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Finanzierungsbeschränkungen von Unternehmen in Ostdeutschland - eine Analyse für Mecklenburg-Vorpommern

©2009 Diplomarbeit 67 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Trotz einer im weltweiten Vergleich starken Wirtschaftsleistung sehen sich zahlreiche Unternehmen in Deutschland Finanzierungsbeschränkungen gegenüber. Beschränkungen in der Finanzierung stellen vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ein Wachstumshindernis dar. Dabei spielt der Bankkredit eine Hauptrolle als Außenfinanzierungsinstrument für diese Unternehmensgruppe . Er steht daher im Mittelpunkt Betrachtung vorliegender Untersuchung. Verschiedene Faktoren bedingen das Angebot sowie die Nachfrage nach Bankkrediten. Es treten neben externen Effekten – wie beispielsweise der seit Mitte 2007 anhaltenden Finanzmarktkrise – auch endogene Effekte, wie die Abhängigkeit von Kreditangebot und Kreditnachfrage voneinander und vom Niveau des Bruttoinlandprodukts (BIP) auf.
Dennoch stellt sich die Kreditvergabe als Ergebnis eines Marktprozesses dar, der durch scharfen Wettbewerb gekennzeichnet ist . Das Firmenkundengeschäft mit dem Mittelstand stellt insofern ein Hauptgeschäftsfeld der Banken dar, als dass nahezu alle Unternehmen in Deutschland klein oder mittelgroß sind . Da aber der Kreditmarkt Unvollkommenheiten aufweist, sind regionale Unterschiede im Angebot von und Nachfrage nach Bankkrediten aufgrund unterschiedlicher Bedingungen des Marktprozesses zu erwarten. Ein Unterscheidungsmerkmal ist dabei die Zugehörigkeit zu einem alten oder einem neuen Bundesland.
So liegt beispielsweise der Kreditbestand pro Einwohner in Ostdeutschland bei rd. 5000 Euro, in Westdeutschland dagegen bei rd. 13.500 Euro. Aber auch die Einkommen unterscheiden sich in gleicher Größenordnung. Während in Ostdeutschland ein Einkommen von rd. 19.500 Euro je Einwohner erwirtschaftet wird, beträgt es in Westdeutschland rd. 24.000 Euro.
Daraus lassen sich verschiedene Fragen ableiten. Einerseits ist deskriptiv
zu untersuchen, wie hoch die Intensität des Fremdkapitals als Quotient von Kreditvolumen und BIP in den einzelnen ostdeutschen Bundesländern ausfällt. Daraus kann eine qualitative Aussage über die Versorgung mit Bankkrediten in Abhängigkeit des BIPs als Niveaugröße abgeleitet werden. Dies geschieht in Verbindung mit einem Standardmodell der Kreditrationierung.
Darüber hinaus ist zu analysieren, wie sich die Situation in Abhängigkeit der wesentlichen Branchen als Aggregat von Wirtschaftszweigen darstellt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen genauere Aussagen über die Struktur der Kreditvergabe in den neuen Bundesländern zu. Es […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Tilmann Schubert
Finanzierungsbeschränkungen von Unternehmen in Ostdeutschland ­ eine Analyse für
Mecklenburg-Vorpommern
ISBN: 978-3-8428-1922-1
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Universität Rostock, Rostock, Deutschland, Diplomarbeit, 2009
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

III
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis... V
Abbildungsverzeichnis... VI
Tabellenverzeichnis... VII
1. Einleitung...
1
I.
Unternehmensumwelt und Kreditrationierung
2.
Der Kreditmarkt aus Sicht der Marktakteure
2.1
Bankkredite als Instrument der Außenfinanzierung eines
Unternehmens... 3
2.2
Kreditgeschäft aus Bankensicht... 5
2.2.1 Unvollständigkeit des Kreditmarktes und Kreditrationierung... 6
2.2.2 Auswege aus dem Rationierungsgleichgewicht... 7
2.3
Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen... 10
3.
Kreditrationierung nach Risikogruppen...
3.1
Das Modell von Jaffee und Stiglitz... 11
3.2
Stand der Forschung zur Kreditrationierung nach dem Modell von
Jaffee und Stiglitz...
12
3.2.1 Empirische Untersuchung zur Kreditrationierung...
13
3.2.2 Kreditrationierung
in
Deutschland... 14
3.2.3
Kreditvergabe aus angebotsseitiger Sicht in Deutschland und im
Ost-West-Vergleich... 17
3.3
Zwischenfazit zur Kreditrationierung... 20
4.
Bedeutung von Bankkrediten für den Mittelstand...
4.1
Abgrenzung von kleinen und mittleren Unternehmen... 21
4.2
Struktur des Mittelstandes... 22
4.2.1
Wertschöpfung und Leistungsfähigkeit des deutschen
Mittelstandes... 22
4.2.2 Einordnung Ostdeutschlands und Mecklenburg-Vorpommerns... 26
4.2.3 Strukturvergleich zwischen den alten und neuen Bundesländern... 28
5.
Kreditvergabe an den Mittelstand in der Praxis ­ Risikobewertung
und Branchenbeurteilung... 29
6.
Zwischenfazit zur Bedeutung von Bankkrediten für KMU... 32

IV
II. Empirische
Untersuchung
7. Untersuchungsmethode...
33
8.
Analyse der empirischen Daten... 36
8.1 Deskriptive
Analyse...
38
8.2
Ergebnisse der Schätzung... 41
8.2.1 Schätzung
I... 41
8.2.2 Schätzung
II... 46
8.2.3 Schätzung
III... 51
9.
Finanzierungsbeschränkungen in der Ergebnisbetrachtung... 53
10.
Fazit und Ausblick... 55
Literaturverzeichnis... VIII

V
Abkürzungsverzeichnis
BB Brandenburg
BIP Bruttoinlandsprodukt
BM Bremen
BW Baden-Württemberg
BWS Bruttowertschöpfung
DL Dienstleistungen
EW Einwohner
FKI Fremdkapitalintensität
FTE
full time equivalent
HE Hessen
HH Hamburg
LW Landwirtschaft
MV Mecklenburg-Vorpommern
NS Niedersachsen
NW Nordrhein-Westfalen
o.A. ohne
Autor
PG Produzierendes
Gewerbe
RP Rheinland-Pfalz
SA Sachsen
SH Schleswig-Holstein
SL Saarland
ST Sachsen-Anhalt
TH Thüringen
VGR Volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung

VI
Abbildungsverzeichnis
Abb. I-1
Stilisierter zeitlicher Ablauf der Fremdkapitalverwendung
S. 4
Abb. I-2
Kreditrationierung nach Risikogruppen
S. 12
Abb. I-3
Anteile der Sektoren an der Bruttowertschöpfung im Jahr 2007,
Deutschland
S. 24
Abb. I-4
Anteile der Sektoren an der Bruttowertschöpfung im Jahr 2007,
Mecklenburg-Vorpommern
S. 27
Abb. II-1 Lineares Regressionsmodell der Kreditvergabe
S. 34
Abb. II-2 Entwicklung der Kreditvergabe
S. 37
Abb. II-3 Wachstumsraten der Kreditbestände ausgewählter
Wirtschaftszweige
S. 38
Abb. II-4a Bundesländer als Risikogruppen
S. 39
Abb. II-4b Bundesländer als Risikogruppen
S. 40

VII
Tabellenverzeichnis
Tab. I-1 Übersicht über wesentliche Quellen der Außenfinanzierung
S. 3
Tab. I-2 Größenklassen von Unternehmen nach EU-Definition
S. 22
Tab. I-3 Größenklassen von Unternehmen nach dem IfM
S. 23
Tab. II-1 Ergebnisse aus Schätzung I
S. 42
Tab. II-2 Ergebnisse aus Schätzung II
S. 47
Tab. II-3 Ergebnisse aus Schätzung III
S. 52

1. Einleitung
Trotz einer im weltweiten Vergleich starken Wirtschaftsleistung sehen sich
zahlreiche Unternehmen in Deutschland Finanzierungsbeschränkungen gegenü-
ber. Beschränkungen in der Finanzierung stellen vor allem für kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) ein Wachstumshindernis dar. Dabei spielt der Bankkredit
eine Hauptrolle als Außenfinanzierungsinstrument für diese Unternehmensgrup-
pe
1
. Er steht daher im Mittelpunkt Betrachtung vorliegender Untersuchung.
Verschiedene Faktoren bedingen das Angebot sowie die Nachfrage nach Bank-
krediten. Es treten neben externen Effekten ­ wie beispielsweise der seit Mitte
2007 anhaltenden Finanzmarktkrise ­ auch endogene Effekte, wie die Abhängig-
keit von Kreditangebot und Kreditnachfrage voneinander und vom Niveau des
Bruttoinlandprodukts (BIP) auf.
Dennoch stellt sich die Kreditvergabe als Ergebnis eines Marktprozesses
dar, der durch scharfen Wettbewerb gekennzeichnet ist
2
. Das Firmenkundenge-
schäft mit dem Mittelstand stellt insofern ein Hauptgeschäftsfeld der Banken dar,
als dass nahezu alle Unternehmen in Deutschland klein oder mittelgroß sind
3
. Da
aber der Kreditmarkt Unvollkommenheiten aufweist, sind regionale Unterschiede
im Angebot von und Nachfrage nach Bankkrediten aufgrund unterschiedlicher
Bedingungen des Marktprozesses zu erwarten. Ein Unterscheidungsmerkmal ist
dabei die Zugehörigkeit zu einem alten oder einem neuen Bundesland.
So liegt beispielsweise der Kreditbestand pro Einwohner in Ostdeutschland
bei rd. 5000, in Westdeutschland dagegen bei rd. 13.500. Aber auch die
Einkommen unterscheiden sich in gleicher Größenordnung. Während in Ost-
1
vgl. Deckers, Michael (1990), Zukunftsorientierte Kreditentscheidung im mittelständischen
Firmenkundengeschäft, München-Unterföhring, S. 2 f. ,
s. Neuberger, Doris (1994), Kreditvergabe durch Banken, Tübingen, S. 135,
s. Werner, Ludwig (1993), Die Bank als Partner des Mittelstands, in Priewasser, Erich, Klaus
Juncker (Hrsg.) (1993), Handbuch Firmenkundengeschäft, Frankfurt a. M., S. 22 f.
2
s. Deckers (1990), S. 6 f.
3
Anm. d. A.: lt. den Schlüsselzahlen des Instituts für Mittelstandsforschung, Bonn, waren 2007
99,7% aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen klein oder mittelgroß bzw. Einzelpersonenge-
sellschaften

2
deutschland ein Einkommen von rd. 19.500 je Einwohner erwirtschaftet wird,
beträgt es in Westdeutschland rd. 24.000
4
.
Daraus lassen sich verschiedene Fragen ableiten. Einerseits ist deskriptiv
zu untersuchen, wie hoch die Intensität des Fremdkapitals als Quotient von
Kreditvolumen und BIP in den einzelnen ostdeutschen Bundesländern ausfällt.
Daraus kann eine qualitative Aussage über die Versorgung mit Bankkrediten in
Abhängigkeit des BIPs als Niveaugröße abgeleitet werden. Dies geschieht in
Verbindung mit einem Standardmodell der Kreditrationierung.
Darüberhinaus ist zu analysieren, wie sich die Situation in Abhängigkeit der
wesentlichen Branchen als Aggregat von Wirtschaftszweigen darstellt. Die
Ergebnisse dieser Untersuchung lassen genauere Aussagen über die Struktur der
Kreditvergabe in den neuen Bundesländern zu. Es kann abgeleitet werden, für
welche Branchen und Länder Kreditrationierung als Form der Finanzierungsbe-
schränkung zu Entwicklungsvorteilen oder Entwicklungsnachteilen führt.
Die vorliegende Untersuchung untergliedert sich aufgrund der Breite des
Themas ist zwei Teile. Im ersten Teil wird neben den theoretischen Grundlagen
zum Kreditmarkt und der Kreditrationierung infolge eines Rationierungsgleichge-
wichts die Bedeutung von Bankkrediten für die Unternehmen in Deutschland
herausgearbeitet. Abschließend wird dazu kurz auf die Kreditvergabepraxis
eingegangen.
Im zweiten Teil steht die eigene empirische Untersuchung im Mittelpunkt.
Nach einer Einführung in die Untersuchungsmethode werden die aufbereiteten
Daten deskriptiv und analytisch untersucht. Die Analyse erfolgt mittels linearer
Regression an verschiedenen Variablen, die das Einkommen und die Wertschöp-
fung der drei Sektoren der Volkswirtschaft repräsentieren.
Daraufhin werden Aussagen über die Kreditvergabe an Unternehmen sowie
der Produktivität als eine wichtige Ursache von Finanzierungsbeschränkungen
getroffen.
Zum Abschluss liefert das Fazit eine Zusammenfassung der Untersuchung
und versucht einen Ausblick auf mögliche Folgen der Finanzierungsbeschränkun-
gen zu geben.
4
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Statistische Ämter des Bundes und der
Länder, Stand: 12.11.2008, eigene Berechnungen für einen Beobachtungszeitraum zwischen 2002
und 2007.

3
I. Unternehmensumwelt und Kreditrationierung
2. Der Kreditmarkt aus Sicht der Marktakteure
2.1. Bankkredite als Instrument der Außenfinanzierung eines Unternehmens
Die Unternehmensfinanzierung ist grob in die Bereiche Innen- und Außenfinanzie-
rung zu unterteilen. Ziel ist es, dem Unternehmen Finanzmittel zur Verfügung zu
stellen, um Investitionen durchführen zu können, das Kapital und Vermögen zu
strukturieren, vor allem aber auch, um Liquidität zu bewahren
5
.
Die Instrumente der Innenfinanzierung stützen sich dabei auf diejenigen Fi-
nanzmittel, die im Unternehmen selbst generiert und einbehalten werden. Der
bekannte Begriff ,,Cash-Flow der Periode" als Summe aus einbehaltenem Gewinn,
Abschreibungen und Zuführungen zu den Rückstellungen, stellt dabei eine
Möglichkeit der Innenfinanzierung dar
6
.
Die Instrumente der Außenfinanzierung dagegen basieren auf Aktivitäten
des Unternehmens auf Finanzmittelmärkten. Diese systematisiert Eilenberger wie
folgt:
Tab. I-1 ­ Übersicht über wesentliche Quellen der Außenfinanzierung
Akteure Fristigkeiten
Geldmarkt
-
Großunternehmen auf dem
Industriegeldmarkt
-
beste Bonität als Voraus-
setzung schließt zahlreiche an-
dere Unternehmen aus
- kurzfristige
Finanzmit-
telanlagen
- Bsp.:
Tagesgeld,
Termingeld
Kreditmarkt
- Geschäftsbanken
und
Nicht-
banken
-
kurz-, mittel- und
langfristig
Kapitalmarkt
-
Unternehmen können Aktien
anderer Unternehmen halten
-
Unternehmen können unter
bestimmten Bedingungen
selbst Aktien veräußern (Han-
del dieser Wertpapiere an der
Börse)
- langfristig
Quelle: Eilenberger (2003), S. 84 ff., eigene Darstellung
5
vgl. Eilenberger, Guido (2003), Betriebliche Finanzwirtschaft, München, S. 1
6
vgl. Eilenberger (2003), S. 81 u. S. 103

4
Weiterhin kann eine Unterscheidung nach Ort des Finanzmittelmarktes vorge-
nommen werden. Durch die technisch gegebenen Möglichkeiten erreicht der
Zugang zu internationalen Märkten zunehmende Bedeutung. Insbesondere im
europäischen Währungsraum ist dies zu verzeichnen, da Zinsdifferenzen und
steuerliche Vorteile als Hauptentscheidungskriterien dazu beitragen
7
.
Aus der abgebildeten Systematik (s. Tab. I-1) ist erkennbar, dass der
Zugang zum Kreditmarkt - vereinfacht ausgedrückt - für alle Unternehmen möglich
ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, Kredite unterschiedlicher Laufzeit zu
erhalten, meist sogar von derselben Institution.
Diese grundlegende Eigenschaft von Krediten ergibt sich aus der Notwen-
digkeit der Kreditaufnahme, bei einer zeitlichen Divergenz zwischen der Erstellung
einer wirtschaftlichen Leistung und der dazugehörigen pekuniären Gegenleistung
8
.
Dies wird am Beispiel eines Handelsunternehmens an folgender Abbildung (Abb.
I-1) deutlich.
Abb. I-1 ­ Stilisierter zeitlicher Ablauf der Fremdkapitalverwendung
Quelle: eigene Darstellung
Abgebildet ist hier ein realer und ein simultan ablaufender monetärer Zyklus, wie
er in einem idealisierten Handelsunternehmen stattfinden könnte, wenn die
Handelswaren vollständig durch einen so genannten Kontokorrentkredit vorfinan-
7
vgl. Eilenberger (2003), S. 90 f.
8
vgl. Eilenberger (2003), S. 257

5
ziert würden. Trotz der simplen Logik dieser Abbildung (Abb. I-1) lässt sich eine
wesentliche Erkenntnis gewinnen. Von zentraler Bedeutung ist hier die Zeit als
dynamisierende Einflussgröße. Unter der Annahme der stets wiederkehrenden
Kreditaufnahme zur Vorfinanzierung der gehandelten Waren spielt die Zeitspanne
vom Moment der Kreditaufnahme bis zum Zeitpunkt der vollständigen Rückzah-
lung in der Zukunft, die wesentliche Rolle. Das Unternehmen kann lediglich die
Rückzahlungsabsicht bekunden, für das Kreditinstitut besteht aber erst nach der
vollständig geleisteten Rückzahlung kein Kreditausfallrisiko mehr
9
.
Damit aber überhaupt ein Kreditvertrag zu Stande kommt müssen weitere
Kriterien vom Unternehmen erfüllt werden. Diese werden im folgenden Punkt aus
Sicht der Angebotsseite erläutert.
2.2 Kreditgeschäft aus Bankensicht
Banken erfüllen in der gewerblichen Wirtschaft Aufgaben von zentraler Bedeu-
tung. Dabei handelt es sich um die Erstellung von Dienstleistungen, welche
Liquiditäts-, Informations- und Transformationsleistungen sind
10
.
Alle drei Leistungen sind in einem System von Universalbanken, wie es in
Deutschland und zahlreichen EU-Mitgliedsstaaten üblich ist, von Bedeutung.
Im Fokus vorliegender Untersuchung steht die Funktion der Transformation
von zeitlichen Fristen. Dabei handelt es sich um die Entgegennahme von kurzfris-
tigen Einlagen der Kunden, die in langfristige Kredite umgewandelt werden.
Dadurch entstehen Risiken, welche die Bank zu tragen hat. Sie tritt somit als
Finanzintermediär auf, der eine qualitative Vermögenstransformation vollzieht
11
.
Die zweite Funktion einer Bank als Finanzintermediär ist die Wahrnehmung
des Maklergeschäfts im Sinne einer Institution zur Abwicklung von Transaktionen,
Beratung, Kontrolle und Ähnlichem, für die Gebühren verlangt werden. Derartige
Geschäfte sind risikofrei und hängen in ihrer Ausprägung nach Neuberger von der
9
vgl. Jaffee, Dwight, Joseph Stiglitz (1990), Credit Rationing, in Friedman, Benjamin M., Frank H.
Hahn (Hrsg.) (1990), Handbook of Monetary Economics, Vol. 2, New York, S. 838
10
s. Neuberger, Doris (1998), Mikroökonomik der Bank, München, S. 5
11
vgl. Neuberger (1998), S. 19 ff.

6
Wiederverwendbarkeit einer Information und der Möglichkeit der Beobachtung der
Suchgegenstände ab
12
.
2.2.1 Unvollständigkeit des Kreditmarktes und Kreditrationierung
Auf dem Kreditmarkt kommt es aufgrund ex post vorliegender asymmetrischer
Information zu delegated monitoring und adverser Selektion mit dem Ergebnis,
dass nicht ein walrasianisches Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage sondern
ein Rationierungsgleichgewicht zu Stande kommt, da sich der Kreditgeber an-
nahmegemäß risikoneutral verhält
13
.
Für den Kreditbewerber bestehen allerdings Möglichkeiten, der Kreditratio-
nierung zu entgehen und einen individuellen Kreditvertrag mit dem Kreditgeber
abzuschließen.
a) Delegated Monitoring
Als Rechtfertigung für die Existenz von Banken als Finanzintermediär dient die
Funktion der effizienten Kontrolle der Kreditnehmer. Während auf einem Kredit-
markt ohne Banken stets direkte Beziehungen zwischen Kreditgebern und
Kreditnehmern eingegangen werden müssen, kann eine Bank diese Aufgabe als
vermittelnde Institution effizienter lösen
14
.
Durch die Abgabe der Überwachung an die Bank lösen die Kreditgeber,
welche dann als Einleger der Bank auftreten, das Prinzipal-Agent-Problem der
Kontrolle des Kreditnehmers. Dieser hat die Möglichkeit in unterschiedlich riskante
Projektalternativen zu investieren und den Kreditgeber in Ungewissheit über die
tatsächliche Wahl der Alternative zu lassen. Durch Diversifikation des Kreditportfo-
lios gelingt der Bank letztlich die Minderung des Risikos sowie der Delegations-
kosten auf ein Minimum
15
.
12
vgl. Neuberger (1998), S. 17 und Neuberger (1994), S. 7
13
s. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 854
14
s. dazu Neuberger (1998), S. 27 f.
15
vgl. Neuberger (1994) in Verbindung mit Neuberger (1998), S. 29 f. und Küppers, Markus (2000),
Banken in der geldpolitischen Transmission, Tübingen, S. 15 ff.

7
b) Adverse Selektion
Adverse Selektion beschreibt dabei den Prozess der ,,entgegensetzten" Sortierung
der Kreditbewerber. Als Aktionsparameter wirkt hierbei der Preis in Form des
Kreditzinssatzes. Eine Bank strebt - gemäß der Annahme rationalen Verhaltens -
nach maximalem Gewinn. In einem walrasianischen Gleichgewicht entspräche der
Preis bei vollkommener Konkurrenz den Grenzkosten und es würde ein Nullge-
winn erwirtschaftet. Da Banken aber das oben beschriebene Risiko des Kreditaus-
falls haben, ist der Zinssatz über die, in der Zukunft zu erwartenden, Erträge der
Bank zu ermitteln und fällt höher aus. Derjenige Zinssatz, der die maximalen zu
erwartenden Erträge sichert, ist dann der Gleichgewichtszinssatz
16
.
Wählt die Bank diesen Zinssatz, so führt dies dazu, dass die risikoärmsten
Kreditbewerber aufgrund der gestiegenen Kreditkosten im Verhältnis zum Investi-
tionsertrag ihren Kreditantrag zurückziehen und risikoreichere Kreditbewerber nun
zuerst bedient werden
17
.
Die Tatsache der Kreditrationierung als Ergebnis dieses speziellen Markt-
prozesses setzt allerdings neue Verhaltensanreize an die Kreditbewerber. Damit
sich aufgrund der Kreditkosten zum Gleichgewichtszinssatz die Investition lohnt,
ist der Antragssteller möglicherweise geneigt, ein Projekt mit höherem Risiko zu
wählen, damit sein erwarteter Ertrag höher ausfällt
18
. Dieser Verhaltensanreiz wird
dann als Moral-Hazard-Effekt bezeichnet, wenn der Kreditnehmer den Kreditgeber
nicht über die Wahl der riskanteren Investitionsalternative informiert und diese
auch nicht durch den Kreditgeber beobachtbar ist.
2.2.2 Auswege aus dem Rationierungsgleichgewicht
a) Sicherheiten und Hausbankbeziehung als Lösung von Informationsasymmetrien
16
vgl. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 855 ff.
17
vgl. Neuberger (1998), S. 107 ff. in Verbindung mit Neuberger (1994), S. 10 ff.
18
vgl. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 858 f.

8
Zwei Möglichkeiten der Kreditrationierung zu entgehen, bestehen für den Kredit-
bewerber in Form von Sicherheiten
19
und/oder durch langfristige Beziehungen zu
einer Hausbank
20
.
Auch wenn eine Kreditentscheidung nicht vorrangig danach getroffen wird,
welche Sicherungen ein Kreditbewerber aufweist, sind sie doch von Bedeutung
21
.
Die Autoren Jährig und Schuck ordnen Kreditsicherheiten vielmehr als ein Instru-
ment des Ermessens ein, das höchstens nach grundsätzlichen Prinzipien einge-
setzt wird. Demnach decken kurzfristig liquidierbare Sicherheiten aus dem
Umlaufvermögen kurzfristige Kredite. Entsprechend decken langfristig liquidierba-
re Vermögenswerte aus dem Anlagevermögen mittel- bis langfristige Kredite
22
.
Bei einer Hausbankbeziehung handelt es sich nach Neuberger (1998) um
implizite Bindungen, die der kreditgewährenden Bank einen Informationsvorsprung
gegenüber Mitbewerbern schafft
23
, da es sich um eine Beziehung handelt, die laut
Jährig und Schuck durch den alles durchdringenden Grundsatz des gegenseitigen
Vertrauens charakterisiert ist
24
.
Insbesondere bei der Finanzierung zur Rationalisierung
25
und bei der Ab-
wendung von Unternehmenskrisen
26
ist die Hausbankbeziehung von zentraler
Bedeutung. Risiken können gezielt durch die Bank gesteuert und das Investitions-
projekt kontrolliert werden.
b) Scoring und Diskriminanzanalyse als Lösung der adversen Selektion
Die mikroökonomische Erklärung der Kreditvergabe liefert ein Bild vom Kredit-
markt, auf dem ausschließlich harte Faktoren zur Beurteilung eines Kreditbewer-
bers herangezogen werden. Dem widersprechend darf nicht übersehen werden,
dass Banken einerseits auch Faktoren mit weichem Charakter berücksichtigen.
Andererseits spielen weitere Faktoren sowie aus mikroökonomischer Sicht nicht
19
s. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 866
20
s. dazu Neuberger (1998), S. 41 f.
21
vgl. Jährig, Alfred, Hans Schuck (1990), vollig neu bearbeitet von Peter Rösler und Manfred
Woite, 5., wesentlich erweiterte Auflage, Handbuch des Kreditgeschäfts, Wiesbaden, S. 100
22
s. Jährig/Schuck (1990), S. 100 f.
23
vgl. Neuberger (1998), S. 41
24
Jährig/Schuck (1990), S. 534
25
Neuberger (1998), S. 41
26
Jährig/Schuck (1990), S. 535

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2009
ISBN (eBook)
9783842819221
DOI
10.3239/9783842819221
Dateigröße
609 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Rostock – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Volkswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
2,7
Schlagworte
unternehmensfinanzierung kredit ostdeutschland finanzierungsbeschränkung kreditvergabe
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