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Instrumente des New Public Management in ihrer Anwendung auf die strategische Führung von Berufsgenossenschaften

©2010 Masterarbeit 121 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Ziel der Arbeit ist die Darstellung der Instrumente des New Public Management in ihrer Anwendung auf die strategische Führung von Berufsgenossenschaften sowie die Darstellung der damit verbundenen Wirkungen, z.B. auf den von Unternehmern zu zahlenden Beitrag. Grundlage der Arbeit ist neben der verwendeten Literatur auch eine langjährige berufsgenossenschaftliche Berufserfahrung (zuletzt seit 01.01.2009 bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) aus Bottom-up-Sichtweise.
Durch die Arbeit soll ein Grundlagenmodell dargestellt werden, welches bei Bedarf trägerspezifisch erweitert werden kann. Es wird vordergründig die echte Unfallversicherung (die Berufsgenossenschaft) betrachtet, wobei auch eine Übertragung auf die unechte Unfallversicherung nach entsprechender Anpassung möglich ist.
Die Arbeit richtet sich vordergründig an zwei Personenkreise: einerseits an den für die strategischen Führung zuständigen Personenkreis (Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsführung), da eine Steuerung nach dem NPM-Konzept über Leistungsvorgaben und -indikatoren nur möglich sein wird, wenn die komplexen Zusammenhänge hinter den Indikatoren verstanden werden. Darüber hinaus können in Verbindung mit der eigenen Top-down-Sichtweise (Gegenstromverfahren) effektivere und effizientere Entscheidungen getroffen werden. Andererseits richtet die Arbeit sich an den Unternehmer, der den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung trägt und deshalb zu Recht an einer kundengerechten Kommunikation sowie einer wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung interessiert sein wird. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden die männlichen Bezeichnungen für Personen oder Personengruppen verwendet. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Inhaltsverzeichnis2
Abbildungsverzeichnis5
Abkürzungsverzeichnis8
Kapitel A: Einleitung, Begriffsbestimmungen und Rahmenbedingungen9
1.Zielsetzung der Arbeit (Erkenntnisinteresse)9
2.Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft10
2.1Die fünf Säulen der Sozialversicherung10
2.2Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft aktuell11
2.2.1Überblick11
2.2.2Das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz14
2.2.3Urteil des EuGH vom 05.03.200915
3.New Public Management17
3.1Theoretische Grundlagen des New Public Management19
3.1.1Moderne Institutionenökonomie20
3.1.1.1Public-Choice-Theorie20
3.1.1.1.1Niskanens Bürokratienmodell21
3.1.1.1.2Downs Bürokratienmodell22
3.1.1.2Neue […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Klaus Krönlein
Instrumente des New Public Management in ihrer Anwendung auf die strategische
Führung von Berufsgenossenschaften
ISBN: 978-3-8428-1920-7
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2011
Zugl. Bad Sooden-Allendorf, Fachhochschule Nordhessen, Studienort Berlin, Bad
Sooden-Allendorf, Deutschland, MA-Thesis / Master, 2010
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica.de, Hamburg 2011

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... 2
Abbildungsverzeichnis ... 5
Abkürzungsverzeichnis ... 8
Kapitel A: Einleitung, Begriffsbestimmungen und Rahmenbedingungen .. 9
1.
Zielsetzung der Arbeit (Erkenntnisinteresse) ... 9
2.
Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft... 10
2.1. Die fünf Säulen der Sozialversicherung ... 10
2.2. Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft aktuell... 11
2.2.1. Überblick ... 11
2.2.2. Das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz... 14
2.2.3. Urteil des EuGH vom 05.03.2009... 15
3.
New Public Management ... 17
3.1. Theoretische Grundlagen des New Public Management ... 19
3.1.1. Moderne Institutionenökonomie ... 20
3.1.1.1. Public-Choice-Theorie ... 20
3.1.1.1.1. Niskanens Bürokratienmodell ... 21
3.1.1.1.2. Downs Bürokratienmodell... 22
3.1.1.2. Neue Institutionenökonomie ... 23
3.1.1.2.1. Property-Rights-Theorie ... 23
3.1.1.2.2. Principal-Agent-Theorie ... 24
3.1.1.2.3. Transaktionskostentheorie... 24
3.1.2. Managerialismus ... 25
2

4.
Anforderungen an die Übertragbarkeit des New Public Management
auf die strategische Führung von Berufsgenossenschaften ... 26
4.1. Strategische
Führung ... 26
4.2. Die
zeitlichen
Rahmenbedingungen... 29
4.2.1. Auswirkung der vier Phasen der Verwaltungspolitik in Deutschland auf
die strategischen Ziele ... 29
4.2.2. Die drei Phasen der Reformbewegung des Public Management ... 31
4.3. Öffentliches und privates Recht... 32
4.4. Verhältnis
von
NPM
und Recht ... 32
Kapitel B: Darstellung der New-Public-Management-Instrumente und ihrer
Anwendung auf die strategische Führung von
Berufsgenossenschaften ... 35
1.
Strategische Ziele des New Public Management in Bezug auf die
Berufsgenossenschaften ... 36
1.1. Kundenorientierung ... 36
1.2. Leistungs- und Wirkungsorientierung ... 40
1.3. Qualitätsorientierung ... 42
1.4. Wettbewerbsorientierung ... 42
2.
Die Instrumente des New Public Management ... 46
3.
Kontraktmanagement ... 46
3.1. Internes
Kontraktmanagement ... 47
3.1.1. Ziel- bzw. Leistungsvereinbarungen... 47
3.1.2. Outputsteuerung... 50
3.1.3. Dezentralisierung der Führungs- und Organisationsstruktur ... 56
3.2. Externes
Kontraktmanagement ... 68
3.2.1. Ausschreibungen... 68
3

3.2.2. Contracting Out/Outsourcing ... 69
3.2.3. Public Private Partnership ... 69
3.3. Electronic
Government... 70
4.
Globalbudget ­ dezentrale Ressourcenverantwortung ... 72
4.1. Controlling ... 73
5.
Informations- , Innovations- und Qualitätsmanagement ... 76
5.1. Informationsmanagement... 76
5.2. Innovationsmanagement ... 81
5.3. Qualitätsmanagement ... 82
6.
Ergebnis ... 87
Kapitel C: Fazit, Kritik und Ausblick in die Zukunft... 90
1. Zusammenfassung
der
Arbeit ... 90
2.
Kritik am NPM in der Literatur ... 92
3. Ausblick
in
die
Zukunft ... 95
4. Schlussbemerkung... 99
Anhang A: Grundsätze der UV und die Leistungen ... 101
Anhang B: Erhebungsbogen zur Produktdefinition bei einer
Berufsgenossenschaft... 102
Anhang C: Produktübersicht bei einer Berufsgenossenschaft ... 103
Anhang D: Balance Scorecard bei einer Berufsgenossenschaft ... 105
Literaturverzeichnis ... 106
4

Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Das System der sozialen Sicherung ... 10
Abb. 2: Die Versicherten... 12
Abb. 3: Ehrenamtliche Selbstverwaltung ... 14
Abb. 4: Übersicht der theoretischen Grundlagen... 19
Abb. 5: Erklärung politischer Prozesse durch die Public-Choice-Theorie... 21
Abb. 6: Anteile dispositiver und objektbezogener Tätigkeiten bei den
Berufsgenossenschaften ... 28
Abb. 7: Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts ... 33
Abb. 8: Auswirkungen der Instrumente des NPM auf die Beitragshöhe ... 35
Abb. 9: Strategische Ziele des NPM... 36
Abb. 10: Die möglichen Kunden der Berufsgenossenschaft... 37
Abb. 11: Zusammenhang zwischen Aktivitäten, Leistungen und Wirkungen... 41
Abb. 12: Wettbewerbsmechanismen in der öffentlichen Verwaltung ... 43
Abb. 13: Strategische Ziele des NPM/Instrumente des NPM ... 46
Abb. 14: Ebenen der Leistungsvereinbarungen bei Unfallversicherungs-
trägern ... 49
Abb. 15: Von der Leistung zum Produktbereich ... 51
Abb. 16: Wirkungsorientierte Steuerung... 55
Abb. 17: Die Hauptverwaltung und die Bezirksverwaltungen ... 57
Abb. 18: Dimensionen der Zentralisierung im NPM... 57
Abb. 19: Elemente des integrierten Personalmanagements nach Hilb... 65
Abb. 20: Adressaten des Controllings ... 74
5

Abb. 21: Der Regelkreis des Controlling-Denkens ... 75
Abb. 22: CAF-Grundmodell (aufbauend auf dem EFQM-Modell) ... 85
Abb. 23: Wirkungen des NPM auf die Beitragshöhe... 87
Abb. 24: Überblick ... 90
Abb. 25: Grundsätze der Unfallversicherung... 101
Abb. 26: Leistungen nach Arbeitsunfall und Berufskrankheit ... 101
Abb. 27: Erhebungsbogen zur Produktdefinition bei einer
Berufsgenossenschaft ... 102
Abb. 28: Produktübersicht Prävention ... 103
Abb. 29: Produktübersicht Rehabilitation/Entschädigung ... 103
Abb. 30: Übersicht Sekundärprodukte des sonstigen Bereichs... 104
Abb. 31: Beispiel einer Balance Scorecard ... 105
6

,,Wer zu spät an die Kosten denkt,
ruiniert sein Unternehmen.
Wer immer zu früh an die Kosten
denkt, tötet die Kreativität."
1 2
(Philip Rosenthal [*1916]; dt. Politiker und Industrieller)
1
Duden ­ Zitate und Aussprüche, Band 12, Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich, 1998, unter dem Begriff: Management, S.
710
2
Anmerkung: Entscheidend ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Kostenreduzierung und der Kreativität. Nachdem durch New
Public Management auch ein ständiger Weiterentwicklungs- und dadurch ein Verbesserungsprozess angestrebt wird, würde fehlende
Kreativität Stillstand bedeuten (bürokratische Verwaltung). Durch Kreativität kann eine Kostenreduzierung erreicht werden (siehe Leis-
tungs- und Wirkungsorientierung). ,,Der Mensch, der so genannte Wissensarbeiter, rückt trotz verbesserter Technik noch zentraler in
den Mittelpunkt. Seine Kreativität ist gefragt ­ sie ist Basis des Erfolgs von Unternehmen, die in der Mehrzahl dezentral geführt wer-
den." Media Planet, Modern Office, Beilage zur F.A.Z, Ausgabe Februar 2010, S.7
7

Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
an anderem Ort
Abb.
Abbildung
BG
Berufsgenossenschaft
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
d.h.
das heißt
etc.
et cetera
EuGH
Europäischer Gerichtshof
grds.
Grundsätzlich
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologien
insb.
insbesondere
i.V.m.
in Verbindung mit
NPM
New Public Management
QM
Qualitätsmanagement
S.
Seite(n)
SGB
Sozialgesetzbuch
sog.
sogenannte
u.a.
unter anderem
UV
Unfallversicherung
UVMG
Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz
z.B.
zum Beispiel
8

Kapitel A: Einleitung, Begriffsbestimmungen und Rahmenbedingungen
1. Zielsetzung der Arbeit (Erkenntnisinteresse)
Ziel der Arbeit ist die Darstellung der Instrumente des New Public Management in
ihrer Anwendung auf die strategische Führung von Berufsgenossenschaften sowie
die Darstellung der damit verbundenen Wirkungen, z.B. auf den von Unternehmern
zu zahlenden Beitrag. Grundlage der Arbeit ist neben der verwendeten Literatur auch
eine langjährige berufsgenossenschaftliche Berufserfahrung (zuletzt seit 01.01.2009
bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) aus Bottom-up-Sichtweise.
Durch die Arbeit soll ein Grundlagenmodell dargestellt werden, welches bei Bedarf
trägerspezifisch erweitert werden kann. Es wird vordergründig die echte Unfallversi-
cherung (die Berufsgenossenschaft) betrachtet, wobei auch eine Übertragung auf die
unechte Unfallversicherung nach entsprechender Anpassung möglich ist.
3
Die Arbeit richtet sich vordergründig an zwei Personenkreise: einerseits an den für
die strategischen Führung zuständigen Personenkreis (Vertreterversammlung, Vor-
stand und Geschäftsführung), da eine Steuerung nach dem NPM-Konzept über Leis-
tungsvorgaben und -indikatoren nur möglich sein wird, wenn die komplexen Zusam-
menhänge hinter den Indikatoren verstanden werden.
4
Darüber hinaus können in
Verbindung mit der eigenen Top-down-Sichtweise (Gegenstromverfahren) effektivere
und effizientere Entscheidungen getroffen werden. Andererseits richtet die Arbeit
sich an den Unternehmer, der den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung trägt
und deshalb zu Recht an einer kundengerechten Kommunikation sowie einer wirt-
schaftlichen und sparsamen Mittelverwendung interessiert sein wird.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden die männlichen Bezeichnungen für
Personen oder Personengruppen verwendet.
5
3
Es wird nach echter und unechter UV unterschieden. Die echte UV knüpft an das Grundmodell der abhängigen Beschäftigung und ver-
gleichbare Fälle sozialer Schutzbedürftigkeit an. In der unechten UV hingegen ist z.B. versichert, wer zugunsten des Gemeinwohls han-
delt, z.B. Hilfeleistungen bei Unglücksfällen (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 SGB VII), beim Besuch von Kindertageseinrichtungen, Schulen und
Hochschulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII) erbringt. Eine Unterscheidung ist hinsichtlich der Finanzierung wichtig, da die echte UV von
den BG´en getragen wird und die Mittel von den Unternehmen, also privat, aufgebracht werden (§§ 121ff., 150ff. SGB VII). Die unech-
te UV finanziert sich dagegen aus Steuermitteln. Träger sind der Bund (§ 125 SGB VII), die Länder (§ 128 Abs. 1 SGB VII) und die
Gemeinden (§ 129 SGB VII). Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 221/222.
4
,,Die Mitarbeiter spüren sehr schnell, wenn die politische Führung nur ,,halbherzig" hinter einem Reformkonzept steht oder keine
Detailinformationen besitzt. Die Folge sind fatale Auswirkungen auf die Verwaltungskultur." Wagner, D.: a.a.O., S. 226.
5
Dabei soll es sich nicht um eine Diskriminierung des weiblichen Geschlechts handeln. Selbstverständlich sind bei der Verwendung der
männlichen Bezeichnung gleichbedeutend auch die weiblichen Personen angesprochen.
9

2. Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft
2.1. Die fünf Säulen der Sozialversicherung
Eine staatlich initiierte Versorgung gegenüber sozialen Risiken wurde durch die Kai-
serliche Botschaft vom 17.11.1881 (bismarcksche Sozialgesetzgebung) eingeleitet.
Am 15.06.1883 wurde zunächst das Gesetz die Krankenversicherung betreffend, am
06.07.1884 das Unfallversicherungsgesetz und am 22.06.1889 das Gesetz die Inva-
liden- und Altersversicherung betreffend erlassen. Im Jahre 1927 brachte das Gesetz
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine erste umfassende Rege-
lung des Schutzes gegen Arbeitslosigkeit. Im Jahre 1994 trat zu den bestehenden
vier Sozialversicherungszweigen, der Kranken- (SGB V), Unfall- (SGB VII), Renten-
(SGB VI) und Arbeitslosenversicherung (SGB II und SGB III)
6
, als neuer Zweig und
,,fünfte Säule" der Sozialversicherung die soziale Pflegeversicherung (SGB XI).
7
Abb. 1: Das System der sozialen Sicherung, Quelle: DGUV: In guten Händen ­ Ihre gesetzliche Unfallversicherung ­ Aufgaben,
Leistungen und Organisation, Carl Heymanns Verlag, 2008, S. 10
Die Versicherungsträger erfüllen nach § 29 Abs. 3 SGB IV im Rahmen des Gesetzes
und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwor-
tung und dürfen nach § 30 Abs. 1 SGB IV nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetz-
lich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für
diese Aufgaben sowie für die Verwaltungskosten verwenden.
8
6
Auch wenn der Gesetzgeber die Arbeitslosenversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB I nicht der Sozialversicherung, sondern nach §§ 3 Abs.
2 Nr. 4, 19 Abs. 1 Nr. 6 SGB I der Arbeitsförderung zurechnet, ist diese doch in das Sozialversicherungssystem eingebunden und ge-
währt wie die in § 4 SGB I genannten Versicherungen in einer lebenswichtigen Bedarfssituation soziale Sicherheit. Vgl. hierzu Muckel,
S.: a.a.O.,S. 50.
7
Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 3/6/9.
8
Siehe hierzu auch Kapitel A, 4.4.,S.34
10

2.2. Die gesetzliche Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft aktuell
2.2.1. Überblick
Die gesetzliche Unfallversicherung findet ihre gesetzlichen Regelungen im siebten
Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII).
9
Die Ziele nennt § 1 SGB VII:
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sollen verhütet werden (§ 1 Nr.1 SGB VII).
Wenn sie dennoch eintreten, gilt es, Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Versi-
cherten wiederherzustellen und ihn oder seine Hinterbliebenen zu entschädigen
1 Nr. 2 SGB VII). Die Aufgaben/Ziele der gesetzlichen Unfallversicherung sind des-
halb: Prävention (§§ 14-25 SGB VII), Rehabilitation (§§ 26-55 SGB VII) und Ent-
schädigung (§§ 56-103 SGB VII).
10 11
Diese werden ,,aus einer Hand" erbracht. Hin-
sichtlich der Grundsätze der UV und der Leistungen nach einem Arbeitsunfall oder
einer Berufskrankheit wird auf Anhang A, S. 101 verwiesen.
In der UV werden die Beiträge
12
alleine vom Unternehmer getragen (§ 150 SGB VII),
wenn dieser Mitarbeiter beschäftigt. Sinn dieser Regelung ist, dass der Unternehmer
gemäß § 104 SGB VII infolge des Schutzes der gesetzlichen UV weitgehend von
seiner privaten rechtlichen Haftung
13
freigestellt wird.
14
Es handelt sich hierbei um
eine Pflichtversicherung und es ist nicht zulässig, diese durch eine private Unfall- o-
der Haftpflichtversicherung zu ersetzen. Da der Unternehmer den Beitrag alleine
9
Die allgemeinen Vorschriften finden sich in §§ 4, 22 SGB I und, soweit sie für alle Bereiche der Sozialversicherung Geltung beanspru-
chen, im SGB IV.
10
Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 218.
11
Hierbei handelt es sich nicht um einen verbindlichen Leistungskatalog, sondern vielmehr um einen Handlungsrahmen, bei dem der Ge-
setzgeber den Unfallversicherungsträgern einen Ermessensspielraum lässt, den diese pflichtgemäß auszufüllen haben. ,,Der Gesetzgeber
gibt aber häufig nicht vor, wie die Aufgaben zu erfüllen sind, sondern legt hierfür lediglich Grundsätze fest (z.B. nach §§ 14 und 26 SGB
VII ,,mit allen geeigneten Mitteln" für die Prävention und Rehabilitation der gesetzlichen UV). Es obliegt der Selbstverwaltung von Ver-
sicherern und Mitgliedern dispositive Freiräume im Sinne einer bestmöglich wirksamen Aufgabenerfüllung zu nutzen." Bräuning, D.:
Benchmarking als sachzielorientiertes Controllinginstrument am Beispiel von Sozialversicherungsträgern, ZögU 30. Jg. 4/2007, S. 374
12
In der gesetzlichen UV werden die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzmittel (Umlagesoll, § 153 Abs.1 SGB VII) nach dem
Arbeitsentgelt der Versicherten und dem Grad der Unfallgefahr in dem jeweiligen Unternehmen umgelegt (vgl. §§ 152 Abs. 1 Satz 1,
153 Abs. 1 SGB VII; Umlageverfahren siehe §§ 165 ff. SGB VII), so dass der Bedarf rückwirkend gedeckt wird. Die BG´en müssen
gemäß § 157 SGB VII zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrenklassen bilden, um die mit gleicher Unfall-
gefahr belasteten Mitgliedsunternehmen in Gruppen zusammenzufassen. Darüber hinaus haben sie den Unternehmen unter Berücksich-
tigung der angezeigten Arbeitsunfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 SGB VII). Die BG´en regeln die nä-
heren Einzelheiten durch ihre jeweiligen Satzungen.
13
Der Versicherte könnte somit u.a. nach §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB von dem Verursacher verlangen, dass er ihm seinen Schaden,
etwa die Kosten der notwendigen Heilbehandlung, ersetzt. Ist der Verursacher ­ wie meist bei Arbeitsunfällen ­ Verrichtungsgehilfe des
Arbeitgebers, könnte von diesem auch unter den Voraussetzungen des § 831 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangt werden. §§ 104, 105
SGB VII schließen jedoch diese Ansprüche wie auch vertragliche Ansprüche gegen den Unternehmer und andere Versicherte desselben
Betriebs aus. Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 258/259.
14
Nur 19% der Unternehmer kennen diese zentrale Funktion. Vgl. hierzu DGUV-Forum 07.08/09: Welche Kommunikation braucht die
gesetzliche Unfallversicherung?, S. 14.
11

zahlt, ergibt sich eine wesentliche Abweichung von den übrigen Sozialversicherun-
gen. Es fallen das Versicherungsverhältnis und die Mitgliedschaft auseinander.
15
Die Träger der UV lassen sich nach § 114 SGB VII in die gewerblichen Berufsgenos-
senschaften, die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und die Unfallkassen
einteilen. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach Branchen gegliedert
und für alle der rund drei Millionen
16
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft zu-
ständig. Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sind Mitglieder des Spitzen-
verbandes ,,Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" (DGUV). Dieser vertritt und
unterstützt sie in allen übergreifenden Fragen und entwickelt gemeinsame Maßnah-
men zur Prävention.
17
In der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es einen weit reichenden versicherten
Personenkreis. Ein Überblick über die Versicherten der jeweiligen Träger verdeutlicht
die Einteilung.
Abb. 2: Die Versicherten, Quelle: Deutsche DGUV: In guten Händen ­ Ihre gesetzliche Unfallversicherung ­ Aufgaben, Leis-
tungen und Organisation, Carl Heymanns Verlag, 2008, S. 18
15
Mitglied des Versicherungsträgers und alleiniger Beitragszahler ist der Unternehmer gemäß § 150 Abs. 1 SGB VII. Pflichtversichert ist
hingegen im Grundfall des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII der Beschäftigte. Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung der Unternehmer
in der UV ist hiervon nur eine Ausnahme (§ 6 SGB VII). Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 219.
16
Entnommen aus: DGUV: In guten Händen ­ Ihre gesetzliche Unfallversicherung ­ Aufgaben, Leistungen und Organisation, Carl Hey-
manns Verlag, 2008, S. 11.
17
Vgl.
hierzu
www.dguv.de
, Zugriff: 20.01.2010.
12

Gemäß § 29 Abs. 1 SGB IV sind die Träger der Sozialversicherung, und somit auch
die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, rechtsfähige Körperschaften des öf-
fentliche Rechts mit Selbstverwaltung
18
. Diese erfüllen die ihnen gesetzlich übertra-
genen Aufgaben in paritätischer, d. h. mit gleichmäßig verteilten Rechten ausgestat-
teter Selbstverwaltung durch die Arbeitgeber und die Versicherten (Arbeitnehmer),
wodurch die Interessen beider Seiten gleichermaßen gewährleistet werden. Die
Rechtsaufsicht erfolgt durch den Staat (§§ 87 ff. SGB IV) und hier durch das Bun-
desversicherungsamt (§ 94 SGB IV)
19
, auf dem Gebiet der Prävention in der gesetz-
lichen Unfallversicherung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 90
Abs. 1 S.1 SGB IV). Alle sechs Jahre (§ 58 Abs. 2 SGB IV) werden durch die Arbeit-
geber und Versicherten im Rahmen von Sozialwahlen die Mitglieder für die Vertre-
terversammlung gewählt (§§ 45 ff. SGB IV).
Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung und sonstiges autonomes Recht
20
(§ 33 Abs. 1 S.1 SGB IV; z.B. die Unfallverhütungsvorschriften nach § 15 SGB VII).
Sie vertritt den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand und dessen Mitglie-
dern (§ 33 Abs. 2 S.1 SGB IV). Darüber hinaus wählt sie den Vorstand (§ 52 Abs. 1
SGB IV).
Der Vorstand, das oberste Organ der Trägerorganisation, verwaltet
21
den Versiche-
rungsträger und vertritt ihn gerichtlich und außergerichtlich, soweit Gesetz oder sons-
tiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nicht Abweichendes bestim-
men (§ 35 Abs. 1 S.1 SGB IV). Er erlässt Richtlinien für die Führung der Verwal-
tungsgeschäfte, soweit diese dem Geschäftsführer obliegen (§ 35 Abs. 2 SGB IV). Er
trifft somit strategische Entscheidungen von hoher wirtschaftlicher Bedeutung.
22
18
Nach § 31 Abs. 1 SGB IV werden bei jedem Versicherungsträger als Selbstverwaltungsorgane eine Vertreterversammlung und ein Vor-
stand gebildet. Jeder Versicherungsträger hat einen Geschäftsführer, der dem Vorstand mit beratender Stimme angehört.
19
Zu den Aufgaben des Bundesversicherungsamts (BVA): ,,Das BVA in Bonn ist als selbständige Bundesoberbehörde nach dem Bundes-
versicherungsgesetz errichtet worden. Es führt Aufsicht über bundesunmittelbare Träger und Einrichtungen der Sozialversicherung, übt
die ihm durch das Sozialgesetzbuch zugewiesenen Beratungs- und Genehmigungsbefugnisse gegenüber den Sozialversicherungsträgern
aus und prüft die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung bei den bundesunmittelbaren Krankenversicherungsträgern und deren
Pflegekassen."
www.bva.de
, Zugriff: 21.01.2010; siehe hierzu auch §§ 87ff. SGB IV.
20
Hoheitsrechte der SV-Träger, d. h. ihnen wurden Aufgabenbereiche normativ zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen, die
sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können, so dass der Abstand zwischen Norm-
geber und Normadressat verringert wird, z.B. Festsetzung des Gefahrtarifs (§ 157 SGB VII) und des Jahresarbeitsverdienstes kraft Sat-
zung (§ 83 SGB VII), Erweiterung des versicherten Personenkreises nach § 3 SGB VII. Die eigenverantwortliche Normsetzungsbefug-
nis besteht nur innerhalb der gesetzlichen Ermächtigung. Vgl. hierzu
http://extranet.unfallversicherungdigital.de/start_uvd.htm
, Zugriff:
02.02.2010.
21
Umfasst die gesamte öffentliche und fiskalische Tätigkeit. Vgl, hierzu
http://extranet.unfallversicherungdigital.de/start_uvd.htm
, Zu-
griff: 02.02.2010.
22
Diese betreffen im Wesentlichen trägerspezifische Schwerpunktsetzungen in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und Entschädi-
gung, die Aufstellung des Haushalts- (§ 70 Abs. 1 S.1 SGB IV), Organisations- u. Geschäftsverteilungsplans etc.
13

Die Vertreterversammlung und der Vorstand sind paritätisch besetzt.
Der Geschäftsführer, der an der Spitze der Verwaltung
23
steht, gehört dem Vorstand
beratend an, führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte und vertritt den Versiche-
rungsträger gerichtlich und außergerichtlich
24
(§ 36 Abs. 1 SGB IV). Der Geschäfts-
führer und sein Stellvertreter werden auf Vorschlag des Vorstandes von der Vertre-
terversammlung gewählt (§ 36 Abs. 2 SGB IV).
Zusammenfassend gesagt wirken somit Arbeitgeber und Versicherte (Arbeitnehmer)
gemeinsam bei Entscheidungen über den Haushalt (§§ 67 ff. SGB IV), den Gefah-
rentarif (§ 34 SGB IV), den Stellenplan und auch in Ausschüssen (§ 36a SGB IV)
beim Erlass von Verwaltungsakten mit.
Abb. 3: Ehrenamtliche Selbstverwaltung, Quelle: DGUV: In guten Händen ­ Ihre gesetzliche Unfallversicherung ­ Aufgaben,
2.2.2. Das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz
Durch das UVMG wurden zum 01.01.2009 als wesentliche Ziele die Anpassung der
Leistungen und Organisation, Carl Heymanns Verlag, 2008, S. 15
Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung an veränderte Wirtschaftsstruktu-
ren, die Lösung der Altlastenproblematik
25
sowie die Modernisierung der Verwal-
tungsstrukturen verfolgt. Das Gesetz sieht als Lösung vor, durch Fusionen in eigener
23
Er stellt im Gegensatz zu Vorstand und Vertreterversammlung kein Organ der Selbstverwaltung dar.
24
Dem Geschäftsführer wird im Rahmen der laufenden Verwaltungsgeschäfte, individuell nach Versicherungsträger, eine eigenständige,
t
n immer so gewesen wären wie im aktuellen
von der Zustimmung des Vorstandes unabhängige Entscheidungskompetenz eingeräumt.
25
,,Der so genannte Überlastenausgleich ist dazu gedacht, die Lasten zwischen den Branchen zu verteilen. Jede BG trägt danach zunächs
ihre Rentenlast in dem Umfang, den sie zu tragen hätte, wenn die aktuellen Strukturen scho
Geschäftsjahr. Die gegebenenfalls über diesem Betrag liegenden Rentenlasten, die so genannte Überlast, werden unter allen Trägern
solidarisch aufgeteilt."; DGUV: In guten Händen ­ ..., a.a.O., S. 29.
14

Verantwortung der Selbstverwaltung die Zahl der gewerblichen Berufsgenossen-
schaften auf neun große Träger zu reduzieren.
26
Im Zuge der Umsetzung der ge-
setzgeberischen Vorgaben in § 222 Abs. 1 SGB VII ist die Zahl der BG´en von an-
fangs 36 Berufsgenossenschaften zum 01.01.2010 bereits auf 13 reduziert worden.
27
Darüber hinaus müssen im Rahmen des Verwaltungsvermögens künftig Altersrück-
stellungen gebildet werden. Die Insolvenzgeldumlage wird inzwischen zusammen mit
dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag von den Krankenkassen erhoben und die
Betriebsprüfungen sind bereits auf die Prüfdienste der Rentenversicherung überge-
gangen. Das Leistungsrecht ist jedoch ­ entgegen den ursprünglichen Reformab-
sichten ­ mit wenigen Ausnahmen unverändert geblieben.
28
2.2.3. Urteil des EuGH vom 05.03.2009
Die gesetzliche UV ist eine Pflichtversicherung, und es ist nicht zulässig, diese durch
eine private Unfall- oder Haftpflichtversicherung zu ersetzen. Hinsichtlich der gesetz-
lichen Krankenversicherung (§ 173 SGB V) gibt es auch keine Wahlfreiheit im Hin-
blick auf den Träger der Versicherung. In der UV wird der Unternehmer automatisch
Mitglied der BG (als Träger der Versicherung), in deren Zuständigkeitsbereich er fällt
(§§ 121 ff. SGB VII). Dieser Kritikpunkt wird sich durch die Fusionen weiterer BG´en
abschwächen, da sich durch die geringere Anzahl der BG´en natürlich auch die
Wahlfreiheit reduzieren würde. Diese Zwangsmitgliedschaft bei den Berufsgenos-
senschaften wird seit einigen Jahren mit dem Vorwurf eines Staatsmonopols kriti-
siert. Im Urteil des EuGH vom 05.03.2009
29
wurde die Europarechtskonformität der
Zwangsversicherung der Unternehmer in der deutschen gesetzlichen Unfallversiche-
rung bejaht. Anlass des Vorabentscheidungsverfahrens
30
war eine Vorlage des Lan-
26
Ziel war hierbei u.a. die Einsparung von Verwaltungs- und Verfahrenskosten. Vgl. hierzu Rürup, B.; Steinmeyer, H.-D.: Gutachten zur
Neuorganisation der gesetzlichen Unfallversicherung vom 28.03.2006, S.197-200; Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Beschluss vom
kleineren Einheiten (siehe hier gesetzliche Krankenversicherung).
27
28
.2009, Az: C-350/07; vgl.
29.06.2006 zur Vorbereitung der Reform des Unfallversicherungsrecht, S. 9. Ob dies zutrifft, ist jedoch fraglich, da erfahrungsgemäß
größere Verwaltungseinheiten teurer sind als eine größere Anzahl von
Als Kritik wurde im Vorfeld angeführt, dass durch die Fusion die Nähe zu den Branchen und Betrieben und die Anreize zur Prävention,
die je BG unterschiedlich betrieben werden, verloren gingen. Vgl. hierzu Muckel, S.: a.a.O., S. 224.
Vgl. hierzu DGUV-Rundschreiben 0037/2010 vom 21.01.2010: ,,Vereinigung von Berufsgenossenschaften".
Vgl. hierzu DGUV: EK-UVMG ­ Erstkommentierung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfall-
versicherungsmodernisierungsgesetz ­ UVMG), a.a.O., ,,Einführung".
29
Rechtssache Kattner Stahlbau-GmbH gegen die Maschinenbau- und Metall-BG, EuGH 3. Kammer vom 05.03
hierzu
www.juris.de
, Zugriff: 02.12.2009; S.12-15; NJW 2009, S. 1313-1314; NJW 2009, S. 1325.
30
,,Das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EG bietet jedem nationalen Gericht die Möglichkeit, im Rahmen eines anhängigen
Rechtsstreits dem EuGH eine Frage vorzulegen, welche die Auslegung oder die Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts berührt. Es handelt
einschaftsgebiet durch den EuGH
sich dabei nicht um eine Klage, sondern um ein Antragsverfahren. Sinn und Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens ist es, im Sinne
der Rechtssicherheit die einheitliche Anwendung und Interpretation des EG-Rechts im gesamten Gem
sicherzustellen. Der EuGH fungiert dabei als oberste Aufsichtsinstanz über die Wahrung des Gemeinschaftsrechts." Arndt, H.-W.:
a.a.O., S.84
15

dessozialgerichts Sachsen vom 24.07.2007
31
, welches wissen wollte, ob die Pflicht-
mitgliedschaft in einer Einrichtung wie der Maschinenbau- und Metall-
Berufsgenossenschaft mit dem europäischen Wettbewerbsrecht (Art. 81 und 82 EG)
und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 und 50 EG) vereinbar sei.
Der EuGH führte im Urteil aus, dass die Art. 81 und 82 EG dahin auszulegen seien,
dass eine Einrichtung wie die Berufsgenossenschaft, der die Unternehmen eines be-
stimmten Gewerbezweigs in einem bestimmten Gebiet zur Versicherung gegen Ar-
beitsunfälle und Berufskrankheiten beitreten müssten, kein Unternehmen im Sinne
dieser Vorschriften sei. Die Berufsgenossenschaft nehme ihre Aufgaben rein sozialer
Natur wahr, soweit dies im Rahmen eines Systems geschehe, mit dem der Grund-
satz der Solidarität umgesetzt werde und das staatlicher Aufsicht unterliege (Solidari-
tätsprinzip). Die Art. 49 und 50 EG seien dahin auszulegen, dass diese einer Rege-
lung wie der vorliegenden nicht entgegenstünden, soweit dieses System nicht über
das hinausgehe, was zur Erreichung des Ziels der Gewährleistung des finanziellen
Gleichgewichts eines Zweigs der sozialen Sicherheit erforderlich sei (Verhältnismä-
ßigkeitsprinzip).
Unter Betrachtung der Leitsätze (hier: Berufsgenossenschaften sind keine Unter-
nehmen) sowie der Begründung (hier: die Pflichtmitgliedschaft ist zur Erreichung des
Ziels der Gewährleistung des finanziellen Gleichgewichts eines Zweigs der sozialen
Sicherheit erforderlich) im Urteil hat der EuGH bereits die Entscheidung des Landes-
sozialgerichts vorgeprägt.
32
Zusammenfassend gesagt ist das Urteil des EuGH als
eine Entscheidung für das System der gesetzlichen Unfallversicherung zu werten.
33
Diese Auffassung vertritt auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
(BMAS) in seiner Pressemitteilung
34
und betont vor dem Hintergrund des Unfallver-
sicherungsmodernisierungsgesetzes die Zukunftsfestigkeit des Systems. Auch die
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat in einem Positionspa-
pier vom Juli 2009 mit besonderer Klarheit darauf hingewiesen, dass die Privatisie-
31
LSG-Sachsen, Beschluss vom 24.07.2007; L 6 U 2/06, vgl. hierzu
www.juris.de
, Zugriff: 02.12.2009.
32
Vgl. hierzu DGUV-Forum 11/09: ,,Der Europäische Gerichtshof kann nicht an die Stelle des europäischen Gesetzgebers treten", Inter-
view mit Prof. Dr. Maximilian Fuchs über die Auswirkungen des Richterspruches, S.12-13.
33
Vgl. hierzu DGUV Forum 04/09: ,,Monopol der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland mit Europarecht im Einklang", S. 36-
41.
34
Vgl. hierzu Bundesministerium für Arbeit und Soziales ,,Europäischer Gerichtshof bestätigt deutsches Unfallversicherungssystem":
Pressemitteilung vom 06.03.2009.
16

rung eine Scheinlösung und mit erheblichen Zusatzkosten für die Arbeitgeber ver-
bunden wäre.
35
3. New Public Management
Die klassische Verwaltung wird mit zahlreichen Schwächen in Verbindung gebracht,
Public Management oder auch New Public Management standen und stehen nicht
wie z.B. der Dominanz einer bürokratischen Führung mit juristisch geprägten Prob-
lemlösungsperspektiven, einer Übersteuerung im Routinebereich, Steuerungsdefizi-
ten im strategischen und innovativen Bereich des Verwaltungshandelns, dem Be-
rufsbeamtentum mit schwachen Leistungsanreizen und einem Führungsverhalten,
welches noch zu wenig kooperativ ist.
36
für ein einheitliches Modell bzw. Konzept der Verwaltungssteuerung, sondern sind
vielmehr eine weltweite Bewegung zur Reform von Staat und Verwaltungen als An-
passungsprozess eines sich in seinen Grundstrukturen rapide verändernden gesell-
schaftlichen und ökonomischen Umfeldes.
37 38
,,NPM befasst sich mit der Moderni-
sierung öffentlicher Einrichtungen und neuen Formen öffentlicher Verwaltungsfüh-
rung. Das ,,Neue" am NPM ist die institutionelle Sichtweise der Verwaltung und ihrer
Kontaktpartner ­ und die konzeptionellen Vorstellungen darüber, wie solche Instituti-
onen gesteuert werden sollen."
39 40
Das NPM kann jedoch ein gutes Management
nicht ersetzen.
41
35
Vgl. hierzu DGUV-Forum 11/09: ,,Der Europäische Gerichtshof kann nicht an die Stelle des europäischen Gesetzgebers treten", Inter-
view mit Prof. Dr. Maximilian Fuchs über die Auswirkungen des Richterspruches, S. 13.
36
Vgl. hierzu Schauer, R.: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre ­ Public Management ­ Grundzüge betriebswirtschaftlichen Denkens und
Handelns in öffentlichen Einrichtungen, Linde Verlag, Wien 2008, S. 61.
37
Vgl. hierzu Budäus, D.: Entwicklung und Perspektiven eines Public Management in Deutschland. In: Jann, W., Röber, M. und Woll-
mann, H.: Public Management ­ Grundlagen, Wirkungen, Kritik (Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag), edition sigma,
Berlin, 2006, S. 173-186
38
,,Es handelt sich somit nicht um die häufig unterstellte und kritisierte klassische betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise als isolierte
Wirtschaftlichkeitsanalyse und/oder produktionstheoretischer Kombinationsprozeß. Vielmehr geht es um eine Managementorientierung
im Rahmen der anstehenden und notwendigen Reformmaßnahmen, ein Ansatz, der systematisch die einzelnen Führungsfunktionen im
Managementprozeß für die öffentliche Verwaltung zu erfassen und gleichzeitig die Politik und das Verwaltungsumfeld aus der Betrach-
tung nicht auszublenden versucht.", Budäus, D.: Public Management ­ Konzepte und Verfahren zur Modernisierung öffentlicher Ver-
waltungen, edition sigma, Berlin, 4. Auflage, 1998, S.9
39
Schedler, K. und Proeller, I.: a.a.O., S.5
40
Badäus sieht das Public Management als einen Teilbereich des NPM, welcher sich auf den internen Verwaltungsbereich konzentriere,
jedoch das Gesamtgefüge von Politik und Verwaltungsumfeld mit einbeziehe. Public Private Partnership sei z.B. eindeutig dem NPM
zuzuordnen. Vgl. hierzu Budäus, D.: a.a.O., 1998, S.47. Auch Schauer bezeichnet die Binnenmodernisierung als Public Management
und die externe Strukturreform als Public Government. Beides zusammen sei unter dem Überbegriff ,,NPM" einzuordnen. Vgl. hierzu
Schauer, R.: a.a.O., S. 65.
41
Vgl. hierzu KGSt: Wege zum Dienstleistungsunternehmen Kommunalverwaltungen. Fallstudie Tilburg, Bericht Nr. 19/1992, Köln:
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, S. 148.
17

Die NPM-Bewegung lässt sich einheitlich durch folgende Merkmale charakterisie-
ren
42
:
eine stärkere Markt- und Wettbewerbsorientierung,
eine ziel- und ergebnisorientierte Steuerung (Outcome- und Outputorientierung),
dezentrale Grundstrukturen und
eine instrumentelle und verfahrensmäßige Orientierung am Unternehmermodell
und einen Wandel von der Binnenorientierung öffentlicher Verwaltungen hin zu
Kunden- bzw. Bürgerorientierung.
Diese Merkmale der Reform finden sich in unterschiedlichem Umfang und unter-
schiedlicher Intensität in länder- und kulturspezifischen Reformen wieder.
43
Zu Be-
ginn dieser Reform wurde diese in Deutschland als ,,Neues Steuerungsmodell
44
" und
in Österreich als ,,Wirkungsorientierte Verwaltungsführung" bezeichnet.
45
Grundsätz-
lich ist eine Übertragung immer nur nach vorheriger Prüfung und Anpassung an die
länderspezifischen Gegebenheiten möglich.
Dem NPM in seiner kontinentaleuropäischen Ausprägung liegt ein optimistisches
Menschenbild zugrunde, weshalb die NPM-Verwaltung in Deutschland nicht durch
bürokratische Kontrollen und Anordnungen nachteiliger Konsequenzen bei Fehlver-
halten funktioniert, sondern primär auf die Eigenverantwortung der Betroffenen ver-
traut. Es erfolgt keine individuelle Kontrolle und Überwachung, sondern es rücken die
Wirkung und Zielerreichung in den Vordergrund.
,,Grundvoraussetzung einer Vereinbarung ist deshalb Vertrauen. Nur wer ein optimis-
tisches Menschenbild in sich trägt, glaubt an die Effizienz von Verträgen. Wer hinge-
gen misstraut, sichert sich ab und bürokratisiert die Steuerung."
46
42
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/new-public-management-npm.html
, Zugriff: 31.01.2010 ; vgl. hierzu Naschold, F.; Bo-
gumil, J.: a.a.O., S. 79ff.
43
So sind z.B. bei der Rollenverteilung der verschiedenen Akteure im NPM Unterschiede in der Ausgestaltung der politisch-
administrativen Systeme in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu beachten. Auf Einzelheiten wird verzichtet.
44
Es stellt sich die Frage, ob ein soziales System vielleicht nur begrenzt steuerbar ist. Vgl. hierzu Bühl, W.: Sozialer Wandel im Ungleich-
gewicht. Zyklen, Fluktuationen, Katastrophen, Stuttgart, 1990, S. 16; ,,Tatsächlich aber wird das Steuern in der realen Verwaltungstä-
tigkeit zunehmend komplexer und dessen Auswirkungen [werden] immer weniger vorhersehbar." Zimmermann, M. E.: a.a.O., S. 262
45
Vgl. hierzu Schedler, K. und Proeller, I.: a.a.O., S.5.
46
Schedler, K. und Proeller, I.: a.a.O., S.53
18

In der Öffentlichkeit wird das NPM oft mit einer Privatisierung öffentlicher Aufgaben
gleichgesetzt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das NPM setzt gerade voraus, dass die
so geführte Institution im öffentlichen Sektor verbleibt und nicht privatisiert wird.
47
3.1. Theoretische Grundlagen des New Public Management
,,Unter Zugrundelegung der Literatur kommt man zu dem Ergebnis, dass die Verwal-
tungsreform keinen eigenständigen theoretischen Unterbau besitzt, sondern auf
mehreren theoretischen Ansätzen basiert."
48
Die wissenschaftliche Diskussion des
Reformprozesses orientiert sich besonders an den Erkenntnissen der Betriebswirt-
schaftslehre, der Volkswirtschaftslehre und der Informatik.
49
Bei den wesentlichen
Grundlagen des Public Management sowie des New Public Management handelt es
sich um zwei Ansätze der modernen Institutionenökonomie sowie des Managerialis-
mus.
50
Die Public-Choice-Theorie kann wie die verschiedenen Ansätze der neuen
Institutionenökonomie unter dem Begriff der modernen Institutionenökonomie sub-
sumiert werden.
51
Abb.4: Übersicht der theoretischen Grundlagen, Quelle: Krönlein ­ selbst erstellt
52
47
Vgl. hierzu Schedler, K. und Proeller, I.: a.a.O., S.83.
48
Thom, N. und Ritz, A.: a.a.O., 2008, S.15
49
Vgl.
hierzu
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/new-public-management-npm.html
, Zugriff: 31.01.2010.
50
,,NPM wird auf Ideen aus der Public-Choice-Theorie und dem Managerialismus zurückgeführt. Bei genauer Betrachtung und Analyse
ist eine Reduktion auf diese beiden Ansätze vereinfachend und bildet die Vielzahl der Einflüsse und Entwicklungsschienen nur grob und
schematisch ab." Vgl. hierzu Schedler, K. und Proeller, I.: New Public Management, Verlag Paul Haupt, Bern, 4. Auflage 2009, S.47.
51
Vgl. hierzu Grünig, G.: Grundlagen des New Public Management. Entwicklung, theoretischer Hintergrund und wissenschaftliche Be-
deutung des New Public Management aus Sicht der politisch-administrativen Wissenschaft der USA, Lit-Verlag, Münster, 2000, S. 196.
52
In Anlehnung an Thom, N.; Ritz, A.: a.a.o., 2008, S.15-23.
19

3.1.1. Moderne Institutionenökonomie
3.1.1.1. Public-Choice-Theorie
Die Public-Choice-Theorie hat ihren Ursprung in den Politik- und Finanzwissenschaf-
ten und wurde auch von wohlfahrtsökonomischen Strömungen geprägt.
53
Die grund-
legenden Theoriebausteine der Public-Choice-Theorie gehen bis auf Adam Smith
54
und sein 1776 veröffentliches Werk ,,Wealth of Nation" zurück. Jedoch wurde die
Verflechtung, welche die ökonomische Theorie auch mit dem öffentlichen Sektor
aufweist, erst in den 1960er Jahren durch James Buchanan
55
und Gorden Tullock
56
aufgezeigt.
57
Im Zentrum der Betrachtung steht das Staatsversagen, welches unter
der grundlegenden Annahme des methodischen Individualismus untersucht wird.
Public Choice überträgt die aus der Ökonomie stammende Theorie (insb. der neo-
klassischen Wirtschaftstheorie) rationaler Entscheidungen auf politische Phänomene.
Mit dem Ergebnis, dass auch bei Nichtmarkt-Entscheidungen im öffentlichen Bereich
die Standardannahmen der ökonomischen Theorie ­ wie rationales Verhalten und
Nutzenmaximierung ­ gelten. Public Choice befasst sich mit Anreizstrukturen und
Entscheidungsprozessen, die bei der Bereitstellung von und Entscheidung über Leis-
tungen im politischen Umfeld im Vergleich zum Markt eine Rolle spielen.
58
Charakte-
ristisch für diesen Ansatz ist die Annahme des methodischen Individualismus mit
dem Modell des rational handelnden, von Eigeninteressen geleiteten homo oecono-
micus.
59
Public Choice gliedert sich in verschiedene inhaltliche Stränge. Zum einen steht die
Beziehung zwischen den rationalen Wählern und den politischen Parteien und damit
der Prozess der politischen Willensbildung im Mittelpunkt des Interesses, zum ande-
ren wird der Prozess der Umsetzung politischer Entscheidungen durch die Betrach-
tung von Politikern und deren Berücksichtigung von Interessengruppen thematisiert.
53
Vgl. hierzu Braun, D.: a.a.O., 1999, S.55; vgl. hierzu Vogel, R.: a.a.O., S. 63.
54
Adam Smith (1723-1790) war englischer Nationalökonom. Mit ihm begann die Geschichte der Wirtschaftswissenschaften. Sein Werk
bildet die Grundlage der klassischen Lehre, z.B. Arbeit als Quelle des Wohlstandes der Nationen, Arbeitsteilung, Tauschvorgänge, etc.
Vgl. hierzu Gabler Wirtschaftslexikon, 15. Auflage, September 2001, ,,Smith, Adam", S. 2775.
55
Amerikanischer Nationalökonom. Lehrte an der George Mason University in Fairfax. Bekam 1986 den Nobelpreis für Wirtschaftswis-
senschaften. Vgl. hierzu
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/buchanan.html
, Zugriff: 31.01.2010.
56
Professor für Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an der George Mason University School of Law im Arlington County. Er gilt
als einer der Väter der Public-Choice-Theorie. Vgl. hierzu
http://de.wikipedia.org/wiki/Gordon_Tullock
, Zugriff: 31.01.2010.
57
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 15.
58
Vgl. hierzu Schedler, K.; Proeller, I. a.a.O., S.48.
59
Modell eines ausschließlich ,,wirtschaftlich" denkenden Menschen, das den Analysen der klassischen und neoklassischen Wirtschafts-
theorie zugrunde liegt. Vgl. hierzu Gabler Wirtschaftslexikon, a.a.O., ,,Homo Oeconomicus", S. 1457.
20

Ein dritter Strang der Public-Choice-Theorie widmet sich dem Verhältnis zwischen
den sog. ,,Ämtern" und ihren Mitarbeitern sowie den Politikern. Es stellt sich hierbei
die Frage, mittels welcher Rationalität das bürokratische Handeln gesteuert wird.
60
Abb. 5: Erklärung politischer Prozesse durch die Public-Choice-Theorie, Quelle: ,,Public Management", Thom,N; Ritz, A., a.a.O.,
2008, S. 16
Als Konsequenz ist das Entscheidungsverhalten von Politikern das Ergebnis der
Summe aller individuellen Präferenzen der Exekutivkräfte und Beamten.
61
Die bei-
den zentralen Vertreter dieser Richtung sind Niskanen und Downs.
3.1.1.1.1. Niskanens Bürokratienmodell
Dieses Modell beleuchtet die Beziehung zwischen den bürokratischen Ämtern und
den politischen Entscheidungsträgern.
Nach Niskanen handeln die Beamten aus unterschiedlichen Motiven, die jedoch im-
mer auf Eigeninteressen basieren. Dies geschieht durch Budgetmaximierung, sodass
sich die Beamten als eigennutzen- bzw. budgetmaximierende Bürokraten verhalten,
was vor allem auch zu ,,rent-seeking"
62
führt. Die Politik ist hinsichtlich ihrer Kontroll-
möglichkeiten eingeschränkt, da die Berechnungsgrundlage für Leistungen der Äm-
ter meist intransparent bleibt, die Ämter ein funktionales Monopol besitzen und die
Politiker sich selbst häufig nicht einstimmig verhalten.
63
Hinsichtlich des NPM:
Es ist mehr Wettbewerb zwischen den Behörden notwendig, damit die monopolisti-
sche Position der Bürokratie eingedämmt werden kann. Deshalb sind eine Trennung
der Produzenten- und der Gewährleistungsrolle sowie die Einführung von marktwirt-
60
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 16.
61
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 16.
62
Mit ,,rent-seeking" ist ein Verhalten gemeint, das auf die Erlangung von Vorteilen durch Ausnutzung von Macht- oder Informationsvor-
teilen gerichtet ist (z.B. durch Beeinflussung staatlicher Kontrollinstanzen), um sich dadurch ein weitgehend leistungsloses Einkommen
(,,Rente") zu sichern. Die Theorie des ,,rent-seeking" zeigt, dass die gesamte Tätigkeit der Politik als Kampf um die Erlangung derartiger
Renten interpretiert werden kann. Vgl. hierzu Schedler, K. und Proeller, I.: a.a.O., S.48/49.
63
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 17.
21

schaftlichen Steuerungsinstrumenten und mehr Wettbewerb erforderlich.
64
Darüber
hinaus muss eine leistungsgerechte Entlohnung erfolgen, wobei hier ein möglichst
effizientes (budgetminimierendes) Verhalten honoriert werden sollte.
65
Hier bietet
sich die Einführung von Zielvereinbarungen, Mitarbeiterbeurteilungen, neue Füh-
rungsstile, leistungsorientierte Entlohnungssysteme etc. an.
66
3.1.1.1.2. Downs´s Bürokratienmodell
Dieses Modell widmet sich der internen Handlungsdynamik von Ämtern.
Wie das von Niskanen geht auch Downs´s Modell von Bürokraten mit egoistischen
Motiven aus, welche fünf Idealtypen von Beamten bestimmen: Aufsteiger, Bewahrer,
Eiferer, Anwälte und Staatsdiener handeln aus unterschiedlichen Motivlagen und
prägen wesentlich das Handeln von bürokratischen Organisationen.
67
Downs identifiziert einen Lebenszyklus von Ämtern. Neue Ämter entstehen durch Ei-
ferer und Aufsteiger, verlieren im Laufe der Zeit an Wachstumsdynamik, zeigen ein
zunehmend konservatives Verhalten und verzeichnen einen steigenden Anteil von
Bewahrern. Nicht alle Ämter verfolgen das Ziel der Budgetmaximierung, sondern
dies hängt vom Alter des Amtes und dem anwesenden Beamtentypus ab.
Mit steigender Größe tritt ein Versagen der Koordinations- und Kontrollstrukturen ein,
was zu einem erhöhten Aufwand für Kontrollmechanismen seitens der Leitung führt.
Die Ämter werden immer aufgeblähter.
68
Hinsichtlich des NPM:
Es müssen effektive und effiziente Strukturen und Kontrollmechanismen in den Ver-
waltungsablauf eingebaut werden. Der Umfang der Kontrolle muss jedoch in einem
angemessenen Verhältnis zur Größe des ursprünglichen Verwaltungsbetriebs ste-
hen.
64
Vgl. hierzu Budäus, D.; Grüning, G.: New Public Management. Entwicklung und Grundlagen einer ,,Revolution" des öffentlichen Sek-
tors. In: Zeitschrift Führung + Organisation zfo, 67. Jg. 1998, Nr. 1, S. 7
65
Vgl. hierzu Niskanen, W. A.: Nichtmarktwirtschaftliche Entscheidungen. Die eigentümliche Ökonomie der Bürokratie. In: Politische
Ökonomie des Wohlfahrtsstaates, hrsg. v. Hans Peter Widmaier, Frankfurt am Main, 1974, S. 221f.
66
Vgl. hierzu Budäus, D.; Grüning, G.: a.a.O., 1998, S. 7.
67
Vgl. hierzu Downs, A.: Nichtmarktwirtschaftliche Entscheidungssysteme. Eine Theorie der Bürokratie. In: Politische Ökonomie des
Wohlfahrtsstaats, hrsg. Hans Peter Widmaier, Frankfurt am Main, 1974, S. 202.
68
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 17/18, und Down, Anthony: a.a.O., S. 199ff.
22

3.1.1.2. Neue Institutionenökonomie
Diese wird im Allgemeinen auf Ronald H. Coase
69
zurückgeführt und befasst sich mit
der Analyse von Institutionen, in deren Rahmen sich der ökonomische Austausch
vollzieht. Mit den verschiedenen Ansätzen wird das Ziel verfolgt, die Strukturen, die
Verhaltenswirkung, die Effizienz und den Wandel von ökonomischen Institutionen zu
erklären. Institutionen sind z.B. Unternehmen, die Marktwirtschaft, Verträge, die De-
mokratie, der Staat und die Verfassung etc.
70
Es gibt folgende drei zentrale Ansätze der neuen Institutionenökonomie:
3.1.1.2.1. Property-Rights-Theorie
Die Handlungen von Menschen und der Wert von Gütern und Dienstleistungen hän-
gen von denjenigen Rechten (Handlungs- und Verfügungsrechten) ab, die ihnen zu-
geordnet werden.
71
Die Auswirkungen dieser Rechte auf das Verhalten des Einzel-
nen sind der Untersuchungsgegenstand der Property-Rights-Theorie.
72
Die Property-
Rights-Theorie geht davon aus, dass der Einzelne bei gegebenen Verfügungsrechts-
strukturen die Ressourcen so einsetzt, dass sie seinen Nettonutzen maximieren.
73
Die Verfügungsrechte sollten deshalb möglichst vollständig und eindeutig auf aus-
schließlich eine Person übertragen werden, damit alle positiven und negativen Kon-
sequenzen des Handelns dieser Person zugeordnet werden können.
74
Hinsichtlich des NPM:
Es sind Freiräume für die Beschäftigten zu schaffen, die sie zu eigenverantwortli-
chem Handeln animieren, sie aber die Konsequenzen ihres Handelns tragen lassen.
Nur so wird diese Person an einer rationalen Ressourcennutzung interessiert sein,
ohne ihre Erträge auf Kosten anderer Individuen zu mehren.
75
Hier sind die Zusam-
69
Ein britischer Wirtschaftswissenschaftler, der 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für ,,seine Entdeckung und Klärung
der Bedeutung der sogenannten Transaktionskosten und der Verfügungsrechte für die institutionelle Struktur und das Funktionieren der
Wirtschaft" erhielt. Vgl. hierzu
http://de.wikipedia.org/wiki/Ronald_Coase
, Zugriff: 31.01.2010.
70
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 18.
71
Vgl. hierzu Ritz, Adrian: Evaluation von New Public Management. Grundlagen und empirische Ergebnisse der Bewertung von Verwal-
tungsreformen in der Schweizerischen Bundesverwaltung, Bern/Stuttgart/Wien, 2003, S. 142; vgl. hierzu Vogel, R.: a.a.O., S. 65.
72
Vgl hierzu Göbel, E.: Neue Institutionenökonomik. Konzeption und betriebswirtschaftliche Anwendungen, Stuttgart, 2002 , S. 61.
73
Vgl. hierzu Ebers, M.; Gotsch, W.: Institutionenökonomische Theorien der Organisation. In: Organisationstheorien, hrsg. Alfred Kieser
und Mark Ebers, 6. Auflage, Stuttgart, 2006, S. 249
74
Vgl. hierzu Ritz, A.: Evaluation von New Public Management,. a.a.O., S. 142f.
75
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 19.
23

menlegung von Fach- und Ressourcenverantwortung, die Budgetierung mit Ent-
scheidungsfreiheiten hinsichtlich der Ressourcenverwendung und das Kontraktma-
nagement als Folge dieser Theorie zu sehen.
76
3.1.1.2.2. Principal-Agent-Theorie
Die Principal-Agent-Theorie untersucht die vertragliche Gestaltung der Beziehung
zwischen einem Prinzipal (Auftraggeber) und einem Agenten (Auftragnehmer). Es
werden dabei eine ungleiche Informationsverteilung, rationales Verhalten, Unsicher-
heit sowie die Risikoverteilung berücksichtigt.
77
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht
jedoch die Institution des Vertrages.
78
Es wird eine Vereinbarung geschlossen, auf
deren Grundlage der Prinzipal einen Teil seiner Aufgaben und Entscheidungskompe-
tenz an den Agenten delegiert. Der Agent erhält im Gegenzug dazu eine entspre-
chende Vergütung.
Vorteil: Der Prinzipal kann das spezialisierte Wissen des Agenten zur Verfolgung
eigener Interessen einsetzen.
Gefahr: Der Agent kann den Informationsvorsprung ausnutzen.
Hinsichtlich des NPM:
Die Förderung der Verwaltungsstrukturen (z.B. durch Entwicklung von Leitbildern, die
Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter, ein auf Zielorientierung gerichtetes An-
reizsystem) sowie klare Informationssysteme (Kontraktmanagement, Controlling, Be-
richtwesen) stellen wichtige Mechanismen zur Vermeidung von Zielkonflikten dar.
79
3.1.1.2.3. Transaktionskostentheorie
Bei dieser Theorie, die auf Oliver E. Williamson
80
und Ronald H. Coase zurückzufüh-
ren ist, geht es um die Frage, welche Arten von Transaktionen in welchen institutio-
76
Vgl. hierzu Reinermann, H.: Neues Politik- und Verwaltungsmanagement. Leitbild und theoretische Grundlagen der neuen Verwal-
tungskonzepte, Speyerer Arbeitshefte 130, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyer, 2000, S. 89.
77
Vgl. hierzu Reinermann, H.: a.a.O.,S. 92; Vgl. hierzu Vogel, R.: a.a.O., S. 65f.
78
Vgl. hierzu Vgl. hierzu Ebers, M.; Gotsch, W.: a.a.O., S. 258.
79
Vgl. hierzu Reinermann, H.: a.a.O., S. 92.
80
Ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, der als Institutionenökonom bekannt wurde. Im Jahre 2009 wurde ihm gemeinsam mit
Elinor Ostrom der Nobelpreis für Wirtschaft zuerkannt. Vgl. hierzu
http://de.wikipedia.org/wiki/Oliver_E._Williamson
, Zugriff:
01.02.2010.
24

nellen Arrangements (hier Markt, Hierarchie und Netzwerke) relativ am kostengüns-
tigsten abgewickelt und organisiert werden können. Als Maßstab wird die Summe
aus Produktions- und Transaktionskosten (hier u.a. Verhandlungs-, Informations- und
Vertragskosten) herangezogen. Die institutionellen Arrangements unterscheiden sich
hinsichtlich der möglichen Anreizstrukturen, des Ausmaßes der bürokratischen Steu-
erung und Kontrolle sowie der jeweiligen Anpassungsfähigkeit.
81
Hinsichtlich des NPM:
Die Transaktionskostentheorie hat Einfluss auf die Entscheidung über die Eigen- o-
der Fremderstellung öffentlicher Leistungen.
82
Eine sorgfältige Abwägung von ,,ma-
ke-or-buy"-Entscheidungen wird zu einem immer wichtigeren Thema im Rahmen der
Reformprozesse im öffentlichen Sektor.
83
Darüber hinaus sind Begriffe wie Auf-
gabenkritik, Outsourcing, Privatisierung und Center-Konzepte der Transaktions-
kostentheorie zuzuordnen.
84
3.1.2. Managerialismus
Der Managerialismus stellt in sich keine stimmige Theorie dar, sondern kennzeichnet
vielmehr die Anwendung von Glaubenssätzen und Praktiken, sog. Managementprin-
zipien, auf spezifische Probleme.
85
In der Vergangenheit gab es erhebliche Kritik an
der zum Teil vorbehaltlosen Übertragung von betriebswirtschaftlichen Konzeptionen
in das Verwaltungssystem. Diese kritiklose Übernahme ist zwar zu hinterfragen, darf
jedoch nicht zur gänzlichen Verurteilung der Managementansätze führen, da diese in
der Vergangenheit einen erheblichen Teil zur Motivations-, Effizienz- und Effektivi-
tätssteigerung im öffentlichen Bereich beigetragen haben.
86
Hinsichtlich des NPM:
Aus dem Managerialismus wurden im Rahmen des NPM die Dekonzentration der
Macht, die Dezentralisierung, die Deregulation und Delegation in die Verwaltung ü-
81
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 20,21. Vgl. hierzu Vogel, R.: a.a.O., S. 64.
82
Vgl. hierzu Reichard, C.: Institutionenökonomische Ansätze und New Public Management. In: Deutsche Verwaltung an der Wende des
21. Jahrhunderts. Hrsg. Klaus König, Baden-Baden, 2002, S. 592.
83
Vgl. hierzu Eichhorn, P.: Ausgliederung als Instrument zur Flexibilisierung kommunaler Aufgabenerfüllung. In: Privatisierung kommu-
naler Aufgabenerfüllung; Hrsg. Wolfgang Fettig und Lothar Spät, Baden-Baden, 1997, S. 96ff.
84
Vgl. hierzu Vgl. hierzu Reinermann, H., S. 88.
85
Vgl. hierzu Kieser, A.: a.a.O., S. 65.
86
Vgl. hierzu Thom, N.; Ritz, A.: a.a.O., 2008, S. 21/22; Vgl. hierzu Vogel, R.: a.a.O., S. 71ff.
25

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2010
ISBN (eBook)
9783842819207
DOI
10.3239/9783842819207
Dateigröße
4.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale – Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsrecht
Erscheinungsdatum
2011 (August)
Note
1,0
Schlagworte
public management berufsgenossenschaft unfallversicherung
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Titel: Instrumente des New Public Management in ihrer Anwendung auf die strategische Führung von Berufsgenossenschaften
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