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Ehegattensplitting vs. Familiensplitting

Eine Reformanalyse möglicher Alternativen zum derzeitigen Ehegattensplitting - Analyse der Verteilungs-, fiskalischen und Arbeitsangebotseffekte

©2011 Studienarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Motivation unserer Arbeit leitet sich zum einen aus der Wahl unseres Studienschwerpunktes im Bereich Steuerwissenschaften ab und wurde durch die anhaltende politische Diskussion über die Zielgenauigkeit von familienpolitischen Instrumenten unterstützt und ob eine effektive Förderung von Familien überhaupt durch das Steuerrecht herbeigeführt werden kann. Allerdings wollen wir diesen Punkt, also inwiefern das deutsche Steuerrecht geeignet ist Familienpolitik zu betreiben, außen vor lassen, da es den Rahmen unserer Arbeit sprengen würde. Stattdessen widmen wir uns der Frage, inwiefern sich Reformalternativen auf die bestehenden Schwächen der derzeitigen Ausgestaltung des Ehegattensplittings auswirken. Im Fokus steht dabei vor allem, ob man Kinder in die Überlegungen mit einbeziehen sollte, um so einen weiteren Lastenausgleich zu schaffen und darüber hinaus, wie die negativen Arbeitsanreize, die für den Zweitverdiener, also häufig für die Frauen in Deutschland, aus dem Splittingverfahren resultieren, eingeschränkt werden können. Gerade in diesem Punkt besteht großer Handlungsbedarf von Seiten der deutschen Politik, da auch die EU schon mehrfach darauf hingewiesen hatte das deutsche Steuersystem, im Sinne des Gender-Mainstreamings, also der Gleichstellungsorientierung von Mann und Frau, zu überprüfen.
Ziel dieser Arbeit ist mögliche Reformalternativen zur derzeitigen Ehegattenbesteuerungen zu diskutieren. Dabei werden die Autoren wie folgt vorgehen.
In Abschnitt 2 wird das Ehegattensplitting vorgestellt. Zunächst werden die Grundzüge des Ehegattensplittings anhand von Rechenbeispielen erläutert. Im Anschluss werden die Autoren die wesentlichen Kritikpunkte des derzeitigen Besteuerungsverfahrens herausarbeiten. Vor allem die negativen Arbeitsanreize für den Zweitverdiener als auch die fehlende Berücksichtigung von Kindern als Teil der Familie werden hier genannt. Auf Basis dieser Kritikpunkte haben die Autoren die Leitfrage dieser Arbeit formuliert.
Kann eine Reform des Ehegattensplittings eine ausreichende Berücksichtigung von Kindern in der Veranlagung gewährleisten und gleichzeitig positive Arbeitsanreizen für den Zweitverdiener schaffen?
In Abschnitt 3 wird ein Katalog möglicher Reformalternativen beschrieben. Dieser Reformkatalog soll dann schrittweise eingegrenzt werden. Mit Hilfe von Daten aus der Mikrosimulationsanalyse sollen die Reformoptionen zunächst einer vertikalen Umverteilungsanalyse unterworfen werden. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abküzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Ehegattensplitting
2.1 Grundzüge des deutschen Einkommensteuertarifs
2.2 Historischer Hintergrund des Ehegattensplittings
2.3 Wirkungsweise des Splittingtarifs
2.4 Analyse der Höhe der Steuervorteile die aus der Anwendung des Splittingtarifs resultieren
2.5 Ökonomische Analyse des Ehegattensplittings
2.5.1 Verteilung auf die alten und neuen Bundesländer
2.7 Kritik am Ehegattensplitting

3. Reformoptionen zum Ehegattensplitting
3.1 Grundzüge der einzelnen Reformoptionen
3.1.1 Individualbesteuerung
3.1.2 Der doppelte Grundfreibetrag
3.1.3 Familientarifsplitting (nach französischem Vorbild)
3.1.4 Vollsplitting mit und ohne Deckelung
3.1.5 Ehegattenrealsplitting
3.1.6 Familienrealsplitting
3.2 Modelbeschreibung und Datenbasis des Steuer-Transfer-Mikrosimulationsmodells
3.3. Die vertikale Umverteilungsanalyse der Reformalternativen
3.3.1 Individualbesteuerung
3.3.2 Der doppelte Grundfreibetrag
3.3.3 Vollsplitting mit und ohne Deckelung
3.3.4 Familientarifsplitting (nach französischem Vorbild)
3.3.5 Ehegattenrealsplitting
3.3.6 Familienrealsplitting
3.4 Die fiskalischen Auswirkungen möglicher Reformumsetzungen
3.5 Arbeitsangebotseffekte bei Einführung eines Familientarifsplittings bzw. eines Familienrealsplittings
3.6 Ausblick und weitere Lösungsansätze

4. Fazit

Anhang

Quellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Tarifzonen des deutschen Einkommensteuertarifs mit den zugehörigen Grenzsteuersätzen

Tabelle 2: Maximaler Verlustabzug bei getrennter und gemeinsamer Veranlagung

Tabelle 3: Freibeträge bei getrennter und gemeinsamer Veranlagung

Tabelle 4: Die resultierende Steuerbelastung bei verschiedenen Haushaltseinkommen sowie unterschiedlichen Einkommensverteilungen innerhalb der Ehegemeinschaft

Tabelle 5: Splittingvorteil nach Höhe des Haushaltseinkommens und der Einkommensverteilung innerhalb der Ehegemeinschaft

Tabelle 6: Anzahl der veranlagten Ehepaare mit Ehegattensplitting nach Region, Verdienststruktur (Konstellation der Einkommen/ Einkommensverteilung der Haushalte) und der Höhe des zvE

Tabelle 7: Reformalternativen zum Familiensplitting

Tabelle 8: Wirkungen einer Aufhebung des Ehegattensplittings im Jahre 2003

Tabelle 9: Wirkungen einer Aufhebung des Ehegattensplittings bei Gewährung des doppelten Grundfreibetrags im Jahre 2003

Tabelle 10: Aggregierte Verteilungseffekte der Reformalternativen für Haushalte mit Kindern

Tabelle 11: Wirkungen eines Ehegattenrealsplittings je Ehepaar bei einem Einkommensausgleich von maximal 20.000 € im Jahre 2003

Tabelle 12: Gewinner und Verlierer Realsplittingmodelle (in v. H.)

Tabelle 13: Fiskalische Effekte möglicher Reformvarianten

Tabelle 14: Arbeitsangebotseffekte

Tabelle 15: Verteilung der Arbeitsangebotseffekte

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Graphische Darstellung des Grenz- und Durchschnittssteuersatzes

Abbildung 2: Vergleich von proportionalem und progressivem Tarif

Abbildung 3: Höhe des Splittingvorteils in Abhängigkeit der Individualeinkommen

Abbildung 4: Veränderungen des Splittingvorteils

Abbildung 5: Status quo zwischen Kindergeld, Kinderfreibetrag und dem französischen Familiensplitting bei einem Kind

Abküzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Motivation und Zielsetzung

Die Motivation unserer Arbeit leitet sich zum einen aus der Wahl unseres Studienschwerpunktes im Bereich Steuerwissenschaften ab und wurde durch die anhaltende politische Diskussion über die Zielgenauigkeit von familienpolitischen Instrumenten unterstützt und ob eine effektive Förderung von Familien überhaupt durch das Steuerrecht herbeigeführt werden kann. Allerdings wollen wir diesen Punkt, also inwiefern das deutsche Steuerrecht geeignet ist Familienpolitik zu betreiben, außen vor lassen, da es den Rahmen unserer Arbeit sprengen würde. Stattdessen widmen wir uns der Frage, inwiefern sich Reformalternativen auf die bestehenden Schwächen der derzeitigen Ausgestaltung des Ehegattensplittings auswirken. Im Fokus steht dabei vor allem, ob man Kinder in die Überlegungen mit einbeziehen sollte, um so einen weiteren Lastenausgleich zu schaffen und darüber hinaus, wie die negativen Arbeitsanreize, die für den Zweitverdiener, also häufig für die Frauen in Deutschland, aus dem Splittingverfahren resultieren, eingeschränkt werden können. Gerade in diesem Punkt besteht großer Handlungsbedarf von Seiten der deutschen Politik, da auch die EU schon mehrfach darauf hingewiesen hatte das deutsche Steuersystem, im Sinne des Gender-Mainstreamings, also der Gleichstellungsorientierung von Mann und Frau, zu überprüfen.

1.2 Gang der Untersuchung

Ziel dieser Arbeit ist mögliche Reformalternativen zur derzeitigen Ehegattenbesteuerungen zu diskutieren. Dabei werden die Autoren wie folgt vorgehen.

In Abschnitt 2 wird das Ehegattensplitting vorgestellt. Zunächst werden die Grundzüge des Ehegattensplittings anhand von Rechenbeispielen erläutert. Im Anschluss werden die Autoren die wesentlichen Kritikpunkte des derzeitigen Besteuerungsverfahrens herausarbeiten. Vor allem die negativen Arbeitsanreize für den Zweitverdiener als auch die fehlende Berücksichtigung von Kindern als Teil der Familie werden hier genannt. Auf Basis dieser Kritikpunkte haben die Autoren die Leitfrage dieser Arbeit formuliert.

Kann eine Reform des Ehegattensplittings eine ausreichende Berücksichtigung von Kindern in der Veranlagung gewährleisten und gleichzeitig positive Arbeitsanreizen für den Zweitverdiener schaffen?

In Abschnitt 3 wird ein Katalog möglicher Reformalternativen beschrieben. Dieser Reformkatalog soll dann schrittweise eingegrenzt werden. Mit Hilfe von Daten aus der Mikrosimulationsanalyse sollen die Reformoptionen zunächst einer vertikalen Umverteilungsanalyse unterworfen werden. Im Anschluss wird kurz auf die fiskalischen Auswirkungen möglicher Reformumsetzungen abgestellt um letztlich nur noch zwischen einer geringen Zahl von Reformalternativen zu wählen. Abschließend werden die Auswirkungen der übrigen Reformalternativen auf das Arbeitsangebot untersucht. Letztlich kommen die Autoren zum Schluss, dass nur das Familienrealsplitting eine ökonomisch sinnvolle Alternative zum derzeitigen Ehegattensplitting darstellt, da es positiven Einfluss sowohl auf die Einkommensverteilung als auch auf das Arbeitsangebot des Zweitverdieners wirkt. Außerdem erfordert diese Reformalternative keine zusätzlichen Staatsausgaben.

2 Ehegattensplitting

2.1 Grundzüge des deutschen Einkommensteuertarifs

Bei der Einkommensteuer handelt es sich um eine direkte Steuer, die auf das zu versteuernde Einkommen (zvE)[1] natürlicher Personen anfällt.

Der Steuersatz und somit die Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer ist abhängig von der Höhe des Bruttoeinkommens. Es gilt grundsätzlich das Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit. Das bedeutet, dass Personen mit dem gleichen zvE auch die gleiche Steuer zu zahlen haben[2] und Personen mit einem höheren zvE eine dementsprechend höhere Steuerlast[3] zu tragen haben. Das zvE bemisst sich dabei nach dem objektiven Nettoprinzip, bedeutet es wird nur die tatsächliche Leistungsfähigkeit, also nach Abzug aller erwerbsbedingten Aufwendungen, betrachtet.

Tabelle 1: Die Tarifzonen des deutschen Einkommensteuertarifs mit den zugehörigen Grenzsteuersätzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der deutsche Einkommensteuertarif Gem. §32a Abs. 1 EStG ist in 5 Zonen unterteilt. Bis zu einem Grundfreibetrag in Höhe des sozialrechtlichem Existenzminimums ist keine Einkommensteuer zu zahlen. In den Progressionszonen steigt der Grenzsteuersatz stetig an. In den Proportionalzonen gilt ein konstanter Steuersatz.

Abbildung 1: Graphische Darstellung des Grenz- und Durchschnittssteuersatzes

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Abgabenrechner.de[4]

Der Grenzsteuersatz gibt lediglich an, mit welchem Steuersatz der Einkommenszuwachs besteuert wird. Der tatsächlich auf das gesamte Einkommen zu entrichtende Steuersatz ist der Durchschnittssteuersatz. Dieser fällt, da ihm der Grundfreibetrag und zunächst die Anwendung der niedrigeren Steuersätze der jeweiligen Tarifzone zu Gute kommt, deutlich niedriger aus als der Grenzsteuersatz. Bei einem Einkommen von 30.000€ liegt der Grenzsteuersatz bei 31,53 % wohingegen der Durchschnittssteuersatz nur 18,75%[5] beträgt.

Die progressive Ausgestaltung des deutschen Einkommensteuertarifs bewirkt, dass höhere Einkommen nicht nur absolut, sondern auch relativ höher besteuert werden.

2.2 Historischer Hintergrund des Ehegattensplittings

Die Nationalsozialisten führten im Jahre 1934, aufgrund der nationalsozialistischen Ideologie, dass Frauen sich um die Kinder und die Familie kümmern sollen anstatt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, eine zwangsweise Zusammenveranlagung für Ehepaare ein. Als Folge der Progressionswirkung des deutschen Einkommensteuertarifs, ergibt sich somit eine höhere Steuerlast[6] und eine geringerer Arbeitsanreiz für den Zweitverdiener (die Frauen) und folglich eine Begünstigung von Alleinverdiener-Ehen. Diese Regelung wurde zunächst im Jahr 1951 von der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Im Jahr 1957 erklärte das Bundesverfassungsgericht allerdings, dass die schlechter Stellung von verheirateten gegenüber unverheirateten dem gesetzlichen Schutz der Ehe gem. des Art. 6 Abs. 1 GG widerspreche.

Daraufhin wurde zunächst die Übergangslösung eingeführt, Ehepaaren die Wahl zwischen der getrennten- und der gemeinsamen Veranlagung zu lassen. Allerdings bestand weiterhin das Problem, dass Ehepaare mit gleich hohem Haushaltseinkommen, jedoch unterschiedlicher Einkommensverteilung, bei gemeinsamer Veranlagung, nicht die gleiche Steuerlast zu tragen haben.

Wenn man davon ausgeht, dass die Ehe als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft[7] anzusehen ist, in der beide Partner gleichberechtigt sind und daher der eine Ehepartner hälftig am Gewinn sowie am Verlust des Anderen beteiligt ist besteht bei gleichen Haushaltseinkommen auch die gleiche Leistungsfähigkeit. Daher sollte, um die horizontale Gerechtigkeit[8] zu gewährleisten, also die steuerliche Benachteiligung aufgrund der Ehe zu verhindern, und der üblichen, arbeitsteiligen[9] Durchschnittsehe gerecht zu werden, das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit auf die Ehe als Wirtschafsgemeinschaft angewendet werden. Zu diesem Zweck wurde das Splittingverfahren eingeführt.

2.3 Wirkungsweise des Splittingtarifs

Das deutsche Einkommensteuerrecht folgt grundsätzlich den Prinzipien der Individualbesteuerung. Demnach sind die Einkünfte sowie Abzugsbeträge individuell zu ermitteln[10]. Allerdings können sich Unbeschränkt steuerpflichtige Ehepaare laut § 26 des deutschen Einkommensteuergesetztes getrennt oder gemeinsam veranlagen lassen. Bei der getrennten Veranlagung (§26a) berechnet sich die Einkommensteuer nach dem Grundtarif des § 32a Abs. 1 EStG.

Bei gemeinsamer Veranlagung (§ 26b) kommt mit dem Ehegattensplitting ein spezieller Steuertarif, gem. des § 32a Abs. 5 EStG zur Anwendung. Dabei wird zunächst das zu versteuernde Haushaltseinkommen der Ehepartner ermittelt[11] und durch zwei geteilt. Hierdurch wird es, unerheblich wer wie viel zum Haushaltseinkommen beigetragen hat, fiktiv auf beide Ehepartner verteilt. Auf Grundlage des halbierten Einkommens wird gem. der Tarifformel des § 32a Abs.1 EStG die zu zahlende Einkommensteuer berechnet. Diese wird anschließend wieder verdoppelt, und ergibt so die tatsächlich zu zahlende Einkommensteuer für das Ehepaar. Hierdurch wird zum einen der horizontalen Steuergerechtigkeit Rechnung getragen und zum anderen werden die Unterhaltspflichten innerhalb der Ehe, durch die doppelte Gewährung des Grundfreibetrages[12] auch bei keinen bzw. nur geringfügigen Einkünften des Partners, berücksichtigt.

Im Todesfall oder bei Trennung vom Ehegatten besteht mit dem sogenannten Gnadensplittings gem. § 32a Abs. 5 EStG die Möglichkeit den Splittingtarif für das nachfolgende Kalenderjahr weiterhin in Anspruch zu nehmen.

S (Y1, Y2) = 2 * T (Y1 + Y2) / 2)

Wie das folgende Beispiel zeigt ergibt sich bei Einkommensdifferenzen zwischen den Ehepartnern ein Splittingvorteil[13], womit die gemeinsame Veranlagung der Individualbesteuerung fast immer vorzuziehen ist.

Die Ehegatten F(Frau)und M(Mann) haben ein Einkommen zvE von 60.000 € (M = 20.000 € und F = 40.000 €). Die auf Grundlage des Splittingtarifs ermittelte Einkommensteuerbeträgt beträgt 11.251 €[14]. Bei getrennter Veranlagung ergibt sich für M eine Steuerschuld von 2.701 € und für F von 9.007 €. In Summe beträgt die Einkommensteuer 11.708 €. Durch den Splittingtarif ergibt sich also ein Splittingvorteil von 457 €. Bei einer Gleichverteilung der Einkommen ergibt sich keine Abweichung in den Steuerbeträgen, da durch die fiktive Halbierung eben diese herbeigeführt wird.

Durch die Einführung des Splittingtarifs wird also nicht nur die Benachteiligung von Ehepaaren aufgehoben, sondern sogar noch eine Begünstigung, in Form einer Steuerentlastung, ggü. anderen Lebensgemeinschaften geschaffen.

Abgesehen von den Splittingvorteilen ergeben sich weitere Steuervorteile aus der Zusammenveranlagung an sich.[15] Die Steuerbemessungsgrundlage wird in Deutschland nach einem festgelegten Schema ermittelt[16]. Von den Einnahmen werden gewisse Abzüge vorgenommen. Hier gibt es keine Unterschiede zwischen der Besteuerung nach dem Grund-und dem Splittingtarif. Allerdings Unterscheiden sich die Abzugshöchstbeträge.

Durch die gemeinsame Veranlagung besteht die Möglichkeit, wenn beide Partner Einkünfte erzielen, Verluste untereinander auszugleichen[17]. Bei einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte fallen keine Steuern an. Unabhängig davon, ob beide Partner Einkünfte haben, verdoppeln sich die Höchstbeträge bei einem Verlustvortrag bzw. Verlustrücktrag (Gem. § 10d EStG). Bei Einkünften aus Kapitalvermögen besteht ein doppelter Werbungskostenpauschbetrag (Gem. §9a Nr. 2 EStG.) sowie Sparerfreibetrag (Gem. § 20 Abs. 4 EStG) auch wenn nur einer der Eheleute Einkünfte hat. Dies gilt auch für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Gem. § 13 Abs. 3 EStG). Auch bei den Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden verdoppeln sich die Höchstbeträge (Gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Tabelle 2: Maximaler Verlustabzug bei getrennter und gemeinsamer Veranlagung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Freibeträge bei getrennter und gemeinsamer Veranlagung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Überdies kann bei der gemeinsamen Veranlagung, neben dem Kinderfreibetrag für das sachliche Existenzminimum[18], der auch bei getrennter Veranlagung übertragbar ist, der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsaufwand iHv. 1.320 € (Gem. § 32 Abs. 6 EStG) auf den Partner übertragen werden, auch wenn dieser keine eigenen Einkünfte hat.[19]

Die Entlastungswirkung durch Freibeträge steigt, wiederum als direkte Folge des progressiven Steuertarifs, mit zunehmenden Grenzsteuersätzen[20].

Allerdings existieren auch Konstellationen, in denen die Besteuerung nach dem Splittingtarif nicht von Vorteil ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der eine Partner geringfügige Einkünfte hat und der andere hohe Einkünfte, die unter Progressionsvorbehalt[21] (gem. § 32b EStG) freigestellt wurden und nun der Splittingvorteil von der Wirkung des Progressionsvorbehaltes, welche sich auf das gesamte Haushaltseinkommen auswirkt, überlagert wird.

Auch kann es vorkommen, dass wenn ein Partner außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG hat, für die ein ermäßigter Steuersatz gilt, der Splittingeffekt bei Zusammenveranlagung geringer ausfällt, als der Steuervorteil, der aus dem ermäßigten Steuersatz entstanden wäre.

2.4 Analyse der Höhe der Steuervorteile die aus der Anwendung des Splittingtarifs resultieren

Der Splittingvorteil ergibt sich bei unterschiedlichen Einkommensverteilungen der Ehegatten durch die Abmilderung der Progressionswirkung sowie die Berücksichtigung von zwei Grundfreibeträgen, auch wenn ein Partner keine oder nur geringfügige Einkünfte hat. Wenn beide Ehepartner ein Einkommen oberhalb des Grundfreibetrages haben, ist der Splittingvorteil komplett auf die Progression des deutschen Einkommensteuertarifs zurückzuführen. Sobald ein Partner ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags hat, ergibt sich der sog. „modifizierter Splittingeffekt“[22], der zusätzlich zur Progressionswirkung aus der Ausnutzung des zweiten Grundfreibetrages resultiert.

Die Höhe des Splittingvorteils ist von zwei Faktoren abhängig. Zum einen von der Höhe des zu versteuernden Haushaltseinkommens und zum anderen von der Differenz der individuellen Einkommen der Ehepartner. Darüber hinaus ist Höhe des Splittingeffektes von der Ausgestaltung des Steuertarifs[23] abhängig. Die Höhe des Splittingeffektes wird anhand der folgenden Abbildungen veranschaulicht.

Abbildung 3: Höhe des Splittingvorteils in Abhängigkeit der Individualeinkommen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle Gottfried/Witczak (2006), S.5.

In der Abbildung 3 ist die Höhe des Splittingvorteils in Abhängigkeit der Individualeinkommen bei einem Haushaltseinkommen von 30.000€ gemäß des Steuertarifs 2005[24] dargestellt. Bei Anwendung des Splittingtarifs, sowie bei gleichen Einkommensverteilungen[25] beträgt die zuzahlende Einkommenssteuer 3084€.

Wenn Einkommensunterschiede innerhalb der Ehe vorliegen ergibt sich nach Anwendung des Grundtarifs eine höhere Steuerbelastung, als nach Anwendung des Splittingtarifs. Je größer die Differenz ist, desto größer ist die Mehrbelastung. Betrachtet man eine Einkommensdifferenz von 5000 € beträgt die Einkommensteuer bei getrennter Veranlagung 3114€. Es kommt also zu einer Mehrbelastung von 30€. Die größte Abweichung der Steuerbeträge ergibt sich, wenn nur ein Ehepartner zum Haushaltseinkommen beiträgt. Bei einem Haushaltseinkommen von 30.000€ ergibt sich nach Anwendung des Grundtarifs eine Einkommensteuer iHv. 5.807€ und folglich eine Mehrbelastung von 2.723€.[26]

Abbildung 4: Veränderungen des Splittingvorteils

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bach, Buslei, Svindland, Baumgartner, Flach und Teichmann (2003), S.5

In der Abbildung 4 sind die Veränderungen des Splittingvorteils wiederum in Abhängigkeit von der Einkommensverteilung innerhalb des Haushaltes und zusätzlich von der Höhe des Haushaltseinkommens (Brutto/Jahr) gemäß des Steuertarif 2005 dargestellt. In den abgebildeten Graphen sind verschiedene Einkommenskonstellationen zu sehen, die von einer 60 prozentigen bis hin zu einer hundertprozentigen Erwerbsbeteiligung des Erstverdieners reichen. Der größte Splittingvorteil ergibt sich, wenn nur ein Ehepartner erwerbstätig ist, da hier der größte Abstand zwischen den Individualeinkommen und somit auch der größte Abstand zwischen den Grenzsteuersätzen besteht. Dieser ist je größer, desto höher das Haushaltseinkommen ist. Bei einem progressiven Einkommensteuertarif wirkt sich die gleichmäßige Aufteilung der Einkünfte auf beide Partner umso stärker aus je höher der Grenzsteuersatz ist. Anhand der beiden nachfolgenden Tabellen werden die Graphen uns die Wirkung des Splittingtarifs, nochmals, anhand 3 exemplarischer Haushaltseinkommen, veranschaulicht.

Tabelle 4: Die resultierende Steuerbelastung bei verschiedenen Haushaltseinkommen sowie unterschiedlichen Einkommensverteilungen innerhalb der Ehegemeinschaft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus der Tabelle 3 kann man entnehmen, dass, wenn die Ehepartner getrennt veranlagt werden bei gleich hohen Individualeinkommen der Ehepartner, die niedrigste Steuerbelastung anfällt. Diese Gleichverteilung wird durch die fiktive Verteilung der Einkommen auf beide Ehepartner, auch bei unterschiedlicher Verteilung der Einkommen, erreicht. Der aus den Abweichungen resultierende Splittingvorteil wird in Tabelle 4 aufgezeigt.

[...]


[1] ) Das zvE ergibt sich aus den § 2 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 2 des deutschen Einkommensteuergesetztes (EStG), siehe Anhang

[2] Sog. Horizontale Steuergerechtigkeit

[3] Sog. Vertikale Steuergerechtigkeit

[4] Vgl. https://www.abgabenrechner.de/ekst/ekst.jsp?in_einkommen=30%2C00&in_verheiratet=0&in_jahr=2010&berechnen=

[5] Ohne Betrachtung von Zuschlagssteuersätzen: Soli, Kirchensteuer.

[6] Die höhere Steuerlast ist auf die progressive Ausgestaltung des deutschen Einkommensteuergesetztes zurückzuführen: (T(Y1+Y2)>T(Y1)

[7] Laut Bundesverfassungsgericht Art .6 Abs. 1 GG iVm. Art. 3 Abs. 2 GG

[8] Eine unterschiedliche Besteuerung würde dem Grundsatz der horizontalen Gerechtigkeit widersprechen und somit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG

[9] Entsprach den damaligen Verhältnissen (bis in die 80er Jahre)

[10] Vgl. Spannenberg (2005), S. 15

[11] Summierung der ermittelten Individualeinkünfte

[12] Entspricht der Höhe des Existenzminimums: 8.004€ gem. § 32a Abs.1

[13] Der Splittingvorteil sei definiert als „Änderung der Einkommensteuerbelastung (festgesetzte Einkommensteuer nach Verrechnung mit Kindergeld in den Fällen mit Kinderfreibetrag), die sich bei der Aufhebung

des Splittingverfahrens nach § 32a Abs. 5 und 6 EStG ergibt.“ Bach, Buslei, Svindland, Baumgartner, Flach und Teichmann (2003), S.13.

[14] Ohne Betrachtung von Zuschlagssteuern: Soli, Kirchensteuer.

[15] Vgl. Vollmer, S.75.

[16] §§ 2 Abs. 2, 3, 4 und 5 EStG àSiehe Anhang

[17] Verlustausgleich: Verrechnung der positiven Einkünfte mit den negativen gem.§ 2 Abs. 3.

[18] Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag gem. § 32 Abs. 5 EStG

[19] Vgl. Spannenberg (2005), S. 18

[20] Vgl. Spannenberg (2005), S. 19

[21] „Eine Regelung, wonach steuerfreie Einkünfte zwar nicht besteuert werden, ihre Existenz aber berücksichtigt wird, wenn es darum geht, die Höhe des angemessenen Steuersatzes für diejenigen übrigen Einkünfte des Betreffenden zu bestimmen, die weiterhin steuerpflichtig bleiben.“

Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/progressionsvorbehalt.html

[22] Bach, Buslei, Svindland, Baumgartner, Flach und Teichmann (2003), S.36.

[23] Abhängig von den Steuersätze und der Höhe der Freibeträge

[24] Beim aktuellen Steuertarif (2010) ist der Grundfreibetrag angehoben worden, wodurch sich die resultierenden Steuerbeträge geringfügig niedriger ausfallen, darüber hinaus wurde für Einkommen über 250.401€ ein neuer höchst Grenzsteuersatz von 45% eingeführt der noch nicht mit in die Betrachtung eingeflossen ist.

[25] entspricht dem Splitting.

[26] Vgl., Gottfried/Witczak (2006).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2011
ISBN (eBook)
9783842819863
DOI
10.3239/9783842819863
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) – Wirtschaftswissenschaften, Studiengang Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
1,0
Schlagworte
ehegattensplitting familiensplitting realsplitting estg günstigerprüfung
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