre später sollte es erneut zu Anpassungen kommen, wie sie bereits zur
Industrialisierung und nach dem zweiten Weltkrieg nötig waren. Die sich stetig
wechselnden Verhältnisse machten dies notwendig.
Die KMK - Empfehlung im Jahre 1969 beschreibt, dass der Veränderung der
Wirtschaft, sowie des Konsumverhaltens und der Mangel an Arbeitskräften das
Stoffangebot in der Sekundarstufe 1 angepasst werden müsste. Die traditionellen
Fächer entsprächen nicht mehr den Bedürfnissen. Es sollte vermehrt Wirtschaft,
Arbeitslehre und Berufskunde unterrichtet werden, um die Schüler auf die beruflichen
Aufgaben vorzubereiten. Die Entwicklung von Arbeitsqualität und Tugenden müsse
gefördert und Neigungen durch Betriebspraktika erkannt werden.
32
Wirtschaftskenntnisse stellten nach damaliger Auffassung die ,,Grundbildung eines
jeden Bürgers" dar.
33
Bis heute dominiert die humanistische Bildung mit
grammatikalischen, literarischen, sprachlichen und wertfreien Inhalten. Die
ökonomische Bildung mit Regeln der Buchführung, volkswirtschaftlichen Modellen und
Kalkulationen wurden weniger als selbständige Disziplin gesehen. Ein Grund hierfür ist,
dass schon zeitig Bildung und Ausbildung getrennt betrachtet wurden und die
Ausbildung in erster Linie als Institution zur Vermittlung der ökonomischen Bildung
gesehen wurde, was wiederum dazu führte, dass diese Inhalte aus den allgemein
bildenden Schulen herausgehalten wurden.
34
In Niedersachsen führte man im Jahre 1976 den Lehrplan für Wirtschafts- und
Rechtslehre für die Jahrgangsstufen 8-10 ein. Ein Erlass der Ministerkonferenz 1978
leitete dann die Wirtschaftslehre für die 7. Klassenstufe bis zur 10. ein. In den Klassen
29
Vgl. Schiller 2001, S. 47.
30
Wollenweber 1997, S. 17.
31
Vgl. Wollenweber 1997, S. 18.
32
Vgl. KMK Empfehlung 1969, S. 130.
33
KMK Empfehlung 1969, S. 130.
34
Vgl. Schiller 2001, S. 48.

6
9-10 gab es den Fachbereich Arbeit-Wirtschaft-Technik (AWT).
35
Die Empfehlung der
Kultusministerkonferenz von 1969 zur verstärkten Einbindung der Berufsorientierung
an Sekundarstufe 1 Schulen wurde 1993 fortgeführt.
36
In den 80er Jahren versuchte man verstärkt, in den Schulen die Berufsorientierung in
die Curricular mit einzubinden. Neben Betriebserkundungen, Praktika und
Wahlpflichtangeboten sollte es zu einer vermehrten Zusammenarbeit mit der
Berufsberatung kommen. Erste Modellversuche wurden gestartet. Geschult wurde
weiterhin der Umgang mit neuen Technologien und Organisationsstrukturen sowie die
Vorbereitung auf häufige Berufswechsel. Die curriculare Einführung hatte jedoch nur
einen geringen Einfluss auf die Berufswahl der Jugendlichen, wie Studien zeigten. In
den 90er Jahren wurde erkannt, dass die Berufswahlorientierung nicht nur in der
Sekundarstufe 1 sondern auch in der Oberstufe gefördert werden müsse.
37
Im Jahre 1987 wurden von der Kultusministerkonferenz Materialien für die Arbeitslehre
erarbeitet. Die Wirtschaftslehre wurde in die Arbeitslehre integriert und im Curriculum
als wesentlich für die Allgemeinbildung festgeschrieben. Gründe sind unter anderem
der nationale und internationale Wandel, auf den die Schüler vorbereitet werden
müssen. Dennoch fehlt es an einer flächendeckenden Umsetzung.
38
Nach einigen Wendepunkten und daraufhin folgenden Bildungsreformationen in
unserer Historie wird nun erneut versucht, einen Hebel zu setzen um sich der aktuellen
Arbeits- und Ausbildungsmarktsituation optimaler stellen zu können. So wurde im
September 2010 eine Arbeitsfassung
39
zur Einführung von Profilfächern an
niedersächsischen Realschulen erstellt. Im Folgenden wird der Hintergrund der
Einführung des Profils bezüglich verschiedenener Aspekten näher betrachtet.
2.2 Hintergrund der Einführung des Profilfachs Wirtschaft
Mit der Einführung der Profilklassen in Realschulen Niedersachsens wird auf die
derzeitige Arbeitsplatz- und Ausbildungsmarktlage reagiert. Unbesetzte
Ausbildungsplätze und Vakanzen bei Arbeitsplätzen in der Gegenwart, vor allem aber
für die Zukunft machen Veränderungen in der Vorstufe- der Schulausbildung nötig.
40
Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) konnten
schon im Jahre 2004 16 Prozent der Betriebe in den alten Bundesländern ihre
35
Vgl. Kolb 1983, S. 55.
36
Vgl. KMK 2011.
37
Vgl. Dedering 2003.
38
Vgl. Sczesny und Lüdecke-Plümer 1998, S. 5,6.
39
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010.
40
Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in Bös 2008.

7
Ausbildungsstellen nicht mehr besetzen und im Jahre 2008 bereits 21 Prozent. In den
östlichen Bundesländern hat sich in den letzten 7 Jahren der Anteil an unbesetzten
Stellen sogar versechsfacht. Dies wirkte sich dann auch auf die, der Ausbildung
folgenden, Arbeitsmarktsituation aus. So waren in den Jahren 2007 und 2008 bereits
10% der angebotenen Arbeitsstellen in Betrieben unbesetzt geblieben. Besonders
betroffen seien kleinere Betriebe im produzierenden Gewerbe sowie im privaten
Dienstleistungssektor, im Handel, im Verkehrswesen sowie später auch im Gast- und
Bankengewerbe.
41
Es fehlt heute in der Konsequenz deutlich an Arbeitskräften.
Wie bereits in der historischen Entwicklung des Fachs Wirtschaft zu sehen ist, gab es
schon öfter Bildungsreformen, mit denen auf die gleichen Problematiken reagiert
wurden. Mit der Industrialisierung mussten Ausbildungen auf neue
Produktionsmöglichkeiten und Technologien mit Bildungsreformen angepasst werden.
42
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es einen Mangel an Arbeitsplätzen und qualifizierten
Arbeitern
43
und in den sechziger Jahren versuchte man auf Veränderungen der
Wirtschaft durch Globalisierung einzugehen sowie den Forderungen von Betrieben auf
vermehrte Vorkenntnisse vor Berufsausbildungsantritt entgegenzukommen.
44
Es stellte
sich genauso wie heute die Notwendigkeit der stärkeren Verzahnung von Schulbildung
und Wirtschaft dar (siehe Kapitel 2.1).
45
Bereits für 2011 wurde festgestellt, dass es ein
weitaus höheres Angebot an Arbeitsplätzen geben wird, als an Nachfragern.
46
Anzusetzen ist bei der Lösung dieses Problems bereits in den allgemeinbildenden
Schulen. Die im Folgenden beschriebenen Punkte stellen den Hintergrund für die
aktuelle Einführung der Profilklassen dar. Der sich deutlich zeigende demografischen
Wandel in Deutschland, fehlende qualitativ geeigneter Nachwuchskräfte, hohe
Ausbildungsvertragsauflösequoten, die Veränderung der Ausbildungs- und
Arbeitsbedingungen durch neue Technologien und weiterentwickelte
Arbeitsorganisation führen unter anderem zu einem Mangel an effizient nutzbarem und
produktivem Humankapital.
47
Demografischer Wandel
Der demografische Wandel wurde in den letzten Jahren bereits spürbar. Wie das
41
Vgl. Gericke, Krupp , Toltsch 2009, S. 1,2,9.
42
Vgl. Schiller 2001, S.42.
43
Vgl. Wollweber 1997, S.11.
44
Vgl. Rösner 1999, S.66.
45
Vgl. Dedering 2003.
46
Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S.80, 81.
47
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S. 1ff.

8
Statistische Bundesamt Deutschland (Destatis)
48
mitteilte, wird es zu einem starken
Rückgang von Schülerzahlen bis zum Jahr 2020 kommen. Insgesamt sollen in Folge
des demografischen Wandels in den nächsten 9 Jahren ca. 240.000 Schüler weniger
als jetzt in Niedersachsens Schulen zu finden sein.
49
Ein Grund sind die
Geburtenrückgänge in den 1990iger Jahren. Bereits seit 1995 ist ein stetiger Trend der
zurückgehenden Schüleranmeldungen an allgemein bildenden Schule zu beobachten.
In den letzten Jahren konnten weiterhin stark verminderte Schülerzahlen an den
verzeichnet werden. So zeigt eine Statistik aus dem Schuljahr 2006/2007 dass
bundesweit 149.500 Schüler weniger als noch im Vorjahr die Schule besuchten und
zeigt somit den niedrigsten Stand seit 1992 auf.
50
Besonders betroffen sind die neuen
Bundesländer.
51
Dies führt in Folge zu weniger Schulabgängern und dies wiederum zu weniger
Berufseinsteigern. Im Jahre 2008 kam es vermehrt zu Pressemitteilungen über offene
Lehrstellen, die nicht hinreichend besetzt werden konnten. Es gibt mehr Lehrstellen als
Bewerber und die Möglichkeiten auf einen Ausbildungsplatz stehen für Bewerber
derzeit sehr gut. Für Unternehmen allerdings ergibt sich daher eine problematische
Lage. Bei Arbeitgebern findet sich aber auch noch ein weiteres Problem: die
wachsende große Sorge, der fehlenden geeigneten Bewerber.
52
Fehlende qualitativ geeignete Bewerber
Besonders im Handwerksbereich ist es zunehmend schwieriger zukünftige Fachkräfte
zu sichern. Gerade in den Ballungszentren fehlen Lehrlinge.
53
Ende August 2010
waren bundesweit noch 10.000 offene Stellen zu verzeichnen.
54
Als primärer Grund
wird auch hier die demografische Entwicklung gesehen. Allerdings gibt die
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
55
an, dass zu den
sinkenden Bewerbern zusätzlich ein starker Mangel an Qualifikation kommt. Viele
Bewerber werden als ,,nicht ausbildungsreif" bezeichnet.
56
Bestätigt wird dies durch die
48
Vgl.
Statistisches Bundesamt Deutschland 2007.
49
Vgl. Statistisches Bundesamt 2008, Pressemitteilung 2008 und Heister-Neumann
2009.
50
Vgl. Statistisches Bundesamt 2007, Pressemitteilung 76.
51
Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S.184 und Zentralverband des deutschen
Handwerks in Gruber 2010.
52
Vgl. Bös 2008 .
53
Vgl. Bös 2008.
54
Vgl. Gruber 2010.
55
Vgl. Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in Bös 2008.
56
Vgl. Bös 2008.

9
Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), welche bezüglich der Qualifikation
von Auszubildenden angibt, dass im Jahre 2008 bereits ein Fünftel der Schulabgänger
unzureichende Fertigkeiten beim Lesen und Schreiben hatte.
57
Der
Berufsausbildungsbericht (Bibb) 2009 beschreibt die Divergenz zwischen
Qualifikationsanforderungen und Leistungsvoraussetzungen von Bewerbern als
problematischen Hauptpunkt.
58
Die Bundesagentur für Arbeitbemängelt neben diesem
Punkt weiter fehlende Englischkenntnisse.
59
Es sollen mit ,,Nachqualifizierungen" Altbewerber verstärkt gefördert werden, die seit
circa einem Jahr nach Schulabgang noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
Die Bundesregierung sah daher im Frühjahr 2007 vor, einen Ausbildungsbonus zu
gewähren und Unternehmen Prämien für die Einstellung solcher Bewerber zu zahlen.
Fast eine halbe Milliarde Euro sollte hierfür bereitgestellt werden. Diskutiert wurde
daraufhin allerdings, ob es die Aufgabe von Unternehmen sein soll, diese
Nachqualifizierung vorzunehmen oder ob die Gelder nicht eher Schulen zur Verfügung
gestellt werden sollten, um eine vernünftige Basisqualifikation vor Schulabgang zu
sichernrn.
60
Dass eine Berufsorientierung und Qualifizierung notwendig wird, zeigt ein Anwachsen
der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den letzten Jahren. Die Deutsche
Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt im Jahre 2008 einen Anstieg von 8,6
Prozent zum Vorjahr und im Handwerk wurden im Jahre 2010 mit 3,5 Prozent
Steigerung insgesamt 114.345 Ausbildungsverträge bundesweit abgeschlossen. Die
DIHK gibt an, dass besonders im technischen und kaufmännischen Bereich Bewerber
gesucht werden. Aufgrund einer guten Konjunktur steigt der Bedarf bei Unternehmen
zunehmend.
61
Veränderung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen durch neue Technologien und
weiterentwickelte Arbeitsorganisation
Aufgrund neuer Technologien und einer sich verändernder Wirtschaft werden
Ausbildungsberufe umgeordnet und / oder neue Berufe entstehen. Das Bundesinstitut
für Berufsbildung beschreibt, dass von 2001 bis 2010 insgesamt 163 Neuordnungen
stattfanden und 45 neue Berufe geschaffen wurden. Allein im Jahre 2010 gab es elf
57
Vgl. Deutsche Industrie- und Handelskammer in Bös 2008.
58
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S. 2.
59
Vgl. Bös 2008.
60
Vgl. Göbel 2008.
61
Vgl. Gruber 2010 und vgl. Bös, 2008.

10
modernisierte Ausbildungsberufe (z.B. Geomatiker, Milchtechnologe,
Büchsenmacher).
62
Hierauf muss auch in der Vorbildung reagiert werden. Der stetige Wirtschaftswandel
und die Globalisierung machen dies erforderlich. Daher muss es zu Erneuerungen in
unserem Bildungssystem kommen.
63
Hohe Vertragsauflösequoten ­ Informationsmissmatching
Ein weiterer Grund für unbesetzte Ausbildungsplätze ist die häufige frühzeitige
Auflösung von Arbeitsverträgen. Circa 20 Prozent der Auszubildenden brechen ihre
Ausbildung vorzeitig ab. Dabei erfolgt in 57 Prozent der Fälle eine Kündigung durch
den Auszubildenden und in 37 Prozent wird dies durch den Arbeitgeber initiiert. Bei 70
Prozent der Abbrüche wird der Grund hierfür im Betrieb gesehen.
64
Der Bibb gibt an, dass zum einen ein schlechter und falscher Informationsstand der
Schulabsolventen hierfür verantwortlich ist und zum anderen eine fehlende Konflikt-
und Sozialkompetenz, welche oft zu Problemen führen. Weiterhin aber auch
unattraktive Ausbildungsinhalte oder auch Berufsbezeichnungen.
65
Bezeichnet wird dies auch als ,,beruflicher Mismatch".
66
Große Vakanzen treten gerade
in Berufen auf, die nicht den Wünschen der Auszubildenden entsprechen. Weiterhin
haben nicht alle Schulabsolventen einen kompletten Überblick über alle
Ausbildungsberufe und auch nicht alle Betriebe über alle geeignete Bewerber
(,,Informationsmismatch").
67
Ungünstige betriebliche Angebotsplanung
Nicht nur Absolventen selber sondern auch die Betriebe und Unternehmen müssten in
diesem Zuge optimiert werden. Zu hohe Anforderungen an die Auszubildenden, zu
kurzfristige Planung, unattraktive Ausbildungsinhalte wie Schichtarbeit,
Wochenenddienst, verzerrte Bilder durch die Medien und undurchsichtige
Rekrutierungspraktiken stellen ein Risiko für diese Vakanzen dar. Es war hier eine
62
Vgl.
Bundesinstitut für Berufsbildung 2011, S. 109.
63
Vgl. Heister-Neumann 2009.
64
Vgl. Volker & Simon GmbH 2011 laut Bibb Studie 2011.
65
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch, 2009, S.4,9,2.
66
Gericke, Krupp, Toltsch, 2009, S.2
67
Gericke, Krupp, Toltsch, 2009, S. 2.

11
Resignation der Betriebe bei der Umwerbung von Absolventen besonders im primären
Wirtschaftssektor zu erkennen.
68
Das Institut für Organisationskommunikation (IFOK) stellt daher die Bedeutung von
Kooperationen mit Schulen im Sinne von Praktika und Gesprächen sowie deren
wirtschaftlicher Nutzen für Betriebe im Folgenden heraus: hier habe in der
Vergangenheit ein Wandel stattgefunden. Der Ernst der Lage wurde erkannt. Haben
Unternehmen früher noch Kooperationen in Sachmittelspenden gesehen oder gar an
andere Firmen delegiert, so steht heute die Bewerbung von qualifiziertem Personal
durch Kooperationen an vorderster Stelle. Unternehmen möchten und müssen stärker
in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Es wird viel Geld investiert und es
werden oft extra Mitarbeiter beschäftigt, die im unternehmerischen und schulischen
Kontext feste Kooperationsaufgaben übernehmen. So wurde mittlerweile erreicht, dass
sieben von zehn Firmen in Deutschland mit Schulen zusammenarbeiten. Der durch
den demografischen Wandel mitverursachte Mangel an Fachkräfte lässt viele
Unternehmen sogar über ausgedehntere Kooperationen nachdenken. Dennoch halten
die meisten Unternehmen an traditionellen Rekrutingformen fest und nutzen die
Schulkooperation nicht als eine Möglichkeit der Anwerbung, obwohl mehr als die Hälfte
der Unternehmen angibt zu wissen, dass dies in Zukunft unerlässlich sein wird.
69
Der Bibb
70
gibt an, dass zudem Ausbildungsmessen und Informationsveranstaltungen
näher genutzt werden müssen. Hier schließt sich der Kreis. Durch die Einführung der
Profilkurse soll eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Schule erfolgen und um
Transparenz sowie Verzahnung zu schaffen. Dies wird in den folgenden Kapiteln
erläutert.
2.3 Allgemeines und Ziele der Einführung des Profilfachs
Wie funktioniert das Bildungssystem Realschule und wie kann das Profilfach in dieses
eingegliedert werden?
In der Realschule wird der Sekundarbereich 1 abgebildet. Es wird von der 5. bis zur
10. Klasse unterrichtet. Dabei können verschiedene Schulabschlüsse erlangt werden.
Mit Erreichen eines Abschlusses werden die Voraussetzungen für die Fortsetzung des
Bildungsweges im beruflichen Sinne oder durch Hinführung zu einem Studium
68
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S.4,5.
69
Vgl.
Strohanjka 2011.
70
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S.4.

12
geschaffen.
71
Die folgenden Abschlussarten können Schüler nach dem 10. Schuljahr erhalten:
- erweiterter Sekundarabschluss I: berechtigt zum Eintritt in die gymnasiale
Oberstufe am allgemein bildenden Gymnasium und am Fachgymnasium,
- Sekundarabschluss I: Der Realschulabschluss wurde erreicht und der
Bildungsweg kann berufsbezogen fortgesetzt werden,
- Sekundarabschluss I: Der Hauptschulabschluss wird erreicht und der
Bildungsweg kann berufsbezogen fortgesetzt werden.
Dabei müssen in den Fächern Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache
schriftliche Abschlussprüfungen und in einem weiteren Fach eine mündliche Prüfung
bestanden werden. Die Einführung der Profile soll nun die Möglichkeiten der Schüler
erweitern. Die beiden Hauptziele der Weiterentwicklung des Schulwesens durch die
Einführung der Profile sind, den Schülern eine erweiterte Allgemeinbildung sowie
eine allgemeine Berufsorientierung zu bieten.
72
Die Schüler sollen verstärkt auf den Übergang in eine Berufsausbildung oder eine
weiterführende Schule vorbereitet werden.
73
Erreicht wird dies, indem jeder Schüler
gemäß seinen Neigungen und seiner Leistungsfähigkeit individuell gefördert wird.
Jedem Schüler sollen alle Wege offen stehen und sie sollen die Möglichkeit haben,
nach einem bereits erworbenen Abschluss einen weiteren Abschluss zu erhalten.
74
Das Niedersächsische Schulgesetz (NschG) sieht daher eine Änderung des
Bildungsauftrages vor. Neu verfasst wurde gemäß eines Erlasses im NschG der § 10
Abs. 3 S. 3-5 NschG,
75
welcher zum 01.08.2010 beschlossen wurde und dessen
praktische Umsetzung zum Schuljahr 2011/2012 erfolgen soll.
76
Das Regelschulsystem und die Form der Realschule bleiben weiterhin bestehen.
77
Die Neuerungen bestehen in erster Linie darin, dass für die Schuljahrgänge 9 und 10
Schwerpunkte in Form von ,,Profilen" gebildet werden
78
. Es wurden hierfür vom
Kultusministerium neue curriculare Vorgaben für die einzelnen Profile in einer
Arbeitsfassung vom September 2010 verfasst. Folgende vier Profile werden demnach
angeboten:
· Wirtschaft · Fremdsprachen · Technik · Gesundheit und Soziales
79
71
Vgl
.
Althusmann 2010, S.3.
72
Vgl. Althusmann 2010, S.3,5.
73
Vgl. Benecke und Pech 2010, S.3.
74
Vgl. Heister-Neumann 2009.
75
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010.
76
Vgl. Benecke und Pech 2010, S.3.
77
Vgl. Krischat 2009.
78
Vgl. Benecke und Pech 2010, S.4.
79
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.

13
Das Angebot der Schulen richtet sich nach deren organisatorischen, personellen und
sächlichen Gegebenheiten. Der Umfang der Profilbildung liegt bei 4 Unterrichtsstunden
pro Woche. Jede Schule kann dabei wählen, ob ihre Schüler
- ein Profil mit vier Wochenstunden
oder
- zwei Profile mit je zwei Wochenstunden belegen.
80
Daher muss jede Schule schon mindestens zwei Profile abbilden können.
81
Wird das Profilfach Wirtschaft mit 4 Wochenstunden gewählt, kann dies in Verbindung
mit der Entwicklung einer Schülerfirma erfolgen.
Die vier Wochenstunden Mehrbedarf für die Implizierung der neuen Profile wird durch
ein in Zukunft eingeschränktes Wahlpflichtkursangebot möglich gemacht. So sollen
keine naturwissenschaftliche und musisch-kulturelle Ausrichtung mehr erfolgen (siehe
Kapitel 2.7).
82
Das/die Profilfäch/er werden für eine Dauer von zwei Jahren gewählt. Eine
Wechseloption besteht für die Schüler, bei dem Vorhandensein einer bedeutsamen
Begründung, im ersten Halbjahr des 9. Schuljahres. Auf die richtige Wahl der
Schwerpunkte sollen die Schüler zukünftig in der achten Klasse vorbereitet werden,
indem im Fachunterricht, Wahlpflichtunterricht sowie durch Erkundungen und
Praxisphasen Neigungen festgestellt werden. Die Berufsorientierung nimmt bei der
Profilbildung eine wichtige Rolle ein. Daher ist der Baustein ,,Berufsorientierung" in
jedem Profil zu finden. Hierbei hat die Novellierung die bereits für Realschulen
eingeführten Praxistage, während der Unterrichtszeit, von 25 Tage auf 30 Tage
verlängert (Siehe Kapitel 2.7). Eine Zusammenarbeit mit berufsbildenden Schulen soll
angestrebt werden (siehe hierzu Kapitel 2.7).
83
Dabei ist vorgesehen, Berufsschullehrer aus den einzelnen Fachbereichen
stundenweise an Realschulen unterrichten zu lassen. Eine weitere Variante ist, einen
Schulverbund mit Berufsschulen zu bilden (siehe Kapitel 2.7).
84
Dies ist möglich, weil die Profile so gewählt wurden, dass sie mit den Schwerpunkten
weiterführender Schulen übereinstimmen. Eine gezielte Vorbereitung auf die
Berufsausbildung oder der weiterführende Weg in die Gymnasien soll durch diese
Profilbildung geschaffen werden (siehe Abb. 1). Es wird angestrebt, die
80
Vgl. Althusmann 2010, S. 5.
81
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.
82
Vgl. Benecke und Pech 2010, S.5.
83
Vgl. Althusmann 2010, S.2.
84
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter und Krischat 2009.

14
Ausbildungsfähigkeit und Berufswahlreife dadurch zu erhöhen.
85
86
Abb. 1:
Weiterführende Bildungswege
Um ein reichhaltiges Angebot an Wahlkursen auch in kleinen Schulen erhalten zu
können, soll es vermehrt zu einer Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Realschulen
kommen. Gemeinsamer Unterricht- bis auf die Kernfächer Deutsch, Mathematik und
erste Fremdsprache wird angestrebt sowie gemeinsame Praxistage (siehe Kapitel 2.7
und 2.1).
87
Die Gewichtung des Profilfaches /der Profilfächer entspricht mit vier
Stunden der eines Kernfaches. Die Leistungen, die in den Profilkursen erreicht
werden, werden benotet und bei der Versetzungsentscheidung berücksichtigt.
88
Die Schulen sollen weitgehend flexibel in der Gestaltung des Unterrichts bleiben. Dies
soll dazu beitragen, den Schülern in der Nähe ihres Wohnortes weiterhin ein großes
Angebot im gegliederten Schulwesen anbieten zu können (siehe Kapitel 2.7). Der
Übergang in Berufsschulen oder an Gymnasien soll durch eine erhöhte
Bildungsqualität in Realschulen erleichtert werden. Die Schüler sollen die Möglichkeit
haben, höherwertige Abschlüsse zu erhalten, wie z.B. die Hochschul- und
85
Vgl. Krischat 2009.
86
Die Grafik wurde eigenständig erstellt, auf Grundlage von Benecke, Pech 2010, S.5.
87
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.
88
Vgl. Althusmann, B. 2010, S.5.
Profile
Wirtschaft
Technik
Fremdsprachen
Gesundheit &
Soziales
Fach-
gymnasium
Wirtschaft
Technik
Gesundheit &
Soziales
Berufsfach-
schule
Wirtschaft
Fachober-
schule
Wirtschaft &
Verwaltung
Technik
Gesundheit &
Soziales
Berufsober-
schule
Wirtschaft
Technik
Sozialwesen

15
Fachhochschulreife. Die Durchlässigkeit der Schulformen soll nicht in einer
,,Sackgasse"
89
enden sondern immer wieder Anschlussmöglichkeiten bieten. Der
Slogan ,,Kein Abschluss ohne Anschluss"
90
wurde vom Kultusministerium geprägt.
Besonders attraktiv sei somit die Neuerung für ,,Spätstarter"
91
Es wurden für die Profilkurse jeweils curriculare Vorgaben erstellt, die ergänzend zu
den bereits bestehenden Kerncurricula des Faches Wirtschaft wirken. Es handelt sich
dabei um die Form des Spiralcurriculums, welches im folgenden Abschnitt beschrieben
wird.
Die zunächst nachfolgende Abbildung 2 soll einen Überblick über den Aufbau der
Profileinführung verschaffen.
89
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.
90
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.
91
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblätter.

16
Schüler
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92
Abb.
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.

17
2.4 Vergleich der Curricula Fach Wirtschaft und Profil Wirtschaft
Die Arbeitsfassung der curricularen Vorgaben für das Profilfach Wirtschaft,
herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium, ist im September 2009
erschienen.
93
Bisher gilt für das Fach Wirtschaft an Realschulen für die Klassenstufen 8-10 das
Kerncurriculum Wirtschaft. Ab dem neuen Schuljahr im Jahr 2011 werden parallel zu
dem Kerncurriculum Wirtschaft 8-10 dann auch die curricularen Vorgaben des Profils
Wirtschaft für die Profilklassen Wirtschaft gelten. Die beiden Curricula laufen somit
parallel nebeneinander her. Jeder Schüler belegt von der 8. bis zur 10. Klasse das
zweistündige Fach Wirtschaft nach dem Kerncurriculum Wirtschaft.
94
Schüler, die zusätzlich das Profil Wirtschaft wählen, haben dann weitere 2 oder 4
Stunden Wirtschaftsunterricht nach den curricularen Vorgaben der Arbeitsfassung vom
September 2010.
Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen den beiden Currikula herausgestellt
und danach das Profil Wirtschaft näher betrachtet.
Unterschiede in der Ausgestaltung der curricularen Vorgaben bezüglich des
Bildungsbeitrages, der Unterrichtsgestaltung und der Kompetenzen.
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Curricula ist die bereits vom
Kultusministerium hervorgehobene zu erreichende Berufswahlreife und die
Berufsorientierung als wichtiger Baustein im veränderten Schulgesetz. Bereits im
Bildungsauftrag wurden im Profil Wirtschaft Passagen mit aufgenommen, welche im
KC Wirtschaft nur kurz angedeutet werden. Das Curriculum Profil Wirtschaft beschreibt
in seinem Bildungsauftrag, dass es das Ziel ist, die Schüler insbesondere auf ,, den
Übergang in eine berufliche Ausbildung und in den Sekundarbereich II [...] sowie
allgemein bildender Schulen [...] vorzubereiten".
95
Zusätzlich wurde bei der Auflistung
der zu erwerbenden Fähigkeiten ein weiterer Punkt mit aufgenommen: ,,[...] die
Schülerinnen und Schüler die Fähigkeit erwerben, sich Kenntnisse für eine bewusste
Berufs- oder Studienwahl anzueignen[...].
96
Im KC Wirtschaft wird lediglich auf eine allgemeine Leistung eines Beitrages zur
Berufsorientierung verwiesen, wie sie als Querschnittsaufgabe von der ganzen Schule,
93
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010.
94
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009.
95
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S.6.
96
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S.6.

18
fächerübergreifend, sowie im Fach AWT erbracht wird.
97
Als weitere Neuerung besteht neben der Berufsorientierung der Erwerb von
erweitertem Wirtschaftswissen, angelehnt an das parallel laufende KC Wirtschaft sowie
auch das Erlernen ganz neuer wirtschaftlicher Kenntnisse. So heißt es im KC
Wirtschaft: ein ,,vertieftes ökonomisches Grundlagenwissen"
98
wird vermittelt, während
in den curricularen Vorgaben des Profils aus dem Wort ,,Grundlagenwissen" das Wort
,,Wissen" (ohne Grundlagen davor) gemacht wurde. Im Verlauf der
Unterrichtsgestaltung mit den Profilvorgaben wird hervorgehoben, dass die weiterhin
bestehenden vier Themenfelder sowie Methoden vertieft und erweitert werden. Die
Schülerfirma wird als wichtige Neuerung mit aufgenommen und kann zunächst
fakultativ mit in die Unterrichtsplanung eingebaut werden, während die Behandlung
einer Fallstudie und die Anwendung der Projektmethode nun im Profil Wirtschaft
verpflichtend geworden sind. Des Weiteren sollen Präsentationstechniken nun nicht nur
eingeübt sondern auch angewendet werden. In den curricularen Vorgaben Profil
Wirtschaft werden Handlungen nun auch unter ökologischen und sozio-kulturellen
Kriterien untersucht. Da das Profil Wirtschaft als zweistündiges oder vierstündiges
Fach unterrichtet werden kann, gibt es eine Anweisung zum korrekten Lesen der
Themenfelder.
99
Im Folgenden werden in einer Kurzübersicht Änderungen dargestellt:
KC Profil Wirtschaft (2010)
KC Wirtschaft
Berufsorientierung / Berufswahlreife und
die gezielte Vorbereitung auf den
Übergang an berufsbildende Schulen im
Profilfach Wirtschaft (S. 6)
Berufliche Orientierung an allgemein
bildenden Schulen als
Querschnittsaufgabe fachübergreifend
und im Fach AWT (S. 8)
Vertieftes ökonomisches Wissen (S. 6)
Vertieftes ökonomisches
Grundlagenwissen (S. 7)
Vertiefung und Erweiterung der vier
großen Themenfelder (S. 8)
-----
Schülerfirma als fakultativer, neuer
Bestandteil (S. 9,11)
-----
Fallstudie und Projektmethode als
verpflichtender Bestandteil
Fallstudie und Projektmethode als
fakultativer Bestandteil (12)
Anhang ­ Beispiele für die Verknüpfung
der Kompetenzbereiche miteinander
fehlen (S. 8)
Anhang: Beispiele für die Verknüpfung
von Kompetenzbereichen (S. 9 und 28)
Verlauf des Profilfaches- zwei und
vierstündiges Profilfach, Vorgehen beim
Lesen des KC´s (S.8)
------
97
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S.6 und Niedersächsisches
Kultusministerium 2009, S. 7 .
98
Niedersächsisches Kultusministerium 2009, S. 7.
99
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S.8ff.

19
Methoden werden vertieft und erweitert
(Fallstudien, Erkundungen etc.) S. (9, 10)
----
Methoden erklärt, zusätzlich
Schülerfirma, Beispiele fehlen (S. 9-11)
Methoden und Beispiele gegeben(S.10-
12)
Einüben und Anwenden von
Präsentationstechniken (S. 11)
Einüben von Präsentationstechniken
(S.13)
Neben ökonomischen Kriterien auch
ökologische und sozio-kulturelle
untersucht (S. 12,7)
Nur ökonomische Kriterien untersucht
(S. 13)
Themenfelder: Vertiefung und
Erweiterung (S. 14 ff.)
Themenfelder: Grundlagenwissen (S.
16ff.)
100
Abb.3 Vergleich curriculare Vorgaben Profil Wirtschaft und KC Wirtschaft
Unterschiede in den Themenfeldern
Beim Betrachten der genauer beschriebenen Themenfelder der curricularen Vorgaben
des Profils Wirtschaft im Vergleich zum KC Wirtschaft fällt auf, dass es sich hier um
eine klare Vertiefung und Erweiterung von bereits behandeltem Wissen handelt.
Es werden vier bereits bekannten Themenfelder in beiden Fächern unterrichtet:
- ,,Verbraucher und Erwerbstätige im Wirtschaftsgeschehen
-
Ökonomisches und soziales Handeln in Unternehmen
-
Aufgaben des Staates im Wirtschaftsprozess
-
Ökonomisches Handeln regional, national und international".
101
Raker und Koch aus dem Institut für Ökonomische
Bildung
beschreiben den
Zusammenhang zwischen dem KC Wirtschaft und dem Profil Wirtschaft wie ein
,,Spiralcurriculum"
102
(siehe Abb. 4 und 5). So werden Kenntnisse, Kompetenzen sowie
Strukturen und Prinzipien aus den vier verschiedenen Themenfeldern von Klasse 8 bis
Klasse 10 zunächst entwickelt, differenziert und dann vertiefend und erweiternd wieder
aufgegriffen.
103
Der Grad der Komplexität ist dabei stetig ansteigend. Dabei erfolgt
durch das Fach Wirtschaft eine Vermittlung von Basiskenntnissen, die dann im Profil
Wirtschaft aufgenommen und vertieft werden. Eine gute inhaltliche Abstimmung unter
den Fächern ist somit bedeutsam, damit diese Verzahnung und Weiterentwicklung
entstehen kann. Im Fach Wirtschaft darf nichts vorweggenommen werden, was im
Profil Wirtschaft behandelt werden soll.
104
100
Tabelle eigenständig auf Grundlage der Vorgaben des Niedersächsisches
Kultusministerium 2010 und 2009 erstellt.
101
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 8.
102
Raker und Koch 2011, S.5.
103
Vgl. Benecke, K. und Pech, M. 2010, S. 6 .
104
Vgl. Raker und Koch 2011, S. 5.

20
105
Abb. 4 Spiralcurriculum
Sowohl im zweistündigen als auch im vierstündigen Profil müssen alle
Themenbereiche abgedeckt werden. Eine Differenzierung zwischen beiden Bereichen
findet im Grad der Tiefe und der Anwendung statt, in den curricularen Vorgaben Profil
gekennzeichnet durch Unterstreichungen (siehe Abb. 5).
Die nachfolgende Abbildung 5 ist wie folgt zu verstehen: das Fach Wirtschaft (hellgrau)
liefert die Grundlagen für das Profil Wirtschaft (dunkelgrau) zeitlich vorangehend. So
wird zum Beispiel im Fach Wirtschaft Klasse 8 im Themenfeld ,,Verbraucher und
Verbraucherinnen sowie Erwerbstätige im Wirtschaftsgeschehen" das Thema
,,Bedürfnisse und Bedarf" in ihren Grundlagen behandelt (z.B. was sind Bedürfnisse,
Bedürfnishierarchie). Im Profilfach Klasse 9 werden diese ersten
Grundlagenkenntnisse aufgenommen. Die Schüler beschreiben nun Einflussfaktoren
auf Bedürfnisse und Bedarf. Wo in der 8. Klasse noch die Operatoren ,,benennen,
ordnen und bewerten" verwandt wurden, erscheinen im zweistündigen Profil die
Operatoren ,,beschreiben, erläutern, vergleichen und bewerten".
106
105
Eigenerstellte Grafik auf Grundlage Raker und Koch 2011, S. 5.
106
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 14,16.
Spiralcurriculum:
Verschiedene Themen werden
in ihren Komplexitätsgraden
gesteigert und vernetzt.
Basiswissen aus dem Fach
Wirtschaft wird im
Profilwirtschaft zeitlich versetzt
erweitert. (vgl. Raker, Koch
2011, S.5)

21
Verbraucher und
Erwerbstätige im
Wirtschafts-
geschehen
Ökonomisches und
soziales Handeln
in Unternehmen
Aufgaben des
Staates im
Wirtschafts-
prozess
Ökonomisches
Handeln
regional,
national und
international
Klasse: 7/ 8
Klasse 9
2 Stunden
Klasse 9
2 Stunden
Klasse 10
2 Stunden
Klasse 10
4 Stunden
Vier Themenfelder :
Plus 2 Stunden
Plus 2 Stunden
Profil
Profil
107
Abb. 5 Verzahnung der Themenfelder KC Wirtschaft und Profil Wirtschaft
Ein weiteres Beispiel in diesem Themengebiet betrifft das Thema Einkommen. Im Fach
Wirtschaft der 8. Klasse beschreiben die Schüler die Möglichkeiten der Verwendung
von Einkommen, während im vierstündigen Profil Wirtschaft eine Ermittlung fester und
veränderlicher Einnahmen und Ausgaben bei privaten Haushalten stattfindet.
108
Diese
spiralförmige Kompetenzsteigerung zieht sich durch die gesamten Curricula.
Neben der Erweiterung von Grundlagenwissen werden im Profil Wirtschaft auch
Themen gelehrt, die im Fach Wirtschaft noch nicht erschienen.
So werden im Themenfeld Verbraucher und VerbraucherInnen sowie Erwerbstätige im
Wirtschaftsgeschehen das Thema Börse sowie die Marktformen (Monopol, Oligopol,
und Polypol) zusätzlich unterrichtet. Auch der Umgang mit Barzahlungen und
halbbaren Zahlungen, sowie das Girokonto und Kreditarten und Anlageformen sowie
ihre praktische Handhabung sind Themen, die im KC Wirtschaft nicht zu finden sind.
Dabei werden diese im Profil Wirtschaft sehr gezielt behandelt. So werden z.B.
Kreditarten sowie Gründe für die Kreditaufnahme, Kreditfähigkeit und - würdigkeit,
107
Eigenerstellte Grafik auf Grundlage Raker und Koch 2011, S. 7ff.
108
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, S.16 und
vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S.14.

22
Rechte und Pflichten aus Verträgen und Risiken sowie Quellen zur Beschaffung von
Finanzinformationen behandelt. Weitere neue Elemente, die bereits stark auf
Berufsschulwissen hinweisen, sind die Aufgaben des Rechnungswesens sowie die
Berechnung von Kennzahlen.
109
Die Inhalte entsprechen in vielen Teilen dessen, was in Lehrbüchern von
Wirtschaftsgymnasien oder Berufsausbildungen zu finden ist (siehe auch Kapitel 2.7
und Kapitel 2.6).
110
Eine direkte Berufsvorbereitung oder sogar eine Vorwegnahme von
Lehrstoff aus den weiterführenden Bildungsgängen kann hier diskutiert werden. (siehe
Kapitel 2.7) Es handelt sich um anwendbares Wissen, welches seine Relevanz in dem
Verständnis von Alltagsbegebenheiten hat. Schon in den fünfziger Jahren wiesen
Berufsschulen darauf hin, dass Auszubildende am Beginn ihrer Ausbildung über
mangelhaftes Vorwissen verfügen würden.
111
Die Kultusministerkonferenz sprach sich
1969 für die ,,Grundbildung" von Schülern aus (siehe Kapitel 2.1).
112
Wie verträgt sich
nun das Profilwissen mit der Bildung an weiterführenden Schulen?
2.5 Vergleich der Curricula Profil Wirtschaft und der weiterführender
Schulen
Nachdem nun betrachtet wurde, welche fachliche Vertiefung im Profilfach Wirtschaft
(zwei- und vierstündig) erfolgt und hierbei festzustellen war, dass dieses bereits auf
weiterführende Kenntnisse abzielt, stellt sich die Frage, ob und wie im nächsten Schritt
eine durch die Profilbildung erwünschte Vorbereitung auf oder gar Verzahnung mit der
in weiterführenden Schulen angebotene Bildung, erfolgt. Ziel der Profileinführung war
es ja, eine bessere Vorbereitung der Realschulabsolventen für nachfolgende
Bildungsgänge zu schaffen. (siehe Kapitel 2.3)
113
Zum exemplarischen Vergleich
werden im Folgenden kurz die Inhalte eines Rahmenlehrplans Wirtschaft (siehe
Anhang) für den Ausbildungsberuf Bankkaufmann/Bankkauffrau
114
mit den Inhalten des
Profil Wirtschaft verglichen. Weiterhin erfolgt die Betrachtung der Rahmenrichtlinien für
die Unterrichtsfächer Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen-Controlling,
Informationsverarbeitung und Volkswirtschaft im Fachgymnasium - Wirtschaft (siehe
Anhang) in Niedersachsen.
115
Hier kann deutlich die Verzahnung zwischen
Profilausbildung und der Ausbildung im Fachgymnasium aus Abb. 1 gesehen werden.
109
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 15,16,19.
110
Vgl. Grill und Perczynski 1999 und Wurm et al 2001 .
111
Vgl. Schelsky 1957,S. 297.
112
KMK- Kultusministerkonferenz 1969.
113
Vgl. Benecke und Pech 2010, S. 3.
114
Vgl. Kultusministerkonferenz 1997.
115
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006.

23
Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Bankkaufmann/Bankkauffrau
Der im Anhang zu findende Dreijahresrahmenlehrplan setzt sich aus insgesamt 12
Lernfeldern zusammen. Jeder Ausbildungsberuf hat, abgestimmt auf die später
folgende berufliche Tätigkeit, berufsspezifische Inhalte. Dennoch werden in den
einzelnen Lernfeldern neben berufsspezifischem Wissen auch allgemeine,
wirtschaftliche Kenntnisse vermittelt. In sieben der 12 Lernfelder waren inhaltliche
Übereinstimmungen bei den angegebenen Themen zu finden (siehe Markierungen im
Anhang).
116
Betroffen sind z.B. das Lernfeld eins bis vier des Ausbildungsplanes mit den Inhalten:
Kaufvertragsrecht, Verbraucherschutz, Ausbildungsverhältnis und Tarifautonomie.
Weiterhin werden, ähnlich wie im Profil Wirtschaft, Kontoarten betrachten sowie
bargeldloser Zahlungsverkehr und Vermögensanlageformen. Besondere
Übereinstimmungen in den Themen gibt es im Lernfeld ,,Modelle für
Marktentscheidungen nutzen".
117
Nahezu alle Themen, wie die soziale Marktwirtschaft, Preisbildung, vollkommene und
unvollkommene Märkte, Wettbewerbspolitik, Marketingziele, Marketinginstrumente und
Marketingmix finden sich auch im Profil Wirtschaft wieder. Somit wird im Profilfach
Wirtschaft bereits ein gewisser Pool an Vorwissen angelegt. Der Rahmenlehrplan für
den Ausbildungsberuf lässt offen, mit welcher Intensität und wie tiefgreifend auf die
einzelnen Themengebiete eingegangen wird. Im Hinblick auf Lehrwerke für
Bankausbildungen
118
ist abzusehen, dass die einzelnen Lernfelder in der Berufsschule
wesentlich detaillierter und vertiefender sowie mit praktischer Untermauerung vermittelt
werden, als es in der Realschule der Fall ist. Zum größten Teil werden im Profilfach
bankspezifische Themen wie Baufinanzierungen und Firmenkredite bearbeiten,
Auslandsgeschäft abwickeln, besondere Finanzinstrumente anbieten und über Steuern
informieren
119
werden im Profilfach nicht und nur im geringen Maße betrachtet.
Insgesamt lässt sich nur aufgrund der angesprochenen, vorliegenden Lehrpläne als
auch Lehrwerke feststellen, dass es zu häufigen Überschneidungen kommt (siehe
Anhang) und in der Realschule ein nicht unerhebliches Vorwissen aufgebaut wird,
welches dann in der Berufsschule wiederholt, vertieft und erweitert werden kann.
116
Vgl. KMK 1997.
117
Vgl. KMK 1997, S. 17,18 und vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 16,
17,19,22.
118
Vgl. Wurm et al 2001.
119
Vgl. KMK 1997 S. 18-20.

24
Rahmenrichtlinien für den Unterricht im Fachgymnasium ­Wirtschaft-
Auch hier im Vergleich der Themen von Lerninhalten lassen sich Gemeinsamkeiten
entdecken, die später noch kurz aufgeführt werden. Sehr interessant scheint bei der
Betrachtung der Richtlinien die Vorgehensweise bei der Vermittlung des Lehrstoffes.
So wird hier bei der Unterrichtsgestaltung ein besonderes Augenmerk auf Exemplarität
und Anwendung von Wissen gelegt sowie den Einsatz von Methoden.
120
So heißt es
für das Fachgebiet Volkswirtschaft eingangs:
,,Die in den Lern- und Handlungszielen verbindlich verankerten Qualifikationen
hinsichtlich des Methodenlernens sollen verdeutlichen, dass Methoden auf die
Entwicklung und Anwendung fachlicher Fähigkeiten, die Schüler bei der Erschließung
und Gestaltung der ökonomischen Wirklichkeit benötigen, abzielen [...] Um dies zu
erreichen, ist eine Stufung hinsichtlich der Entwicklung der Methodenkompetenz in den
Jahrgängen 11,12, und 13 vorgesehen. "
121
Weiterhin wird aufgeführt, dass Projektarbeiten, Planspiele, Präsentations- und
Moderationsverfahren in den Lehrplan aufgenommen und geübt werden sollen.
122
Im
Profil Wirtschaft für Realschulen besteht eine Besonderheit und Novellierung darin,
dass das Einüben und Anwenden von Methoden und Arbeitstechniken- insbesondere
der Projektarbeit sowie Präsentationstechniken von einem fakultativen in einen
obligatorischen Status gewandelt wurde. ,,Verschiedene Methoden und
Arbeitstechniken sind systematisch einzuüben und anzuwenden."
123
"Folgende
Arbeitstechniken werden systematisch eingeübt und angewendet:
Strukturierungstechniken[...], Präsentationstechniken[...]".
124
Hier wird bereits eine
Vorarbeit der Methodenlehre in der Realschule geleistet, die sonst erst in der Oberstufe
des Fachgymnasiums beginnt. Weitere Schwerpunktlegungen ähneln sich in der
Vorgehensweise. So legen die Rahmenrichtlinien Wert auf einen Unterricht, der
prozessbezogen ablaufen soll
125
genauso wie es im Profil Wirtschaft ,,von einer rein
faktenorientierten Wissensvermittlung zu einem prozessorientierten
Kompetenzaufbau"
126
kommen soll. Dies steht im Einklang mit dem bei beiden
Richtlinien festgelegtem Streben nach Exemplarität, unter anderem durch die
Einbindung von (Unternehmens-) Modellen.
127
Der Unterricht soll nach gleicher
120
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 66.
121
Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S.67.
122
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 66.
123
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 9.
124
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2010,S. 11.
125
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 67.
126
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 9.
127
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 24, 66 und vgl.

25
Vorstellung problemorientiert vermittelt werden
128
, um die Schüler zu befähigen,
Verständnis für globale Strukturen und Prozesse zu gewinnen,
129
selbst Strukturen zu
finden und zu verstehen sowie Entscheidungen und Handlungen kompetent zu
vollziehen.
130
Erreicht werden soll dies im Fachgymnasium als auch insbesondere im
Profil Wirtschaft durch die ,,selbständige Gestaltung von Lernprozessen" sowie ,,
interaktives und kooperatives Lernen" unter Einbindung von medialen Technologien.
131
Die starke Ausrichtung des Profils Wirtschaft an Lehrplaninhalten und Methoden
weiterführender Schulen ist hier klar aufgezeigt. Die Erlangung solcher
Schlüsselkompetenzen bereits im Vorfeld zur Beschulung in weiterführenden
Bildungseinrichtungen hat gemäß Kaiser und Kaminski eine hohe Bedeutung, die der
Bedeutung der fachlichen Wissenserlangung nicht nachsteht.
132
Hinsichtlich der Lernfelder Fachwissen kommt es ebenfalls, wie auch schon bei den
Richtlinien für eine Ausbildung, zu thematischen Überschneidungen. Auch hier
behandelt das Fachgymnasium die Themen laut der Hinweise zur
Unterrichtsgestaltung tiefgreifender und erweitert. Dennoch kommt es in Teilen zur
Vermittlung gleicher Wissensinhalte. So beispielsweise bei der modellhaften
Beschreibung eines Unternehmens mit seinen Aufgaben und Akteuren
133
, Märkte,
Marktwirtschaft
134
, ökonomisches Handeln
135
, der Arbeitsmarkt
136
sowie die
Betrachtung des Themas Absatz
137
und der Berechnung von Kennzahlen
138
sowie
weitere.
139
Viele andere Themen werden am Fachgymnasium noch behandelt und
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 9,10.
128
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 66 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S.7.
129
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S.67 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S.6,7.
130
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 67 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S.9.
131
Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 67 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S. 7,6,11.
132
Vgl. Kaiser und Kaminski 2003, S. 129.
133
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 27 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S. 18, 19.
134
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 69 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S. 14,15.
135
Niedersächsisches Kultusministerium 2010, S. 15 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2006, S.71.
136
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 73 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S.19.
137
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 40 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S. 18.
138
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2006, S. 38 und vgl. Niedersächsisches
Kultusministerium 2010, S. 19.
139
Vgl. Anhang mit Markierungen: Niedersächsisches Kultusministerium 2006
Rahmenrichtlinien.

26
vertieft wie z.B. das Controlling und Wirtschaftspolitik, die im Profil noch nicht
angesprochen werden.
Im Gesamten stellt es sich auch hier so dar, dass in Teilen bereits Wissen vermittelt
wird, welches den Einstieg in tiefere Inhalte am Fachgymnasium weitgehend
erleichtern sollte und auf tiefere Wissensaneignungen vorbereitet. Somit wird dem
entsprochen, was Unternehmen fordern, wenn es heißt, die Schulabgänger sollen bei
Ausbildungsantritt bessere Basisqualifikationen haben und durch das Erlernen von
Schlüsselqualifikationen eine Ausbildungsreife erlangen.
140
Den schon in der
Kultusministerkonferenz 1969 geforderten ökonomischen Grundkenntnissen als
,,Grundbildung eines jeden Bürgers"
141
(siehe Kapitel 2.1) wird hier Rechnung getragen.
Wie die tatsächliche Umsetzung der curricularen Vorgaben an den verschiedenen
Schulen erfolgt, wird nun im Folgenden gezeigt.
2.6 Vergleich verschiedener Schulformen bezüglich der Einführung des
Profils
Der auf der Klausurtagung vom 23. und 24. September 2009ergangene Erlass über
die Profileinführung findet nur auf Realschulen Anwendung, die gesetzlich gebunden
sind.
142
Anhand von Schulen in Hildesheim konnte die Umsetzung der neuen
curricularen Vorgaben stichprobenartig untersucht werden. Es wird nachfolgend kurz
dargestellt, wie in bestimmten Schulformen mit der Profilbildung umgegangen wird.
Gesamtschule - am Beispiel der Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim
Ein Gespräch mit Herrn Henkel von der Robert-Bosch-Gesamtschule (RBG)
143
zeigt
folgendes: die Absolventen der RBG können neben dem Realschulabschluss auch den
Hauptschulabschluss sowie das Fachabitur und das Abitur erwerben. Die Möglichkeit,
den Realschulabschluss zu erwerben bedeutet, dass auch auf Realschulebene
unterrichtet wird. Gemäß der Organisation einer Gesamtschule findet in den einzelnen
Fächern eine Differenzierung zwischen leistungsstärkeren und leistungsschwächeren
Schülern durch so genannte ,,A-Kurse" (Gymnasialniveau) und ,,B-Kurse"
(Realschulniveau) statt. Die Schüler werden in den einzelnen Fächern je nach
Leistungsvermögen entweder den A- oder den B-Kursen zugeteilt. Somit bestehen
keine reinen Realschulklassen.
140
Vgl. Bös 2008.
141
Vgl. KMK-Kultusministerkonferenz 1969.
142
Krischat 2009.
143
Henkel 2011, RBG Hildesheim, Gesprächsnotizen.

27
Die Robert-Bosch-Gesamtschule kann daher die Einführung von Profilklassen im
Realschulbereich nicht abbilden. Sie ist nicht von dem Erlass zur Profilbildung betroffen
und lehrt nach den bisherigen curricularen Bestimmungen für Realschulen.
Um einen gleichwertigen Abschluss für Schüler zu gewährleisten, die die
Gesamtschule nach 10 Schuljahren verlassen, gibt es ein vielfältiges Angebot an
Wahlpflichtfächern und Arbeitsgemeinschaften. So beginnen ab der achten Klasse
Kurse, in denen sich mit Berufsorientierung befasst wird. Ab der neunten Klasse wird
das Fach Arbeit-Wirtschaft-Technik eingeführt, welches die Schwerpunkte
Hauswirtschaft und Technik beinhaltet und zwischen denen gewählt werden muss. Ab
der neunten Klasse wird ebenfalls die Möglichkeit des Erlernens einer dritten
Fremdsprache (Spanisch oder Französisch) angeboten. Die Schüler wählen aus dem
reichhaltigen Angebot zwei Wahlpflichtfächer mit einem zeitlichen Umfang von vier
Unterrichtsstunden pro Woche aus. Weiterhin bietet die RBG ein umfängliches Angebot
an außerschulischen Schulpartnerschaften an.
144
Freie Realschule- am Beispiel der St.- Augustinus - Realschule, Hildesheim
Ein Gespräch mit Herrn Kuttner
145
, dieses Jahr, von der St. Augustinus Realschule
ergab folgendes: die Schüler werden an seiner Schule für die Schulabschlüsse mittlere
Reife und den Hauptschulabschluss ausgebildet.
Es handelt sich hierbei um eine freie Schule, welche nicht an die gesetzlichen
Vorgaben der Profileinführung gebunden ist. Es muss durch die Schule lediglich
sichergestellt werden, dass die Schüler am Ende Ihrer Schullaufbahn einen
Wissensstand haben, der vergleichbar ist mit dem, von Absolventen gesetzlich
gebundener Schulen.
Die St. Augustinus Realschule wendet das Curriculum aus dem Erlass der
Arbeitsfassung September 2009 nicht an.
Begründet wird dies durch drei Punkte: zunächst möchte die Schule keine
bestehenden Wahlpflichtfächer absetzen, um die benötigte Stundenzahl für die Profile
bereitstellen zu können. Die Schule wird daher weiterhin die Wahlpflichtfächer Werken,
Kunst, Musik und Technik anbieten. Die Vermittlung von Wissen zur Berufsorientierung
erfolgt bereits seit Jahren und wird fächerübergreifend (gemäß KC Wirtschaft)
vollzogen.
Wirtschaftliche Kenntnisse gemäß des Profilcurriculums sollen im weniger
umfänglichen Maße ebenfalls fächerübergreifend gelehrt werden.
144
Gesprächsnotizen mit H.-G. Henkel 2011 von der RBG, Hildesheim.
145
Gesprächsnotizen J. Kuttner von der St. Augustinus Realschule 2011.

28
Weiterhin arbeitet die Schule stark angelehnt an ein Lehrbuch, welches gerade erst
eingeführt wurde aber die Vertiefungen der Profilvorgaben nicht abdeckt. Da die Schule
das Lehrwerk im vergangenen Jahr auf Anraten des Verlages gerade neu und
kostspielig eingeführt hat, ist eine erneute notwendige Änderung des Lehrmaterials für
die nächsten zwei Jahre nicht vorgesehen. Es fehlt somit an adäquaten Schulbüchern
für die direkte Umsetzung der curricularen Vorgaben. Als dritten Punkt wird befürchtet,
dass es bi den nächsten Regierungswahlen zu einer erneuten Änderung des System
kommen könnte und eventuell die Profileinführung rückgängig gemacht wird.
146
Vom Erlass betroffene Realschulen- am Beispiel der Realschule Himmelsthür in
Hildesheim
Die Realschule Himmelsthür ist an den Erlass zur Ausbildung nach dem Profil
Wirtschaft gesetzlich gebunden und setzt dessen Inhalte im Unterricht um. In einem
Gespräch mit Frau Osterode-Meyer (2011) kam es zu den folgenden Hinweisen:
Es werden insgesamt alle vier Profile angeboten. Die Schüler können dabei zwei
Profilkurse mit einem jeweiligen Umfang von zwei Unterrichtsstunden pro Woche
wählen. Die Schwerpunkte: Wirtschaft, Technik sowie Soziales als auch Gesundheit
und der Schwerpunkt Fremdsprachen können gewählt werden. Die Schule kann durch
die Wahl von zwei aus vier Profilen ein breiteres Spektrum an unterschiedlichen
Wissensfeldern abdecken. Neben dem Profil Wirtschaft, welches gewählt werden kann,
besteht weiterhin für alle Schüler verpflichtend das Unterrichtsfach Arbeit-Wirtschaft-
Technik, welches sich an dem Kerncurriculum Wirtschaft 2009 orientiert und
wirtschaftliche Grundkenntnisse vermittelt, die dann in den Profilklassen Wirtschaft
vertieft werden. Die Schule wird das Lehrwerk ,,Wirtschaft Profil 9/10"
147
vom
Westermann Verlag umfänglich einführen, welches direkt an den curricularen Vorgaben
orientiert ist. Für das Profil Gesundheit und Soziales gibt es derzeit noch keine
Lehrwerke. Hierbei wird auf Lehrmaterial für Berufsschulen zurückgegriffen und somit
eine erste Vorbildung mit Berufsschulwissen vorgenommen. Das Profil Fremdsprachen
wird schon seit Jahren gefördert. Alle vier Profile wurden bereits für das erste Halbjahr
ausgearbeitet. Hierbei wurden vertiefende theoretische Inhalte sowie praktische
gewählt. Jedes Profil enthält zusätzlich den Baustein Berufsorientierung.
148
Die Einführung der Profilkurse durch die Änderung des Niedersächsischen
Schulgesetzes
149
kann, wie oben zu lesen ist, auch kritisch betrachtet werden. Dies ist
im Folgenden anhand verschiedener Punkte zu diskutierten.
146
Gesprächsnotizen J. Kuttner von der St. Augustinus Realschule 2011.
147
Vgl. Kaminski 2011, Praxis Wirtschaft Profil.
148
Gesprächsnotiz E. Osterode-Meyer von der Realschule Himmelsthür 2011.
149
Vgl. Ministerkonferenz Niedersachsen 2010.

29
2.7 Kritische Betrachtung der Einführung des Profilfachs Wirtschaft
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) stimmt der Schulgesetzänderung nicht zu
und auch die Fachgruppe der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW)
hat Bedenken bezüglich der Folgen der Umsetzung des Gesetzes und lehnt dieses
ab.
150
So gibt es einige Kritiker wie auch Fürsprecher für die Änderung des Systems.
Verschiedene Aspekte, die zur Diskussion stehen, werden hier aufgezeigt.
Gefahr des ,,Schülertourismus" und fehlende Chancengleichheit
Der VBE bemängelt, dass nicht jede Realschule in der Lage sein wird, alle vier Profile
anbieten zu können, da der demografische Wandel die Schülerzahlen schrumpfen
lässt. Die Gesetzesnivellierung gibt allerdings vor, dass pro Schule mindestens zwei
Profile angeboten werden müssen. Dies könnte zu einer Chancenungleichheit führen,
da manche Schüler entsprechend ihrer Interessenlage eventuell die Schule wechseln
und längere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssten, wenn sie ein anderes als die
angebotenen Profile bevorzugen. Die Kosten für die Anfahrten würden dann auf den
Schulträger zurückfallen. Der VBE spricht hier von der Gefahr des
,,Schülertourismus".
151
(siehe auch Kapitel 2.3, Einführung der Oberschule)
Auf der Klausurtagung zur Profileinführung wurde betont, dass angestrebt wird, eine
hohe Qualität bei einem breiten Angebot zu stellen und den Schülern zu ermöglichen,
wohnortsnah unterrichtet zu werden. Erreicht werden soll dies dadurch, dass den
Schulträgern viel Gestaltungsfreiraum gelassen wird und regional unterschiedliche
Gegebenheiten beachtet werden.
152
Gemäß Aussagen der Ministerin Heister-
Neumann soll die Problematik dadurch gelöst werden, dass unter anderem ein
gemeinsamer Unterricht bei Haupt- und Realschulen stattfindet.
153
Gemeinsamer Unterricht von Haupt- und Realschulen
Glauche von der GEW befürchtet nun, dass die Profilbildung ein erster Schritt zur
Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen ist. Anders kann ein reichhaltiges
Angebot ­ besonders auch aller Profile- nicht erreicht werden, da die Schülerzahlen
150
Vgl. Glauche 2009.
151
Vgl. Glauche 2009 und vgl. Verband Bildung und Erziehung (VBE) 2009.
152
Vgl. Krischat 2009.
153
Vgl. Heister-Neumann 2009.

30
weiter sinken werden.
154
Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann gibt zu dieser Problematik an, dass die
Realschule weiterhin fest bestehen bleiben soll und das gegliederte Schulsystem
ebenfalls in Zukunft fester Bestandteil der niedersächsischen Schullandschaft sein
wird. Die Zusammenarbeit von Realschulen und Hauptschulen soll lediglich das breite,
hochwertige schulische Angebot erhalten- nicht jedoch die Realschule als solches
abschaffen.
155
(siehe auch Kapitel 2.3, Einführung der Oberschule)
Glauche geht allerdings davon aus, dass eine schleichende Zusammenführung der
beiden Schulformen angedacht ist. Die Abstufung der Besoldung von Realschullehrern
auf A12 weist in diesem Zusammenhang darauf hin. Angenommen wird dies auch, da
die Berufsorientierung mehr Raum einnimmt und in diesem Sinne auch die Anzahl der
Praxistage wesentlich erhöht wurde.
156
Es wird eine verstärkte Berufsorientierung mit Hilfe der Profilkurse geben.
Der Baustein Berufsorientierung nimmt in den Profilen eine große Stundenanzahl ein.
Weiterhin wurden die Praxistage von 15-25 auf 30 Tage erhöht. Glauche befürchtet,
dass die Realschule nun weniger Allgemeinbildung vermittelt. Die Schüler würden nicht
mehr auf das Gymnasium vorbereitet sondern rein berufsorientiert ausbildet. Glauche
spricht von einer ,,Herabstufung" zu einer berufsvorbereiteten Schule. Der VBE teilt
diese Ansicht und sieht in der Profilbildung nicht nur eine Berufsorientierung sondern
erste Züge beruflicher Grundausbildung, wie sie erst an weiterführenden Schulen wie
Fachgymnasien oder Berufsschulen erfolgt. Der VBE ist daher ebenso wie Glauche der
Ansicht, dass der Schwerpunkt der Sekundarstufe 1 bei der Förderung der
Berufswahlreife und Berufsorientierung liegen sollte. Weitergehendes berufliches
Wissen verhindert ihrer Ansicht nach vertiefte Allgemeinbildung und führt somit zu
Ungerechtigkeiten gegenüber Schulen ohne Profilausbildung.
157
Schon in der
Geschichte führte diese Problematik zu konträren Ansichten und verhinderte teilweise
berufsorientierte und wirtschaftsbezogene Lehre in Schulen.
158
Von Humboldt vertrat ebenfalls diese Ansicht und hatte zu einer Trennung der beiden
Ausrichtungen geraden
159
. (siehe Kapitel 1)
Auf der Klausurtagung des Niedersächsischen Kultusministeriums in 2009 wurde
154
Vgl.
Glauche 2009.
155
Vgl. Heister-Neumann 2009.
156
Vgl. Glauche 2010.
157
Vgl. Glauche 2009 und vgl. VEB 2009.
158
Vgl. Schiller 2001, S. 47.
159
Vgl. Schiller 2001, S. 38,29.

31
hingegen dargestellt, dass die Profilbildung auf der einen Seite einen verbesserten
Übergang in den Beruf schaffen soll und auf der anderen Seite auch der Weg in
andere schulische Bildungsgänge geöffnet und verbessert werden. Die
Berufsvorbereitung soll dafür immer weiter entwickelt werden.
160
Der Bibb stellt bereits seit mehreren Jahren in seinen jährlichen Berichten heraus, dass
die Verzahnung von Schule und Wirtschaft unabdingbar ist um einem ,,beruflichen -
und Informationsmismatch" entgegenzuwirken (siehe Kapitel 2.2).
161
Laut Strohanjka von der IFOK werden Unternehmen in Zukunft darauf angewiesen
sein, bereits bei Schülern eine Rekrutierung vorzunehmen, um ihren sich steigernden
Personalmangel entgegenzuwirken. Dies kann nur durch eine enge Kooperation mit
Schulen sowie mit längeren Praktika ermöglicht werden.
162
Weiterhin wurde auf das Neustädter Modell eingegangen. Mit der engen
Zusammenarbeit von Hauptschulen und berufsbildenden Schulen an Hauptschulen
konnten außerordentliche Lernerfolge erzielt werden. Unter anderem schafften alle
Hauptschüler ihren Abschluss. Dies könnte auf die Realschule übertragen werden.
163
Ministerin Heister-Neumann fügte weiterhin hinzu, dass Absolventen der Realschule
nach dem Abschluss einer Lehre eine Studienberechtigung erhalten werden und somit
der Abschluss noch aufgewertet würde.
164
In der Klausurtagung von 2009 wird hierzu herausgestellt, dass die Zusammenarbeit
mit berufsbildenden Schulen sehr gut auch auf Fachgymnasien und Fachoberschulen
vorbereitet, da die Profilschwerpunkte denen der höheren Schulen entsprechen. Sie
sieht in der Profilbildung eine wesentlich erweiterte Allgemeinbildung, die die
Möglichkeiten, auf einem Fachgymnasium oder Gymnasium zu bestehen, weitaus
verbessert und optimal auf ein Studium vorbereitet. (siehe Abb.1)
165
Berufsschullehrer sollen in den Profilkursen stundenweise eingesetzt werden.
Der VBE argumentiert, dass der Einsatz von Berufsschullehrern in Realschulen nicht
möglich ist, da diese in den Berufsschulen dringend gebraucht würden. In diesem Zuge
stellt er sich die Frage, warum extra ein Lehramt Realschule mit dem Fach Wirtschaft /
160
Vgl. Krischat 2009.
161
Vgl. Gericke, Krupp, Toltsch 2009, S. 2.
162
Vgl. Strohanjka 2011.
163
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009, Infoblatt: das Neustädter Modell
besagt, dass bei einer Hauptschule, seit 2004, zwei Mal pro Woche der Unterricht in
einer Berufsschule abgehalten wurde. Dabei kommt es zur Verzahnung von
Fachpraxis und Fachtheorie. Das Modell ist sehr erfolgreich.
164
Vgl.
Heister-Neumann, 2009.
165
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2009.

32
Ökonomische Bildung geschaffen wurde, wenn nun dennoch Berufsschullehrer die
Lehre in diesem Fach übernehmen sollen. Es wird diskutiert, ob hier ein fehlendes
Vertrauen in die Kompetenz von Realschullehrern nach dem neuen Lehramtssystem
vorherrscht.
166
Hingegen gibt der Bericht der Klausurtagung von Krischat an, dass ,,die ausbildende
Wirtschaft" die enge Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden und beruflichen
Schulen sehr begrüßt.
167
Lehrer der Sekundarstufe 1 könnten von Experten aus der Wirtschaft sowie
Berufsschullehrern lernen und die Verzahnung nutzen, um noch praxisnäheren und
gezielteren Unterricht durchzuführen.
168
Durchlässigkeit an Realschulen
Der VBE merkt kritisch an, dass es durch die Berufsbezogenheit in der Ausgestaltung
des Unterrichts zu einer ,,Auseinanderentwicklung von Realschulen und Gymnasien"
169
käbe. Schließlich wird an Sekundarstufe 1 der Gymnasien und Gesamtschulen die
Einführung der Profile vorbeigehen. Eltern kann dies verunsichern. Sie wollen ihren
Kindern alle Möglichkeiten ­ auch die des Studiums oder den Übergang auf ein
humanistisches Gymnasium - offen halten und fürchten um die Durchlässigkeit des
Schulsystems. Der VBE befürchtet nun, dass Eltern dazu neigen könnten, ihre Kinder
eher direkt an einem Gymnasium anzumelden, um nicht im Nachhinein negativ
überrascht zu werden. Der VBE gibt daher an, dass die Durchlässigkeit garantiert
werden müsse und nicht nur die Abschlussfähigkeit.
170
Es besteht zudem die Frage, ob es sich bei einem Abitur des Fachgymnasiums um ein
minderwertigeres Abitur handele. Dies wurde von der Klausurtagung verneint. Es gibt
in Deutschland mittlerweile das Zentralabitur für die Chancengleichheit aller Schüler.
Weiterhin fördert das Fachgymnasium nicht nur die Allgemeinbildung sondern
verschafft bereits durch ihre Schwerpunktsetzung in den Fächern Technik, Wirtschaft,
Soziales und Gesundheit erste Basiskenntnisse für den folgenden beruflichen Einsatz.
In Folge dessen gäbe es einen roten Faden von der 9. Klasse Realschule, über das
Abitur bis hin zum Beruf oder auch Studium.
171
166
Vgl. VBE 2009.
167
Krischat 2009.
168
Vgl. Strohanjka 2011.
169
Vgl. VBE 2009.
170
Vgl. VBE 2009.
171
Vgl. Krischat 2009.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842819962
DOI
10.3239/9783842819962
Dateigröße
15.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung) – Wirtschaft, Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
1,0
Schlagworte
profil arbeitsplan lehrplan schule methode
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Titel: Kritische Betrachtung der Einführung des Profilfachs Wirtschaft an niedersächsischen Realschulen und die praktische Umsetzung des Kerncurriculums in Form eines schuleigenen Arbeitsplans
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